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Schweizerische Bundesblatt.

Xlll. Jahrgang. l.

Nr. 6. .

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2.Februar 1861.

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schweizerischen Bundesgerichts an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1860.

(Vom 31. Dezember 1860.)

Tit.!

Durch die Vorschriften des Art. 73 des Bundesgesezes vom 5. Juni

184..) wird uns die Verpflichtung überbunden, Jhnen jedes Jahr Bericht über die verschiedenen Zweige der eidgenössischen Rechtspflege zu erstatten.

Unsere amtliche Wirksamkeit im Jahr 1860 veranlagt nns zu folgenden

Mitteilungen .

l. Jm Gebiete der Cipiljnstiz.

Das Bundesgericht versammelte sich während des Berichtsjahres vier Male, nämlich drei Male in der Bundesstadt Bern und ein Mal in Lausanne. Von den im Ganzen abgehaltenen 17 jungen .varen 3 dem Artenstudium , 1 der neuen Eonstit..irnna. des Gerichtshofs , 13 der Abwandlung der laufenden Geschäfte gewidmet.

Wahrend der zuletzt bezeichneten 13 Tribunal folgende Fälle .

Bundesblatt.

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Sitzungstage beurtheilte das

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1 Streitigkeit ^wischen ^..ntonen unter sich , 1 ,, ,, dem Bunde und einem Kanton , 1 ., , welche durch Uebereinkunst beider Bartheien unseren Ent.. scheide unterworfen wurde, 23 E^propriations-Streitigkeiten.

26.

Die Kantone ^uzern und Freibnrg waren diejenigen, welche wegen einer streitigen Forderungsa^gelegenheit an unser Forum gelangten. Raehdem nämlich der Stand Ludern durch bundesgerichtliehes Urthe.l vom 16. Dezember 1859 als ...fl^ht^ erklärt worden war, aus dem Grunde bestehender Solidarhaft für steh und die übrigen Stände des ehemaligen Sonderbundes eine Summe von Fr. 119,669. 38 Rp. sammt Zinsen an die Mitglieder seiner im Jahr 1847 abgetretenen Regierung ^u bezahlen, so nahm derselbe den Regress auf den Staud Freiburg, und ^war in erster ^inie für .^as Schuldbetressn.ss der Kantone Uri , Sehw.^ , Uuterwalden , ^ug, Wallis und Freiburg, .eventuell für die nach der eidgenossischen Geld-Seala diesem ledern Kantone allein obliegende Beitrags-.^uota. Der klagende ^tand wurde mit seinem ersten Rechtsbegehren abgewiesen, leim

zweiten dagegen geschützt.

Eine zwischen dem Kanton Basel-Landschaft als Kläger einerseits und dem Bundesrath als Beklagten anderseits hängig gewordene Streitsache war ebenfalls der Ansfluss eines srühern Brozesses, nämlich desjenigen, welcher durch bundesgerichtliches Urtheil vom 16. April 1858 wegen Entschädigung aus der Abtretung des Bostregals unter denselben Bartheien ausgetragen worden war. Basel-Landschast forderte nachträglich die Ziuse von dem ihm zuerkennten Mehrbetrage der Bos..divideude, wurde aber mit seiner Ausprache abgewieseu.

Als prorogierter Gerichtsstand wnrde das Buud^erichl. angerufen in einem Streite der Muuieipalitat von ^...uenburg ^ege.. die .dortige Bürgergemeinde, betresseud das Eigenthum, die Verwaltung und die Verwendung des von ^D a vi d Bur^ gestifteten Vermächtnisses. infolge unserer Entscheidung verbleiben das Eigenthum und die Verwaltung der fondation der Bürgergemeinde Reuenburg, dagegeu .nuss der grossere Theil des jährlichen Reinertrags^^ derselben zu . stiftungsgemässer Verwendung an die Munieipalität herausgegeben werden.

Mit dem 31. ^ee...mber 1860 blieben. folgen^ bürg.^rli^. Rechtes^reitigkeiten bei unseren Gerichtshof anhängig: 1) der Bost-Brozess zwischen dem Kautou Uri und deni Bundesrath. Wir sehen den. Eingang der angeordneten Expertise täglich entgegen, und es wird dieser Anstand jedenfalls im künstigen Jahre seine .^..ledigm.g finden ; 2) der durch Eompromiss . der bundesgeriehtliehen Entscheidung überwiesene Rechnungsstxeit zwischen Herrn T h o n ^ a s B r a s s e ^ , Unternehmen offentlicher Bauten aus London, und der schweizerischen

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137 Eentralbahngesellsch^.st ; in diesem eben^ bedeutenden als eomplieierten Rechtshandel . ist am 30. Oktober 1860 die gedrukte Ant^ wort und Wiederklage eingelaufen;

3) die Entsehädigungsklaa.e der Kinder Erousa^ de B avois gegenüber der schweizerischen Telegra^henvexwaltung, resp. der Westbahngesellst aft, veranlagt durch den wegen des Umsturzes^ einer ...^elegraphenstange erfolgten Tod eines ^Arbeiters.

An unerledigten E x p r o p r i a t i o n s - Streitigkeiten waren aus dem Jahre 18.^) in das Berichtsjahr übergegangen . . 19 Reu eingelaufen^ sind . . ...

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.. .. ^ .. 167 .

Hievon wurden

^ Summa ^ .186 durch Annahme der bundesgerichtlichen

Eommissions^Gutaehten erledigt

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vor Bundesgericht gezogen , nach erfolgter Vertagung aber durch erklarten Abstand beseitigt .

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bundesgerichtlieh beurtheilt .

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Es verblieben demnach mit dem 1. Jänner. 1861 anhangig

,

8 Fälle.

Von den le^tern waren 6 Rekurse wahrend des Monats Dezember eingegangen; 2 derselben, betreffend die Fähre in Eoblenz und die bau-

fällige Kirehe in Mols, erheischen weitläufige Untersuchungen.

Von den durch richterlichen Spruch ausgetragenen .ExpropriationsStreitigkeiten betrasen : .

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a. die schweizerische .Ostwestbahn .

^ 5 Rekurse, n. ,, E.senbahu ..^au^anne^re^urg . .

c. ,, Westbahn 3 d. ,, Eentralbahn .

^ e. ,, vereinigten .^.hweizerl..ahnen

2

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Summa

17 Rekurse.

Ju der^ Materie giengen die Entscheidungen des Bundesgerichts dahin, dass : ^ ^.

^ ^ ^ ^ ^ .^. die Anträge der ^..ndesgeriehtliehen Eommissionen zum Urtheil^ erhoben wurden in .^ ^.

. ^ .^ . ^ ^. 13 Fallen.

h. jeue Anträge theilweise Abänderungen erlitten in 3 ,, c. die Rückweisung zu ^ neuer Untersuchung beschlossen wurde

in

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1 ^all.

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Das E^propriatious^oesen veranlagt uns^zu folgenden Bemerkungen.

Bei den Direktionen verschiedener Gesellschasten geigte sich das Bestreben siehtbarlieh , durch. mogliehste .Benn^un^ der^ im Bundesgeset^e vom 1. Mai 1850 ausgestellten per.^mtorisehen Fristen die Entschädigungspflieht

1.38 .gegenüber Korporationen und Brwaten von sieh abzuwenden. Wir stellten zu wiederholten Malen als Grundsa^., aus, dass das Recht auf Entsehädi^ung nur insofern als verwirkt angesehen werden konne, wenn dem Erpropriaten in einer deutlichen, keiuem Zweisel Raum gebenden Weise die Objekte der Abtretung bezeichnet worden seien, und derselbe trotzdem die forderliche.. Schritt... sur Wahrung seiner Rechte unterlassen habe. Die Anwendung dieses Grundsatzes führte. nns da..u, neue Abseha^ungen a.^uordnen, wo entweder bei der primitiven Planauflage die eintretenden Rach^.

theile nicht mit Sicherheit hatten vorausgesehen werden konnen, und wo die Eisenb.^hugesel.ls.haften von ihren ^ursprünglichen Bläuen abgewichen waren. ^.wiederum wurden Abtrelungspsliehtige mit Forderungen abgewiesen ,. wenn die Au^enscheiusverhandlungen keinen Anhaltspunkt für Würdigung eines sehon eingetretenen wirkliehen Rachtheils darboten, sondern die Anlage und der betrieb der Eisenbahn nur als der mogliche .Grund künftig eintretenden Sehadens bezeichnet wurden.

Sie hatten die Gelegenheit, dem statistischen Theile unsers Berichts zu entnehmen , dass die überwiegende Mehrzahl der vor das Buudesgerieht gezogenen Rekurse in E x ^ p r o p r i a t i o n s s a c h e n durch die Annahme der Eommissi^nalantrage von Seite beider Bartheien zur Erledigung gelangten.

Es gingen nun im Berichtsjahre über zwei solcher Eommissionsgutaehten, welchen die. Bar..heieu steh unterzogen hatten, E^läuterungsbegehren ein.

Für .^eguli.erung des diesssälligen Versahrens wurde von uns beschlossen, ^ie Erläuter.^.a^begehren den betreffenden Augenseheins-Eommissionen zu überweisen, in der Meinung, dass dieselben hierüber den Bartheien einen gutachtlichen Beseheid geben, und dass, wenn die eine oder andere Barthei mit demselben sich nicht würde besriedigen können, es ihr anheimgestellt sei,. binnen einer von der Eomnnssion festzusetzenden peremtorischen Frist den Entscheid des ^ Bundesgerichts anzurufen. Die beiden Erlanteru.tgsl..eg.ehren wurden dann beseitigt, ohne dass in Sachen unser Urtheil notwendig geworden wäre.

Gegen die vom Actuariat einer Seha^ungs-^ommisfion verrechneten ^porteln giengen vom Direktorium einer Bahngesellsehaft Beschwerden ein. Da in ^.. 8 des vom Bundesgerichte erlassenen Reglemeuts sür die

Scha^ungs-Eommissionen gesagt ist, dass die Entschädigung sür die ^letua-

riatsgesehäste^ von der ^eha^ungs-Eommission festgese^t werde,^) so wurde unsere Eompeten^ zu Abänderung der von der Eommission festgestellten Bestimmung bestritten. Wir fanden aber diese Ansicht n...eht gerechtfertigt, und unsere Besuguiss zur Brüsung und Entscheidung. über die uns vorge-

legte Beschwerde begründet durch das Aufsichtsrecht, welches der Art. 28 des Bundesgese^es über Abtretung von Brivatrechten uns überträgt.^) Jn dem uns vorgelegten Falle waren wir zu einer wesentlichen Ermässigung der geforderten T.^en veranlasst.

^.) S. eidg. ^esezsamm^na, Band I^, Seite 21^.

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l 39 Jn Hinsieht auf die Schal^mg.^Eommissionen haben wir s.hliesslich noch folgende Bemerkung zu machen.

Jn mehreren Kantonen ist dex Bau der eonzediexten Eisenbahnen beendigt, gleichwohl sind die betreffen^ den Gesellschaften hin und wieder noch im Falle, das ..^propriationsrecht in .^lnsprnch ^u nehmen , wenn in einzelneu Fallen für Verbesserungen und.

Erweiterungen neue Abtretungen von Vrivateu verlangt werden. Rach.

dem Geseze muss nun auch für diese einzelnen ^alle eine Scha^uugs-Eommission von 3 Mitgliedern und 6 Ersa^mauuern ernannt werden, wie^ soldes sür die erste umfangreiche Expropriation als zweckmassig. eraehtet^ wurde. Dieses scheint uns zu umständlich, und es dürfte passender sein,.

wenn gestattet würde, für solche Einzelfalle jeweilen nur eine ^ehal^uugskommission vou 3 Mitgliedern ohne Ersa^mänuer ^n bezeichnen.

ll. ^m Gebiete der ^af^stiz.

Von allen sür die Handhabung der Strasreehtspflege aufgestellten Dikasterien versammelte sich wahrend des Berichtsjahrs lediglich die ^ln.^ kl.agekammer, und ^war wegen des bekannten Ueberfalls von John B e r x i e r und Genossen von Genf auf ^avo.^isches Gebiet. Die Schlussnahme der Anklagekauuner gieng dahin, es finde eine strafrechtliche Verfolgung

nicht statt.

Mit Rücksicht darauf, dass die Einberufung der eidgenoffischen Assifen ein... wahre Seltenheit geworden ist, liesse steh die ^rage auswerfen, ol^

nicht, in Abänderung des Art. 30 des Bundesgesel^es vom 5. Juni 1849,^) sür die Erneuerung der Geschwornenlisten ein ausgedehnterer Zeitraum al.^ derjenige von drei Jahren bestimmt werden sollte. Jedenfalls giel.t sich bei dieser Wahloperatiou durchgehend^ eine sehr matte Theilnahme kund..

Judem wir hiemit unsern Amtsbericht schliessen , erneuern wir gleich^ zeitig den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r u , den 31. Deeember 18^.0.

Der Bräs.dent des Bundesgeriehts: ^. ^äger.

Der Gerichtsschreiber: .

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.^^ Siehe eidg. ..^fezsammlnng, Band I, Seite 71.

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1860. (Vom 31. Dezember 1860.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.02.1861

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135-139

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