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Schweizerisches Bundesblatt.

XIII. Jahrgang. ll.

Nr. 47. .

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5. Oktober 1861.

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Kommission des Nationalraths, betreffend Niederschlagung des Landesverrathsprozesses , so weit derselbe noch anhängig ist.

(Vom 9. Juli 1861.)

Tit.!

Jn seiner Simung vom 13. Dezember 1860 hat der Nationalrath die folgende, pou Hrn. Nationalrath Segesser gestellte Motion: .,Es wolle die Bundesversammlung besehliessen, der im Jahr 1848 ..aus Veranlassung der Tagsatzung .n Luzern angehobene .Laudesver"rathsprozess gegen die Mitglieder des ehemaligen Sonderbundskriegs"raths sei , insolvent derselbe noch auha..gig, niedergeschlagen und folgen"los erklärt;" verhandelt uud dabei beschlossen, es sei vorerst der Bundesrath einzuladen, Jhuen über deu g..geuw..rt.ge.. Stand dieser Angelegenheit Bericht zu erstatten.

Der Bundesrath seinerseits hat die Reg.erung von Lnzern zur Vernehmlassung eingeladen, und nachdem Dieselbe unterm 28. Dezember v. J.

der an sie gerichteten Einladung nachgekommen ist, übermittelt der Bnndesrath n.it Bots.haft vom 4. Januar l. J. den Beri.hl. der Regierung von Luzern, indem er lediglich beifügt, dass er lezt io wenig als früher für nöthig erachte. den Beri.ht mit besondern Antragen zu begleiten.

Dieser Bericht der Regelung von Luzern ist Jhuen gedruckt ausgetheilt worden. Wir beschränken uns daher darauf, nur die wesentlichen

Bundeblatt. Jahrg. XIII. Bd. II.

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740 Momente der porliegenden Frage nochmals hervorzuheben , und konnen uns hiebei um so kurzer fassen, als dieselbe schon früher in Jhrem Schoosse zur Verhandlung gekommen ist.

Eme ähnlicheMotion, wie die von Hrn. Nationalrath Segesser .^e^stellte ist nämlich schon im Jahre 1856 von Hrn. Nationalrath Lusser gestellt worden. ..^estü^t aus formelle und materielle Gründe beschloss der Nationalrath in seiner Sitzung vom 14. Juli 1856 bezuglich derselben: ,,E.s seie keine Veranlassung vorhanden, in Sachen eine Sehlussnahme zu fassend Seitdem haben sich die faktischen Verhältnisse dahin geändert , dass der Trosse Rath von Ludern unter dem 6. Dezember 1856 aus den An- ...^ trag der Regierung von Ludern verfügte : Die gerichtliche Strafverfolgung ^egen die Mitglieder des ehemaligen Kriegsraths des Sonderbunds sei, mit Ausnahme der Verson des .Konstantin S i e g w a r t ^ M ü l l e r , ausgehoben.

Was diesen lederen betrifft, so war er durch das Kriminalist des Kantons Luzern des Verbrechens des Landesverrates schuldig erklärt und in E..mtumaeium ^u 20 Jahreu Kettenstrase verurtheilt worden. Das lu^ernisehe Obergericht dagegen änderte mittelst Sprnch vom 26. Mai

1855 dieses Urtheil dahin ab, dass der Bro^ess bezüglich der Berson des

Konstantin Siegwart^Müller vertagt sei, wobei das ^bergericht sieh dahin aussprach, der Beklagte bleibe in hohem .^..rade verdächtig, als habe er fremde b e w a f f n e t e Jnterventiou herbeizuführen gesucht und sich dadurch des Verbrechens des Landesverrats schuldig gemacht.

Eine absehliessli.he Erledigung des Brousses konnte nach Massgabe .des lu^ernis.hen .^trafgese^es nicht stattfinden, weil .der Beklagte si.h vor den lu^eruisehen Gerieten nicht stellte.

...^tatt desse.^ maehte dieser hingegen in ^.olge des obergeriehtliehen .Urtheils unterm 17. Juui 1856 eine Eingabe an den Bundesrath ^u Handen der Bundesversammlung, in welcher er die gerichtlieh gegen ihn erhobene Anklage ^u widerlegen suehte.

Schon bei der .Behandlung der Motion Lusser ist von der damaligen ..Kommissionsminderheit, deren Antrag zum ...^esehluss erhoben wurde, mit Beziehung auf diese Eingabe von .^iegwart..Müller hervorgehoben worden, einerseits , dass sie . in ihren wichtigsten Momenten theils mit ^en Akten, theils mit den geschichtliehen Thatsael.en im Widerspruch stehe, andererseits, dass sie ihrer Ratur naeh vor den Richter gehore, vor welchen der Beklagte längst ^u seiner Rechtfertigung eingeladen sei. --^ ferner wurde von der Kommissionsminderhei.. betont, dass der Beklagte selbst nie um Niederschlagung des Vro^esses eingekommen sei.

Die Regierung von L^ern ihrerseits spricht sieh in ihrem neuesten .Berieht in dieser Beziehung solgendermassen aus : ,,Den Antrag anf Rieder^chlaguug des Vro^esses auch aus die Verson des Konstantin Siegwart^

741 Müller .^....^ndehnen, dazu kannten wir uns mit Hinficht auf die Ergebnisse der Untersuchung und den Umstand, dass der Beklagte persönlich nicht nur kein Besuch stellte, sondern den Behörden fortwährend Trotz bot, n.icht entschlossen^; und an Deiner andern Stelle: ,,Wenn die Motion Segesser im luzernischen ^rossen Rathe bisanhin kein Gluck machte, so war es nach unserm Dafürhalten deswegen, weil der Beklagte nicht nur personlich kein Besuch stellte , s.ondern auch nie sich herbeiliess , sich über d.ie auf ihm lastende schwere Beschuldigung zu verantworten und zu rechtfertigen.

...llle Kundgebungen des Beklagten in dieser Begehung bestehen aus trotzigen Brotestationen. .^ach seiner Meinung befindet nicht e r sich im Unrecht , sondern die Behörden , die ihn seiner Handlungen wegen gerichtlich verfolgen liessen.^ ^o viel über die Sache und .^ktenlage. Jhre Kommission hat sich im Hinblick auf dieselbe die Frage gestellt, .ob die formellen und materiel.len Gründe, welche. seiner Zeit den .....ationalrath zu seiner abweisenden Schlussnahme bestimmt haben, gegenwärtig nicht mehr bestehen, und vielmehr genügende Gründe vorliegen, um heute eine abweichende Sehlussnahme ^u fasfeu.

Was zunächst die f o r m e l l e n Gründe betrifft , so ist seit Jhrer Schlussnahme vom Jahre 185.^ durchaus Nichts geschehen, was dazu ^eranlassung geben konnte, diese Angelegenheit dem Kreise der Kantonalsouveränität, dem sie durch den Tagsatzungsbesehluss vom 14. Februar 1848 in ausdrücklichster Weise und seitdem von den Bundesbehörden stets beharrl.ich zugewiesen worden ist, nunmehr zu entrücken. Auch die Regierung von Ludern stellt sich in ihrer neuesten Vernehmlassung unbedingt auf diesen Staudpunkt.

Es würde sich daher nur fragen, ob m a t e r i e l l e Gründe, also namentlich politische Rückfichten es wünschbar erscheinen lassen, im vorliegenden Falle die Wirksamkeit der luzernische.. Behörden zu suspendiren.

Jhre kommission kann sur ein solches Vorgehen keine ausreichenden Gründe finden. Die eidgenössischen Rathe haben bisher alle jene Massnahmen ergriffen, welche .^azu fuhren können, eine in sich geeinigte starke Eidgenossenschaft zu begründen; und in der That hat der gute ..^amen, der durch den Rachlass der Sonderbundssehuld ausgestreut worden ist, in dem schonen Feste, welches in diesen Tagen in Uuterwalden gefeiert wird, seine schönen Blüthen getrieben.

Das Schweizerpolk sreut sich dieser glücklichen Entwickelung unserer politischen Verhaltnisse. ...lber anders würde es wohl urtheilen , wenn einer Persönlichkeit gegenüber, .welche anstatt begangenes Unrecht einigestehen, aus ihrem frül..eru Standpunkt beharrt. von ..^eite der eidgenösftschen Behörden ein Entgegenkommen stattfinden würde, wie es die .^.nnahme der Motion Segesser zur ^olge haben müsste.

742 Auch Jhre Kommission ist .der Ansicht, dass ein solches Vorgehen der Stellung der eidgenossischen . Rathe nicht angemessen sein würde, sie halt ferner dafür, dass hier^ keiner jener Fälle vorliegt, von dessen Er^ ledigung die innere Einigkeit des Landes , . die Versohnung der alten und der neuen. Schweiz abhängt, - und endlieh hält. sie dasür, dass hoher als ungerechtfertigte politische Rücksichten gegen eine einzelne ..^ersonlichkeit die Achtung gegen. einen Kanton und seine Behorden stehen muss, welck^ lettere sich gewissenhaft in der ihnen angewiesenen Stellung bewegt haben und es nieht verdienen, dass in ihre Kompetenz eingegriffen und dass sie heute in der einen oder andern Weise von Seite der Bundesbehörden desavouirt werden.

Gestülpt aus diese kurzen Erörterungen hält Jhre Kommission einstimmig dafür, es liege für den Nationalrath kein Grund vor, seine frühere .^..^..^nahme ...u ändern, sie beantragt Jhnen daher einfach die .Bestätiguug derselben , uud bringt Jhnen daher folgenden einstimmigen Antrag, der Nationalrath moge beschliessen, es s e i e auch g e g e n w ä r t i g keine Veranlassung vorhanden, in Sachen eine Schlussnahme zu f a f f e ^

Bern, den ..). Juli 1861.

Jm Ramen der Kommission : .^e.^er im .^of, Berichterstatter.

^ole.

^llglleder der ^^mmlsfion .^aren.

.^err ^e.^er im . ^ o f , in Scha^hausen.

^ ^ e v e l , in ^.ensta^ (Be.n).

.. fingier ^ in Lenzburg.

.. .^sto^p^, ..n ^a.^ern^ (Waadt).

.. Buch er, in .^gen.^berg ^ürich).

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Bericht der Kommission des Nationalraths, betreffend Niederschlagung des Landesverrathsprozesses, so weit derselbe noch anhängig ist. (Vom 9. Juli 1861.)

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05.10.1861

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