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Bundesrathes an die Bundesversammlung,. betreffend die Regreßklage der Gemeinde Thunstetten gegen den Bundesrath.

(Vom l4. Dezember 1860.)

Tit..

Wir haben anmit die Ehre, Jhrer Einladung vom 12. diess entsprechend, uns über das Gesuch des Herrn Fürsprecher Büzberger, Samens des Gemeinderaths von Th u nste t t e n, zu erklären wie folgt: Jndem wir es nicht für nothig erachten , über die Jhnen vorgetragene Vrozessgeschichte uns speziell einzulassen, gehen wir sofort zu dem Han.pt-

punkte, nämlich zum Kompetenzkonslikte , über.

Der erwähnte Kläger liess uns jüngsthin vor das Friedensrichteramt Bern laden und stellte das Rechtsbegehren, es sei der Bundesrath, Ramens der Eidgenossenschaft, schuldig, der Gemeinde T h u n s t e t t e n den

.Wechselbetrag von Dollars 37^. 35 Cts. oder Fr. 2..)00, sammt Verzugs-

zins und ergangenen Brozesskosten, zu ersezen unter Kostensfolge. Rachdem ..vir durch unsern Anwalt in der Obergerichtskanzlei von Bern hatten nachforschen lassen, wie hoch sich die Kosten der frühern Brozefse belausen, .die zwischen andern Parteien geführt wurden und die iezt von uns rekla.mirt werden, gewannen nur die Ueberzeugung , dass dieselben, auch ohne

die ebenfalls eingeklagten Verzugszinse, Fr. 1..)l)l) übersteigen, und dass

somit das Objekt der Klage ohne Zins und ohne die nun entstehenden Brozesskosten den Werth von Fr. 3000 übersteige, und wir liessen daher die Erklärung an das Protokoll des Friedensrichteramtes al.geben, dass

wir,. gestüzt auf das Bundesgesez. vom 22. Rovember 1850, Art. 1, .Zisser 2, Stressend den Gerichtsstand sür Zivilklagen, welche von dem Bunde oder gegen denselben angehoben werden , die Kompetenz der kantonalen Gerichte, in der Hauptsache sowol als über die Kompetenzfrage, ..bestreiten.

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115 Dieser Gesezesartiket lautet wie folgt:

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.,,Art.1. Das Bundesgericht beurtheilt: ^ ) ^ -

,,2) Streitigkeiten zwischen dem Bunde einerseits und Korporationen ,, oder Privaten andererseits, wenn diese Korporationen oder Pri^ ,,vaten Kläger si.nd, und der Streitgegenstand emen Wexth von

,,wenigstens Fr. 3000 hat. ^

Der Herr Gesuchsteller berust sich dagegen auf Art. 47 des Gesezes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 5. Juni 184..). ^)

Dieser Artikel ist gleichlautend, wie der obige, mit der einzigen Ausnahme, dass es dort heisst, einen H a u p t w e r t h statt Werth.

Wir glauben nun zwar, dass de... Gesezgeber ganz das Gleiche sagen wollte.

Für den Fall aber, dass man ein Gewieht auf diesen Ausdruk legen wollte, bemerken wir einfach, dass nach bekannten Jnterpretationsregeln beun .Widerspruch oder bei Abweichung zweier Geseze über den nämlichen Gegenstand das spätexe Gesez derogirend^ wirkt, und dass somit nur die Redaktion des Bnn^esgesezes vom 22. November 1850 in Betracht kommen kann.

Was nun den wirkliehen Werth des Klagobjektes betrifft, so glauben wir, aus der Eingabe des Herrn Bü^exger entnehmen zu konnen, dass derselbe wenigstens ^r. 3000 betrage , und zwar ohn... Einreehnung der Zinsen und der Kosten des angedrohten Prozesses. Sollte dem nicht so sem. so behalten wir uns vor, eine amtlieh zu erhebende Kostenberechnung der frühern Brousse nachzubringen. Der Hauptstreit besteht nun aber darin, dass der Herr Kläger die Kosten der beiden frühern Prozesse nur ..ls Rebenforderungen (Pertinenzien^ e.ualisi^irt und sie daher bei der Werthberechnung für die Feststellung des Gerichtsstandes nicht in Anschlag ^ringen will, unter Berufung aus Art. 94 des Bnndesgesezes über den Zivilpro^ess, und namentlich aus die Worte: ,, Zinsen und Prozesskosten werden dabei (nämlieh bei der Ausmittlung der Kompetenzsumme) nicht berüksichtigt.^ ^) Wir sind nun aber ganz entschieden der Ansicht, dass unter diesen Bro^esskosten keine andern verstanden sind als diejenigen des Prozesses, um dessen Einleitung es sich eben handelt. Diese leztern aber werden vom Kläger mit den Woren ,,unter Kostenssolge^ noch besonders verlangt, und wir sind einverstanden, dass d i e s e nieht in Anrechnung sallen. Hier handelt es sich vielmehr um die Kosten von zwei srühern Prozessen, welche uns gegenüber durchaus nicht als Rebensache a^ualifizirt werden konnen . sondern es sind vielmehr selbstständige Faktoren einer Rechnung und Forderung, welche nun zum ersten Male an uns gestellt wird. Jn jenen srüheru Prozessen waren wir gar nicht Partei, sondern .^) S. eldg. Gesezsammlung, Band I, Sel..e 74.

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1^ liessen im leztern in der Stellung als Litisdenunziaten einfach die Kompetenz des Bundesgerichtes für den Fall eine.^ Angriffes gegen ^ uns verwahren. Es ist ferner zu bemerken , dass die Dosten der frühern Brozesse, uns gegenüber, in einem ^.anz ^andern Verhältnisse stehen, als die kosten des nun angedrohten Brozesses ; denn die^ leztern fallen, wie sich von selbst verstehendem unterliegenden ..^.h.^ zu, wahrend in Bezug ans die kosten der frühern Prozesse uns gan^ selbständige Einreden ^zustehen. Denn gesezt auch , der Bundessiskus sollte in der sogenannten Hauptsache (Wechselbetr....^ von Fr. 2000) unterliegen, so folgt daraus keineswegs, dass auch die Forderung für die kosten der frühern Brousse, welche der Kläger zu führen für gut fand, ehe er an nns gelangte, begründet sei.

Es kommt endlieh in Betracht, dass es si.^ nicht nnr um die Fr. 3000 handelt, . sondern um die grundfalsche Entscheidung der äusserst wichtigen Frage, ob und Bunter welchen Bedingungen .das Vermogen der Eidgenosiensehaft für eine Verfehüldung .eidgenossiseher Beamten hasten müffe, und es handelt sich hi.ebei um Anwendung des Bundesgesezes über die Verantwortliehkeit dieser Beamten, worin, Beiläufig gefaxt, auch .besondere Verjährungsfristen angefezt sind.

Aus diefe.. Gründen sehen .wir uns verpflichtet, die Kompetenz de.^ Bundesgerichtes festzuhalten, und stellen daher das ehrerbietige Gesuch , dass die votliegende Konfliktfrage in diesem ..^inne entschieden werde. ^ Genehmigen ^ie, Tit. , die Versicherung unserer vollkommensten .Hoehaehtung.

Bern, den 14. Dezember 18.^0.

Jm Ramen des s.hweiz. Bundesrathe.^, Der Bundespräsident:

F. Fre^-^er^see.

Der .^an^ler der Eidgenossenschaft : ^ ^ .

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Regreßklage der Gemeinde Thunstetten gegen den Bundesrath. (Vom l4. Dezember 1860.)

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26.01.1861

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