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Schweizerisches Bundesblatt

^lll. Jahrgang. l.

Nr. 3.

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1^. Januar 18^1

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Mehrheit der ständeräthlichen kommission über den Rekurs der Negierung von Thurgau wegen den Patenttaxen der Handelsreisenden.

(Vom 10.. Dezember 1860.)

Tit. l Das Handelshaus Erstell und Eomp. in Rorsehaeh hatte sich

unterm 14. April l. J. beim Bundesrathe über die Gesetzgebung des Kantons Thurgan beschwert, die ein Verbot des Besuchs pon Vripathäusern durch Handlungsreiseude , welche Muster vorlegen und Bestellungen ausnehmen, enthalte, indem solches mit dem Bundesbeschlusse vom 29. Juli 1859 nicht vereinbar sei.

Gleichzeitig hatte der Verlagsbnehhandler E a r l G u t k n e c h t von Bern ebenfalls gegen die namliehe Gesezgebung Beschwerde erhoben wegen des darin enthaltenen Verbots des Sammelns von Subskriptionen aus Bücher u. s. s.

Die diessfalls beanstandeten Paragraphen l 9 und 20 des Thnrganisehen Gesezes, betreffend den Markt- und Hausirverkehr lauten folgendermasseu .

,^. 19. Das Musterreisen oder das Aufnehmen von kleinern Be,,stellungen von Waareu, sowie das Sammeln von Subskrip.ionen ans ,,Bücher, Kupferstiche und .Lithographien von Haus zu Hans ist bei Bundesblatt. Jahrg. .^..Ii. Bd. 1.

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^ Deiner Busse von fl. 6-12, die im Wiederholungsfalle verdoppelt wird, ,, untersagt. Bei gleicher Busse ist auch die Aufnahme von Bestellungen , ,,sowie der Verkauf neu verfertigter Kleider perboten. ^ ,,^. 20. Den Handelsreisenden ist die Ausnahme von Waaren,,bestellungen bei diesseitigen Kauf- und Gewerbsleuten, auf v orge,,wiesene Muster hin, ohne hiefür ein Batent gelost zu haben, gestattet.^ Der Bundesrath erklärte durch Schlussnahme vom 25. Mai 1860 diese Besehwerden für begründet, namentlich unter Hinweis auf Art. 29 der Bundesverfassung und den von der Bundesversammlung unterem 29. Juli 1859 in Sachen der Batenttar^. der Handelsreisenden gefassten Beschluss, lautend: ,,1.

Die Kantone werden angewiesen, von schweizerischen Handels,,reisenden keine ..^atentt.^en oder anderweitige Gebühren mehr zu begehen , ,,in sosern diese Handelsreisenden nur Bestellungen -. sei es mit oder ,,ohne Vorweisung von Mustern --^ ausnehmen und keine Waaren mit sich ,, führen.

,,2. Der Bundesrath ist mit der Vollziehuug dieses Beschlusses

,,beaustragt. ^ Hiedureh sah sich die Regierung von Thurgau veranlasst, unterem 27. Jnni l. J. den Rekurs an die Bundesversammlung zu ergreifen.

Zugleich erliess dieselbe ein Eireularschreiben au sämmtliche Kantonsregiexungen mit der Einladung, sich ihrem Rekurse an^uschliesseu. Die Regierung von Zug --- indess diese allein - fand sieh in Folge dieser Aufforderung, mit Rücksicht daraus, dass ^ener Entscheid des Bundesrathes auch die Kantonalgesetzgebung von Zug berühre, ebenfalls z.. einer Eingabe an die Bundesversammlung veraulasst. mit dem Sehlussgesuche, es mochte die Juterpretation des Bundesrathes über deu Bes.hluss vom

29. Juli 1859 als zu weit gehend erklärt und die Kantone in Handhabung der polizeilichen Verfügungen über die Ausübung des Handels ge-

schüft werden.

Die Eingaben der beidseitigen Regierungen wurden durch Beschluss des Ständerathes dem Buudesrathe zur Begutachtung überwiesen, und es steht nunmehr nach Eingang dieses auf Abweisung der Rekursbeschwerden schliesseuden .Gutachtens der Beurteilung der ledern kein Hinderuiss u.ehr im Wege.^ ^ Da d.e Thurgauisehe Rekursbeschwerde sau.mt der Beantwortung des Bundesrathes sich gedruckt in den fänden der Tit. Mitglieder befindet, so sieht sieh die Kommission uieht veranlagt, die ^ür^ und Gegengrüude zu rekapituliren. Sie g..ht daher sofort zur reehtlicheu Erorterung der

Frage über, iudem sich dab^i hinlängliche Gelegenheit bietet, auf die Barteiaubringen näher einzutreten.

Während der Bundesrath seinen Entscheid damit motivirt. dass derselbe nur eine nothwendige ..^onseauenz des Bundesbeschlnsses vom 29. Juli

49 185..) sei, dessen Begründetheit er weiter nicht mehr zu untersuchen habe, glaubt die Regierung von Thurgau mit derjenigen pon Zug, dass der Bundesrath über jenen Beschlnss hinausgegangen fei, und dass somit die schon gegen jenen B^sehlnss vom Standpunkte der^ Kantonalsouveränität geltend gemachten Motive neuerdings und mit verdoppeltem Gewichte in die Wagschaale fallen. Die beiderseitigen Ansichten gehen in Einem Bunkte einig, dass nämlich der eigentliche H a u s i r h a n d e l auch fernerhin der Re^ulirung pon Seiten der kantonalen Vergebungen anheim gestellt bleiben solle , .^s erklärt der Bundesrath, dass er in diesem Bunkte gegen polizeiliehe Verfügungen der Kautone selbst dann nichts einzuwenden habe, wenn sie selbst ein wirkliches Verbot des Haufirhandels in sich faffen.

Dagegen - und das ist der ^ehwerpunkt der heutigen Frage --- weichen

die beiderseitigen Ansichten in der Auslegung des Begriffs des Hausirhandels darin von einander ab, dass der Bundesrath unter Hausirhandel das Feilbieten , Herumtragen und Einsammeln pon Waaren von Haus zu Haus verstanden wissen will, während die Rekurrenten dasür halten, dass das Sammeln von Bestellungen von Haus zu Haus mit oder ohne Vorweisung von Mnstern ebenfalls als Hausirhandel zu e.uali^ fi^ren sei. Die Rekurrenten wollen im Weitern den Begr.ss des berechtigten und durch die Bnndesgesetzgebung von Batenttax^eu ex^mirt.m Han^ delsreisenden im Gegensa^ zum Hausirer dahin gesasst wissen, dass der erstere eine Berson sei, welche nnr den Verkehr zwischen dem Handels^ hause und den Kauf- und Gewerbsleuten , nicht aber^anch zwischen dem Handelshause und dem weitern Vublikum vermittle.

Wenn sieh nun auch nicht verkennen lässt, dass bei einer bloss et.^mologischen Ableitung des Wortes Hausirer die Ansicht der R...k..rrenten einigermaßen berechtigt sein dürste, so konnte bei einer nähern Betrachtung der Sache die Kommission in ihrer Mehrheit dennoch jener Auslegungs.^ weise nicht beitreten. Fasst man nämlich den Wortlaut des Bundesbeschlusses vom ^9. Juli 185.) in^s Ange, so ergibt sieh sofort, dass die Bundesversammlung durch die Worte ,,iusofern diese Handelsreisenden nnr Bestellungen ausuel^uen und keine W a a r e n mit sich sühren^ den ausnahmsweise dem freien und ungehemmten Verkehr nicht anheimgegebeneu, der Regulirnug der Ka..toualges..^geb..ug auch fernerhin überlassenen Hausirhandel auf das gauze bestimmte Material des Mitsichführ en s der W a a r e n beschränken wollte. Wenn es sehon allgemein und feststehende Regel ist, dass Ausnahmen eines grossen Brinzips, wie der Art. 2.) der Buudesversassung ein solches euthält, nicht in ausdehnenden., sondern eher in beschränkendem Sinne zu statuiren sind , so lässt sich an der Richtigkeit dieser unserer Aussassuugsweise um so weniger zweiseln , wenn man das , jenen Beschluß der Bundesversammlung kommentireude Kommissionalg^taehten des Nationalrathes damit vergleicht.

Ju demselben (Bnndesblatt von 185.), Bd. 2, p.^. 424) ist ...usdrück^ lich folgendes gesagt: ,,Der Reisende vermittelt den Verkehr zwischen

50 zwei Kantonen ; die Waaren , die er verkaust . liegen in dem einen , der

Käusex befindet sieh in dem andern Kanton, und gleichgültig ist dabei, ob

der Handelsreisende mit oder ohne Mustex, in Handelshäusern oder in Brivathäusern Bestellungen aufnimmt. Ganz anders ist der Hausirer a n z u s e h e n , dex sein Waaxenlager mit sich f ü h r t n. s. f.^ Auch die Regierung von Thurgau bezieht sieh zwar aus diesen Bexicht, um nachzuweisen, dass man bei dex Befreiung dex Reisenden von Batenttar^en nur die Freiheit des i n t e r k a n t o n a l e n Verkehrs im Auge gehabt habe, während es nun eben der Fall sei, dass diese hausirenden Musterreisenden zum grossten Theile dem eigenen Kantone angehoren, und die Bundesverfassung davon ausgehe. deu Verkehr im Jnne^.n der Kantone frei zu lassen. Allein hieraus ist zu entgegnen, dass folgerichtig ein Kanton immerhin verpflichtet wäre, die hausirenden Musterreisendeu anderer Kantone uubedingt zuzulassen, und dass er nur berechtigt wäre, die .

eigenen Musterreiseuden auszusehl.iessen , - ein Verfahren, das schwerlich irgend ein Kanton ^einzuschlagen sur gut finden wird. Man konnte seiner Zeit bei der Besprechung der Batenttar^frage gan^ gut damit ar^nmentiren, dass die Batenttar^en darum verwerflieh seien , weil sie auch den. interkantonalen Verkehr hemmen. Allein es war diess nur ein einzelnes und für sich allerdings ungenügendes Argument, das keineswegs alle andern absorbirte.

^ie Regierung vou Thurgau begeht sieh für ihre Ausfassung des Begrifss der Handelsreisenden ferner aus das V e r t r a g s r e c h t . ...^a nämlich in lester ^eit mit vielen auswärtigen Staaten Verträge über Befreiung der Handelsreisenden von Batenttax^eu abgeschlossen worden seien, in den fremde.. Gesetzgebungen aber der Begriff des Handelsreisenden auf Bersonen besehräni.t sei , welche d...n Verkaus ^wischen Gewerbsleuten vermitteln , so entstünde eine Ungleichheit zu Ungunsten unserer schweif Geschäftsmänner, welche auf lettere ..^hätigkeit beschränkt wären, während die Angehörigen uuserer Kontrahenten in jedes Haus einzudringen befugt wären. -.- ^s ist der Kommission nicht bekannt, ob wirklich in deujeuigen ..Staaten, mit welchen Verträge abgeschlossen worden si.^.., der Be^rifs der Handelsreisenden auf die von den Rel.nrrenten bezeichneten Bersonen beschränkt ist, sie muss es aber vorläufig, wenigstens mit Be^ng aus einzelne jener Staaten in hohem Masse be^weiselu. Jn den diessfälligen ^taatsverträgen , zu welchen Thurgau
ebeusalls mitgewirkt hat, finden sich nirgends solche beschränkenden Bestimmungen, und es komme daher im Gegentheil sehr in Frage, ob eine solche Beschränkung der Handelsreisenden jeuer Staaten gegenüber überhaupt ^lässig wäre, gese^t sogar, man wäre uach der Bnudesgese^gebung nicht daran gehindert, sie den einheimischen Handelsreisenden gegenüber in Anwendung zu briugen.

^as von ^hnrgau verteidigte Verfahren konnte daher leieht zu Konflil^

51 ten mit jenen Staaten oder zn einer ausnahmsweise^. Begünstigung der ausländischen Handelsreisenden führen. Es dürfte nicht a.^.sser Weges sein , wenn der Bundesrath gelegentlich über die in den ^ertragsstaaten bestehenden geglichen Bestimmungen sich nähere Auskunft verschaffen würde, damit jedem einzelnen gegenüber von den Kantonen Reziprozität

geübt werden kann . indess sallt die Frage praktisch nicht sehr in's Gewicht,

da auswärtige Handelsreisende jedenfalls sehr selten im Falle sein werden , von Haus zu Hans Bestellungen auszunehmen.

Die Rekurrenten verteidigen ihre Ansieht im Weitern vom sogenannten p r a k t i s c h e n Staudpunkte aus, indem ein wesentlicher Unterschied zwischen einen.. Hansirer mit Waaren und einem Reisenden mit der Musterschachtel nicht bestehe, im Gegentheil im le^teru ^alle .^as Bublikum der Uebervortheilung noch in hoherem Masse ausgebt sei , und der Handelsmann, der solche Eommis nicht habe, oft eine schwindlerische Konkurrenz zu bekämpfen haben werde. Diesen Argumentationen gegenüber , welche dem Standpunkte des sogenannten ^onveraem.^ paternel, der obrigkeitlichen Fürsorge für das Volk entnommen sind, kann einsach daraus verwiesen werden, dass sie mit dem Grundprinzip der Freiheit des

Verkehrs überhaupt im Widerspruche stehen. E.^ ist vollig wahr, dass

dieses ^rin^ip auch feine Schattenseiten hat , welche sür den Gewerbtreibenden in der grossen Zahl der Konkurrenten auf dem gleichen Gebiete und für das Vublikum in der durch die .Konkurrenz ebenfalls gesteigerten Möglichkeit de^ Fehlgreifens beim Kaufen liegen. Allein die Bundesverfafsung hat dieser Schattenseiten ungeachtet und bei voller Kenntniss derselben dennoch das Bri.^ip der Verkehrssreiheit im Jnnern der Schweiz

postulirt, weil die Vortheile desselben überwiegend sind. Dieses Brin^ip

der Verkehrssreiheit besteht aber im Handelsverkehr woraus man vielleicht bisher noch zu wenig geachtet hat, aus zwei Stücken: erstlich ans dem Rechte, srei ^ v e r k a u f e n , das namentlich der Handeltreibende im Auge hat : zweitens aber auch aus dem Rechte , srei zu k a u f e n , was dem gesammten grossen Vubliknm wesentlich zu gut kommt. Wenn eine Gesetzgebung eines Kantons nun den Grnndsa^ aufstellt, ^s dürfe ein Handlungsreisender nur an Gewerbsleute wieder verkaufe.^ nicht aber an das gesammte Bublikum, so schädigt ste viel weniger den Erstern, als das .Lettere; sie nothigt das Bnblikum, aus ^weiter Hand zu kaufen, wo es aus erster^ Hand kausen konnte und somit dem Zwischenhändler Provisionen (kan.... krai^ zu befahlen. Dieses ist augenscheinlich gegen den Sinn und Geist der Bundesverfassung, weil es den Verkehr eben hemmt, belastigt und besteuert.

Gerade von. sogenannten praktischen Standpunkte aus hat die Gesel^gehuug der rekurrirenden Kantone noch weitere grosse Bedenken : man kommt mit derselben zu den willkürlichsten Distinction^. Das Thnrgauische Gese.^ sagt ^. B., das Musterreisen oder das Aufnehmen von klein er n Bestellungen von Waaren u. s. s. ist bei Busse uutersagt, woraus

52 zu folgen scheint, dass die Aufnahme g x o s s e x Bestellungen gestattet sei.

-- Das Thurgauis.he Gese^ sagt fexner: Den Handelsreisenden ist die Aufnahme von W..arenbestell....gen bei diesseitigen Kauf- und G e w e r b s l e n t e n gestattet; das Zische Gese^ aber gestattet in ^. 62 den Handelsreisenden nur bei solchen Kantonsbewohnern Bestellungen naehzusuchen oder aufzunehmen, welche mit den betreffenden Artikel.. H a n d e l treibe... Hiena.h scheint ^. B. d^.r Handelsreisende in Eisenwaaren in Zng nur zum Händler mit Eisenwaaren, nicht aber an.h zum S.hmid un... Schlosser .^..hen zn dürfen , wahrend er im .......l.^.rgau auch bei den ledern Bestellungen aufnehmen dürfte. So konnten no.h weitere Beispiele angeführt werden zum Beweise . dass das Verlassen der durch den Bundesbeschluß von. 2.). J..li 1.^.) angenommenen ..Begriffsbestimmung des Hausireus zu einer Reihe neuer, ganz willl^ührlicher Beschränkungen des freien Verkehrs führt. Gerade ans praktischen. Gesichtspunkten muss man an einem gan^ einfachen und klaren Unterscheidungsmerkmal des Hausirl^audels festhalten , und es gibt wohl kein einfacheres und besseres

als das im obigen Bundesbeschluss bezeichnete, nämlich das Mitführen von Waaren.

Die Rekurxenten stufen in Verbindung mit dem sogenanteu praktischen Staudpunkt sich insbesondere auch aus f i s k a l i s c h e Rücksi.hteu, indem sie behaupten, dass in ^olge der Freigebung der Aufnah..^ von Bestellungen von Haus zu Haus die Bestimmungen, betreffend deu wirkluh.m Hausirhandel, sehr leicht umgangen werden kennen und diess zu einer gänzlichen Freigebung auch des Hausixhandels führen müsste, wodurch deni Fiskus eine nicht unerhebliche Einbuße (hu Thux^au jährlich Fr. 5000) erwachse. ^- Es steht natürlich jedem Kanton frei, auch den Hausixhandel gänzlich frei zu gebeu, wenn er aus der Beschränkung desselben überwiegende Uebelstände hervorgehen zu sehen glaubt. Allein es sind der kommission selbst Mittheilungen gemacht worden , welehe jene Be-

fürchtungen als zien.lich unbegründet hinstellen. Es haben z. B. die Ra.h-

barkantone von Thurgau und Zug , nämlich die Kautone .^t. Gallon und Zürich, in denen zudem Handel und Jndustxie bekanntlich in ziemlichem Masse entwickelt ist, seit langer Zeit auch den Handelsreisenden die Be...echtigung eingeräun.t, von Haus zu Haus Bestellungen aufzunehmen, und dessen ungeachtet beziehen beide Kantone jährlich nicht unbedeutende Summen sür Haufixpatente , und es wissen beid.^ Kantone Umgehungen des Hausirgese^es auf unschwere ^.lxt zu verhindern.

Ein anderes, mit dem vorhergehenden verwandtes Argument macht die Regierung von Zug geltend, indem sie behauptet, es komme erstlich der Haustxex in eine u n g ü n s t i g e r e Stellung gegenüber dem Handelsreisenden, indem der Lettere steuerfrei sei, während der Erstexe eine Vatentsteuex zn bezahlen habe, und sür^s zweite komme der angesessene Handelsmaun dem sremden Handelsreisenden gegenüber in eine ungünstigere Stellung, indem er dem Staate Steuern bezahle, lezterer aber nicht.

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Allein auch diese gründe erweisen sieh bei näherer .Betrachtung nicht als stichhaltig. Was nämlich den ersten ^unkt anbelangt, so ist ^n bemerken, dass die Gesetzgebungen aus gewissen polizeilichen^ Rücksichten dem Hausir-

handel absichtlich gewisse Schwierigkeiten in den Weg legen, damit dieser

Handel nicht allzusehr überwuchere. Ueberdem zahlt der angesessene Handelsmaun, der Musterreisende hält, gewohnlich in der Form von Handelsabgabe , Einkommensteuer u. dgl. verhältnissmässig grossere Steuern als der Hausirer. Die Hausirpatentgebühr ist gerade in manchen Staaten nnr die nothwendige Ergänzung eines gewissen Systems von Abgaben ans Handel und Jndustrie. Roch unberechtigter aber ist die ^weite Einwenduug. Das Handelshaus , das Musterreisende aussendet , bezahlt seine Steuern an seinem Domizil , und zwar auch für den Erwerb und das Vermogeu , das es ausser dem Heimathkanton macht. Dadurch ist die Ausgleichung für den vermeintlichen Verlust gegeben. Wenn der Zuger und Thurganer Handelsmann seine Musterreisenden ohne Ta^e im Kanton St. Gallen Bestellungen ausuehmen lassen kann, so ist es wohl nur gereehtsertigt, dass der St.. Galler Handelsmann seine Reisenden auch ohne Tar^e oder andere Beschränkungen in den Kanton ^ug und Thurgau schicken darf. Es würde gerade das eutgegeugeset^te Versahren die Gleichheit der Rechte der Schweizerbürger storen. und bei jenem Standpunkte wäre es überhaupt unmöglich , mit irgend welchem Staate einen Vertrag

über gegenseitige Verkehrsfreiheit abschlössen. weil ja der ^all jedesmal

eiutritt, dass der Fremde bei uns steuerfrei Verkehr treiben dars, während der Einheimische in ^olge feiner Ansässigkeit an die ^taatslasten u. s. f.

beizutragen hat.

Wenn die Kommission die bisher für den Rekurs angesührteu Gründe als unstichhaltig bezeichnen musste, so ist diess noch in hoherm Grade der ^all mit Be^.g anf einen legten Bunkt, der ^war bloss angedeutet wird.

Es wird bemerkt, der Bundesbeschluss vom 2.). Juli 1859 verpflichte die Kautoue uur, ..von Haudelsreiseuden keine Batenttaren oder anderweitige Gebühren mehr zu beziehen ^ . in vorliegendem Falle handle es sich aber gar n..eht uni solche Gebühren , sondern es ha^e die Gese^gebuug von Thurgau resp. Zug das Ausnehmen von Bestellungen durch Musterreiseude^von Haus zu Haus gänzlich verboten, und der Erlass eiues solchen volligen Verbotes sei Sache der Kantonalgesel^gebung. Daraus ist zu entgegnen, dass mit einer ganz gleichen Argumeutatiou man die Bereehti^ung der Kantonalgesel^gebung nachweisen konnte, überhaupt allen Ges.^ästsbetrieb von Handelsreisenden ^u verbieten und zu unterdrücken.

^as diesssällige Argument beweist daher nichts, weil es ^u viel beweist.

Vielmehr ist gewiss gan^ klar, dass es der Wille der Bundesversammlung w..r, es sollen in Ausführung des in Art. 2.) der Bundesverfassung statnirten Brinzips der Verkehrssreiheit die Kantone angehalten werden, dem freien Verkehr der Handelsreisenden keine Schwierigkeiten in den Weg zu legen, und man sprach von Batentta^en oder anderweitigen Gebühren nu..:

54 darum, weil diess die gewohliche Form dieser Hindernisse des freien Verkehrs waren. Wenn man aber nicht einmal jene geringe Beschränkung Zugeben wollte, so war man gewiss noch viel weniger gewillt, absolute Hindernisse eines freien Verkehrs ^ulasseu , wie solche in formlichen Verboten liegen.

Aus diesen Grüuden kommt die Mehrheit der kommission zu folgendem Schlusse, den sie in Form eines Antrages dem h. .Ständeräthe vorzulegen sich die Ehre gibt :

D i e B u n de s ve r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einficht eines Berichtes des Bundesrathes vom 27. Rovember

1860,

beschliesst.

1. .^er Rekurs der Regieruug des h. Standes Thnrgau vom 27. Jnni 1860 gegen den Beschluss des Bundesrathes vom 25. Mai 1860, betreffend A..fhel..uug des in der Thurgauis.he.. Markt- und HausirGesetzgebung aufgestellten Verbots der Aufnahme von Bestelluugeu bei Privatleuten durch Handelsreisende, wird sammt der j...neu unterstehenden Eingabe der Regieruug des h. Standes ^ug vom 13. Juli l 860 als

unbegründet erklärt.

2. ^er Bundesrath wird m.t der allseitigen Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Mit vollkommener Hochachtuug und Ergebenheit .

Bern, den 10. Dezember

1860.

^..ie Mehrheit der Mitglieder der Kommission.

Dr. .^b. ...^s. Berichterstatter.

.^eumard .^er.

.^.r^^ie Rendre.

A. .^tto Aepli.

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Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission über den Rekurs der Regierung von Thurgau wegen den Patenttaxen der Handelsreisenden. (Vom 10. Dezember 1860.)

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1861

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03

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1861

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47-54

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