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des schweiz. Generalkonsulate in London fur das Jahr 1860.

(Vom 1. Januar 1861.)

An den .,. Bundesrath.

Tit..

Das Jahr l 860 erofsnete mit dem französischen Handelsvertrag, welcher mit dem Budget des Schazkanzlers auf's intimste verslochten war.

Die gnten folgen davon sind bereits in den Export- und Jmporttabellen

für die ersten 11 Monate von l 860 (Dezember ist noch nicht publizirt und wird daher später nachfolgen), welche diesem Berichte beiliegen, dargelegt und zeugen von dem steigenden Verkehr zwischen den beiden Rationen, welker dadurch einen neuen .stets steigenden Jmpuls erhalten hat.

Eine fernere Folge desselben ist die kaiserliche Ordonnanz, welche zu Gunsten englischer Uuterthanen, die nach Frankreich reisen, die Bässe völlig abs.hasst. und was franzosische Unterthanen anbetxisft, die England besuchen, diese Formalität aus einen blossen Jnlandsreiseschein ohne Nothwendigkeit eines diplomatischen Visums beschränkt. Die Veränderungen in.

Geldmarkte haben, wie natürlich, zu bedeutenden Fluktuationen in. BankDiskonto Anlass gegeben, ohne jedoch zu einer finanziellen Krisis zn führen, welche im Monat Rovember durch zeitgemässe Verständigung zwisehen den Banken von Frankreich nud England für diessmal abgewendet worden ist.

Freilich haben seitdem die Ereignisse in Amerika, wo in Folge der neuen Bräside..teuwahl die sogenannten Sl.laveustaaten sich gegen den Worden auslehnten, einen bedeutenden Einfluss auf die finanziellen Verhältnisse der Union ausgeübt, welcher seine Rükwirknng auch hier nieht verfehlen konnte und bedeutende Speziessendungen uach Au.erika, in Folge enormen Sinkens daselbst des englischen und aller sremden Kurse, zur Folge hatte, welcher Zustand leider auch jezt noch fortdauert.

Englische Consols fluetuirten im vergangenen Jahre von 921/8, den.

niedrigsten Standpunkte, anf 957/8, den. hochsten, und schlossen ani

3i. Dezember zu 921/4 bis 923/8.

. 649 Der grosste Betrag des Bankbullions .war i. J. 1860 16,552,030 Bfund Sterling gegen Ende Juni, während Anno 1859 der grosste Betrag sich aus 19,952,548 Vsd. Strl. und der niederste auf 16,540,454 Bfd.

Strl. belies.

Die Gesammteinkünste Grossbritanniens betrugen 71,967,495 .Vfd.

Strl. i. J. l 860 gegen 66,070,469 Vfd. Stxl.^i. J. 1859. Die Zolleinnahmen haben um 1,792,184 .^sd. Strl. abgenommen, was sich als eine ^olge des französischen Handelsvertrags herausstellt. Dagegen vermehrte sich die Bropert^e i. J. 1860 allein um 6.,824,710 Bfd. Strl.

und die Vost..inkünfte um 195,000 Bsd. Strl. gegen 1859.

Jm Monat Mai liefen von Australien sehr ungünstige Berichte über den Stand des dortigen Handels ein , in Folge Uebersührung der dasigen Märkte, und viele Häuser, besonders in Si du ey, mussten der Krisis unter-

liegen.

Wie sehr der Geldmarkt neuen finanziellen Operationen ungünstig ist, beweist der Umstand, dass Anleihensversuche von Staaten wie Russlan d und Brasilien, die unter unsern Kapitalisten früher im besten Ruse stauden und überdiess von erster Grosse eingeführt wurden, entweder ganz oder aber theilweise seheiterten.

Jn mehreren wichtigen Handelszweigen, wie z. B. dem Ledertrade, sind dureh Suspension des sogenannten .Leadinghauses und durch die dadurch an^s Licht gebrachten disclosnres, welche eine grandiose Wechselreiterei darlegten, grosse Stokungen eingetreten, welche jedoch die Folge haben dürsten, diese Geschäfte für die Zukunft auf eine solidere Bafis zu führen.

Auch im Stroh h an del, der zwar viel weniger bedeutend, für die Schweiz aber nicht minder wichtig ist, ist eine bedeutende Krisis eingetreten, und die Gazette ist voll von Ramen grosserer und kleinerer Falliten.

Ein nasser Sommer ohne Sonne ^..nd Ueberstoknng des Marktes, so wie Versendungen au unsubstantielle Häuser sollen hauptsächlich zu diesem Stand der Dinge beigetragen haben.

Das Jahr sehloss mit der Ratifikation des Friedens von Beking, welcher Ehina dem europäischen Verkehr auf vorteilhafte Basen offnen soll.

Dagegen sehen die Gemüther mit Unruhe dem kommenden Frühling entgegen, wo zu besürchteu steht, dass der Krieg in dem noch nicht vollig konsolidirten Italien wieder losbrechen und die gesehästlichen und sinangellen Verhältnisse ^ in bedeutendem Masse lahmen und desorganisiren werde.

Nichts desto weniger herrscht in diesem Lande selbst ein strebendes Gefühl der Sicherheit, nicht ^enig gestärkt durch das sogenannte Volunteer .^ovement, welches in weniger als einem Jahre eine selbst e.^uipirte und organisirte Bürgerarmee von 20l),^)0^ Mann zu ...^age gesordert hat, ohne, so zu sagen, der Regierung einen Vsenning zu kosten, eine Bewe-

650 gung, welche durch Vreise im Scheibenschießen von Gesellschaften, ..^rivaten und Anderen im fortschreitenden Gange erhalten wird.

Jn den im Anfang des Berichts angeführten Tabellen finden Sle die Ehisfres der von England ex^portirten Rohprodukte und kolonial. waaren angegeben, und ich enthalte mich somit eines besondern Arguments darüber, indem die in den resp. Artikeln arbeitenden .^auslente von ihren Korrespondenten bereits über den Gang dieser Waaren aenugsam unterrichtet sein werden.

Auf d e n J m p o r t übergehend, berühre i .l, nur die, die schweizerische Handelswelt hauptsächlich interessirenden Artikel, ohne jedoch, wie bei früheren Anlässen, die Beträge des Jmports ans der Schweiz besonders angeben zu können.

Wanduhren wurden leztes Jahr in den ersten 11 Monaten 43,000

Stük und

Taschenuhren, in der gleichen Beriode, 30,000 .^tük mehr als Anno 185.) eingeführt.

.^äse wurden importirt in den ersten 11 Monaten der Jahre:

ll.^8.

319,000 Ztr.

^8..^...

360,000 Ztr.

I8^.

431,000 Ztr.

Seiden bander in den ersten 11 Monaten der Jahre:

355,000 .^.

1 .

^ 8 .

453,000 ^.

1 .

.

^ .

442,000 .^.

.

l .

.

^ .

Jch gebe Jhnen nun noch einige Détails über Branchen der hier importirten

die wichtigeren

^chmeizerartikel, wie ich solche ans kompetenten Quellen gefchopft habe.

^ei^enarti..^ G l a t t e und f a c o n n i r t e S t o f f e , namentlich von Zürich, finden e.nen sehr guten Absaz.

S e i d e n b ä n d e r haben eine schone Zukunft vor fi.h, besonders seitdem der Zoll in Folge des fran^sisehen Handelsvertrags abgeschafft worden ist. Der Umsaz darin war zwar leztes Jahr nicht bedeutender als im vorhergehenden Jahr, da das Ausblühen des Handels durch die Mode, dass Frauenzimmer ans ihren Hüten gar keine Bänder tragen, im ^chaeh ^ehalten wnrde. Sobald das Tragen der Seidenbändex wieder Mode wird, ist es keinem Zweisel unterworfen, dass die Schweizerseidenbänder starken Begehr finden werden.

Die hübschen brillanten Farben, so wie das niedliche Aufmachen der Sehwei^erbänder gesallen sehr, was, verbunden mit der Billigkeit der preise, die Hauptursache sein wird, warum sie in den lezten Jahren die St. ^.tienne-Bänder zu überflügeln schienen.

^51 Der lllnelchandel ist im verflossenen Jahre nicht .besonders brillant gewesen, und die Absehassung des Zolls auf Uhren hat, anstatt auf den H....nd..l günstig zu wirken, eher eine schlecht^ Wirkung h..^..o..gebra...ht, indem unsere Fabrikanten, sobald der neue Tarif im April in ^...aft getreten war, durch den vermehrten Begehr, der sich nach der im Anfang des Jahres vorausgegangenen Stille im Geschäfte bemerkbar machte, .angespornt, den Augenblik zu starken Sendungen benuzen zn müssen glaubten, wodurch aber der Markt namentlich von geringen Uhren überfüllt wurde, die, wenn die Sendungen in gt.iehem Massstabe fortdauern sollten, ..ux mit Opfern verkäuflich sein dürsten.

Feine Uhren sind nicht den gleichen Flnetuationen unterworfen gewesen, da daxin einesteils weniger umgesezt wird, und andexntheils der neue Taris aus die preise dieser Artikel wenig Unterschied macht.

Für den Export wurde in Uhren sehr wenig gemacht; die Märkte ln Australien, Judien ..e. sind mit Waaren überführt; Ehina dürste mit der Zeit eine bedeutende Absazauelle werden, obgleich momentan auch da ein ziemlich starker Stok vorhanden ist.

Jn Betreff der Baum^olle^aaren kann ich im Allgemeinen nur bestätigen, was ich in meinem legten Berichte über dieselben gesagt habe.

G e f ä r b t g e w o b e n e Ginghams und sogenannte Madxastüchex fahren fort, einen starken Ausfuhrartikel zu bilden.

G e d x u k t e W a a r e n haben durch den nasskalten Sommer gelitten, erfreuen sich jedoch, namentlich die besseren Qualitäten, wenn die Saison günstig ist, eines ziemliehen Begehrs. Die .^chweizersabrikate fangen an, sich durch schone Desstns auszuzeichnen und mit den sonst vorgezogenen Manchester- und Glasgower-Waaren Sehritt zu halten.

Der E^pport ist im Allgemeinen sehr flau; der Begehr nach Westindien sowol als nach Südamerika war unbedeutend.

Türkisch ^..otl^arn wird wegen zu hohen Breisen nicht viel im-

portirt.

Jn ^obeueu ..Mousselines.. ....mes^ wird wenig umgesezt und Manchesterwaare vorgezogen, während für

^onuirt ^.......ol.eue ..^o.^elntes der Begehr immer sehr gut ist;

das lezte Jahr war das schlechte Wetter zwar dem Artikel ungünstig.

.^idea..^.

Reich gestikte, fahren fort, einen bescheidenen Absaz zu finden, während Geringexe von den Nottinghams, mit Maschinen gearbeiteten Waaren, verdrängt werden.

652.

Jn ^trol^are^ war der Verkauf sehr schlecht, da die SchweizerFane.^artikel gar keinen .begehr fanden, während die englischen und italienischen I..ni-Geflechte in der Mode waren.

^o^aar^eflechte als I..ni- Artikel erfreuten sieh dagegen eines ziemlich starken ^Absazes, und bilden nun schon für zwei Kampagnen den sogenannten Leadingartikel ; es wurden davon von^ der Schweiz für zirka

30,000 Vfd. Strl. und von Sachsen für zirka 10,000 Bsd. St..l.

importirt.

Dieser Umstand, dass Rosshaargeflechte, die mit Maschinen gearbeitet werden, allein verkäuflich waren, und dagegen Strohwaaren, deren Verarbeitnng hauptsächlich Händearbeit erfordern, gegenwärtig gar nicht in Gunst hier find, dürfte der Grund fein, dass viele im Strohhandel früher beschäftigte Leute in der Schweiz in dieser Branche nicht mehr beschäftigt werden können.

..^ase findet immer einen ordentlichen Absaz.

Jn ^ch^eizer^i^arreu (Vevevsans) wird nunmehr auch etwas gemacht , theilweise für den Jnlandkonsum und theilweise sür ^ den Export nach Australien ; für das eine und andere mogen vielleicht für 5000 Bfd. Strl. importirt werden.

Es ^wurden Versuche gemacht, ^..veizer...oeine (Waadtländer) einzuführen, jedoch nicht profitabel gefunden, und desshalb vor der Hano wieder aufgegeben.

London. den 1. Januar 1861.

Der Agent und Generalkonsul der schweizerischen Eidgenossenschaft:

^u ^p.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweiz. Generalkonsulate in London für das Jahr 1860. (Vom 1. Januar 1861.)

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1861

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1

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20

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12.05.1861

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