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Schweizerisches Bundesblatt.

Xlll. Jahrgang. ll.

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Nr. 34.

27. Juli 1861.

Bericht und Antrag der

nationalräthlichen Petitionskommission , über das Besuch der Helvetia-Section von Lausanne d. d. 1. Juli 1861,

wegen

theilweiser Aufhebung des waadtländischen Großrathsdekretes vom 19. Februar 1861,

betreffend

Stimmfähigkeit der

Aufenthalter in kantonalen Angelegenheiten.

(Vom 21. Juli 1 861.)

Tit. l Herr J. Eytel-Colladon von Lausaune rekurxirt ini Ramen der Sektion der Helvetia daselbst gegen einen, wider das waadtläudische Grossrathsdekret von. 19. Februar 1861 schon im Februar dieses Jahres reklamireude Vetenten abweisenden Beschluss des Bundesraths vom 1. März abhin, und stellt das Gesuch. Es wolle die Bundesversammlung, die Bestimmungen des geuaunten G r o s s r a t h s d e k r e t e s , welche mit der K a n t o n s - s o w o h l als mit der B u n d e s v e r f a s s u n g e n Widerspruch stehen, als a u f g e h o b e n erklären.

Die Sektion der Helvetia, wie die Februar-Petenten , beklagt sich nämlich, es habe das Grossrathsdekret vom 19. Februar abhin nur die schweiArischen N i e d e r g e l a s s e n e n bei der angeordneten Volksabstimmung. ob die Versassung revidirt werden solle, -- und im Fall der .Bejahung

bei der Wahl der Mitglieder des Verfassungsraths -

als stimm-

b e r e c h t i g t erklärt und dagegen die mit blossen Aufenthaltsbewillungen (permis de séjour) versehenen schweizerischen Aufenthalter von dem Stimmrecht ansgesehlossen, was naeh ihrer Ansieht kantons- und bundesversassuugswidrig geweseu sei, und fortan nicht mehr stattfinden dürfe.

S. die Beilage auf Seite .10.1. hienach.

B u n d e s b l a t t .

J a h r g .

X I I I .

B d .

I I .

30

396 Der Art. 2 des besehwerdeten Dekrets sagt unter Anderm : Um in deu KreisWahlgemeiudeu stimmfähig zu sein, muss der Eidgenosse. krast einer Riederlassungsbewilligung s e i t e i n e m J a h r e im Kant o n domieilirl sein. ^clre domicili d.^ns le Canton depuis un .m ^Constitution Art. ^ en ^ertu d'un permis de domicile^ Liest man diese Bestimmung und hält man damit die Verfassungen und Gesetzgebungen der meisten andern Kantone zusammen, so kann man l..eim ersten Anschein kaum begreisen, wie sich im Kanton Waadt über die Bestimmung des Artikels eine so lebhaste kontroverse und ein so beharrlicher Rekurs an die Buudesbehorden hat erheben und ergeben konnen.

Denn bekanntlich räumen die Gesetzgebungen der meisten Kantone uach^.

Massgabe der Art. 41 und 42 der Bundesversassung nur den s c h w e i zerischen Niedergelassenen, nicht aber den schweizerischen Anfenthaltern das Stimmreeht in kantonalen Angelegenheiten ein.

Wenn man dann aber die Sache näher prüst und aus den Aeten ersieht, dass im Kanton Waadt vor Erlassung des beschwerdeten Dekrets vom 1..). ^ebrnar 1861 die Bra^is da und dort eine andere war, dass früher faktisch auch solche in kantonalen Angelegenheiten das Stimmrecht ausübten, welche mit blossen permis de sejour versehen, also bloss Aus..

entölter waren, und dass diese erst durch das beschwerdete Dekret von der Stimmsähigkeit ausgeschlossen worden sin...., so lässt sieh Estroverse und Rekurs in Sachen leicht erklären.

Es srägt sich nun ledigerdingen und zunächst. Ob die vorfebruar-

liehe Bra^is in Waadt, Ausenthalter in kantonalen Angelegenheiten n.it.^ stimmen zu lassen, - eine ^ra^is, die allerdings in einzelnen Kreisversammlungeu waltete und von mehreren S^ndies bei Anstheilung der Stimml.arten geübt wurde - eine versassungsmässige sei, d. h. von der V e r f a s s u n g des .Kantons Waadt unterstützt und gefordert werdet Wäre dieses der Fall, so müsste die Bundesversammlung die Reklamauten bei dem bisher geübten ...^timmrecht schützen , da die versassungsmässigen Rechte der Bürger eines jeden Kantons unter die Garantie des Bundes

gestellt sind.

.^

Die ^..r ^eit noch bestehende Versa ssnng des Kantons Waadt datirt von 1845 und ist also etwa drei Jahre älter als die Bundesverfassung.

Der aus die vorwürfige Materie bezügliche Artikel ist Art. 17. Derselbe

lautet : ^out citoyens actifs le^ V^.idois et les Cor.lederes .^.^ de .^m^ mi .^ns ..e^olns qui reuuisseut les conditions suivantes el. qui ne se trouvent d^.us ^ucnu des cas d'exclusion slatue par i^.li..lc 18. Ces conditions sont .

^A. .^our le V^udois e^.. , ^B. .^our le Conlcderé .

^1.^ etre ressortirait d'un Canton qui .^c^..orde ^ux Vandois l'e^.e^ cice d^s droits pol^l.q^cs ^ ^^^ etre ^^^^..^.^ dans le Caulon de Vand depuis un an.'^

397 Hier sragt es sich nun hauptsachlich und vor Allem : welchen Sinn haben die Worte ^etrc ^...^.^l..^ dans le Canton de Vaud.^ Jft mit dem Wort ^domicilie^ auch der blosse ,, Aufenthalt.^ von einen.. Jahre verstanden, oder liegt in dem Ausdruck ^tre domicilié^ wesentlich und ausschliesslich der Begriff der Niederlassung, d. h. des Aufenthalts mit den. ammu... h..h.....n.di auf längere Zeit^ Als das angefochtene D e k r e t vom 19. Februar abhin im waadtländischen Grossen Rathe l^erathen wurde , war begreiflicher Weise dieser Art. 17 der Verfassung und dessen authentische Auslegung der Angelpunkt, um den sich die Berathung bewegte. Die Vertreter der Ansicht der ^ heutigen Rekurrenten behaupteten, der Begriff von .domicili sei ein umfassenderer, allgemeinerer, als er von den Ansichtsgegnern aufgestellt werde ; ein ...donncile^ habe auch der Aufenthalter, ^doniicilié^ sei also auch er und folglich zur Stimmgabe in kantonalen Angelegenheiten berechtigt, wenn er ein Jahr im Kanton domi^ilirt habe.

Von der andere .^eite hingegen wurde behauptet ^tre dom^^ie^ sei im Art. 17 der Verfassung gleichbedeuteud mit ^etre établi^ .,uiedergelassen sein^. Jn diesem Sinn sei derselbe im Allgemeinen immer perstanden worden. Dass der Artikel hin und wieder im Kanton anders ausgelegt und missbräuchlich auch anf blosse Aufenthalter angewendet worden sei, könne den Grossen Rath nicht hindern, demselben im Dekret diese und keine. andere authentische Jnterpretation und Anwendung zu geben.

,,Frägt man sich, wie sich geschichtlich der Rechtsbegriss von ,,Riederlassuug^ und ,,Aufenthalt^ vor der Verfassung von 1845 und nachher entwickelt hat, so ergibt sich Folgendes.

Jn der frühern Zeit is.t im Kanton Waadt der Ausdruck ^permis de domicile^ im Gegensatz von ^permis de s^our^ nieht gebräuchlich, son^ dern der Ausdruck ...permis d'é^blisse^ent^ in Uebung gewesen. Diese Eintheilung und .Terminologie ist wirklich gebraucht und durchgeführt im waadtländischen Gese^ vom 18. Mai 1818. Er ist auch beiläufig bis zur Zeit der neuesten Verfassung von 1845 im Gebrauch geblieben.

Am 30. Dezember 1840 wurde ein Gesel^ erlassen ^snr les droits électoraux des ciloveus suisses domiciliés d.^ns le Canton^.

Jn diesem Gese.^ wurde das Wahlrecht wirklich nur den Bürgern derjenigen Kantone ertheil.. , welche Gegenrecht hielten und mit einer Riederlassungsbewilligung versehen waren. Es lautet nämlich der Art. 2 dieses Gesezes wortlich: ^C.^s citovens des Cantons mentionnés à l^i^icle précédent do^nt ^rc dom^cihés dep.^^ nn an dans l^ com^ mune on dans le cercle cn vertn ^.^ ^^^.i.^ ^t^l^^^.^^t.^ Daraus geht unwiderspreehlich hervor, dass noch dau.als, also kurze Zeit vor der Verfassung von 1845, das Erfordern^ des Domizils nur in Verbindung mit der Eigenschaft eines Niedergelassenen .^.hli^ Bedacht wurde.

398

Am 16. Februar 1845 erliess die provisorische Regierung ein Dekret über die Organisation der Wahlen in den Grossen Rath, in welchem (Art. 6) vorgeschrieben ist. ^Lcs cilovens des Causons dc ^..n.icli, Berne el.c. , .^...^.......^ dans le Canton de Vaud et qui remplirent les con..

ditions prescrites par les Art. ^ et 3 do la loi d.... 30 Décembre ^^0.

sont admis dans les .^semblées électorale.... ^ Es wurde hier also auch der Ausdruk domicilié, aber ebenfalls in der Bedeutung ^etabli^ unter au^drüklicher Einweisung auf das eben erwähnte Gesez von 1840 ^ebraucht.

Gau^ dasselbe finden wir im Grossrathsbeschluss des Kautons Waadt vom 19. Juli 1845, welcher ^um Zweck der Abstimmung über.

die Verfassung von 1845 erlassen wurde.

Roch mehr. Jn der Proklamation an das Volk, in welcher die Regierung die neue. Verfassung erläuterte und empfahl, liest u.a.n wort^ lich folgende klassische Stelle. ^..^..ant a.^.. citoyens ...n^ses, ...^.^...^.^ .^.^ ^-^..^ ^.^l.^ dans le Canton d.^ Vaud depuis un au, ils .^o..n...

ronl ^onime sons l'ancienne consolation, c^er...er les droite politiques, en ce qu. co...^ernc les alk....^ cantonales. ^ Ju dieser ^roklau.^ation wurde also als authentische, von Riemand widerspro.heue Erläuterung des Ausdrnks ^domicil^^ erklärt, dass er gleichbedeutend sei mit él^bli ^-- ,,uieder^elasseu^.

Aus dem Erorterten stellt sich bis ^ur Evidenz herans , dass der Art. 17 der waadtländischen Verfassung von 1845 keine Aenderung in der bisdahiuigen Stuumbereehti^ung der ..^chwei^er weder einführen sollte uoch wollte, und dass der Ausdrnk ^domicilie depuis nn .^u^ bis dahin

sich lediglich ans die niedergelassenen be^og.

Allein auch nach Jnkrafttret^.ug der Verfassung von 1845 haben spätere Ges.^e diese Bedeutung und Auslegung des Wortes ^domu.if....^ korroborirt.

....^o hat das waad..ländische Gesez vom 13. Dezember 1848 über ^remdenpolizei die bisherige Eintheilnng in .^rinis d'établissement et de s^our aufgehoben und gemäss der erwähnten Veränderung des A...sdrncks .^ie Eintheilung von permis de domicile et de séjour eingeführt.

Daraus ergibt sieh wieder, dass überall da, wo von domicile ini Gegensa^ von séjour die Rede ist, unter domicile die N i e d e r l a s s u n g (é.^ b^iss^meul^ verstanden ist.

Ein eben so klares Licht wirf.t das Regierungsziri^ular vom 26. F e b r u a r 1853, worin der Beschlnss über Einberufung der WahlVersammlungen behufs Erneueruug des Grosseu Rathes erläutert wird aus die vorliegende Frage. Hier heisst es.

^arl. 7^ ^. 2 de ccl arret^ porle, que ie^ ...ilove^s suisses, a q...elqne C.^ulou qu'il... ap.^rl.enueul, .^ont adnns n ...rendre part ii ...es asseml^lées, pourvu q..i^ls soienl ^^^. dans ie Canton depuis nn ^^,

3.^ .^és da ^1 aus révolus et qu'ils ne se trouvent dans aucnn des cas d'exclusion statues par l'article 18 de la Constitution cantonale. ^i vous compare^ cet article avec ^article correspondant des arrêtés antérieures, vous remarquer.^ que le Conseil d'Et^.t s'est servie cette fois du mot ^ établi^ au lieu du mot ^ domicilié.^. Cela a e.^ heu, alin de se rapprocher des termes de l'article ^..2 de la Constitution fédérale ct non en vue de modilier les conditions d'admission des citoyeus suisses des autres Cantons an^ assemblées électorales de cercle du 6 Mars 18^3.^ Gegen diese unter den. .Regime der neuen Bundesverfassung vorgeuommene Auslegung des Axt. 17 der Verfassung von 1.^45 wurde weder außer, noch inner dem Sehoosse des Grossen Rathes Einwendung gemacht.

Bei der abermaligen Erneuerung des Grossen Rathes im Jahre 1857 wurde im B e s c h l u ß vom 12. F e b r u a r (1857) die Stimmsähigkeit der Sehwe^erbürger in ganz gleicher Weise festgestellt. Art. 7 : .^o^l de plus admis tons les antres citoyens suisses a quelque Can^ ton qu'ils appartiennent^ pon^n qu'ils soient établis dans le Canton depuis un au, etc.

Schliesslich ist noch das .^rei s s c h r e i b e n v o m D e p a r t e m e n t des J n n e r u d. d. I8. F e b r u a r 1861 über die Revisionsabstimmuug ^e. anzuführen. Hier heisst es unter Anderm .

Nous devons d'ailleurs vous faire connaître que pour ces mots .,. domiciliés^ dans le Canton, le législateur a entendu les citoyens qui sont établis depuis un au dans le Canton de Vand en vertn d'un per^ mis de domicile et nullement ceu^ qui n'y résident qu'eu vertu d'un permis de sejour temporaire.

Wenn also, Tit., nach dem, was vor der Verfassung von 1845 in der Verfassung von l 845 und s e i t .der Verfassung aus der waadtindischen Gesetzgebung augeführt worden ist, Alles darauf hinweist, dass der Ausdruck ,,domiziliren^ im Sinn vou ,,^iedexgelassensein^ gedeutet und erklärt wurde, so wären die Ausichtsgegner der Rekurrenteu nach dem Gutachten Jhrer Betitionskommission vollkommen in. Recht, wenn sie bei Berathnug des Beschwerden Dekrets vom 19. Februa.x 1861 zu ned Worten. ^.^tre domicilié dans lc Canton de Vaud depuis un an.^ das additiouelle Amendement vorschlugen. ...en verl.... d'nn permis de domicile,^ und der waadtlaudisehe Grosse Rath u^ar vom Standpunkt der waadtläudisehen
Verfassung aus berechtigt, den Artikel mit diesem Amen.

dement anzunehmen.

^as beschwerdete Dekret enthalt also im Art. 2 k e i n e V e r l e g u n g der .^antousverfassung.

Allein auch vom S t a u d p u n t t e der B uu d e s v e r f a s s u n g v o 1848 a u s liegt Nichts in jenem Dekret, wesshalb die Buudesversammn.

tung dasselbe in der eingeklagten Bestimmung aufheben müsste.

400 Die Art. 41 und 42 sprechen unwiderstritten nur von ^Riedergelassenen,^ nicht von ,, Aufenthaltern^. Art. 41 besagt. Der Bund gewährleistet allen Schweizern... das Recht der f r e i e n N i e d e r l a s s u n g . . . es kann die Niederlassung in keinem Danton verweigert werden . . . Ziff. 4.

Der ^ N i e d e r g e l a s s e n e m geniesst alle Rechte der Bürger, in welchem er sich n i e d e r g e l a s s e n h a t .-- mit Ausnahme des Stimmrechts in Gemeindsangelegenheiten und des Mitantheils an Gemeiuds - und Korporationsgütern. Art. 42. Jeder Kantonsbürger ist Schweizerbürger. Als solcher kann er in eidgenossischen und k a n t o n a l e n A n g e l e g e n h e i t e n die politischen Rechte in jedem Danton ausüben, in w e l c h e m er n i e d e r g e l a s s e n ist.

Aus diesen. Wortlaute sowohl , als aus den Bedingungen, den Rechten und Pflichten und der ganzen Stellung, die dem Rieder^elassenen, ^umal auch als M i t s t e u e r n d e m angewiesen ist, geht hervor, dass hier nur von N i e d e r l a s s u n g , nicht von blossem A u f e n t h a l t die Rede ist. Der Begriff der Niederlassung wird nicht näher .....stimmt, sondern den k a n t o n a l e n G e s e t z g e b u n g e n überlassen. Diese alle aber, und auch diejenige des Kantons Waadt, wenn sie auch nicht ganz übereinstimmen, gehen von der Grundidee aus, dass jene als Niedergelassene zu behandeln seien, welche einen Berns selbstständig und auf eigene Rechuung treiben oder eigene Haushaltung führen, oder sonst den Entschluss kundgeben, sur immer oder sur längere ^eit in einem Kanton den Wohnsi^ zu nehmen, und ^u diesem Behufe durch Erwerbung eiuer Riederlassnngsbewillignng sich in diese Klasse der Bewohner ausnehmen lassen.

Der charakteristische Unterscheid der R^edergelasseneu von blossen A u f e n t h a l t e r n besteht also darin, dass sie mlt Ansuahme des Stimmrechts in ^emeindeangelegenheiten und des Genosseuantheilhaberrechts au Gemeind^üter.. in Rechten und B fliehten den Bürgern des Kantons gleichgehalten werden, und es erklärt steh dadurch, warum die Bundesverfassung nur die Niedergelassenen unter die Gewährleistung der Artikel 41 und 42 stellt, während d i e r echt li eh e ...Stellung der A u f e n t h a l t e r mit Stillsehweigeu übergaugen, d. h. de.^ k a n t o n a l e n G e s e t z g e b u n g e n a n h e i m g e s
t e l l t w i r d . ..^o erklärt sich natürlich die abweichende Stellung dieser beiden Klassen von Einwohnern in Be^ng aus die Einmischung in kantonale Angelegenheiten. Dagegen hat ^ie Bundesversassung in Art. 63 mit Bezug ans das ^timmrecht bei den Nationalrathswahren diesen Unterschied sallen lassen und j e d e u.. ....^.hweizerbürger von 20 Jahren, d ... nach der Gesetzgebung des Kantons, iu dem er wohnt, nicht vom Aktivbürgerreeht ausgeschlossen ist . in eidge^.osfischen (Wahl-) Angelegenheiten als s t i m m b e r e c h t i g t erklärl.

Hr. E^tel hat in der Reinschrift der H..lvetia-^ektion ^ie im wa..dtländlschen Gese^ von 1848 enthaltene Definition des Begriffs Rie^.

derlassun^ so darzustellen gefucht , als ob die Erlangung derselben für den Sehweizerb^rger ersehwert, der Art. 42 der Bundesverfassung also mehr od.^r weniger elndirt sei. Er behauptet, nach jenem Geseiz, ^unat wie es

401 das Dekret vom 19. Februar 1861 deute, könnten nur Familienhäupter, Herren von Erwerbs- und Jndustrieetablifsementen und solche, die eigen Feuer und Rauch führen, die Riederlassungsbewilligung erwerben.

Dagegen sei^.n Handelseommis , Jnstituteurs in ^rivaterziehungsanstalten, Eontxemaitres u. dgl. auf den Erwerb von Ausenthaltsbewilligungen angewiesen. Dem ist aber nicht also. Der Art. 5 des ..^eset^es von 1848 besagt ausdrücklich : ^on. astreints à l'obligation de ce pourvoir d'nn ^.^is ^ .^ .^..c.^ les Puisses non Vandois ...

^) lorsqu'ils sont on chefs on .^socié de quelqu'étahhssement d...

. coinmer..... on d^indn.^ri.^ ou .^..^^s .^.^s .^ .^ c.^ ...^.^ss.^.^..^. ^ Es sind also Handelseommis, Eontremaitres^ Lehrer u. dgl. von ^Erziehungsanstaltsunternehmungen u. dgl. nicht vom Erwerb der Riederlassuug ausgeschlossen. A r b e i t e r , Dienstboten und Andere, die keine Riederlassuug nehmen, müssen sieh mit Aufenthaltsbewilligungen versehen.

Die Ta^e für Erwerbung der Riederlassungsbewilliguug für höchstens 5 Jahre ist Fr. 6, für eine Ausenthaltsbewilligung bis auf 6 Monate

Fr. 1. 50 Eent.

Hier muss nun noch. un. die Erörterung nicht unvollständig zu lassen, Erwähnung gethan werden der von einer Seit^ behaupteten Ansieht, dass diejenigen Kantone, welche ihren eignen, in andern als in ihren Heimatgemeinden wohnenden ...Bürger.., woselbst diese ebenfalls nicht die Riederlassung, sondern nur deu Ausenthalt haben , politisée Rechte in kantonalen Angelegenheiten einräumen , nach Massgabe des Art. 48 gehalten seien, auch den schweizerischen Aufenthaltern dieselben politischen Rechte einzuräumen. Von diesem Standpunkte aus wird räsonnirt, wie folgt: Der .Art. 48 der Bundesversassnng besage . ,,Sämmtliche Kautone find verpflichtet , alle ^chweizerbürger ehriftlieher Konfession in der Geset^gebuug sowohl, als im gerichtlichen ...^ersahren den Bürgern des eigenen Kantons gleich zu halten^ ^ Wenn nun, - also rasonnirt man von dieser Seite, ^ ein Kanton das Verhältniss des blossen A u f e n t h a l t s den eigenen Kantonsangehörigen gestattet und den e i g e n e n A u f e n t h a l t e r n politische Rechte in kantonalen Angelegenheiten einräumt , so müsse er auch, nach dem augeführte.. Art. 48^ j.^dem Schweizerbürger nicht nur das Recht auf das Auseuthaltsverh.iltniss mit seinen eivil.^ und volizeirechtlichen Folgen, sondern auch diejenigen p o l i t i s c h e n Rechte einräumen, welche derselbe den eigenen kautousangehorigen A u f e n t h a l t e r n eingeräumt habe. Der Einwand, dass in diesem Fall die Aufenthalter in vieleu Fällen besser gestellt wären, als die R i e d e r g e l a s s e n e u , sucht man dadurch ^u schwächen, dass man bemerkt, die Ausübung der politischen Rechte sei keine Folge der Riederlassung (d. h. des eigenen Heerdes und der selbstständigen Betreibung eines Beruss), sondern des Schweizexbürgerrecht^. Denn sobald man zugebe, dass der Schweizerbürger in allen

402 Kantonen, wo immer er Ausenthalter sei, in e i d g e n o s s i s c h e n Ange.^ l e g e n h e i t e n seine politischen Rechte ausüben konne (Art. 63), habe man auch zuzugeben, dass gemäss Art. 42, ungeachtet l^es Ausdruckt Niederlassung, den.. schweizerischen Aufenthalter in den kantonalen Angelegenheiten das Stimmrecht eingeräumt werden müsse, sobald und insofern dieses den kantonalen Aufenthaltern eingeräumt sei.

Der weitere Einwand, dass der, politische Rechte in kantonalen An..

gelegenheiten ausübende Niedergelassene mit dem Riederlassungsrecht auch die Vslicht der Traguug von Steuern , kurz alle Lasten des Staates und der Gemeinden zu erfüllen habe, sei ebenfalls, wird vou dieser Seite be. .

hauptet, nicht stichhaltig. Denn einmal sei es gar kein unbestrittener Sa^, dass nur d e r politisch^ Rechte ausüben konue, welcher an die Staatslasten beitrage , serner konne ja R.emaud ^ie Kantone hindern , auch die Ansenthalter zu besteuern, und endlich entspreche die Steuerzahlung im Grunde der Haushaltungsführnng und der selbständigen Bernssbetreibung - kurz der Selbständigkeit der N i e d e r l a s s u n g und keineswegs dem A u s e n t halte. Ueberhaupt würde ein politisches Helotenthnm begründet, weun die Ausenthalter, die ja aneh brave, wackere, in bürgerlicheu Ehren und Rechten stehende Schwerer seien , von der Ausübung politischer Rechte ausgeschlossen würden.

Die ^etitionskommission glaubt über diese A.nsieht, die theilweise auch in der Rekursschrist durehklingt, und über die ganze Argumentation, womit sie verthei.^iget wird, mit der Bemerkung hinweggehen zu dürfen, dass dieselbe ihre Berechtigung haben mochte, wenn es sich heute de ^e Prenda und nicht um eine lex lata.. d. h. wenn es sich um Revision der Bundesverfassung und nicht um einsache Anwendung der b e s t e h e n d e n Bundesverfassung handeln würde. Man wird aber mit Recht nicht behaupten konnen, dass dem Art.^.48 der Sinn und die Tragweite zu Grunde liegen , welche die Versechter der berührten .Ansieht in denselben hineinräsouniren. Hätte die Bundesversassung dem Art. 48 die behanptete Tragweite geben und den schweizerischen Aufenthaltern Stimmreeht in kantonalen Angelegenheiten einräumen wollen, so hätte sie es gewiss mit

der Bestimmtheit und Ausführlichkeit gethan, wie solches in Bezug auf

die s c h w e i z e r i s c h e n N i e d e r g e l a s s e n e n in den Art. 41 und 42 gesehehen ist.

So viel vou sormalem, gesetzlichem Standpunkte aus. Materiell lässt sieh aber auch behaupten, ^ass desswegen, ^ weil der k a n t o n s a n g e h o r i g e A u s e n t h a l t e r in Angelegenheiten seines Kantons, in welchem er geboren ist, in dem^ er lebt, dessen Bersonen- und ^aehenverhältnisse er kennt, ein Stimmreeht ausüben kann, daraus noch uu^t ip^o t^cto hervorgeht, dass die gleiche Stimmbereehtigung auch dem mit jenen Verhältnissen in der Regel nicht näher Vertrauten schweizerischen Aufenthalter in einem andern Kanton ebenfalls eingeräumt werden müsse.

403 Von selbst versteht es sich aber, dass die Kantone befugt siud, di.....

Rechte der A u f e n t h a l t e r (in Bezug auf politische ..^timmgebung) zu erweitern. Wenn daher der Versassungsrath des Kantons Waadt, der ^ur Zeit mit der Revision der Verfassung von 1845 sich beschäftigt, eine Bestimmung in die neue Verfassung aufnehmen will,. wornach ,,sehweizerische Aufenthalter,^ die seit 1 oder 2 Jahren ^e. mit einem permis de ...ejour versehen sind, gleich den Niedergelassenen in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt sein sollen ^ so kann ihn Niemand daran hindern,

und die Bundesverfassung steht diesssalls nicht im Wege. Eben so gewiss

ist es aber auch, dass das ...Dekret vom 19. Februar l. J. des waadtlandischen Grossen Rathes , dessen beschwerdeter Art. 2 sich aus den bisherigen Art. 17 der Verfassung von 1845 und die bestehende Gese^gebung fusst, nicht auf Grund b e h a u p t e t e r Verlegung der Art. 41 und 42 oder des Art. 48 der B u n d e s v e r f a s s u n g von Bundes wegen als aufgehoben erklärt werden kann.

Die Betitionskommission stellt daher, gestuft auf die in diesem Bericht ausgehobenen faktischen und rechtlichen Momente den Antrag : Es w o l l e Jhnen belieben, über das vom d e r z e i t i g e n Vorstand der Sektion der Helvetia eingereichte, aus Lausanne am 1. Juli l. J. datirte Gesuch, die Bestimmungen des.

waadtländischen G r o s s r a t h s d e k r e t e s vom 19. Februar 1861, w e l c h e mit der Kantons- s o w o h l als mit der Bundesverfassung im Widerspruchstehen- von bundeswegen als ausgehoben zu e r k l ä r e n , - zur T a g e s o r d n u n g zu schreiten.

Hochachtungsvoll.

Bern, den 21. Juli 1861.

^ür die Vetitionskommission : ^..u^erl^hler.

404

besuch der ^elvetia-Sektion von ^ansanne, betreffend Stimmfähigkeit der Aufenthalter in kantonalen Angelegenheiten.

(Vom 1. Juli 1861.)

Tit.

Durch Dekret vom 1^). Februar abhin hat der Grosse Rath des Kantons Waadt den nicht waadtländisehen Sehweizerbürgern , welche im Danton kraft einer A u se n t h a l t s b e w i l l i g u n g permis de s.^on.^ w.ohnhast sind, die Theilnahme an den Wahlversammlungen für den Versassungsrath verwehrt.

Die Bürger , welche sich in diesen.. Falle befinden und plozlich von der Wahlurne entfernt wurden , sind sehr zahlreich. So befanden sieh allein in der Gemeinde Lausaune im lezteu ^ebruar 61 l uieht waadtlan..

disehe Schwerer, welche längst in die ^timmregister eingetragen waren.

Von dieser ^ahl übten mehr als 3l)l) ihre politischem. Rechte ans, ohne sieh über ihren Wohnsiz anders als durch den Besi^ einer A u f e n t h a l t s B e w i l l i g u n g von mehr als eiuem Jahre auszuweisen. Eiu Theil derselben wohnt sehou seit manchen fahren in der Waadt und leistet daselbst

wie die Waadtländer Militärdienst, ja es gibt sogar welche darunter, die

im Kanton geboren sind und denselben nie verlassen haben.

Alle diese Bürger wurden kurzweg der politischen Rechte beranbt, die sie vorher unbestritten l.^is aus diesen Tag, besonders im Monat Januar ^ei der Abstimmung über die Frage der verfassungsmäßigen Revision, ans^eübt hatten ; sie wurden derselben unter dem nichtigen Vorwande beraubt, dass das bürgerliche Domizil faktisch nicht aus dem w i r k l i c h en Domizil während einer gewissen ^eit, sondern nur ans einer U r k u n d e beruhe, die man im Kanton Waadt ^permis de domic.le^ nennt.

Ans Anlass dieser ausserordentlichen Massregel wurden verschiedene Be^ ^ehwerden an den Bundesrath gerichtet , allein diese h. Behorde wies die^

405 selben durch einen .^eschlnss ab , welchem zu entnehmen sein dürfte , dass sie nicht hinlänglich vom Gegenstands unterrichtet war.

Gegen diesen Beschluß erlauben sich die Unterzeichneten bei der Bundesversammlung zu rekurrixen. .^ie hegen die Ueber^engung , dass , wenn der Bundesrath genaue Kenntniss von der Angelegenheit gehabt hätte, er alsdann eine andere Ansicht über die ihm unterbreitete Frage ausgesprocheu haben würde.

Das Dekret des waadtlandischen Grossen Rathes vom 19. Februar

1861 enthalt folgendes Dispositiv.

,,Art. 2. Um zu den Wahlversammlungen zugelassen zu werden, ^ muss man Aktivbürger sein.

..Akt.vbürger sind die Wa..dtländer und die Eidgenossen, welche das 21. A.ters^ahr ^nrükgelegt haben, nachstehende Bedingungen erfüllen und sieh in kei..e.u ..^.r n .. te r Art. 18 der Verfassung vorgesehenen Ausschlussfalle befinden , die Bedingungen sind :

,,^) - -

.,h) für den Eidgenossen..

.,Jm Kanton seit einem Jahre wohnhaft (dom.clh^ sein, Art. 19 der Verfassung, kraft einer Riederlassnngsbewillignng.^ Der Bundesrath legt diese Bestimmung in seiner Antwort au die Gesuchsteller mit folgenden Worten aus : .,Hiednrch, spricht er, .sehen sich alle diejenigen ausgeschlossen, welche den Kanton Waadt sogar seit mehr als einem Jahre bewohnen, wenn sie nieht in demselben n i e d e r g e l a s s e n ^e^blis.. sind, wie er hinzufügt,

in Erwägung,. dass eine D omie ilbew illig ung permis de do.^u.ii.^ eine Rie^erlassnugsbewilligung

(permis d'et^bli^menl)

im Gegensaze

zu deu Blusen t h a l t ^ b ew illigu nge n .^p^^mis de s^our) ist, welche nur der flottanten Bevölkerung ertheilt werden.^ Der hohe Bundesrath anerkennt also, dass nach Massgabe dieses Dekretes ein Bürger während mehreren Jahren .im Kanton Waadt, ohne ..nderweiti^e.. Wohnsi^, gewohnt haben und man ihm dennoch die politischen Rechte vorenthalten kann. Jn der That ergibt sich aus diesem Art. 2 des Dekretes, dass der nicht ....aadtlandisehe Schweizer, welcher

seine politischen Rechte ausüben will, nieht nnr thatsäehlieh wohnhast,

fondern auch n^.h Besser einer besondern Urkunde, welche ^permis de d o m i c i l e ^ genannt wird, sein muss.

Andererseits sezt jedoch der Bundesrath vorans, dass die sogenannten Aufenthaltsbew^llign.^en nur der flottanten Bevölkerung ausgestellt werdeu. Hinwieder ist Tatsache : a. dass ein nicht w^adtlandisehe... Schweizer feit Jahren im Kanton Waadt, ohne anderswo niedergelassen ^u sein, gese^lich anfässig sein kann, ohne mit einem ^ permis de domicile^ versehen sein ^u müssen .

406 h. dass die Ausentl..al.tsb..willignng nicht nur der flottanten ^evolterung ertheilt wird.

Die Unterscheidung der zur Regelung des Aufenthalts eines nicht waadtländischen Bürgers dienenden Schriften in ^iederlass..ngs.. und Aufenth^ltsbewilligung ^pernu^ de domicili et ^erim.^ de .^jonr^ ist dnrch das Fremdengese^ vom 13. Dezember 1848 festgestellt. Wir sülzen hier drei wesentliche Bestimmungen dieses Gesezes an .

,,Die nicht waadtländischen ^ehwei^er und Ausländer , welche im Kanton wohnen oder sich aufhalten wollen. sind verpflichtet, sieh mit einer Niederlassung^ oder einer Aufenthaltsbewilligung zu versehen, ausgenom- .

inen in den von Art. 7, 28 und 20 des Gegenwärtigen vorgesehenen Fa^ ,,Art. 5. Sich mit einer Riederlassuugsbew.lligung zu versehen, sind

die nicht waadtländischen Schweizer und die Auslander verpflichtet,

,,.... wenn sie verheirathet oder ^amilieuväter sind, ,,l^. wenn sie Vorsteher oder Gesellsehaster irgend eines Handels- oder Jndustriegesehäftes oder Angestellte in einem solchen sind.

,,.... oder endlich, wenn sie Haushaltung führeu, ohue sich in einem der in beiden vorstehenden Paragraphen erwähnten ^älle zu befinden.

,,Art. 6.

verpflichtet :

Sich mit einer Aufentl^altsbewilligung zu versehen , sind

.,^. d^ nicht waadtl..udischeu Sch^veizer und Auslander, welche sich . zwar iu einem der im Art. 5 erwähnten Fälle befinden , aber nur vorübergehend ihren Ausenthalt im Kanton nehmen wollen, ^b. alle Arbeiter, Bedienten und überhaupt alle dem Kanton fremden Personen, welche sich nicht iu einem der durch gegenwärtiges Gese^ besonders vorgeseheneu Fälle besiudeu, ,.c. alle dem Kautou fremden Bersoneu, welche unter 20 Jahren alt sind und deren Eltern ausserhalb des Kantons wohnen.^ Diesen Angaben fügen wir noch bei , dass Art. 8 die Dauer dex R i e d e r l a s s u u g s b e w i l l i g u u g a u s e i u , z w e i , d r e i oder v i e r Jahre und Art. .) die Dauer der A u s e n t h a l t s b e w i l l i g u u g auf 3 und 6 Monate bestimmt, nach Ablaus welcher Fristen der Jnhaber der Bewilligung dieselbe erueue..... lassen soll.

Bezüglich der eigentlichen flottanten Bevolkeruug, d. h. derjeuigen, welche sich nicht über einen Monat im Kanton aufhält, so hat sich dieselbe weder mit ..iner Niederlassung^ noch mit einer Ansenthaltsbe-

willigung zu versehen (S. Art. 2.) des Gesezes).

Der Art. 2 des Gesezes von 1848 sehreibt nun vor, der nichtwaadtländisehe Schweizer, welcher mehr als einen Monat im Kanton wohnen wolle, müsse entweder eine Riederlassnngs ^. oder eine Aufeuthaltsbewilli.gung besten.

407 Allein gegenüber dieser Bestimmung stellen die Art. 5 und 6, welche die beiden Arten ^er Bewilligung bezeichnen, die strikte Regel ans, dass ^lle dem Danton fremden Bersonen, welche weder Hausväter, noch Geschäftsoorsteher sind, noch in eigener Haushaltung leben, verpflichtet siud, sich mit einer Ansenthaltsbewilligung ^u versehen. Diess sind .

a) die uuverheiratheten Rentner ; b) die Handlungsgehilfen; c) die^Aufseher und andern Angestellten in den Fabriken; d) die Lehrer und Unterlehrer in den Vrivaterziehungsiustituten, welche am Tische des Justitutvorstehers oder in Kosthausern essen ; , e) die nichtwaadtlan^ischen Studenten ; k) die Arbeiter.

^) die Dienstboten n. s. w. u. s. w.

Alle diese Leute schweizerischer Herkunst können keinen andern Aus-

^weis als die Aufenthaltsbewilligung erhalten, was im Uebrigen die Dauer ihres Wohnens im Danton sein mag. Diess ist so wahr , dass es viele ^in der Waadt seit 15 und 20 Jahren angesessene Schweizerbürger gibt, welche nie eine andere Förmlichkeit als die Erneuerung ihrer A u f e n t h a l t s B e w i l l i g u n g ersüllt haben.

Vorstehenden Gattungen ist uoeh diejenige der Sohne von nichtwaadtlandischen, allein im Danton niedergelassenen .^ehweizersamilien beizuzählen. Wenn in der That diese jungen Leute ^as vaterliche Haus verlassen, uni ihren Wohnsiz in einer andern .gemeinde aufzuschlagen, so fordert .nan in lezterer von ihnen die Erhebung einer .^.lufenthaltsbewilli-

gung und ertheilt ihnen keine Riederlafsnngsbewillignug.

^ie folgen dieses Zustande^ lassen sich leicht ermessen .

Einerseits kann eine Verson f a k t i s c h , g e s e ^ l i c h und s e i t e i n e r g a n z e n Reihe v o n Jahren im . ^ a n t o u W a a d t domizilirt sein, ohne einen andern ^l..sweis zu besinn als die .^ln s e u t h a l t s b e w i l li-

g un g.

Andererseits gibt es Klassen von Bürgern, welche nur kraft einer solchen Bewilligung in demselben wohnen können und daher nicht ganz srei sind, sich eine andere Bewilligung zu verschaffen, so dass für sie die

Aufeuthaltsbewilligu^g obligatorisch wird, was auch sonst ihre Absicht b^

treffend die Dauer ihres Wohust^es im Kantou Waadt sein mag.

War der Grosse Rath besagt, traft der Anfenthaltsbewilliguug im Kanton wohnende Schweizer ihrer politischen Reehte zu berauben ^ Die Bundesverfassung schreibt im Art. 42 vor.

..Jeder Kantousbürger ist ..^..chwe^erbürger. .^lls solcher kann er in ,,eidgenossischen und kantonalen Augelegeuheiten die politischen Rechte i^ ,,iedem Kanion ausüben, in welchem er niedergelassen ist. Er kann aber ,, diese Rechte nur unter den nämlichen Bedingungen ausüben , wie die ,, Büxger des Kantons, und in Begehung aus die kantonalen Angelegen-

408 ..heiten erst nach minent längern Aufenthalte , dessen Dauer durch d.e ,,Kantonalgese^gebung bestimmt wird, jedoch nicht über zwei Jahre ans^gedehnt werden darf.

,,Riemaud darf in mehr als einem Kanton politische Rechte ausüben.^ Diese Vorschrift erwähnt nur die n i e d e r g e l a s s e n e n ^t..bf^ Schweizer.^ Jst diess nur derjenige, der ein Geschäst ^..hlissemont^ besizt ^ Jst es der Hausvater ^ Wäre dem so, so waren alle Uuverheirathe^ ten, alle nicht mit Glüksgütern gesegneten Bersonen vom Genuss politischer Rechte ausgeschlossen und unser schweizerischer Freistaat würde so ziemlich eiuer Aristokratie ähnlich sehen.

Die Bedingung der Niederlassung bedeutet daher etwas Minderes.

Der an einem Orte angesessene Schweizer ist daselbst niedergelassen.

Jeder Schweizer ist da niedergelassen, wo der Siz seiner Geschäfte sich befindet, seien diese gross oder klein. Der Arbeiter ist in ..^er Gemeinde^ niedergelassen, wo er arbeitet, lebt, seinen Verdienst erwirbt und verehrt.

Sein bescheidenes Obdach ist seine wahre Niederlassung. Da befindet sich sein wirkliches Dom^il.

Wir glauben mithin, jeder Bürger besize eine Niederlassung, und diese

bestehe in nichts auderm als dem Mittelpunkte seiner Tätigkeit. Jn dem

^..inne hat der Geselle oder Dienstbote sein Etablissement bei dem Meister, für den er arbeitet, und an diesem ^,rte befindet sich anch sein politisches Domizil.

Diese Auslegung ist auch die einige , welche mau der Bundesversafsung geben darf , wenn man nicht eine Menge von jungen Leuten, die ihres Broderwerbes halber sür einige Jahre in einem andern Danton als dem ihrigen ihren Wohnsi^ aufsehlagen wollen, ihrer politischen Rechte beranben will. Jhnen den Vergeht auf das Stimmrecht vorschreiben ,

heisst die bürgerliche Gleichheit mit Füssen treten. Sie ^wingen, daheim

in ihrer Gemeinde ihre politischen Rechte auszuüben , das heisst , ihnen ..ine schwere , ungerechte Last ausbürden , die zudem schlecht ^um Geiste der Bundesverfassung passt, welche den Gruudsaz ausgestellt hat, der .^ehwei^erbürger übe da seiue politischen Rechte aus, wo er seinen Wohnsiz

habe. (Bundesverfassung Art. 41, Ziffer 2, und 63.)

Das Dekret, gegen welches wir rekurriren, ist eben so wenig dem öffentlichen waadtlandischen Reehte , als demjenigen des Bundes gemäss.

Die waadtläudische Verfassung schreibt im Art. 17 vor . dass, uni Aktivbürger zu seiu, der E i d g e n o s s e seit eineu^ Jahre im K a n t o n W a a d t domi^ilirt sein mi.sse.

Run haben wir gesehen, dass das Domizil im Kanton Waadt sowol

aus eiuer einjährigen Aufenthaltsbewilligung als aus eiuer Riederlassungs-

bewilligung hervorgeht und die Aufentl,.altsbewilligu..g gewissen Kategorien von Bersonen, ohne Rül^sicht auf die Dauer ihrer Wohnnng, ertheilt wird. Jn diesem ^inue ist die waadtländisehe Verfassung bis ^uni Dekret

40..)

vom .9. Februar abhin angewendet worden. Wirklich genossen die in Rede stehenden Schweizerbürger unter dem erwähnten ..geseze vom 13.

Dezember 1848 die vollste Freiheit in der Ausübung ihrer staatsbürgerliehen Rechte. Man gewährte dieselben sowol den Jnhabern von einjähri-

gen ^lnsenthaltsbewilligungen , als denjenigen von Riederlassnngsbewilligungen.

Diess ist so richtig , dass mehrere von den heute ihrer Rechte beraubten Bürgern diese Rechte schon oft ausgeübt haben , was durch unwiderlegliche Beweise darzuthun wäre.

Das Dekret vom 19. Februar beraubt daher ihrer politischen Reeht^

Schweizerbürger, welche diese Rechte kraft Art. 17 der WaadtländerVerfassung von 1845 schon besessen und ausgeübt hatten.

Also läuft dieses Dekret ^der Bundesverfassung und der Kantonalverfassung zuwider.

Desshalb stellen die Unterzeichneten das Begehren, die h. Bundes^ versammlung wolle die Vorsehristen des erwähnten Dekretes , welche nicht im Einklänge mit der Bundesverfassung sind , ausheben.

Genehmigen Sie, Herr Bräsident, Herren Räthe, den .^lusdrnk der Hochachtung der Unterzeichneten.

Ramens der Lausanner-^ektion der Helvetia und ua.^h stattgefundener Berathung dieses Vereins, Lausanne, den 1. Juli l 861.

Der Präsident: ^. ^tel-^olladon.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht und Antrag der nationalräthlichen Petitionskommission, über das Gesuch der Helvetia-Section von Lausanne d. d. 1. Juli 1861, wegen theilweiser Aufhebung des waadtländischen Großrathsdekretes vom 19. Februar 1861, betreffend Stimmfähigkeit der...

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1861

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34

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27.07.1861

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395-409

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10 003 425

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