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Bericht und Antrag der

nationalräthlichen Petitionskommission, betreffend

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das Gesuch des Franz A j a n i von Como wegen Entschädigung herrührend von seiner in Faido 1855 zerstörten fresse.

(Vom 12. Juli 1861.)

Tit..

Jm Jahre 1855 stellte Franz Ai ani, Bürger von Eomo, das Ge-

such an die tessinische Regierung: um Ersatz des angeblich ans Fr. 22,250 sich belaufenden Schadens für seine im Jahre 1855 (Februar), zur Zeit des Volkspronunziamento durch ein Korps bewaffneter Bürger zerstorte Druckerei in Faido.

Als Aiani mit seinem Gesuch abgewiesen wurde, wandte er sieh an die damalige Regierung der Lombardei. und der österreichische Minister bei der Eidgenossenschaft erliess dann im Auftrag der k. k. Regierung unterm 7. März 1857 eine Zuschrift an den Bundesrath, dahin gehend, es mochte derselbe zu Gunsten des Reklamanten Ajani bei der Regierung des Kantons Tessin seine Jntereession eintreten lassen.

Der Bundesrath lud die tessinisehe Regierung unterm 8. März 1857 zur Veruehmlassuug ein. Diese gelangte am 2. Oktober 1857 an den Bundesrath. Der wesentliche Jnhalt der Verantwortung war folgender: Ajani habe seit etwa 25 Jahren im Kanton Tessin als Buchdrucker sich aufgehalten und währeud dieser Zeit zweimal mit Tesstuerinnen sich verehlicht. Jm Jahr 1852 habe Ajani begonnen, eine Zeitung, den "Patriota" , herauszugeben, ein Blatt mit der Tendenz die Regierung zu beschimpfen und das Volk zur Emporuug anzureizen. Rach Massgabe des tesstnischen Bretzgesetzes vom 13. Juni 1834 habe die Regierung beim Kriminalgericht Anklage gegen die Ausschreitungen des in der Ajauisehen Druckerei gedruckten Patriota erhoben. Rachdem aber der Drucker Ajan., der vom 23. Februar bis zum 12. März 1853 in Haft gezogen war,

751 endlich den Verfasser det ^inkrimtni..ten ^Artikel, welche zur Ai.klage^Veranlassung gegeben, genannt habe, se^er auf freien Fuss gestellt un^ von der Jnstanz absolvirt worde... Am 28.^ A^ril^853 sei^ dann ^aber^e^ Re^ierung veranlag worden, Franeeseo AIani,. in Anwendung de.^ Art. 10 des Fremdenpolizeigeset^es vom 5. Juni 1832, a..^ Gründen^ und im Jnteresse der ofsentli^en Ordnung, also aus polizeilichen Rücksichten , aus^ dem Danton zu verweisen.^ ... ^ . . . ^ ^ ^ ^ . ^ Bald sei derselbe aber wieder in den Kanton ..ach Faido^urückgekehrt, und habe die Verfolgung der Regierung mit seiner fresse fortgese^t. Bald hätten. dann die ^Ausschreitungen ^ der Opposttionspresse den Hass ^der g a n z e n Bevölkerung aus sich gezogen,^ und es sei nach dem Morde de Giorgios zu^ Gunsten^ der Regierung und ihres Systems ^ d.^ bekannte Volkspronunziamento ^vom Februa^ 1855 ^erfolgt. Von den .Leitern der Bewegung seien 400 Mann, unter der Anführung Vedra^s, von Vagnamento^ nach .^aido geschickt worden,.. und . hier und bei diesem Anlasse hätten die ....ewassneten ..Beweguugsmanner die ^ruckerei^eräthe ^Franz Ajani^ auf öffentlichen^ .^la^. geschleppt und verbraunt. .^ ^ . . . . ^ . .

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. Für die im Februar .1855 ersolgte Zexstorung könne die^ Kantonsregierung nicht ^verantwortlich und klagbar. gemalt werden. ^ Käme das Vrivatrecht ^nr Anwendung so müsste^ der Grundsatz ..geltend gemacht werden, dass Jeder nicht .nur den Schaden ,^ den er ^verursacht, sondern auch den Rachtheii, den ^ er durch Rachlässigkeit oder Unklugheit sich zugezogen habe, au sich trage. ^Hier aber handle es sich um einen Ausuahmsfall, auf dem die allgemein volkerrechtlicheu. .^ruudsä^e Anwendung finden konneu. Die fragliche Volkserhebung sei nicht gegen die Regierung, sonderu vielmehr ^u Gunsten derselben und gegen alle .^rduung. und Sittlichkei.t untergrabenden^ Auswüchse einer schnoden Vresse gerichtet gewesen.

Beschädigungen im Gefolge solcher Vorfälle seien nach allgemein herrschenden Grundsäl^en, wie die folgen des Krieges durch die^ davon Betroffenen ^u tragen. ^efterreich. selbst habe diesen Grundsa^ gegen Tessin geltend gemacht, als im Jahr .1848 nicht wenige Tessiner in Mailand in ihrem Eigenthum beschädigt worden seien. Roch in .der Rote vom 2.^. Juli 1857 sei von der k.^k. Gesaudtschaft auf die Reklamation des von einer osterreiehischen Wache verwundeten Antonio Mombelli die Erklärung abgegeben worden, dass hierauf nicht eingetreten. .werden konne. .Die Ver-

hältnisse seien diesseits, wie jenseits durchaus gleichartig, da die tesfinische

Regierung eben auch uicht immer im Staude gewesen, Ausbrüche des Zorns in Schranken zu halten, Ausbrüche. welche aus eine fresse abgesehen wareu, die uach allgemeiner Ausicht das Land an den Rand des Verderbens geführt hätte. ^ Jedenfalls müsse gegen die Maßlosigkeit in der A^nischen Forderung Verwahrung eingelegt und auf die Ungenauig^eit hingewiesen werden, welche derselbe in seinem Angaben sich hal.^ ^u Schulden kommen lassen..

752 Der .österreichische k. k. Minister bei der Eidgenossenschaft unterließ nach Empfang dieser Antwort jede weiter... Reklamation, und auch Fra^ Ajani gelangte bi... zum 5. Jänner l. J. mit seiner Reklamation in den Jahren 1858, 1859 und 1860 nicht mehr weder an die Behorden des Kantons Hessin, noch an den Bundesrath. Erst ^am 5. Jänner l. J.

petitionixte ex wieder beim Bundesrath, damit derselbe seme Verwendung bei dem Staatsrath von Hessin für Auswirkung einer billigen Entschädigung, betreffend den erlittenen Schaden wegen der ^erstorten Bresse, eintreten lasse.

Der .Bundesrath wies den Beteten sub 9. Jänner 186t ab, ihm durch .^anzleibeseheid erklären lassend : Sein Betitum sei nur eine Wiederholung des schon erledigten vom 7. Dezember 1857 und ganz analog mit demjenigen, welches der Buchdrucker Wolsrath von Reuenburg s. ^.

an die Bundesversammlung gebracht habe, und damit abgewiesen worden sei.

Mit Bittschrift vom 1. Juli l. J. wendet sieh Fran^ Ajam au die Bundesversammlung selbst. Sein Betitum ist gerade so sormulirt, wie er dasselbe in seiner Eingabe an den Bundesrath formulirt hat.

Jn dieser sucht er nachzuweisen, der Wolfxathisehe ^all und der seinige sei faktisch nicht derselbe. Die Wolfrathisehe Bresse sei durch Brivaten ^erstoxt worden, seine Bresse hingegen durch ein bewaffnetes Eorps, welches von der .^e.ntonsregierung nach Faido entsendet worden sei.

Dieser ^hatumstand ist aber in der Eingabe der Regierung an den Bundesrath vom 2. Oktober 1857 in Abrede gestellt. Sie bernft stch aus das Aktenstück D, in welchem nachgewiesen sei, dass ein s. g. liberales Brivatkomite und keineswegs die Regierung die Absendung bewaffneter Bürger nach Faido veranlagt habe, die Regierung des Kantons .Hessin also als solehe keineswegs sür die Handlungen dieser Bürger haftbar und verantwortlieh gemacht werden konue.

Sei dem iudess wie ihm wolle, so hält die Betitionskommission dafür, dass jedenfa.ls pou einer Haftbarkeit der Eidgenossenschaft in Saehen nicht die Rede sein konne, und dass dem Betenten lediglieh überlassen werden müsse, seine .^lage da geltend ^ machen, wo er es für gut findet.

Die .kommission gelangt daher zu dem einstimmigen Antrage : über die B e t i t i o n des ^ r a n e e s e o .^lj..ni von ^ o m o ^nr T a g e s o r d n u n g z u s c h r e i t e n .

Bern, den 12. Juli 1861.

^ür die kommission :

..^u^e.^ler, Berichterstatter.

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Bericht und Antrag der nationalräthlichen Petitionskommission, betreffend das Gesuch des Franz Ajani von Como wegen Entschädigung, herrührend von seiner in Faido 1855 zerstörten Presse. (Vom 12. Juli 1861.)

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05.10.1861

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