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Botschaft des

Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend die Reorganisation des eidgenossischen Archivs.

(Vom 6. Februar 1861.)

Tit.!

Wir haben die Ehre, Jhnen im Anschlusse einen Besehlussentwurf einzubegleiten , durch welchen der Bundesbesehluss vom 25. Juli 1856, die Organisation des eidgenössischen Archivariates betreffend, modisizirt und damit die hieher gehörigen Ansäze im Besoldungsgeseze vom 30. Juli

1858 in Einklang gebracht werden sollen.

Zur Begründung dieser unserer Anträge ermangeln wir nicht, die nachstehenden Gesichtspunkte Jhrer Würdigung zu unterbreiten.

Vor der neuen Bundesversassung beschränkte man sich darauf, die Obsorge über das eidg. Archiv einem einzelnen Beamten zu unterstellen, dessen Wirksamkeit sich hauptsächlich bloss aus die Verwahrung der Akten bezog , die ihm von Zeit zu Zeit gewöhnlich nach Umfluss von je zwei Jahren, dureh die eidgenössische .Kanzlei abgeliesert wurden. Von einer eigentlichen arehivarischen Eintheilung konnte bei dieser Einrichtung kaum die Rede sein, zumal die Eidgenossenschast nicht einmal die gehörigen Räumlichkeiten sür ihre Archive besass, sondern sieh zufrieden geben musste, von dem hohen Stande Bern einige Gewölbe eingeräumt zu erhalten, die zudem nieht einmal geheizt werden konnten , so dass also der eidg.

Arehivar nur in der mildesten Jahreszeit im Falle war, in den Archiven zu arbeiten. Hiernach war denn freilich auch die Besoldung des eidgenössischen Archivars angethan, indem derselbe mit einem jährlichen Gehalte von Fr. 600 a. W. abgesertigt wurde.

Der vieljährige eidg. Archivar, Herr Wild, dessen Verdienste

im

Verhältnisse zu den angesührten, höchst ungünstigen Umständen keineswegs verkannt werden sollen, verstarb im Frühjahr 1848, also zu einem Zeit-

^ punkte, wo aller klugen bereits dem neuen Bunde zugewendet waren un^ die lezte Tagsaznng sich nicht mehr veranlagt sehen konnte, in eine Wie.^ derbese.^ung dieser erledigten Stelle einzutreten, sondern es vorgehen musst...

au..h in dieser Beziehung den kommenden Behorden das Weitere zu übe..^ lassen.

..Nachdem im November 1848 der neue Bund ins ^eben getreten war, mussle jedoch die Organisation .^er .^a.^lei und des Archivs hinter anderen dringlicher.. Geschäften zurüktreten, und so wurde dann die Stelle eines Archivars erst im ^rühjahr 1850 wieder beseht, und ^war in der Berson des Herrn Johann Jakob Me.^er, ....on ^..loteu,. welcher bereits seit ^6 Jahren bei der eidgenossisehen .^an^lei verwendet worden war.

Natürlich hatte die zweijährige ^akan^ bedeutende Rükstände ^nr ^olge gehabt, un^ auch sonst war in dem bereits geordneten Archive Manches umzugestalten und anders einzurichten, was für den neuen Archivar in so sern moglieh wurde, als ihm wenigstens in der Rahe der Archivgewolbe die uothigen ^immer eingeräumt wurden , um das ^an^e Jahr hindurch den Archivgeschästen obliegen zu konnen.

^..ie. Ordnung des alten Archives zog sich aber bedeutend in die ^äuge , so dass die Prüfungskommissionen der gesezgebenden Räthe zu wiederholten Mahnuugen sich veranlagt sahen. theils dieser Umstand, theils die sehr bedenkliehe .^lu.^sicht^ dass die neuen Ulkten sich massenhaft anhäuften , ohne dass abzusehen war , wann endlich an diese lettere die ordnende .^and si..h legen werde, veranlassen uus im Jahr ^856, Jhnen die Ausstellung eines zweiten Archivars vorzuschlagen, welcher de.^n bis^ herigen Archivare nebengeordnet sein sollte.

Jn ^olge dieses Grundsazes der Rebenordnnng und nicht der Unterorduung gelang es uns, eine ^ersonlichkeit zur Annahme der Stelle ^u bewegen, welche zu den besten Archivaren der Eidgenossenschaft mit Recht gewählt werben kann und von der ein kräftiges und verständiges Eingreifen mit Bestimmtheit erwartet werden durste.

Unser Vorschlag wurde denn auch am 25. Juli l 856 von der Bundesversammlung genehmigt.

Roch im gleichen Jahre wurde der zweite Archivar ernannt, und es befanden sieh seither b..ide Archivare in

koordinirter Stellung mit gleichem Besoldnngsgenusse und mit u^g^sähr

glichen Befugnissen für jeden in seinem Wirkungskreise. ^em altern Archivare blieb die Ordnung des sogenannten eidg. Archives von 1803 bis Ende 1848 übertragen. während der neu angestellte Archivar seine gau^e Thätigkeit dem jezigen Bundesarehive von 184.) hinweg zuzuwenden hatte.

So lauge die Wirkungskreise der beiden Archivare in der eben bezeichneten Weise ihre bestimmten ..^ränzen^ hatten, bot die koordinirte Stel.lung der Archivbeamten keine besonders erhebliehen Schwierigkeiten dar.

679 Immerhin ....ber traten vom Jahre 1856 hinweg von Zeit zu Zeit Missbeliebigsten zu Tage, die in den Ansprüchen auf Ueberordnun^ nnd auf den Maugel an Unterordnung zurükzuführen sind. Diese Schwierigkeiten hätten steh hier jezt um so mehr steigern müssen, weil die Dichtung des altern Archives gegenwärtig als so ziemlieh beendigt angesehen werden kann und somit der Zeitpunkt ^ eingetreten wäre ,^ wo auch der frühere Archiva... in das ....^undesarehiv hätte hinübertreten und somit seine Thätigkeit mit derjenigen des spätern Archivées vereinigen müssen. Diese Vereinigung der Kräfte war um so nothiger , als der jüngere Archivar die inzwischen angehäuften Akten des neuen Bundes mit bl.oss einem Gehilfen

nicht bewältigen konnte, besonders da rükfichtlieh ..^s Bundesarchives ein

neues. System eingeführt war, indem man Grund genug hatte , von dem früheru sogenannten Band^fteme ^ugehen un^ das allein richtige Mate^ riens^em für das neue Bundesarchiv einzuführen.

Den ältern Archivar, Herrn Me^er. ^raf nun aber im Hornung 1.^59 das Unglük, von einer^ lähmenden Krankheit heimgesucht .zu werden, die ihn seither arbeitsunfähig machte und ihm bei seinem^ hohen Alter wol k^um mehr Hoffnung gewährt, je wieder zur Arbeitstüehtigkeit ^u gelangen.

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^ Mit Rüksi^t ans diesen Umstand wurde dem andern Archivar neben seinen frühern Gehilfen noch ^ ein dritter provisorisch beigegeben, um den vorhandenen Bedürfnissen, die ^ von Jahr zu Jahr einen grossern Massstab annehmen, wenigstens .nach Umständen zu genügen.

. .

Wie bei andern Geschäftszweigen, in denen mehrere Personen gleiehzeitig bethätigt sind , hat sich . auch im Archive die Rothwendigkeit einer

hierarchischen Abstufung der Beamten herausgestellt. Die Gleichstellung

zweier Archivare war nur so lange mit keinen bedeutender^ Jukonvenienzen verknüpft, als jeder derselben. so ^u sagen eine souveräne Stellung , einen bestimmt abgegrasten Wirkungskreis für sich inne haben konnte.

War diess nicht mehr der Fall, mußt.. in .^olge veränderter Umstände die T.hätigkeit beider Archivare einem und demselben Geschäftskreise sich ^uwenden,. so musste, wie die Erfahrung e.... nun herausgestellt^ hat, die ..Gleichstellung^ der Archivare si^ als unzulänglich erweisen.

Auf der andern Seite entspricht aber die Ausstellung eines Archivares mit Beigebung von blossen Gehilfen ohne alle Kompetenz. unsern. Bedürfnissen ebenfalls nicht. l^ine zweijährige Ersahrung.. hat ^gel..ehrt, wie nothwendig in .einem so umfangreichen Archive, wie das Unsrige ist, die Aufstellung .eines ^weiten eigentlichen Archivbeamten sei, mit der Ausgabe, in .^rankheits- oder .Verhinderungsfällen den eigentlichen Schivar zu ersehen, also einlang^ude Briefe zu eroffnen, Gesuche und Aufträge zu erledigen, die Geschäfte unter die Gehilsen ^u vertheilen, mit einem Worte, die .^eitung des Archives zu^ übernehmen.

Will man aber, wie bereits angedeutet, nicht in die frühereu Jnkonvenienzen hineingerathen, so ist es nothwendig, dass der z.veite Archiv-

^80 beamte gegenüber dem Archivare eine untergeordnete Stellung einnehme, und dass er sich von demselben sowol nach der Besoldung, als nach der Gesehästsbesugniss unterscheide.

Die zwekmässigste Organisation des Arehivariates dürfte daher dahin hinauslaufen : 1) Zur Ermoglichung einer einheitlichen Leitung des Ganzen einen

Archivar, wie ihn das Reglement vom 7. April 1852 vorsieht,

beizubehalten.

2) Zu seiner Aushilfe und Stellvertretung einen Unterarchivar mit verhältnissmässiger Besoldung und einer bestimmten Amtsdauer anzustellen.

....) Diesem also bestellten Archiviiate wären im Weitern die ersorderlichen, immerhin unter der Verantwortlichkeit des Archivariates stehenden Gehilsen beizugeben.

Was nun die Besoldungsverhältnisse betrifft, so liegt es in der

Ratnr der Sache, dass dieselben nicht mehr so bleiben, wie das Gesez vom 30. Jnli 1858 sie vorgesehen hat. Bei der srühern Gleichstellung der Archivare hat das Gesez jedem derselben den nämlichen Gehalt be-

stimmt nnd diesen je zu Fr. 3200 gewährt. Diese gleiche Besoldung würde jedoch nach der neuen Organisation nicht mehr gerechtfertigt erscheinen, weil die eigentliche Verantwortlichkeit nur dem einen Archivar überbunden wird, während der andere bloss die Stelle eines Unterarchivars ^u versehen hat. Wir halten nun aber dafür, dass mit einer Besoldung von Fr. 2400 ein tüchtiger Unterarchivar sich ausfindig machen liesse.

Alsdann konnte, ohne das Budget irgend zu beschweren, der Gehalt des ersten Archivars in zwekentspreehender Weise erhöht werden. Es lässt sich

nämlich nicht läugnen , dass die Besoldung des eidg. Archivars im Ver-

hältnisse zu den Studien, die ein solcher Beamter gemacht haben muss und namentlich im Verhältniss zu manchen andern Bundesangestellten , die nicht mehr zu leisten vermögen, offenbar zu niedrig gegriffen .st. Durch eine Besoldungsausbesserung, wie wir sie vorschlagen, käme nun der Archivar in ein billigeres Verhältniss zu anderen Stellen zu stehen, wie z. B. zum Bulververwalter, Kursinspektor, Oberpostsekretär, Finanzsekretär, von denen eine hohere wissenschaftliche Bildung nieht einmal gefordert wird, und deren Wirkungskreis mehr aus gewisse praktische Einzelnheiten in einem Verwaltungszweige hingewiesen ist, die man am Ende durch blosse Routine sieh aneignen kann.

Jndem w.r schliesslieh die El^re haben, den nachstehenden Besehlusseutwurs Jhrer Würdigung zu empfehlen, benuzen wir den Anlass , Sie, Tit. l unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 6. Februar 1861.

Jm Ramen des fchwe^. Bundesrathes, Der Bundespräsident. ^. ^. .^niiset.

Der Kanter der Eidgenossenschaft: ........^i^.

681 Beschlußentwnrf.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes vom 6. Februar l 861, besehl.iesst: Axt. 1. Dem eidgenössischen Archiv stehen zwei Beamte, vor als: a. ein Archivar mit einer Jahresbesoldung von Fr. 3800 ; h. ein Unterarchivar mit einer Jahresbesoldung von Fr. 2400.

Axt. 2. Dadurch sind ausgehoben der Bundesbesehluss vom 25. Juli 1856, betreffend Errichtung einer zweiten eidgenössischen Archivarstelle, und die im Besoldungsgesetze vom 30. Juli 1858, Art. t, Ziffer 1, unter der Uebersehrist ., Bundeskanzler angeführten zwei Archivarstellen von je Fr. 3200 Besoldung.

Axt. 3. Dieser Beschluss aussert seine Wirksamkeit vom 1. Januar

1861 an.

Art. 4. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung beauftragt.

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der

nationalräthlichen Kommission zur Prüfung des Beschlusses entwurfes, betreffend die Reorganisation des eidgenössischen Archivariantes.

(Vom 9. Juli 1861.)

Tit.!

Vor dem Jahre 1856 wurde das eidgenössische Archiv von einem Archivar besorgt, dessen Besoldung durch das Bundesgesez über Errichtung

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die gesezgebenden Räthe der Eidgenossenschaft, betreffend die Reorganisation des eidgenössischen Archivs. (Vom 6. Februar 1861.)

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21.09.1861

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