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ständerathlichen

Kommission über die Beschwerde aus dem

Danton Freiburg, betreffend dass dortige Gesez über die Heiligung der Sonn- und Festtage.

(Vom 21. Juli 1861.)

Tit. l Die konfessionellen Verhältnisse im Danton Freiburg konnen im Allgemeinen als bekannt vorausgesagt werden. Mit Ausnahme des Seebezirks oder Bezirks Murten , in welchem die protestantische Konfession vorherrscht, überwiegt im ganzen Danton bei Weitem die katholische Bevolkerung ; doch hat nameutlieh seit der neuen Bundesverfassung eine bedeutende Einwanderung von protestante. in den Genfe- und Saanebezirk stattgefunden. Die Regierung von Freiburg giebt die Zahl der in diesen Bezirken wohnenden Bekenner der evangelischen Konfession auf 4111 Seelen an. es fallen davon 2442 auf den Sense- und 1669 auf den Saanebewirk.

Was die Sonn- und Festtagspolizei betrifft, so folgte dem Geseze von 184.), welches nur wenige der von der katholischen .Kirche vorgeschriebenen Feiertage für obligatorisch erklärt, immerhin aber die Brotestanten im katholischen Landestheile von der Verpflichtung, dieselben mitzufeiern, keineswegs befreit hatte, na.h erfolgter Verständigung mit der kirchlichen Behorde ein neues Gesez vom 24. Rovember 185..), welches im Weseutliehen Folgendes vorsehreibt : Art. 1. Die religiosen Feiertage, auf welche sich die Bestimmuugen gegenwärtigen Gesezes beziehen, find, ausser den Sonntagen : a. Jn dem den katholischen Kultus bekennenden Theile des Kan-

tous. Weihnachten, Beschneidung ^), Heiligen Dreikonig, Maria Reinigung, Maria Verkündigung, Himmelfahrt, Frohnleiehuamstag , Maria Himmelfahrt, Allerheiligen, unbefleckte Empfängniss, endlieh in jeder Bfarrgemeinde die Kirchweihe,

^) .Neujahr.

783 sowie das Fest des ersten ..patrons, insoweit dieses nicht von der Diöeesanbehörde auf den folgenden Sonntag verlegt ist; h. in dem reformirten Kantonstheile : Weihnachten, Reujahr, Eharfreitag und Himmelfahrt.

Art. 2. Es ist au den genannten Tagen verboten, auf den Feldern, in den Werkstätten, in den Triebwerken und Fabriken die gewohnlichen Arbeiten zu verrichten, sowie ein Handwerk auf eine in die Augen fallende oder lärmende Weise auszuüben.

Es isi dessgleichen verboten, Magagne und Kramladen zu öffnen, Waaren auszulegen, zu hausiren und Waaren zu transportiren.

Von diesen Bestimmungen sind ausgenommen : hu. d, die durch eine drohende Gefahr veranlagten Bauten und Ausbesserungen, und l.^. e dringe landwirtschaftliche Arbeiten.

Jn den beiden legten Fällen ist die in Art. 4 augedrohte Strafe nicht anwendbar, wenn die Erlaubniss zur Vornahme dieser Arbeiten durch die nach dem Kultus der Loyalität, wo dieselben vorgenommen werden, dazu kompetente Behorde ertheilt worden ist.

Gegen dieses Gese^ sowohl als gegen ein , in Folge des altern Gefe^es wegen ausfälligen Arbeitens am Frohnleiehnamstage über ihn verhängtes Strafurtheil ergriss Herr Joh. Sehürch aus dem Kanton Bern , Eigentümer eines Landgutes im Kanton Freiburg, den Rekurs au den Bundesrath, und verlaugte unter Berufung aus Art. 4l und 44 der Bundesverfassung, dass die im katholischen Kantonstheile zerstreuten Brotestauten den im Bezirk Murteu wohnenden gleichgestellt, d. h. nur verpflichtet sein sollen , .^ie für den resormirten Kantonstheil anerkannten Festtage zu beobachten. Raeh eingeholter Antwort der Regierung von

Freiburg wies der Bundesrath durch Eutscheid vom 22. August 1860

die Besehwerde ab, gestuft aus solgeude Erwäguugen : 1) Dass der Art. 41 der Bundesverfassung die freie Gewerl^s- und Berufsausübung als Folge der Niederlassung nicht unbeschränkt garantirt, sondern nur nach Massgabe der kantonalen Geseze.

2) Dass die Anwendung des Art. 44 der Bundesverfassung bei Beschwerden , wie die vorliegende, nur dann in Frage kommen kann, wenn die Gesetzgebung oder Verwaltung eines Kantons derartige Beschränkungen enthielte, die über den Zweck, dem ungestörten .Kultus beider Konfessionen billige Rechnung zu tragen , hinaus gehen würden und durch intolerante Verfügungen zu Zwietracht und Störung des konfessionellen Friedens führen müssten.

3) Dass aber dieser Vorwurs weder dem sreiburgischen Geseze vom 24. Rovember 185.), noch der strasrechtlichen Bxa^is gemacht werden kann, indem sieh aus den Akten ergibt: ... dass die Zahl der Feiertage , mit Ausschluss der von beiden Konfessionen anerkannten, keine erhebliche ist;

784 b.

dass das Gese^ überdiess nur ofsentliche oder geräuschvolle Arbeiten. verbietet, und sür alle sogenannten Rothwerke Dispensation durch die Lokalbehorden gestattet; c. dass die Beschwerdepunkte von dem Rekurreuten in hohem Grade übertrieben und e.n^elne ^älle gänzlich ersonnen wurden, und dass nach amtlicher Erhebung wahrend zirka drei Jahren nur acht Koutraveutionen im ganzen Gerichtskreise , den der Rekurrent Gewohnt, eingeklagt wurden, .oovon mehrere sich auf Souutage oder protestautische Festtage beziehen.

Gegenüber diesem Entscheide wenden sieh nun 13 Einsassen und Gutsbesser des ^ense- und .^aanebe^irks , wovon 11 der evangelischen, 2 der katholischen .Konfession angehoren , an die Bundesversammlung mit einer ,, Ehrerbietigen Vorstellung ^, in der sie im Wesentlichen folgendes anseinauderse^en .

Raeh den wahren Begriffen von religioser und bürgerlicher Freiheit und von der Gleichheit aller Bürger vor dem Geseze seien die in dem sogenannten katholischen Theil des Kantons Freibnrg angesessenen Brotestauten der nämlichen religiose.. Freiheit theilhastig zu machen, wie sie ihren Religionsgenossen im ^Seebe^irk zugesichert sei. Jntolerant sei der den Protestanten auferlegte Zwang , eine Menge von Feiertagen , welche ausschliesslich für die Bekenuer der katholischen Konfession auferlegt sind, mitzufeiern. Wenn die .Protestanten Rachmittags, statt an den Belustiguugeu der Katholiken Theil ^u nehmen, friedlich ihre Brodnkte einheimsen würden, so würben sie si.h gewiss keiner Sünde schuldig machen.

Jn andern Kantonen seien die Geseze über Heiligung der Feiertage nur für die Bürger desjenigen Bekenntnisses anwendbar , welches die Feste feiere, ohne dass man gerade sagen konne, es sinde dort eine grossere Vermischung der beiden .Konfessionen statt. Jm Kanton ^reiburg, als einen. paritätischen, bestehen in kirchlichen Dingen zweierlei Geseze : eines für die ^otholiken und eines für die .Protestanten; aber es trete dabei die eigenthümliche Erscheinung zu Tage, dass nur ein Theil der ^rotestanten den.. sie betreffenden Geseze untergeordnet werde , nämlich der Seebezirk , während der audere Theil , d. h. die in den übrigen Bewirken niedergelassenen Protestanten durch das Gesel^ über die k a t h o l i s c h e n Staatsbürger regiert werde. Diess sei eine ossenbare Rechtsungleichheit bei gleichen Rechtsansprüchen der Bürger .^es nämli^en Kantons und des nämlichen Glaubensbekenntnisses . der .^.eebe^irk ^eniesse ein Vorrecht ge^enüber den Brotestanten der übrigen Bezirke. Wenn der obersten Staatsbehorde das Recht ^gestanden werde , die protestantischen Einwohner unter die Herrschaft rein katholischer Vorschriften zu ordnen , wer wolle sie dann hindern, die vielen sehou bestehenden Feiertage noch ^u vermehren^ Die Bewilligungen der Lokalbehorden seien durchaus illusorischer Ratur; denn abgesehen davon, dass oft z. B. bei plo^lichem Gewitter keine Zeit bleibe.

um ste einzuholen, stelle das Gesel^ dieselben ganz in die Willkür eines

einzigen Ortsbeamten, vielleicht des Geistlichen oder eines von ihm inspi-

785 rirten Mannes. Ebensowenig beruhige die von der Regierung behauptete Milde in Anwendung des Gesezes, .denn sie werde bedingt durch die Bersonen des Anzeigers und des Richters. Dass es ^übrigens mit dieser Milde aneh nicht weit her sei, beweisen nachstehende ^älle : 1) B u r r i am ^chwar^ensee sei gebüsst worden, weil seine Magd im Zimmer ein Hemd glättete, 2) Bauunternehmer G l a u s e r , weil er an einem Sonntag im Tenu seiner Scheuer Bserdefntter abladen liess, 3^ F a v r e in Wal^eck, weil er an einem Feiertag in seinem Tenn Garben abladen liess, 4) Rupp in Lanthen und .ändere, weil sie an einem katholischen Feiertage nach Bern aus den Markt fuhren. Die Vorstellung schließt mit fogenden Antragen : ,,Jn erster L i n i e : Die im katholischen Theil des Kantons Freiburg wohnhaften Brotestanten seien hinsichtlich der Heiligung und Feier der gese^lichen Festtage ihren Konsessionsgenossen im Bezirk Murten gleichzustellen , allenfalls mit Ausnahme geräuschvoller Arbeiten in d^r Rahe von Kirchen während den gottesdienstliehen Verriehtnngen, somit der Mitfeier der katholischen Feiertage gänzlich zu entbinden.

,,Jn z w e i t e r Linie: Es sei das Gese.^ vom 24. Rovember 185.)

gegenüber diesen Brotestanten nur für die Zeit während der gottesdienstlichen Handlungen während der Morgenstunden anzuwenden.^ Die Regierung von Freib.^rg , vom Bundesrathe zur Vernehmlafsnng über diesen Rekurs aufgefordert , äussert sich darüber im Wesentlichen solgendermassen : Art. 2 der Kantonsverfassung garantire die freie Ausübung beider Kulte . die gese^gebeude Gewalt sei also unzweifelhaft berechtigt , hiefür gewisse sichernde Bestimmungen zu trefsen , die auf alle Bewohner des Kantous ihre Anwendung finden müssen.

Seitdem durch den Anschlug des Bezirks Myrten der Kanton Freiburg paritätisch geworden, habe die Gesetzgebung immer unterschieden zwischen dem katholischen und dem resormirten Theil des Kautons. Der Entwurf zum ^ Geseze vom 24. Rovember l 85..), welcher sechs Monate vor dessen Erlassnng veroffentlicht worden, habe zu keinen Bemerkungen oder Einwendungen Anlass gegeben , weder von der resormirten Synode , noch von der evangelisehen Kirchgemeinde Freiburg, noch von einzelnen Bürgern dieser Konfession, noch von den Brotestante.. . die im Grossen Rathe stl^en. Anch je^t habe der evangelische Kirchgemeindrath
sich formlich geweigert . dem Rekurse beizutreten. U..ter dem Geseze von 1849, welches das Arbeiten au vielen,^ kirchlich nicht abgeschafften Feiertagen erlaubte , haben die Brotestanten in

den katholischen Bezirken sreiwillig und aus eigenem Sehickliehkeitsgefühle

sich jeder öffentlichen und geräuschvollen ^Arbeit enthalten.

Art. 41 der Bundesverfassung gewähre die freie ^Berufsausübung nur nach Massgabe der kantonalen Geseze. Art. 44 .gestatte den Kantonen, ,,für Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens .unter den Konfessionen d.^e geeigneten Ma^uah.uen zu treffen. ^ Wenn die Behorden des Kantons

786 Freiburg durch intolerante Maßregeln den konfessionellen frieden storen würden, so liesse sich ein Rekurs an die Buudesbehorden begreifen, aber dem Geseze von 1859 konne ^n solcher Vorwurf nicht gemacht werden.

Die ^ahl der katholischen ^eiertage , welck.e die protestante mitfeiern müssen, beschränke sich auf sechs, nebst dem Feste des Kircheupatrons, soweit legeres nicht auf die Sonntage verlegt sei , aus die Sommerszeit salleu nicht mehr als 2 bis 3 solcher Tage. Die Rel.urreuten seiern aber die protestantische Festtage ebeu so wen.g als die katholischen , denn von den in der Vorstellung angeführten fällen von Strafurtheilen begehe sieh der erste aus den Auffahrtstag, der ^veite auf einen Sonntag ; der ^vierte sei noch unter dem ^ese^e von 184.) vorgekommen, welches nun als das tolerante demjenigen von 185..) gegenüber gestellt werde. Lelzteres untersage übrigens nur die osfentlicheu und geräuschvollen Arbeiten, und gestatte zahlreiche Ausnahmen.

Die Regierung sehliesst mit dem Begehren : es sei die ^ouveranetät des Kantons Freiburg in Saehen der Gesetzgebung so lange zu achten, als diese Gesetzgebung mit den koustitutiouellen Grundsätzen des Bundes im Einklage stehe.

Gehen wir nun über zur Würdigung des vorliegenden Rekurses, so muss der Berichterstatter die Bemerkung vorausschicken , dass, weun es sich bloss um die ^rage handeln würde, ob ihm von einem allgemeinen, mehr theoretischen Standpunkte aus das angefochtene sreiburgische Gese^ als vollständig gerechtfertigt erseheine, es diese Frage kaum bejahen konnte.

Niemand wird läugnen, dass für die Protestanten keine religiose ^flicht besteht, die katholischen Feiertage mitzuseiern, und wenn dessenungeachtet der .^taat durch seiu Machtgebot ihnen diese Bflicht auserlegen wiil, ^ dars man wohl untersuchen , ob aus Rücksichten des offeutlichen Wohles oder der kirchlichen Jnteressen eine solche Verfügung wirklich als uoth^ wendig erscheine. Run wird sich dafür kaum ein anderer Grund anführen lassen als der, dass, wenn die unter einer katholischen Bevölkerung ^erstreuten Protestanten an katholischen Feiertagen arbeiten , die Katholiken dadurch in ihrer Anseht gestort und in ihren religiose.. Befühlen verlebt werden ; dieser ...^rund scheiut uns aber nicht stichhaltig ^u sein , w^il in denjenigen Kantonen, wo von Alters her volle Gleichberechtigung
^wischen den Konfessionen besteht, die Erfahrung lehrt, dass es Riemauden in der freien Ausubuug seines Kultus stort und Niemanden beleidigt, weun ^ro^ testante^ an katholischen oder Katholiken an rein protestautiseheu ^esttagen ihren Gesehäften nachgehen, weil man eben von Alters h...r daran gewohnt

ist. Als Mitglied des Trossen Rathes von Freiburg würde daher der

Berichterstatter jedenfalls g e g e n das Gesetz ^stimmt hab.m. allein bei der Bundesversammlung konnen eben nicht personliche Ausiehten über den innern Werth ^oder Unwerth des Gesezes entscheiden , sondern sie muss sich fragen, ob der Bund befugt sei, in d i e s e r .^ache zu interpeni re n; ob genügende Gründe vorliegeu zur Einmischung in eine AnGelegenheit, die ^mächst offenbar in den Bereich der Kantonalsouveränetät

787 fallt und dazu noch dem, immer mit Vorsicht zu behandelnden Gebiete konfessioneller Verhaltnisse angehort. Untersuchen wir nun, was für Rechtsgründe die Rekurrenten für die von ihnen nachgesuchte Bundesintervention anführen. Zuvorderst muss der Art. 4 der Bundesverfassung h.^s .^luge gefasst werden ; denn wenn auch die Rekursschrift denselben nicht ausdrücklich eitirt, so behauptet sie doch, das Gesetz vom 24. Rovember

1859 widerstreite der Rechtsgleichheit und begründe ein Vorrecht zu Gun-

sten der Brotestanten des Seebezirks gegenüber denjenigen, die in den katholischen Bezirken wohnen. Run setzt ^lrt. 4 zwar allerdings fest, dass alle Schwerer vor dem Geseze gleich sein sollen ; allein diese Bestimmung ist immer so ausgelegt worden, dass vollständige Rechtsgleichheit nur unter ganz gleichen Verhältnissen gesordert werden könne, und es wird woht nicht ernstlich bestritten werden konnen. dass in dem beinahe ganz protestantifchen Seebezirke andere konfessionelle Verhältnisse bestehen, als in den Bezirken der Saane und Sense, wo die Katholiken die grosse Mehrheit der Bevölkerung ausmachen. Eher könnte ^ von Rechtsungleiehheit , von einem Vorrechte der einen Konsession gegenüber der andern geredet werden, wenn nach dem Begehren der Rekurrenteu den Brotestanten in den katholisehen Bezirken erlaubt würde. an den katholischen Festtagen zu arbeiten, die Katholiken im .......eebezirke dagegen gehalten wären, ausschließlich protestantische Feiertage, n..ie der Eharsreitag, mitzufeiern. Ganz unstiehhaltig scheint uns auch. die Berufung der Rekurrenten auf ...lrt. 41 der Bundes^ verfassung zu sein ; denn derselbe gewährt den Niedergelassenen das Recht der freien Ausübung ihres Gewerbes nur nach Massgabe der Gesetze und Verordnungen des Riederlassuugskantons, ^elehe in dieser Hinsicht ^wischen ihnen und den Kantonsbürgern keinen Unterschied ausstellen dürfen. Dass nun das sreibur^ische Gesetz über die Feier der Sonn- und Festtage einen derartigen Unterschied statuire, ist von Niemanden behauptet worden , und es geht aus dem klaren Wortlaute desselben das Gegentheil hervor.

Es bleibt somit keine andere Vorschrift der Bundesverfassung übrig, welche sür den vorliegenden Fall als maßgebend erschiene, als der Art. 44.

Aus den ersten Theil dieses .Artikels konnen sich die Rekurrenten jedenfalls nicht berufen; denn die freie Ausübung des resormirten Kultus^ besteht, wie sie selbst anerkennen, im Kanton Freiburg in vollem Masse, ja. es wird sogar die evangelische Kirchgemeinde Freiburg, welche die im Saaneund .^ensebezirl. zerstreuten Brotestanten umfasst, vom Staate mit einem

jährlichen Beitrage unterstützt. ^.lus den zweiten Theil des Art. 44 be-

ruft sich nicht ohne Grund die Regierung von Freiburg, weil derselbe in erster Linie den Kantonen vorbehält, ,,für Handhabung der össentliehen Ordnung und des Friedens unter den Konfesstonen die geeigneten Massnahmen zu treffen^. .Allerdings ist die nämliche Besugniss in zweiter .Linie auch dem Bunde vorbehalten, und es kann keinem Zweifel unterliegen, dass, wenn ein Kanton über kirchliche Verhältnisse so intolerante gesetzliche Bestimmungen aufstellen, wenn er einer Konfession zu Gunsten

788 einer andern einen so erheblichen ^wang auferlegen würde, dass daraus eine Gefährdung de... Friedens unte.. den in der Sehwe^ bestehenden, vom Staate anerkannten Religionsgenossenschaften entstehen konnte, der Bund zum Einschreiten vollkommen berechtiget wäre. Es muss sogar zugegeben werden, dass der Wortlaut des Art. 44 ziemlich elastisch ist. aber es würde gewiss der Ratur unseres Foderativstaates, dessen Verfassung die Regelung der kirchlichen Verhältnisse sonst ganz deu Kantonen überlassen hat. widerstreiten, wenn der Bund von seinen. Juterventiousrechte einen al.lzuweitgehenden Gebrauch macheu wurde, wie denn auch bis dahin unsers Wissens nur einmal, nämlich bei Erlassung des Bundesgese^es über die gemischten Ehen, der Art. 44 angewendet worden ist. Fragen wir nun, ob das angefochtene fre.burgische Gese^ wirklich eine Storung des konsesstonellen Friedens enthalte, gegen welche der Bund einsehreiten müsse, s... scheint uns schon bei rein äusserlicher Betrachtung der Sache diese Frage verneint werden zu müssen. Gewiss würden , wenn eine solche Storung wirklich vorläge, die kirchlichen Behorden, welche in konfessionellen fingen als die natürlichen Vertreter ihrer Glaubensgenossen erscheinen, die reformate Synode des Kantons und der evangelische Kirchgemeiuderath der Stadt Freiburg nicht geschwiegen haben ; gewiss hätten auf eine reformirte Bevölkerung von 4111 Seelen mehr als nur 11 Männer sich gefunden, die den Rekurs unterzeichnet haben würden. Es konnte anch wohl mit Recht behauptet werden, dass in Fragen, die eine so vorwiegend kantonale Bedeutung haben, wie die vorliegende, allsällige Beschwerden zuerst bei der obersten Behorde ..^s Kantons und erst ..aehher bei der Bundesbehorde geltend gemacht werden sollten. Wir wollen uns indessen bei dieser formellen ^.rage nicht aufhalten, sondern direkt auf die Materie eingehen. Das Gese^ von 1859 erklärt für den katholischen Kantoustheil neben den, beiden Konfessionen gemeinsame festen, nicht mehr als 7 allgemeine katholische Feiertage für obligatorisch, von denen jedoch auf die Zeit der landwirthschastlichen Arbeiten, über deren Beeinträchtigung sich die Rekurrenten vorzüglich beklagen, nur ^ w e i fallen, nämlich ^roh..leiehnam und Mariä Himmelfahrt. Dazu kommen noch für jede Bfarrgemeinde besonders ihre Kirchweihe und das ^.est ihre.^ patrons
. doch soll legeres meistens aus die Sonntage verlegt sein.

^...lu den genannten Feiertagen ist ferner das Arbeiten nicht unbedingt verboten, sondern nnr auf deu Feldern, in den Werkstätten, den Triebwerken und Fabriken, häusliche Arbeiten konnen also ungehindert verrichtet werden , ohne dass

die Staatspolizei denselben nachfragt. Endlich liegt es im ^inn und

Geist des Gesezes, dass für Bauten oder sur landwirthschaftliche Arbeiten, bei welchen Gefahr im Verzuge ift. eine besondere Erlaubniss durch die .^rtsbehorde erteilt werden soll; d..s Gese^ gestattet also auch hier ^wieder Ausnahmen, welche die den Brotestanten auserlegte Verpflichtung des Mitfeierns um so weniger lästig machen. Auch was ^ie Vollziehung des Gesezes betrifft, so scheint dieselbe keineswegs so drückend und hart

78.)

zu sein, wie die Rekurxenten sie darzustellen versuchen. Es mogen Falle vorgekommen sein, wo Strafurtheile ausgefällt wurden, die gese^lich nicht begründet waren , aber die Regierung von ^reiburg erklart, dass sie in solchen Fällen die Weisung gegeben habe, Busse und kosten zurückzuer-

statten. Von den 4 Spe^ialfällen, welche die Rekursschrist an die Bun-

desvexsammlung aufzahlt, ereignete sich einer au einem Sonntage, ein anderer am Ausfahrtstage, der ebenfalls von beiden .Konfessionen gemeinsam gefeiert wird, und ein dritter vor Erlassnng des Gesezes von 1859, es bleibt also ein einziger Fall übrig, wo in Folge dieses le^tern ein Brotestant wegen landwirtschaftlicher Arbeiten gebüsst wurde.

Bei dieser Sachlage kann wohl mit voller Beruhigung gesagt werden, dass die Beschränkungen, welche die freiburgische Feiertagspolizei den im katholischen Landestheile wohnenden Protestanten auferlegt, keineswegs einen so erheblichen Charakter an si.h trage, dass sie den konfessionellen Frieden stören konnten, und desshalb eine Jnteroention des .Bundes kraft Art. 44 der Bundesverfassung sich rechtfertigen würde. Wir tragen daher, grundfaßlich mit dem Rationalrathe übereinstimmend, auf Abweisung des Rekurses an.

Was das Motiv betrifft, welches der Rationalrath seinem Beschlusse vorausgeschickt hat, so hat die Mehrheit der Kommission ^uerft dasselbe annehmen wollen, jedoch vorzüglich nur in der wohlgemeinten Absicht, zu verhüten, dass nicht wegen einer an sich nicht sehr bedeutenden Disserenz zwischen den beiden Räthe... im Nationalräthe abermals eine lange Diskussion stattfinde.

Bei näherer Vrüf..ug finden wir indessen das

Motiv nicht haltbar. Es geht aus den Akten nicht klar hervor, ob die

Bewilligung zu Rotharbeiten bei einer geistlichen oder einer weltlichen Ortsbehorde eingeholt werden muss. Ware das erstere der Fall, so konnte man sich zwar missbilligend darüber aussprechen ; aber wenn man findet, es liege in der Hauptsache kein Grund zu einer Bundesintervention vor, so kann man auch nicht wohl in einer Nebensache interveniren und dem Kanton Freiburg vorschreiben, was für eine Oxtsbehorde für die Ertheilung jener ausnahmsweisen Erlaubniss kompetent sein solle, wie es durch das nationalräthliche Motiv geschieht. ^s wäre dieses Verfahren um so weniger zu rechtfertigen, als die Rekurrenten gerade d i e s e Art von Juterventiou gar nicht verlangen und keinen Werth darauf legen, ob ihnen für die Bewilligung von ^otharbeiteu ein geistlicher oder eiu weltlicher Beamter angewiesen werde, da wenigstens aus dem Lande, wo die Beschwerdeführer vorzugsweise ihr..n Wohnsiz oder ihr Grundeigentum haben, von den weltlichen Ortsvorstehern sich kaum eine liberalere Brar^is als von den geistlichen erwarten liesse. Es ist auch das fragliche Motiv im ..Nationalrath^ nur in Folge eines individuellen Amendements entstanden, und es ist daher wenigstens möglich , dass die Tragweite desselben und

7.)0 die ^rage, ob es nach dem Jnhalte der ......esehwerdeschrist selbst als zulässig erscheine, nicht von allen Mitgliedern gehori^ erwogen worden ist.

Wir schlagen daher einfach vor. aus den Antrag der nationalräthlichen .kommission zurückzukommen, nach welchem es vor dem Dispositiv bloss heissen soll: ,.in Gutheissuug der in den.. rekurrirten Beschluss enthaltenen Motive..^

^ern, den 21. Juli 1861.

Samens der .kommission, Der Berichterstatter :

I^r. .^. .^. ^lumer.

^^te.

Diese .Angelegenheit ist ^ei den Käthen nvch hängend.

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über die Beschwerde aus dem Kanton Freiburg, betreffend dass dortige Gesez über die Heiligung der Sonn- und Festtage. (Vom 21. Juli 1861.)

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11.10.1861

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782-790

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