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Kreisschreiben des

Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend Vollziehung des Bundesgesezes über die Werbung und den Eintritt in fremden .Kriegsdienst.

(Vom 16. August 1859.)

G e t r e u e , liebe E i d g e n o s s e n .

Unsere Kanzlei hat Jhnen bereits eine gewisse Anzahl von Exemplaren des neuen Bundesgesezes über die Werbungen für fremden Kriegsdienst, welches den 30. Juli abhin erlassen worden und vom 3. des Rufenden Monats Angust an in Kraft getreten ist, zugestellt.

Dieses Gesez, welches den Art. 65 des Bundesstrafrechts vom 4.

Februar 1853 und Litt. d des Art. 98 des Bundesgesezes über die Strafreehtspflege bei den eidgenossischen Truppen vom 27. August 1851 aushebt, lässt die Strafen bestehen, welche unter den Buchstaben a, b und c des geda..hten Artikels 98 aus die Falschwerbung in Kriegszeiten für den dienst des Feindes oder aus die Falschwerbung von Leuten, die steh im aktiven oder Justruttionsdienste befinden, gefegt st..d. (Eidg. Gesezsammlung, Band ll, Seite 639.)

Werden also Schweizerbürger, die ans den Mannschaftsverzeiehnissen des Bundes oder der Kantone stehen , in einem der vorbezeichneten Fälle sür irgend welchen freunden Dienst angeworben, so wird diess auch fürderhin unter das Strafgesezbuch für die

eidgenossischen Truppen fallen und durch die zuständigen militärischen Be-

horden und Gerichte bestraft werden, zumal die Bestimmungen dieses Gesezes auf die im Art. 1 genannten Bersonen Anwendung finden.

Dieses Kreisschreiben wird deswegen hier nachträglich aufgenommen, weil das unterm 16. .August 1861 erlassene (siehe Seite 532 hievor) sich daraus beruf...

575 Alle andern Falle von Werbung unterliegen den Bestimmungen des Art. 3 des neuen Gesezes und sollen in der Regel, entgegenstehende Ent^ scheide vorbehalten (Art. 4), von Amtes wegen durch die zuständigen Gerichte derjenigen Kantone^ untersucht und bestraft werden, auf deren Gebiet die Falschwerbung oder der Versuch hiezu stattfand. Obgleich der Wortlaut des Art. 3 kaum einen Zweifel über die Ratur des strafbaren Aktes der Anwerbung übrig lasst, so kann man noth.gensalls nvch in dieser Hinsicht die Titel Ill und IV des Bundesstrafgese^buches über ,,Vollendung und V e r s u c h der Verbreche..^ und ..Urheber und M i t s c h u l d i g e ^ zu Rathe ziehen. Walten ernstliche ^weifet über das wirkliche Vorhanden^sein des Vergehens der Anwerbung ob, wie dasselbe im Art. 3 des neuen Gesezes destnirt wird, so hat die den Brozess führende Behorde die Untersnchungsakten an das schweiz. Jnstiz- nud Voli^eidepartement zn senden, welches den ^all dem Bundesrathe zur Entscheidung vorlegen wird. Sollte

ferner ein erstmst..nzliches Gericht das Gesez vom 30. Juli lezthin in

unrichtiger Weise anwenden, .so hat die zuständige Gerichtsbehörde oder der kompetent.. Just^beamte des Kantons von Amtes wegen Berufung einzulegen oder in zweifelhaften Dillen unserm vorgenannten Departement sosortige Anzeige zu machen, damit die Bundesbehörde eintretendensalls in den ^tand gesezt werde, binnen der nüzlicheu ^rist die Kassation oder

Revision des mit Mängeln oder mit Richtigkeit behafteten Urtheils zu ver-

langen. Unter allen Umstanden sind, wie es bisher üblich war, unserm .

Justiz- und Voli^eidepartement. unverzüglich vou allen Urtheilen in dieser Materie authentische .^l bschristen^ auf ungestempeltem Vapiere zuzustellen.

Die Artikel l und 2 des neuen Gesezes^ verbieten den Schweizer.bürgern unter ..^trasandrohung, ohne vorgängige Erlaub^ss des Bundesrathes. das Land zu verlassen, um auswärts in einem Trnppenkorps Dienst zu nehmen, das nicht zum R a t i o n a l h e e r e dieses Staates gehört.

Aus dieser Bestimmung des Gesezes ersieht man deutlich,

dass

die

Absicht und der Wille des Gesezgebers dahin giengen, den Dienst von ...Schweizern. in den fremden Truppenkörpern irgend welcher auswärtigen Regierung auszuheben, wie solche, iu so. weit w.x davon Kenntnlss haben, in den fälschlich den ^ehweizeruamen tragenden Regimentern in Rom und Reapel, in der srauzosischen Fremdenlegion in Algier und den holländischen in Jndien bestehen.

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Mithin sollen diejenigen Sehwei^erburger, welche den Bestimmungen des Artikels 1 zuwider in einen Truppenkörper des Auslandes treten, der nicht unter die Rationaltruppen des betreffenden Staates zu rechnen ist, und dies^ ohne Bewilligung des Bundesrathes thun, durch die zuständigen Gerichte der Kautoue in Untersuchung ge^eu und es soll gegen sie nach Massgabe des Artikels 2 des Gesezes verfahren werden, übrigens unvorgreiflieh den besondern Strafen, denen sie verfallen sein konnten,

wie das zweite ^emma .des gleichen Artikels diess besagt.

576 Die Gerichte werden jedesmal aus dem Kontumazialwege vorgehen und sich nach den in ihrem Kanton hierüber bestehenden Gesezesbestimmungen richten, wenn das in Verdacht stehende Jndividuum nieht persönli.h erreicht und vor die Sehrauken des Gerichtes gebracht werden könnte. Die dergestalt in den Kantonen erlassenen Urtheile sollen gleichfalls unverzüglich mittelst Abschrift nnserm Justiz- ^....d Bolizeidepartement .^ur Kenntniss gebracht werden.

Was den Kostenpunkt betrifft, so bestimmt das zweite Lemma des Art. 15 (E. Allgemeine Bestimmungen) des Bundesgesezes über die Kosten der Bundesrechtspslege ^eidg. Versammlung Bd. V, S. 4l 3^ Folgendes: .^ ,,Bei denjenigen Strafprozessen, welche wegen Verlegung des Bundesstrasgesezes vom 4. Hornung 1853 (eidg. Gesezsammlung Bd. lll, S. 404^ nach Art. 74 desselben eingeleitet werden, hat, im Falle der Verurthei^

lung, der ^ln^eklagte, und im Falle der Zahlungsunsähigkeit oder Frei-

sprechung des .Angeklagten, die Bundeskasse, nach Massgabe der Geseze des betreffenden Kantons, die Bro^esskosten zu tragen.^ D.. nun das ...^esez vom 30. Juli 1859 an die Stelle der Bestimm mengen des Art. 65 des Bundesstrasgese^es getreten ist und die kantonalen Gerichte in derartigen Fällen, in Folge einer Delegation der Gerichtsbarkeit des Bnndes, vorzugehen berufen werden, so folgt natürlicherweise hieraus , dass die Bundeskasfe die aus den. Untersuehungs - und Vollziehungsversahreu gegen solche Verlegungen des Gesezes erwachsenden Kosten zu tragen hat, wenn der Angeklagte freigesprochen oder, im Falle der Verurteilung, wenn seine Zahlungsunfähigkeit in gebührender Weise dargethan wird,^ .wo dann die dem Werber auserlegte Geldbusse , gemäss

Art. 8 des Bundesstrasreehtes, in der Regel in Gesängniss umgewandelt werden kann und soll. Die Zahlungsunfähigkeit des Verurteilten soll nach der in den Kantonen üblichen Form hergestellt werden, und es versteht sieh wol von selbst, dass, wenn die Bundeskasse die Kosten derartiger Prozesse und der sieh daraus ergebenden Urtheile zu tragen hat, aueh die den Strafbaren auferlegten Bussen zu Gunsten und aus Rechnung dieser Kasse erhoben und unserm Justiz . und ^olizeidepartement zugesandt werden.

Das neue Gesez vom 30. Juli ist mit dem 3. Augnst in Kraft getreten, und wir ersuchen Sie demnach, dasselbe so allgemein als moglieh bekannt zu machen, so wie den Gerichts- und Volizeibehorden Jhres Kantons die zu dessen vollständiger, ernstlicher und loyaler Vollziehung nothwendigen Weisungen und .Anleitungen zugehen zn lassen, damit wir der Ausübung derjenigen Besugniss überhoben werden, die uns Art. 4 des Gesezes verleiht.

Unsererseits werden wir besorgt sein, bei den Regierungen der Raehbarstaal.en die erforderlichen Schritte zu thun, um wo möglich die Auf..

hebun^ der noch au unsern Grannen geduldeten Werbebüreau^ oder Depots

577 zu erzielen, so wie wir auch trachten werden, uns das Ramensoerzeichniss der gegenwartig in neapolitanischen, romischen, französischen und holländischindischen Diensten stehenden Schwerer zu verschaffen; wir werden serner Vorkehrungen treffen, das neue Gese^ nicht nur unsern, im Auslande sich aushaltenden, sondern auch den daselbst in .Kriegsdiensten befindlichen^ Mitbürgern zur .^enntniss zu bringen.

Jn der Hoffnung , auf Jhre wirksame Beihilfe zählen ^u dürfen, damit dem neuen Geseze Gehorsam und Achtung verschafft werde, benuzen wir den Anlass, Sie, getreue, liebe Eidgenossen. nebst uns in den

. Schuz des Allmächtigen zu empfehlen.

Bern, den 16. August 1.^.

.^m .^au.en des schweiz. Bundesrathes, Für den Bundespräsi.^enten, Der Vizepräsident:.

F. Fre^.^erosee.

. Der Kanzler der Eidgenossenschaft:^ ^^ie^

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Kreisschreiben des Bundesrathes an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend Vollziehung des Bundesgesezes über die Werbung und den Eintritt in fremden Kriegsdienst. (Vom 16. August 1859.)

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1861

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04.09.1861

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574-577

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