250

#ST#

Bericht und Anträge der

Artillerie-Kommission für gezogene Geschüze.

(Vom 25. März 1861.)

An ...en Vorstand ...es eidg. Militärdepartements.

Herr Bundesrath .

H i st o r i sche s.

Die ungemeinen Fortschritte in Verbesserung der .Handfeuerwaffen in neuerer Zeit, die es moglieh machen, der Artillerie auf bisher sichere Entsernungen empfindliehe und demoralisireude Verluste beizubringeu, haben ...s zur Rothwendigkeit gemacht, auch bei der Artillerie solche Verbesserungen zu sucheu und einzuführen, die gestatten, sich diesen Verlusten zu entgehen und dagegen die nämlichen eutmuthigendeu Einwirkungen in die Reihen des Feindes, selbst seiner Reserven, zu tragen, und endlich mit allen diesen entscheidenden Vortheilen möglichste Leichtigkeit und Beweglichkeit zu verbinden.

Abgesehen von Versuchen früherer Zeit, die als Geiftesprodukte gebildeter Artilleristen nur unbrauchbare Schaustüke von Gesehüzen hervorbrauten, ist die Losung des Problems einer weittragenden, sichern und leichten Artillerie den legten Jahrzehnten und der jezigen Zeit vorbehalten gewesen ; es ist sogar jezt dieses Thema zum Hauptstudium Berufener und Unberufener geworden.

Alle Systeme einigen sich darin, dass die Sicherheit des Schusses und vergrosserte Tragfähigkeit in gezogenen Geschüzröhren, in Spizgeschossen, beide ähnlich denjenigen der verbessertem Handfeuerwaffen , gesucht werden muss, und nur die Anzahl und Konstruktion der Züge, sowie das Einbringen der Ladung und Gesehoss von vorn oder von hinten, endlich die Form des Geschosses ist Sache des Unterschiedes.

Die Vervollkommuuug der Artillerie blieb in vielen Staaten lange Zeit im Stadium der Versuche. und uur in Sardinien wurden weuige gezogene Geschüze, System Cavalli, angeschafft, ihrer Schwere wegen aber nur zu Bosit.onsgesehüz verwendet.

251 Jn Frankreich wurde das Studium dieser .Angelegenheit unter der Protektion d.^.s Baisers, der sich sehr für die ^t.l^.rie iuteressirt, l.^hast an .Hand genommen und grossartige Versuche so geheim wie möglich vorgenommen, ohne dass hinüber etwas bestimmtes zu vernehmen war. ^i.^ Franzosen adoptirten nun in Voraussieht des italienischen ^eldzu^es das nun bekannte System, und bekümmerten sieh .vorläufig nicht um dessen Unvollkommenheiten, sondern suchten in Zeitgewinn und dem eminenten Vortheile weittragender Kanonen ihre Artillerie auszubeuten, was ihnen auch vollkommen gelang.

Jhr Feldgeschüz beim Kr^ge in Jtalien ^bestand aus gezogenen Ka..uonen vom 4.^.^aliber mit 8^^ Geschossgewicht. das Belagerungsgeschüz aus gezogenen Kanonen von 6 und 12 ..^-Kaliber mit 11 und

22 ^ Geschossgewicht.

. ^ie Wirkung dieser Artillerie bei allen Gelegenheiten war troz ihrer Unvollkommenheit meistens entscheidend. .^ie verwerte und verhinderte den Ausmarsch der österreichischen, anerkannt sehr tüchtigen Artillerie auf Entfernungen, wo diese. noch ganz wehrlos war und steh ausser allem ^euer wahnte ; sie demontirte gewöhnlich eine grosse Anzahl feindlicher Gefchüze vor ihrer Ausstellung ^und bewaltia^i.e die Vla^rteu hernach dur.ch di.e .grössere Geschuzzahl.

^ie beschoss seste auf Entfernungen, wo in vielen fällen selbst diger und bereitete die

feindlich^ funkte, vertrieb durch das Gr..uatfe...er ihr die feindliche Artillerie nichts auhal..^ ko.^.nte^ bloss durch den moralischen Eindruk, die Verthei...^ese^ung durch eigene ^Truppen vor.

^ie feindliche Kavallerie in den Ebenen wurde durch planende ^r.a...aten sehon auf den Eutsernuugen in Unordnung und ^um Rük^u^e gebracht, wo sich diese rasche Waffe für ihre Angriffe ^u sammeln pflegt.

.^as ^euer der sran.^sischen .Artillerie a^f e..tfer^te ^iftau^u, wo seindli^ Truppeumassen, Reserv..ste^u^en nur vermuthet w.^deu, . .brach die Zuversicht, die .Disziplin und den Muth dieser eben so ^brav.en Truppen.

..i.....^ ^kann d.aher südlich beha^t.^n, dass die ge^genen K^.one^. der ^an^sen e^eu eutscheideuden ^aktor in dem raschen und ru.hm.^llen V.^.laufe i.hr^.s ^eld^u^ i^. Jtali^ rep.^sentire...

gelbst iu neuester ^eit, ^im ^estu^^krie^e v^r Gaeta und vor M^fsina, haben die gezogenen .Geseh^e den ^ew.^is geleistet, dass si.e .^utschei-

dend ^wir^n ^d da.ss si^ ^..lbst di.. Arbeiten des .^eniekorps .n.^eh ihren Wir^ngen u^d ^Anforderun^eu .a^pass^ u.ussen.

S ch w e i ^ e r.i sche S t u d i e n .

Wie ^ all^u Staaten die erste .praktische A^w..ndung der a^o^e.^n G.eschü^e und ihr ^än^en.....r Erfolg allgemeines Aufsehen erregte, ^aussehrekt.^ und zu neuen Studien, Ve.rsu.^n und ^..wendun^en spornte, so

252 auch in der Schweig ; mit Umsicht und Energie ward die Angelegenheit geprüft und mit dem praktischen Sinn der Schweizer erwogen.

Da uns keine so bedeutenden militärischen Anstalten, Werkstätten, Material, Maschinen und Geldmittel ^u Gebote stehen, wie in den andern militärischen Staaten , so mußten besondere Mittel und Wege gefunden werden, die verschiedenen austauchenden Systeme zu prüfen und die uns passendste Auswahl .^u treffen.

Es standen sich und stehen sich jezt noch zwei verschiedene Haupts^steme gezogener Gesehüze gegenüber.

a. Von vorn zu laden, eingeführt in Frankreich, Sardinien, Oesterreich und Russland.

b. Von hinten zu laden, eingeführt in England, Vreussen und dem übrigen Deutschlaud.

Beide Systeme haben ihre Vortheile und Rachtheile. Wenn auch das System von rükwärts zu laden grossere ....^uell.gkeit des Feuers und einiger Massen grosser... Trefffähigkeit verspricht, Vortheile, die aber durchaus noch nicht sicher konstatirt sind, so ist es dagegen mit den Rachtheilen komplizirter .Konstruktion, wo bei geringster Besehädigung jedes einzelnen Theiles die gan^e Maschine unbrauchbar wird, behütet und erfordert für die Bedienungsmannschaft unausgesezte Ausme.rksamkeit und Genauigkeit, Eigenschaften, die nur durch gute Auswahl und längere Instruktion er^ halten werden konnen.

Das Gesehoss, umhüllt mit einen.. weiehen Metall, ist schwierig ^n fertigeu, und lässt nur einen Berkussion.^imder mit allen seinen Raebtheilen .^u.

Wird ferner in Ewägung gezogen, dass in Reiten ernsthasten Gebrauehes ^ie Ausregung der Maunschast leicht Verstossen ruft, die das Gesehüz sogleich unbrauchbar machen, so muss man unwillkürlich zu dem ^ehlusse kommen, dass ein solches ^hstem nicht für wenig instruite Milden tanae, u^ dass wir wo n.oglich zu dem einfachstem Systeme Zuflucht nehmen.

Die neuesten Ersahrungen der englischen .Artillerie in Ehina bestätig gen vollkommen diese ^weiset, so wie die in Thun im Dezember ange^ stellten Versuche mit den angesparten Armstrong- und Withworthgesehl^en dasselbe Resultat zeigten, indem beim Armstrongrohr die Kammer und deren Einsaz uaeh wenigen Schüssen reparirt werden mussteu und die Withwo...thkauone beim ersten Schuss den .^ehluss ruinirte.

Das sranzostsche ^vstem, von vorn zu laden, vereinigt ueben bedeutender Tresffähigkeit, grossere uud naturgemäßere
Einfachheit in.. Lande der einmal angesertigteu Munition, stärkeres und einfaches Material und Anwendung einer ^üudung, die sieh aus jede ^eit bestimmen lässt ; das dem System vorgeworfene Verschleimen der Züge und daheriges schwierig ^es .Laden sind Rachtheile, die theils schon beseitigt sind, oder Aussieht habeu, uoeh gän^lieh gehoben zu werden.

25^ Es entspricht daher dieses System in feiner Einfachheit mehr dem Gebrauche durch unsere Milizen ; und Studien und Versuche bewegten sich daher meistens auf diesem Felde.

Schweizerische Versuche.

Die exsten grossern Versuche mit gezogenen Geschüzeu in der Schweiz fanden nun während der Zentralschule vom Jahr 1860 in Thun statt mit dem rein franzosischen System und einem perbesserten System nach Hrn. Oberst Müller in Aarau, wobei das leztere bessere, wenn auch ^noch unvollständige Resultate ergab. Die Schwingungen und kleinexn ^nschlage der vermehrten Zinkzapfen ergeben noch Längen- und Seitenabweichun^en, die vermindert werden sollten. Die Vervollkommnung in ihrer Haupsaehe bestand aus einem auf dem Geschossboden plaeirten Expansions-

spiegel mit 6 in die Züge passenden Vorftändern, welcher Spiegel sieh durch

den Stoss der e^plodirenden Gase an die Felder und in die Züge drängt, und dem Geschoss eine sicherere Führung verleiht. Der Hauptübelstand bestand in dem zeitweiligen Abspringen dieses Ex^panstonsspiegels, wodurch bedeutende Längen- und Seitenabweichungen entstanden.

.^aehdem nun die sichere Führung des Geschosses mittelst des Ex^ pansionsspiegels und vermehrter Zinkzapfen tonstatirt war, wurde dieser mit dem Geschoss enger und fester verbunden. Man erhielt nun bei neuen Vroben im Dezember 1860 mit diesen verbesserten Geschossen sehr günstige Resultate, und zwar sowol mit dem 4- und 6 .^-Rohre, aus die Di-

stanzen von 1..)00, 160l), 2200, 2400 und 45..).) Sehritten, Resultate,

die nichts zu wünschen übrig lassen und denjenigen jeder andern Artillerie mit Ladung von der Mündung würdig zur Seite gestellt werden dürfen.

Bedenken stiegen dagegen aus, es mochte durch das feste .Andrängen

des Ex^pansionsspiegels an die Felder und in die Züge des Rohres den Gasen nunmehr unmoglich sein, den Zünder vorn am Geschosse in Feuer ..u sezeu und so das System eines seiner Hauptvortheile, nämlich des Granat- und .^artätsehfeuers, auf alle Distanzen berauben.

Diesem vorzubeugen, wurden die Ex^pansionsspiegel und ^die hintere :^ante des Geschosses durchbohrt und in die ^elder des leztexn Rinnen eingegossen, um den Gasen Durchgang nach vorn zum Zünder zu ermogliehen.

Versuche mit dieser .^lrt angefertigten .^.artätschgrauaten im Februar in Aarau auf 1000 Schritte Distanz gelangen vollkommen. Von 15 .^artätsehgranaten sprangen 14, an der 15teu war ein .^nsertigungssehler ber gangen worden , der das Springen unmöglich machte. Laut offizieller Tabelle erhielt man auf 14 Schüsse 699. oder per Sehuss 50 Treffer

auf eine Füllung von 41-43 Bleikugeln.

Bunde.^bla^. ^ahxg. .^..I. Bd. II.

21

254 Schlussversuehe.

Durch alle diese vorgenommenen Versuche war nun ein dem Franzofischen nachgebildetes System konstatirt. das allen Anforderungen einer gnten und einfachen Artillerie entspricht. Es war daher der Zeitpunkt gekommen, wo vor den .kommissionen .^er Bundesversammlung, die stch mit den Bewasfnungssragen beschäftigen, umfassende Schlussversuehe gemacht werden konnten.

Die .^rtilleriekommissio.. besammelte sich den 24. Februar l 861 in Thun, um einerseits die Wirkungeu der reparirten Withworthkanone und des gezogenen 12.^ Rohres, System Müller, zu prüfen und Vorbe^ reitungen zu den Sehlussversuchen ^u tressen.

Die

Whitworthkanone zeigte auf die Distanzen von 800,

t 000,

1600, 2000 und 2400 Schritten nieht ungünstige, doch lange nicht so gute Resultate, wie d.e gezogene 4^ Kanone, was ^..m grossen Theil mangelhafter Geschosskonstruktion zuzuschreiben ist; ^udem stellt sich heraus, dass heftige ^esehossanschlage das Rohr angreifen und solches in einiger Zeit ^u sicherem Schiessen unbrauchbar machen werden.

Die gezogene 12.^ Kanone aus die Distanzen von 800, 1200, 1600 und 2000 Schritten kam den Leistungen der gezogenen 4^ und 6.^ Kanone vollkommen gleich, und wird sich trefflich ^.. schwerem positionsgesehüz eignen.

Das vom Herrn Jnspektor der Artillerie entworfene und vom

Tit. Vorstand des eidg. Militärdepartements genehmigte Brogramm se.^t den Modus dieser Versuche fest. bei welchen di.. bei der eidg. Artillerie

jezt bestehenden .Kaliber der gezogenen 4.^ und 6^ Kanonen franzosisches verbessertes ^ustem Mül.ler ^ur ^ergleichung entgegengestellt werden, in

Ve^ug auf Richtigkeit des ..Busses, Tragweiten, Wirkung der Broiektile

als Sprenggeschosse und Kartätschgranateu und Rükwirknug des Schusses aus Geschi^rohr uud Raffelten.

Die Versuche begannen den 4. März nach einem mit den Herren Präsidenten der Kommissionen vereinbarten Programme mit dem Zielschiessen.

Es zeigte sich bei seder Gelegenheit und aus alle Distanzen die Ueberlegenhe.it der gezogenen Gesehüze über die glatten . wie solches aus den

täglich gesührten offiziellen Tabellen ersichtlich ist, ...nd ferner aus den spe^iell hiefür angefertigten Uebersichtst.. bellen Rr. 1 und 2 ersehen werden kann.

Zielschiesseu.

Rach di.^n ensprieht die Dichtigkeit des Schiessens der glatten 6.^ Kauone aus 1200

Schritte nicht einmal der gezogenen 4^ Kanone auf

^400 Schritte. und der glatten ^12.^ Kauone auf 1200 schritt .^^.r^uigen

der gezogenen 6.^ Kanone auf 2400 ...^ehritte.

255 Mit 1200 Schritt hört jede Tresssicherheit der glatten 6.^ Kanone, mit 1600 Schritt diejenige der glatten l 2.^ Kanone aus, wogegen die gezogene 4.^ Kanone auf 4500 Schritte nur 23 ^ Schritte mittlere Seitenabweichung ausweist, also ein Bataillon in Kompagniekolonne selten fehlen wird.

^..as Zielschiesseu ans verschiedene ^ ..stanzen dauerte den 4. und

5. März.

Kartätsehgranaten.

.^

^ie Versuche mit Kartätsch granata. den 6. und 7. März ergaben mit der gezogenen 4^ Kanone gegenüber den glatten Geschü.^en sehr schone Resultate, wenn auch bloss 10 von 15 S.hüssen sprangen. ^ie schone ...lnzah^von 7..).^, 88^., Treffern kann nnr erhalten werden, wenn die Schüsse m.t solcher Regelmäßigkeit in .Längen^ und Seitenabweichungen zum Ziele gelangen , wie solches mit den gezogenen Geschüzen der Fall ist.

Rur die glatte 12.^ Kanone und die lange 24.^ Haubi^e köunen aus die .^istauzen bis auf 1600 Schritt mitkonkurriren ; auf grossere Entfernung hört dagegen jeder Vergleich aus.

Sprenggranaten.

Auch die Versuche mit Sprenggranaten ans der gezogeneu 4.^ Kanone geigten ü^er den glatten Gesehüzen grosse Ueberlegeuheit. ^luf die Distanz von l 40l) Schritten erreichten von der 4.^ gezogenen Kanone 4^

Sprengstüke per ^chuss da.^ Ziel, während die lange 24.^ Haubi^e mit

ihrem unperhältnissmässig grosserem Kaliber nur 4 Sprengstüke lieferte. ^ie Ueberlegenheit der gezogenen Geschüze ist daher auch in dieser Richtung bewiesen.

^Es muss hier eines Uebelstandes, der scheinbar den gezogenen Kanonen dieses Systems anzuhaften scheint, erwähnt werden . es geigte sich nämlich im Verlause der Versuche mit Kartätsch- und ^prenggran^ten, dass von den 4.^ Hohlgeschossen nur ^, und von ^en 6^ Hohlgeschofsen nur ^^ der Geschosse Feuer fiengen und sprangen. Rähere Untersuchungen im Verlaufe der Versuche vor den Kommissionen und nach denselben be^.

wiesen, dass diess . mangelhafte Feuerfangen aus folgenden Umstände.. hergeleitet werden kann : 1) ^ie Anseuerung an den gebraucht.... Zündern war schlecht und verdorben, sowol durch Nachlässigkeit beim .^uss^ranben , als durch Transport.

2) ^ie Zünder (Breithauptische) an der Spize des Geschosses stehen zu weit ^urük, als dass sie vom Strome der Gase dirette bestriche^ werden und regelmässig Feuer fangen können.

256 3) Die er^ptodirenden Gase haben zu wenig Raum und Krast, um durch die Leitloche... des Epausionsspiegels und längs der Leitrinnen und ^eldex vom Spiegel und Gesehoss rasch vorzudringen, den ^ünder in Feuer zu sezen, und ^war desto eher, je länger das Ge-

schoss ist.

Die Versuche haben nun zwar bewiesen, dass das ^euersangen der Hohlgeschosse moglich ist und die oben angeführten Ursachen das Mangelhaste derselben verschulden, und zwar Ursachen, die nicht unerlasslieh zum ganzen System gehoren. Es kann daher durch technische Mittel und kleine Abänderungen ein vollkommen sicheres und regelmässiges Zünden bewir^ werden, und zwar: ^ 1) Durch Schuz des preparirteu Zünders und dessen Anseuerung gegen Reiben und Leichtigkeit, durch Eindeken .e.

2^ Durch andere Konstruktion und Vlaeirung des Zünders, damit die Anseuerung so direkte. .oie moglich den vorstromenden Gasen ausgesezt sei. Da ohnehin ein aus weitere Distanzen tempirbarer ^ünder konstruirt werden muss, so sind solchen die^e Eigenschaften zu geben.

3) Dureh mehr Spielraum in einzelnen Feldern des Geschosses und Ex^panstonsspiegels , um den Gasen genügend Durchgaug zu versehasfen.

^^rtätsehen.

Obgleich im ^rogxamm die Versuche mit .kartätschen nicht vorgesehen sind, so wurde ^en .). März zur Beruhigung einzelner Mitglieder der Kommissionen mit solchen Versuche gemacht, bei welcher Gelegenheit die Zeit des ^euerns ^wisehen den glatten und gezogenen Gesehi^en verglichen werden konnte.

Aus den glatten Gesehü^en wurde mit Büchseukartätschen, aus den gezogenen mit kurz tempirten Kartätschgranaten aeseuert, und die Resultate zeigten auch hier eine bedeutende Ueberlegenheit der gezogenen Geschi^e und die Gewißheit, selbst aus ganz nahe Distanzen den Kartätschschuss auwenden zn konnen.

Der Zeitunterschied de^ ^.euerns aus der gezogenen 4.^ Kanone und der glatten ^ Kauoue betrug ans 5 Schüsse 37 Sekunden zu Gunsten der l.eztern, so dass aus dieser 6 Schüsse fallen, während aus der gezogenen nur 5 Schüsse , ein Unterschied von nicht sehr grosser Bedeutung.

Rükwirkungen.

Die Einwirkungen a....s Geschüz und Kassette wurden durch genaue

Untersuchungen des Rohres, der ^üge nnd durch Rotirnng des Rüklauses jeder Geschi^gattung beobachtet.

257 Weder beim gezogenen 4.^, der zwar durch das Springen eine....

Granate im Rohr bei den Dezember-Versuchen gelitten und an Treffsicherheit verloren hat, noch beim gezogenen 6.^ wurden Beschädigungen bemerkt, und der Ruklaus al.^ Einwirkung aus die Lafetten unterschied sich nicht bedeutend von dem der glatten Geschüze.

S y s t e m Timnierhans.

Rach ^chluss der offiziellen Versuche mit dem System Müller ward zur Vrüfung des Systems von General Timmerhans aus Belgien, der ^ ...^h durch seinen Sohn vertreten liess, geschritten, und zwar in .Anwesenheit von Abgeordneten der national- und ständeräthlichen .kommissionen.

Das System Timmerhans mit 4 flachen Zügen, halbem Wund auf eine 4.^ Bohrung angewendet, ladet sich von vorn . die Spizgeschosse, hinten konisch ablausend, greisen nicht in die .Züge, sondern erhalten die Rotation um die .Längenaehse durch das Mittel eines papiernen Spiegels, der durch den Stoss des e^plodirten Bulvers über den Konus des Geschosshintertheils in die Züge getrieben wird, und dieser mit dem Gesehoss folgt.

Es konnen auch Rundkugeln benu^t werden.

Zielschiessen.

Mit

diesem Systeme wurden vom 14. ---18. März aus die Distanzen

von 800, 1000, 1200, 1600, 2400, 2700 und 4500 Schritt^ nmfassende Versuche gemacht mit Vollgeschossen im Gewicht von 4.^.

.^ 14 Loth.

bis

Das Resultat war ein sehr günstiges nnd demjenigen der gezogenen .4..^ Kanone, ..^stem Müller, würdig an die Seite zu stellen. es zeigten steh nur einzelne abnorme Schüsse, jedoch ziemlieh selten, deren Ursache entweder in sehlerhasten Spiegeln oder loser ^age im Rohr zu suchen ist.

Es wurden zwei ^lrten Spizgeschofse geprüft, jedoch kein grosser Unterschied gefunden, da bald das eine, bald das andere auf den versehiedenen ....Distanzen bessere Resultate lieferte.

Mit Rundkugeln konnten in Ermanglung vo^n ...^pizkugeln nur bis aus die Distanz von 1200 ...Schritten Versuche gemacht werden, und sie geigten aus diese Distanz noch eine Tresffähigkeit, wie solche der mitkonknrrirenden glatten 4,^ Kanone von Bern nur aus die Distanz von 1000 Schritt zukam.

Die angefertigten Tabellen geben die nähern Details der Treff-

sähigkeit an.

Das Laden geht schnell und ohn^e Anstände vor sich. Die EinWirkungen auf Gesehüzrohr und Kassette sind nicht aussergewöhnlieh.

258

H o h l g e scho s s ..

Den 16. März sollten Vroben mit Kartatsehgranaten mit eigens hiezn angefertigten Spiegeln, die den Gasen Durchgang gestalten sollten,

ans 1000 Schritte Distan^ stattfinden. Dieselben sprangen aber ini

Rohre, und zwar in Folge der Reibnng von Blei und Bulver im Jnnern der Geschosse, wie sich durch spätere Versuche vom 19. März herausstellte.

Bei dieser Gelegenheit wurden die ^üge des Rohres beschädigt, reparirt, so dass beim spätern ^ielschiessen keine ausserordentliehen Abweichungen.

.vorkamen.

Den 20. Mär., sezte man diese Versuche mit Sprenggranaten fort,-.

und es wurde gesunden, dass Schüsse, die stark angesezt und in die richtige Lage auf die ^eelenar.e gebracht, eben so richtig zum ^iele gelangten, wie die Vollgesehosse, dagegen nicht ^euer fiengen und nicht sprangen.

Ein leichteres Ansehen, wobei natürlich die .Lage des Geschosse.^ und Spiegels weniger genau ward, gestattete die Zündung und Sprenguug der Granaten , dagegen zeigten sich auffallend verkürzte Schusswei..eu und grosse Seitenabweichungen , so z. B. berührte eine Granate mit dem rich-

tigen Aufsa^ für 1000 Schritte den Boden schon auf 3-- 400 Schritte.

Es ist diess ein sehr grosser Uebelstand, der mit dem ganzen Spste.n eng verbunden und sehr schwer, wo nicht un.nogli.h zu beseitigen ist. .

Beurtheilung.

Das System ^immerhaus hätte, wenn es sieh in seinem ganzen Umfange erprobte, sehr grosse Vortheile vor allen andern Systemen : a. Es lässt ein Umändern selbst stark mitgenommener Geschü^e zn, da

die Kauten weniger scharf ausgeprägt sind und die Spiegel fieh

auch Unregelmässigkeiten anschmiegen.

b. Gebrau^ aller bestehenden Kanonenkaliber, ohne dass die Eisenmunition zu schwer und unbehülslieh würde ; es konnte alles bestehende Material verwendet werden.

c. Mogliehkeit der Verwendung von Rundkugeln.

d. Die Leichtigkeit der Geschosse lässt ^u, eiue grossere Anzahl Schüsse mit in^s ^eld zu nehmen.

e. ^eiehtes Laden und Reinigen des Rohres.

k. Sehnelle Einsührung und Umänderung.

^. Grossere Wohlseilheit und leichte Anfertigung der Munition.

Es sind diess alles Vortheile von grosser, besonders finanzieller Wiehtigkeit, doch immerhin sür eine gut organifirte und tüehtige Artillerie von untergeordnetem Range und nicht von dem Gewicht, dass sie die Rachtheile des Systems aufzuwägen vermochten.

Die Raehtheile und Bedenken gegen das System .......immerhans find

259 folgende, theils durch die Versuche erkannt, theils durch Studien desselben befürchtet : ..... Eine gute, bei allen Gelegenheiten brauchbare Feldartillerie soll den moralisch Effekt machenden Granat- und Kartätschgranatschuss auf alle Distanzen mit Genauigkeit tragen.

Die Versuche haben aber bewiesen, dass zwar der Granatschuss moglich ist, aber auf kosten der Treffsicherheit, die auf grössere Distanzen ganz verschwinden würde.

Das System entspricht daher der zitirten Anforderung nicht.

^ b. Die Munition einer guten Feldartillerie soll so beschaffen sein, dass ..

sie nach lange Zeit dauerndem Liegen oder .Bewegen. durch starke Strapazen, in trokenem und nicht gar feuchtem Zustande, dennoch mit Erfolg verwendet werden kann.

Die Vapierspiegel bilden eine der Grundbedingungen des Systems Timmerhans ; dieselben bestehen aus gerolltem Vapier, und die Verwendeten waren srisch laborirt, geschmeidig , sogar ein wenig feucht.

Diese Eigenschaften sind nun gewiss nothwendig, um sich genau dem Geschosshintertheil und den Zügen anzupassen und haben bei den Versuchen gewiss sehr viel zu den günstigen Resultaten beigetragen. Angenommen nun, diese Spiegel liessen sich in diesem geschmeidigen Zustande erhalten , so waren sie bei hestigen Bewegungen stets Verbiegungen und Veränderungen ausgesezt, die bedeutend, ja entscheidend ungünstig aus die Treffsicherheit einwirken würden. Es ist aber mit grosser Wahrscheinlichkeit, ja Sicherheit anzunehmen, dass diese Spiegel mit d...r Zeit austroknen, hart und sprode werden und beim Gebrauche das Geschoss nicht mehr fassen, brechen und sich nicht mehr den Zügen anpassen. .Alsdann ist jede

Tresssicherheit unmöglich, die Züge werden durch Anschlage schnell ruinirt, und das Geschüz würde kaum mehr leisten, als die glatten.

Das System Timmerhans wird daher bei der Munition auf grosse Schwierigkeiten stossen, über deren Tragweite es einstweilen noch an Erfahrungen fehlt.

S eh l ussu n d A n t r ä g e .

Die Artilleriekomunssion glaubte daher aus oben^ erwähnten Gründen, unter . Anerkennung der vom System Timmerhans im März erhaltenen sehr schonen Resultaten, dennoch vorerst von diesem System abgehen ^u müssen, und für die eidg. Artillerie das sehon erprobte französische System mit den Verbesserungen von Hrn. Oberst Müller in Aarau, fernere Vervollkommnu..geu zum ^weke grössern Gasdurchzuges am Geschoss und VerBesserungen am Zünder, zur Einführung zu empfehlen.

Sie bringt daher an den Vorstand des eidg. Militärdepartements

nachfolgende Vorschläge :

1) Grundsäzliche Annahme und Einführung der gezogenen 4 .^-Kanon^ als alleiniges leichtes Feldgeschüz mit leichterm Material.

^ 2) Die Ruchbaren 6^.^an..men sind zu ziehen, mit entsprechender Munition auszurüsten und zu Batterien von 6 ........eschüzen ^u f.^ mireu, wovon 2 lange 12 .^-Haubizen.

U e b e r g a n g s b e st i m m u n g e n.

^ Die bisherigen schweren 12 .^-Kanonen und 24 .^-Haubizbatterien sind einstweilen beizubehalten.

4) Erste Anschaffung von 12 vollständigen, gezogenen 4.^-Kanonen^ b.^tterien zu 6 Gesehü^en, und ..i. für ^edes ^eschi^ find 2 laissons in Linie und Bart zu stellen ..

b. ^uf jedes Geschü^ kommen 400 Schüsse, wovon ^ Kartätsch^ granate^ ; c. alle Geschüze und Fuhrwerke sind mit 4 Bferden zu bespannen.

5) Bei spaterer Vermehrung der gezogenen 4 ^-Kanonenbatterien sind die ge^enen 6 .^-Kanonen als Bofitionsgeschüz zu verwenden, bis

dahin sind die umgeänderten 6 .^-Kanonen mit 400 Schüssen per .^chiiz.. w^on ^ Kartätschgranaten, zn versehen.

6) Dle Eidgenossenschaft übernimmt die Ans^assung der 12 gezogenen 4 .^-^nonenbatterien, die Umänderung der noch taugliche.. 6.^ Kanonen, so wie sämmtlich.. Mu.ntionsanschafsnng.

7) Von den neu angeschafften 12 B..tterien wir^d vorerst ieweilen für ^de Armeedivision eine bestimmt, die Uebxigen der Artilleriereserve zugewiesen .

^ o st .^ n.

He^ Bundesrath, wir lassen Anschaffungen und Umänderungen folgen : Reu^ Anschaffungen ^..ateri^.l. 72 Stük ^e^aene

^ ^

zur Beleuchtung der zu diesen nenen nothigen Finanzen einen ..^ostenansehla^ an 12 4.^-^anonenbatterien .

4 .^-Kanonenrohre

^ ^^ ^^

Fr. 129,600.

96 Stük ausgerüstete Laffetten .i Fr. 1900 ,, 182,400.

144 ,, ,, ^ Eaifsons a ., 1650 ,, 237,600.

^otal des Materials ^.r. 549,^0.0 M ünit i ^ n.

17.280 ^tü.k fertige Schüsse a ^r. 7 Fr. 120,9.60.

11^^0 ^ ^, ,, K.a.^at^granaten ii Fr. 7. 50

.Kontrolle.

,,

86,400.

Total der Munition Spesen und Allerlei ^otal de.^ neuen Anschaffungen

^r. 207,360 , ,, t.^,040 ^r. 770,000

26^ U m ä n d e r u n g d e r 6 . ^ - ^ a n o n e n m i t Munition.

Material.

66 Stük 6 ^-.^anonen, Transport und

Aendexn à Fr. 100

Umänderung der Muniti^nskaften

Fr. 6,600.

,,

12,000.

Total des Materials

Fr. 18,600

Munition.

15,840 fertige Schüsse .^ Fr. 8 .^r. 126,720.

10,560 ,, ,, .^ ,, 8. 50 ,, 89,760.

Total der Munition Fr. 216,480

Kontrolle.

Spesen, diverses Total der Umänderungen

Das Gesammttotal der kosten beträgt daher

,,

4,920

Fr. 240,000 Fr. 1,010,000

Jndem wir, Herr Bundesrath, glauben, mit unsern .Arbeiten schliessen ^u dürfen, und Jhnen unsere Antrage warn. empfehlen, versichern wir Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Den 2..... März 1861.

Dte ^rtillerie-.^ommission.

.^aus ^erzo^ Oberst-Artiller.^Jnfpektor.

.^urstem^er^er. .^berft.^ .^. Jammer, Oberstlient.^ .^. ^nrmer, Lient.-Eolonel.^)

.^au^ ...^limanu, ^lrtillerie-Maior.

^) ..^ns.^lge der vom General Timmexhans ertheilten Ausschlüsse und der zu ^ewärtigenden fernern Versuche halte mein Urtheil über dieses S^ste.n einstweilen znrük.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht und Anträge der Artillerie-Kommission für gezogene Geschüze. (Vom 25. März 1861.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1861

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

30

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.07.1861

Date Data Seite

250-261

Page Pagina Ref. No

10 003 399

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.