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Schweizerisches Bundesblatt

XIII. Jahrgang. ll.

Nr. 25.

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8. Juni 1861.

Botschaft des

Bundesrathe.... an die h. Bundesversammlung, betreffend die gemischten Ehen.

(Vom 24. Mai 1861.)

Tit..

Bei Anlass eines Rekurses der Frau Kammenzind, geb. Jnderbitzin, von Schwyz , betretend den G e r i c h t s s t a n d in Eh e s c h e i d u n g s s a eh e n , haben Sie unter Abweisung der Besehwerde unterm 23. Juli

1859 (amtliche Sammlung VL, 302) den Beschluss gefasst: Es sei

der Bundesrath eingeladen, der Bundesversammlung Bericht und Antrag darüber vorzulegen, ob nicht das Bundesgesez betretend die gemischten Ehen., vom 3. Dezember 1850, durch Ausnahme von Bestino mungen über die Scheidung gemischter Ehen , beziehungsweise über den

Gerichtsstand in Scheidungsfällen zu vervollständigen sei. Dieser Beschluss ist wol dadurch veranlagt oder wenigstens gefordert worden , dass bei der diessfälligen Verhandlung im Rationalrathe eine Minderheit der kommission bereits einen artikulirten Gesezesvorschlag behuss näherer Brüsung vorlegte. (Siehe Buudesblatt v. J. 1859, Band Il, Seite 377.)

Derselbe lautet so .

,,Die B u n d e s v e r s a m m l u n g , ,,der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t ,

,,in Betracht, dass es zur Aufrechthaltung der ossentliehen Ordnung und ,,des Friedens nnter den Konsessionen als nothwendig erscheint, allgemeine

Bundesblatt. Jahrg. XIII. Bd. II.

1

.^Bestimmungen über Nennung und Wiedervereinigung paritätischer Ehe...

.., aufzustellen, ,,verordn..t als Gesez : ,,Art. t.

Die klagen auf Scheidung einer paritätischen Ehe find ,,nbe..all, w.^ sie^ als konf^sionel^ Angelegenheiten betrachtet werden, bei ,,dem Eheg^ichte der Confessione des kl^g^de..... Theiles anzubringen.

,,Art. 2. Befind^ fich am Wohnorte des klagenden Theils kein ,,Ehegexieht seiner Konfesston, so kann die Scheidungsklage bei demjenigen .,Ehegericht.^ sei.^ Konfession ^..^...achr werde.., .^lehes das nächste von .,seinem Wohnorte ist.

,,Art. 3. Die Klage eines Theiles auf zeitweise Trennung oder Deiner temporären Scheidung s.h^esst die Kl^ge des andern Theiles auf ,,lebenslangliche Trennung oder aus gänzliche Aushebung des Ehebandes por seinem Gerichtsstande nicht aus.

,,Dex S.^uch aus temporäre Trennung verliert seine Rechtskraft,^ ,,weun ein solcher auf lebenslängliche Trennung erfolgt, nnd ebenso per^,liert auch ein Spruch aus lebenslängliche Trennung seine Rechtskraft, ,,wenn später die Aushebung des Ehebandes erkannt wird.

.,Art. 4. Klagen auf Wiedervereinigung einer auf unbestimmte Zeit getrennten paritätischen Ehe sind bei den konfessionellen Ehegerichten des Beklagten anzuheben .^ Jndem wir uns vorbehalten, vor der Begründung unsers Antrages auf diesen Vorsehlag zurükzukommen, beginnen wir mit einigen allgemeinen Betrachtungen..

Schon bei gewohnlichen, nicht gemischten Ehen ist die Frage des Gerichtsstandes in Eheseheidungssachen in der Theorie eine streitige, indem.

sowol der Gerichtsstand des Wohnorts, als derjenige des Heimathorts ihre Anhänger und Vertheidiger haben. Jn der Schweiz kommen beide vor, je nachdem die^ Kantone dem Konkordate über Behandlung der Ehesehei-

dungssälle, vom 6. Juli 1821 (ältere offiz. Samml., Bd. ll. p. 3.)), bei-

getreten sind oder nieht. Viel verwikelter wird natürlich die ^rage bei gemischten Ehen, weil es bisweilen in demselben Staate ein katholisches .^nd ein protestantisehes Eherecht und Ehegericht gibt, und weil jeder de^ beiden Ehegatten je nach seiner Konsession ein anderes Ehereeht hat oder in Anspruch nimmt. Es haben sieh daher in dieser Materie verschiedene Systeme ausgebildet , und es lassen sieh im Wesentlichen folgende unterscheiden : 1) Das e i n s e i t i g . k o n f e s s i o n e l l e S y s t e m . ..^en wir den Gerichtsstand des Ehemannes voraus, so wird, wenn derselbe Katholik ist, in der Regel die geistliche Behorde das katholische Klrchenreeht anwenden und in keinem Falle eine g.^liche S^h.^idung aussprechen. Jst er protestant , so wird oder kann das prote.^

3 stantische Ehegeri.ht f.^r beide Theile eine gänzliche Scheidung ausspielten. Es werden somit die beiden Ehegatten den. gleichen konfessionellen Eherecht unterworfen, und es wird sich somit immer der eine Ehegatte ode... auch die Kirche, der er angehort, verlebt fühlen. Denn immer muss sich hier einer der Ehegatten gefallen lassen , einen. ihm fremden konfessionellen Reehte unterworfen zu werden, und es tritt der weitexe Uebelstand bei diesem Systeme ein, dass die einen gemischten Ehen unauflöslich bleiben , während die andern ganz geschieden werden, je nach der Konfession des u...thei-.

lenden Gerichtes.

2) Das k o n f e s s i o n e l e z w e i s e i t i g e System. Hier wird zwar das katholische Bericht nach seinem^ Reehle versahren, und ebenso das protestantische, aber da^ Urtheil kann für den Ehegatten der andern Konfession modifizirt werden oder eine andere Auslegung erhalten. Hat das katholische Ehegerieht aus immerwährende Treunung erkannt, so darf die protestantische Behorde aus Antrag des protestantischen Ehegatten diese Trennung für ihn als volle ...^.eheidung erklären, und umgekehrt, wenn das protestantische Gericht volle Scheidung ausgesprochen hat, so hat dieses Urtheil für den katholischen Ehegatten nur die Bedeutung einer beständigen Trennung von Tisch und Bett, während das Eheband für ihn obliga-

toriseh bleibt.

.^ Das S y s t e m des b ü r g e r l i c h e n Eh^ereehts.^ Der Staat abstrahlt hier von den Konfessionen und schafft ein bürgerliches Ehereeht, um jeue Gegensäze zu permeiden und Rechtseiuheit und

Rechtsgleichheit zu erzielen.

Alle Staatsbürger werden hier den gleichen Eheges.^en unterworsen und einem rein^ weltli.^-bürgerlichen Gerichte, während die kousesfiouellen Grundsäze dem Einfluß der Kirche und dem Gewissen der Judwiduen überlassen bleiben.

.Diese verschiedenen Anschauungen sind auch in unsere kantonalen Gesetzgebungen übergegangen , wenn auch theilweise mit Modifikationen.

Am schärfsten ausgeprägt finden wir das einseitig konfessionelle ..^stem in einzelnen gau^ katholis^eu oder ganz protestantischen Kantonen , wo die Gesezgebung die E^ist..^ von Ehen der andern Konfessionen oder von gemischten Ehen gau^ ignorirt und somit deren Bedürfnissen in keiner Weise entgegenkommt. Das andere Extrem findet sich da, wo der Staat die Zivilehe eingeführt hat und somit di... E^he nur als rein bürgerlichen ^ertrag kennt, die religiose Seite derselben ganz dem Gewissen überlasseud. Hier konnen also natürlich jurist.sche Konflikte nicht entstehen, die aus konfessionellen Differenzen beruhen. Besouders wichtig scheint es uns, den Blik auf sogenannte paritätische Kautone zu werfen, um zu sehen, zu welchen gesezgeberisehen Bestimmungen die Bedürfnisse des Lebens geführt haben ; denn in diesen Kantonen müssen offenbar die gemischten Ehen

am häufigsten vorkommen, und die diesssälligen Erfahrungen zu Versuchen geführt haben, die entstehenden .Konflikte in angemessener Weise zn losen.

Dieses ist nun freilieh nicht überall der Fall. Jn den emen paritätischen .Kantonen, z. B. St. Gallen, waltet die Tendenz, die konfessionellen Verhältnisse möglichst getrennt zu halten, und wir finden daher hier ein katholisehes und ein protestantisches Matrimon^lreeht, so wie besondere konsessionelle Behorden, welche dasselbe anzuwenden haben. Dass bei einer solchen Richtung zu konfessionellen Gegenden für das Institut der gemischten Ehen nicht gesorgt werden kann und dass hier immer der Uebel- .

stand eintreten muss, ^er im Befolge des einseitig konfessionellen Systems ist, bedarf wol keiner besondern Erwähnung. Jn andern paritätischen Kantonen wurde dagegen eine umgekehrte Richtung verfolgt. Der Staat ist vermittelnd eingesehritten, und hat unter Anerkennung und Wahrung der wesentlichen Differenz beider Konsessionen im Gebiete des Eherechts ein für .^llle gemeinsames Matrimonialgesez erlassen und dessen Anwendung den ^ewohnlichen Gerichten übertragen. Von selbst persteht sieh, dass hiedurch die Konfliktsrage, die uns hier beschäftigt, für die gemischten

Ehen gelbst ist; denn was für katholische und protestantische Ehen als passend erachtet wird , muss es auch für gemischte sein. Die einzig wesentliche Differenz in dem Eherechte beider Konfesstonen .besteht in der

Zulässigkeit der gänzlichen Scheidung. Bei der katholischen Konfession überwiegt die religiose und sakramentale Bedeutung der Ehe, kraft welcher diese nur durch den Tod getrennt werden kann , während die protestane

tisehe Vorstellung der individuellen Freiheit und den Bedürfnissen des realen Lebens mehr Rechnung trägt und gewisse Handlungen oder ^ustände als hinreichend erklärt, um die gänzliche Trennung eiuer Ehe dureh gerichtliches Urtheil zu veranlassen. Jn dem Festhalten dieser Eigenthümliehkeit beider Konfessionen suehte man nun den Vermittlüngspunkt und stellte daher den Grundsa^ auf : Die Aufhebung einer Ehe ^wischen zwei Personen verschiedener Glaubensbekenntnisse ist für jeden Theil naeh dem geglichen Begriffe seines Bekenntnisses zu beurtheilen, oder mit andern Worten : Wenn eine gemischte Ehe geschieden wird , so hat dieses für den katholischen Ehegenossen die Bedeutung einer lebenslänglichen Trennung, und für de.. protestantischen die Bedeutung einer Scheidung vom Bande. Jm Uebrigen sind die Trennungsgründe für beide Konfessionen dieselben, so wie überhaupt das ganze Matrimonialrecht. Jn dieser Weife hat der Kauton ^largau das Verhältniss regulirt: gemeinsames Matrimonialrecht, angewendet durch die gewohnliehen Gerichte, mit Berükfi..htigung des naeh Konfessionen abweichenden Begriffes der Scheidung oder Trennnng. Ebe.. so der Kanton Solothurn, jedoch mit dem Unterschiede, dass, wenn die Ehe nach katholischem Ritus eingegangen wurde, die ^rage der Scheidung, aber auch nur diese, vom geistlichen Gerichte beurteilt wird.

Auch der Kanton Thurgau gab sich in neuerer Zeit nnr ein Matrimonialgesez, das von den gewohnliehen ^ivilgeriehten an^uweudeu ist. Dieses Gesez erwähnt zwar nicht fpe^ell der gemischten Ehen, spricht aber a...s,

dass bei einer Ehe zwischen katholischen ..Glaubensgenossen, die unt.^r katholisch-kirchlicher Mitwirkung geschlossen wurde, nur Scheidung zu Tisch

und Bett zulässig sei.

Ueberblikt man nun diese Zustände, so ergibt stch, dass die in Frage liegende Schwierigkeit , betreffend .den ^cheidungspro^ess bei gemischten Ehen, durchaus nicht in allen Kantonen vorhanden ist, sondern nur da, wo die diessfällige Gesezgebung einer einseitig konfessionellen Richtung folgt,

und dass somit ergänzende Bestimmungen, welche allsällig die Bundesgesezgebung zu erlaben sür gut fände, nur da ihre Anwendung. finden, wo jener Fall vorhanden ist.

Fragt man nun, ob man überhaupt Etwas thun soll, ob der Uebelstand erheblich genng fei, um eine Abhülfe zu motiviren, so können die Ansichten allerdings verschieden sein, je nachdem man den rechtlichen und moralischen Werth anschlägt , den die betheiligten Bersonen ihren konfessionellen Grundsäzen und den , wie sie glauben , dadurch begründeten Rechten beimessen. Wenn in der Beschwerdesache der Frau Jnderbii^in die ständeräthliche Kommission die Ansieht äusserte, die Rekurrentin könne sich nicht aus ein k o n f e s s i o n e l l e s Reeht berusen, weil dasselbe, abgesehen von seinem Ursprunge, nun einmal als Reeht des Staates, dem sie angehöre, anerkannt sei, so mag dieses mit Rüksicht aus das bestehende Recht (und so war es auch nur gemeint) richtig sein. Allein wenn man im Spezialsalle sagen kann . ,,Das ist bestehendes Recht, und dem muss man sich fügen ,^ so verhält es sich anders bei allgemeinen Fragen.

Die Bedürfnisse des realen Gebens lassen sieh nicht mit einem Jmperativ beseitigen , sondern man erwartet von der Gesezgebung , dass sie dieselben befriedige oder ihnen möglichst Rechnung trage. Es ist nun Thatsache, dass fast überall in den Matrimonialgesezgebnngen das religiose und daher konfessionelle Element eine wesentliche Grundlage bildet , die ties ins Rechtbewusstsein des Volkes gedrungen ist, und in diesem Sinne kann allerdings von konfessionellen Rechten gesprochen werden, deren Störung in hohem Grade verlebend wirkt. Bedürfte man hiesür eines Beweises, so genügt wol die Hinweisung auf die Kämpse, welche zu allen Zeiten über die gemischten Ehen gesührt wurden. Dass es nun sehr verlezen muss, wenn bei Streitigkeiten in Mischehen der Katholik vor einen protestantisehen Richter gestellt wird, oder umgekehrt, und wenn die Frage der Scheidung nach den Grundsäzen einer andern Konsession .behandelt wird, ist wol keinem Zweifel unterworfen, und es will uns scheinen, dass gerade diejenigen Staaten und Staatsmänner , welche das grosste Gewicht auf das konfessionelle Element in ihrem Matrimonialrecht legen , das nämliehe Jnteresse auch bei den Genossen der andern Konfession anerkennen und daher besonders bereitwillig sein sollten , auch dieses zu schüzen , s.^ weit es ohne Verlegung der eigenen Konfession geschehen kann. Gleichwie^ nun der Bund in der Absicht, den Frieden und ^as gute Eiuvernehmen der beiden Konsessionen zu fördern, und über die Gegensäze derselben per-

^6 mittel.nd einzuschreiten, das Gese^ über die Mischehen erlassen und dadurch diese Jnstitution unter seine Garantie genommen hat, so erachten wir es als eine aus den nämlichen Jntentionen hervorgehende und passende Kon^ s.^uenz, wenn er in Betreff weiterer Rechtsverhaltnisse solcher Ehen diejenigen .Bestimmung..... erlasst, Welche geeignet sind , den Rechten beider Konsesstonsgenossen gebührende Rechnung zu tragen, und aus diesem Gesichtspunkte rechtfertigen. wir auch die Kompetenz des Bundes.

Gehen wir nun zu der Frage über,^ in welcher Weise de.n U...belstande abzuhelfen sei , so muss einerseits das anzuwendende R^.cht und andererseits der Gerichtsstand in Betracht gezogen werden. Es liegt in der Eigentümlichkeit der gemischten Ehen , dass sie unter d..u ...^gensäzen der Konfessionen leiden Tonnen, und es folgt daher von selbst die Aufgabe, den einseitig konfessionellen Standpunkt zu mildern und zurü^udrän^en, da wo er in das konfessionelle Rechlsg..biet des andern übergreift.

Wir finden daher , für ein paritätische.^ Land sei die geeigneteste Losung diejenige, welche bereits mehrte Kantone eingeführt haben , neulich ein ge^ memsames Matrimonialrecht für beide Konfessionen, unter Beachtung des verschiedeneu konfessionellen Begriffes der gänzlichen Trennung und An-

wendung dieses Rechts durch die ordeutlichen ^ivilgerichte.

Es dürste hierher Ort sein, den Vorschlag zu prüfen, wachen die Min.^rl^it d.^r nationalräthlichen Kommisston vorlegte, und den wir ini

Eingange erwähnten. Das W.seutli.he desselben besteht darin , dass b^i Scheidung.^.^^. d..r konfessionelle Gerichtsstand des klagenden Eh.gatten, bei Klagen auf Wiedervereinigung derjenige des B.^lagt.m als massgeb^nd empfohlen wird. Waches Recht ^..r Anwendung kommen soll, wird nicht speziell gesagt.. altem es versteht st.h gerade darum von f^bft, dass das Re^t gemeint ist, dem der Ritter nach seinem Domizil und seiner Kousession au^hort.. d....m der Vorschlag will ja gerade, dass bei ^.lns.vahl

des Gerichtsstandes die Konfession ^d^s klagenden Theils massg^bend sei.

Wir kou^.. uns nun mit diesem Projekt.. ni^ht einverstanden erklären.

.^hne gerade grosses Gewicht darauf ..u legen, dass nach diesem Vorschlage unter den nämlichen Eheleuten verschiedene ^ro^esse, und ^var vor versehiedenen Gerichten aufhoben werben kennen, und dass eine neue ..^wierigke.t entsteht, w^.n b^id.... Theile auf Scheidung klagen, finden wir den Grundgedanken .gan^ im Widerspruch mit demjenigen , was die Eigenthümlichkeit u^.d ^das Bedürfniss der gemischten El^e erfordert. Es wurde oben gezeigt, dass das sogenannte einseitig konfessionell ...^ste.n ^u dem Wesen der gemischten Ehen am allerwenigsten passt, in^e.n immer der eine Theil einem Z.vang.. unterworfen .vird, gegen de^ sich s^ne konfessionelle Dichtung sträubt. Ra..h diesem Vorschlage aber wird das uä.nlich.. ^^stem in einer andern ^orm und ^u ein...r andern Tl.^üre wieder hereingeführt. D..r protestantischen Klägerin wird ^var uicht zuge^nuthet, ihre ^.h^idungs^lage vor e... geistliches katholisches Gerieht zu bringen, aber der katholische Be.klagte soll vor ein protestantisches Ehegericht .gezogen werden; eben so kann

^ie katholische Klägerin vor einem ^eistli.^en ^riehte .ihrer .^onfessi^ klagen. aber der protestantische Beklagte muss ihr d.^hin folgen. Es bleibt .^ d.as Grundübel, um d.essen Hebn.ng ^es sich gerade Bandelt, .bei diesem ....^steme gegen den einen Ehegatten immer fortbestehen. Das ^Moti^ des Vorschlages besteht darin : .Bei Scheidungsklagen handle es sich um die Frage, ob der .klagende Theil nach d^.... Grundsäzen seiner .Konfession schuldig sei, seine Pflichten als Ehegatte weit.ex zu erfüllen, was nur ein Bericht von der Konfession de.s Lagers ^....theilen könn..; bei klagen ...uf Wiedervereinigung frage es stch dagegen, ..ob .der .beklagte Theil .nach den Grundsazen feiner Konfession schuldig fei , seine Vfli.chte^. als Ehegatte wieder zu erfüllen, was hinwiederum zu entscheiden Sa..he des Richters des leztern Konfession sei. Allein diese Unterscheidung hat wol.

kaum eine hinreichend reale Bedeutung. Man kann der Frage, um d.ie es sich handelt , vermiedene Wendungen geben ; allein bei beiden .^onfessionen find die rechtlichen und moralischen Pflichten der. Ehe dieselben und bei beiden klagen ^aus Trennung und Wiedervereinigung) ist immer die.selbe Frage : Ob unter obwaltenden Verhältnissen ein fortgefeztes eheliches .Leben als unhaltbar erscheine oder nicht. Die Antwort hängt ab theils von der ..Gestaltung der faktischen Verhältnisse, theils .von den anzuwendenden Rechtsnormen. Jn der erstern Beziehung steht ^gewiss dem Richter jeder Konfession ein .Urtheil zu; in der leztern Hinsicht ist zu berükflchti-

aen, dass der wesentliche Widerspruch nicht sowol die ^cheidungsgründe an und für sich betrifft, als vielmehr die rechtliche Wirkung derselben.

^ls wesentlichen Widerspruch mit der protestantischen Auffassung der ^Ehe haben wir das katholische Dogma der Unausl^sbarkeit derselben bezeichnet, und tragen demselben in unserem Vorsehlage alle Rechnung , was die .^brigeu Unterschiede in Zahl und Umfang der Scheidungsgründe betrifft, so sehen wir , dass sie in vielen .^um Theil katholis^en ^andern durch den Staat normirt sind, und zwar theilweise in Abweichung vom kanonischen Recht. Wir finden daher die .Losung des Konflikts nicht in der .^lnweifung einseitig ^konsessionel.er Berichte, sondern in der .Anwendung eines allgemeinen staatlichen Rechtes unter Berüksiehtigung jenes ^atholiseh-dogmanschen Vrinzips.

Raehdem wir unsere Ansicht über das bei Scheidungsprozesse.. in gemischten Ehen anzuwendende Recht ausgesprochen haben, bleibt uns übrig, über den Gerichtsstand einzutreten. H^r bot sich zuerst der Gedanke dar, ob es nicht passend wäre, solche Prozesse dem Bundesgerichte zu .überweisen. Raeh Art. 106 der Bundesverfassung kann die Kompetenz desselben durch die Gesezgebuna erweitert werden , und da es sieh um die Anwendung eines Bundesgesezes .über zivilreehtliehe ^Verhältnisse und um da^ durch den Bund garantirte Jnftitut der Mischehen handelt, so wäre .es an ^i.h gewiss nicht unangemessen , .diesen Weg .einzusehlagen. Allein die ^ache hat eine bedeutende praktische Schwierigkeit, ^.dem die Bunde.^gefezgebung ^kein ^Matrim.^nialrecht enthält und man ^a.s Bundesgericht

^ ..ntch nicht anweisen kann , das Recht derjenigen Kantone anzuwenden,.

^eren Gerichte vermoge des Wohnfi^es des Ehemannes oder vermoge des schon erwähnten Konkordates in den betreffenden Rechtfällen eigentlich kompetent wären, weil gerade der Zustand dieses Reehts das vorliegende Projekt eines Bundesgesezes veranlasste. Der Bund müsste also ein besonderes Matrimonialrecht erlassen, was bei der voraussichtlichen Selten^

heit derartiger Reehtssälle wol nicht in der Absieht der gesezgebenden Be-

horden liegen dürste, und ebenso müsste das Bundesgesez über den Zivilprozess besonders modifiât werden , indem bekanntlieh das Versahren im Scheidungsprozesse in verschiedenen Beziehungen von dem gewohulicheu Zivilversahren abweicht.

Der Umstand endlich , dass das Bundesgericht sich selten versammelt, und der Kostenpunkt stnd ebenfalls zwei Momente, welche di.sen Gedanken nicht als sehr praktisch empfehlen. Wir schlagen daher in sotehen Fällen die Übertragung an die ordentlichen Zivilgeriehte anderer Kantone vor.

Eine solche Delegation hat nichts abnormes. Abgesehen davon, dass z. B. auch im Bundesstrasrecht und im Militärstrasrecht die Gerichte bisweilen als Delegate austreten, so finden wir die Delegation des Gerichtsstandes gerade sur Scheidungsprozesse im Konkordate von.. 6.

Juli 1821 vorgesehen. Wir schlagen vor, diese Delegation aus den Antrag der klagenden Bartei durch die Regierungen der betretenden Kantone vornehmen zu laffeu, da einzelne Gerichte, z. B. geiftliehe Gerichte, es ihrer Stellung vielleicht nicht für angemessen erachten würden, Seheiduugs^ fälle von gemischten Ehen von sich ans einem weltliehen Gerichte zu übertragen. Ehescheidungssälle he.ben aber ein öffentliches Jnteresse, und sast überall wird der Staatsbehörde ein Einfluss dabei eingeräumt , wesshalb wir es sür nicht unpassend erachten. wenn die betreffenden Regierungen im Spezialsalle den Gerichtsstand bestimmen.

Mit Diesem haben wir die beiden Hauptgesichtspunkte unseres Vorschlaget beleuchtet und glauben, dass ein paar untergeordnete Vunkte darin keiner besondern Erorterung bedürfen.

Wir schliessen daher mit folgendem Antrage: Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eida enossenschaft, in Ergänzung des Bundesgese^es vom 3. Dezember 1850 über die gemischten Ehen, beschliesst:

Art. 1. Bei Aushebung einer gemischten Ehe durch richterliches ^lrtheil bewirkt die gänzliche Scheidung nur sür den protestantischen Theil die Trennung vom Bande , insofern die Ehe naeh den Gebräuehen der katholischen Kirche geschlossen wurde.

Art. 2. Wenn Eheleute verschiedener Konfesston entweder permoge ihres Wohnst^.... oder kraft des Konkordates vom 6. Jnli 1821 unter

^iner einseitig konfessionellen Gerichtsbarkeit oder Matrimonialgesezgebung stehen, so sind die .klagen aus Ehescheidung an die Gerichte eines .^antons zu delegiren, der ein für beide Konfessionen gemeinsames Mat^imonialgesez hat, und dasselbe durch die gewöhnlichen Zivilgeriehte anwen-

den lasst.

Art. 3. Jn solchen Fällen hat der klagende Theil nach fruchtlosem Ablauf des üblichen Aussohnungsversuchs an die Regierung des Riederlassungs-, beziehungsweise des Heimathkantons (vergl. .^lrt. 2) sich zu wenden , welche mittelst Ersuchsehreibens an die Regierung eines anderen Kantons den Streitfall den dortigen Gerichten überweisen lasst.

Art. 4. Diese Gerichte beurtheilen den Fall nach den Gesezen ihres Kantons ,. immerhin jedoch mit Beachtung des im Art. 1 enthaltenen Grundsazes und unter Beschränkung ihrer .Kompetenz auf die Frage der Scheidung. Alle andern Fragen über die Folgen der Scheidung bleiben der regelmäßigen Gerichtsbarkeit des Ehemannes vorbehalten.

Art. 5. klagen aus Wiedervereinigung sind direkt vor den Gerichten anzubringen, welche die Scheidung ausgesprochen haben.

Art. 6.

Der Bundesrath ist mit der Vollziehung beauftragt.

Bern, den 24. Mai 1861.

.Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident.

^. M. Knusel.

Der Stellvertreter des eidg. Kanzlers: .

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die gemischten Ehen. (Vom 24. Mai 1861.)

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08.06.1861

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