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Note des

Bundesrathes an die schweizerische Gesandtschaft in Paris, betreffend die Vorfälle in Ville-la-Grand.

(Vom 11 Oktober 1861.)

Herr Minister l Der kais. sranzosische Gesehäststräger ad interim. Graf M a s s i g n a e , hat austragsgemäss den.. Hrn. Bundesprästdenten Abschrift von einer Rote gegeben, welche von Sr. Excellenz dem Herrn Minister der auswärtigen Angelegenheiten unterm 26. August l. J. an denselben gerichtet worden

ist, und in welcher die bekannten Vorfälle i.. Ville-la-Grand gestüzt ans

Berichte des Hrn. Bräsekten von Obersavonen und Mittheilungen des franz.

Konsuls in Gens, näher besprochen werden.

Diese Rote sezt solgende Thatsachen als konstatirt voraus : 1)

dass schweig. Gendarmen und Feldwächter sich herausgenommen haben, ein aus französischem Gebiet errichtetes Spiel mit einer Taxe zu belegen.

2)

dass ein Herr g o n g e t , welcher nichts anderes versel.uldet, als dass er die schlagende Ungesezlichkeit jener Vrätentiou bezeichnet, durch einen Feldwächter in einer auf schweizerischem Gebiete gelegenen Wirthsehaft heftig geschlagen und nachher verhaftet worden sei, gleich wie auch dessen Vater, der herbeigekommen sei, um den Sohn zurü kz us ordern ;

3) dass endlich die Einwohuer von Ville-la-Grand , aufgeregt durch eine so wenig gerechtfertigte Verhaftung, sich vor die Wirthsehaft begaben, wo Vater und Sohn g o n g e t verhastet waren, um deren Loslassung zu erlangen . dass dieselben aber nicht bloss durch schweig. Gendarmen zurükgestossen, sondern bis aus französisches Gebiet verfolgt worden seien. Rachdem dann einige Steine gegen die Gensdarmen geschleudert worden , haben diese Feuer gegeben, ohne vorgäugige Warnung, und drei der Einwohner von Vile-la-Grand, worunter einen in schwerster Weise, verwundet.

24 Die Rote schliesst dahin, dass die kais. Regierung keinen Zweifel daran hegen wolle, dass der Bundesrath ihr nicht diejenige Genugthu.mg gewähren werde, die sie in einer so ernsten Angelegenheit zu erwarten berechtigt sei, und die in ihren Augen in nichts Anderem bestehen konne, als in einer strengen Bestras.mg aller derjenigen Agenten, welche an der Gebietsverlezung Theil genommen und in der Gewährung einer hinreichenden und billigen Entschädigung au die sran.,ofisehen Uuterthanen, welche durch die schweizerischen Gensdarmen vertat und uubefngterweise verhastet worden seien.

Der kais. Ambassador, Marquis T u r g o t , hat sodann austragsgemäss unterm 19. und 23. September dem Hrn. Bundespräsidenten eine Reihe von Absehristen gerichtlicher Aktenstüke übergeben, welche dazu bestimmt waren, die in der ersten Rote behaupteten .^hatsachen und Bahren noch näher zu begründen.

Rachdem der Bundesrath über diese Angelegenheit von der Regierung von Gens Bericht erhalten, und nachdem ihm die Akten der in Genf geführten gerichtlichen Prozedur über jene Vorsähe zur Einsicht mitgetheilt worden, befindet er sich gegenwärtig in der Lage, mit Sachkenntniss die berührte Rote der kais. Regierung beantworten zu konnen.

Rach diesen Akten ergibt sieh folgender Tatbestand : Sonntags den 18. August l. J. wurde in der Ortschaft Vill.^h.Gr.^nd das Vatronatssest (Kirchweih) gefeiert. Diese Gemeinde ist im Jahr 18l 6 in zwei Theile getheilt worden, von denen die gr^ssere Hälfte savo.^isch verblieb, die kleinere an die Schweiz gelaugte und einen Bestandtheil der gensersehen Gemeinde Pr^m^s ausmacht.

Die beiden bedeutendsten Wirthshäus^r von Vi.l^l.^^nd ^.rbot und Chautkat) befinden sieh aus Gensergebiet, aber auf der äussersten Schwei^ergränze. Die Wirthsehaft Cl^nlkat, wo die bedauerlichen ^eenen vorgefallen find, hat namentlich das Eigentümliche, dass fie zweiseitig durch Wege begränzt wird, welche auf savo.^ischem Gebiete liegen. Diese beiden Wirthshäuser ziehen während den Kirehweihen die Volksmassen hauptsachlich an sieh, was den festen den Anstrich gibt, als ob sie grossentheils aus schweizerischem Gebiete begangen würden. Aus diesem Grunde wurden üblicherweise auch drei Gensdarme.. von Gens an die K.rchweih abgeordnet, während andererseits aueh sran.... Gensdarmerie ^ur Stelle war.

Die Kirchweih hatte, wie gewohnt, mehrere Krämer und Gewerbtreibende herbeigezogen, unter andern auch die Eheleute .le.ni B.^tiste und .losephme Michael^ Damati, ^ranzosen von Geburt ^us BelleyAin in der Ct.amp.^n.^, wohnhaft in ^ens, welche ein Glüksrad mit Vorzellanwaaren als Vreise ausgestellt hatten Von diesen. erhob im Lause des Abends die Ortswache von ...^....sm^es die übliche Standgebühr von 1 Franken, bezüglich welcher in der Rote als feststehend betrachtet wird, dass sie von einem aus savo.^isehem Gebiete errichteten Spiele bezogen

25 worden sei, und weleher Bezug dann in so fern noch von einiger Wichtigkeit ist, d.. diess der Ausgangspunkt der nachfolgenden Seenen war.

Der Bundesrath hat diesem Bunkte desshalb vorerst seine besondere .^lusmerksamkeit zugewendet.

Wahrend über dieses Verhältniss in der That anfänglich ziemliche Unklarheit herrschte, so dass die in der Rote vom 26. August gestellte Behauptung als einigermaßen begründet erseheinen mochte, haben die neueren Untersuchungen dasselbe zu vollständiger Klarheit gebracht. Es ergibt sich daraus, dass Frau Dacati allerdings ihr Spiel zuerst auf ^ savo^ischem Gebiet etablirt hatte, dass sie aber von der franz. Gensdarmerie von ihrem ersten Standorte weggewiesen wurde, weil dergleichen Glüksspiele durch die franz. Gesezgebnng verboten seien, und dass sie hierauf sich in der Rahe des Wirthshauses B.^rhot plaeirte. Frau Dacati erklärt, dass sie der Ansicht gewesen sei, sie habe sich aus fchweiz.

...gebiete etablirt. Der nämlichen Ansieht war auch die franz. Gensdarmerie selbst, welche sie dort unbelastigt liess. Dennoch waren, wie sich nachträglich ergibt, beide Theile einigermassen in einem faktischen Jrrthum, daher rührend, weil auf diesem Bunkte die Gränze etwas eigenthümlieh gestaltet ist, indem noch ein kleines Stük Strassenbord. welches auf der schweig Seite die Strasse begränzt, aus savo^isches Gebiet hin-

überfällt. Es zeigt sich gegenwärtig, dass das Spiel der Frau Dacati

^uer über die Grande etablirt war, so dass der eine Theil auf savo^ischem Gebiete stand, der andere Theil aber, namentlich der Tisch mit den Vorzelianwaaren, so wie ganz bestimmt der Spielhalter selbst, aus sehweiz.

Gebiete. Unter solchen Umständen ist es aber wohl klar, dass die .^rtsBehörde von ^résin^es zum Bezuge der Gebühr formell vollständig bereehtigt war. Es ist gleichgültig, ob das ganze Spiel ans Schweizergebiet stand; es genügt znm Nachweis der Berechtigung des Bezugs, dass der .^pielhalter und ein grosserer Theil des Spiels ans dem Boden von Présides etablirt und damit der diesseitigen Hohheit unterworsen war. Wir dürfen voraussehen, es werde die kais. Regierung nicht anstehen, diesen Saz als rechtlich begründet anzuerkennen, womit dann der erste Beschwerdepunkt der Rote vom 26. August als theilweise aus Jrrthum

beruhend dahinfällt.

Während nun die mit der Gebühr belegte ^rau Dacati ohne Anstand die kleine Forderung bezahlte, fand sich dagegen ein gewisser Veter Gonget veranlagt, dagegen zu reklamiren. Es scheint, dass dieser junge Mann, der naeh allseitigen Aussagen betrunken war, und der nach seinen Reden: ,,er fürchte sich nicht, er habe bei Garibaldi gedient,^ augenscheinlich etwas re.^ommiren wollte durch diese Einmischung in eine .^aehe, die ihn gar nicht berührte, Streit suchte. Er ...liel.. nicht bei jener Reklamation stehen, sondern er fügte bald Schmähungen hinzu gegen die genfersehe Polizei, gegen Genf und die Schweiz , welche der Anstand zu wiederholen verbietet. Wir tonnen für die Richtigkeit dieser Thatsaehe

26 selbst auf die von fxanzofischex Seite erhobenen Akten verweisen , indem darin bezeugt wird, dass ein Feldwächter den Gonget ans dem Wege vom Spiele zum Wirthshause ernstlich wegen dieser Schmähungen verwarnt

habe. Es scheint diess nichts gefruchtet zu haben. L on g et wollte steh

nun in das Wirthshaus Chanll..^ begeben, um mit seinem Vater, dem ex zufällig begegnete, dort zu trinken. Beim Zugang in dieses Haus wurde ex jedoch , uud zwar anerkanntermassen ans schweizerischem Gebiete , da ex aufs Reue zu schimpfen anfieng, von den durch seine Schmähungen gereizten Volizeiagenten verhastet. Er sezte dieser Verhaftung thätlichen Widerstand entgegen, und wurde darin von seinen.. Vater unterstüzt, weleher eiuem Volizeisoldaten die Kleider zerriss. Diess führte zu der Verhaftung auch des Vaters.

Es ergibt sich aus dieser aktenmässigen Darstellung, dass der zweite Beschwerdepunkt der Rote vom 26. August in seiner tatsächlichen Begründung ebenfalls stch wesentlich modifiât. Es steht fest, dass G o n g e t wegen seiner Schmähungen und nicht wegen seiner Reklamation gegen die Erhebung jeuer Gebühr verhastet wnrde, dass die Verhaftung desshalb eine ganz gerechtfertigte war; dass dieselbe auf Schweizergebiet erfolgte, und dass auch der Vater L o n g e t nicht desswegen verhaftet wurde, weil er seinen Sohn rekla....irt, sondern weil er sich gegen die Bolizeiangestellten thätlieh vergriffen hatte.

Jn den franzosischen Ulkten findet sieh die Behauptung, dass die Verhaftung des jungen G o n g e t auf brutale Art mittelst Beibriugens eines

Schlages mit einem bleigesüllten Stoke bewerkstelligt worden sei. Wir

wären nicht im ^alle, eine derartige Handlungsweise z^ entschuldigen, wenn ste wirklieh stattgefunden hätte. allein es wird von den bei der Verhaftung thätigen Volizeiangestellten bestimmt in Abrede geeilt, dass eine derartige Misshandlung stattgefunden habe, und es scheint uns in der ^.hat auch sehr unwahrscheinlich, dass eine Verhaftung auf diese Art eingeleitet worden sei. Es soll die Verlegung des Gonget von einem Falle herrühren; allein vorausgesezt auch noch, dass ein Schlag auf ihn gesalleu wäre, so ist wenigstens das viel wahrscheinlicher, dass derselbe bei der nachher stattgehabten thatsächlichen Widersezung erfolgt sei.

Es begann nun der dritte .^t. Vor dem Hause Ch..ul^, in welchem die Verhasteten sich befanden, sammelte sich ein Volkshause, der

in den franzosischen Akten selbst auf 20l) .-. 3.)0 Versonen geschäht wird,

mit der ausgesprochenen Absicht, die Gefangenen zu befreien. Die Bewohner des Hauses Chanfkat fanden sich dadurch bewogen, die Läden zu schliessen und sieh in Vertheidignugszuftand zu sezen. Sie schikten erwieseuermassen zu wiederholten Malen einen Boten aus, um die sranzosische Gensdarmerie und den Maire von Vil^la^raud zur Stelle zu bringen; allein der Bote musste unvermuteter Dinge zurük^ehren, da die Gens^ darmerie sich nach Annem^sse zurükgezogen hatte, obsehon es ihr nicht ganz unbekannt war, dass Streitigkeiten stattgefunden hatten, und da der

27 Maire von Ville-la-Gr.^nd sich von Hanie fortbegeben hatte. Sie konnten also keine Hilfe bei den französischen Behörden finden, deren Bfiieht es vorab gewesen wäre, diesen Tumult zu stillen. Sie suchten Hilfe bei dem schweiz. Gensdarmerieposten in .lns.^v. Rach Mitternacht kamen zwei berittene Gensdarmen von daher auf dem Blaze an. Jn der Zwischenkt von zirka 2^ Stunden hatten die in dem Hause Chanf^t beEndlichen genferischen Volizeisoldaten eine formlich.. .Belagerung zu be.^ stehen. Vom savo^ischen und theilweise selbst vom schweizerischen Gebiete aus wurde das Haus mit Steinen beworfen, und nach der ..Aussage mehrerer Zeugen die Drohung ausgestossen, die Baraque zu verbrennen und die darin befindliehen Bewohner zu braten, ebenso wurden Spott- und Schmählieder auf Gens und die Schweiz gesungen. Der von dem Untersuchnngsrichter von Genf erhobene Augenscheinsbericht konstatirt, dass die

Hausthüre des Hauses Ch.^nfkat gänzlich beschädigt und in ihrem obern

Theile zertrümmert war, dass die Fensterladen und Einfassungen der Fenster zahlreiche Spuren heftiger Steinwürse an sich trugen ; dass eine grosse Zahl Riegel auf dem Dache beschädigt waren, und was noch besonders hervorzuheben ist, dass an der nordöstlichen Seite des Hauses der Versuch gemacht wurde, mit einem grossen Stük Eichenholz die Fenster des Erdgeschosses einzubrechen.

Wie nun aber die berittene.. Gensdarmen vor dem Hause ankamen, und in Folge dessen auch die eingeschlossenen Bolizeisoldaten und Feldwäehter dann vor die Tl^üre traten. wurden sie allseitig mit einem Hagel von Steinen empfangen.

Die amtlichen Berichte konftatiren .

1. dass der Gendarme R u ch e, der Brigadier M a... u und der Gendarme T hierin körperliehe Verlegungen durch Steinwürse erhielten;

2. dass nach dem amtlichen Befunde des Tierarztes Vhilipp Albert das Bserd des Gendarmen Ruche eine Menge von Wunden und Kontusionen .^an pourail, sur la croupe, au^. jarrets et au tendon droit ante..

rieur) an sich trug, von denen der Arzt erklärte, dass sie den Gebrauch des Bserdes für wenigstens 3 Wochen hindern werden.

Jn Folge dieses heftigen Angriffs gaben drei Volizeiagenten nach vorheriger Androhung Feuer aus die Menge, in welcher drei Versonen, zwei davon leicht, eine dritte schwerer verwundet wurden.

Bei unbefangener Betrachtung dieses dritten Aktes, welcher den Jnhalt der dritten Besehwerde der Rote vom 26. August bildet, muss der Bundesrath auch seinerseits, wie es nicht minder von Seite der Regieruug des Kantons Genf geschieht, sein Bedauern ausdrüken über den blutigen Erfolg, welchen der Gebrauch der Feuerwaffen nach sich ^og. Was dann aber die ^rage anbelangt, ob der Gebrauch der Feuerwaffen ein strafbarer gewesen, oder ob er in gerechter Rothwehr erfolgt sei, so glauben wir es füglich dem Ermessen der kais. französischen Regierung selbst

28 anheimstellen zu dürfen, zu beurtheilen, ob, wenn im Jnnern des eigenen .Landes ihre Polizeiagenten eine mehrstündige nächtliche Belagerung durch einen Volkshausen ausschalten hätten, dessen Tendenz dahin gienge, Gefangene zu befreien und der zulezt zu den ärgsten Drohungen und den grobsten Thätlichkeite... schreiten würde, ob - sagen wir - sie in diesem Falle die Anwendung der Feuerwaffen zur Verteidigung nicht für gerechtfertigt halten würdet Wir fügen nur noch bei, dass selbst wenn ein sogenannter E^ess der Rothwehr stattgesunden hätte, rechtlieh feststeht, dass bei Benr-

theilung desselben die Gemüthsstimmung der angerissenen m.t berüksich-

tigt werden müsse, welche eben in solchen gefahrdrohenden .Lagen, in den Stunden der Mitternacht, in welchen ein klarer Ueberblik über die Gesammtlage sehr ersehwert ist, eine ganz andere ist, als bei der naehherigen

Betrachtung bei kühlerm Blute.

Es scheint nun zwar in der Rote vom 26. August das Hauptgewicht darauf gelegt zu werden, dass die Gendarmen ohne vorgängige .Sommation Feuer gegeben haben. Ueber diesen Punkt haben von Seite der genfersehen gerichtlichen Untersnchungsbehorde sorgfältige Erhebungen stattgefanden, aus denen hervorgeht, dass nicht bloss von den geufersehen Feldwächtern und Poli^eibediensteten .^as Gegentheil behauptet wird, sondern dass auch andere Personen, welche unbetheiligte Zeugen des Vorsalls waren, wie z. B. eine Frau Huissoud, welche im Wirthshause diente, ein Brnder

des Wirthes Ehaussat und die beiden Brüder Barbot eidlieh bekräftigen,

dass zuerst eine mehrmalige Sommation stattgefunden habe. Das Gleiche wird bestätigt von andern im Hause befindlich gewesenen Personen, von denen wir nur die Zeugen Morard, Metral, Macherel und Merger and hervorheben wollen. Es kann wohl der kaiserlichen Regierung selbst nieht entgehen, dass die entgegengesehen Zeugnisse der Theilnehmer an dem Tumalt.. keineswegs ...luspruch aus volle Glaubwürdigkeit haben, sondern vielmehr als besangt Parteizeugnisse betrachtet werden müssen, weun man nicht annehmen ^ill, dass sie die vorausgegangeneu Warnungen in dem Tumulte überhort haben.

Jn dem dritten Beschwerdepunkt der Rote vom 26. August ist noch ein anderes Verhältniss angedeutet, über welches ebenfalls einige Erläuteruugen noth.vendig sind. Es n..ird nämlich behauptet, es seien die Einwohner vo.. Vill.^la-Cr..nd nicht bloss t.urch schweizerische Gendarmen zurükgestossen^ sondern bis aus savohisches Gebiet versolgt worden. That-

sächlich scheint daran allerdings das richtig zu sein, dass die um Mitternacht

von Juss... kommenden Gendarmen auf der gewohnlichen ^trasse die Gränze etwas übersehritten haben. Wir haben jedoeh in dieser Begehung zu bemerken, dass diese Strasse, ohne deren Gebrauch Berittene gar nicht zum Hause E ha u s f a t hätten gelangen konuen, von längerer Zeit her ^nn gemeinsamen Gebrauche dient. Es hat Niemand vor dem gegenwärtigen Vorfall an dieser gemeinsamen Beugung .^luftoss genommen ; denn es steht ja fest, dass am gleichen ^.este den ganzen Tag .^ie schweizerische Polizei

29 auf dieser Strasse ohne Anstand zirkulirte. .^aeh einer Mitthe.lung der Regierung vou Genf befand sich ursprünglich die Grande in der Rahe des Hauses ^ h a u s s a t. Durch eine im Jahre 1834 abgeschlossene nachbarliehe Verständigung zwischen Genf und Sardinien soll die kränze erst auf die jezige Stelle zurükverlegt worden sein. Damals soll man sich dahin verständigt haben, dass es .den genferschen Volizeibeamten unbenommen bleiben solle, sich der fragliehen Strasse zu bedienen, wenn sie sieh zu den aus Gensergebi.^.t befindlichen Häusern von Ville-l...-..^..^ begeben. Wir verweisen hiefür auf Art. 15 des Vertrages vom 11. Mai 1834 und auf .^das Herkomm. n. Dieser Artikel sezt in seinem ersten Alinea Folgen^ des fest: .

^.t I.^. .^res le p^rt.^e, les ..^rties ivresses Conserveront le droit d'user, comme p^r le p^sé, des eaux, fontaines, p.^.^es et chemin^ d'investiture on de devestnurc.^ Es stimmt diess ohnehin mit der Vrar^is überein, dass bei ineinander laufenden Grenzen ^er Gebrauch öffentlicher Strassen und Wege gegeu^ seitig in der Regel gestattet wird.

Der Bundesrath glaubt, dass nach dem Gesagte.. di.... tatsächlichen Verhältnisse des dritten Beschwerdepunktes der Rote vom 26. August ebenfalls eine wesentlich modifizirte Anschauung erleiden dürsten. Er hält aber im Fernern dafür, dass er berechtigt sei, seinerseits über jenen, durch einen tumultuarischen Volkshanfen ausgeführten Angriff anf ein auf schweizerischem Gebiete gelegenes Gebäude und auf die darin besin^ichen Diener der öffentlichen Gewalt Beschwerde zu führen und eine den Umständen angemessene Genugthuung zu begehren, indem sich die vou. sa-

vo^ischen Gebiete aus dirigirten bezüglichen Angriffe als ein völkerrechts-

widriges Attentat herausstellen. Der Bundesrath glaubt namentlich darauf aufmerksam machen zn dürfen. dass die Gewalthandlungen der schweizeri^ schen Volizeibediensteten nur in ^olge jener schweren Angriffe auf das schweizerische Gebiet vorgefallen sind, und lediglich den .Charakter einer Verteidigung gegen einen in jeder .Beziehung unbefugten und von den französischen Behörden nicht selbst unterdrükten Angriff hatten.

Der Bundesrath hat dabei noch eines weitern Punktes ^u erwähnen.

Während französische Behörden, der Ehef der Gen.^arm^.ie von Annem...^e, so wie der Stellvertreter des Maire von ^ille^la^^^nd, im .^..use Eh a u s f a t , also auf schweizerischem Gebiete , nach den uuglukliche.. Vorgangen wiederholt An^tshandlungeu vornahmen und auch im Weitern schweizerische Beugen , wie z. B. l e v abschlägig beantwortet.

Obschon ein solches Versahren dem Art. ^

des Vertrages vom 18. Juli 1828 widerspricht, so will der Bundesrath Bunde.^bl....... Jahrg. .^II. Bd. III.

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^0 daraus dennoch keine Beschwerde formuliren. Dagegen muss er darauf aufmerksam machen, dass die zweiseitige Führung der Prozedur der wesentlichste Grund der mehrfachen Widersprüche über einzelne Vorfälle de....

18. August sein dürfte, indem bei einer solchen Untersuehungssühr.mg die Betheiligten, ohne die Befürchtung, der Unwahrheit überführt zu werden, einseitige Darstellungen vor den Behörden machen konnten.

Sollten desshalb von Seite der kaif. französischen Regierung irgend welche Zweifel an der Richtigkeit der oben gegebenen Darstellung vorwalten, so erklärt sieh der Bundesrath, zum Beweise, dass es ihm um eine loyale Be^ seitigung des entstandenen Konfliktes und um eine gerechte Erledigung der beiderseitigen Beschwerden zu thun sei, bereit, durch eine von sx.^nzosiseher und schweizerischer Seite gebildete Kommission noch weitere Erhebungen machen zu lassen, die alsdann zur Basis einer gütlichen Verständigung dienen mögen. Bis auf Weiteres glaubt er dagegen in die auf theilweise irrigen Voraussezungen beruhenden Begehren der Rote vom 26. August nicht eintreten zu können.

Sie werden eingeladen, ........... Ex^eellen^ dem Herrn Minister der aus^.

wäxtigen Angelegenheiten von dieser Rote Abschrift zu geben, mit dem Beifügen, dass es dem Bundesrath daran gelegen sei, zwischen den beiden Staaten, welche durch so viele Jnteressen verbunden sind, einen ans freundsehaftlichen Beziehungen beruhenden Zustand wieder herzustellen und zu unterhalten.

Genehmigen Sie, Herr Minister, die Versteherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 11. Oktober 1861.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

^ M. ^nüsel.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

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Note des Bundesrathes an die schweizerische Gesandtschaft in Paris, betreffend die Vorfälle in Ville-la-Grand. (Vom 11 Oktober 1861.)

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1861

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19.10.1861

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