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schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend Einführung gezogener Geschüze.

(Vom 28. Juni 1861.)

Tit..

Wir haben die Ehre, Jhnen hiermit Berieht zn erstatten über die Frage der Einführung gezogener Gesehüze und damit diejenigen Anträge zu verbinden, die wir der jezigen Sachlage angemessen erachten.

Jn Beziehung anf alles, was die Bedeutung und die Ueberlegeuheit der gezogenen Geschüze über die bisherigen glatten, deren Einführung in andern Staaten, die verschiedenen, dabei in Anwendung gekommenen Ensteme und den Gang und die endliehen Ergebnisse der bei uns vorgenommenen Versuche betrifft, verweisen wir aus die, dem gegenwärtigen Berichte beigedrul.teu zwei Aktenstüke :

1) Bericht der Artilleriekommission vom 25. März 1861 ; 2) Bericht der nämlichen .kommission von. 21. Juni 186l.

Es besehlagen diese Berichte namentlich diejenigen zwei Hauptversuche, welche in den Monaten Februar, April und Juni dieses Jahres unter den Augen der für diese Frage bestehenden ..kommissionen des Rational- und Ständerathes stattgefunden haben.

Rach den., was die Artilleriekommission beantragt, handelt es sich zur Zeit nicht sowol um die Umänderung der bestehenden Batterien , als um die Anschaffung von Gesehüzen und Materiellem für zwolf gezogene neue Batterien. Wir empfehlen Dieses Vorgehen, da in solcher Wetse für die Uebergangszeit vom alten zun. neuen Systeme unsere ...lrtillerie nicht desorganisirt wird, sondern im Stande bleibt, jeden Augenblik, fei es mit den alten oder neuen Geschüzen vollzählig ins Feld rüken zu

245 konnen. ^ind einmal die gezogenen Batterien vorhanden, so werden dieselben an die Stelle von glatten 6.^ Batterien eingeschoben, in der Weise, dass z. B. jede der neun Artilleriebrigaden je eine gezogene Batterie erhalt, und die drei übrigen der Artilleriereserve zugetheilt würden.

Wahrend diese Basis ^ gelegt wird , konnen die Versuche sortgesezt werden , das gezogene System auf die grössern Kaliber der bisherigen 6...^ Kanonen überzutragen, sei es zum Zweke von Feldbatterien oder von Vositionsgeschi^eu. Es wird aus diese Art ermöglicht, die Frage gründe lich und nach allen Richtungen zu untersuchen, da die bereits vorhandenen gezogenen Batterien wenigstens einigermaßen Beruhigung zu gewähren geeignet stnd.

Die durch das Einschieben der gezogenen Batterien verfügbar werdenden glatten Geschüze konnen , nachdem sie gezogen sein werden , zur Vermehrung der Bositionsartillerie dienen, und in solcher Weise ein Bedürsniss befriedigen, dem in nicht langer Zeit in anderer Weise entsprochen werden müsste.

Für die zwols neuen Batterien wird das bisherige 4 ^Kaliber angenommen. Diess geschieht des geringen Gewichts und der dadurch bedingten grossern Beweglichkeit wegen, welch' lettere für die ^..ldartillerie ein Hauptersorderniss ist. Das 4 .^Kaliber wird die Basis unserer kin.ftigen Feldartillerie bilden, ahnlich wie es jezt die ^ .^-Kanonen sind.

Wie aus dem jüngsten Berichte der Artilleriekommission ^u entnehmen

ist, stehen sich bezüglich auf Züge und Geschosse die ....^......steme Müller und T immerhaus gegenüber. Die Kommission hält das System Müller für abgeschlossen und erprobt und zur Einführung g.^lieh reis; bei dem S.^ stem Timmerhans dagegen, das erst zu .Ansang dieses Jahres nach den jeweiligen Mittheilungen und Angaben des Erfinders in den Bereich der hierseitigen Versuche gezogen wurde, erachtet sie einige Vunkt.. sür noch nicht hinreichend erprobt, das System selbst aber, wenn auch in den bisherige.. Leistungen dem Müll^schen etwas nachstehend, ebenfalls für vor^üglieh. .^ie h.ilt dafür, dass durch ^......tsezung der Versuche die noch Zweifelhaften Vuu^te ausgemärt, inzwischen aber, um bei der gegenwärtigen Situation die wirkliche Einführung gezogener Geschü^e nicht langer hinauszuschieben, mit der Anfertigung von neuen Batterien nach Müller^schem System unverzüglich begonnen werde.

Wir halten mit der Artilleriekommission dafür, .^ass das Müller^sche System bei den vorzüglichen Resultaten der nach jeder Richtung hin un^ ternommenen Versuche als hinreichend erprobt und als zur Einführung reif angesehen werden konne. Ebenso sind wir mit ihr einverstanden, dass

mit der Einführung gezogener Geschüze angesichts der Ungewißheit der allgemeinen .Lage nicht länger g^ögert werden dürfe.

.^leiehwol mochten

246 ^..ir in anfern Antragen nicht ganz so weit ^ehen, wie die .^ommiiston, sondern uns darauf beschränken, die Ansehaffnng von 12 Batterien gezo^ ^ener Geschüze nach dem bisherigen 4 .^-Kaliber durch die Buudesvex^ sammlung zwar grundsazlieh beschließen zu lassen, die Entscheidung aber, ob sie nach Müller^schem oder Timmerhans'schem System einzuführen seien, dem Bundesrathe zu überlassen. ^ie le^e Entscheidung würde erst ^efasst, nachdem die noch nothigen lezten Versuche mit dem Timm^rhans^ehen System gemacht sein werben, die in verhältnissmässig kurzer ^eit au..^ führt werden konneu.

W.r müssen dieses .^ersahren vorziehen, weil, wenn die noch ^weifethasten funkte des Timmerhan.^ sehen Systems, betreffend die Fabrikation

und Haltbarkeit des Bapierspiegels und den Eiufluss des ungleichen An-

fezens auf Rotation und Zündung sich günstig losen liessen, dieses System mehrere erhebliche Vorzüge l.^tte, die dessen Annahme begründen würden, und fatal w.^e es. in diesem Falle dann bereits Batterien nach .^üll.^ schem System zu besinn.

^eit wird auf diese Weise keine. erheblich... verloren, indem mit der ^lnsertign..g von .....assetten und Ea^ons, welche die meiste Arbeit veranlassen, sofort begonnen werden kann, denn für beide Systeme sind Lasfetten und laissons vollkommen gleich. Was die nothigen 72 Geschü^rohren betrifft. so haben wir Jhuen mittheile..., dass wir es auf uns nehmen zu dürfen glaubten, ^eren Guss und Bohrung zum Voraus anzuordnen, da au.h hier Guss und Bohrung für beide .^steme vollig die glichen sind, und dass .zur gegenwartigen Stunde bereit über die Hälfte der Gesehü^e wirklieh vollendet sind.

Verschieden bei den ^vei ..^vstemen sin^ nur ^ie Zü^e und die ^.^unition, und es wird desshalb bis ^ur erfolgten endliehen Entscheidung nur das Riehen der Geschü^rohren nnd die Munitionsanser.igung aufgeschoben werden müssen. ^.as Ziehen selbst ist aber eine Arbeit, die sich fehr schnell ausführen lässt, und was die Zeit für Munitionsanfertigung anbetrifft. so kann sie .^ur.h Vertheiluug der Arbeit auf mehrere Giessereien und ^nrch eine grossere ^ahl von Arbeitern iu den Werkstätten wesentlich abgekürzt werden.

Wir glauben mit dem Antrage, den. Bundesrathe die sehliessIiche Auswahl zwischen den beiden Systemen zu überlassen, keine Uubeseheidenheit zu begehen, beide ^steme liegen vor; beide wurden dnreh die Artilleriekomn.isfion und in Gegenwart der .kommissionen der beiden Räthe erprobt, die .^onse.^uen^en , die steh an die Annahme de.^ einen oder de^ einen und des andern ^i.ftems knüpfen, lassen sich teieht überbliken.

Sollte die Bnndesversan^mlung sieh ...icht entschließen kennen, un.^ die Entscheidung zu überlassen, so würden wir por^ehen, dass nach dem Antrag

247 der .^rtilleriekommissi....^ vorlaut das M^l.ler^sche System angenommen, lieber als dass eine gru..dsäzliche Entscheidung abermals verschoben würde.

.^ln die ..l..schasfu..g der 12 latterie.., die nicht weniger als 240 Laffetteu und fuhrwerke ausmachen, knüpst sich die Frage der zu ihrer Unterbringung erforderlichen Magazine.

Jhr bisheriges Kriegsmaterial hat die Eidgenossenschaft vorzugsweise in gemietheten Lokalitaten untergebracht , die Hauptdepots befinden sich in Zürich, Brngg, L.^ern, Solothurn, Thun, Bern und Morsee. ^ast au all^ diesem ^rten sind die Magazine angefüllt, neue Räumlichkeiten ^ sind kaum mehr zu erhalten, besonders für Geschüze und Fuhrwerke nicht, da die Cantone selbst für ihr eigenes, von Jahr ^u Jahr si^. vermehrendes Material kanm mehr Blaz genug finden. ...ln einzelnen ^rten sind die Magazine auch sehr schlecht, so namentlich in Thun, wo das Lokal s^ucht und voll Salpeter ist und eine einzige Einfahrt hat, so dass den ganzen Sommer über während deu Schulen bei ^..onnenhi^e und bei Regen die Kriegsfnhrwerke unter freiem Himmel stehen müssen, wodurch sie einen stärkern .Abgang erleiden, als bei dem strengsten .Gebrauch im Felde. Tausende und Tausende von Franken gehen so Jahr für Jahr zn Grunde.

Es erscheint deshalb als dringendes Bedürsuiss, mit der ^usehassung der 12 gezogeneu Batterien ^ugle^ch auf die Anlegung ^ou neuen eidgenossisehen Magazinen Bedacht ^ nehmen. ^ür diese Magagne sind Vläze auszuwählen, die den strategischen u^d übrigeu militärischen Rüksiehten entsprechen. Hievou ausgehend, schlägt die ...lrtil^ri^ommission die Errichtung dreier Magazine vor, wovon ^as eine in Thun, das andere i^ Luzern oder ..^tans und das dritte bei Rappersehw.^l. Wir stimmt diesem Vorschlage ^ei, namentlich auch deshalb, weil wir davon ausgehen, es sei besser, das Kriegsmaterial überhaupt i^ mehrere feinere Depots zu verth^len, statl^ solches in grossern ^entraldepots zu vereinigen.

^ie Kosten eines Magazins schlägt die Artilleriekommission auf je Fr. 60,000 bis ^r. 65,000 an, wobei Raum für n. 100 Kriegsfuhrwerke nebst solchem für eine Men^e andern Materials entsteht. Für das .^eug^ haus in Zürich, woselbst bei vollständiger .^.füllung 103 eidg. Kriegs^ fuhrwerke untergebracht sind, befahlt die Eidgenossenschaft einen jährlichen

Mietzins von ^r. 2.^00, also im Verhältnisse eines zu 4 ^. verzinslichen

Kapitals vou ^r. 62,500. Daraus ergibt sich, dass der zu machende Bauauswand auch vom bloss finanziellen Standpunkte aus gerechtfertigt wird. Ueberdiess wären, selbst für einen noch hohern ^ins, als in Zürich bezahlt wird, gar nirgends gut gelegene und gut eingerichtete Magazine zn miethen, so dass der Reubau um so mehr nothig wird.

Zu jedem der drei Materialmaga^ine wird serner ein Munitionsmagasin im Kostenanschlage von je Fr. 12,000 vorgeschlagen. Zur Unter-

248 ....ringung der sür die 12 Batterien erforderliche.. Munition ist diess nothwendig. Bei Anlass der Bewassnuug von 1860 wnrden ^nr Uuterbringnng der damals laborirten eidg. Artillerie- und Jnfanterie-Munition bereits ^wei solche Magazine in ^hnn angelegt, die mit bisheriger Munition bere.ts angefüllt und für die neue desshalb nicht verfügbar sind. Die kosten

beliesen sich auf Fr. 12,000 per Magazin. .^luf diese Erfahrung gründet sich der Kostenanschlag der Artilleriekommission.

Jm Vorschlage der Artilleriekommission liegt endlich noch, mit dem Magazin in Thnn eine mechanische We^stätt... und Laboratorium zu perbinden, veranschlagt zu ^r. 58,000. Der ^wek .davon ist Besorgung der ^ Reparaturen .des Materiellen und .Konfektion und .^..boration der Muni- ^ tion. Bis jezt ist die Eidgenossenschaft sur Reparaturen ihres Kriegsmaterials fast durchwegs von Vrivatwer^stätteu abhäugig, .vas häufig, sei es in Be^ug anf die preise o.^er in Bezug ans das technische der Arbeit, von grossem Raehtheil war. Das Rämliche war der ^ll in B..zug auf die Munitiousanfertiguug. Bisher wurden die Kug.^u in ^rivatgiessereien gegossen, und aueh künftig soil und wird es so bleiben ; sür die Konfektion der Kugeln aber, .^ie ^lusüllu..g der Granaten, die ^lufertigung und Laborirun^ der ^ünder u. s. w. ronuten Vrivatetablissemente nicht in ^ Anspruch genommen werben, sondern es mnssten d^..se Arbeiten uuter direkter amtlicher Kontrole durch besondere dazu augestellte Arbeitet in da^.. sehr uugeeigneten und hanfig gefährlichen Lokalitäten ausgesührr werden. Dabei war die Koutrole selbst sehr erschwert, und was ebeu so wichtig ist, es konnte diese für die Feuerwerker und ^arksoldaten so wichtige praktische Arbeit nicht zu ihrer Uebung und ihrem praktischen Unterrieht benuzt werdeu. Mit alleu grossern kantonalen Zeughäusern sind derartige Werkstätten verbunden, und von Niemandem wird bezweifelt, dass sie dort sehr nothwendig und uü^lieh sin.^ ; nni so .weniger ist ^as Bedursniss sür die Eidgenossenschaft zu bezweifln. da sie verhältuissmässig das meiste Material und die meiste Munition ^u stellen hat. Was den Bauaufwand und deu jährlichen Unterhalt der Werkstatt anbetrifft , so wird derselbe durch den Wegsall oder die Verminderung der bisherigen Ausgaben sür Reparaturen u. s. w. nach unserer Ueberzeugung mehr als ausgeglichen werden.

Auf Obiges g..stüzt, beantragen wir folgenden Bundesbeschiuss .

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossens ehast.

nach Einsieht eines Berichtes und Antrages des Bundesraths vonr

.28. Juni 1861,

b e schl i esst .

Art. 1.

Dem Bundesrathe werdeu folgende Kredite bewilligt..

24.)

a. Für die Anschaffung von ^wolf Vierpsünder-Batterien gezogener Geschise, nebst zugehorenden Lassetten, laissons und Munition

b. Für die Erbauung e.nes Magazins für ^riegsfuhr-

Fr. 770,000

werke , eine mechanische Werkstatt und ein Laboratormm , so wie eines Munitionsmagazins in Thun, zusammen . . . . . . . . F... 135,000

Für ein Magazm für Kriegsfuhrin Luzern oder Stans . . . . ,, 72,000 Für gleiche Magazine bei Rappersehw.^l . . . . . . . . . ,, 72,000 ^^ werke und ein solches für Munition

., 279,000

zusammen Fr. 1,049,000

^lrt. 2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beantragt.

Bei diesem Anlasse erneuern wir Jhnen , Tit. , unserer vollkommensten Hochachtung.

die Versicherung

B e r n , den 28. Juni 1861.

Jm ..^amen des fchweiz. Bundesrathes,

Der Bundespräsident:

^. M. Knusel.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: .^...bi^.

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Bericht des schweiz. Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend Einführung gezogener Geschüze. (Vom 28. Juni 1861.)

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09.07.1861

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