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Bericht der

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Petition-Kommission an den Nationalrath über den Rekurs des Jakob Honsp e r g e r von Eggiwil, .kts. .Bern, zur Zeit wohnhaft in Genf,. gegen Bundesrathesbeschluss vom 11. Mai 1866, betreffend Gerichtsstand in Strafsachen.

(Vom 10. Juli 1866.)

Tit.!

Jakob Housperger von Eggiwil, Kts. Bern, verehelicht mit Maria Honsperger, geb. Lörtscher, hatte im Jahre 1864 die Speisewirthschaft zum ..Wilhelm Tell" an der Brunngasse in Bern angekauft, und fiel dann schon im J...li ...es folgenden Jahres. in G..ldstag, woraus Frau Housperger sich nach Genf begab und daselbst bei einer Bekannten als .Kellnerin in Dienst trat.

Jm Geldstage waren unter Anderm auch verschiedene , in der

Wohnung des Geldstagers vorhandene Mobilien , zu Fr. 256 geschäzt und für diese Summ... verpfändet, zur Masse gezogen worden.

Unterm 16. Oktober 1865 machte nun die Liquidationsbehörde im.

Geldstage des Jakob Honsperger, aus eine Mittheilung des Hrn.

Mauerhoser , des Hauseigenthümers und Bestandgebers der Ehelente Honsperger, beim Regierungsstatthalteramt Bern die Anzeige : Es seien die vorgedachten Esfekten vom 11. aus den 12. Oktober von dem Ehemann Housperger fortgeschafft und nach aller Wahrscheinlichkeit nach Genf transportât worden. Die Schlüssel zum Miethlokate habe Honsberger einem Hausbewohner zugestellt , von welchem der Hauseigenthümer und bisherige Bestandgeber der Eheleute Honsperger die erste

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..^unde von der Fortschaffung der Effekten erhalten habe. Mit Beziehung auf diesen Saehverhalt ersuchte die .Li.^idatiousbehorde das Statthalteramt, gegen Jakob Housperger und dessen Ehefrau nach ^487 des Vollziehungsverfahrens in Schuldsachen für den Danton Bern vom

2. April 1850 und nach dem Geseze wider Betrügereien zahlungsflüchtiger Schuldner vom 26. Mai 1848 aus strafrechtlichem Wege einzuschreiten.

Diese Anzeige wurde von dem Regierungsstatthalter unter gleichem Datum dem ^ Untersuchungsriehteramte Bern ^ur Amtshandlung überwiesen.

Der Beschwerdeführer gibt nun die bean^eigte Behändiguug der Effekten zu , stellt aber in seiner Eingabe an den Bundesrath vom

10. April 1866 den Hergang solgendermassen dar: .

Jm September 1865 habe die Gläubigerschaft gegen Frau Honsperger und ihren Ehemann ein Manifestatio.^sperfahren eingeleitet, und zwar: ^ 1) über die Riehtigkeit der im Weibergutsempfangschein vom 20. Mai , unter welchem Datum Honsperger mit seiner Ehefrau einen Weibergutsherausgabsvertrag ^geschlossen haben will, ent^ haltenen Thatsaehen , und ^ ^

2) über die Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Geldstager gemachten Vermogensangaben.

Raehdem der verlaugte Eid unterm 28. September 1865 seitens der Eheleute Housperger geleistet worden , sei der Ehemann Honsperger wenige Tage nachher inedie Amtsgeriehtsschreiberei Bern geladen und ihm daselbst sowohl für sich als auch für seine Ehefrau , deren .^ollmachtsträgerer gewesen, da sich dieselbe damals schon in Gens befunden, ^rossnet worden : Die Gläubiger stehen nun von der ^urmasse^ehuug der Mobilieu ab uud es bestehe .somit keiu Hiuderniss mehr, dieselben ^u erheben. Ein Angestellter dex Amtsgeriehtsschreiberei Bern habe steh .aueh sofort mit dem Beschwerdeführer auf ^rt und Stelle verfügt, ihm die Schlüssel übergeben und darüber ein Verbal in das Brouillon des Geldstages gefegt, was er, der Beschwerdesührer, habe unterzeichnen müssen. - Einige Tage, nachdem dieses stattgesunden, ha^be der Beschwerdesührer die Mobilieu und Geräthsehaften, welche sieh in den von ihm inne gehabten Lokalitäten Befanden, und ihm, Ramens erhandelte, .^u freier Verfügung gestellt worden seien, durch Beantragte heraus.^ nehmen und per Eisenbahn nach Genf spedireu lassen. Die Herausuahme^ sei bei gewohnlicher Arbeitszeit und hellen Tages erfolgt, wobei.

es keinem Menschen eingefallen , an der Richtigkeit und Zulässigl^eit

dieser Vornahme zu zweifeln.

Gegeben.

Hierauf habe ex sieh ebenfalls nach Genf

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Die Untersuchungsakte.. eonstatire.. jedoch den Vorgang in gan^ anderer Gestalt. Der erwähnte Zugestellte der Amtsgerichtsschreiberei Bern, Hr. Substitut Karl Burn, deponirt nämlich in seinem daherigen Verhore vor dem Untersuehungsxichteramte untern. 29. November 1865 ^wortlich : .

,,Aus Vorweisung der Vroeur seiner Frau überliess ich dem Jakob Honsperger Flaschenweine und Geschirr, welche. sich in der Wirthschast zum Wilhelm Tell befanden , weil diese Gegenstände nicht mit Verbot belegt ^ waren. Durchaus unrichtig ist dagegen die Behauptung Hon^ spergers, dass ich ihm erlaubt, die mit Bestandverbot belegten Mobilien, welche sieh in seiner Wohuuug befanden, wegzunehmen^ vielmehr versicherte mich Honsperger , er werde aus dem Erlos. der Flaschenweine . die Forderung des Hauseigentümers Mauerhoser tilgen, damit e.^da.^ Bestandverbot beseitigen konne. Jch bin bereit , dies. eidlich ^u be-

kräftigen.^

^ Nachdem das Statthalteramt ^ern die Anzeige u.nd das strafrechtliehe Begehren der Li.^uidationsbehorde dem Untersuchungsrichter überwiesen hatte, ersnchte dieser sofort am. 20. Oktober den Untersuchnngs^ Dichter von Gens, die fraglichen Mobilien bei den Eheieuteu Honspergex daselbst mit Beschlag zu belegen u..d gleichzeitig den mitgesaudte.n Verhaftsbesehl. gegen den der Unterschlagung, resp. des Betrugs seiner Geldstagsmasse angeklagten Honsperger vollziehen ^u lassen. Sollten indess ^- wurde dabei bemerkt ^ die Mobilien zur Stelle geschafft^ werden kennen , oder .^onsperger im ^alle sein , den Weri.h derselben mit Fr. 256 zu deponireu, so dürste die Verhaftung unterbleiben.

Da ..Honsperger die ihm ^ gestattete Hinterlage nicht machte , so erfolgte dessen Verhaftung. Raeh ^wei Tagen indessen deponirte ^rau onsperger den Vsandbetrag von ^r. 256 beim Untersuchungsrichter in enf und der Ehemann wurde wieder aus freien ^uss gestellt. Gleich^ ^ zeitig versprach derselbe , sich nach Bern zu verfügen , um die fragliche .Angelegenheit zu reguliren.

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Als er aber diesem Versprechen keine ^olge gab , liess ihm der Untersuchungsrichter von Bern mit Schreiben vom 30. November durch denjenigen von Gens erofsnen, dass man sich genothigt sinde, die Untersuchung gegen ihn weiter zu führen und dessen Verhastuug und Auslieseruug zu verlangen , sofern er nicht den beim Genfer sehen Untersnehungsrichter depouirteu Betrag von Fr. 2.^ und die bis dahin ergangenen Kosten von Fr. 10 bis ^um 15. Dezember au das Untersnehungsrichteramt Bern ^u Handen der Berechtigten gelaufen lasse.

Jndessen war Ho^nsperger schwer erkrankt und sein Versuch , die Angelegenheit in Bern durch einen Bevollmächtigten ius Reine zu bringen, misslaug, obwohl in der Beschwerde (abermals unwahr) der ^lb-

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schluss eines daherigen .^erkommnisses behauptet wird , wonach über das Eigentumsrecht auf das Depositum in Gens habe gerichtlich entschieden und die Anzeige des Betrugs von der Massaverwaltnng zurückgezogen werden sollen. Ans ein Re^.isitorium des Untersuchungsrichters verlangte daher untern. 3. Februar 1866 die Regierung von Bern bei derjenigen von Gens die Auslieferung des Beklagten. Mit Berusung ^auf die Erkrankung desselben, infolge welcher er das Bett nicht verlassen konne, wurde die Auslieferung verweigert.

Unterm 24. Februar sodann liessen die Eheleute Honsperger von .Gens aus dem Untersuchungsrichter in Bern notisiziren, das.. sie gegen .das Vorgehen in einer Untersuchungssache gegen sie vor zuständiger Behorde Besehwerde führen werden , mit der Erklärung , dass die hinter dem Untersuchungsrichter in Gens liegenden Fr.^ 256 so lange ^deponirt bleiben, sei es in Gens oder hinter dem Richteramt Bern , bis übet.

die Beschwerde abgeurteilt sein werde.

Da indessen dem Untersuchungsrichter von Bern schien, die notifizirte Beschwerdeführnng werde absichtlieh verzögert , um etwa durch das eintretende Ableben des Honsperger die Sache zu eomplieiren , so glaubte er die Untersuchung aus dem Eontumaeialwege erledigen zu sollen und beschloss am 16. März: Jakob Housperger sei wegen Wider-

handlung gegen das Gesel^ über Betrügereien zahlungsflüchtiger Schuld-

ner von. 26. Mai

1848 an das korrektionelle Gericht zn weisen.

.Mittlerweile wax jedoch am 15. Marz bei der Anklagekammer des Obergerichts von Bern die notierte Beschwerde Honspergers, d. d.

Gens 12. März , gegen das Untersuchungsrichteramt Bern eingelangt, und schloss mit. dem Begehren^: . 1. Die h. Auklagekammer des Kantons wolle gütigst sich die ange^ rusenen Akten des Fragesalles vorlegen lassen.

2. die vom Hrn. Untersuchungsrichter Bireher begonnene Untersuchung ausheben, und 3. die Varteien an den Eivilriehter weisen --- uuter Folge der Kosten, gegen wen^ Rechtens.

Die Anklagekammer . überwies die Beschwerde zur Vernehmlassung an den Untersuchungsrichter. Dieser entledigte sich unterm 24. März feines Austrages durch Uebermittlung der Untersuchungsakten und ein .

kurzes beriehtliches. Begleitschreiben. Ueberdiess legte er einen Bericht

des Hrn. Amtsgerichtsschreibers Rosch bei, in welchem dieser das Vor-

^geben , als seien dem Honsperger von einem Angestellten der Amtsge-

richtsschreiberei die fraglichen Efsekten zur Versügnng überlassen , zu

diesem Zwecke die Schlüssel . zugestellt und darüber ein Verbal niedergeschrieben und unterzeichnet ^worden , geradezu als eine Lüge erklärt.

Ebenso unrichtig und unwahr sei auch die Behauptung, dass man mit

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einem Bevollmächtigten des Honsperger ein Verkommniss in dem Sinne abgeschlossen habe, dass das von Frau Honsperger in ...^ens deponirte Geld hinter der Behorde liegen bleibe, bis entschieden sei, wem dasselbe gehoben solle , und dass die Anzeige bei dem Untersuchungsrichteramte Bern zurückgezogen werde. Auf Anfrage sei dem Bevollmächtigten bloss erklärt ^worden , die Massaverwaltung sei geneigt , die Anzeige zurückzuziehen , wenn der Scha^uugswerth der Effekten bezahlt werde. Ein Verkommuiss sei aber, wie gesagt, nicht abgeschlossen worden.

Aus den Bericht und Antrag des Generalproknrators beschloß die Anklagekammer unterm 28. .März, es sei in die Beschwerde des Jakob Honsperger^ nicht einzutreten. (Jn Bezug aus die Motivirung des

d.^herigeu Entscheides vergl. Uhtersuchungsakten S. 85.^86.)

Hieraus gelangte Jakob Honsperger am 30. April an den Bundesrath mit einer ausführlichen Beschwerde, in welcher nicht nur die entscheidenden Tatsachen wieder unrichtig , wie bereits mehrfach erwähnt, ^dargestellt sind, sondern auch ebenso irrig die Artikel 50 und.

53 der Bundesversafsnng, wovon der erstere das Belangen a u s r e c h t s t e h e n d e r schweizerische... Schuldner am Wohnorte vorschreibt und der

lettere die Entziehung des versassungsmässigen Gerichtsstandes und die Aufstelluug von Ausnahmsgerichten verbietet, augerufen werden, um die . Schlussbegehren zu begründen: I. Es mochte der Beschluss der Bernischen Anklagekammer aufgehoben, und II. ^..ie sragliehe Streitsache vor die Gerichte Genfs gewiesen werden.

^er Bundesrath , nachdem ihm die Regierung von Bern , be-

ziehungsweise die dortige Anklagekammer die mitgetheilt^ Beschwerde einfach mit der Znstelluug der Untersuehungsakten zur Einsichtnahme beantwortet hatte, beschloss unterm 11. Mai 18^6, auf Antrag des Justiz- nnd Volizeidepartements: ^,Es sei dem Vetenten durch die Bundeskanzlei zu erwiederu , dass sur Untersuchung und Beurtheilung von Vergehen der Richter desjenigen Kantons zuständig sei , wo ein solches Vergehen verübt worden seiu soll, im Spezialsalle also der Richter von Bern; dass sodann einzig die zustäudigen Gerichtsbehörden darüber zu ent^ scheiden haben, ob ein Strassall vorliege; und dass desshal.b den Bundesbehorden keinerlei Kompetenz zustehe , sich in derartige Entscheidungen einzumischen. Es konne somit ans seine Besehwerde nicht ^eingetreten werden.^ Gegeu diesen Entscheid des Bundesrathes hat Jakob Honsperger unterm 22. Mai den Rekurs an die Bundesversammlung ergrissen.

586 Der Ständerath , dem in der Angelegenheit .^e Priorität zukam, hat mit Sehlussnahme vom 5. Juli dem Entscheide des Bundesrathes beigestimmt und den Rekurs abgewiesen.

Die Betitionskommission des Nationalrathes^) ist, in Würdigung der Akten, zu keiner andern Ansicht gelangt, und stellt daher den einstimmigen A n t r a g :

Es sei der Rekurs, in Zustimmung zu dem Beschiusse des Ständerafhes, abzuweisen.

Bern, am 10. Juli 1866.

Der Berichterstatter: .

A. Heller.

..^...te. Dieser Antrag wurde vom .Nationalrath am 10. ..^uli zum Beschluß Erhoben..

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^) Dieselbe besteht dermalen aus den Herren ^

I^. A. Ascher, in ^nge bei ^üri.h.

^. Demiévllle, in ^verdon.

^. M. ^ungerbühler, in StraubenzeIl bei St. Gallen.

J. Büzberger, in Langenthal.

A. heller, in Aarau.

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Bundesratbsbeschluß in

Aachen der Gemeinde Aachen und mehrerer anderer gemeinden des

Kantons Schwyz,

betreffend Verfassungsver-

lezung.

(Vom 13. April 1866).

Ter schweizerische Bundesrath ^

h-t

in Sachen der Gemeinde Lachen und mehrerer anderer Gemeinden des Kantons Schwyz, betreffend V e x s a s s u n g s v e r l e z u ng ; nach ...ugehortem Berichte des Justiz- und Bolizeidepartements und nach Einsieht der Akten, woraus sich ergeben : 1. Am 2.). Dezember 1865 hat der Kantonsrath des Standes Sehwy in Angelegenheit der Subventionirung einer Alpeneisenbahn über den G o t t hard, nach Kenntnissnahme : ,,a) des Protokolls der ständigen Kommission der Gotthardver-

,,einigung vom 21. August 1865, worin für Erstellung der Gotthard-

,,bahn eine Subvention von 20 Millionen Franken durch die dreizehn ,,Kantone und die Eisenbahngesellschasten jener Bereinigung als unab,,weisbare Bedingung erklärt wird und worin in einer vorlaufigen Ver,,theilung der Kanton Schwz mit einem in 10-12 Jahresraten zu "leistenden Bel.ressniss von 1 1/4 Million Franken belastet erscheint.

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Bericht der Petitionskommission an den Nationalrath über den Rekurs des Jakob Honsperger von Eggiwil, kts. Bern, zur Zeit wohnhaft in Genf, gegen Bundesrathsbeschluss vom 11. Mai 1866, betreffend Gerichtsstand in Strafsachen. (Vom 10. Juli 1866.)

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1866

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05.09.1866

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