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Bundesrathsbeschluss in

Aachen der Standeskommission des Kantons Glarus betreff fend da.... Hülsallsrecht im Konkurse des Bananier J

M

Schindler in Glarus.

(Vom 29. Dezember. 1 865.)

Der schweizerische Bundesrath hat in Sachen der S t a n d e s k o m m i s s i o n des K a n t o n s Glarus,

betreffend das Rüksallsrecht im Konkurse des Banaler J. M. Schindler in Glarus; nach angehortem Berichte des Justiz- und Volizeidepartemeuts, und nach Einsieht der Alten, woraus sich ergeben : 1) Herr J. G. Korner, J...haber eines Bank- und Wechselgeschästes am Limmat-Quai in Zürich , übermachte dem Bane.uier-Hause J. M.

Schindler in Glarns , vom 23. Dezember 1863 bis 9. Januar 1864, verschiedene Wechsel und Anweisungen, sowie Glarner Banknoten , Alles im Betrage von Fr. 3656. 88, zum Jnkasso , und erhielt dagegeu von diesem an Zahlungen die Summe von Fr. 2333. 93. - Das Haus Schindler gerieth dann am 18. Januar 1864 in Konkurs. Es sehloss somit der Eonto-Eorrent über jenen Verkehr mit einem Zoll des Hauses Schindler von Franken 3656. 88 und mit einem Haben desselben von

Fr. 2333. 93.

2l0 2) Jm Dezember 1864 reichte nun die Fallimentskommission der Kreditoreuversammlung des Hauset Schindler bei dem Bezirksgerichte Zürich gegen Herrn Korner eine Klage ein und brachte die Rechtsfrage zum Entscheide , ob nicht der Beklagte verpflichtet sei , in die Konkursmasse von J. M. Schindler Fr. 2333. 03 einzuwerfen , eventuell , ob nicht sein Guthaben von Fr. l 322. 95 vom Konkursinventar zu streichen sei.

Diese Klage wurde damit begründet , dass nach der glarne^ scheu Gesetzgebung alle Zahlungen , die innerhalb einer gewissen ^eit (Rükfallsfrist) vor dem ^lusbruehe des Konkurses durch den Kridaren gemacht worden seien, in die Masse eingeworfen werden müssen, sodas. der Gläubiger nicht mit seiuem ^aldoguthabeu . sondern mit seiner Gesammtforderuug, d. h. mit dem Saldo .^us dem von ihm zu restituirenden Betrage als Konkursglaubiger kollozirt werde. Hienaeh sei Herr Korner mit der ganzen Summe von Fr. 3656. .^ im Kou^.rsi..ve..tar^ als Kreditor eingetragen. Der in Rü.^fall kommende Betrag von Fr. 2333. 93 bilde dagegen ein .^ktivum der Konkursmasse. Das fragliche Konkursdekret sei (wegen eiuer dazwischen gekommenen Vakanz in der Schuldbetreibung) bis l7. Ehristmonat 1863 zurük wirksam; es fallen somit alle Zahlungen des Hauses Schindler an Herrn Koruer in die Rükfallsfxist und müssen deshalb in die Masse eingeworfen werden. Die massgebende Bestimmung des Landbuches des Kantons Glarus laute in ^. 212 wie folgt : ,. Alle. innert der lezten 21 Tage vor Abbruch des Konkurses durch ..den Falliten an einen Dritten, der nicht Kreditor des Veraufsallten ist, ,,vorgeuo...menen Veräusser..ugeu von Liegenschaften , Haus- und ^eld,,geräthsehasten oder von Fahrnissgegenständen, welcher Art immer, können "durch die Masse eingelöst werden. Hat der Fallite innert jener Frist ,,erweisliehermassen dafür irgend welchen Gegenwerth erhalten, so ist der,,selbe ^urükzuerstatten. Jst dagegen ^er Kaufer oder Empfänger der Zah,,lnng oder Dekung Kreditor des Veraussallten, so ist jeder Verkauf, je^ ^vollzogene ...^chazung, sowie jede Zahlung in Geld oder Waaren, was ,,das immer ware, welche vou dem Veraussallten innert l 4 Tagen, von.

^Tage des Todesfalls oder der Auffallserklärnug an gerechnet, geschehen ..oder geleistet worden w ä r e , kraftlos und ungültig; es fällt daher der ,. Betrag in die Masse ^urü^ und es
hat der Käuser oder der die Zah^lung resp. Dekung Empfangende für seine Ansprache die gleiehen Rechte ^wie die übrigen laufenden Kreditoren. Falls d^r Verkauf, die Zahlung ,,oder Deknng während der Gantzeit, wo der .^ehuldentrieb gesezlich

,,stille gestellt ist, stattgefunden hat, so wird der Rüksallstermin von l 4

,,Tageu von dem Tage au, wo ^...r Rechtstrieb wieder eröffnet ist, ge^rechnet. ^olehe Veränsserungen oder Ueberlafsnngen beweglicher oder ^unbeweglicher Gegenstände, welehe ans strafbaren Handlungen des Eu.,,psängers beruhen , mögen , abgesehen von dem Zeitpunkte , in welchem ^ ^erstere erfolgt sind, vou der Masse unentgeltich widerrufen werden. ^

21l 3) nachdem das Bezirksgericht Zürich mit Urtheil vom 7. Juni 1865 die oben erwähnte Klage der Schindler^sehen Fallimentsmasse abgewiesen hatte, gelangte der Brozess durch Appellation an die Eivilabthei..

lung des Obergerichts des Kautons Zürich, welche jedoeh mit Urtheil vom 1..). August 1865 die Klage ebenfalls abwies.^ Dieses lettere Urtheil beruht im Wesentlichen auf folgenden ..gründen : Zunächst seien die Barteien mit Recht darüber einig , dass zur Beurlheiluug der vorliegenden Streitfrage die Gerichte am Wohnorte des Beklagten., also die ^ürcherischen, kompetent seien (Erwägung 1) ; daraus folge indess nicht, dass bei dem Entscheide nur züreherisehes Reeht angewendet werden müsse ; vielmehr gestatten die ^. 1---7 des privatreehllichen Gesezbuehes sur gewisse Rechtsverhältnisse die Anwendnng fremder Geseze (Erwägung 2) . hier liege aber --^ so fährt das Urtheil in Erwägung 3 sort - keines derjenigen Rechtsverhältnisse vor, bei denen nach den eben angeführten Gesezesparagraphes. oder den im Wesentlichen damit übereinstimmenden Grundsäzen des internationalen Brivatreehts fremdes , im speziellen Falle glarnerisches, Recht zur .Anwendung käme, da die zu entscheidende ^rage die sei, ob durch Annahme der Zahlung sur eiue unbestrittene rechtsgültige

und fällige Sehuldforderung der in gutem Glanbeu befindliche Beklagte ein unbedingtes Recht ,

den Betrag der Zahlung zu behalten ,

erlaugt

habe, und das durch Zahlung getilgte Sehuldverhältniss gänzlich erloschen sei^ oder ob die definitive Losung des Sehuldverhältnisses an die Bedingung geknüpft sei, dass der Schuldner nicht innerhalb einer gewissen Frist in Konkurs gerathe ; nun seien aber die rechtlichen Wirkungen einer von dem Schuldner an dem vertragsgemässen Zahlungsorte geleisteten Zahlung unzweifelhaft nach dem Rechte dieses Erfüllungsortes zu beurteilen.

Erwägung 4.

Es liesse sich das durch ^. 2l2 des glaruerischen Landbuehes der Masse eines Falliten eingeräumte Recht, gewisse von demselben

geleistete Zahlungen als nichtig anzufechten , allsällig aueh so ausfafsen,

dass in ^olge positiver Gesezesbestimmuug.m unter den in dem zitirten Baragraphen erwähnten Voraussezungen eine Forderung aus ..^eite der Masse und eiue Schuldverpflichtung auf Seite des geweseneu Gläubigers neu entstehe (obli^.tio e^. l^^^) ^ indessen konnte aueh diese, übrigens dem Wortlaute des Gesezes wenig entsprechende, Ausfassung nicht dazu führen, gegen den je^igen Beklagten gemäss dem glarneris^eu Rechte ^u erkennen, da kein Staat berechtigt sei, gegenüber Bersoneu, die weder seine Burger noch innerhalb seines Gebietes wohnhaft seien, derartige, sie zu positiveu Leistungen verpflichtende Geseze zu erlassen. ^ Erwägung 5 : Aueh die

Bestimmung des Art. 2 des Konkordates vom 15. Jnui 1804, betref-

send das Koukursrecht , dass nämlich die unter den koukordirendeu Kantonen verabredete gleiehmässige Behandlung der Kreditoren nach den Gesezen des Ortes, wo das Falliment anspreche, zu verstehen sei, komme der Klägerschaft nicht zu Statten, da jenes Konkordat uur be^weke, die Konkursmasse und deren Vertheilung e i n e m Geseze, e i n e m Geriete und e i n e m Verfahren zu unterwerfen (vergleiche Ullmer, staatsrechtliche

212 Bra^is Rr. 547), hier aber handle es sich gar nicht um einen Anspruch des Beklagten an die Aussallsmasse , sondern darum , ob der Beklagte angehalten werden konne , einen Beitrag znr Vermehrung der Konkursaktiven aus seinem eigenen Vermogen zu leisten ; und endlich (Erwägnng 6) entbehre die Klage nach ^ürcherischem Recht jedes Fundamentes.

4) Mit Eingabe an den Bundesrath vom 21. Oktober 1865 besehwert sieh die Standeskommission des Kantons Glarus über das soeben erwähnte Urtheil vom 19. August 1865. und stellt das Gesuch, dass dasselbe ausgehoben werden mochte.

Zunächst bemerkt die Standeskommisfion, dass es zwar in erster Linie -^ Sache der im Prozesse unterlegenen Bartei gewesen wäre , den Reknrs an die Bundesbehorden zu ergreisen ; allein aus dea dringenden Wunsch derselben habe die Standeskommission um so weniger die direkte Jntermention verweigern zu sollen geglaubt , als die Frage nur w^.gen ihres prinzipiellen Charakters von Bedeutung sei und es daher auch der Kantonsregierung nicht gleichgültig sein konne, wie dieselbe in lester Jnstanz entschieden werde.

Jn der Hauptsache stüzt die Standesko.nmission ihren Rekurs darauf, dass der ^ürcherische Richter naeh dem Konkordate C vom 8. Juli 18l8

(Alte Oss. S. l, S. 284) verpflichtet gewesen wäre, bei Beurteilung

des sraglichen Prozesses das glarnerisehe Recht über den Rissali ^ur Anweudung zu bringen, und dass er, indem er sich dessen geweigert, eine Verlegung jenes Konkordates begangen habe , gegen wel..he der Bundesrath gemäss Art. 90, Ziss. 2 der Bundesverfassung revidirend einzuschreiten berufen sei.

Zur Begründung jener Behauptung wird in der Reknrssehrist im Wesentlichen folgendes ausgeführt : Es sei ein Jrrthum , wenn die Zivilabtheilung des zür.herischen ^bergerichts annehme, die ^. 1---7 des dortigen privatrechtliehen Gese^buches gestatten die Anwendung fremden Rechtes nur snr die im Geseze

selbst ausgezählten Rechtsverhältnisse; vielmehr seien in ^. 7 ausdrüklich

besondere ^taatsverträge vorbehalten , zu denen nach Bluutschli's Eommentar auch die eidgenosstsehen Konkordate zählen. Es bestehe nun aller-

dings das Konkordat von 18l)4. bestätigt 18l8, wonach Glarner-Reeht

angewendet werden müsse. ^n Er^ägnng 5 des angefochtenen Urtheils sei der Jnhalt dieses Konkordates irrthümlieh ausgesasst worden. Es handle sieh l.,ier nicht um das ^ornm, wie in jenem bundesräthlichen Entscheide von 18^.4, aus welchem die Erwägung 5 sast wortlieh genommen sei.

Die Hauptsrage sei hier die, ob das glarnerische Rüksallsreeht auch in andern , jenem Konkordate beigetretenen Kantonen Anwendung finden müsse.

Obschon der Rükfall eine sehr singuläre Re.htseiurichtung des Kantons Glarus sei, so habe er dennoch Anspruch auf Anerkennuug, so gut

2l3 als abweichende Bestimmungen anderer Gesezgebungen. Die Art. 1 und 2 des erwähnten Konkordates sehreiben es ausdrüklich vor, indem sie bestimmen , dass in Fallimentssällen alle Schweizer nach gleichen Rechten behandelt und kollozirt werden , und dass diese Gleichheit zu verstehen sei nach den Gesezen desjenigen Kantons , wo das Falliment ausbreche.

Hieuaeh konne es keinem Zweifel unterliegen, dass bei diesem im Kanton Glarns ausgebrochenen Konkurse nur das Glarner-Reeht aus alle Fragen Anwendung finde , welche nicht aus Liegenschaften oder aus Effekten des Kridars in andern Kantonen sich beziehen, .-^ Ausnahmsverhältnisse, die hier nicht vorliegen.

Man konne also nur noch die Frage aufwerfen, ob denn die Streitsache einer glarnerisehen Konkursmasse gegen den Empfänger einer rüksaltigen ^ahlnng überhaupt noch den Eharakter einer konkursrechtlichen habe, oder ob eine solche Klage nicht einsach auf die gleiche Linie zu sezen sei mit dem Falle, wo eine Masse als Re.htsnachfolgerin des Kridars eine bestrittene Forderung einklage. Jn einem Falle der ledern Art .verde Niemand von der Anwendung des Konkordates reden wollen . denn der Umstand, dass die e i n e Bartei eine Konkursmasse sei, maehe die .Streitfrage noch nicht zu einer konknrsrechtlichen. Allein die .^ache gestalte sich anders, wenn man sesthalte, dass das Glarner.^Gesez erkläre, j e d e Zahlnng , welche ein Kridar innerhalb der Rüksallsfrist geleistet habe , sei

absolut ungültig ; die Zahlung sei also rechtlich als gar nicht geschehen zu betrachten ; der Empfanger sei und bleibe nichts Anderes als Gläubiger im Konkurs für seine Forderung, welche sorte^istire.

Die Vflieht zur

Rükgabe des erhaltenen Geldes gestalte sich wirklieh ^n einer Chli^tio ex le^e. Wer sie bestreite, bestreite nieht, wie in gewohnliehen ^orderungsprozessen , die Forderung an sieh , sondern er wehre sich gegen die ..^tel.^ lung im Konkurse , die man ihm anweisen wolle , d. h. gegen die Zuinnthung , neuerdings als Konknrsglänbiger auszutreten, oder mit andern Worten : er wehre sich gegen die Zumuthnng, in einem glarnerisehen Konknrse nach glarnerischem Rechte gleich den Glarnern behandelt zu werden.

Das Konkordat von 1818 sehreibe diess aber gerade vor, und somit sei es durch das angesogene Urtheil verlezt.

5. Die Regierung des Kantons Zürich hat mit Schreiben vom 7.

Dezember l8l^ die Antworten auf diesen Rekurs von .^eite der Zivilabtheilung des dortigen .^bergeriehtes und von ..^eite des Rekursbeklagteu dem Bundesrathe eingeschikt und dabei bemerkt, dass sie sieh nicht veranlasst sehe, in dieser ^aehe sieh ebensalls vernehmen zu lassen.

l^. Die Antwort der Eivilabtheilung des Obergeriehtes des Kantons Zürich vom I.^3..). Wintermonat 1865 geht im Wesentlichen dahin.

Die Anwendung des glaruerischen Rukfallsreehtes ans den vorliegen-

den ^all enthalte eine handgreifliche Unbilligkeit. Es stehe ausser Zweifel, dass Koruer in guten. Glauben und ohne Kenntniss des bevorstehenden .Konkurses mit Schindler verkehrt habe ; dass serner die Ansprache , ^u

Bundesbla^. Jahrg. X^III Bd.I.

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214 deren theilweiser Tilgung er innerhalb der Rüksallsfrist Geld von Schh.dler erhalten, selbst erst innerhalb dieser Frist entstanden, und dass das Ergebniss sämmtlicher nnr innerhalb der Rüksallsfrist zwischen Korner nnd Schindler abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nicht eine Verminderung , sondern eine Vermehrung der Attivmasse gewesen sei.

Es werde anerkannt , dass die Glarner-Behorden formell berechtigt seien , die Erfüllung der aus dem Rükfallsreehte abzuleitenden Pflichten

aueh gegenüber auswärtigen Gläubigern als Bedingung für Geltend-

machung irgend eines Anspruches an die Auffallsmasse aufzustellen. Streitig sei uur, ob das Konkordat die Gerichte eines andern Kantons verpflichte, das Rül.fallsrecht auch dann anzuwenden, wenn die einzuwerfende ..^umme so gross sei, dass der auswärtige Gläubiger für seine Forderung ni^ht nur nichts mehr erhalte , sondern noch an die Masse herausbezahlen soll.

Eine solche Auslegung ..es Konkordates, die mit den allgemeinen Rechtsgrundsäzen in Widerspruch gerathen würde, liesse sich aber unr dann gutheissen, wenn sich ganz klar und unwiderstehlich beweisen liesse, dass die Absicht der kontrahirenden Kantone keine andere gewesen sein konne.

Dieses sei nun aber keineswegs der Fall.

Schon die Fassung von Art. 1 des Konkordates zeige, dass nnr die gleichmäßige Behandlung der K r e d i t o r e n bezwekt worden sei, und dass man nicht die Rechtsverhältnisse von Bersonen habe ordnen wollen , die nicht als Kreditoren des Falliten erseheinen, indem sie entweder im Konkurse nichts fordern, oder wenn sie es thäten, nur unter ^er Bedingung zugelassen würden, dass sie mehr einwerfe.n, als ans der Masse beziehen und deshalb ans ihre Ansprache verziehten. Dazu komme, dass in den eidgenossischen Konkordaten im Allgemeinen die Ansicht vorherrsche, es sei der kompetente Richter berechtigt, auch sein eigenes Recht anzuwenden, so dass eine Ausnahme hievon ohne eine klare Vorschrift nicht leicht anzunehmen sei. Es konne nun aber nicht in Zweifel gezogen werden, dass die ^rage , ob ein Einwohner eines andern Kautons dem Konkursiten etwas s.hnlde, dem Richter des Wohnortes des Beklagten zustehe, und in der Regel nach den Gesezen des ....^rtes, wo naeh der Behauptung des Klägers die Forderung entstanden sein soll, zu beurtheilen sei. ^o sei es aneh zu halteu, weun eine Konkursmasse, wie im vorliegenden Falle, auswärts suehe oder fordere.

Es sei allerdings richtig, dass das Konkordat über Konkursrecht nicht bloss für das Konkursverfahren, sondern aneh für das materielle Konkurs^ recht die Geseze des Konkursortes als maßgebend erklare. Allein dieser Saz sei durch eine Anwendung im Sinne ^es Rekurses aus eine uustatthaste Weise ausgedehnt. Es sei aueh s.hou rein unmöglich , den ^az auszustellen und durchzuführen , dass alle von dem Konkursgeriehte selbst zu entscheidende.. Rechtsfragen auss.hliesslich nach dem Rechte des Konkursortes zu entscheiden seien. Es fallen eben nicht alle Rechtsfragen, die bei Anlass eines Konkurses streitig werden, unter den Begriff und

215 die Herrschaft des Konknrsrechtes. Es lasse sich desshalb das Begehren um so weniger begründen , dass die Gerichte eines andern Kantons das Recht des Konkursortes unbedingt anwenden müssen.

Aus diesen Gründen werde aus Abweisung des Rekurses angetragen.

7. Ramens des Herrn Körner hat Herr Fürsprech Dr. Snlzberger in Zürich unterm 11. Rovember 186.^ diesen Rekurs beantwortet und zunächst der ^tandeskommission des Kantons Glarns die Legitimation zur

Sache bestritten, indem es sich nicht bloss ...m die prinzipielle Bedeutnng

eines Konkordates handle. sondern um die Aufhebung eines rechtskräftigen .^ Urtheils zwischen andern Barteien. Der Reknrsbeklagte brauche es sieh nicht gefallen zu lassen, dass nun die Regierung von Glarus ihm als Vartei g.^enüber trete.

Ans die Hauptsache übergehend, macht Herr Dr. Snlzberger aus die Thatsache aufmerksam, dass Hr. Korner zu dem Konkurfiten Schindler nie in einem andern Rechtsverhältnisse gestanden habe als in demjenigen des Jneasso-Mauda..ten zu dem Jneasso- Mandataren, und dass Hr. Korner

vor Eintritt der kritischen Zeit, d. h. vor Eintritt des Zeitpunktes, auf welchen der Rükfall bezogen werde, nicht Kreditor des Schindler gewesen sei, sowie dass der von diesem nicht abgelieferte Betrag der zum Jneasso erhaltenen Wertpapiere strenge genommen als unterschlagen erschein.

Es konue nun .^ie Frage dahingestellt bleiben ,

ob eine Frage

des

Konkursreehtes vorliege. Das Konkordat von l804, bestätigt 1818 ^C.),

beziehe sich auch nicht aus diese Frage. Jn Uebereiustimmuug mit der geschichtlichen Veranlassung zum Konkordate schreibe es nicht auderes vor, als dass statt der frühern ungleichen , nun gleichmassige Verteilung der Masse stattfinden und dass somit die Behandlung der eigentlichen Konkurspendenzen der Kompetenz und dem Rechte des Konkursgerichtes unterworseu sein musse. ferner entscheide in fällen des Konkordates vom

7. Juni 18ll), gleichfalls bestätigt 18l8 (D.), der Richter des A..ge-

sproeheuen auch na..h seinem eigenen Rechte. Es sei aber kein Grund vorhanden, die Ansprache einer Konkursmasse aus eine Sache, die der Angesprochene aus irgend einem Grunde von dem ^alliten vor Ausbruch des Konkurses erworben habe, anders zu behandeln, als d...r Anspruch aus Rükgabe einer erhaltenen Zahlung . es s.^i desshalb der Richter des Angesprochenen im einen wie im andern ^alle berechtigt, s e i n und nicht sremdes Reeht zur Anwendung zu bringen.

ferner anerkenne das dritte Konkordat von 18l)4, ebenfalls bestätigt 1828 (^), dass jeder Schuldner vor seinem natürlichen Riehter , also auch naeh seinem natürlichen Rechte, d. h. demjenigen seines Wohnortes gesucht werden mnsse. Wenn ihn. nun aber die Tragweite im ^inne der ...^tandeskommission des Kantons Glarus gegeben wurde, so würde nieht uur jenes alteVrinzip. sondern auch Art. .^l) der Bundesverfassung verlezt. Wenn durch das Konkordat Rechtsverhältnisse, welche in einem andern Kanton abgeschlossen und abgewikelt worden seien , nur desshalb

216 einem fremden Recht unterworfen werden wollten, weil der e i n e Kontrahent in kürzerer oder längerer Zeit nachher in Konkurs gerathen sei, so würden dadurch e^ post Rechtsgeschäste einem ganz andern Richter unterworfen, als demjenigen, welchem sie von Ansang an gehort haben.

.Uebrigens wolle auch das Glarner Gesez selbst den Rükfall nicht in der beanspruchten Weise. Der Art. 212 des Landbnches behandle die Rechtsverhältnisse, die beidseitig während der kritischen Zeit entstanden, ganz anders, als die a l t e n Geschäfte. Die erstern sollen aus Begehren der Masse reseindirt werden: die Masse sei berechtigt, g e g e n R ü k g a b e d e s s e n , was der Fallit empfangen, Rükgabe seiner Leistung zu ^ fordern. Die Zahlung einer a l t e n Schuld dagegen soll einsaß unwirksam sein und ^rükgesordert werden konnen. Gegenüber Herrn Korner konne nun bloss der erstere Saz Anwendung finden uud der Betrag für die Wertpapiere nur zurükgesordert werden gegen Rükgabe der Werth^ papiere.

Die Konkursmasse habe zwar dnrch ihren Anwalt vor Gericht vor..

tragen lassen, dass die soeben entwikelte Auffassung des Gesezes der Ausfassung der Glarner^Gerichte nicht entspreche, sondern dass bei zweiseitigen, von beiden Betheiligten in der kritischen Zeit abgeschlossenen Geschäften, das Empsa^geue einseitig von dem Dritten zurükgegeben und der dies^ seitige Anspruch lediglieh in der Konkursmasse li.^.uidirt werden müsse.

Allein diese Auffassung würde dazu führen, dass Unterschlagung und Betrug

privilegirt wären, und somit vollig unsittlich sein.

J n E r w ä g un g :

1^ Wenn vorab von Seite des Herrn J. G. Korner der Standeskommission des Kantons Glarus die Legitimation zur Beschwerde bestritten werden will, so ist dagegen zu erinnern, dass es sieh darnm handelt, ob die Vorschriften eines Konkordates verlebt seien, worüber geu.iss jeder dem Konkordat beigetretene Kanton .^ie Jnteroention der Bundesbel^orden anrusen darf, ganz abgesehen davon, dass die Standeskommission nur auf den Wuusch der unterlegenen Vartei auftritt ; 2) Was sodann die streitige Frage betrisst, ob Herr Korner sehnldig sei , die empsangenen Zahlungen .Bieder in die Schiudler^sehe Konkursmasse einzuwerfen, so sind die Parteien darüber einig, dass zur Entscheiduug dieser ^rage die züreherischen Gerichte zuständig seien ; sie gehen aber dann darin auseinander, ob diese Gerichte nach zürcherisehem oder uaeh glarnerischem Recht ^u urtheilen haben.

3) Es ist allgemeine Reehtsregel, dass der Riehter in jedem Kantor seine Laudesgese.^e zur Anwendung bringt uud fremde Geseze nur daun in Berüksichtiguug kommen, wenn die eigenen Landesgese^.. dieses für gewisse Fälle vorschreiben, oder .r.enn Staatsverträge oder Bnudesvorsehristen dieses erheischen.

4) Das privatrechtliehe Gesezbueh des Kantons Zürich enthält in

Art.

7 eine Bestimmung im angezogenen Sinne, und es srägt sich also

217 nur noch, ob nach dem Konkordat vom l 5. Juni 1804, bestätigt den 8. Juli 18l8, dessen .Anwendbarkeit von keiner Seite in Zweifel gezogen wird, die Bestimmungen des glarnerischen Gesezes über das Rükfallsreeht von den Gerichten des Kantons Zürich in Anwendung ^u

bringen sind.

5^ Eine derartige Bestimmung steht aber nicht im Konkordat, und es lässt sich annehmen, dass wenn die konkordirenden Kantone eine solche mit den allgemeinen Rechtsgrundsäzen und dem interkantonalen Recht im Widersprach stehende Rorm hätten ausstellen wollen, so würde dieses entweder ansdrüklieh gesagt worden sein, oder es müsste eine solche Auslegung sich klar und unzweideutig nachweisen lassen . was aber nicht der

Fall ist.

6)

Das genannte Konkordat und das damit in engem Zusammen-

hang stehende Konkordat vom 7. .^nni 18l 0, bestätigt den 8. Juli 1818,

ordnen das materielle Koukursreeht in zwei Hauptrichtungen:

a. Es wird die Universalität und Attraktivkrast des Konkurses in dem Sinne festgestellt, dass alles bewegliehe, unbeschwerte und dem ^alliten unbestritten ^ugehorige Vermogen, solches mag liegen, wo es wolle, ohne weiters in die allgemeine Konkursmasse gezogen werden solle ; b. D^e so gebildete Konkursmasse soll nach einem einheitlichen Gese^ zur Verteilung an die Kreditoren kommen und insbesondere sollen die Fragen der Kollokation nach den Gesezen des Ortes entschieden werden, wo der Konkurs ausgetragen wird, wobei alle ..^chwei^er der Konkordatskantone, die als Kreditoren austreten, gleich behan^elt werden sollen.

7) Hr. Korner tritt aber nicht als Kreditor aus, und in dieser Richtung hat daher das Koukurs^ericht in Glarns nichts mit ihm ^u schaffen.

Anderseits sind die von Schindler geleisteten Zahlungen sehon vor Ausbrnch des Falliments an den reehtmässigen Gläubiger gemacht worden, so dass es sich nieht darum handelt, ,,Eigenthnm des Fallitene in die Masse ^u ^iehen , sondern die ^rage sieh vielmehr dahin prä^isiren lässt, ob Hr. Korner schuldig sei, eine bereits in sein Eigentl^.m ubergegangeue Summe wieder aushin^ugeben. Diese ^rage lasst sich nicht ans Bestimmnngen der Konkordate beantworten , die Ansprache ist daher einfach eiuer Forderung gleichzustellen , welche die Masse als Re..htsnaehfolgerin des Kridars erhebt und worüber nach allgemeinen Rechtsregeln der Richter des Wohnortes nach seinen Gesezen zu entscheiden hat.

8) Diese Annahme wird vom 7. Juni 1810 aufgestellte wo bei Effekten eines ^alliten, weder das Eigenthum desselben daraus von der Fallin.enlsmasse

noeh durch die in Art. 2 des Konkordates Ausnahme unterstü^t, wonach in fällen, die in einem andern Kanton liegen, ent^ oder die Hypothek oder das Pfandrecht in Streit gezogen wird, nicht nur der

2l8 Gerichtsstand, sondern nach einer konstanten Vrar^is auch die Gesetzgebung der belesenen Sache als zuständig angenommen wird. Wenn nun schon mit Bezug auf Sehuldverhältnisse, die in einem andern Kanton entstanden, aber nicht abgewikelt sind, nicht der Konknrsrichter nach seinem Gesez zu entscheiden hat, so ist nach Analogie noch weniger anzunehmen, dass dieses bei erledigten Rechtsgesehästen , die aber später zu Forderungen Anlass geben, der Fall sein sollte ; beschlossen: 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Besehluss der Regierung des Kantons ^ürieh znhanden der dortigen Gerichte und des Rekursbeklagteu. sowie der Standeskommission ^es Kantons Glarns sur sich und zuhanden der Sehindler^hen Fallimentsbehorde mitzuteilen, unter Rüksendung der Akten.

Also beschlossen, B er n ,^ den 2..). Dezember 1865.

Jm Ramen des schweb. Bundesrathes,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

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Bundesrathsbeschluss in Sachen der Standeskommission des Kantons Glarus betreffend das Rükfallsrecht im Konkurse des Banquier J. M. Schindler in Glarus. (Vom 29.

Dezember 1865.)

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03.03.1866

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