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Spezialbericht des

Herrn

Fracheboud,

betreffend den Rekurs der .Binder Guex-Perey.

(Vom 12. Juli 1866.)

Tit. l Mit Schreib..... an den Bnndespräsidenten von. .l 6. Februar 1866 haben die Herren Advokaten .Locher und Eonod , namens der Binder Guer-Perey, von Cossonay, Kts. Waadt, das Besuch gestellt, es mochte.

- in angemessener Form - dem Rekurse Folge gegeben werden, de... bereits im Mai 1862 eingebracht .vurde und über den die Bundesversammlung im Monat Juli gl. J. abzusprechen hatte.

Folgendes sind im Wesentlichen die verschiedenen Phasen , welche diese Angelegenheit durchlaufen hat.

Heinrich Schellenberg, vou Jgeuhauseu, Kts. Zürich, niedergelassen in Cossonay, verstarb daselbst am 6. Juli 1846 mit Hinterlassung von Bindern und einer Wittwe , welche durch Ehevertrag zur Vormünderin ihrer Binder. eingesezt war, und die nach dem Tode ihr.s Mannes von den waadtlaudischeu Behordeu in dieser Eigensehaft überdiess bestätigt

wurde. Ju Folge diesfälliger Ermächtigung erklärt.. Frau Schellenberg

namens ihrer minderjährigeu Binder die Auuahme der Hinterlassenschaft ihres Mannes. Seit den. 13. Januar 1840 blieben demnach die Kinder Schellenberg im Besize des von ihrem Vater im Kanton Waadt h unterlassenen Vermögens.

Jm Jahre 1856, also 10 Jahre nach dem Ableb....n ihres Vaters, fiel den Kindern Sch..llenberg von ihren. in Pfäffikon verstorbenen Grossvater väterlicherseits eine Erbschaft in der eben genannten Gemeinde zu.

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Dieser indem lassen ihrem

Umstand v..raulasste die Da^wischenkunft der ^ürcher Behörde.., dieselben d^n Bindern Schellenberg , welche Eossonal.. ni.ht ve.^ hatten , einen Vormund bestellten , mit der Ausgabe , das von Grossvater ererbte Vermögen zu verwalten.

Run verlangten die Binder Schellenberg, unterftüzt von den waadtländer Behörden, dass das betreffende, in Vsäffikon gelegene Vermögen der leztern ausgehandigt werde , damit dasselbe gleichzeitig mit dem in Eossona..., befindlichen verwaltet werden könne. Dieses ..begehren wurde jedoch durch Bnudesrathsbeschluss vom 26. Mai 1.^57 abgewiesen, so dass dieser ..^unkt des vorliegenden .Prozesses abgethau erscheint, da gegen besagten Entscheid keine Schritte unternommen wurden.

^ie Veranlassung ^u dem Rekurse, der die Bundesbehörden nun fchon mehrfach beschästigt hat, liegt in Folgendem : Hr. Franz ^^^....re... von Eosso....^ hatte seinem Schwager, dem obgenannten Heinrich Schellenberg, Bürgschaft geleistet für eine Summe, die gegenwärtig aus Fr. 11,308. 73 beziffert wird, welche Summe er seiner ^eit dem Glauber bezahlen musste. ^ach dem Tode des Hrn.

G..e^^er^ waren seine Binder, welche die von ihrem Vat.^r bezahlte, dem Vermögen der Binder Schellenberg in Eossona^ zu gut gekommene Summe nicht hatten zurükerlangen können , natürlich darauf bedacht, ans das Vermögen zu greifen , welches leztere im Danton Zürich befassen. Zu diesem B..huse zitirten sie den waadtlander Vormund der Binder Sch^llenberg vor das Gericht von Eossona^ , welches dann aus das Nichterscheinen des .^itirten - den Klägern ihre ^..gehren Ansprach, d. h. die Beklagten in die .Bezahlung der ^umme von ^r. 11,308. 73 vergällte.

Mit diesem vom .). Marz. 185.) datirten Urtheil von Eossona.^ be^ wafsnet, stellte der Vormund der Binder G...er^, Hx. ..^^org Eeosse...., au die Behörde von Zürich das Gesuch um Vollziehung desselben.

dieses Vollziehuugsbegehren ist es nun , welches den Konflikt hervorrief , der zu den^ im Jahr 1862 vom Nationalrath und vom Ständerath gesassten abweichenden Beschlüssen führte.

....... urch Beschluß vom 22. Januar 1862 hatte der Ständerath, der ..^lufsassung des Bundesrathe^ sich nähernd , deu Grnudsaz aufgestellt, dass nach Art. 4.) der Bundesverfassung das Urtheil von Eossoua^ zur Vollziehung gelangen müsse, dass jedoch vorher bei Betreibung dieser ..Angelegenheit die vom ^ürcher Gesez vorgeschriebenen Formalitäten zu erfüllen seien. ^er Nationalrath ging von einer andern Anschauung aus . er fand . da zwei Vormundschaften bestehen ^- eine in Eoss^na^, die andere in ^faffikon -^ so sei das Gericht vou
l^ossoua.... nicht kompetent zur Erlassung eines Urtheils g..g..n den ^üreher Vormund der Kinder ...^ehellenberg ; und da anderseits der für das im Kauton Zürich gelegen^ Vernwgen aufgestellte gesezliehe Vertreter der Schuldner, d. h.

der Kinder Schellenberg, nicht in den Fall gesezt war, a..ts die ^or-

7^4 derungeu der Familie ^u.^^e...^ ^u antworten, so s...i ^as Urtheil. von ^ossona^, ihm gegenüber, als nu.ht zu R...cht bestehend ansehen. ^iess ist auch der Staudpunkt, den die zürcherischen Berichte bei ihrer Opposttion gegen das Voll^iehuugsb^ehreu des Berichts ^soua... ^..nahmen.

J.. der Julisession d^... Bundesversammlung tauchte dann die namliche Angelegenheit abermals auf. An. 11. Juli .l ^62 kam es zu einem neu^.n Beschluß des Stäuderaths , welcher mit Rüksicht aus die.

widersprechende Auffassung der beiden Räthe die ^.xledigung des Au^ standes dem Bundesrath überlassen wollte . wogegen jedoch der ^ational^ rath , ohne Zuführung von .^rwägune.e.. , einfache Abweisung des Re.^ knrses beschloss. ^ie beiden ...äihe behalten am 1^). und resp. 2l. Jnli ans ihren beglichen Schlu^nahmen.

Inzwischen iau^t^ , und zwar erst nachdem du. eben erwähnten Sehlnssnahnien .^efasst waren, von Seite des Hrn. Locher, eine.... der Advokaten der ^rb..... ^.^Bere..., ein... vom ^.). Juli 1.^62 datirt..^ ^uschrist ein, worin .^r die ^nrükziehung seiues Rekurses erklärte . jedoch mit de^.. sorn^lieh .n Vorbehalt , dass er damit k.eine^weg^ daraus ver.^ zlcht.. , den Schuz des Bundesrath^ ^egen das Urtheil des ^ürcher Obergerichts anzurufen.

Ju der That wurde acht Ta^ später (au. 27. Juli l .^62^ vont.

Vorm...ude der Binder (^ue^ das ...^such an den Bundesrath ^..stellt, es wolle ders.^.be das Urth^il von ^ossona.. voli^iehbax erkiaren. ...^ies...

Behord... wies jedoch den Rekurrenten mit B.schlnss vom l 2. November gl. J. ab ; vo.. der Ansaht ausgehend , dass di^ Angelegenheit direkt^ vor d^ Bundesversanunlung gebracht worden sei, und dass dent Bundesrathe die Anhandnahme und t^rledigun^ derselben tun so wenige. .^u..

komme, als der Nationalrath es unun.wunden abgelehnt habe, s.ch der Anschauungsweise des .Ständeraths anzuschließen, der seinerseits sich dem damaligen ^ro^edere der ^artei Gu..^ genest zeigte.

J^u Weitern stufte der Bundesrath seinen ablehnenden Bescheid auf die ^estinnnuna, des Gesezes über den G..s.h..ftsv..r^.hr zwischen den eldg^nossisehen Ruthen, wornaeh je^e ^.rage liegen bleibt , wenn jene auf ihren Meinungs.^.

dissereu^.u beharren.

Rachd.^m die Frag.. i.. dieses Stadium getreten und die ^iuder ^ue^ere^ hierauf uah^u vier Jahre ^ugewartet haben, treten dieselben nunniehr , ohne
^.veif..l der vielen in dieser Angelegenheit hin und her gethanen, indess nicht vom geringsten Erfolge begleiteten ^ehrltte müde, wieder vor die Bundesversammlung . wobei sie sieh jedoeh darauf be..

schränken, durchras Organ ihrer genannten Anwälte, der HH. A^vo^ katen .^oehex und .^onod, an den ^nndespräsidenten das oben berührte Schreiben voni 16. Februar .rbhin , begleitet von eine^n ^.^.eniplare ^er am 1. Mai 1862 au ^ie .Bundesversammlung eingereichten Einlage, zurichten. Beig..st^t sind nur die Worte: .Lausanne, im J.^.uuar 1^66^ für richtige Uebersezung: ^h. .^onod, Advokat.

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^

Aus diese einfache A..a^e hin hat nun der ...Nationalrath sich neuere dings mit dieser Frage zu befassen.

Zw^.i Bunkte stnd hiebe. iu^s Auge zu fassen : die Formsrage und die materielle .Hauptfrage.

^. ^rmfra^e.

Rach Art. 6 des betr^f...nden bleibt , wenn die beiden Räthe in Fassungen beharren, dieselbe liegen.

Anstand, d. h. die Reklamation der

gesezes vom 22. Dezember 184.^ einer ^rage auf abweichenden AufWas nun den uns beschäftigenden Binder .^ue^-.^e......^ von Eossoua...,

betrifft, so liesse sich der bisher nicht erzielte Austrag desselben herbei^

sühreu entweder durch gütliche ^Abfindung der .fartele.., welche jedoch in weitem Felde zu sein scheint , oder dann durch erneuerte Anregung der Streitfrage bei den .Käthen , diess jedoch auf dem vorgeschriebenen Wege , d. h. in Form eines Antrags von Seit.. eines Mitgliedes der Bundesversammlung, oder eines Gesuchs der Jnteressenten selbst.

Mit andern Worten: es steht den Kindern Gue^Ver..^ durchaus frei, si^h - mit klaren und bestimmten Konklnsionen - neuerdings au die Bundesversammlung zu wenden.

Haben dieselben nun mit ihrer Zuschrift vom 16. ^bruar abhin die leserlichen Formeu erfüllt^ Offenbar nieht; denn sie haben si.h darauf beschränkt, die von. Mai 1862 datirt... Eingabe, welche ^u den abweichenden Sehlussnahmen des Nationalraths und des Ständeraths Veranlassung gab, der Bundesversammlung neuerdings zu unterbreiten; während unter diesen Vorauss^uugen und iu dieser Form jeder der beiden

Räthe sein lentes Wort gesprochen hat. Mit Recht hat daher der Bundesrath unterm 12. .^...mbe... 18.^2 erklärt, dass es ihm nicht ^

komme, di^ Vollziehbaxkeit d^s Urtheils von ^ossona.., anzusprechen, indem er dadnrch ^war der ^nffassung des Ständerathes , nicht ab...r derjenigen des Nationalraths ein Genüge leisten würde.

Unter sobewandten Umständen war es demnach , wie uns dünkt, aug.^e.gt , die Angelegenheit unter klarer Darlegung des ^wekes der Reklamation und unter Ra^hsuehuug erneuerten Eintretens aus dieselbe wieder vor die Räth.. zu bringen. wogegen es begreiflich dermalen nicht angeht, sich auf eine einsame Reproduktion vou Akten zu beschränke^, welche den frühern Berathuugeu zu Grunde lagen. Will man - so fragen wir - das Bestehen zweier Vormundschaften anfechten ; will man die Verfassungswidxigkeit der züreherischen Urtheile daxzuthun, oder sich auf das Begehren beschränken, dass das Urtheil des waadtland...... Richters gemäss Art. 4.) d.^.r Bundesverfassung vollziehbar erklärt werdet.

Jn jedem ^alle ist es unerläßlich , hierüber irgend einen Anhaltspunkt zu haben, namentlich mit Rüksi.ht aus die mehrfachen Phasen, denen diese Angelegenheit unterlag, und auf die .^erwikelungeu, welche die .^..xozesssehritte derErb.en Gue^-^ere.^ bisher leider zu keinem ^iele gelangen ließen.

^746 Es wäre sehr zu wünschen, dass die besagten Erben, die (wie nicht zu .bezweifeln ist) eine rechtmäßige Forderung gegen die ^.ind...: Sehellenb^rg .vertreten, endlich zu ihrer Sache kämen, resp. dass die Jnhaber des im Danton Zürich liegenden, den erstern zn.n ^sand dienenden Vermogens ^al.^n gebracht würden, dieselben zu befriedigen, ohne sich hierzu dnrch die heraufbeschworenen Anstände beirren zu lassen. Es ist in der ......hat nicht zu verkennen , dass diese Gläubiger sich in einer bedauer^chen .^age befind^. Sie wenden sich an den Bnndesrath behnss Erwir^ung des Volles des Urteils von Eosson...^ dieser aber ist

^enothigt, ihnen zu er^lär^n. ich bin inkompetent; die Angelegenheit

^wurde direkte bei den vergebenden Rätheu anhängig gemacht; das ^..esez erlaubt demnach dem Bundesrathe nicht, sich in die Sache zu mischen. Und da anderseits di^ beiden Räthe zu keiner Einigung ge.^

langen konnten, so steht d.^s Urtheil des ^ürcher Obex^ericht.^ d^.r Wi....^ samkeit des waadtländischen Urlh^ls entg^.^n. Rach welker S^ite sich

^lso auch die ^Reknrreuten wenden, so zeigt sich ihnen gegenwärtig kein Ausweg zur ^el.tendmachung einer Forderung, welche von ihren Schuld..

nern selbst, d. h. von den E.geuthümern des betresfeuden, iu. ^t. ^üru.h verwalteten Vermogens, nicht bestritten ist.

B. .^a^.f^e.

Rach den voraus^gaugeuen ^euierkungen ist aus die Erorternng der b.^i dieser ^rage in Betracht kommenden Grundsä^ und Ror^uen einstweilen nicht einzutreten, indem einerseits die Räthe sich bereits des Weitläufigen damit beschäftigt haben , und man anderseits besser thnn wird, die Bahren der Erbschast .^^.e^-^ere^, welche dieselbe veraulasst ^ein konnte, den Käthen der Eidgeuossens^aft in g.^horiger ^or^u zu unt.^r^reiten, vorerst abzuwarten.

Es ist demnach üb ...... die Vorlage zur Tagesordnung zu schreiten.

B e r n , den ^2. Juli 1866.

^. ^che.^d.

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II. Spezialbericht des Herrn Fracheboud, betreffend den Rekurs der Kinder Guex-Perey.

(Vom 12. Juli 1866.)

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22.09.1866

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