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Bericht . der

nationalrätlichen Alkoholkommission über die Geschäftsführung und die Rechnung der Alkoholverwaltung pro 1898.

(Vom 10. November 1899.)

Tit.

I. Einleitung.

Zur Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen soll seitens der Kantone 1/10 des Monopolgewinnes verwendet werden (Art. 32bis der Bundesverfassung und Art. 13 des Alkoholgesetzes). Ein besonderer Bericht des Bundesrates hierüber wird von speciellen Kommissionen der eidgenössischen Räte geprüft werden.

II. Gesetzgebung.

Infolge des Beschlusses der Bundesversammlung vom 19. März 1897 betreffend die Erledigung des Postulates Hochstraßer-Häberlin wurde die Revision von Art. 2 des Alkoholgesetzes notwendig und dadurch die Frage aufgeworfen, ob nicht überhaupt das Alkoholgesetz einer eingreifenden Revision zu unterziehen sei. Der Bundesrat hat jedoch gefunden, es sei wohlgethan, bei einem Gesetze, das so tief in die allgemeinen Verhältnisse einschneidet, eine gewisse Stabilität eintreten zu lassen und nicht ohne Not den vollen Kampf der widerstreitenden Meinungen herauizubeschwören. Die

654 diesbezügliche Vorlage des Bundesrates beschränkte sich daher auf die Revision der Art. 2 und 14. Auch wir finden, es sei richtiger, von einer Totalrevision des bestehenden Gesetzes vom Jahre 1886 Umgang zu nehmen, da sich dasselbe im ganzen gut bewährt hat, halten aber dafür, es dürften auch "noch die Art. 5, 6 und 8 abgeändert werden, letzterer im Sinne der Herabsetzung des Verkaufsminimums von 40 auf 20 Liter, wodurch einem längst geäußerten Begehren des Großhandels teilweise entsprochen wird.

Über diese Revisionsvorschläge wird der Nationalrat in der Dezembersession 1899 zu beraten haben. Ist dann diese Revision abgeschlossen, so kann auch das Postulat betreffend den Erlaß eines Organisationsgesetzes erledigt werden.

Im Februar 1898 hat die 3. Konferenz der Kantonsdelegierten mit dem Finanzdepartement stattgefunden ; als Gegenstand der Beratung figurierte die ,,Revision des Alkoholgesetzesa. Es zeigte sich, daß die Mehrheit der Delegierten einer Revision verschiedener Artikel zwar nicht abgeneigt war, von derselben aber eine Mehrung und nicht eine Minderung der Alkoholeinnahmen erwartet.

Die meisten (cirka s/0 der Brennereiverträge waren im Jahre 1898 abgelaufen; sie sind inzwischen auf je ein Jahr erneuert worden. Nach stattgefundener Gesetzesrevision wird eine Gesamterneuerung der Losbetriebe mit gleichzeitiger Revision des BrennereiPflichtenheftes stattfinden, und es sollen dannzumal einheitliche Formulare für die Buchführung der Brennereien eingeführt werden.

IIL Organisation und Personelles.

Das Alkoholmonopol wird in folgender Weise ausgeführt: 1. durch die eigentliche Alkoholverwaltung in Bern, welche insbesondere den Einkauf und die Buchhaltung zu besorgen und die chemisch-technische Abteilung zu überwachen hat ; 2. durch den Aufsichtsdienst über die Brennereien, ausgeführt durch neun Controleure, welche in verschiedenen Gegenden der Schweiz stationiert sind; 3. durch drei Lagerhausverwaltungen in Burgdorf, Romanshorn und Delsberg, mit letzterer ist eine Rektifikationsanstalt verbunden; die betreffenden Gebäulichkeiten sind Eigentum der Alkoholverwaltung, und ihro Herstellungskosten sind amortisiert ;

655 4. durch drei Lagerhäuser in Aarau, Basel und Buchs, das erste von der Aktiengesellschaft der Lagerhäuser der Centralschweiz, das zweite von der schweizerischen Centralbahn und das letztere von den Vereinigten Schweizerbahnen gemietet ; 5. durch Organe des Bundes selbst, indem die Zoll- und Postverwaltung' den Grenzdienst und die Finanzverwaltung den Kassadienst besorgt.

Die Anzahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter, 1895 tagesdurchschnittlich 78 betragend, ist seither fortwährend bei 76 stehen geblieben, wovon 33 beim Centralamt in Bern und 43 in den Lagerhäusern in Delsberg, Burgdorf und Romanshorn arbeiten.

Dagegen sind die Ausgaben der Verwaltung im allgemeinen seit 1897 etwas gewachsen, eine Folge der höhern Ansätze der Besoldungen seit Inkrafttreten des bezüglichen Gesetzes. Immerhin bleiben die betreffenden Ausgaben pro 1898 rund Fr. 900 unter dem Budgetansatze.

IV. Einkauf.

A. Inlandsware.

Der Bezug von Inlandsware belief sich 1898 auf 23,472 Metercentner oder rund 20% des Landes Verbrauchs (Trinksprit und Denaturierungsware zusammengezählt). Bei der Inlandsbrennerei sind 9!/2 Kantone beteiligt; mitunter werden von den Losinhabern aucli Rohstoffe aus ändern Kantonen, in welchen keine Brennereien existieren, verarbeitet ; doch gechieht solches nicht in bedeutendem Maße. Der Durchschnitt der Ablieferungen hat in den letzten fünf Jahren (1894/98) 23,240 Metercentner oder 22% betragen.

Der Durchschnittspreis der Inlandsware stellte sich im Berichtsjahre auf Fr. 88. 10 per Metercentner.

B. Auslandsware.

Irn Jahre 1898 wurden 70,000 Metercentner aus ÖsterreichUngarn und 9000 Metercentner aus Deutschland bezogen. Von 1893 bis 1897 waren die Preise sämtlicher Spritsorteu fortwährend im Sinken begriffen. Fein- und Sekundasprit, welche bei uns die größte Verwendung aufweisen, gingen von Fr. 40 im Jahre 1893 successive auf Fr. 24 im Jahre 1897 zurück (unverzollt per Metercentner) ; dann hatten die Preise wieder etwas angezogen, und unsere Notierung pro 1898 von durchschnittlich Fr. 26 für Fein-

656 und Sekundasprit bezeichnet einen Aufschlag von 8% gegenüber dem Vorjahre. Die Durchschnittskosten der Auslandsware im Berichtsjahre stellten sich auf Fr. 50.37, Fracht und Zoll mit Fr. 23.64 Inbegriffen.

V. Yerkauf.

Der Absatz des monopolpflichtigen Trinksprits ist gegenüber dem Vorjahre um 1577 Metercentner gestiegen und betrug 65,232 Meterzentner. Das Jahr 1895 weist mit 56,168 Metercentner den tiefsten, das Jahr 1892 mit 68,768 Metercentner den höchsten Absatz in dieser Spritsorte auf. Nicht inbegriffen in dieser Zahl sind cirka 2000 Metercentner, welche exportiert wurden. An Denaturierungsware wurden 53,898 Metercentner bezogen, gerade doppelt so viel als im Jahre 1890, die Vermehrung ist eine konstante, und daraus erklärt sich, daß der Gesamtabsatz (Trinksprit und Denaturierungsware zusammengezählt) mit 119,130 Metercentnern pro 1898 die höchste Zahl aufweist.

VI. Monopolgebühreu auf Qualitätsspirituosen etc.

Die daherigen Einnahmen betragen rund Fr. 700,000 und weisen gegenüber dem Vorjahr eine Vermehrung von Fr. 26,000 · auf. Der Budgetansatz betrug nur Fr. 600,000 ; es erscheint angezeigt, diesen Posten jeweilen im Voranschlage tief anzusetzen, da sich die für den Import maßgebenden Faktoren der Berechnung entziehen.

Die eingeführten Qualitätsspirituosen zahlen eine Monopolgebühr von Fr. 80 per Metercentner brutto, ohne Unterschied des Alkoholgehaltes. Die ändern alkoholartigen Fabrikate (Wermut ausgenommen), welche sich als Getränke qualifizieren oder zur Zubereitung derselben dienlich sind, zahlen ebenfalls Fr. 80 bei mehr als 25% Alkoholgehalt und Fr. 20 bei weniger als 25% Alkoholgehalt brutto per Metercentner.

YIII. Strafbestimmuugeii.

Im Jahre 1898 wurden 16 Strafverfügungen erlassen; die diesfälligen Bußen im Betrage von Fr. 3634 wurden einbezahlt.

Als Verleideranteil wurden Fr. 1520 an die beteiligten Kantone und ebensoviel an die beteiligten Gemeinden ausgerichtet. Dem Verleiderfonds wurden Fr. 1447 zugewiesen und demselben Fr. 550

657 für Gratifikationen an drei Controleure gemäß § 16 des Reglements für Vollziehung von Strafbestimmungen vom 3. Juli 1895 entnommen. Dieser Fonds, aus welchem auch die Unfallversicherung der Controleure bestritton wird, hat dermalen einen Bestand von Fr. 2663. Die Vergehen betreffen größtenteils das unerlaubte Brennen von Bierabfällen, Kartoffeln etc. ; die Hälfte der Straffälle fiel in diesem Jahre auf den Kanton Solothurn, womit allerdings nicht bewiesen ist, daß dort mehr als anderswo gesündiget worden ist.

Von 7 Kantonen wurden wegen Übertretungen des Alkoholgesetzes in 18 Fällen Bußen im Gesamtbetrage von Fr. 603 verhängt. ' Im fernem wurden von der Zollverwaltung wegen umgangenen Monopolgebühren 43 Bußen im Gesamtbeträge von Fr. 2450 bezogen.

IX.--X. Rechnuiig und Bilanz und Schlusserörterungen.

Eine besondere Subkommission, bestehend aus mehreren Mitgliedern der beiden Alkoholkommissionen (des National- und Ständerates) hat sowohl die Rechnung als auch die Buchführung der Alkoholverwaltung geprüft und alles in guter Ordnung gefunden, und wir schließen uns ihrem Antrage auf Genehmigung der Alkoholrochnung an.

Der Betriebsüberschuß der Alkoholverwaltung pro 1898 hat Fr. 7,249,782 betragen ; er bildet das höchste Ergebnis, das seit der im Jahre 1887 erfolgten Einführung des Alkoholmonopoles erreicht wurde. Sowohl der vermehrte Absatz von Trinksprit als auch die niedrigen Einkaufspreise, welche im Jahre 1898 zur Effektuierung gelangten, haben dieses günstige Resultat herbeigeführt. Wir haben in unserm letzten Berichte die Erstellung eines Verwaltungsgebäudes angeregt und Sie haben damals beschlossen, aus der 1897er Rechnung Fr. 50,000 auszuscheiden und in einen hierfür bestimmten Fonds zu legen. Der Bundesrat beantragt Ihnen nun angesichts des sehr günstigen Jahresergebnisses, diesem Fonds neuerdings Fr. 150,000 zuzuwenden, so daß derselbe dann Fr. 200,000 betragen wird. An die Kantone wurden pro 1898 verteilt: Fr. 6,453,334 gleich Fr. 2. 20 per Kopf der Bevölkerung, während das Budget pro 1898 nur Fr. 5,866,668 oder Fr. 2 per Kopf vorgesehen hatte.

Das Alkoholanleihen vom Jahre 1888 im Betrage von Fr. 5,900,000, wovon Fr. 4,084,000 für Expropriation von Brennereien und Fr. 1,816,000 für Lagerhauseinrichtungen etc.

B'undeablatt. 51. Jahrg. Bd. V.

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verwendet wurden, ist nun gänzlich amortisiert, indem im Jahr 1898 die letzte Rate von Fr. 590,000 getilgt wurde. Dieser Posten wird somit in Zukunft das Alkoholbudget nicht mehr belasten.

Im übrigen dürfte das Jahresergebnis pro 1899 etwas geringer als dasjenige von 1898 ausfallen, denn einerseits haben wir höhere Einkaufspreise und gleichzeitig eine Abnahme des Verkaufs von Trinksprit zu verzeichnen; indessen sind diese Faktoren bei Aufstellung des Budgets pro 1899 in Berücksichtigung gezogen worden, so daß das in letzterm vorgesehene Erträgnis annähernd eintreffen wird.

Z ü r i c h , den 10. November 1899.

Namens der Kommission,

Der Berichterstatter :

J. J. Abegg.

-s***?-

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29.11.1899

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