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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch der Julie Chevrolet von Lugnez.

(Vom 14. Februar 1899.)

Tit.

Durch Urteil des Polizeirichters von Pruntrut, d. d. 21. Juli 1898, wurde die Witwe J u l i e C h e v r o l e t wegen Übertretung des Viehseuchengesetzes in eine Geldbuße von Fr. 30 und zu den Kosten von Fr. 4. 65 verfällt.

Die Angeschuldigte hatte 16 Schafe zur Sommerung übernommen ; von diesen standen 2 um, ohne daß der kompetenten Behörde hiervon Kenntnis gegeben wurde ; erst beim 3. Schaf, das umstand, machte die Chevrolet dem Viehinspektor Anzeige, und die Untersuchung durch den Tierarzt ergab, daß dasselbe an Rauschbrand erkrankt war. Es wird angenommen, daß durch diese Schafe der Rauschbrand in der Gegend von Damphreux-Lugnez verbreitet worden sei. Mit Eingabe vom 7. Dezember 1898 sucht die Verurteilte um Begnadigung nach und führt zur Begründung an, daß sie die gesetzlichen Vorschriften nicht gekannt habe und wegen Armut außer stände sei, die Buße zu bezahlen.

Nach Maßgabe eines grundsätzlichen Entscheides der Bundesversammlung vom 24. April 1883 sind die Bundesbehörden in allen den Fällen zum Entscheid über Begnadigungsgesuche ausschließlich zuständig, wo die Verurteilung auf Grund eines Bundesgesetzes, sei es durch eidgenössische, sei es durch kantonale Gerichte, stattgefunden hat, und zwar auch dann, wenn durch das

302 betreffende Bundesgesetz die Gerichtsbarkeit ausdrücklich den kantonalen Gerichten zugewiesen ist.

In Bezug auf die von der Verurteilten angebrachten Begnadigungsgründe haben wir zu bemerken, daß Unkenntnis der Gesetze weder Straflösigkeit noch Begnadigung begründen kann.

Nach dem Berichte des Regierungsstatthalters von Pruntrut wurde durch die Sorglosigkeit der Petentin ein großer Schaden herbeigeführt. Wenn die Verurteilte wegen Armut außer stände sein sollte, die Buße 211 bezahlen, so bleibt das Urteil einstweilen unvollzogen, da eine Umwandlung der Buße in Freiheitsstrafe im Viehseuchengesetz nicht vorgesehen und daher nicht zulässig ist.

Die Regierung des Kantons Bern nimmt in ihrer Zuschrift vorn 14. Dezember 1898 Umgang davon, das Begnadigungsgesuch der Petentin zu begutachten und übermittelt dasselbe dem Bundesrat zur gutfindenden Behandlung.

Nach Prüfung der Akten und auf Antrag des Justiz- und Polizeidepartementes ist der Bundesrat nicht in der Lage, das Gesuch zu empfehlen, und stellt den A n t r ag:

Es sei auf das Begnadigungsgesuch C h e v r o l e t nicht einzutreten.

der Witwe

J u l i es

B e r n , den 14. Februar 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch der Julie Chevrolet von Lugnez. (Vom 14. Februar 1899.)

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Jahr

1899

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22.02.1899

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301-302

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