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Schweizerisches Bundesblatt.

51. Jahrgang. V.

Nr. 48.

29. November 1899.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern,

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Revision der Bundesbeschlüsse über Berufsbildung (Postulat vom 1. Juli 1898).

(Vom

21. November 1899.)

Tit.

Am l, Juli beschlossen die eidgenössischen Räte folgendes Postulat : ,,Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen, ob es nicht am Platze wäre, die B u n d e s b e s c h l ü s s e b e t r e f f e n d die industrielle und gewerbliche, die kommerzielle, s o w i e d i e l a n d - u n d d i e hauswirtschaftliche Berufsb i l d u n g einer R e v i s i o n zu unterziehen. Die daherige Berichterstattung soll sich namentlich darüber aussprechen, ob und welche einheitlichen Grundsätze für die Durchführung dieser Bundesbeschlüsse aufzustellen seien, um eine vollständige und gleichmäßige Berücksichtigung aller einschlagenden Bildungsbestrebungen, sowie eine geregelte Auszahlung der Bundesbeiträge zu erreichen. Es soll ferner untersucht werden, ob und inwiefern die Beschränkung der Stipendien auf ,,Lehramtskandidaten" modifiziert und einer praktischen Berufsbildung der Stipendiaten Vorschub geleistet werden könnte."

Um für die zu veranstaltende Untersuchung eine genauere Wegleitung zu erhalten, ersuchte das Industriedepartement am 30. Juli Herrn Nationalrat E. W i l d in St. Gallen als den Haupturheber des Postulats, in schriftlicher Darlegung mitteilen zu wollen, Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

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562 welche Gründe ihn zur bezüglichen Antragstellung in den Räten veranlaßten, welche Bestimmungen im einzelnen er eingeführt zu sehen wünsche, und welche bestimmte Vorschläge er eventuell einzureichen im Falle sei. Herr Wild übernahm die Arbeit in verdankenswerter Weise und unterbreitete dem Departement schon am 20. August den Entwurf zu einem einheitlichen Bundesbeschlusse betreffend Förderung der beruflichen Bildung, als Revision der Bundesbsschlüsse vom 27. Juni 1884 (gewerbliche und industrielle Berufsbildung), 15. April 1891 (kommerzielle Bildung), 20. Dezember 1895 (hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts), den Entwurf einer Vollziehungsverordnung zu diesem Bundesbesehlusse, eine Begründung beider Entwürfe.

Diese Dokumente wurden am 17. September auch der Handelsund der Landwirtschaftsabteilung zugestellt, mit dem Ersuchen, über das erwähnte Postulat ihre Berichte und Anträge einzubringen.

Ferner überwies das IndustriedepäFfemerit die Angelegenheit am 19. September einer S u b k o m m i s s i o n , bestehend aus den Obmännern der drei Gruppen seines Expertenkollegiums (Herren Bendel, Jung, Tissot), mit folgendem Auftrag: ,,Gegenstand der Untersuchung ist das genannte Postulat; immerhin haben Sie sich mit der kommerziellen und landwirtschaftlichen Berufsbildung nur insoweit /u befassen, als die formelle Verschmelzung der bezüglichen Vorschriften in einen einheitlichen Bundesbeschluß in Frage kommt. Das Projekt Wild selbst ist für die Kommission nicht bindend ; sie kann es nach Gutfmden als Grundlage wählen oder aber eigene Vorschläge aufstellen und begründen. Zu erörtern ist natürlich auch die grundsätzliche Frage, ob eine Revision der Bundesbeschlüsse gutzuheißen sei oder nicht. Ihre Anträge und ihren Bericht hat uns die Obmännerkommission schriftlich einzureichen. "· Die Obmännerkommission behandelte diesen Auftrag in ihrer Sitzung vom 16. und 17. Januar 1899; als Resultat ihrer Beratungen legte sie dem Industriedepartement einen vom 21. Januar datierten Bericht vor, begleitet vom Entwurf einer Vollziehungsverordnung zu den Bundesbeschlüssen betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung (vom 27. Juni 1884) und betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts (vom 20. Dezember 1895).

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Ferner langte ein die Ansichtsäüßerung der L a n d w i r t s c h a f t s a b t e i l u n g , vom 21. März 1899, sowie ein Gutachten des S e k r e t a r i a t s f ü r d a s k o m m e r z i e l l e Bild.ungswesen, vom 1. April 1899.

Sämtliche, meist gedruckten Materialien wurden der Gesamtk o m m i s s i o n der eidgenössischen Experten für das gewerbliche und industrielle Bildungswesen unter Beizug der eidgenössischen Expertin für die weibliche Berufsbildung vorgelegt; diese Kommission erledigte die Beratung des Gegenstandes unter dem Vorsitz des Departementsvorstehers in ihren Sitzungen vom 10./ll. April.

Wir sind nunmehr in der Lage, Ihnen über die Angelegenheit folgenden Bericht zu erstatten.

I. Der Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung, vom 27. Juni 1884.

Es werden im wesentlichen folgende Punkte geltend gemacht, welche eine Revision des Bundesbeschlusses begründen sollen : 1. Bewilligung von B u n d e s s t i p e n d i e n nicht nur für ,,Lehramtskandidaten"- (Art. 5), sondern überhaupt für Schüler, welche an Lehranstalten oder in der Praxis sich beruflich ausbilden. Hierbei wird betont, daß Fachlehrer für die Bedürfnisse des beruflich ausgestalteten Unterrichts zur Lehrbefähigung einer speciellen praktischen Berufslehre in einer Erwerbsbranche bedürfen.

2. Aufnahme des Grundsatzes, daß bei Festsetzung der B u n d e s s t i p e n d i e n nicht nur, wie die Vollziehungsverordnung vom 27. Januar 1885 bisher vorschrieb (Art. 5), die kantonalen, sondern auch kommunale und private Beiträge angerechnet werden, in dem Sinne, daß, wenn solche geleistet werden, das Bundesstipendium sich entsprechend erhöhe. Das gleiche Verfahren soll für die Subventionierung von K u r s e n gelten.

3. Zulassung von A u s n a h m e n in Bezug auf die Vorschrift von A r t . 7 des Bundesbeschlusses (,,die Beiträge des Bundes dürfen keine Verminderung der bisherigen Leistungen der Kantone, Gemeinden, Korporationen und Privaten zur Folge haben") zu gunsten solcher Unternehmungen, welche durch momentan äußerste Aufbietung der finanziellen Kräfte ins Leben gerufen werden.

4. Aufnahme der Vorschrift, daß das E i n t r i t t s - und S c h u l g e l d an einer subventionierten Anstalt für alle schweizerischen Schüler gleich sein solle, jedoch mit Zulassung der Ausnahme, daß subventionierende Kantone, Gemeinden und Korpo-

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rationen die Befreiung ihrer Angehörigen von jenen Auflagen ausbedingen können.

5. Im allgemeinen wird es als wünschbar bezeichnet, wenigstens die drei S u b v e n t i o n s b e s c h l ü s s e von 1884, 1891 und 1895 zu verschmelzen, um zu vereinheitlichen, was gleichartige Behandlung erfahren sollte.

Zum voraus bemerken wir, daß unsere folgenden Erörterungen durchweg mit der Ansichtsäußerung und den Anträgen der oben erwähnten Kommissionen der Obmänner und der Experten selbst übereinstimmen, und daß unsere Ausführungen sich teilweise mit den in den eingegangenen Berichten enthaltenen decken. Wir sehen deshalb davon ab, die letztern unserer gegenwärtigen Vorlage als Anhang beizugeben, und beschränken uns darauf, dieselben Ihren Kommissionen zuzustellen.

Eine formelle Prüfung des W o r t l a u t e s des B u n d e s b e s c h l u s s e s betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung wird erkennen lassen, daß dieser Wortlaut heute da und dort etwas präciser gefaßt und den thatsächlichen Verhältnissen, die sich im Laufe der 15jährigen Wirksamkeit des Bundesbeschlusses und zum Teil auf Grund derselben herausgebildet haben, enger und genauer angepaßt werden könnte. Es sei beispielsweise erinnert an die wenig zutreffende Benennung der Schulkategorien in Art. 2, und an den Umstand, daß der Ausdruck ,,Lehramtskandidaten"' in Art. 5 Anlaß zu Mißdeutungen giebt. Seit Jahren trifft ferner unser Industriedepartement eine Reihe fördernder Maßnahmen, die, obwohl im Bundesbeschluß dem Wortlaute nach nicht vorgesehen, dennoch nach seinem Sinn und Geist als zulässig und gerechtfertigt erscheinen, und an denen auch die Bundesversammlung bisher keinen Anstoß nahm ; wir nennen nur : Beiträge an Fachzeitschriften betreffend die gewerbliche Bildung, Veranstaltung von Schulausstellungen, Studienreisen der eidgenössischen Experten und Reisestipendien an Lehrer subventionierter Schulanstalten, Beiträge an die Kosten der vom schweizerischen Gewerbeverein organisierten Prüfungen der Gewerbelehrlinge und an die Kosten des von demselben Verein ins Leben gerufenen Instituts der Förderung der gewerblichen Berufslehre beim Meister u. s. w. Man könnte also annehmen, daß es geboten wäre, den Bundesbeschluß redaktionell präciser und vollständiger zu fassen.

Aber gerade der hie und da etwas allgemein und weniger bestimmt lautende Beschluß bot bisher den großen Vorteil, daß den aus der Entwicklung des gewerblichen Bildungswesens sich ergebenden

565 neuen Verhältnissen und Bedürfnissen Rechnung getragen werden konnte, ohne daß beengende Bestimmungen dies hinderten. Umgekehrt ist das Departement durch keine formelle Bestimmungen gebunden, solche aus der Entwicklung der Verhältnisse im allgemeinen oder aus momentanen Bedürfnissen getroffene Maßnahmen aufrecht zu erhalten, oder, wenn aus diesen oder jenen Gründen es ratsam erscheinen wird, sie wieder fallen zu lassen. Wir erblicken also in der jetzigen Fassung des Bundesbeschlusses keinen Nachteil, viel eher dagegen eine weise Vorsicht des Gesetzgebers, der Entwicklung den erforderlichen Spielraum zu bieten.

Es fragt sich nun, ob die materielle Prüfung des Bundesbeschlusses die Wünschbarkeit oder die Notwendigkeit einer Revision erweise. Man wird zur Beantwortung dieser Frage festzustellen haben, ob der Beschluß Bestimmungen enthalte, welche bisher der verständnisvollen Verwirklichung der Absichten, die dem Gesetzgeber bei diesem Werke vorschwebten, hinderlich waren, oder ob die einschlägigen Verhältnisse im Verlaufe der Wirksamkeit des Bundesbeschlusses sich so sehr anders gestaltet haben, daß dadurch eine Änderung einzelner Bestimmungen notwendig wird, oder endlich, ob die Verhältnisse in Zukunft sich so sehr anders zu gestalten haben, als anfänglich angenommen und beabsichtigt wurde.

Was zunächst die E r f a h r u n g e n des Industriedepartements betrifft, so ist zu betonen, daß sie äußerst zufriedenstellend sind. Die Vollziehung des Bundesbeschlusses gab nur außerordentlich selten zu Anständen, die dazu unerheblicher Art waren, Anlaß, und es ist eine bemerkenswerte Thatsache, daß auf diesem Unterrichtsgebiete, das großenteils neu zu bebauen war und ein weitgehendes Eingreifen des Bundes erfuhr, die Anwendung der maßgebenden Vorschriften und die Thätigkeit der verschiedenen amtlichen und privaten Organe sozusagen stets glatt vor sich ging.

Ist doch beispielsweise von dem in Art. 9 des Vollziehungsreglements vom 27. Januar 1885 eingeräumten Rechte, die Departeïnentsentscheide an den Bundesrat weiterzuziehen, noch niemals Gebrauch gemacht worden. Und doch sind Faktoren von großer Bedeutung und Tragweite im Spiele, wie aus folgender Zusammenstellung ersichtlich ist, die zugleich, was die eigentlichen Berufsbildungsanstalten betrifft, die Wirkungen des Bundesbeschlusses seit seinem Inkrafttreten veranschaulicht:

566 Zahl der subvenJahr. tionierten Gesamtausgaben.

Bildungsanstalten.

1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899

43

86 98 110 118 125 132 139 156 177 185 203 216 212 226 228

Beiträge von Kantonen, Gemeinden, Korporationen und Privaten.

Bundesbeiträge.

Fr.

Fr.

Fr.

438,234. 65 811,872.16 958,569. 70 1,024,462. 84 1,202,512. 29 1,390.702. 29 1,399^986. 67 1,522,431, 10 1,750,021.99 1,764,069.52 1,994,389. -68 2,203,133. 29 2,696,197. 79 2,608,270. 06 2,759,366. 11

304,674. 65 517,895.38 594,045. 64 636,751. 62 724,824. 01 814,696.77 773,614. 30 851,567. 67 954,299. 70 981,137.12 1,118,392.43 1,265,635.66 1,472,707.42 1,511,166. 47 1,599,127. 47

42,609. 88 151,940. 22 200.375, 25 219,044. 68 284,257. 75 321,364.-- 341,542. 25 363,757.-- 403,771. -- 447,476.-- 470,399. -- 567,752.-- 632,957.-- 673,902. -- 712,285. -- 786,229.--

24,524,220. 14 14,120,536. 28

6,619,662. 03

iriiSiS ::;.! 1

Nach den Wahrnehmungen des Departements ist nicht nur die materielle Hülfe des Bundes, sondern auch die von ihm geübte Aufsicht und seine Beratung in Organisations- und Unterrichtssachen von den Behörden und Anstalten in der Regel dankbar und willig entgegengenommen worden. Unter dem jetzigen Bundesbeschluß gedieh zugestandenermaßen das gewerbliche Bildungswesen in erfreulicher Weise. Das spricht zu gunsten der im Beschluß ausgesprochenen Grundsätze, wie auch wohl zu gunsten der Durchführungsweise. Wir haben auch von anderer Seite weder die Wünschbarkeit, noch gar die Notwendigkeit einer Abänderung äußern hören.

Die E r f a h r u n g e n der eidgenössischen E x p e r t e n -- wir erinnern daran, daß ständige Experten (zur Zeit 12) jährlich einmal die um Bundessubvention einkommenden Bildungsanstalten inspizieren und über das Resultat dem Industriedepartement be-

567 lichten -- sind aus folgender Stelle ersichtlich, welche dem Bericht der Obmänner der 3 Expertengruppen (l. Gruppe : technischgewerbliche Anstalten, 2.: kunstgewerbliche Anstalten, 3.: Handwerkerschulen, gewerbliche Fortbildungs- und Zeichnenschulen) vom 21. Januar 1899 entnommen ist: ,,Wir Obmänner haben die Ehre, seit Inkrafttreten des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche Berufsbildung als Experten zu fungieren, und es hat uns somit an anhaltender Gelegenheit nicht gefehlt, tiefere Einblicke in die Wirkungen dieses Bundesbeschlusses auf die Entwicklung und die Leistungsfähigkeit dieses Unterrichtsgebietes zu gewinnen. Mit Befriedigung können wir im allgemeinen konstatieren., daß dank der Unterstützung und Beratung seitens des Bundes der gewerbliche Bildungsapparat nicht nur ein dem Bedürfnis entsprechend größerer, sondern auch vielseitigerer geworden ist und daß er vielfach durch bessere Anpassung des Unterrichtsstoffes und der Methoden an den Unterrichtszweck, durch Gewinnung von tüchtigen Lehrkräften und Verbesserung der Lehrmittel bessere Erfolge von Jahr zu Jahr erzielt. Allein auch die Erscheinung müssen wir leider doch immer wieder konstatieren, daß die theoretische und namentlich die zeichnerische Vorbildung der Schüler, welche in die vom Bunde subventionierten Schulen eintreten, stets noch vieles zu wünschen übrig läßt, wodurch der Unterrichtszweck letzterer Schulen stets wieder verschoben, der Unterrichtserfolg darnieder gehalten wird. Diese Erscheinung macht sich namentlich mehr oder minder stark dort geltend, wo die aufzunehmenden Schiller nur Primarschulbildung mitbringen. Und überall dort, wo die Alltagsschule vor dem 14. Altersjahr der Schüler aufhört, ist der Mangel einer ausgiebigen organischen Verbindung zwischen Alltagsschule und gewerblicher Fortbildungsschule empfindlich spürbar.

Um wie vieles erfolgreicher würde unser gewerbliches und hauswirtschaftliches Bildungswesen wirken können, welch' wesentlich größern Vorteil für die fortschrittliche Entwicklung unserer Gewerbe und Industrien würden die großen Opfer des Bundes wie diejenigen der Kantone und Gemeinden darbieten müssen, wenn überall ernstlich am weitern Ausbau der Volksschule gearbeitet würde, wenn namentlich auch für einen ausreichenden Zeichenunterricht einsichtige und energische Fürsorge getroffen würde,
wenn Lehrstoff und Lehrmethoden in der obersten Primarschulstufe sich an die Vorkommnisse des praktischen, des beruflichen Lebens enger anpassen würden. Unsicher erweist sich auch Organisation und Gefiige der gewerblichen Fortbildungsschulen,

568 wo die Kantone sich mit Zahlung von Beiträgen für die weitere Fürsorge absolvieren. Meistenorts ist der Besuch und auch die Dauer des Besuchs einer gewerblichen Fortbildungsschule dem Ermessen des 15- und 16jährigen Jünglings anheimgestellt. Nur in den immer noch selteneren Fällen, wo eine obligatorische, allgemeine Fortbildungsschule an die Volksschule anschließt, wird mittelbar auf den Besuch der gewerblichen gedrückt. In jenen somit vorherrschenden Fällen wird eine planmäßige und ausgiebige Förderung der Schüler überaus beeinträchtigt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Zeit für die Unterrichtsstunden unserer gewerblichen Fortbildungsschulen ; nur langsam und mühsam rücken die Kurse auf eine frühere Abendzeit vor.a Wenn die Revision des Bundesbeschlusses in Frage steht, kann also im Hinblick auf das Vorstehende der AVunsch begreiflich erscheinen, es möchte durch die Revision das A u f s i c h t s r e c h t des B u n d e s (Art. 5), auch angesichts seiner von Jahr zu Jahr wachsenden Leistungen, e r w e i t e r t , und ihm insbesondere ein g r ö ß e r e r E i n f l u ß auf die Vorstufe des gewerblichen Fortbildungsschulwesens und auf dieses selbst in den Kantonen eingeräumt werden, damit die Hemmnisse sich mehr beseitigen ließen, welche der vollen Wirksamkeit unseres beruflichen Bildungswesens Eintrag thun. Allein der Verwirklichung eines solchen Wunsches steht das verfassungsmäßige Recht der Kantone auf die völlig selbständige Verwaltung und Gestaltung ihres Volksschulwesens entgegen. Auch die direkte Regelung der berührten Verhältnisse an den gewerblichen Fortbildungsschulen durch Verfügungen des Bundes dürfte zur Zeit noch Wirkungen nach sich ziehen, welche die bisher in der Regel ruhig und glatt sich vollziehende Durchführung des Bundesbeschlusses eher stören als fördern würden.

Man wird bis auf weiteres sich mit dem Mißverhältnis, daß der Bund zwar an die Kosten des gewerblichen Bildungswesens einen erklecklichen Beitrag bezahlt, aber ohne direkten Einfluß auf die Schulstufe bleibt, welche die Basis für das berufliche Bildungswesen zu bilden hat, abfinden müssen. Glücklicherweise fehlt es nicht völlig an indirekten Mitteln und Methoden, den vorhandenen Übelständen wenigstens einigermaßen und langsam entgegenzuwirken.

Wir möchten daher am Prinzip des Bundesbeschlusses, daß die Mitwirkung
des Bundes an der Entwicklung und am Betrieb des gewerblichen · Bildungswesens nur einen freiwilligen, unverbindlichen Charakter beanspruchen könne, festhalten. Man muß auf die wachsende Einsicht und auf den guten Willen der Kau-

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tone abstellen, ihr Volksschulwesen der fortschreitenden Entwicklung anzupassen und namentlich die fatalen Lücken zu schließen, welche noch vielerorts zwischen dem letzten Schuljahr der Primarschule und dem gewerblichen Fortbildungsunterricht bestehen.

Der Bund wird auch in Zukunft zur wirklichen Förderung der gewerblichen und industriellen Berufsbildung befähigt sein; seine in erster Linie auf der verdienstvollen Thätigkeit der Experten beruhende Kontrolle kann wesentliches zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Anstalten, zur richtigen Anpassung ihres Betriebes an den beruflichen Unterrichtszweck leisten. Die einerseits rechnerische, andererseits didaktische Kontrolle muß ungeschwächt fortdauern, und ist oft geradezu unentbehrlich, wo bei den Nächstbeteiligten die nötige Erfahrung und Sicherheit noch mangelt.

Dabei wird man sich auch ferner hüten, die initiative Kraft der Kantone, Gemeinden und sonstigen Interessentenkreise zu lahmen und diese Faktoren bureaukratisch zu bevormunden.

Wenn wir also einerseits daran festhalten, daß der Bund sich bezüglich der Gewährung wie der Bemessung seiner Subventionen von Fall zu Fall volle Freiheit wahre und das ihm zustehende Recht formeller und materieller Kontrolle nicht schmälern lasse, so sehen wir andererseits davon ab, Revisionsvorschläge aufzustellen, welche das Bestimmungs- und Aufsichtsrecht des Bundes erweitern und wirksamer gestalten sollten.

Wir gehen über zur Erörterung der oben unter Z i f f e r l--5 angegebenen R e v i s i o n s v o r s c h l ä g e .

Ad 1. Dieser Punkt ist wohl als der wichtigste zu betrachten.

Wie aus unserer Botschaft vom 20. November 1883 und aus dem Bericht der ständerätlichen Kommission vom 3. Mai 1884, betreffend die gewerbliche Enquête, hervorgeht, liegt dem Art. 5 des Bundesbeschlusses die Absicht zu Grunde, dem damals konstatierten Mangel an Fach- und Zeichnenlehrern für die bestehenden Anstalten, namentlich für Handwerker- und Fortbildungsschulen, zu begegnen. Es wurde im Beschluß der allerdings nicht ganz glückliche Ausdruck ^Lehramtskandidaten" gewählt.

Nach dem Sinne des Postulats soll die Gewährung von Bundesstipendien nicht nur für die Ausbildung von Lehrern, sondern auch für die berufliche, praktische Fortbildung in Werkstätten oder Ateliers .erfolgen. Für die Verwirklichung dieses Grundsatzes wäre allerdings eine Revision des Bundesbeschlusses erforderlich.

570 Vorab ist nun zu konstatieren, daß das den Bundesbeschluß vollziehende Departement unter ,, L e h r a m t s k a n d i d a t e n " nie etwa angehende Lehrer für Volks- und Mittelschulen, wie man den Ausdruck allerdings deuten könnte, verstanden hat, sondern im weiten Sinne Personen, die sich zum Unterrichterteilen an gewerblichen und industriellen Bildungsanstalten befähigen wollen.

Man ging soweit, die Stipendien, meist in der Form von Reisestipendien, auch auf bereits an solchen Anstalten wirkende Lehrer jeden Grades auszudehnen, sobald es sich darum handelte, ihre Fortbildung zu fördern. Da diese Auffassung stets obwaltete und auch in Zukunft gelten soll, ist in Bezug auf diesen Punkt ein unmittelbares Bedürfnis nach Abänderung von Art. 5 des Bundesbeschlusses nicht vorhanden.

Das Postulat geht unter anderm von der Voraussetzung aus, die Unterstützung des Bundes berücksichtige die Ausbildung von F a c h l e h r e r n f ü r d e n eigentlich b e r u f l i c h ausgestalteten Unterricht ungenügend oder gar nicht. Dieser Auffassung gegenüber ist zu betonen, daß weder die Bestimmungen des Bundesbeschlusses, noch diejenigen des zugehörigen Reglements der Bewilligung von Bundesstipendien an solche im Wege stehen, welche sich nicht nur an Fachschulen, sondern auch in praktischen Betrieben für die spätere Erteilung von wirklichem Berufsunterricht vorbereiten wollen. Es ist überhaupt nie zu vergessen, daß der Unterricht an gewerblichen und industriellen Schulen nur dann ein gedeihlicher und nutzbringender ist, wenn er stets mit der Praxis enge Fühlung hält. Außerdem ist die Aussicht auf Erlangung einer Lehrstelle an einer Fachschule, da diese Stellen in unserm Lande wenig zahlreich sind, eine beschränkte, so daß der junge Mann, sofern es ihm mit der Ausbildung ernst ist, um so mehr veranlaßt wird, sich die Befähigung des praktischen ArbeitenS in seinem Berufe zu erwerben.

Wie wenig die Bestimmungen bezüglich der Verabfolgung von Bundesstipendien und die Ausführung derselben durch das Industriedepartement die praktische berufliche Ausbildung der Stipendiaten hinderten, illustriert am deutlichsten die Thatsache, daß von den 53 Inhabern von Bundesstipendien bis zum Jahr 1892 nicht weniger als 34 im genannten Jahre in gewerblicher oder industrieller Praxis teils selbständig, teils als Angestellte thätig
waren, und zwar als Industriezeichner 9, als Dekorationsmaler 3, als Holzschnitzer 3, als Bautechniker 3, als Schreiner 2, als Webtechniker 2, und je l als Maschinentechniker, als Schuhmacher und als Eisenbahnangestellter; der hohen Kunst wandten sich 6 Maler

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und 3 Bildhauer zu. Von diesen Stipendiaten hatten 27 = 51 °/o einen theoretisch-praktischen und 26 = 49 °/o einen theoretischzeichnerischen Studiengang befolgt. Daß nur ein kleiner Prozentsatz der Stipendiaten mit theoretisch-praktischem Bildungsgang zur Lehrthätigkeit gelangen werde, war von vornherein leicht anzunehmen aus der Erwägung, daß die Zahl der beruflichen Fachschulen bei uns die Minderzahl bilde, und daß, wie schon bemerkt, für dieses Gebiet das Bedürfnis nach Lehrern ein verhältnismäßig kleines sei. Obiges Ergebnis ist ein Beweis für die large Auffassung, mit der das Industriedepartement die Bestimmungen über das Stipendienwesen von Anfang an handhabte. Aus derselben resultierten nicht zu wenig, wohl aber zu viel Lehrkandidaten für beruflich ausgestalteten Fachunterricht. Und weiterhin kann gesagt werden, daß, wenn die Wirkung der Bundesstipendien in der ersten Periode den Erwartungen nicht völlig entsprach, dies mehr daran lag, daß Bundesbeschluß und Reglement den Stipendiaten eher zu viel als zu wenig Spielraum gewährt hatten.

Das Industriedepartement machte daher die Kantonsregierungen mit Kreisschreiben vom 17. Juni 1892 auf das Stipendienwesen aufmerksam und ersuchte sie um Auskunft über das Schicksal derjenigen Stipendiaten, welche bis dahin ihre Studien beendet hatten (Bundesbl. 1893, I, 640). Das Resultat der Umfrage ist aus dem Kreisschreiben desselben Departements vom 1. August 1893 (Bundesbl. 1894, I, 425) ersichtlich ; es bestätigte die Vermutung, daß die bisherigen Aufwendungen zu einem guten Teil keinen wirklichen Nutzen für die Sache des Berufsbildungswesens gebracht hätten, weshalb das Departement zu Vorsicht und Zurückhaltung mahnte. Aber auch in den hierbei als Wegleitung empfohlenen Grundsätzen des den Kantonen übermittelten Gutachtens ,,betreffend das Bundesstipendiat-zur Heranbildung von Lehrkräften für das gewerbliche und industrielle Bildungswesenu, bearbeitet namens einer Subkomrnission von H. Bendel, findet sich der Antrag, daß bei Erteilung von Bundesstipendien ,,solche Bewerber, welche bereits mit Erfolg eine praktische Ausbildung sich angeeignet haben oder ihren Studiengang so einrichten, daß sie neben der theoretisch-zeichnerischen auch der praktischen Ausbildung teilhaftig werden, den Vorzug erhalten".

Das Gutachten, vom 14. Juli 1893, begründet diesen
Standpunkt wie folgt: ,,Es ist bereits darauf aufmerksam gemacht worden, daß eine ersprießliche Lehrthätigkeit an den kunstgewerblichen und technischgewerblichen Fachschulen und Lehrwerkstätten nicht nur eine

572 gründliche theoretisch-zeichnerische, sondern namentlich auch eine hervorragend praktisch-technische Ausbildung und Leistungsfähigkeit zur Voraussetzung; haben müsse und überdies ein gewisses Vertrautsein mit den Bedürfnissen und Verhältnissen derjenigen Gewerbe und Industrien, welchen die Fachschulen Förderung bieten sollen. Es ist demnach notwendig, daß diejenigen Stipendiaten, welche auf ein späteres Wirken als Lehrer an dieser Gruppe von Schulen reflektieren, frühzeitig der technischen Ausbildung besondere Aufmerksamkeit schenken, sei es durch Absolvieren einer praktischen Lehrzeit, sei es durch ausreichend langen Besuch von Schulen mit den entsprechenden praktischen Kursen. Dazu ist es wünschenswert, daß sie, um einen tiefern Einblick in die Anforderungen der Praxis zu erhalten und ihre Arbeitstüchtigkeit durch intensive Übung zu steigern, nach der Studienzeit, eventuell auch während derselben, einige Zeit in hervorragenden geschäftlichen Betrieben praktisch arbeiten. Selbst für den angehenden Zeichen- und Modellierlehrer ist der Besitz einer kunstgewerblichen Technik ein großer Vorteil. Württemberg verlangt diese Befähigung geradezu von allen Bewerbern um Lehrstellen für Zeichnen und Modellieren an seinen entwickelteren gewerblichen Fortbildungsschulen und leistet dadurch der Verbreitung des Instituts der offenen Zeichensäle wertvollen Vorschub. Leider scheint bei uns selbst unter den Stipendiaten die Anschauung vorzuherrschen, daß für einen Zeichenlehrer eine theoretisch-zeichnerische, bezw. ausschließlich zeichnerische Ausbildung ausreiche.a Das Departement hat denn auch jederzeit junge Leute mit Stipendien bedacht, welche sich in praktischen Betrieben (Werkstätten, Ateliers u. s. w.) des In- und Auslandes für ihren künftigen Lehrberuf ausbilden wollten, und es darf wohl konstatiert werden, daß es eine einseitige Auffassung in der Vollziehung der Vorschriften betreffend das Stipendienwesen nicht befolgte.

Allerdings war im Hinblick auf den Wortlaut und den Zweck dieser Vorschriften der Gesichtspunkt stets maßgebend, daß die theoretische und praktische Ausbildung des Stipendiaten ihm gegebenenfalls die spätere erfolgreiche Ausübung der Unterrichtsthätigkeit an einer beruflichen Schule ermögliche, und daß er in dieser Beziehung mit Bewußtsein gewisse Verpflichtungen übernehme. Das Postulat
geht nun aber weiter, indem es auf das Fallenlassen der Verpflichtung zu späterer Lehrt h ä t i g k e i t abzielt. Es würde sich in diesem Falle nicht sowohl um die Gewinnung von Lehrkräften für das vom Bunde subventionierte gewerbliche und industrielle Schulwesen, als um eine

573 direkte Förderung und Erleichterung der Fachbildung für die dem Gewerbe und der Industrie sich zuwendenden jungen Leute handeln.

Mit dieser Frage hatten wir uns schon friiher zu befassen.

Mit Schreiben vom 6. September 1892 stellte nämlich der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen das Gesuch, einen Bundesbeitrag an die Heranbildung von Gewerbetreibenden zu bewilligen.

Wir lehnten das Begehren am 13. September ab, weil im Bundesbeschluß und Reglement betreffend die Berufsbildung eine solche Unterstützung nicht vorgesehen sei. Außerdem konnten wir uns nicht dazu verstehen, eine Änderung des bestehenden Regimes zu veranlassen, indem schon die mit den Lehramtskandidaten gemachten Erfahrungen keineswegs dazu angethan seien, um zu einer Ausdehnung der Stipendienunterstützung aufzumuntern. Allerdings sei es von höchster Wichtigkeit, daß die Angehörigen von Handwerk und Gewerbe eine tüchtige Berufsbildung erlangen, aber die Mittel des Bundes finden eine bessere Verwendung darin, daß sie den betreffenden Bildungsanstalten die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern und ermöglichen, statt daß jene als direkte Geldunterstützung auch den Schülern zukommen, deren Verhalten sich der fernem Überwachung von Bundesorganen gänzlich entziehe und deren Bestrebungen von letztern kaum in die richtigen Bahnen gewiesen werden können.

Außerdem liege die Gefahr nahe, daß durch das Lockmittel ausgiebiger Unterstützung Elemente angezogen werden, welche einer solchen sich früher oder später als unwürdig erweisen und welche der ganzen Sache nur zum Nachteil gereichen. Wir hielten auch aus finanziellen Rücksichten dafür, daß dieses Gebiet den Kantonen überlassen bleiben solle.

Wir halten diesen Standpunkt auch jetzt noch aufrecht.

Die erste Folge der im Postulat enthaltenen Neuerung würde zunächst eine rasche und bedeutende Zunahme der Gesuche um Bundesstipendien sein. Hielt es beim Bestehen der Klausel betreffend Verpflichtung zur Lehrthätigkeit schon äußerst schwer, die einer Unterstützung Würdigen und die derselben Unwürdigen auszuscheiden, so würde beim Wegfall jener Klausel namentlich die der engen Fühlung mit den nächstbeteiligten Kreisen entbehrende Bundesbehörde geradezu in der Unmöglichkeit sich befinden, irn Heere der Stipendiaten die richtige Auswahl zu treffen und eine Kontrolle über das Verhalten und den
Bildungsgang des einzelnen auszuüben. Die Aufsicht der kantonalen und lokalen Organe aber ist schon nach den bisherigen Erfahrungen oft eine ungenügende.

Es würde gar nicht ausbleiben, daß die Bundesunterstützung einer Reihe von Leuten zukäme, die sie gar nicht verdienen, die auf

574 bequeme Weise, auf die Kraft anderer bauend, ihre Lehrzeit verbringen, die sehr oft nicht einmal die Mittelmäßigkeit erreichen.

Mit der Unterstützung solcher wäre weder den Betreffenden, noch dem Gewerbe und der Industrie ein Dienst erwiesen, wohl aber würde sie geradezu demoralisierend wirken und dem Ansehen des Bundes schweren Eintrag thun.

Eine zwingende Notwendigkeit, die im Postulat beabsichtigte Neuerung einzuführen, besteht jedenfalls für den Bund nicht, wenn auch die gute Absicht des Vorschlages ohne weiteres anzuerkennen ist. Bisher lag die Sache, wie schon oben angedeutet, so : Der Bund fördert finanziell und mit seinem Rat die gewerblichen und industriellen Schulen ; seine Ratschläge und seine Geldbeiträge werden aber den beabsichtigten Zweck nur erreichen können, wenn an den subventionierten Anstalten tüchtige Lehrer wirken ; somit hat er an der Heranbildung geeigneter Lehrkräfte ein direktes Interesse .und hierauf gründet sich die Einführung von Bundesstipendien für die Lehrerbildung. Zu vergessen ist auch nicht, daß schon nach diesem letztern System eine bedeutende Zahl gut ausgebildeter Kräfte für die gewerbliche und industrielle Praxis frei wurde, da ja der Bedarf an Lehrkräften weit unter dem' Angebot bleiben mußte. Für die ja allerdings im Interesse ganzer Gewerbe und Industriekreise liegende Ausbildung vorzüglich veranlagter Leute, denen die eigenen Hülfsmittel hierzu fehlen, ist übrigens schon bisher in mancherlei Beziehung gesorgt worden, indem zahlreiche Beruf'sbildungsanstalten dürftigen Schülern Freiplätzs, Stipendien u. dgl. gewähren ; auch einzelne Kantone verabfolgen solchen angehenden Gewerbetreibenden Stipendien, und es wäre nur zu wünschen, daß die Interessenkreise, Vereine, Gemeinden und Kantone auf diesem Gebiete sich noch mehr bethätigen würden. Die Mitwirkung des Bundes aber darf füglich unterbleiben ; es wird für die Förderung der gewerblichen und industriellen Berufsbildung wertvoller sein, wenn er die ihm in dieser Richtung zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht weiter zersplittert, sondern zusammenhält, um so in möglichst ersprießlicher Weise und mit ausreichenden Maßregeln auch fernerhin an der Vervollkommnung und Erweiterung der einheimischen gewerblichen und industriellen Bildimgsanstalten mitwirken zu können.

Endlich möchten wir hervorheben,
daß die angeregte Ausdehnung der Stipendienbewilligung für den Bund eine ganz erhebliche finanzielle Mehrbelastung bedeuten würde, die eben, wie wir dargethan zu haben glauben, durch den erreichten Nutzen nicht gerechtfertigt würde. Es handelt sich auf diesem Gebiete nicht etwa um eine kleine Ausgabe, wie nachstehende Tabelle zeigt:

Betrag der seit 1884 ausgerichteten Bundesstipendien.

Für Besuch von Schulen.

Jahr.

Stipendiaten.

Betrag.

Für Studienreisen.

Stipendiaten,

Fr.

1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898

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1

13 25 26 34 45 32 20 29 25 17 27 38 44 57

Betrag.

433 124,885 118 linfach gezählt 173 85

Stipendiaten.

Fr.

500

2,940 -- 4 6,400 6 6,800 8 9,250 12,830 28 8,525 -- 3 6,540 1 10,525 7 8,775 6,575 3 5 8,250 9,850 34 11.800 10 15,325 9

Instruktionskurse am Technikum Winterthur.

Betrag.

5,000 3,850 1,500 1,600 ·-- 3,600 3,200 2,750 5,050 300 2,050 2,150 1,850 1,135

20,213 137

34,035

Betrag.

Stipendiaten,

Fr.

--·-

23 11 5 7 -- 14 11 11 21 2 9 10 9 4

--

Stipendiaten.

Fr.

--

1,000 700 750 3,775 --600 1,200 1,850 1,250 1,350 2,618 2,220 2,900

Lehrerfortbildungs- Lehrerbildungskurse Rekapitulation.

kurse in Aarau. für Handfertigkeit.

-- -- -- -- -- -- ---- ---- -- -- --

Betrag.

Stipendiaten,

Fr.

Fr.

--

-- --

3,800 3,000 4,610 7,735 6,790 7,500 7,055 11,290 13,970 -- 15,690 10,300 18,010

Betrag.

1

500

36 92 81 108 161 125 121 122 175 150 41 243 227 297

7,940 15,050 12,000 16,210 24,340 18,915 17,840 21,530 26,965 22,095 11,650 30,308 27,765 39,603

30 41

52 44 59 88 79 87 81 122 128 -- 161 1,595 134 2,233 186

71

3,828 1221 109,750 1980 292,711

-- --- -- -- -- -- -- -- --· --

576

Es ist mit aller Sicherheit vorauszusehen, daß die aufzuwendenden Summen in starker Progression steigen würden, wenn das Postulat verwirklicht werden sollte. Bekanntlich ist aber die finanzielle Situation des Bundes eine derartige, daß eher Zurückhaltung, als Dekretierung vermehrter Ausgaben von problematischem Werte als geboten erscheint.

Wir kommen also zum Schlüsse, daß der im Vorstehenden erörterte Teil des Postulats abzulehnen sei.

Ad 2. Es liegt unzweifelhaft im Sinne des Bundesbeschlusses (Art. 5), daß bei Bemessung der B u n d e s s t i p e n d i e n das in Art. 4 desselben niedergelegte allgemeine Prinzip ebenfalls gelten solle, nämlich daß sie sich nicht nur nach den vom Kanton, sondern auch nach den von Gemeinden, Korporationen und Privaten geleisteten Beiträgen richten sollen. Wir sind also mit dieser Forderung des Postulats ganz einverstanden, nur berührt sie, weil im Bundesbeschluß schon enthalten, diesen nicht, sondern sie muß durch Abänderung von Art. 5 des Vol l z i e h u n g a r e g i e m en t s vom 27. Januar 1885 verwirklicht werden. Wir werden also bei Besprechung dieses Reglements auf die Frage zurückkommen, gleichzeitig aber in Aussicht nehmen, daß der Grundsatz von Art. 4 des Bundesbeschlusses in seiner ganzen Ausdehnung auf das Stipendienwesen zur Anwendung gelange, wonach die Beiträge des Bundes nur bis auf die Hälfte der von anderer Seite geleisteten gehen würden.

Was die K u r s e betrifft, so wurde allerdings bisher, sofern es sich nicht um bleibende Veranstaltungen handelte, ein Bundesbeitrag verabfolgt, welcher demjenigen des Kantons gleich kam, Es handelt sieh hauptsächlich um Fachkurse, welche berufliche Organisationen der Meister oder Gesellen veranstalten. Die ausnahmsweise günstigere finanzielle Behandlung ermöglichte im einzelnen Falle eine erwünschte Erleichterung für die Einrichtung und für die Teilnehmer des Kurses, welche oft in den Restbetrag der Kosten sich zu teilen hatten. Die Erfahrung hat aber gezeigt, daß es je länger desto schwieriger wird, zwischen regelmäßigen und außerordentlichen Kursen eine Grenze zu finden, und daß man daher in Gefahr steht, einer schwankenden, unabsichtlich willkürlichen Praxis zu verfallen. Eigentlich ist es auch eine Unbilligkeit, solche vorübergehende Kurse günstiger zu behandeln, als die regelmäßig betriebenen. Wir möchten daher den Grundsatz von Art. 4 des Bundesbeschlusses auch für die nicht ständigen Fachkurse in Zukunft angewandt wissen, wonach also für die

577

Berechnung der Bundessubvention nicht nur die Beitragsleistung des Kantons, sondern auch diejenige von Gemeinden u. s. w. in Betracht fallen, der Bundesbeitrag aber nur bis auf die Hälfte der anderweitigen Leistungen gehen würde. Auch dieser Punkt ist in der Vollziehungsverordnung zu regeln.

Ad 3. Die durch Einschiebung der Worte ,, i n d e r K e g e l " beabsichtigte Abschwächung von Art. 7 des Bundesbeschlusses können wir nicht befürworten. Die Praxis war bisher denn doch so vernünftig, daß sie Fällen Rechnimg trug, wo die Kontribuenten vorübergehend außerordentliche Anstrengungen machen mußten, um z. B. die Gründung einer Anstalt, einmalige besondere Einrichtungen, Installationen, Anschaffungen u. s. w. zu ermöglichen. Es hätte wirklich keinen Sinn, unter solchen Umständen den Grundsatz von Art. 7 zur Anwendung zu bringen, der doch gewiß nur für diejenigen Fälle bestimmt ist, wo die r e g e l m ä ß i g e Beitragsleistung von Kanton, Gemeinde, Korporationen und Privaten zurückgeht. Es ist auch nicht bekannt, daß die bisherige Handhabung des Artikels zu Klagen berechtigten Anlaß gegeben hätte. Übrigens ist offenbar dieser Revisionspunkt von untergeordneter Bedeutung.

Ad 4. Die vorgeschlagene Vorschrift leidet an dem innern Widerspruch, daß sie die aufzustellende Regel -- gleiches Eintritts- und Schulgeld für alle schweizerischen Schüler -- sofort mit Gestaltung einer Ausnahme zu gunsten der subventionierenden Kantone, Gemeinden und Korporationen durchbricht, einer Ausnahme, die nach den obwaltenden Verhältnissen sehr leicht selbst zur Regel werden könnte. Übrigens müßte ein Ausfall an Schulgeld wieder durch Beitragsleistung der Kontribuenten ausgeglichen » werden. Wir halten dafür, es sei zweckmäßig, beim bisherigen Verfahren zu bleiben, welches darin bestand, daß, wo im einz e l n e n F a l l e Unbilligkeiten oder auffällige Ungleichheiten hinsichtlich des Schulgeldes sich zeigten, das subventionierende Departement eine Prüfung der Sachlage und eventuell Abhülfe veranlaßte.

Ad 5. Das Postulat möchte seinem Wortlaut nach in den Grundsätzen bezüglich der vom Bunde den vier in Frage stehenden Unterrichtsgebieten zuzuwendenden Förderung und in der Durchführung dieser Grundsätze Einheitlichkeit erzielen und daher die Zusammenlegung der betreffenden Vorschriften in Aussicht nehmen.

Dieser auf den
ersten Blick plausible Gedanke kann bei näherer Prüfung nicht empfohlen werden. Die Bestimmungen bezüglich der Förderung des l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B i l d u n g s w e s e n s Bundesblatt, ol. Jahrg. Bd. V.

39

578 durch den Bund sind nicht in einem besondern Bundesbeschluß, sondern im Bundesgesetze betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, vom 22. Dezember 1893, enthalten.

Wir werden an anderer Stelle zeigen, daß diese Bestimmungen nicht revisionsbedürftig sind ; um so weniger könnten wir uns daher dazu verstehen, sie dem erwähnten Gesetze auf dem Revisionswege zu entnehmen und in einen nur der Einheitlichkeit willen angestrebten Bundesbeschluß einzufügen. Muß aber das landwirtschaftliche Unterrichtswesen bei Seite gelassen werden, so wird jene Einheitlichkeit nicht erreicht. Übrigens ist eine solche Vereinheitlichung bezüglich der d r e i ü b r i g e n U n t e r r i c h t s g e b i e t e , wenigstens soweit die Bundesbeschlüsse in Betracht fallen, schon deshalb überflüssig, weil sich die Bundesbeschlüsse betreffend die kommerzielle und betreffend die hauswirtschaftlichc Bildung ausdrücklich auf die Bestimmungen des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche Berufsbildung berufen, beziehungsweise eine analoge Anwendung der Bestimmungen dieses letztern vorschreiben. Wenn sich nun ungleiche Durchführung dieser Bestimmungen für die verschiedenen Unterrichtsgebiete konstatieren läßt, so ist sie allein auf Rechnung der Vollziehungsverordnungen und der Praxis zu setzen. Selbstverständlich können nun diese Verordnungen nicht verschmolzen werden, wenn die Bundesbeschlüsse getrennte Fassung behalten, was wir hiermit ausdrücklich befürworten.

Dagegen läßt sich eine Übereinstimmung der diese Bundesbeschlüsse betreffenden Durchführungsbestimmungen, soweit eine solche sich sachlich befürworten und praktisch erzielen läßt, auch ohne jene Zusammenlegung der V o l l z i e h u n g s v e r o r d n u n g e n einfach dadurch herbeiführen, daß man diese letztem nach einheitlichen Gesichtspunkten r e v i d i e r t . Das geht schon deshalb auch viel leichter, weil diese Revision dem Bundesrat zusteht und vorzubereiten ist von dem e i n e n Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement. Noch sei übrigens ' betont, daß eine einheitliche Vollziehungsverordnung auch nur für die drei Bundesbeschlüsse betreffend gewerbliche, kommerzielle und hauswirtschaftliche Bildung erst recht Unklarheit und Verwirrung schaffen würde. Denn da die auf den genannten Gebieten bestehenden Verhältnisse innerlich doch bis
zu einem gewissen Grade verschiedenartig sind, würden die einen Artikel Bestimmungen enthalten, die allgemein für die sämtlichen drei Gebiete verbindlich sein sollen, andere Artikel solche, weiche sich nur auf ein specielles Gebiet beziehen.

Viel leichter und sicherer wird sich eine Schulbehörde über irgend eine Vorschrift orientieren, wenn sie einen Bundesbeschluß und

579 namentlich auch eine Vollziehungsverordnung für nur je ein Schulgebiet befragen kann. Die bisherige Erfahrung lehrt, daß komplizierte Verordnungen auch in Zukunft streng vermieden werden müssen, wenn die Arbeit der Sehulbehörden und des Departements nicht unnütz vermehrt werden soll.

Über die zu revidierenden Punkte der Vollziehungsverordnung zum Bundesbeschluß vom 27. Juni 1884 werden wir an anderer Stelle uns aussprechen.

Was die R e v i s i o n des B u n d e s b e s c h l u s s e s selbst betrifft, so glauben wir dargelegt zu haben, daß die zu deren Begründung angeführten Vorschläge im allgemeinen weder notwendig, noch empfehlenswert seien. Wir kommen deshalb zum Schlüsse, es sei von der Vornahme einer Revision zur Zeit entschieden Umgang zu nehmen. Der jetzige Zeitpunkt wäre übrigens für ein solches Unternehmen ein sehr ungünstiger. Die in den Vordergrund getretene Notwendigkeit, die finanziellen Mittel des Bundes zusammenzuhalten, um große nationale Aufgaben endlich ins Werk zu setzen, eröffnet geringe Aussichten für alle jene Bestrebungen, die eine weitere finanzielle Inanspruchnahme ohne zwingende Gründe zur Folge haben müßten. Ja, es läge sogar die Gefahr nahe, daß den von anderer Seite etwa zu gewärtigenden Gelüsten, welche eine Revision des Bundesbeschlusses zweifelsohne wachriefe, ein Gegendruck entgegenwirken würde, unter ·dem sogar die derzeitigen Verpflichtungen des Bundes in Frage gerückt und gefährdet werden könnten, abgesehen davon, daß den im allgemeinen in segensreicher Entwicklung befindlichen Bildungsgebieten eine neue Periode des Experimentes große Schädigungen bringen müßte,

II. Der Bimdesbeschluss betreffend Förderung der kommerziellen Bildung, vom 15. April 1891.

Dieser Beschluß stützt sich auf den Bundesbeschluß betreffend ·die gewerbliche und industrielle Berufsbildung vom 27. Juni 1884, dessen Bestimmungen analoge Anwendung auf die kommerziellen Bildungsanstalten finden sollen. Die vom Postulate verlangte Aufstellung einheitlicher Grundsätze für die Subventionierung der beiden Richtungen der beruflichen Bildung ist somit bereits vorhanden. Auch den übrigen Forderungen, wie der Erweiterung des Kreises subventionsberechtigter Anstalten und der Übereinstimmung der Berechnungsart und Ausrichtung der Bundessubvention .kann an Hand des Bundesbeschlusses ein Genüge geleistet werden.

580 Wir sind der Ansicht, daß weder in materieller noch formeller Hinsicht ein zwingender Grund zur Revision des Bundesbeschlusses vom J5. April 1891 vorliegt. Wenn die Art und Weise, in welcher bisher die Subventionsgesuche für kommerzielle Bildungsanstalten erledigt wurden, in verschiedenen Punkten von der bei den gewerblichen Schulen beobachteten Praxis abwich, so ist dies auf Rechnung der Vollziehungsverordnung zu dem betreffenden Bundesbeschlusse zu setzen. Es ist somit nur eine Revision dieser Verordnung notwendig, um den im Postulate niedergelegten Wünschen und Vorschlägen gerecht zu- werden.

III. Das ßundesgesetz betreffend die Förderung der Landwirtschaft durch den Bund, vom 22. Dezember 1893.

Es darf zunächst wohl daran erinnert werden, daß das Postulat in seinem ursprünglichen, vom Nationalrat angenommenen Wortlaut die landwirtschaftliche Berufsbildung nicht erwähnte, und daß erst im Ständerat der Vollständigkeit halber der bezügliche Zusatz beantragt und gutgeheißen wurde.

. Im übrigen müssen wir konstatieren, daß die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 22. Dezember 1893 und der dazu gehörenden Vollziehungsverordnung vom 10. Juli 1894 in Bezug auf die landwirtschaftliche Berufsbildung genügen, und daß eine Revision derselben nicht als notwendig erachtet wird. Es sind namentlich die mit größern Gutsbetrieben verbundenen theoretisch-praktischen landwirtschaftlichen Schulen und die meistens mit Konvikt versehenen landwirtschaftliehen Winterschulen, die eine gleiche Behandlung mit dem gewerblichen und kaufmännischen Bildungswesen als unthunlich erscheinen lassen. Die landwirtschaftlichen Schulen sind alle, ohne Ausnahme, kantonale oder interkantonale Anstalten, im Gegensatz zur Großzahl der Anstalten für gewerbliche und industrielle Berufsbildung. Dieser Umstand schließt von vornherein aus, daß die für die Unterstützung der einen Kategorie aufgestellten oder aufzustellenden Vorschriften auch auf die andere angewendet werden können. Die Unterstützung der landwirtschaftlichen Schulen geschieht in einfachster Weise dadurch, daß den Kantonen die Hälfte derjenigen Auslagen vom Bunde vergütet wird, die sie für Lehrkräfte und Lehrmittel gemacht haben. Dieses Verfahren hat sich als zweckentsprechend bewährt, und es ist durchaus kein Grund vorhanden, an dessen Stelle kompliziertere Vorschriften zu setzen.

Für die von den Kantonen angeordneten landwirtschaftlichen Vorträge xmd Specialkurse wird die Hälfte der Kosten der Lehr-

581 kräfte und der Lehrmittel vergütet und an die Stipendien für Landwirtschaftslehrer und Kulturtechniker ein gleich hoher Beitrag geleistet, wie von den Kantonen, im Maximum jedoch von je Fr. 600. Dies gemäß Art. 2 des Landwirtschaftsgesetzes durch das der Bundesbeitrag wie für andere zu subventionierenden laadwirtschaftlichen Unternehmungen, im Maximum bis zur Höhe der u kantonalen Leistung ö bestimmt wird.

I.V. Der Bundesbeschluss betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts, vom 20. Dezember 1895.

Es sind uns keine Revisionspunkte speciell mit Bezug auf diesen Bundesbeschluß genannt worden, erklärt doch Art. l ganz einfach, daß die Bestimmungen des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung auf die Anstalten und Unternehmungen zur Förderung der hauswirtschaftlichen und beruflichen Bildung des weiblichen Geschlechts ,,analoge Anwendung" finden. Wir können uns daher kurz fassen, indem wir selbst keine Vorschläge zu machen haben und auf unsere Ausführungen unter Ziffer I verweisen. Wir fügen nur noch bei, daß sich die eidgenössische Expertin für weibliches Bildungswesen mit Schreiben vom 24. Oktober 1898 in folgendem Sinne geäußert hat: Nach reiflicher Erwägung der mir zur Vernehmlassung unterbreiteten Angelegenheit komme ich heute zu dem Schlüsse, daß ich vorläufig in dem Verhältnis des Bundes zu den zu subventionierenden Anstalten für hauswirtschaftliche und berufliche Bildung nichts geändert wünsche. Der Bundesbeschluß besteht noch zu wenig lange in Kraft und ist auch noch nicht auf so breiter Basis zur Anwendung gekommen, daß man heute schon daran rütteln sollte. Seine Form präcisiert bei aller Knappheit den Standpunkt des Gesetzgebers genau, läßt aber nichtsdestoweniger eine weitgehende Vielseitigkeit subventionsberechtigter Anstalten zu und das ist meines Erachtens die 'Hauptsache.

V. Vollziehungsverordnung zu den Bundesbeschlüssen betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung und betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts.

Wir bestätigen unsere bereits ausgesprochene, mit dem Postulat in Übereinstimmung stehende Ansicht, daß; soweit die Natur der

532 Sache es gestattet, für die Wirksamkeit des Bundes auf dem gewerblichen, kommerziellen und hauswirtschaftlichen Unterrichtsgebiete eine gleichmäßige Behandlung nach einheitlichen Grundsätzen anzustreben sei, daß dies jedoch ohne Schwierigkeit durch Revision der betreffenden Vollziehungsverordnungen geschehen könne.

Bisher bestanden : a. das Eeglement über Vollziehung des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung, vom 27. Januar 1885; b. die Vollziehungsverordnung zum Bundesbeschluß betreffend die Förderung der kommerziellen Bildung durch den Bund, vom 24. Juli 1891.

Zum Bundesbeschluß vom 20. Dezember 1895 bestand bisher keine Vollziehungsverordnung ; das Industriedepartement teilte hierüber den Kantonsregierungen in seinem Kreisschreiben vom 8. April 1896 mit, der Erlaß einer solchen sei vorderhand nicht nötig, es sollen vielmehr die Bestimmungen des Reglements vom 27. Januar 1885 sinngemäße Anwendung finden. Die Erfahrung hat seither gezeigt, daß die nämlichen Vollziehungsbestimmungen für die Bundesbeschlüsse von 1884 und 1895 Anwendung finden können. Wir beabsichtigen daher, eine neue Verordnung ausdrücklich für beide Bundesbeschlüsse zu erlassen, nachdem sich nun Gelegenheit geboten hat, deren Vollziehung neuerdings zu ordnen.

Mit der oben unter litt, b genannten Vollziehungsverordnung beschäftigen wir uns an anderer Stelle (Ziffer VI), indem wir daran festhalten, daß der Erlaß einer einheitlichen Verordnung für die gewerbliche und hauswirtschaftliche Bildung einerseits und für die kommerzielle Bildung andererseits untunlich sei.

Wenn wir Ihnen hiermit die unter Ziffer V erwähnte, von der allgemeinen Expertenkonferenz durchberatene und angenommene Vollziehungsverordnung (Beilage I) vorlegen, so geschieht es, wie auch bei der unter Ziffer VI folgenden, deshalb, damit Sie aus dem Entwurf ersehen können, wie wir die Vollziehung der Bundesbeschlüsse zu gestalten beabsichtigen, falls Sie unsern gegenwärtigen Bericht gutheißen und somit auf eine Revision dieser Beschlüsse verzichten. Eine Genehmigung der Verordnungen ist Ihrerseits nicht zu erteilen, da deren Erlaß in unsere Kompetenz fällt. Wir behalten uns auch vor, noch den Kantonsregierungen Gelegenheit zu geben, sich über dieselben zu äußern.

583 Es kann sich daher nicht darum handeln, hier allzu sehr ins Einzelne zugehen, und wir.beschränken uns auf die Besprechung der wichtigsten Punkte. Im allgemeinen war man bestrebt, den Entwurf mit den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 sorgfältig in Einklang zu bringen und die seit dem letztern Jahre gemachten Erfahrungen zu berücksichtigen.

Die hauptsächlichsten Änderungen und Erweiterungen, die das Reglement vom 27. Januar 1885 nach dem Entwurf erfahren würde, sind folgende : 1. Wir haben schon oben (I, ad 2) angedeutet, wie wir die Stipendienerteilung zu regeln beabsichtigen.

Zunächst erscheint es als zweckmäßig, die sämtlichen Bestimmungen bezüglich Bundesstipendien in einem besondern Abschnitt zusammenzufassen. Den leicht zu Mißverständnis Anlaß gebenden Ausdruck des Bundesbeschlusses ,,Lehramtskandidaten" würden wir in der Vollziehungsverordnung durch eine deutlichere Umschreibung ersetzen. Die Aufstellung der Erfordernisse bei der Gesuchstellung (Art 9, litt, a--e) lautet nunmehr bestimmter und orientiert sofort.

Neu ist die Erweiterung der alten Bestimmung, wonach ein Bundesstipendium nur verabfolgt werden durfte, wenn dem Bewerber ein Stipendium von der Kantonsregierung zugesichert war. Wir beabsichtigen statt dessen, nach Maßgabe des in Art. 4 des Bundesbeschlusses niedergelegten Grundsatzes, zu sagen : wenn dem Bewerber von anderer Seite ( K a n t o n , G e m e i n d e , K o r p o r a t i o n e n , S t i f t u n g e n u. s. w.) ein Stipendium verabfolgt werde. Wohl darf man den Grund, welcher zur alten Bestimmung geführt hat, keineswegs verkennen ; der Bund sollte dadurch eine sichere Garantie erhalten, daß er ein von der Kantonsregierung gründlich geprüftes Gesuch erhalte. Nun ist aber zu bedenken, daß diese Bestimmung vielfach Gesuche geradezu ausschließt, die durch Gemeinden, Korporationen oder Stiftungen veranlaßt werden könnten. In der Kegel nehmen es aber Vereine, Stiftungen, Private mit der allseitigen Prüfung von Unterstützungsgesuchen nicht weniger ernst als kantonale Behörden, ja es spricht sogar zu ihren Gunsten der weitere Umstand, daß in den meisten Fällen eine Art von Patronatsverhältnis zu dem Stipendiaten während der Dauer seiner Studien, oft noch über diese hinaus, eintritt, das noch größere Gewähr für würdige und erfolgreiche Verwendung auch eines
Bundesstipendiums zu bieten vermag, als eine kantonale Regierung mit der vorherrschend administrativen Behandlung der Gesuche. Dagegen soll der strikte Wortlaut des Bundesbeschlusses in Zukunft auch für die Bemessung der Stipendienbeträge festgehalten werden,

584

d. h. es soll das Bundesstipendium, nach Maßgabe der Vorschrift von Art. 4 des Bundesbeschlusses, nicht mehr gleich hoch sein dürfen wie dasjenige des Kantons, sondern nur bis z u r H ä l f t e des Gesamtbetrages der von anderer Seite (Kanton, Gemeinde, Stiftungen, Private) gebotenen Summe gehen. Die bisherige Bestimmung des Reglements (Bund und Kanton zu gleichen Teilen) hatte unter anderem den Zweck, die Beschaffung der erforderlichen zahlreichen Lehrkräfte für die zu erwartende Erweiterung des gewerblichen Bildungsapparates zu erleichtern und zu fördern. Dieses Bedürfnis ist nun kein dringendes mehr, und die Erfahrungen mit den Bundesstipendien (siehe oben I, ad 1) lassen überhaupt jene außerordentliche Maßregel heute als nicht mehr empfehlenswert erscheinen.

2. Analog wie die Stipendienerteilung erfolgte bisher auch die Bewilligung von Beiträgen an. t e m p o r ä r e K u r s e , indem sie bis auf die Höhe dei- vom Kanton beschlossenen Leistung ging.

Wir gedenken auch auf diesem Gebiete die als maßgebend anzusehende Bestimmung von Art. 4 des Bundesbeschlusses konsequent anzuwenden, und daher eiuerseits nicht nur Beiträge des Kantons, sondern auch solche von Gemeinden, Vereinen u. s. w. für die Berechnung der Bundessubvention in Betracht zu ziehen, andererseits die letztere nur bis auf die Hälfte der von allen übrigen Kontribuenten geleisteten Summe zu bemessen. Damit werden wir zu einer grundsätzlichen, gleichmäßigen Regelung des Subventionswesens gelangen und die Thätigkeit der Verwaltung wesentlich erleichtern; wir verweisen übrigens auf Ziffer I, ad 2.

3. Die Fassung von Art. 7, Abs. l, des alten Reglements gab früher zu dem Mißverständnis Anlaß, als ob die für die Deckung der dort genannten Ausgaben zu verwendenden Summen bei Berechnung des Bundesbeitrages nicht in Betracht fallen dürften.

Seit einer Reihe von Jahren wird die Bestimmung aber so interpretiert, daß die A n r e c h n u n g jener Summen zulässig sei, daß aber die erwähnten Ausgaben n i c h t a u f R e c h n u n g der Bundessubvention gemacht, also nicht aus Bundesmitteln bezahlt werden dürfen. Der neue Art. 7 setzt dieses Verhältnis in unzweideutiger Weise fest. Eine Einschränkung der angegebenen Praxis würden wir als mit dem Sinne und dem Wortlaute des Bundesbeschlusses nicht vereinbar ansehen, und sie würde den nunmehrigen
Betrieb der Anstalten außerordentlich erschweren, in vielen Fällen verunmöglichen, betragen doch ihre Ausgaben des Jahres 1898 auf dem gewerblichen und industriellen Gebiete für ,,nicht subventionsberechtigtea Posten cirka Fr. 740,000, so daß also, wenn diese

585

Summe für die Berechnung der Bundesleistung in Wegfall käme, diese sich um annähernd die Hälfte dieser Summe vermindert hätte.

Übrigens handelt es sich um Ausgaben (Miete, Unterhalt, Heizung, Beleuchtung der Lokale, Mobiliar, Schulmaterialien u. s. w.), welche eben zum Betrieb gehören, also gemacht werden müssen, und zu deren Deckung die anderweitigen Leistungen herbeigezogen werden.

4. Neu ist die Bestimmung von Art. 8, Abs. 1. Sie beruht auf der vom Industriedepartement befolgten Praxis, sowie auf der Vorschrift des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1895, wonach insbesondere darauf hinzuwirken sei, daß bei Förderung des Bildungswesens für das weibliche Geschlecht die w e n i g e r bem i t t e l t e n B e v ö l k e r u n g s k l a s s e n möglichst weitgehend berücksichtigt werden. Über die Schulgeldfrage haben wir uns schon oben (I, ad 4) ausgesprochen.

Es wird sodann verlangt (Art. 8, Abs. 2), daß die S a m m l u n g e n (Museen u. s. w.) unentgeltlich, und zwar zu für den Besuch geeigneter Zeit geöffnet seien. Eintrittsgelder bedeuten eine \ r erkennung der von solchen Instituten zu übernehmenden Aufgabe; maßgebend muß das Bedürfnis derjenigen Kreise sein, für deren Dienst die Anstalt bestimmt ist.

5. In Art. 13, Abs. 2, wird das gegenwärtige Verfahren betreffend d i e ' A u s z a h l u n g der Subventionen bestätigt. In seinem Kreisschreiben vom 6. November 1896 teilte das Industriedepartement den Kantonsregierungen mit : ,,Gemäß dem im Nationalrate zum Ausdruck gelangten Wunsche (siehe die Verhandlungen vom 8. Juni 1. J.) sind wir bereit, solchen Anstalten, deren ungestörter Betrieb gesichert werden soll, auf deren motiviertes Gesuch hin die Bundessubvention in zwei Raten auszurichten, beziehungsweise eine erste Teilzahlung von der ungefähren Hälfte vor stattgehabter Inspektion und Berichterstattung seitens unserer Experten zu bewilligen ; die Teilzahlung kann frühestens jeweilen im Januar erfolgen, da wir vorher über unsern Kredit nicht verfügen dürfen. In jedem einzelnen Falle behalten wir uns dessen Prüfung vor."

Wir halten dafür, daß dieser Modus die besonderen Verhältnisse einzelner Anstalten ausreichend berücksichtige, und daß daher von einem noch weitergehenden Entgegenkommen Umgang zu nehmen sei, um so mehr, als von der Erleichterung nur äußerst selten (1899 in sechs Fällen; Gesamtzahl der subventionierter Anstalten cirka 400) Gebrauch gemacht wird. Zudem ist durch Einschaltung der Worte ,,in der Regel" (Art. 13, Abs. 2) dafür

58ß

gesorgt, daß Bedürfnisse dringender Natur besonders berücksichtigt werden können.

VI. VollziehungsVerordnung zum Bundesbeschluss betreffend Förderung der kommerziellen Bildung.

In dem Entwurfe zur Vollziehungsverordnung (Beilage II) haben wir den im Postulate enthaltenen Forderungen Rechnung getragen, soweit die Interessen der Förderung der kommerziellen Bildung eine Abweichung von den im Reglement vom Jahr 1891 aufgestellten Grundsätzen gestatteten. Und überall, -wo der verschiedene Charakter der beiden Gebiete eine gleichartige Behandlung zuließ, haben wir die neue Verordnung mit derjenigen betreffend die industrielle und gewerbliche Berufsbildung in Einklang gebracht. Die von uns in Aussicht genommenen Erweiterungen und Abänderungen beziehen sich auf folgende Punkte: 1. In Art. l werden unter den Anstalten, an welche der Bund Beiträge leistet, auch die k a u f m ä n n i s c h e n F o r t b i l d u n g s s c h u l e n aufgeführt. Die bisherige Vollziehungsverordnung wies eine Lücke auf, indem dieselbe nur die Unterrichtskurse der kaufmännischen Vereine berücksichtigte. Nun sind aber in den letzten Jahren von Gemeinden Schulen ins Leben gerufen worden, welche die Fortbildung der in der Praxis stehenden Handelsbeflissenen bezwecken. Es ist ein Gebot der Billigkeit, diese Schulen und Kurse (Art. 8) nicht länger aus dem Kreise der subventionsberechtigten Bildungsanstalten auszuschließen.

2. Wir suchen dem Wunsche nach Berücksichtigung aller Bildungsbestrebungen auch dadurch entgegenzukommen, daß wir die S c h u l a n s t a l t e n für das w e i b l i e h e G e s c h l e c h t als subventionsberechtigt anerkennen. Wir sind der Ansicht, daß der socialen Strömung, welche die Frauenwelt auf ein neues und angemessenes Arbeitsfeld drängt, durch Ermöglichung einer tüchtigen Fachbildung Vorschub geleistet werden müsse. Es sind zumeist finanzielle Bedenken, welche mit Bezug auf die weiblichen kaufmännischen Bildungsanstalten zur bisherigen Zurückhaltung veranlaßten. Aber die Furcht vor einer starken Mehrbelastung des Budgets ist nicht gerechtfertigt, denn die Zahl der weiblichen Fortbildungsschulen ist sehr gering und nur wenige der weiblichen Handelsschulen werden sich in dem Maße entwickeln, daß sie den in Art. 2 der Verordnung aufgestellten Bedingungen entsprechen und damit ein Anrecht auf Bundesunterstützung erlangen könnten.

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Gegenwärtig wäre nur eine Schule in der Lage, einen Bundesbeitrag zu beanspruchen. Übrigens macht sich immer mehr die Strömung geltend, gemischte Schulen zu schaffen, indem man die bestehenden Handelsschulen auch dem weiblichen Geschleehte zugänglich macht. Man hat bei dieser Ordnung der Dinge in Aarau, Solothurn, St. Gallen, Locle und Winterthur die besten Erfahrungen gemacht. Wir hielten es nicht für notwendig, eine ausdrückliche Bestimmung in die Verordnung aufzunehmen, um so weniger, als das Industriedepartement den Beschluß betreffend die gewerbliche Bildung auf alle Fachschulen und Fortbildungsschulen für das weibliche Geschlecht ausdehnte, ohne hierfür einer besondern reglementarischen Wegleitung zu bedürfen. Immerhin haben wir in Art. 11, Abs. l, die neue Bestimmung aufgenommen, daß die vom Bunde subventionierten Anstalten, Kurse und sonstigen Einrichtungen die von ihnen zu bietende Bildungsgelegenheit möglichst allgemein zugänglich machen sollen.

Die Aufnahme dieses Artikels dürfte genügen, um auch den Standpunkt zu bezeichnen, den wir gegenüber den beiden streitenden Parteien, der U n i o n für F r a u e n b e s t r e b u n g e n und dem s c h w e i z e r i s c h e n k a u f m ä n n i s c h e n V e r e i n einnehmen.

Am 13. Juni d. J. hat der erwähnte Frauenverein eine Eingabe an den Bundesrat gerichtet, durch welche die Behörde ersucht wird, dahin zu wirken, daß den weiblichen kaufmännischen Lehrlingen der Besuch der vom Bunde subventionierten Fortbildungsschulen und Kurse ermöglicht werde, daß die weiblichen Kandidaten zu den kaufmännischen Lehrlingsprüfungen zugelassen werden und daß diese Forderungen als Bedingungen an die Verabfolgung einer Bundesunterstützurig geknüpft werden. Diesem Gesuche gegenüber hat der schweizerische kaufmännische Verein sofort Stellung genommen, und am 31. August hat das Centralkomitee dieses Vereins an den Bundesrat eine Zuschrift gerichtet, in welcher der Wunsch ausgesprochen wird, es möchte den oben erwähnten Forderungen, soweit dieselben die von den Vereinen organisierten Kurse und Prüfungen betreffen, keine Folge gegeben werden.

Die Furcht vor der Konkurrenz ist der Haupteinwand, dea die kaufmännischen Vereine ins Feld führen, obwohl sie zugeben müssen, daß sich diese Konkurrenz nicht mehr verhindern und einschränken läßt, weil sie in den durch die
Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse geschaffenen Thatsachen begründet liegt. Das kaufmännische Arbeitsfeld ist von der Frauenwelt längst erobert, denn heute sind über 20,000 weibliche Kräfte in den kaufmännischen Betrieben beschäftigt. Die Erfahrung lehrt, daß

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die Frauen hinsichtlich der Intelligenz, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit keineswegiì hinter den männlichen Angestellten zurückstehen. Die Argumentation, daß das Weib nach seiner physischen Konstitution nicht in ein Bureau gehöre, ist wohl nicht ernsthaft gemeint: denn es ist viel geeigneter, in gewissen Zweigen des kaufmännischen Berufes sich zu bethätigen, als z. B. auf dem Gebiete des öffentlichen Unterrichts, wo an die physische und geistige Kraft der Frau viel größere Anforderungen gestellt werden.

Durch das Streben nach gleichwertiger Bildung siud die Frauen auf gutem Wege, die Klage, daß die ungeschulte Arbeitskraft der Frau das Gehalt des Mannes herabdrilcke, zum Schweigen zu bringen. Bessere Bildungsgelegenheit wird das Mittel sein, einen höheren Lohn zu beanspruchen. Denn gleichwertige Leistungen bedingen gleichen Lohn, und die Frage, von welchem Geschlechte sie ausgeführt werde, fällt außer Betracht. Die Konkurrenz wird veredelt, wenn beide Geschlechter auf der gleichen Höhe der Bildung stehen. Wenn sich künftig dem Kaufmannsstande weniger Elemente zudrängen, denen die notwendige Begabung und Vorbildung zum Berufe fehlt, so ist das nicht zu beklagen. Und die zahlreichen Kandidaten für das kaufmännische Proletariat können sich nicht beklagen, wenn ihnen Angehörige des weiblichen Geschlechts, die mit den erforderlichen Eigenschaften eine tüchtige Bildung verbinden, beim Wettbewerb vorgezogen werden. Mit der Konkurrenz wird sich die kaufmännische Jungmannschaft notgedrungen abfinden müssen. Dann wird sie sich auch entschließen können, den Fraueu die von Bund, Kanton und Gemeinde subventionierten Bildungsinstitute zu öffnen.

Das Entgegenkommen mit Bezug auf die kaufmännischen L e h r l i n g s p r ü f u n g e n würde für die jungen Kaufleute kein großes Risiko im Gefolge haben. Wahrscheinlich wird der Zudrang weiblicher Elemente kein bedeutender sein, hat sich ja doch bisher nur eine einzige Dame zu den Prüfungen angemeldet. Und wenn sich auch künftig die Zahl der weiblichen Kandidaten etwas vermehren sollte, so wäre das nur zu begrüßen. Denn in mehreren Prüfungskreisen ist die Teilnahme der jungen Kaufleute keineswegs erfreulieh, in ändern konnte in den letzten Jahren nur durch rege Agitation älterer Vereinsmitglieder die nötige Zahl von Anmeldungen zusammengebracht werden, und in
einigen bedeutenden Handelsstädten, die 100 und mehr Lehrlinge zählen, haben sich in diesem Jahre entweder gar keine oder so wenig Kandidaten angemeldet, daß eine Prüfung gar nicht stattfinden konnte. In dieser Erscheinung liegt für die Vereine Grund genug, das weibliche

589 Geschlecht zur Konkurrenz zuzulassen und damit das vom Bunde, in außerordentlicher Weise unterstützte Institut zu heben und lebenskräftig zu machen.

Größere Hindernisse stellen sich der Forderung um Zulassung des weiblichen Geschlechts zu den von den Vereinen organisierten U n t e r r i c h t s k u r s e n entgegen. Denn es kann der Bund trotz seiner Subventionen wohl keinen Zwang auf die Vereine ausüben.

Es muß auch zugegeben werden, daß den Vereinen in den größeren Städten die Organisation der Unterrichtskurse bedeutend erschwert würde, wenn sie auch die weiblichen Lehrlinge aufnehmen wollten.

Aber die ,,Union für Frauenbestrebungena anerkennt von vorneherein diese Sachlage und verlangt die Zulassung nur da, wo sich sonst keine Gelegenheit zur Weiterbildung bietet. In größeren Städten wird sich die Sache leicht machen, da die vorhandenen weiblichen Handelsschulen von sich aus Kurse für die Frauen einrichten werden. Den kleinern Vereinen durfte aber eine so geringe Zumutung wohl gemacht werden. Sechs Vereine haben bisher schon weibliche Kursbesucher zugelassen, und auch der Umstand, daß an 10 Vereinsschulen 15 Damen als Lehrerinnen wirken, dürfte geeignet sein, eine versöhnliche Stimmung herbeizuführen. Dazu kommt, daß viele Vereine Hospitanten aufnehmen, die nicht Mitglieder sind, und daß sie ihre vom Bunde subventionierten Vorträge einem Publikum zugänglich machen, für welches die Mittel für die Förderung der kommerziellen Bildung nicht bestimmt sind. Bei keinem Vereine trifft die Argumentation zu, ,,daß er sich wehren müsse gegen Beeinflussung des Vereinslebens durch das weibliche Geschlecht". Denn die weiblichen Lehrlinge und Angestellten verlangen nicht, Mitglieder des Vereins zu werden, sie wünschen nur die Aufnahme als Hospitantinnen der Kurse gegen Bezahlung der festgesetzten Stundengelder, und sind weit entfernt, sich in die Vereinsangelegenheiten mischen zu wollen. In der Vereinigung beider Geschlechter bei den Kursen aber erblicken wir einen auch den männlichen Kursteilnehmern zu gute kommenden Vorteil.

Wir haben davon abgesehen, in der Verordnung den vom Frauenbund gewünschten Passus aufzunehmen, daß die Bundessubvention an die Bestimmung geknüpft werde, es sei den weiblichen kaufmännischen Lehrlingen unter den gleichen Bedingungen der Zutritt zu den Prüfungen und Kursen zu
gestatten. Denn wir hoffen, daß die kaufmännischen Vereine sich nicht weigern werden, einer billigen Forderung nachzukommen, und daß sie dazu beitragen werden, die Angelegenheit in Minne zu schlichten. Sollte unsere

590 Hoffnung getäuscht werden, so würden wir uns die gut scheinenden Maßnahmen vorbehalten und dieselben in erster Linie abhängig machen von den Schritten, die von den bei der Subvention mitbeteiligten Kantonen und Gemeinden gethan werden, um den billigen Forderungen des sich dem kaufmännischen Berufe widmenden weiblichen Geschlechts gerecht zu werden.

3. Mit Bezug auf dit! Subventionierung von H a n d e l s s c h u l e n stellen wir uns auf den Standpunkt, den der Bundesrat in seiner Botschaft betreffend Förderung der kommerziellen Bildung vom 18. November 1890 eingenommen hat. Hier wird darauf hingewiesen, daß bei niedern Anstellungen im Handelsbetriebe, die keine gründliche Bildung voraussetzen, das Angebot größer ist als die Nachfrage, und daß bei Anstellungen, die eine höhere kaufmännische Bildung verlangen, das Gegenteil der Fall ist. Die Bundessubvention soll nicht dazu beitragen, den Besuch der niedern, einldassigen Handelsschulen (mit ihren ungenügenden Leistungen und Lehrzielen) zu erleichtern und die Frequenz zu vermehren.

Wir möchten nicht daau beitragen, daß der Zudrang zu niedern Stellen noch vermehrt würde. Mit unserem Entwurf wollen wir die kaufmännische Schulbildung erhöhen und dahin wirken, daß die Schweiz in Handel und Industrie durch tüchtige Ausbildung der auf diesem Gebiete wirkenden geistigen Kräfte die schwierige Konkurrenz mit dem Auslande zu bestehen vermöge. Und damit unsere Handelsschulen den höheren Anforderungen zu entsprechen vermögen, müssen wir auf den in Art. 2 aufgestellten Forderungen einer genügenden Vorbildung eines reiferen Alters der Schüler und der Durchführung mindestens dreijähriger Kurse beharren.

Infolge dieser Bestimmung hat das kommerzielle Bildungswesen einen erfreulichen Aufschwung genommen und es entstand in den Kantonen ein wahrer Wetteifer, an den Handelsschulen die vom Bunde verlangten Verbesserungen und Erweiterungen einzuführen.

Im Jahre 1891 waren nur 3 Schulen subventionsberechtigt, heute ist deren Zahl auf 16 angestiegen. Wir befürchten, daß durch die Verabreichung von Beiträgen an die bestehenden ein- und zweiklassigen Handelsabteilungen der Realschulen oder Töchterschulen dieser Wetteifer erlahmen würde. Die Neuerung wäre zudem von nicht unbedeutender finanzieller Tragweite, da die Zahl dieser ungenügend organisierten Schulen ziemlich
groß ist. Wir müssen an Art. 2 der Vollziehungsverordnung festhalten.

4. Der Abschnitt betreffend die S t i p e n d i e n wurde neu geordnet und mit dem Bundesboschluß in genauere Übereinstimmung gebracht. Zunächst wurde die im alten Reglement fehlende

591 Bestimmung über die Höhe des Bundesbeitrages aufgenommen und dabei an dem Grundsätze festgehalten, daß das Bundesstipendium die Hälfte der von anderer Seite gewährten Summen nicht übersteigen dürfe (Art. 14). Sodann wurde die Verabreichung von Reisestipendien an Handelslehrer (Art. 13, litt, c), welche bisher ohne bestimmte Wegleitung erfolgte, genau reguliert. Und endlich suchten wir den Art. 13, litt. », der Vollziehungsverordnung mit Art. 3, Abs. l, des Bundesbeschlusses in volle Übereinstimmung zu bringen, indem wir den Ausdruck ,,Schüler der obersten Klassett (Art. 12, Ziff. l, des alten Reglements) in ,,Schüler der obern Klassen'1 abänderten. Diese Neuerung liegt im Interesse der Förderung der kommerziellen Bildung. Indem der Kreis der Schüler, die auf ein Stipendium Anspruch machen dürfen, auf die 2. Klasse der Handelsschulen ausgedehnt wird, kann der Bund mit verhältnismäßig geringen Mitteln dazu beitragen, daß eine größere Anzahl bedürftiger und talentvoller junger Leute zum Besuche der obern Klassen der Handelsschulen ermuntert werden.

5. Das Postulat fordert mit Recht, daß bei der B e r e c h n u n g der Bundessubvention für die gewerblichen und kaufmännischen Lehranstalten die gleichen Grundsätze zur Anwendung kommen.

Die Handelsabteilung ist bisher von der Ansicht ausgegangen, daß bei der Bemessung der Subvention nur die Ausgaben für Lehrerbesoldungen, Lehrmittel und Sammlungen in Rechnung gebracht werden dürfen. Die Industrieabteilung dagegen hat die Bestimmung des alten Reglements so aufgefaßt, daß sämtliche Ausgaben, also auch diejenigen für Lokalmiete, Heizung und Beleuchtung u. s. w. in Berücksichtigung gezogen werden dürfen. Diese Auf· fassung steht jedenfalls nicht im Widerspruche mit dem Wortlaut und dem Sinn des Bundesbeschlusses, der auch für die kommerziellen Bildungsanstalten maßgebend ist. Wir haben daher den Art. 10 unserer Verordnung in Übereinstimmung gebracht mit Art. 7 der Verordnung zu den Bundesbeschlüssen betreffend die Förderung der gewerblichen und hauswirtschaftlicheri Bildung. Die neue Rechnungsweise hat zwar eine nicht geringe finanzielle Tragweite, indem schon für das nächste Jahr eine Mehrausgabe von über Fr. 30,000 erwachsen wird.

Diese Mehrausgabe von Fr. 30,000 wird indessen um mehr als die Hälfte reduziert, indem der neue Berechnungsmodus auch
auf die U n t e r r i c h t s k u r s e der k a u f m ä n n i s c h e n Vereine und die S t i p e n d i e n Anwendung finden wird, wodurch sich für das nächste Jahr eine Ersparnis von Fr. 17,000 erzielen läßt.

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Das bisherige Reglement enthielt für die Verabreichung von Bundesbeiträgen an die k a u f m ä n n i s c h e n V e r e i n e keinerlei Vorschriften, und es wurden denselben an die Kosten ihres Unterrichts je nach den Verhältnissen 35--75 °/o vergütet. Dieses Verfahren hatte verschiedene Unbilligkeiten im Gefolge; denn die großen und leistungsfähigen Vereine mußten sich mit einem niedrigen Ansätze begnügen, während mehrere kleinere und weniger strebsame Vereine derart bedacht wurden, daß sie Vorschläge erzielen und ein kleines Kapital ansammeln konnten.

Indem wir künftig allen Vereinen in gleicher Weise nur die Hälfte derjenigen Summe gewähren, welche von Kanton, Gemeinde und Privaten aufgebracht wird, erzielen wir eine gerechte Verteilung und zugleich eine kleine Minderausgabe. Nach den auf Grund der eingereichten, Budgets angestellten Berechnungen würde dieselbe für das nächste Jahr rund Fr. 10,000 betragen.

Für S t i p e n d i e n wurden bisher in runder Summe Fr. 14,000 per Jahr ausgegeben. Der Aufwand für Lehramtskandidaten war namentlich groß, weil einzelnen Stipendiaten die sämtlichen Kosten für ihre weitere Ausbildung aus der Bundeskasse bezahlt wurden.

Nachdem nun auch hier nach dem im Bundesbeschlusse aufgestellten Grundsatze gerechnet wird und das Stipendium nur noch die Hälfte der von anderer Seite aufgebrachten Summe betragen darf, wird sich künftig der erforderliche Kredit auf die Hälfte reduzieren und die Summe von Fr. 7000 nicht übersteigen.

Den Fr. 30,000 Mehrausgaben für die Handelsschulen steht somit eine Ersparnis von Fr. 17,000 gegenüber.

6. Über den Z a h l u n g s m o d u s der B u n d e s b e i t r ä g e konnte eine völlige Übereinstimmung nicht erzielt werden. Die Subventionen für das gewerbliche Bildungswesen werden, gestützt auf die Budgets, berechnet und vorausbezahlt; die eine Hälfte kann sogar vor erfolgter Begutachtung der Experten ausgerichtet werden. Die Handelsabteilung hatte bis zum Jahre 1894 ungefähr das gleiche Verfahren eingeschlagen. Sie hat die Beiträge ausbezahlt unter der Bedingung, daß, wenn nach dem Rechnungsabschluß die Ausgaben unter den Ansätzen des Budgets bleiben, von dem Subventionsbetrage des nächsten Jahres eine entsprechende Summe abgezogen werde. Für diejenigen Schulen und Vereine, welche mehr ausgegeben als budgetiert hatten, fanden
entsprechende Nachsubventionen statt. Aus diesem Zahlungsmodus erwuchsen unliebsame Komplikationen, und das Departement sah sich daher zu der Verfügung veranlaßt, daß die Subventionen erst

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nach Eingang der Jahresrechnungen festgesetzt und ausbezahlt werden sollen. Diese Art der Bezahlung ist infolge der UnzuTerlässigkeit der Budgets, wie sie namentlich von Vereinen eingereicht werden, durchaus notwendig. Der Zahlungsmodus, wie er seit 5 Jahren ohne reglementarische Bestimmung befolgt wurde, .und der nun in Art. 16 geordnet ist, hat niemals Veranlassung zu Reklamationen gegeben, sondern bei den kantonalen Behörden und den Vereinen allgemeine Zustimmung gefunden.

Wir b e a n t r a g e n , es sei das Postulat vom 1. Juli 1898 als durch gegenwärtigen Bericht erledigt zu erklären, und benützen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. November 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräside(nt: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Kiiigier.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

40

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Beilage I.

(Entwurf.!

Vollziehungsverordnun g zu den

Bundesbeschlüssen betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung und betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts.

(Vom

)

Der schweizerische Bundes rat, in Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung und des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1895 betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts, auf Antrag des Industriedepartements, beschließt:

I. Bedingungen für die Bewerbung um Bundesbeiträge.

Art. 1. Gesuche um Beiträge aus der Bundeskasse an die Kosten des Betriebes von Anstalten, welche die För-

595 derung der gewerblichen und industriellen Berufsbildung, sowie der hauswirtschaftlichen und beruflichen Bildung des weiblichen Geschlechts bezwecken, sind jedes Jahr vor Mitte August behufs Aufstellung des Voranschlages der Eidgenossenschaft an das schweizerische Industriedepartement zu richten und zwar durch die Kantonsregierungen, welche diese Gesuche zuvor zu prüfen und zu begutachten haben.

Bei einer interkantonalen Anstalt genügt die Einreichung und Begutachtung des Gesuches durch nur eine der beteiligten Kantonsregierungen.

Art. 2.

enthalten :

Das zum e r s t e n m a l gestellte Gesuch muß

a. in Bezug auf die O r g a n i s a t i o n s - und triebsverhältnisse:

Be-

1. den genauen Namen der Anstalt, Bezeichnung des Domizils, des Eigentümers, des Zeitpunktes der Entstehung ; 2. eine genaue Bezeichnung des Zweckes, der Lokalitäten, der Organisation der Aufsichtsbehörde und der Unterrichts- beziehungsweise Betriebseinrichtungen, Angaben betreffend das Lehr- und Verwaltungspersonal und dessen Besoldungsverhältnisse, sodann insbesondere von Seh u la n s t a l t e n : Angaben betreffend die jährliche effektive Unterrichtszeit, deren Einteilung ; Unterrichtsprogramme und Stundenpläne; Frequenz der einzelnen Abteilungen beziehungsweise Klassen, Gesamtfrequenz ;. Aufnahmsbedingungen für die Schüler ; Geschlecht der Schüler ; von S a m m l u n g en : Recht der Benutzung ; Besuchszeit ; Frequenz im letzten Betriebsjahr.

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b. in Bezug auf die F i n a n z v e r h ä l t n i s s e : die vollständige Betriebsrechnung des letztabgeschlossenen Betriebsjahres, falls die Anstalt bereits ein solches aufzuweisen hat; das vollständige Betriebsbudget des zu subventionierenden Betriebsjahres.

In diesen Dokumenten sind genau auszuweisen : 1. die Barbeiträge und sonstigen Leistungen des Kantons, der Gemeinden, Korporationen und Privaten; 2. die Höhe und der letzte Zinsertrag vorhandener Anstaltsfonds ; 3. der Ertrag der Eintritts-, Schul- und Haftgelder, der Materialbeiträge, und der Erlös aus Arbeiten und sonstigen Verkäufen; 4. die erfolgte, beziehungsweise beabsichtigte Verwendung eines Bundes bei träges auf Grund der vorzulegenden einlässlichen und begründeten Berechnung; Anstalten mit praktischem Atelier- oder Werkstattbetrieb können angehalten werden, die Jahresbilanzen beizufügen.

Überdies sind dem Gesuch beizulegen sämtliche bis dahin gedruckten oder sonstwie veröffentlichten, über die Anstalt Aufschluß erteilenden Dokumente, wie Gesetze, Dekrete, Verordnungen, Réglemente, Programme, Statuten, Jahresberichte, Rechenschaftsberichte, Kataloge u. s. w.

Art. 3. Die Gesuche derjenigen Anstalten, w e l c h e vom B u n d b e r e i t s s u b v e n t i o n i e r t wo r den sind, müssen enthalten : a. einen ausführlichen Bericht über den Verlauf, die Erfolge und die Frequenz der letzten Betriebsperiode; dispensiert hiervon können diejenigen Anstalten werden, welche gedruckte Jahresberichte in ausreichender Fassung einzusenden im Falle sind ;

597 6. ein vollständiges, begründetes Betriebsbudget nach Maßgabe der Vorschriften von Art. 2, litt, b, Ziff. l--4.

Art. 4. Dem schweizerischen Industriedepartement sind die Betriebsrechnungen der vom Bunde subventionierten Anstalten baldmöglichst nach Schluß der jeweiligen Betriebsperiode, spätestens jedoch jeweilen bis zum 31. Januar durch die Kantonsregierungen, nachdem sie dieselben aut Grund der Belege geprüft haben, zu übermitteln. In diesen Rechnungen ist über die Verwendung des Bundesbeitrages genauer Nachweis zu leisten. Anstalten mit praktischem Atelier- und Werkstattbetrieb können zur Einsendung der Bilanz angehalten werden. Der Rechnung ist jeweilen ein Inventar der aus dem Bundesbeitrag angeschafften Gegenstände beizufügen. Für die Richtigkeit der Rechnungen und der Inventare ist die zuständige Kantonsregierung verantwortlich.

Art. 5. Gesuche um Bundesbeiträge an die Kosten von S p e c i a l k u r s e n , von W a n d e r v o r t r ä g e n und an die H o n o r i e r u n g von P r e i s a u f g a b e n für die gewerbliche und industrielle Berufsbildung, beziehungsweise für die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts müssen genaue Auskunft geben über die Veranstalter, den Zweck, die Organisation, das Programm, den Zeitpunkt der Vornahme, sowie über das Recht zur Benutzung der Unter nehmungen und müssen überdies von einem einläßlichen Budget begleitet sein.

Nach erfolgtem Abschluß des jeweiligen Unternehmens ist durch Vermittlung der Kantonsregierung ein eingehender Bericht über den Verlauf, das Resultat und den Besuch zu erstatten und die Rechnung einzusenden. In derselben ist die Verwendung des Bundesbeitrages auszuweisen. Für die Richtigkeit der Rechnung ist die zuständige Kantonsregierung verantwortlich.

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II. Bemessung und Verwendung der Bundesbeiträge für Anstalten und Kurse.

Art. 6. Die Beiträge des Bundes können je nach Umständen bis auf die Hälfte der jährlich seitens der Kantone, Gemeinden, Korporationen und Privaten aufgebrachten Summen sich belaufen. Hierbei dürfen Zinse aus Anstaltsfonds mitberechnet werden.

Die Beiträge des Bundes dürfen keine Verminderung der bisherigen Leistungen der Kantone, Gemeinden, Korporationen und Privaten zur Folge haben.

Art. 7. Der Bundesbeitrag darf in der Regel nicht verwendet werden a. für die Ausgaben für allgemeine Administration, Beleuchtung, Heizung, Bureaukosten ; b. für Lokalmiete, Unterhalt der Lokale, für bauliche Anlagen und deren Ausstattung, ausgenommen gewisse Installationen, welche dem speciellen Gebrauch der betreffenden Anstalten dienen ; c. für die Beschafiung und den Unterhalt von Schulmobiliar, Mobiliar (Sehränke u. s. w.) für Sammlungen, gewöhnlichen Schulmaterialien (Papier u. s. w.), für Rohmaterialien und solche Utensilien, welche steter Erneuerung bedürfen ; d. für Anlage und Vermehrung von Anstaltsfonds, beziehungsweise Betriebsfonds.

Art. 8. Die vom Bund subventionierten Anstalten, Kurse und sonstigen Einrichtungen sollen die von ihnen zu bietende Bildungsgelegenheit möglichst allgemein und leicht zugänglich machen. Bezüglich des Schulgeldes und der Einschreibegebühr ist eine Begünstigung der Ortsangehörigen beziehungsweise Kantonsbürger vor den übrigen Schweizerbürgern in der Regel nicht statthaft.

599 Die Sammlungen sind zu zweckdienlicher Zeit und unentgeltlich offen zu halten, für den Ausleihverkehr und die sonstige Verwertung des von ihnen zu bietenden Studienmaterials (praktische Versuche, Wanderausstellungen u. s. w.)

ist möglichste Erleichterung zu bieten, immerhin unter Vorbehalt der nötigen Garantie.

Von den Kantonsregierungen ist die Verpflichtung zu übornohmen, die mit Hülfe von Bundesbeiträgen geinachten Anschaffungen stets öffentlichen Zwecken dienstbar zu erhalten, wenn die Anstalten, welchen sie ursprünglich dienen sollten, eingehen.

III. Stipendien.

Art. 9. Gesuche um S t i p e n d i e n für solche, welche sich im In- oder Ausland für eine Lehrthätigkeit an einer vom Bund subventionierten Anstalt ausbilden oder weiterbilden wollen, sind durch Vermittlung der Kantonsregierung mit deren eingehenden Begründung dem schweizerischen Industriedepartement einzureichen. Den Gesuchen sind beizulegen : a. Schulzeugnisse und sonstige Ausweise, aus denen hervorgeht, daß der Bewerber diejenigen Vorkenntnisse, beziehungsweise auch diejenige praktische Vorbildung erworben hat, und diejenigen Fähigkeiten besitzt, welche überhaupt die Zuteilung eines Stipendiums rechtfertigen; .

6. ein amtlicher Ausweis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers, beziehungsweise seiner Eltern ; c. ein Ausweis, daß dem Bewerber von anderer Seite (Kanton, Gemeinde, Korporationen, Stiftungen u. s. w.)

ein Stipendium bereits zugesichert sei ;

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d. das Unterrichtsprogramm sofern der Bewerber eine zu besuchen gedenkt; e. eine schriftliche Erklärung, Verpflichtung eingehen zu

der betreffenden Anstalt, auswärtige Bildungsanstalt die in Art. 11 vorgesehene wollen.

Art. 10. Die Ausrichtung eines Bundesstipendiums setzt voraus, daß dem Bewerber von anderer Seite ebenfalls ein Stipendium verabfolgt werde.

Das Bundesstipendium kann bis auf die Hälfte des Gesamtbetrages jenes Stipendiums gehen.

Das schweizerische Industriedepartement behält sich das Recht vor, nötigenfalls den Stipendiaten den Besuch der für ihren Studienzweck geeigneten Anstalten beziehungsweise praktischen Betriebe anzuweisen.

Art. 11. Der verpflichtet sich

Empfänger

eines Bundesstipendiums

a. nach jedem Semester dem schweizerischen Industriedepartement womöglich unter Beifügung der Zeugnisse über den Verlauf seiner Studien zu berichten, b. nach Abschluß der Studienzeit sich an einer vom Bund subventionierten Anstalt gegen entsprechende Bezahlung als Lehrer anstellen zu lassen, sofern sich hierzu Gelegenheit bietet.

Nichtbeachtung dieser Verpflichtungen kann die Zurückforderung des vom Bund bezahlten Stipendienbetrages nach sich ziehen.

IV. Auszahlung.

Art. 12. Das schweizerische Industriedepartement ist ermächtigt, unter Vorbehalt endgültigen Entscheides des Bundesrates von sich aus die in den Artikeln l, 5 und 9 bezeichneten Gesuche innert den Grenzen des Budgets zu

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erledigen und den Betrag einer auszurichtenden Bundessubvention in jedem einzelnen Falle zu bestimmen.

Art. 13. Die Auszahlung der Bundesbeiträge erfolgt an die Kantonsregierungen zu Händen der Bewerber, sobald das Departement die Entscheide getroffen hat.

» An Anstalten mit regelmäßig fortlaufendem Betrieb kann der Bundesbeitrag auf gestelltes Gesuch hin in zwei Raten gewährt werden, die erste Rate von der ungefähren Hälfte des Gesamtbetrages vor erfolgter Inspektion und Begutachtung seitens des Experten -- frühestens jeweilen im Januar --, die zweite in der Regel erst auf Grund der erwähnten Begutachtung. Die Auszahlung einer ersten Rate präjudiziert den endgültigen Entscheid des Departements nicht.

Die Stipendien werden nach erfolgter Bewilligung seitens des Departements ausbezahlt.

Y. Aufsicht.

Art. 14. Dem schweizerischen Industriedepartement ist von den GesuchstelJern um Bundessubvention, beziehungsweise von den Inhabern einer solchen jederzeit alle weitere Auskunft zu geben, welche dasselbe für nötig hält.

Art. 15. Dem schweizerischen Industriedepartement steht das Recht zu, von den Leistungen der vom Bund subventionierten Anstalten und sonstigen Unternehmungen und Einrichtungen, wie von der Verwendung der gewährten Subventionen jederzeit in gutfindender Weise selbst oder durch Experten Einsicht zu nehmen und sich auch an abzuhaltenden Prüfungen vertreten zu lassen. Zu letzterm Zweck sind die Experten stets rechtzeitig zu benachrichtigen, wann solche stattfinden.

Die Begutachtung der Gesuche um Stipendien und die Überwachung der Stipendiaten kann das Departement ebenfalls durch seine Experten vornehmen lassen.

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Für die Experten wird das Departement eine Instruktion aufstellen, in welcher die Aufgaben derselben, wie deren Entschädigungen festgesetzt werden.

Tl. Schluss- und Übergangsbestimmung.

Art. 16. Gegenwärtige Vollziehungsverordnung ersetzt das Reglement über Vollziehung des Bundesbeschlusses betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung, vom 27. Januar 1885, und tritt sofort in Kraft.

Vorbehalten bleibt die Bewilligung von Bundesstipendien an solche Bewerber, welche zur Zeit des Inkrafttretens der gegenwärtigen Verordnung bereits ein Bundesstipendium genießen. Für solche Stipendiaten können bis zum Abschluß ihrer Ausbildung weitere Bundesstipendien nach dem in Art. 5, Abs. 2, des Reglements vom 27. Januar 1885 angegebenen Maßstabe bewilligt werden.

B e r n , den Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

->-<Ö«-

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(Entwurf.)

Beilage n.

Yollzielrangsverordnimg zum

Bundesbeschluß betreffend Förderung der kommerziellen Bildung.

(Vom

)

Der schweizerische Bundesrat, in Vollziehung des Bundesbeschlusses vom 15. April 1891 betreffend Förderung der kommerziellen Bildung, auf Antrag des Handelsdepartements, beschließt:

I. Bedingungen für die Bewerbung nm Bundesbeiträge.

Art. 1. Der Bund leistet Beiträge aus der Bundeskasse an Handelsschulen und kaufmännische Fortbildungsschulen, sowie an die Unterrichtskurse der kaufmännische* Vereine.

Art. 2. Bei der Subventionierung durch den Bund können diejenigen H a n d e l s s c h u l e n berücksichtigt werden, welche den nachstehenden Bedingungen entsprechen: .

a. Für den Eintritt in die Handelsschule ist das zurückgelegte 15. Altersjahr erforderlich.

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b. Durch eine Aufnahmsprüfung ist festzustellen, daß die Schüler über denjenigen Grad von Kenntnissen und Fertigkeiten verfügen, welcher nach erfolgreicher Absolvierung einer Sekundär-, Bezirks- oder Realschule, oder der entsprechenden Klassen der höhern Mittelschulen bis zum zurückgelegten 15. Altersjahr durch einen fähigen Schüler erreicht werden kann.

c. Sie haben den Unterricht in wenigstens drei.aufeinanderfolgenden Jahreskursen fortzuführen oder sich zum Ausbau zu wenigstens dreijährigen Kursen y,u verpflichten.

d. Für die Abiturienten derselben sind Abgangs-, beziehungsweise Fähigkeitsprüfungen einzurichten und nach befriedigendem Erfolg Diplome oder Fähigkeitszeugnisse auszustellen.

e. Die Vorschriften für das Aufnahmsexamen und die Diplomprüfungen, sowie der Lehrplan für die vorn Bunde subventionierten Handelsschulen unterliegen der Genehmigung des Departements.

Art. 3. Gesuche um Beiträge aus der Bundeskasse an die Kosten des Betriebes von Handelsschulen und kaufmännischen Fortbildungsschulen sind jedes Jahr vor Mitte August behufs Aufstellung des Voranschlages der Eidgenossenschaft an das schweizerische Handelsdepartement zu richten und zwar durch die Kantonsregierungen, welche diese Gesuche zuvor zu prüfen und zu begutachten haben.

Art. 4. Das zum e r s t e n m a l gestellte Gesuch muß enthalten : a. in Bezug auf die Organisations- und Betriebsverhältnisse: 1. den genauen Namen der Anstalt, Bezeichnung des Domizils, des Eigentümers, des Zeitpunktes der Entstehung ;

605 2. eine genaue Bezeichnung des Zweckes, der Lokalitäten, der Organisation der Aufsichtsbehörde und der Unterrichts- beziehungsweise Betriebseinrichtungen, Angaben betreffend das Lehr- und Verwaltungspersonal und dessen Besoldungsverhältnisse ; 3. Angaben betreffend die jährliche effektive Unterrichtszeit, deren Einteilung; Unterrichtsprogramme und Stundenpläne; Frequenz der einzelnen Abteilungen beziehungsweise Klassen, Gesamtfrequenz ; Aufnahmsbedingungen für die Schüler; Geschlecht der Schüler.

b. in Bezug auf die F i n a n z v e r h ä l t n i s s e : die vollständige Betriebsrechnung des letztabgeschlossenen Betriebsjahres, falls die Anstalt bereits ein solches aufzuweisen hat ; das vollständige Betriebsbudget des zu subventionierenden Betriebsjahres.

In diesen Dokumenten sind genau auszuweisen : 1. die Barbeiträge und sonstigen Leistungen des Kantons, der Gemeinden, Korporationen und Privaten ; 2. die Höhe und der letzte Zinsertrag vorhandener Anstaltsfonds ; 3. der Ertrag der Eintritts- und Schulgelder; 4. die erfolgte, beziehungsweise beabsichtigte Verwendung eines Bundesbeitrages auf Grund der vorzulegenden einläßlichen und begründeten Berechnung.

Überdies sind dem Gesuch beizulegen sämtliche bis dahin gedruckten oder sonstwie veröffentlichten, über die Anstalt Aufschluß erteilenden Dokumente, wie Gesetze, Dekrete, Verordnungen, Réglemente, Programme, Statuten, Jahresberichte, Rechenschaftsberichte, Kataloge u. s. w.

Art. 5. Die Gesuche derjenigen Anstalten, w e l c h e v o m Bund b e r e i t s s u b v e n t i o n i e r t w o r d e n s i n d , müssen enthalten :

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a. einen ausführlichen Bericht über den Verlauf, die Erfolge und die Frequenz der letzten Betriebsperiode ; dispensiert hiervon können diejenigen Anstalten werden, welche gedruckte Jahresberichte in ausreichender Fassung einzusenden im Falle sind ; b. ein vollständiges, begründetes Betriebsbudget nach Maßgabe der Vorschriften von Art. 4, litt. 6, Ziff. \--4.

Art. 6. Dem schweizerischen Handelsdepartement sind die Betriebsrechnungen der vom Bunde subventionierten Anstalten baldmöglichst nach Schluß der jeweiligen Betriebsperiode, spätestens jedoch jeweilen bis zum 31.Januar durch die Kantonsregierungen, nachdem sie dieselben auf Grund der Belege geprüft haben, zu übermitteln. In diesen Rechnungen ist über die Verwendung des Bundesbeitrages genauer Nachweis zu leisten. Der Rechnung ist jeweilen ein Inventar der aus dem Bundesbeitrag angeschafften Lehrmittel beizufügen. Für die Richtigkeit der Rechnungen und der Inventare ist die zuständige Kantonsregierung verantwortlich.

Art. 7. Gesuche um Beiträge aus der Bundeskasse an die Kosten der Unterrichtskurse der k a u f m ä n n i s c h e n V e r e i n e sind mit gehöriger Begründung jedes Jahr vor Mitte August behufs Aufstellung des Voranschlages der Eidgenossenschaft an das schweizerische Handelsdepartement zu richten und müssen enthalten : a. In B e z u g auf die O r g a u i s a t i o n s v e r h ä l t nisse: 1. Angaben über die Zahl, Art und Dauer der eingegerichteten Kurse, Einteilung der Kurse in Klassen unter Angabe der erteilten Stundenzahl für jeden einzelnen Kurs, Frequenz der Kurse und Klassen, Höhe der Stundengelder und Altersgrenzen der Schüler;

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2. Angaben betreffend das Lehrpersonal Entschädigungen ;

und dessen

3. Angaben über die Zahl der verschiedenen Mitgliederkategorien (Aktiv-, Passiv-, Freie, Ehrenmitglieder u. s. w.).

b. In Bezug auf die F i n a n z V e r h ä l t n i s s e : die vollständige Betriebsrechnung des letztabgeschlossenen Betriebsjahres ; das vollständige Betriebsbudget des zu subventionierenden Betriebsjahres.

In diesen Dokumenten sind genau auszuweisen: 1. die Barbeiträge und sonstigen Leistungen des Kantons, der Gemeinden, Korporationen und Privaten ; 2. der- Betrag der Stundengelder der Kursteilnehmer, der Mitgliederbeiträge und Eintrittsgelder; 3. der Betrag des Vermögens; Bilanz.

Art. 8. Gesuche um Bundesbeiträge an die Kosten von S p e c i a l k u r s e n für besondere Zweige der kaufmännischen Berufsbildung und für die Fortbildung der Lehrer an kaufmännischen Lehranstalten müssen genaue Auskunft geben über die Veranstalter, den Zweck, die Organisation, das Programm, den Zeitpunkt der Vornahme, sowie über das Recht zur Benutzung der Unternehmungen und müssen überdies von einem einläßlichen Budget begleitet sein.

Nach erfolgtem Abschluß des jeweiligen Unternehmens ist ein eingehender Bericht über den Verlauf, das Resultat und den Besuch zu erstatten und die Rechnung einzusenden.

Derselben sind sämtliche Belege beizulegen, insofern nicht die Kantonsregierung für die Richtigkeit der Rechnung haftet.

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II. Bemessung mnd Yerwendung der Baudesbeiträge für Anstalten und Kurse.

Art. 9. Die Beiträge des Bundes können je nach Umständen bis auf die Hälfte der jährlich seitens der Kantone, Gemeinden, Korporationen und Privaten aufgebrachten Summen sich belaufen. Hierbei dürfen Zinse aus Anstaltsfonds mitberechnet werden.

Die Beiträge des Bundes dürfen keine Verminderung der bisherigen Leistungen der Kantone, Gemeinden, Korporationen und Privaten zur Folge haben.

Art. 10. Der Bundesbeitrag darf in der Regel nicht verwendet werden : a. für die Ausgaben für allgemeine Administration, Beleuchtung, Heizung, Bureaukosten ; b. für Lokalmiete, Unterhalt der Lokale, für bauliche Anlagen und deren Ausstattung, ausgenommen gewisse Installationen, welche dem speciellen Gebrauch der betreffenden Anstalten dienen ; c. für die Beschaffung und den Unterhalt von Schulmobiliar, Mobiliar (Schränke u. s. w.) für Sammlungen, gewöhnlichen Schulmaterialien (Papier u. s. w.), für Rohmaterialien und solche Utensilien, welche steter Erneuerung bedürfen; d. für Anlage und Vermehrung von Anstaltsfonds, beziehungsweise Betriebsfonds.

Art. 11. Die vom Bund subventionierten Anstalten, Kurse und sonstigen Einrichtungen sollen die von ihnen zu bietende Bildungsgelegenheit möglichst allgemein und leicht zugänglich machen. Bezüglich des Schulgeldes und der Einschreibegebühr ist eine Begünstigung der Ortsangehörigen beziehungsweise Kantonsbürger vor den übrigen Schweizerbürgern in der Regel nicht statthaft.

609 Von den Kantonsregierungen und Vereinen ist die Verpflichtung zu übernehmen, die mit Hülfe von Bundesbeiträgen gemachten Anschaffungen stets öffentlichen Zwecken dienstbar zu erhalten, wenn die Anstalten, welchen sie ursprünglich dienen sollten, eingehen.

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IH. Stipendien.

Art. 12. Gesuche um Stipendien sind durch Vermittlung der Kantonsregierung mit deren eingehenden Begründung dem schweizerischen Handelsdepartement einzureichen.

Den Gesuchen sind beizulegen : a. Schulzeugnisse, aus denen hervorgeht, daß der Bewerber diejenigen Vorkenntnisse erworben hat und diejenigen Fähigkeiten besitzt, welche überhaupt die Zuteilung eines Stipendiums rechtfertigen ; &. ein amtlicher Ausweis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers, beziehungsweise seiner Eltern ; r., ein Ausweis, daß dem Bewerber von anderer Seite (Kanton, Gemeinde, Korporationen, Stiftungen u. s. w.)

ein Stipendium bereits zugesichert sei.

Art. 13. Die Stipendien des Bundes werden ausgerichtet : a. An bedürftige Schüler der obern Klassen einer vom Bunde subventionierten Handelsschule, welche sich durch vorzügliche Fähigkeiten und Leistungen auszeichnen. Nach jedem Semester ist durch den Vorstand der betreffenden Schule über den Stipendiaten ein Bericht abzugeben, von welchem es abhängen wird, ob das begonnene Stipendium auch für das folgende Semester fortgesetzt wird.

b. An Besucher von höhern ausländischen Handelsschulen. Das Departement ist befugt, die Anstalten, Bundesblatt, 51. Jahrg. Bd. V.

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610 wefche für den Besuch gewählt werden dürfen und für welche die Programme vorzulegen sind, zu bezeichnen. Die Gesuchsteller müssen bezüglich ihrer Vorbildung denjenigen Reifegrad erreicht haben, welcher durch ein Fähigkeitszeugnis einer vom Bunde subventionierten Handelsschule ausgewiesen wird oder welcher zum Eintritt als Schüler in das eidgenössische Polytechnikum berechtigt, sei derselbe nun durch den Besuch einer höhern Realschule, eines Gymnasiums oder auf andere Weise erworben worden. Der Empfänger des Bundesstipendiums verpflichtet sich, über seine Studien nach jedem Semester dem Departement womöglich unter Beifügung der Zeugnisse über den Verlauf seiner Studien zu berichten.

Die Fortsetzung des Stipendiums wird nur bewilligt o im Falle befriedigender Auskunft über den Stipendiaten.

c. Als Reisestipendien für Lehrer an Handelsschulen.

Diese Gesuche müssen enthalten : 1. eine ausführliche Darlegung des Zweckes, des Zieles und der Dauer der Reise; 2. Angaben über die Art und Weise, wie die auf der Reise gewonnenen Resultate dem kaufmännischen Bildungswesen nutzbar gemacht werden wollen.

Art. 14. Die Ausrichtung eines Bundesstipendiums setzt voraus, daß dem Bewerber von anderer Seite ebenfalls ein Stipendium verabfolgt werde.

Das Bundesstipendium kann bis auf die Hälfte des Gesamtbetrages jenes Stipendiums gehen.

IV. Auszahlung.

Art. 15. Das schweizerische Handelsdepartement ist ermächtigt, unter Vorbehalt endgültigen Entscheides des Bundesrates von sich aus die in den Artikeln 3, 7, 8 und 12

.611 bezeichneten Gesuche innert den Grenzen des Budgets zu zu erledigen und den Betrag einer auszurichtenden Bundessubvention in jedem einzelnen Falle zu bestimmen.

Art. 16. Die Auszahlung der Bundesbeiträge für L e h r a n s t a l t e n erfolgt an die Kantonsregierungen nach Prüfung der Rechnungen, die spätestens bis Mitte August, beziehungsweise Ende Januar einzusenden sind.

Beiträge an die U n t e r r i c h t s k u r s e der k a u f m ä n n i s c h e n V e r e i n e werden nach Prüfung der Rechnungen und Belege, die bis Mitte August einzusenden sind, an die Vereinsvorstände ausbezahlt.

Auf gestelltes Gesuch hin können die Bundesbeiträge auch in z w e i R a t e n verabfolgt werden, die erste Rate nach Eingang des Budgets, die zweite nach Prüfung der Rechnung.

Die S t i p e n d i e n für Schüler werden nach erfolgter Bewilligung seitens des Departements, die Reisestipendien nach Eingang eines einläßlichen Berichtes ausbezahlt.

V. Aufsicht.

Art. 17. Dem schweizerischen Handelsdepartement ist von den Gesuchstellern um Bundessubvention, beziehungsweise von den Inhabern einer solchen jederzeit alle weitere Auskunft zu geben, welche dasselbe für nötig hält.

Art. 18. Dem schweizerischen Handelsdepartement ·steht das Recht zu, von den Leistungen der vom Bund subventionierten Anstalten und sonstigen Unternehmungen und Einrichtungen, wie von der Verwendung der gewährten Subventionen jederzeit in gutfindender Weise Einsicht zu nehmen und sich auch an abzuhaltenden Prüfungen vertreten zu lassen. Zu diesem Zweck sind dem Departement die Stundenpläne und Prüfungsprogramme stets rechtzeitig einzusenden.

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VI. Schiusa- und Übergangsbestimmung.

Art. 19. Gegenwärtige Vollziehungsverordnung ersetzt die Vollziehungsverordnung zum Bundesbeschluß betreffend die Förderung der kommerziellen Bildung durch den Bund vom 24. Juli 1891 und tritt sofort in Kraft.

Vorbehalten bleibt die Bewilligung von Bundesstipendien an solche Bewerber, welche zur Zeit des Inkrafttretens der gegenwärtigen Verordnung bereits ein Bundesstipendium genießen. Für solche Stipendiaten können bis zum Abschluß ihrer Ausbildung weitere Bundesstipendien nach bisherigem Maßstabe bewilligt werden.

B e r n , den Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Der Kanzler der Eidgenossenschaft;

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Revision der Bundesbeschlüsse über Berufsbildung (Postulat vom 1. Juli 1898). (Vom 21. November 1899.)

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1899

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5

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48

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.11.1899

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561-612

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