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Schweizerisches Bundesblatt.

5l. Jahrgang. V.

Nr. 47.

22. November 1899.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erlaß eines Bundesgesetzes betreffend das Tarifwesen der g schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom

17 November 1899.)

Tit.

Gemäß Art. 13, litt. A, Ziffer 3, des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerisch Bundesbahnen, vom 15. Oktober 1897, ist die Gesetzgebung über die a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e für die Tarifb i l d u n g Sache der Bundesversammlung, und der Verwaltungsrat hat laut Art. 17, Ziffer 4, die Feststellung der Grundlagen für die Tarife und die Güterklassifikation nebst den reglementarischen Bestimmungen im Rahmen der bezüglichen gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen. Es ist daher notwendig, daß für die Ordnung des Tarifwesens der Bundesbahnen rechtzeitig die gesetzliche Grundlage geschaffen werde.

I.

Allgemeines.

In erster Linie ist darauf aufmerksam zu machen, daß die Bestimmungen der K o n z e s s i o n e n über das Tarifwesen mit dem Zeitpunkte des Überganges der Bahnen an den Bund erlöschen.

Im Gesetze betreffend das Tarifwesen wird daher zunächst für Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

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diese Bestimmungen Ersatz zu schaffen sein. Hierbei werden als Ausgangspunkt die Vorschriften der sogenannten Normalkonzession zu dienen haben, welche seit Erteilung der Eisenbahnkonzessionen durch den Bund der Hauptsache nach in alle Konzessionen Aufnahme fanden; dieselben werden aber im Gesetze Änderungen und Verbesserungen zu erfahren haben. Die Bahn Verwaltungen haben sich nämlich nicht mit einer Gestaltung der Verkehrseinrichtungen und Tarife begnügt, wie der Bund sie von ihnen auf Grund der Konzessionen hätte verlangen können, sondern sind teils aus eigener Initiative, teils unter Einwirkung der Bundesbehörden dazu gelangt, dem Verkehr größere Vorteile zu gewähren, wobei sie sich mehrfach von dem Wortlaute der Konzessionen entfernten. Das Tarifgesetz der Bundesbahnen wird sich daher nicht einfach an die Normalkonzession anlehnen können, sondern auch den entwickelteren Einrichtungen, welche sich vorfinden, Rechnung tragen müssen.

Außerdem ist zu beachten, daß die Bundesbehörden auch während des Bestandes des Privatbahnsystems wiederholt Veranlassung hatten, sich mit dem Tarifwesen der schweizerischen Bahnen zu befassen. Die Ergebnisse ihrer daherigen Thätigkeit werden in dem zu erlassenden Gesetz ebenfalls zu berücksichtigen sein. Deshalb, und um im allgemeinen mit der Gesetzesvorlage auf praktischem Boden zu bleiben und sich von bloß theoretischer Neuerungssucht gleich fern zu halten wie von starr bureaukratischem Festhalten am Bestehenden, ist es von Wert, einen kurzen Überblick über das bisherige Eingreifen der Bundesbehörden zu geben.

Die für das Tarifwesen der schweizerischen Bahnen bisher geltenden allgemeinen Grundsätze sind niedergelegt in Art. 35 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Dezember 1872, welcher lautet: ,,Dem Bunde steht die Kontrolle über das Tarifwesen zu. Er hat das Recht der Einsichtnahme von sämtlichen hierauf bezüglichen Akten und Verträgen der Bahnverwaltungen. Bei dieser Kontrolle sind namentlich folgende Punkte zu berücksichtigen : ,,1. Die Tarife müssen sich innerhalb der in den Konzessionen bezeichneten Schranken bewegen.

,,2. Es darf keine in den Konzessionen nicht vorgesehene Taxe für die den Bahngesellschaften konzessionsgemäß obliegenden Verrichtungen bezogen werden, welche nicht vom Bundesrate ausdrücklich genehmigt und von der Bahnverwaltung öffentlich bekannt gemacht worden ist.

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,,3. Die Taxen sollen überall und für jedermann gleichmäßig berechnet werden.

,,Die Eisenbahnverwaltungen dürfen niemand einen Vorzug in irgend welcher Form einräumen, den sie nicht unter gleichen Umständen allen ändern gestatten.

,,4. Die Eisenbahnverwaltungen haben einer ihnen zu bezeichnenden Bundesstelle von allen allgemeinen und speciellen Tarifänderungen, sowie von Rückvergütungen rechtzeitig Kenntnis zu geben.

,,Dem ßundesrate steht von sich aus oder auf Beschwerde von Beteiligten, nach vorheriger Anhörung der betreffenden Bahngesellschaften, die Berechtigung zu, die Aufhebung oder Modifikation solcher Differentialtarife oder Rückvergütungsversprechen zu verlangen, welche dem in Ziffer 3 dieses Artikels enthaltenen Grundsatze der Gleichberechtigung zuwiderlaufen.

,,5. Jede Änderung am Tarif oder an den Transportreglementen soll gehörige Veröffentlichung bekommen, erstere in der Regel mindestens 14 Tage vor ihrem Inkrafttreten.

,,Wenn die Gesellschaft es für angemessen erachtet, ihre Taxen herabzusetzen, so soll diese Herabsetzung in Kraft bleiben mindestens drei Monate für die Personen und ein Jahr für die Waren.

,,Jede Erhöhung von Taxen soll wenigstens drei Monate vor ihrem Inkrafttreten publiziert werden.

,,In Fällen, wo von einer Gesellschaft ein aus Herabsetzungen und Erhöhungen gemischtes Tarifsysfcem neu eingeführt werden will, kann der Bundesrat diese Fristen verkürzen.

,,Diese Fristen finden keine Anwendung auf sogenannte Vergnügungszüge oder ausnahmsweise Vergünstigungen bei besondern Anlässen.

,,Der Bundesrat wird Anordnungen treffen, um die Beachtung obiger, in Ziffern l--5 bezeichneten Grundsätze bei Aufstellung der Tarife und deren Anwendung sorgfältig kontrollieren zu lassen.* Diese allgemeinen Grundsätze werden auch künftig zu gelten haben, da sie eine allseitig gerechte Tarifgestaltung unter Ausschluß aller Begünstigung einzelner bezwecken und für zweckmäßige Publizität der Tarife sorgen. Obwohl Art. 11 des ßundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 die Anwendbarkeit der bestehenden Bundesgesetzgebung in Eisenbahnsachen auf die Bundesbahnen ausdrücklich vorschreibt und somit der citierte Art. 35 für dieselben

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gilt, empfiehlt es sich doch, der Vollständigkeit wegen diese Grundsätze in entsprechender Redaktion im Tarifgesetze zu wiederholen.

Nachdem sich das Tarifwesen bei den schweizerischen Bahnen innerhalb der Schranken ihrer Konzessionen, deren Bestimmungen als Grundlage ihrer Verpflichtungen ausdrücklich im Gesetze anerkannt werden, ziemlich frei- entwickelt hatte, machten sich von Zeit zu Zeit in der Öffentlichkeit und in der Mitte der Behörden Klagen über die vielfache Verschiedenheit der Tarife geltend, welche Verschiedenheit allerdings in den Abweichungen der bezüglichen Konzessionsbestimmungen ihre Erklärung fand. Diese Beschwerden bezogen sich weniger auf den Personenverkehr als auf das Gütertarifwesen ; sie steigerten sich und fanden ihren Ausdruck in Resolutionen der Bundesversammlung, als die schweizerischen Hauptbahnen, mit Ausnahme der Suisse Occidentale, zu dem zuerst in Deutschland eingeführten sogenannten Reformtarifsystem übergingen, während letztere Bahn in Anlehnung an die französischen Babnverwaltungen das alte System der Warenklassifikation beibehielt. Auf Einladung der Bundesversammlung vom26. Juni 1883 erstattete der Bundesrat unterm 23. November 1883 einen einläßlichen Bericht über das (Güter-) Tarifwesen an die Bundesversammlung, welcher in erschöpfender Weise die von der Aufsichtsbehörde in Anwendung des Art. 35 des Eisenbahngesetzes befolgten Grundsätze darstellte und mit folgenden Sätzen schloß; ,,1. Die Bestimmungen der Konzessionen über die W a r e n kl a s s i f i k a t i o n sind zum größten Teile niemals zur Vollziehung gekommen, indem daraus ein für den Verkehr unerträgliche]' Zustand hätte entstehen müssen. Die unter Zustimmung der Aufsichtsbehörden in. den Jahren 1863 und 1872 unter den Bahnen abgeschlossenen Vereinbarungen beruhen auf einer neuen, den Konzessionen unbekannten Grundlage, welche zwischen Stückgütern und größern Transportquantitäten unterscheidet; diese Unterscheidung, die sich auch in allen durch den Bund erteilten Konzessionen findet, liegt auch der heutigen Klassifikation zu Grunde, aber mit denjenigen Modifikationen, die nötig erschienen, um den Bedürfnissen des internationalen Verkehrs zu genügen. Diese neue Klassifikation ist auf dem ganzen schweizerischen Eisenbahnnetz (mit Ausnahme der Suisse Occidentale) eingeführt. Der Bundesrat wird nach
hergestellter Einheit auch für die Erhaltung derselben sorgen und künftige grundsätzliche Änderungen nur unter der Bedingung genehmigen, daß dieselben für alle Normalbahnen gültig sind.

,,Aus unserm Berichte geht hervor, daß die Bundesbehörden schon seit Jahren auf die Einführung einer einheitlichen Klassi-

461 fikation gedrungen haben und daß es den allseitigen Bemühungen und dem Entgegenkommen der Bahnen gelungen ist, heute dem Ziele nahe zu kommen und in der allgemein gülligen Klassifikation die Grundlage für einheitliche Tarife zu schaffen.

,,2. Ein einheitliches Tarifwesen setzt aber nicht bloß eine allgemein gültige Warenklassifikation, sondern auch einheitliche Taxen voraus. Um zu dieser Einheit zu gelangen, fehlen den Bundesbehörden alle rechtlichen Mittel. Die den Gesellschaften erteilten Konzessionen geben jeder einzelnen Verwaltung die Befugnis, ihre Taxen innert den konzessionsgemäßen Grenzen nach Gutfmden für jede Linie festzustellen und in den gesetzlich vorgesehenen Formen und Fristen wieder beliebig abzuändern. Der Bund hat ausschließlich das Recht, zu verhindern, daß höhere als die konzessionsmäßigen Taxen bezogen werden. : ,,Im Vergleich mit der konzessionsgemäßen, früher bestandenen Mannigfaltigkeit der Taxen ist der jetzige unter Zustimmung der Gesellschaften geschaffene Zustand ein verhältnismäßig günstiger, aber die Dauer desselben hängt von dem Willen der einzelnen Verwaltungen ab.

,,Eine gesetzliche Änderung dieses Verhältnisses, welches als der wesentlichste Mißstand bezeichnet werden muß, ist gegenüber den Zusagen, welche der Bund in den Konzessionen gemacht hat, nicht zulässig, und die völlige Einheit im Tarifwesen erscheint nur auf dem Wege der Übernahme der Bahnen durch den Bund erreichbar.

,,3. Diejenigen Punkte, welche in dem Berichte unter dem Titel der S t a f f e l - , D i f f e r e n t i a l - und K o n k u r r e n z t a r i f e besprochen worden sind und in neuerer Zeit mannigfach Anlaß zu Beschwerden gegeben haben, fallen der Entscheidung der Bundesbehörden anheim, indem den Bahngesellschaften nur die Rechte zustehen, welche die Konzessionen ihnen ausdrücklich einräumen, und alle ändern darin nicht berührten Verhältnisse der staatlichen Anordnung und Entscheidung unterstellt sind. Der Bundesrat wird daher auch in Zukunft diese Fragen, und zwar nach den in dem Berichte entwickelten Grundsätzen, erledigen."

Der genannte Bericht hatte festgestellt, aus welchen Gründen sich der Bundesrat dagegen erklärt hatte, daß bei einzelnen Bahnen das System der Staffeltarife in der Weise zur Anwendung komme, daß beim Übergange von einer Bahn zur ändern die Staffelrechnung immer wieder neu beginne. Der bezügliche Beschluß des Bundesrates vom 5. September 1882 lautete:

462 ,,1. Die Berechnung der Taxen nach Entfernungsstufen einer Transportstrecke, wobei für die entfernteren Stufen geringere Taxen berechnet werden als für die näheren (Staffeltarif), darf in dem Verkehr der schweizerischen Bahnen unter sich (direkter und Transitverkehr) nur in der Weise zur Anwendung kommen, daß die auf den einzelnen Bahnen durchlaufenen Strecken zusammen als nur eine Transportstrecke angesehen werden. Es ist somit nicht zulässig, bei der Bildung von direkten und Transittarifen Staffeltarife an proportional gerechnete Tarife anzustoßen oder zwei oder mehrere Staffel zu kumulieren.

,,2. Die Tarife für den internen Verkehr sind nach den für den direkten. schweizerischen Verkehr angenommenen Grundsätzen zu berechnen."1 Bezüglich der viel angefochtenen D i f f e r e n t i a l - und K o n k u r r e n z t a r i f e waren für den Bundesrat bei seinen Entscheidungen folgende Grundsätze maßgebend : ,,a. Wenn die schweizerischen Bahnen für sich allein oder in Verbindung mit ausländischen Bahnen dem Publikum möglichst niedrige Tarife gewähren, um gewisse Verkehre zu entwickeln,, oder Verkehre, denen verschiedene Routen zur Verfügung stehen (z. B. Marseille-Genf, Genua-Gotthard, Triest und Venedig-Brenner bezüglich des Verkehrs mit Italien, beziehungsweise den Häfen des mittelländischen und adriatischen Meeres) den schweizerischen Bahnen zuzuführen, so wird damit nicht bloß dem schweizerischen Handel, sondern auch der konsumierenden Bevölkerung ein Dienst erwiesen, und von diesem Standpunkt aus kann es nicht in der Aufgabe der Staatsbehörden liegen, solchen Verhältnissen entgegenzutreten.

,,ö. Solche Tarifreduktionen dürfen in der Weise ins Werk gesetzt werden, daß der für die Endstationen entfallende Taxbetrag in der gleichen Höhe auch für alle rückwärts liegenden Stationen zur Anwendung kommt, und es wäre das Begehren ein unbegründetes, daß für jeden Transport die kilometrische Taxe dieselbe und der Gesamtpreis den Distanzen proportional sei. Das Gesetz fordert in diesem Falle eine solche Taxation nicht, indem Art. 35 die ,,gleichmäßige" Berechnung der Taxen ausdrücklich in der Weise erläutert, daß die Eisenbahnverwaltungen niemandem einen Vorzug in irgend welcher Form einräumen dürfen, den sie nicht unter gleichen Umständen allen ändern gestatten. Nach dieser Seite hin leisten die Tarife, welche nach der Art des Tarifes Nr. 442 (finden direkten Verkehr mit der Paris-Mittelmeerbahn) erstellt sind,

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dem Gesetze völlig Genüge, indem sie d i e s e l b e n Vorteile, welche für die Bndstationen geschaffen werden, auch auf die rückwärts liegenden anwenden.

,,c. Die Ungleichheit der Umstände kann nur in der Verschiedenheit äußerer faktischer Verhältnisse liegen; die Vorschrift, daß nur die Stationen, welche an einer bestimmten, in einer Endstation ausmündenden Zufahrtslinie liegen, an den niedrigen Taxen teilnehmen, ist eine durch das Gutßnden der Gesellschaften selbst geschaffene, keine in der Natur der Sache liegende Verschiedenheit und fällt deshalb dem Gesetz gegenüber dahin.a Dabei wurde darauf aufmerksam gemacht, daß die angeführten Grundsätze sich nicht mehr durchführen lassen, wenn es sich um die Konkurrenz zwischen schweizerischen und ausländischen Bahnen handelt; da letztere unserer Staatshoheit nicht unterworfen sind, ist es nicht möglich, die nämlichen Grundsätze auf solche Konkurrenzverhältnisse unverändert zur Anwendung zu bringen. An der Hand von Beispielen wurde nachgewiesen, wie sich die Verhältnisse gestalten, wenn e n t w e d e r dem Verkehr von oder nach einer schweizerischen Station zwei Routen zur Verfügung stehen, an deren einer die schweizerischen Bahnen gar nicht beteiligt sind oder mit kürzern Strecken als an der ändern, o d e r wenn der Verkehr von einer ausländischen Station nach einer ändern ausländischen seinen Weg über schweizerisches Gebiet nehmen kann (Transitverkehr). Im erstem Fall mußte den schweizerischen Bahnen gestattet werden, ihre Taxen auf der ihnen günstigem Route um die'gegenüber der ändern Route sich ergebenden Differenzen zu kürzen, falls nicht der betreffende Verkehr ganz der letztern zufallen sollte. Die Reduktion mußte überall eintreten, wo die normal gebildeten Taxen über die der Schweiz günstigere Route nicht billiger waren als die der ändern. Im Transitverkehr durften die schweizerischen Taxanteile nur dann niedriger gebalten werden als die im Verkehr zwischen den gleichen ausländischen und nähergelegenen schweizerischen Stationen, wenn dem Transitverkehr neben der schweizerischen noch ausländische Transitrouten zu Gebot standen; wo dagegen der schweizerische Transit nicht durch fremde Konkurrenz bedroht ist, besteht kein Grund, die ausländischen Stationen besser zu halten als die inländischen, und mußte daher zum mindesten verlangt werden, daß
die letztern keine höhern Gesamtfrachten bezahlen als die erstem.

Nachdem die Bundesversammlung von dieser Vorlage Kenntnis genommen und die Kommission des Nationalrates sich in einem einläßlichen Berichte vom 29. Mai 1884 über das Gütertarifwesen

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der schweizerischen Eisenbahnen im allgemeinen und den Reformtarif im besondern ausgesprochen hatte, faßte die Bundesversammlung unterm 19. Dezember 1884 folgenden Beschluß: .,,Die B u n d e s v e r s a m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Berichte des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 23. November 1883 und 27. Mai 1884 über die Motion Zschokke und Genossen und vom 23. November 1883 über den das Tarifwesen der schweizerischen Eisenbahnen betreffenden Teil der Motion Cramer-Frey vom 26. Juni 1883; unter Bezugnahme auf Art. 26 der Bundesverfassung und auf das Bundesgesetz über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872, insbesondere den Art. 35 desselben, und auf die bestehenden Konzessionen ; in Würdigung der durch die Einführung des sogenannten Reformtarifs veranlaßten Enqueten und Eingaben von kaufmännischen Vereinen und Privaten; in Betracht, t. daß es sowohl im öffentlichen Interesse als in demjenigen der Eisenbahnen selbst liegt, daß auf dem Wege gemeinsamer Verständigung ein einheitlicher Tarif für den Transport der Waren erzielt werde; 2. daß alle schweizerischen Eisenbahnen, mit Ausnahme der Suisse Occidentale-Simplon, im gemeinsamen Einverständnis versuchsweise, unter der Bezeichnung Reformtarif, bereits ein Tarifsystem eingeführt haben, welches eine neue Klassifikation der Waren zur Grundlage hat; 3. daß die Einführung des Reformtarifs unter den gegenwärtigen Verhältnissen für die Bundesversammlung keinen Anlaß bietet, im Wege der Gesetzgebung auf die Frage des Tarifwesens im allgemeinen einzutreten, beschließt: Art. 1. Von den erwähnten Berichten des Bundesrates und den darin enthaltenen Schlußfolgerungen wird Vormerkung genommen.

Art 2. Der Bundesrat wird eingeladen, dahin zu wirken, daß: a. das sogenannte Reformtarifsystem auch bei der Suisse Occidentale-Simplon angenommen werde;

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b. die noch ausstehenden direkten Tarife schnellst möglich zur Ausführung gebracht werden ; c. die II. Stückgutklasse erweitert und einzelne als Sperrgüter klassifizierte Gegenstände deklassifiziert werden ; d. für Eilgut nicht mehr die ganze doppelte Expeditionsgebühr berechnet und überhaupt die Expeditionsgebühren nicht schon bei 30 Kilometer, sondern erst bei 40 Kilometer voll bezogen werden ; e. die Taxen für den Export schweizerischer Erzeugnisse annähernd oder voll den Transporttaxen für diejenigen durch die Schweiz transitierenden ausländischen Güter gleichgestellt werden, mit welchen die einheimische Produktion auf fremdem Gebiete zu konkurrieren hat; f. eine Verkürzung der gegenwärtig bestehenden Lieferfristen eintrete; g. die Taxen fiir den Warentransport stets auf Grundlage der wohlfeilsten Bahnrichtung und unter Anwendung der gunstigsten General- und Specialtarife berechnet werden, selbst für den Fall, daß der Versender keinerlei hierauf bezügliche Bestimmungen getroffen hätte ; //. jede Abänderung bestehender Tarife, sowie jeder neue Tarif in genügender Weise veröffentlicht werde, und daß dieselben auch wirklich den Interessenten gegen billige Entschädigung zur Verfügung stehen ; i. bei Aufgabe von wenigstens 10,000 Kilos auch dann der bezügliche Tarif zur Berechnung komme, wenn momentan kein entsprechender, einen Minimalladeraum von 40 m 8 haltender Wagen zur Hand ist und zu zwei Wagen mit je 5000 Kilos Tragkraft Zuflucht genommen werden muß ; Je. im Reklamationswesen der schweizerischen Eisenbahnen eine besser organisierte und gleichmäßigere Behandlungsweise eingeführt werde.a Wir haben über diesen Beschluß der Bundesversammlung und die demselben vorausgehenden Beschlüsse und Berichte des Bundesrates aus dem Grunde einläßlich referiert, weil wir der Ansicht sind, daß die in denselben niedergelegten Grundsätze auch heute noch im allgemeinen richtig und in das zu erlassende Tarifgesetz für die Bundesbahnen aufzunehmen sind.

Gemäß dem citierten Beschlüsse wurde nunmehr von der Aufsichtsbehörde bei Ausübung der Kontrolle über das Tarifwesen verfahren; es erzeigte sich jedoch, daß die bestehenden gesetzlichen Kompetenzen nicht genügten, um das Hoheitsrecht des Staates auf

466 diesem Gebiete ausreichend zur Geltung zu bringen. Auf Antrag des Bundesrates wurden daher in das neue Transportgesetz vom 29. März 1893 folgende Bestimmungen aufgenommen: ,,Art. 4. Die Bedingungen der Tarife der einzelnen Bahngesellschaften, der Eisenbahnvereine oder Verbände haben nur Geltung, soweit sie den Bestimmungen dieses Gesetzes und des Transportreglements nicht widersprechen; andernfalls sind sie nichtig.

,,Ebenso sind Réglemente, Publikationen und specielle Vereinbarungen, durch welche zum voraus die durch das Gesetz normierte Verantwortlichkeit und Schadenersatzverbindlichkeit der Bahnverwaltungen ausgeschlossen oder beschränkt werden sollen,-ohne rechtliche Wirkung.

,,Alle Tarife und Transportbedingungen, sowie die Änderungen an denselben, bedürfen, bevor sie zur Anwendung gelangen können, der Genehmigung des Bundesrates."

Damit ist dem Bundesrate an Stelle des Rechtes der nachträglichen Kontrolle bereits eingeführter Tarife dasjenige der vorausgehenden Genehmigung, ohne welche ein Tarif überhaupt nicht Gültigkeit erhalten kann, eingeräumt worden. Allerdings war dadurch das Recht der Bahnen nicht berührt worden, die Taxen innerhalb der konzessionsgemäßen Grenzen festzusetzen. Auch war einer Anregung nicht Folge gegeben worden, das den Eisenbahnverwaltungen zustehende Recht der freien Instradierung, welches nur da beschränkt ist, wo specielle Verfügungen des Absenders erteilt werden, durch eine Norm zu ersetzen, welche, wenn für Transporte verschiedene, nicht der gleichen Gesellschaft gehörende schweizerische Routen zur Verfügung stehen, deren Instradicrung geordnet hätte, im Sinne einer billigen Verteilung auf dieselben.

Zu dieser Anregung gab die Thatsache Anlaß, daß die meisten der größern Bahnen zum Zwecke der Verteilung des Güterverkehrs sich als besondere Vereinigung, ,,Union commerciale'1, zusammengethan hatten, und daß von denselben schon wiederholt abgelehnt worden war, kleinern und neuen Unternehmungen den Zutritt zu diesem Verbände zu gestatten. Allerdings war noch jedesmal, in der Regel unter Vermittlung der Bundesbehörden, ein Ausgleich getroffen worden ; aber bei jedem derartigen Fall trat stets wieder die Klage hervor, daß das Recht des Stärkeren sich allzusehr geltend mache. Es war indessen unmöglich, eine Formel zu finden, welche dieser Klage vorgebeugt hätte,
ohne gleiche oder größere Unbilligkeiten in anderer Richtung herbeizuführen. Namentlich zeigte sich der Versuch, als Basis der Berechtigung am Güterverkehr die Länge,

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beziehungsweise Kürze der einzelnen in Betracht kommenden Routen aufzustellen, als unausführbar. Die grundsätzliche Zuweisung des Güterverkehrs an die kürzeste Route hätte gleiche KiJometertaxen zur unerläßlichen Voraussetzung, da nur alsdann die kürzeste Route stets auch die billigste wäre; eine bezügliche Vorschrift lag aber außer der Kompetenz des Bundes, da die Konzessionen nur die Taxmaxi ma fixieren und den Eisenbahnen überlassen ist, innert derselben sich frei zu bewegen. Dazu kommt, daß die kürzeste Route auch sonst keineswegs immer die beste ist, da sie gar nicht selten hinsichtlich der Betriebs- und Anschlußverhältnisse, der Zahl der Züge etc., wodurch die Schnelligkeit und Regelmäßigkeit der Beförderung bedingt wird, hinter einer längern Route hintansteht.

Es wurde ferner nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, daß ein Einwirken des Bundes auf die Instradierung der Güter im Sinne ihrer Zuweisung an die kürzeste oder billigste Route auf sehr empfindliche Weise in bestehende Verhältnisse eingreifen müßte, die sich natürlich entwickelt hatten. Es wurde betont, wie unbillig und häufig auch für den Verkehr unvorteilhaft es wäre, einer Bahngesellschaft die Leitung des Güterverkehrs zwischen ihren Stationen über das eigene Netz zum Teil entziehen zu wollen, weil die Linie einer ändern Bahn eine vielleicht nur unbedeutend kürzere Route biete. Daneben wurde von den beteiligten Verwaltungen insbesondere auf die zwischen Basel und Biel, Winterth'ur und Rorschach, Effretikon und Wetzikon, Zürich und Rapperswil, Ziegelbrücke und Glarus bestehenden verschiedenen Routen hingewiesen, wo die konkurrierenden Gesellschaften eine Teilung des Verkehrs unter sich vereinbart hatten, welche einem ungesunden Konkurrenzkampfe vorbeuge, da in diesen Fällen die längere Route auf die Teilnahme am Verkehr unter keinen Umständen verzichten könnte.

Die Botschaft des ßundesrates konstatierte, daß die Bestimmungen der Konzessionen der Entwicklung des öffentlichen Rechts allerdings nicht entgegengestellt werden können, daß man aber doch gut thue, den Verhältnissen, wie sie sich im Laufe der Zeit gestaltet haben, in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Diese Erwägung führte dazu, die heute geltende Fassung des Art. 6, litt, l, des Transportgesetzes anzunehmen, welche lautet : (Der Frachtbrief muß enthalten :)
,,Z. Die Angabe des einzuhaltenden Transportweges und soweit es sich um zollpflichtige Güter handelt, unter Bezeichnung der Stationen, wo die Zollabfertigung stattfinden soll. In Ermangelung dieser Angabe hat die Bisenbahn denjenigen Weg zu

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wählen, welcher ihr für den Absender am zweckmäßigsten erscheint.

Für die Folgen dieser Wahl haftet die Eisenbahn nur, wenn ihr hierbei ein grobes Verschulden zur Last fällt.11 Diese Bestimmung entspricht dem Art. 9, Ziffer 8, der Transportgesetzes von 1875 und hält sich auch vom zweiten Extrem fern, dem ganz unbeschränkten Recht der Bahnen zur Bestimmung des Transportweges, das im internationalen Übereinkommen, allerdings unter Bedingungen, welche den Verkehr vor Schaden wahren, zugelassen ist. Sie erhält dadurch eine erhöhte Bedeutung, daß nach Art. 33 des Eisenbahngesetzes von 1872, der durch Art. 2 des Transportgesetzes bestätigt ist, die Eisenbahnverwaltungen vom Bunde zur Erstellung direkter Tarife mit ändern Bahnen angehalten werden können und daß daher der Bund in der Lage ist, Bahnen, welche mit ändern in den Wettbewerb um gewisse Verkehre treten wollen, die hierfür nötigen Tarife zu verschaffen, soweit er den Anspruch billig findet.

Auch nach der Verstaatlichung eines Teiles der schweizerischen Eisenbahnen sollte unseres Erachtens der Bund an der in der besprochenen Frage bisher eingenommenen Stellung festhalten, wie wir an anderer Stelle noch einläßlicher nachweisen werden.

Wenn wir hiermit den heutigen Stand der Regelung des Tarifwesens der Privatbahngesellschaften durch die Bundesbehörden kurz dargestellt haben, geschah es allerdings nicht in der Absicht, Ihnen ohne weiteres die Übertragung aller dieser Grundsätze auf die Staatsbahnen vorzuschlagen. Es war vielmehr im einzelnen zu prüfen, inwieweit nach durchgeführter Verstaatlichung die bisherigen Normen für die Bundesbahnen beizubehalten oder durch andere zu ersetzen seien.

Dabei ist einmal, wie oben bemerkt, zu beachten, daß die Konzessionsbestimmungen über das Tarifwesen dahinfallen und daher an deren Stelle neue Vorschriften aufzustellen sind. Bei Festsetzung derselben ist die Forderung einer e i n h e i t l i c h e n Regelung für das gesamte Bundesbahnnetz wohl nicht näher zu begründen. Sodann wird eine Beruhigung gegenüber den Besorgnissen zu bieten sein, daß die Verstaatlichung Rückschritte gegenüber dem heutigen Zustand bringen könnte. Überdies werden Bestimmungen aufzunehmen sein, die weitere Erleichterungen des Verkehrs anbahnen.

" Hierbei wird man sich jedoch zu hüten haben, durch das Gesetz über Neuerungen, die noch eingehender Untersuchungen bedürfen, voreilig zu entscheiden, ehe die Verwaltungsorgane der Bundesbahnen bestellt sind. Man wird auch nicht übersehen dürfen,

469 daß das Eisenbahnwesen in ununterbrochener Umbildung und Entwicklung begriffen ist und daß daher der Thätigkeit und Initiative der Verwaltung der Bundesbahnen ein bedeutendes Maß freier Bewegung zu lassen ist. Insbesondere wird ihr auch für die Fortentwicklung des Verkehrs in ähnlicher Weise wie den bisherigen Privatbahnen Freiheit zuzugestehen sein. Dabei ist jedoch der schon in der bestehenden Gesetzgebung enthaltene Grundsatz der Gleichberechtigung aller streng zu wahren und die vollständige Publizität der Tarife aufrechtzuhalten.

Mit diesen allgemeinen Bemerkungen haben wir auch die im a l l g e m e i n e n Teil des Entwurfes zu einem Tarifgesetz (Art. 2 und 3) niedergelegten Grundsätze begründet; dieselben sind im wesentlichen nur die Reproduktion des Inhaltes der Vorschriften des Art. 35 des Eisenbahngesetzes und des Art. 4 des Transportgesetzes.

Die Vorschriften dieses Tarifgesetzes gelten nur für die im Eigentum des Bundes befindlichen Bahnen. Für Bahnlinien, welche Dritten gehören, bleiben die Bestimmungen ihrer Konzessionen in Kraft, auch wenn deren Betrieb der Bimdesbahnverwaltung übertragen wird (Art. 1).

Um eine gründliche Vorbereitung des Tarifgesetzes zu ermöglichen, hat das- Eisenbahndepartement einen ersten Entwurf desselben dem schweizerischen Handels- und Industrieverein, dem schweizerischen Gewerbeverein, dem schweizerischen Bauernverband und dem schweizerischen Eisenbahnverband mitgeteilt, mit dem Ersuchen, ihm ihre Bemerkungen zu dein Entwurf bekanntzugeben. In verdankenswerter Weise haben die genannten Vereinigungen dieser Einladung durch Einsendung einläßlicher Berichte entsprochen. Wir fügen die letztern den Akten dieser Vorlage bei.

Wir haben uns zur Pflicht gemacht, diesen Anregungen gerecht zu werden, soweit die konsequente Durchführung einheitlicher und gleichmäßiger Grundsätze für das Tarifwesen es gestattete. Die Gründe, warum mehrfache Begehren nicht berücksichtigt werden konnten, sind der folgenden Begründung der einzelnen- Artikel der Vorlage zu entnehmen. Im allgemeinen ist zu bemerken, daß sich die. geäußerten Wünsche hie und da widersprachen und daher zwischen entgegenstehenden Auffassungen entschieden werden mußte.

Zu Abschnitt I des Gesetzesentwurfes ist namentlich betont worden, die Aufrechterhaltung der Vorschriften des Art. 35 des

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Eisenbahngesetzes und des Art. 4 des Transportgesetzes betreffend die Erstellung der Tarife nach gleichmäßigen Grundsätzen für Alle und betreffend die Veröffentlichung der Tarife und deren Genehmigung durch das Eisenbahndepartement erscheine gegenüber den Bundesbahnen nicht gerechtfertigt, da denselben möglichst freie Bewegung gewährt werden müsse und ihnen die Wahrung der öffentlichen Interessen so gut überlassen werden könne wie einer Aufsichtsbehörde.

Wir sind nun der Ansicht, daß, auch abgesehen von der Vorschrift des Art. 11 des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897, welcher die Bestimmungen der bestehenden Bundesgesetzgebung in Eisenbahnsachen auf die Bundesbahnen anwendbar erklärt, die dem Art. 35 des Eisenbahngesetzes entnommenen und in Art. 2 des Entwurfes niedergelegten Grundsätze gleichmäßiger Behandlung Aller unbedingt auch für die Bundesbahnen Geltung haben müssen, ja für die letztern noch viel mehr als bisher für die Privatbahnen.

Allerdings könnte eingewendet werden, dieser Grundsatz verstehe sich von selbst; es ist aber doch besser, denselben, und zwar in der Formulierung der bestehenden Vorschriften, in das Tarifgesetz aufzunehmen. Bei richtiger Anwendung können sich daraus keinerlei Inkonvenienzen ergeben, da gleichmäßige Behandlung nur bei Gleichheit der Verhältnisse beansprucht werden kann und diese Bestimmungen selbstverständlich nicht dahin ausgelegt werden dürfen, daß ungleichartige Verhältnisse unter e i n e Schablone gebracht werden sollen. Daß auch in Zukunft Ausnahmetarife nicht nur gestattet sein sollen, sondern im Interesse der schweizerischen Volkswirtschaft ausdrücklich gefordert werden, ergiebt sich mit aller Klarheit aus späteren Artikeln und deren Begründung, Auch verhindert der Grundsatz des Art. 2 nicht die Gewährung erleichternder Transportbestimmungen für bestimmte Gegenstände; nur dürfen solche Erleichterungen nicht etwa nur bestimmten Transportarten gewährt werden, sie müssen jedem, welcher solche Güter zur Beförderung aufgiebt, gleichmäßig zur Verfügung stehen. Was durch die bisherige, oben geschilderte Entwicklung des Eisenbahnwesens gewonnen worden ist, soll dem Verkehre gesichert bleiben.

Auch die Bedenken gegen die in Art. 3 vorgeschriebene vorausgehende Genehmigung der Tarife durch das Eisenbahndepartement und deren Veröffentlichung vor der Inkraftsetzung
sind nicht gerechtfertigt. Die Gründe, welche beim Erlaß des Transportgesetzes für die Vorschriften des Art. 4 desselben geltend gemacht worden sind, gelten heute noch. Die Prüfung aller Tarifmaßnahmen auf ihre Gesetzmäßigkeit vor der Anwendung ist

471 durchaus gerechtfertigt und hat nichts Stoßendes für die Bundesbahnverwaltung. Die Verzögerungen, die sich aus dieser Kontrolle ergeben, werden erheblich übertrieben. Wo langwierige Verhandlungen in Frage kommen, betrifft es nicht einzelne Tarife, sondern grundsätzliche Vereinbarungen über die Tarifgestaltung, namentlich in den Verkehren mit dem Ausland, deren Genehmigung der Aufsichtsbehörde unter allen Umständen vorbehalten bleiben müßte.

Der Zeitraum, welcher für die amtliche Kontrolle beansprucht wird, ist verhältnismäßig klein gegenüber der Zeit, welcher die Verhandlungen der Bahnen unter sich durch Korrespondenz und auf Konferenzen bedürfen. Auch ist die Annahme durchaus irrtümlich, daß es sich um eine bloß formelle Prüfung handle. Die Hauptsache ist die Überwachung der richtigen Durchführung der in den Bundesgesetzen und Bundesbeschlüssen niedergelegten Grundsätze, über welche wir oben berichtet haben. Eine Ausscheidung dieser Kontrolle von der bloß rechnerischen ist vielfach nicht möglich, und eine Trennung dieser beiden Faktoren würde nur wieder zu neuen Komplikationen führen, statt zu der gewünschten Vereinfachung des Verfahrens.

Taxerhöhungen oder Aufhebungen von Tarifen sind in der Regel drei Monate vor dem Inkrafttreten zu veröffentlichen, wenn der Handelsstand nicht durch unvorhergesehene Tarifmaßnahmen, welche seine Kombinationen stören, geschädigt werden soll. Eine Beschränkung dieser Frist würde entschieden nicht im Interesse des Verkehrs liegen. Eine Kürzung des Termins ist für den Fall vorgesehen, wenn mit den Taxerhöhungen zugleich erhebliche Taxreduktionen eingeführt werden sollen. Es darf wohl der Aufsichtsbehörde zugetraut werden, daß sie diese Ausnahme nur gestattet, wo es die allgemeinen Interessen und nicht etwa die finanziellen der Bundesbahn ver waltung erheischen. Eine Kürzung der Publikationsfrist ist auch dann angezeigt, wenn bei direkten Tarifen mit dem Ausland nur der auf die ausländischen Strecken fallende Taxanteil erhöht wird und für diese Strecken eine kürzere Frist gilt.

Ebensowenig darf mit Grund die Vorschrift angefochten werden, daß einmal eingeführte Taxherabsetzungen eine längere Zeit in Kraft bleiben sollen; nur auf diese Weise wird die für die Geschäftswelt so notwendige Stetigkeit erzielt. Dabei ist aber mit Recht auf Fälle aufmerksam gemacht
worden, in welchen die Bahnverwaltung Ermäßigungen nur zugestehen kann, wenn deren Dauer zum voraus auf eine kürzere Zeit beschränkt wird. Es betrifft dies vorzugsweise Transporte der Landwirtschaft, wenn bei außergewöhnlich reicher Ernte ihren Produkten rascher Absatz

472 auf weite Distanzen durch ausnahmsweise Taxreduktionen gesichert werden soll. Es hat keine innere Berechtigung, solche Ausnahmetaxen nach Ablauf der maßgebenden Frist auch-für die normalen Transporte aufrechtzuhalten.

Aufzunehmen ist endlich die bereits bestehende Bestimmung, daß die Fristen für die Veröffentlichung und für die Dauer der Ermäßigung keine Anwendung finden auf Vergnügungszüge und auf ausnahmsweise Begünstigungen für den Besuch von Festen und für andere besondere Anlässe. Es soll diesfalls an den bestehenden Verhältnissen nichts geändert werden.

Eine Verlängerung der PublikationsfVist von 14 Tagen für neu einzuführende Tarife und für Taxermäßigungen ist nicht zu empfehlen, da dieselbe die Bahn Verwaltung hindern würde, wünschenswerte Tarifmaßnahmen rasch zu treffen. Eine verhältnismäßig kurze 'Frist liegt im Interesse des Verkehrs.

Zur Vermeidung von Mißverständnissen erscheint es sodann zweckmäßig, ausdrücklich zu sagen, daß die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes, welche sich auf die Beziehungen zur P o s t und M i l i t ä r v e r w a l t u n g in Tarifsachen beziehen, auch für die Bundesbahnen gelten. Eine Wiederholung dieser Bestimmungen im Tarifgesetz ist überflüssig, weil dieselben nicht den allgemeinen Verkehr betreffen, sondern nur die genannten Verwaltungen, welche mit den oitierten Artikeln des Eisenbahngesetzes wohl vertraut sind. Eine Anregung, es möchte über diese Gratisleistungen der Eisenbahn von der Bundesverwaltung eine genaue Statistik geführt werden, damit diese Leistungen ziffermäßig bekannt würden, ist beachtenswert, gehört aber nicht in das Tarifgesetz. Es kann unseres Erachtens nicht davon die Rede sein, daß diese Gratisleistungen, welche schon in den ersten Eisenbahnkonzessionen ausbedungen waren, nunmehr wegfallen sollen (Art. 4 und 5).

Wir gehen nunmehr über zur Begründung der besondern Vorschriften für den Personen- und Güterverkehr.

II.

Personenverkehr.

Die Vorschriften der Normalkonzession (Bundesbeschluß betreffend die Konzession für eine Eisenbahn von.Thun nach Konolfingen vom 17. September 1873 [E. A. S. n. F. I, 137 u. ff.])

lauten für den Personenverkehr wie folgt:

473

,,Art. 12, Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal, nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn Kurn ändern, und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge, einschließlich der sogenannten gemischten Züge, haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren. Eine geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur infolge besonderer Bewilligung des Bimdesrates zur Anwendung gelangen..

,,Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursieren.

Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben und zwar auf Sitzplätzen befördert werden können. Aut Verlangen des Bundesrats sind auch mit Warenzügen Personen nu befördern. In diesem Falle findet die Vorschrift von Art. 12, Absatz 2, keine Anwendung.

,,Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden ' kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2J/2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Pei'sonentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

32

474

Für Abonnementsbillete zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

,,Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Bin vom Bundesrate zu erlassendes Reglement wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen."

Das Gesetz über das Tarifwesen soll nun unseres Erachtens nicht bloß die Taxen und die Grundsätze der Tarifbildung im engern Sinne feststellen, sondern in Anlehnung an die bisherigen Konzessionsbestimmungen auch die Garantien für eine rationelle Bedienung des Personenverkehres geben. Wenn in dieser Hinsicht die Normalkonzession vorschreibt, daß die Beförderung von Personen täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt an allen Stationen erfolgen solle, so bleibt diese Bestimmung hinter den berechtigten Anforderungen des Verkehrs offenbar zurück. Es ist mindestens die Zahl von v i e r Z ü g e n in jeder Richtung mit Anhalten auf allen Stationen auch für die weniger wichtigen Bahnlinien zu fordern, indem eine richtige Verkehrsentwicklung mit nur drei Zügen gar nicht möglieh ist. Wo immer dieselbe beibehalten wurde, sind die Betriebseinnahmen wesentlich zurückgeblieben ; dagegen hat jede Verbesserung der Fahrgelegenheit eine merkliche Steigerung derselben durch vermehrte Frequenz herbeigeführt. Höher als auf vier Züge möchten wir die Minimal/ahl nicht festsetzen, da immerhin verkehrsarme Gegenden bestehen, bei welchen eine weitergehende Zahl eine ungerechtfertigte Kostenvermehrung bedingen würde. Bei obiger Minimalzahl wird man aber für die Linien, welche schon jetzt eine größere Zahl von Zügen haben, nicht stehen bleiben können, wenn Sicherheit dafür geboten werden soll, daß die Verstaatlichung hinsichtlich der Zugszahl keinen Rückschritt bringe ; deshalb wird vorgeschlagen, für solche Linien die während einer gewissen Zeit bestandene Zugszahl als Minimum zu bezeichnen. Als Ausgangspunkt darf allerdings nicht die zufällig unmittelbar vor dem Übergang der Bahnen an den Bund bestehende Zahl angenommen
werden, da sich unter diesen Zügen noch nicht durch die Erfahrung gerechtfertigte Versuchszüge befinden können und es nicht den Verwaltungen der zurückzukaufenden Bahnlinien überlassen werden kann, durch Einführung neuer Züge im letzten Augenblicke der Bundesbahnverwaltung das Gesetz zu machen.

475 Sodann sind die Linien zu erwähnen, deren Offenhaltung zeitweise gar nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre, deren Betrieb daher auch jetzt während einer gewissen Periode ganz oder zum Teil eingestellt wird.

Die Vorschrift der Normalkonzession, welche von Ausführung der Züge von einem Ende der Bahn zum ändern spricht, kann füglich weggelassen werden ; es wird genügen, wenn jeder Strecke des Bundesbahnnetzes ein Minimum von Zügen zugesichert wird, und es wäre unzweckmäßig, in das Gesetz eine Bestimmung niederzulegen, welche ausschließen würde, daß Züge einer Linie, deren Hauptverkehr seinen Sitz im Innern hat, von dort nach beiden Seiten gehen (Art. 6).

Auch hinsichtlich der Zugsgeschwindigkeit scheinen uns die in der Normalkonzession verlangten 24 Kilometer unzureichend.

Gemäß der allgemein geltenden Auslegung wird nämlich unter mittlerer Zugsgeschwindigkeit die Zeit verstanden, welche ein Zug zur Zurücklegung einer gewissen Strecke zwischen den von ihm bedienten Hauptstationen mit Einschluß der Zwischenhalte bedarf.

Nicht Inbegriffen in der Berechnung sind die Aufenthalte, welche auf Hauptstationen (Knotenpunkte) und Stationen mit Maschinenwechsel fallen.

Die Forderung der 24 Kilometer Zugsgeschwindigkeit stammt aus den Anfangszeiten der Eisenbahnen und trägt den seitherigen Verbesserungen des Oberbaues, des Rollmaterials, der Brems- und Signaleinrichtungen keine Rechnung. Allerdings giebt es Linien, und zwar auch solche von normalen Betriebsverhältnissen, deren Züge noch immer keine wesentlich größere Geschwindigkeit haben : aber wo nicht ausnahmsweise Verhältnisse es rechtfertigen, erlaubt schon der Grundsatz der Gleichbehandlung nicht, solchen Linien die Verbesserung dei' Zugsgeschwindigkeiten vorzuenthalten, die ändern Linien unter dem Einfluß äußerer Verhältnisse oder größerer Rührigkeit der Anwohner zu teil geworden sind. Wir schlagen daher vor, die normale Zugsgeschwindigkeit auf 30 Kilometer zu erhöhen in einer Form, welche einerseits größere Geschwindigkeiten nicht ausschließt, anderseits geringere mit Bewilligung des Bundesratos zuläßt, wo dafür in besonderen Bau- oder Betriebsverhältnissen ausreichender Grund vorhanden ist. Diese Bewilligung kann anläßlich der regelmäßigen Fahrplangenehmigung erteilt werden ; sie ist ausdrücklich nachzusuchen und besonders
zu begründen.

Vom schweizerischen Eisenbahnverband sind Bedenken gegen diese Vorschrift erhoben worden ; dieselbe sei nicht durchführbar, weil ihr folgende Momente entgegenstehen: die vielfach vorkommen-

476

den starken Steigungen, die kurzen mittleren Stationsdistanzen, die Anschlüsse auf den zahlreichen Knotenpunkten und die Notwendigkeit, auf gewissen Strecken verschiedene Verkehre zu kombinieren, die Kreuzungen auf einspuriger Bahn, die Unmöglichkeit, auf den Stationen eine größere Zahl Züge gleichzeitig abzufertigen, und insbesondere die Besorgung des Dienstes auf den Stationen, welcher durch den Postdienst, namentlich den Paketverkehr, durch den lebhaften Eil- und Expreßgutverkehr und durch den Viehverkehr sehr stark belastet werde. Eine tabellarische Übersicht leistet den Nachweis, daß zur Zeit die Zugsgeschwindigkeit von 30 Kilometern allerdings nur von der kleinsten Zahl der Personenzüge erreicht wird. Diese Thatsache weist darauf hin, daß die Beseitigung dieses Übelstandes mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Insoweit die Einwendungen der Bahnverwaltungen richtig sind, kann denselben durch die vom Bundesrate zu bewilligenden Ausnahmen Rechnung getragen werden. Eine Verbesserung der bestehenden Verhältnisse ist aber geboten ; dieselbe wird auch von den Verkehrsinteressenten lebhaft begrüßt.

Dagegen halten wir es nicht für zweckmäßig, auch für die Schnellzüge und die Expreßzüge eine Minimalgeschwindigkeit ziffermäßig festzusetzen. Neben der Minimalforderung von vier Zügen in jeder Richtung ist allerdings eine gute Bedienung der Hauptrouten mit schnellfahrenden Zügen vorzuschreiben. In die Konzessionen wurden in dieser Hinsicht in der Regel keine Bestimmungen aufgenommen, weil sich zur Zeit der Konzessionierung der Hauptlinien nicht voraussehen ließ, inwiefern sich auf denselben das Bedürfnis von Schnellzügen geltend machen werde, vielleicht auch in der Aunahme, daß, wo die Bedingungen für derartige Züge gegeben seien, die Verwaltungen sie im eigenen Interesse ausführen werden. Diese Annahme hat sich so ziemlich erfüllt, und daß die Bundesbahnen derselben auch ohne ausdrückliche Vorschrift entsprechen würden, ist noch weniger zu bezweifeln. Indessen finden wir doch im Gesetz einige Bestimmungen hierüber angezeigt, der Vollständigkeit wegen, und um auch in diesem Punkte Zweifeln über die verkehrsfördernde Wirkung der Verstaatlichung vorzubeugen. Es empfiehlt sich aber nicht, auch für die Schnell- und Exprcßzüge ziffermäßige Normen über die Geschwindigkeiten aufzustellen, da gemäß
den Betriebsverhältnissen der verschiedenen Bahnlinien die Geschwindigkeiten der Schnellzüge zur Zeit zwischen 22,9 und 60,a Kilometer wechseln. Wenn nicht Unmögliches verlangt werden ·wollte, müßte man somit entweder das Minimum zu tief halten oder sofort eine Ausnahmebestimmung beifügen. Den gleichen

477

Zweck erfüllt die Aufnahme des allgemeinen Grundsatzes, welche genügen wird, um die Leistungen der schweizerischen Schnell- und Expreßzüge denen in ändern vorgeschrittenen Staaten anzunähern, soweit die baulichen und Betriebsverhältnisse unserer Bahnen es gestatten. Besonders zu erwähnen sind sodann noch die Nachtzüge, welche gemäß dem Verkehrsbedürfnis einzurichten sind. Selbstverständlich kann es sich dabei nicht um Festlegung gerade des heutigen Standes derselben handeln, da für deren Anordnung wesentlich auf die internationalen Anschlußzüge Rücksicht genommen werden muß, welche ändern können (Art. 7).

Gleichzeitig muß die Frage gelöst werden, welche K l a s s e n in den verschiedenen Zügen mitzufuhren seien. In dieser Hinsicht erscheint es angezeigt, statts der früheren, in neuerer Zeit übrigens großenteils schon aufgegebenen Ansicht, daß in die Schnellzüge keine Wagen III. Klasse einzustellen seien, den gegenteiligen Grundsatz ins Gesetz aufzunehmen und einzig noch für die Expreßzüge Ausnahmen zu ermöglichen. Wir verweisen auf die Fahrpläne Süddeutschlands, welche dartbun, daß das allgemeine Mitführen von Wagen III. Klasse durch dienstliche Rücksichten nicht verunmöglicht wird. In Württemberg z. B. fehlt die HI. Klasse nur im Orientexpreßzug. Eine Überlastung der Züge wird in der Regel deswegen nicht eintreten, weil diese Züge nur an Hauptstationen anhalten und die Bedienung der Zwischenstationen von diesen Hauptstationen aus durch die Personenzüge vermittelt werden soll.

Das ist ganz richtig, daß viele Reisende, welche jetzt II. Klasse bezahlen müssen, dann in III. Klasse fahren werden. Der finanzielle Ausfall wird aber voraussichtlich durch Vermehrung der Frequenz ausgeglichen werden, welche während des größten Teiles des Jahres durch die regelmäßigen Züge bewältigt werden kann. Es ist eben nicht zu vergessen, daß die neuern Lokomotiven viel leistungsfähiger geworden sind, so daß die Einstellung von Doppelzügen zur Ausnahme wird. Wenn aber ausnahmsweise der Verkehr so anwächst, daß die Führung von Doppelzügen erforderlich wird, ist eben nur der Beweis erbracht, daß einem volkswirtschaftlichen Bedürfnis entsprochen wird, und es sind die hiermit für den Betrieb verbundenen Inkonvenienzen zu tragen. Es dürfte dann auch nicht an der Einnahme zur Deckung der Kosten fehlen.

Wegen der ausnahmsweisen
Betriebsverhältnisse der Gotthardbahn empfiehlt es sich, die Möglichkeit offen zu lassen, daß in einzelnen Expreßzügen auch die II. Klasse weggelassen werden kann.

Anderseits ist es eine überflüssige Belastung, für die meisten Züge das Mitführen der I. Klasse vorzuschreiben. Abgesehen von der

478

kostspieligen Ausrüstung der Personenwagen II. Klasse durch Beigabe von Coupés I. Klasse, welche einen höhern Anschaffungspreis und höhere Unterhaltungskosten bedingen, und von der Kosten ersparnis bei Einschränkung des Bedarfs an solchen Coupés, besteht ein Bedürfnis für I. Klasse nur bei den Zügen, welche dem großen Durchgangsverkehr dienen. Den besten Beweis hierfür liefert die Thatsache, daß mit Ausnahme der Reisesaison die I. Klasse auch in den Schnellzügen nur spärlich besetzt ist, namentlich wenn die Inhaber von Freikarten abgerechnet werden.

Laut der Eisenbahnstatistik ergiebt sich für die Klassenbenutzung bei den sämtlichen Hauptbahnen, mit Inbegriff der von ihnen betriebenen Nebenlinien, folgendes Verhältnis: I. Klasse.

II. Klasse.

III. Klasse.

1894

.

.

.

1,26%

11,76%

1895

.

.

.

1, 82 %

11,38%

87,30%

1,21% 1,12%

11,19% 10,60%

87,60% 88,28%

1896 =1897

. . .

. . .

86,98%

Etwas günstiger gestaltet sich allerdings das Verhältnis der Einnahmen für die I. Klasse, indem dasselbe ergiebt: l. Klasse.

11. Klasse.

III. Klasse.

1894 . . . 9,n% 27,07% 63,82% 1895 . . . 9,31 % 26,77% 63,92% 1896 . . . 8,77% 26,41% 64, 82 % 1897 . . . 8,63% 25,07% 65,40% Die Verpflichtung zum Mitführen I. Klasse ist unter diesen Umständen auf die Schnellzüge mit internationalen Anschlüssen zu beschränken, und es ist die I. Klasse nur dann ausnahmsweise auch Personenzügen beizugeben, wenn besondere Verhältnisse, wie der Anschluß an Schnellzüge u. dgl., es rechtfertigen. Dabei bleibt die Frage vorbehalten, ob die Zukunft nicht eine vollständige Unterdrückung der I. Klasse mit Verbesserung der Einrichtungen der Wagen II. Klasse bringen werde. Bekanntlich haben die belgischen Staatsbahnen die I. Klasse im internen Verkehr abgeschafft und nur für die internationalen Schnellzüge die Einstellung von Luxuswagen unter Erhebung von Taxzuschlägen vorgesehen.

Auch in Württemberg verkehren auf 13 Bahnstrecken nur Züge mit II. und III. Klasse. Unseres Erachtens kann die Schweiz in dieser Richtung allerdings nicht einseitig vorgehen. Solange die konkurrierenden Reiserouten und die ausländischen Anschlußbahnen in den internationalen Personenzügen I. Klasse führen, darf die

479

Schweiz keine Ausnahmestellung einnehmen, wenn sie nicht Einbußen im Transitverkehr erleiden soll.

Sodann muß die Möglichkeit gewahrt werden, für den Lokalverkehr Züge einzulegen, welche ausschließlich Wagen III. Klasse führen.

Damit die sogenannten Luxuszüge, welche im internationalen Reiseverkehr eine wichtige Rolle spielen, in unveränderter Komposition in der Schweiz weitergeführt werden können, muß für dieselben eine Ausnahmebestimmung aufgenommen werden. Die ungehemmte Fortentwicklung dieser Einrichtungen wird durch die Bedürfnisse des Touristenverkehres gefordert.

Das in der Schweiz bisher vorgeschriebene W a g e n s y s t e m .

in den Konzessionen das amerikanische genannt, welches richtiger als Durchgangssystem bezeichnet wird, indem es im Gegensatz zum Coupesystem das Gehen durch den ganzen Wagen ermöglicht, hat sich als den Verkehrsverhältnissen unseres Landes entsprechend erwiesen ; es ist nicht abzusehen, daß dessen Ersatz durch ein anderes System beim Betriebe der Hauptbahnen wünschenswert werde (Art. 8).

Es fragt sich nun, ob auch die T a x e n für den Personenund Gepäcktransport durch das Gesetz zu bestimmen oder ob deren Festsetzung dem Verwaltungsrat der Bundesbahnen zu überlassen sei. Wir sind der Ansicht, daß die grundsätzliche Taxnormierung gesetzlich geordnet werden soll, allerdings nicht in der Meinung, daß die Taxen im einzelnen festzulegen wären, wohl aber sind die M a x i m a l t a x e n festzusetzen, über welche die Verwaltung der Bundesbahnen nicht hinausgehen darf. Die Bevölkerung kann mit Recht verlangen, daß die ihr in der Rückkaul'sbotschaft vom 25. März 1897 in Aussicht gestellten Erleichterungen dadurch gesichert werden, daß ein Gesetz die Taxen entsprechend bestimmt. '.

Bezüglich der Personentaxen sind wir, im Anschlüsse an die in der genannten Botschaft enthaltenen Ausführungen, der Ansicht, daß grundsätzlich die zur Zeit bei einer der auf 1903 zurückzukaufenden Bahnen, der Jura-Simplon-Bahn, der Centralbahn, der Nordostbahn und den Vereinigten Schweizerbahnen, bestehenden n i e d r i g s t e n Taxen das Maximum bilden sollen. Dieser Grundsatz muß für die Taxen der I. und II. Klasse so gut gelten, wie für diejenigen der III. Klasse. Eine Anregung, die ersteren künftig eher höher zu halten und die letzteren um so tiefer herabzusetzen, kann unseres Erachtens nur in dem Sinne berücksichtigt werden,

480

daß die Bundesbahnverwaltung innerhalb der gesetzlich festzulegenden Maxima in erster Linie auf eine Reduktion der Taxen III. Klasse Bedacht zu nehmen hat.

Wir halten es auch für geboten, das Tarifsystem und die Maximaltaxen, wie sie früher in den Konzessionen enthalten waren, nunmehr in das Tarifgesetz aufzunehmen. Eine absolute Freiheit der Tarifgestaltung kann der Bundesbahnverwaltung nicht zugestanden werden; es läge das durchaus nicht im Sinne des Rückkaufsgesetzes. Bei Annahme unserer Vorschläge wird derselben ein ganz großer Spielraum zur Entfaltung ihrer Thätigkeit im Sinne der Verkehrserleichterung bleiben. Wenn aber im Laufe der Zeit das Bedürfnis einer grundsätzlichen Umgestaltung des Tarifwesens sich zeigen sollte, ist für eine so tief eingreifende Reform der Weg einer Gesetzesabänderung geboten. Bei einer solchen haben eben nicht nur die tariftechnischen und finanziellen Erwägungen der Bundesbahnverwaltung, sondern auch die allgemeinen wirtschaftlichen Interessen mitzusprechen. Wenn die Verkehrsinteressen eine Änderung wünschbar machen, werden sich die gesetzgebenden Behörden gegen dieselbe nicht ablehnend verhalten.

Wir legen Gewicht darauf, daß das System der Retourbillette zu den im Entwurfe vorgesehenen Maximaltaxen gesetzlich festzulegen sei. Dasselbe entspricht aus den unten näher entwickelten Gründen so sehr den besondern Verhältnissen unseres einheimischen Verkehrs, daß ein Abgehen von demselben nicht dem freien Ermessen der Bundesbahnverwaltung anheimgestellt sein soll. Gerade der Hinweis auf Bemühungen im Auslande, dieses System aufzugeben, mahnen zur Vorsicht. Ohne Zustimmung der Bundesgesetzgebung soll in dieser Richtung nichts geändert werden dürfen, wenn sich auch Gründe tariftechnischer Vereinfachung für eine solche Änderung anführen lassen.

Die zur Zeit geltenden Grundtaxen für die Personentarife sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:

Betriebslänge in km.

481

Bnhn.

Per Kilometer in Rappen.

Hin- und Rückfahrt.

Einfache Fahrt.

I

II

III

I

II

III

Rabatt in % der doppelten einfachen Taxe.

Hin- und Rückfahrt.

I

II

III

Jura-Simplon-Bahn (ohne Brünig928 10,4 7,3 5,, Brünigbahn : Brienz-Alpnachstad . .

45 20,0 15,0 6,0 Alpnachstad-Luzern . .

13 tO,o 7,o 5,o Centralbahn 323 10,75 7,5 5,875 Âargauische Südbahn . . .

66 10,4 7,3 5,3 1 --12. km .

. . .

13. u. ff. km Nordostbahn (ohne nachgenannte Strecken) , 644 10,4 7,3 5,8 1.--12. km 13. u. ff. km Glarns-Lintthal Niederglatt- Otelfingen . .

Dielsdorf-Niederweningen .

Ziegelbrücke-Näfela . . .

79 10,0 7,o 5,0 Schaffhausen-Feuerthalen .

Eglisau-Schaffhansen . . .

Thalweil-Zug Bötzbergbahn mit KoblenzStein 84 10,4 7,. 5,2 1.-- 12. km 13 u ff. km Vereinigte Schweizerbahnen . . 279 10,75 7,5 5,375

16,64

11,60 8,32

20 20

32,0 16,o

24,0

9,6

n,a

8,0

16,126

10,0

6,45

20 20 20 20 20 20 25 33V» 40

16,154 15,6

11,68

8,82

10,4

7,3

16,64 15,6

11, ti

8,si

10,4

16,0

20

20 20 25 28,8

20 29,8

7,3

20 20 25 28,8

20 29,8

11,»

8,0

20 20

20

16,61

11,68

8,32

15,6

10,4

V

17,3

12,0

8,6

20 20 25 28.s 20 20

20 29,8 20

2461 (0er Übersichtlichkeit wegen sind die Taxen auch für die Vereinigten Schweizerbahnen nach Kilometern angegeben; in Wirklichkeit liegen aber deren Personentarif die Jlten Stundentaxen zu Grunde, angewendet nach den aus den Meterdistanzen abgeleiteten Wegstunden. Die genaue Umrechnung ihrer Stunden- in Kilometertaxen im Verhältnis ron l : 4,8 ergäbe etwas niedrigere Taxen, nämlich : 10,4

7,3

5,2

16,8*

11,68

8,38

. Hierzu ist jedoch ein Zuschlag zu machen mit Rücksicht darauf, daß die Aufrundung 1er Meterdistanzen bei den Vereinigten Schweizerbahnen auf die nächstobere halbe iVegstunde erfolgt, statt bloß auf den näcbstobern Kilometer, wie bei den anderai Bahnen ; intsprechend einer Berechnung, welche seiner Zeit die Centralbahn hierüber dem Eisenlahndepartement vorgelegt hat, erhöhen sich hierdurch die Taxen durchschnittlich um l Prozent.)

482

Es ergiebt sich somit, daß die Taxen für einfache Fahrt auf 1722 Kilometern von total 2461 übereinstimmen; von den übrigen 739 Kilometern fallen 45 mit den höchsten Sätzen auf die Brünigbahnstrecke Brienz-Alpnachstad ; dann folgen die Centralbahn und die Vereinigten Schweizerbahnen mit zusammen 602 Kilometern; tiefere Taxen als die 1722.Kilometer haben nur die der sogenannten Normalkonzession unterstellten Strecken der Nordostbahn und der Brünigbahn, zusammen 92 Kilometer.

Es geht nun nicht an, die höhern Taxen der Centralbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen den ändern 1814 Kilometern aufzulegen, während es zulässig erscheint, zur Vereinheitlichung die Taxen

i.

n.

m.

der 1722 km. zu . . . .

Rappen 10,4 7,3 5,2 auf die 92 ,, ,, . . . .

,, 10,o 7,o 5,o zu übertragen, und zwar um so eher, als bei der Nordostbahn auch für die Stationen der Normalkonzessionsstrecken die höhern Taxen bereits auf alle über diese Strecken hinausreichenden Billete angewendet werden und bei der Brünigbahn die zweimalige Distanzund Taxaufrundung bei Fahrten über Alpnachstad hinaus den Vorteil der niedrigem Grundtaxen in den meisten Fällen aufhebt.

Für den übrigen Verkehr der unter die Normalkonzcssion fallenden Bahnstrecken wird die Einführung bedeutend tieferer Retourtaxen mehr als ausreichende Kompensation für die kleinen Taxerhöhungen bei einfacher Fahrt bieten, da im internen Verkehr die Retourbillete die weitaus überwiegende Zahl bilden. Für die Brünigbahn ist zu bemerken, daß die Taxen für Brienz-Alpnachstad in I. und II. Klasse ungefähr das Doppelte und in III. Klasse noch fast. 20 % mehr betragen als für die Thalstrecken ; diese Differenz rechtfertigt sich aber nur für die Zahnradstrecke Meiringen-Giswyl und M'erden für Giswyl-Alpnachstad und Meiringèn-Brienz, d. h.

für 29 km., die Normaltaxen einzurechnen sein ; das Gleiche gilt für die Retourtaxen dieser Strecken.

Auch kann ohne Anstand auf die Beibehaltung der sogenannten Güterzugsbillete verzichtet werden, für welche in einzelnen Konzessionen eine Ermäßigung vorgesehen war. Dieselben wurden äußerst selten benutzt, da sie für den Retourverkehr nicht ver. wendbar waren.

Von den T a x e n für H i n - und R ü c k f a h r t stehen am höchsten diejenigen der Vereinigten Schweizerbahnen, welche sich aus der Umrechnung ihrer Stunden- in Kilometertaxen ergeben ;

483

die Annahme dieser veralteten Taxen ist von vornherein ausgeschlossen. Bei der Mehrzahl der ändern Bahnen gelten per km.

in Rappen I.

II.

HI.

16,64

11,68

8)82,

bei Nordostbahn, Aargauischer Südbahn und Bötzbergbahn jedoch nur für die ersten 12 Kilometer. Tiefer sind:

Km.

i.

n.

m.

per km. in Rappen

Linien der Normalkonzession . . 92 16,0 11,2 8,0 Nordostbahn, Aarg. Südbahn und Bötzbergbahn (vom 13. km. an) 794 15,6 10,4 7,3 Centralbahn 323 16,i25 10,0 6,45 Obwohl hier die niedrigem Taxen nur für den kleinern Teil der genannten vier Hauptbahnen gelten, müssen doch die wohlfeilem Taxen angenommen werden, da es nicht angeht, für ausgedehnte Gegenden eine Taxerhöhung eintreten zu lassen. Die billigsten Retourtaxen sind aber die von der Centralbahn auf den 1. Januar 1896 eingeführten, mit Ausnahme der I. Klasse, wo die Nordostbahn vom 13. Kilometer an niedriger ist. Demnach wären für das vereinigte Netz der Jura-Simplon-Bahn, der Centralbahn, der Nordostbahn und der Vereinigten Schweizerbahnen, mit Ausnahme der Bergstrecke Giswyl-Meiringen, als Maximum folgende Retourtaxen per Kilometer anzunehmen: I.

II.

III.

15,6 10,o 6,5 Rappen.

Für die III. Klasse schlagen wir der Einfachheit wegen 6,5 Rappen statt 6,45 Rappen vor; diese Modifikation hat für den Reisenden sozusagen keine Bedeutung. Bei Annahme dieses Vorschlages erhält man bei den Hin- und Rüekfahrtsbilleten gegenüber dem Preise der doppelten einfachen Fahrt eine Reduktion von 25 % für die I. Klasse, von 31,6 % für die II. und von 37,5 % für die III.

Aus dieser Übertragung der Retourtaxen der Centralbahn auf das ganze Netz ergiebt sich für den Verkehr eine große Erleichterung, die um so bedeutender ist, als die Retourbillete weit zahlreicher sind als die einfachen.

Aus der Eisenbahnstatistik ergeben sich nämlich für die Einnahmen aus dem Personenverkehr folgende Verhältniszahlen : Einfache Fahrt.

1894.

Jura-Simplon-Bahn . . . .

Centralbahn *) Nordostbalm Vereinigte Schweizerbahnen .

Hin- und Rückfahrt.

1895. 1896. 1897.

1894. 1895. 1896. 1897.

Fahrt zu ermiissigten Taxen.

1894. 1895. 1896.

1897.

%

%

%

%

%

%

%

%

%

%

%

%

45,04 41,7& 36,02 88,35

45,0i 40,« 35,97 88,39

41,93 38,86 33,04 36,t9

43,65 37,63 32,28 35,29

31,68 34,«i 45,33 43,89

31,59 35,6c 46,99 44,24

31,30 37,73 49,61 45,97

33,io 39,07 51,ie 47,02

23,28 23,34 18,6B 17,7e

23,«, 24,43 .17,04 17,87

26,77 23,9i 17,S6 17,84

23,26 23,so 16,Be 17,69

Von 100 Fahrten sind gemacht worden mit Billeten fllr einfache Fahrt.

für Hin- und Rückfahrt.

1894. 1895. 1896. 1897. 1894. 1895. 1896. 1897.

Jura-Simplon-Bahn . . . .

Centralbahn*) Nordostbahn Vereinigte Schweizerbahnen .

zu ermässigten Taxen.

1894. 1895. 1896. 1897.

°/o

%

%

°/o

°/o



%

%

%

26,69 21 ,u 21,52 22,si

27,iz 18,88 21,4« 21,79

25,8i 17,u 19,B« 20,54

25,BO 15,92 19,40 19,8s

37,5a 40,ai 54,85 68,97

36,8s 40,98 55,69 64,77

35,i9 45,i7 56,8i 65,6o

35,90 46,« 57,30 66,02

35,79 38,65 23,63 13,72

°/o

%

36,os 39,00 40,TM 37,69 22,87 23,60 13,44 18,77

°/o

38,60 37,66 23,80 14,i5

*) Die Ziffern der Centralbahn für 1895 sind gemäß einer in deren Geschäftsbericht für das Jahr 1896 enthaltenen Berichtigung aufgeführt.

^ **·

485 Dabei ist zu beachten, daß namentlich die einheimische Bevölkerung schon bisher in weit überwiegendem Maße sich der Retourbillete bedient; dieses Verhältnis wird sich noch mehr zu gunsten der letztern verschieben, nachdem deren Gültigkeitsdauer auf 10 Tage verlängert worden ist.

Es ist bekannt, daß die Taxermäßigung für die Hin- und Rückfahrtsbillete in neuerer Zeit vielfach grundsätzlich angefochten worden ist, und daß eine Herabsetzung der Normaltaxen für einfache Fahrt unter Fallenlassen der Ermäßigung für Retourbillete angepriesen wird. In dieser Richtung bewegten sich auch die Reformversuche in Deutschland, welche allerdings längere Zeit nicht weiter verfolgt worden sind. Wir sind der Ansicht, daß für unsere Verhältnisse die Beibehaltung der ermäßigten Hin- und Rückfahrtsbillete sich durchaus empfiehlt. Beim Herabgehen auf die halbe Retourtaxe für sämtliche Billete würde sich ein Einnahmenausfall ergeben, zu dem wir nicht raten könnten ; ebensowenig ist es aber zulässig, die bestehenden billigen Retourtaxen bei Einführung einer Einheitstaxe für einfache und doppelte Fahrt zu erhöhen. Daß für unsere Verhältnisse das Richtige getroffen wurde, als der Nachdruck bei Vornahme von Taxerrnäßigungen auf Begünstigung der Retourbillete gelegt wurde, ist erwiesen durch die Resultate der Centralbahn. Dieselbe hat die Hin- und Rückfahrtsbillete mit Wirkung vom 1. Januar 1896 an wesentlich reduziert durch Erhöhung des Rabattes von 25 % auf der doppolten einfachen Taxe, in der H. Klasse auf 33 YS % und in der III. Klasse auf 40%. Zur Beurteilung der Wirkungen verweisen wir, außer der in deiTabelle auf pag. 484 dargestellten Verschiebung des prozentuellen Verhältnisses der Reisendenzahl und der Einnahmen zwischen einfachen und Retourbilleten, auf folgende den Geschäftsberichten entnommene, auf die Centralbahn mit Ausschluß der Verbindungsbahn sich beziehende Ziffern : Zahl der Reisenden

total.

1895 1896 1897 1898

per km.

Einnahmen aus dem Personenverkehr

total.

per km.

. . 6,290,934 19,477 Fr. 6,035,478 Fr. 18,686 . . 7,150,262 22,137 ,, 6,013,239 ,, 18,617 . . 7,931,327 24,555 ,, 6,535,149 ,, 20,233 . . 8,716,378 26,986 ,, 7,061,690 ,, 21,863 Somit erzeigte trotz der Taxreduktion bei den Retourbilleten um 11 % in der II. Klasse und um 20% in der III. Klasse das Jahr 1896 gegenüber 1895 bei einer Zunahme von 859,328 Reisenden nur einen Einnahmenausfall von Fr. 22,239, während bei

486

gleich bleibendem Verkehr ein solcher von rund Fr. 300,000 vorgesehen war, und das Jahr 1897 gegenüber 1895 eine Mehrzahl von 1,640,393 Reisenden und eine Einnahmensteigerung von Fr. 499,671, wovon Fr. 437,731 auf den Verkehr mit Retourbilleten fallen. Von 1897 auf 1898 ergiebt sich wiederum eine Vermehrung der Reisenden um 785,051 und der Einnahmen um Fr. 526,541.

Ähnliche Erfahrungen waren gemacht worden, als die Nordostbahn mit dem 1. Juli 1871 den Rabatt der Retourbillete (20 %) für Entfernungen bis zu 8 Stunden auf 35 °/o und für größere Entfernungen auf 40 u/o erhöhte ; der Ertrag dieser Billete stieg von 1868 bis 1873, in welchen beiden Jahren keine den Verkehr anormal beeinflussenden Verhältnisse bestanden, von Fr. 3179 auf Fr. 4819 per Kilometer, also um 51,39 %; °hne daß der Ertrag der einfachen und übrigen Billete sank. Bei der Zürich-Zug-LuzernBahn stieg die Einnahme von Retourbilleten sogar um 77,i °/o und bei Bülach-Regensberg um 60,34 %. Der Jahresdurchschnitt der Steigerung des Retourbilletertrages in genannter Zeit war beim Stammnetz der Nordostbahn 10,28%) bei Zürich-Züg-Luzern 15,4°/o und bei Bülach-Regensberg 12,oe %.

Ebenso deutlich sprechen die Ergebnisse bei den großen französischen Bahnen; bei denselben wurden im Jahre 1892 die Personentaxen um ungefähr 20 °/o ermäßigt, bei welcher Ermäßigung die Reduktion der Staatssteuer die Hälfte ausmachte. Diese Taxermäßigung ergab eine ganz erhebliche Steigerung des Personenverkehrs und der Einnahmen aus demselben (von 1891 auf 1895 um cirka 14 °/o), und auch die durch die Verkehrszunahme vcranlaßte Ausgabenvermehrung war schon im Laufe von vier Jahren ausgeglichen.

Mit voller Beruhigung darf somit die in der Rückkaufsbotschaft in Aussicht genommene Vereinheitlichung der Personentaxen im Sinne einer ausgleichenden Herabsetzung vorgenommen werden, und zwar in der Meinung, daß diese Sätze als Maximaltaxen anzunehmen sind und eine weitergehende Herabsetzung als in die Kompetenz der Verwaltung der Bundesbahnen gehörend1 der künftigen Entwicklung anheimgestellt wird.

Einer Anregung, im Falle einer Herabsetzung der Personentaxen unter die vorgesehenen Maxima die Erhebung von Zuschlagstaxen für die Benutzung der Schnellzüge oder wenigstens der Expreßzüge im Gesetze vorzusehen, glauben wir nicht Folge geben zu sollen. Eine solche Neuerung Màirde auf großen Widerstand stoßen ; die bei den schweizerischen Bahnen bestehende und

487

allgemein beliebte Erleichterung, daß für die schneller fahrenden Züge ein Zuschlag nicht erhoben wird, soll nicht aufgehoben werden.

Auf Grund vorstehender Ausführungen schlagen wir folgende M a x i m a l t a x e n für Personenbeförderung vor : Einfache Fahrt. Hin- und Rückfahrt.

Rappen per Kilometer.

I. Klasse 11. ,,

m. · ,,

. . . . .

10,4 7,3

15,e 10,o

5,,

6,5

Dabei ist aber die Ausnahme hinzuzufügen, daß für a u ß e r g e w ö h n l i c h e S t e i g u n g e n e i n Z u s c h l a g erhoben werden darf. Diese Bestimmung soll für einmal nur auf die Bergstrecke Giswyl-Meiringen der Brünigbahn angewendet werden, welche eine Maximalsteigung von 12 °/o auf weist. Verschiedene seit 1873 vorn Bunde bewilligte Konzessionen enthalten die Bestimmung: ,,Für Strecken mit Steigungen über 12°/oo kann der Bundesrat eine Erhöhung der Taxen im Sinne der Botschaft betreffend die Taxerhöhungen für Eisenbahnen mit größern Steigungen, vom 11. September 1873, bewilligen." Zur Ermittlung des Einflusses der Steigungen auf die Vermehrung der Betriebskosten hat das Eisenbahndepartement damals eingehende Berechnungen anstellen lassen und ist dabei zum Schlüsse gekommen, es seien für die zu bewilligenden Taxerhöhungen folgende Koefficienten anzuwenden : bei Steigungen bis auf 10 °/oo . . . . l ,00 ,,

,,

,,

,,

15 %0

.

.

.

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1,19

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20 %0

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1,40

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25 %0

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1,62

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.,, 30 %0

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v,

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,, 35 %o

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n v,

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n ,,

40 %0 45

.

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.

%<> · · · · 50 %o . . . .

2,39 2 69

; 3,oo

Wir könnten die Aufnahme dieser Formel in das Tarifgesetz nicht empfehlen, da mit den citierten Berechnungen für die richtige Ermittlung der virtuellen Länge kein abschließendes Resultat erzielt worden ist. Bekanntlich sind von Fachmännern seither neue Berechnungen vorgenommen worden ; bei der Ermittlung der virtuellen Bahnlänge findet zur Zeit die Amiotische Formel vorzugsweise Anwendung. Beim heutigen Stande der technischen Untersuchungen

488

erscheint es aber nicht angezeigt, eine Formel gesetzlich. festzulegen ; es ist zweckmäßiger, nur die grundsätzliche Ermächtigung aufzunehmen und die Bewilligung des Bundesrates für den Specialfall vorzubehalten. Immerhin empfiehlt es sich, die Steigung gesetzlich zu fixieren, von wo an erst eine Taxerhöhung zulässig ist. Mit Rücksicht auf die bei den schweizerischen Hauptbahnen mit Ausnahme der Gotthardbahn und der 'kleinen Nebenbahnstrecke Pont-Vallorbe der Jura-Simplon-Bahn bisher befolgte Praxis, bei welcher Steigungen unter 30 °/oo bei der Tariferstellung unberücksichtigt geblieben sind, würde nahe liegen, diese 30 %o als untere Grenze anzunehmen. Es wäre das aber eine mit Rücksicht speciell auf den Gotthardverkehr sehr weittragende Neuerung, welche nur nach genauester Abwägung der finanziellen Folgen vorgenommen werden dürfte. Anderseits können wir nicht vorschlagen, unter 20 %o zu gehen, da ein Taxzuschlag bei Steigungen unter dieser Höhe eine nicht gerechtfertigte Belastung des Verkehres bilden würde. Zur Zeit weisen bei den Hauptbahnen höhere Steigungen auf: über 20 bis 25 °/oo Jura-Simplon-Bahn 30,995 m., Brünigbahn 1279 m., Centralbahn 11,259 m., Gotthardbahn 36,281 m.; über 25 bis 30°/oo Jura-Simplon-Bahn 559 m., Centralbahn 2533 m., Gotthardbahn 30,703 m.; über 30%o Jura-Simplon-Bahn 6100 m., Brünigbahn 8382 m.

Die Höhe des Zuschlages im Gesetze festzulegen halten wir nicht für angezeigt, da in den Fällen, in denen ein Zuschlag berechnet werden soll, die speciellen Verhältnisse in genaue Erwägung zu ziehen sind. Der Bundesrat wird seine Bewilligung nur erteilen, wenn gute Gründe für eine solche Ausnahme sprechen.

In den Fällen, wo trotz der Steigungsverhältnisse bisher Zuschläge nicht erhoben worden sind, wird dessen Zustimmung nicht erhältlich sein.

Ausnahmsweise soll ein solcher Zuschlag vom Bundesrat auch zugestanden werden dürfen, wo bei normaler Steigung ganz besondere Bau- und Betriebsverhältnisse vorliegen; wir verweisen diesfalls auf die für die Basler Verbindungsbahn und den Sirnplontunnel bewilligten Zuschläge.

Es wird sich empfehlen, diese Zuschläge in der Form von Distanzzuschlägen zum Ausdruck zu bringen.

Die bisher bestandenen Taxbegünstigungen für den Transport von K i n d e r n , A r m e n und A r r e s t a n t e n sind beizubehalten mit der Ausnahme, daß das Alter für die taxfrei zu befördernden Kinder von 3 auf 4 Jahre erhöht wird (Art. 9 und 11).

489 Ebenso ist die Verpflichtung zur Ausgabe von A b o n n e m e n t e n zu ermäßigten Taxen aufrecht zu erhalten, und zwar für die bisher bestandenen Arten des Abonnements,- als: für 24 Fahrten, für Benützung des ganzen Bundesbahnnetzes oder einzelner Strecken desselben während l, 3, 6 und 12 Monaten. Die Einführung der Generalabonnemente ist bekanntlich vom Publikum mit großer Befriedigung aufgenommen worden, und es sind auch die bisherigen Erfahrungen der Bahnen als günstige zu bezeichnen ; es empfiehlt sich daher auch, die IStägigen Generalabonnemente beizubehalten. Dagegen gehören die Einzelbestimmungen über die Höhe des zu gewährenden Rabattes nicht in das Gesetz.

Ferner soll die Ausgabe von sogenannten A r b e i t e r b i l l e t e n vorgeschrieben werden, welche bereits bei der Centralbahn und der Jura-Simplon-Bahn eingeführt sind und sich volkswirtschaftlich als sehr nützlich erwiesen haben. Diese Billete gelten nur für die Züge, welche vor einer bestimmten Zeit am Bestimmungsorte eintreffen und nach einer bestimmten Zeit zurückgehen und zwar nur an Werktagen. Von den Abonnenten solcher Billete wird aber kein Nachweis verlangt, daß sie einer bestimmten Berufsklasse angehören; sie werden auch thatsächlich neben den Arbeitern von auswärts wohnenden Bureauangestellten, Geschäftsleuten u. s. w.

benutzt.

Sodann sind die bisherigen Begünstigungen für den Rundreiseverkehr und für die Beförderung von Gesellschaften und Schulen beizubehalten (Art. 10).

Dagegen finden wir die Erfahrungen, welche mit den sogenannten K i l o m e t e r b i l l e t e n bisher gemacht worden sind, nicht derart, um auch deren Einführung den Bundesbahnen vorzuschreiben.

Solche Billete finden sich u. a. bei den Badischen Staatsbahnen, die einen Ansatz von 6, 4 und 2l/2 Pfennig per Kilometer als Grundlage angenommen haben gegenüber dem Normalsatze für Personenzüge von 8, 5,8 und 3,4 Pfennig und dieselben ohne Zuschlag in den Schnellzügen als gültig anerkennen ; aüßerd'enl wurde anfänglich ein weiterer Rabatt gewährt, wenn innerhalb eines Kalenderjahres mehr als 5 Kilometerhefte zu 1000 Kilometer bezogen wurden. Diese Kilometerhefte berechtigen zur Fahrt auf dem gesamten Netze der Badischen Staatsbahnen. Im Jahre 1895 sind dieselben nur in den 8 Monaten Mai bis Dezember verkauft worden.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

33



Das Ergebnis war nun folgendes: Verkaufte Hefte.

1895 1896 1897 1898

80,500 87,082 118,554 138,273

Einnahmen in Mark.

1,899,000 2,473,071 3,405,850 3,934,705

Im einzelnen dienen folgende Ziffern zur Vergleichung zwischen 1896, 1897 und 1898: Zahl der Kilometerhefte zu 1000 km., zum Preis von Mark

Einnahmen in Mark.

60 25 40 Zu1. Klasse.

li Klasse. II. Klasse. III. Klasse. sammen.

1896

639 0,73

1897 . . .

Prozent 1898

761 W, u» 0.64

857 0,62

20,726 23,80 M v ,0V 27,691 23,36 " j

29,859 20,59

65,717 75,47

87,082 100,00

90,102 118,554 76,oo 100,oo 107,557 138,273 77.79 100,oo

37,772 1,63 ·M*"*

45,660 1,84 )"*

--

II. Klasse.

816,743 33,02 1,107,640 32,52

III. Klasse.

Zusammen.

1,618,556 65,<5

2,473,071 100,oo

Zahl der gegen Vergütung von 1 Mark zurückgenommenen Hefte.

31,115 35,73

der Hefte von 1896 94,023 3,405,850 100,oo 79,3i ",«" der Hefte von 1897 3,934,705 1 16,640

2,252,550 66,14

i

100,oo

84,85

der Hefte von 1898

491 Die Zunahme war somit eine ganz erhebliche und beweist die Beliebtheit dieser Billete. Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß dieselben weniger dein kleinen Verkehre dienen als demjenigen größerer Geschäfte mit zahlreichen Angestellten und daß sich finden Betrieb aus deren Bestand gewisse Inkonvenienzen ergeben haben. Die Versuchszeit ist noch zu kurz, um bestimmte Schlüsse ziehen zu können, Die Erfahrungen bei anderà Transportanstalten sind auch zu wenig umfassend, um die Aufnahme einer bezüglichen Verpflichtung in das Gesetz zu rechtfertigen. Es ist der Zukunft vorzubehalten, nach dieser Richtung Maßnahmen zu treffen, wenn die Resultate sich bei den Versuchsbahnen auf die Dauer günstig gestalten und diese weitere Verkehrsbegünstigung zu den im Gesetze vorzuschreibenden hinzu als gerechtfertigt erscheinen lassen. Dies würde ohne Gesetzesänderung durch eine Schlußnahme der Bundesbahnverwaltung, die nur der bundesrätlichen Genehmigung bedürfte, geschehen können.

Es wird vielleicht die Frage aufgeworfen werden, ob der Zeitpunkt der Verstaatlichung nicht dazu benutzt werden sollte, um mit dem bisherigen System der Personentarife grundsätzlich zu brechen und zum Z o n e n t a r i f überzugehen. Bekanntlich ist dieses System in Ungarn und Österreich mit großer Befriedigung aufgenommen worden und hat eine wesentliche Verkehrssteigerung hervorgerufen. Dasselbe beruht darauf, daß die Taxen nicht per Kilometer, sondern für längere Strecken (Zonen) gleichmäßig berechnet werden, so daß z. B. in Österreich der 30..Kilometer gleichviel bezahlt, wie der 21. und erst beim 31. wieder eine Erhöhung eintritt, welche bis zum 40. gleich bleibt; zudem sind die entfernteren Zonen verhältnismäßig billiger als die näheren.

Es darf aber nicht übersehen werden, daß der große Erfolg in der Hauptsache darauf zurückzuführen ist, daß mit der Annahme des Zonentarifs eine ganz wesentliche Herabsetzung der Taxen verbunden war. In Österreich war die Reduktion eine so erhebliche, daß man gezwungen war, in kurzer Zeit die Taxen wieder zu erhöhen. Jedes andere System, welches die gleiche Taxreduktion geboten hätte, wäre ebenfalls von einer großen Verkehrsvermehrung begleitet gewesen.

Dazu kommt, daß der Zonentarif, welcher, wie bemerkt, zugleich Staffeltarif ist und die entfernteren Zonen verhältnismäßig billiger anlegt als die
näheren, sehr gut für die Verhältnisse Ungarns paßt, wo das ganze Verkehrsleben von der central gelegenen Hauptstadt abhängt und dahin strebt. Die Schweiz besitzt bekanntlich keinen

492 solchen kommerziellen Mittelpunkt; ihr Verkehr konzentriert sich vielmehr um verschiedene wichtige Hauptpunkte. Wenn das Beispiel Ungarns nachgeahmt werden wollte, wären in jedem kleineren Interessenkreise abgestufte Zonen einzuführen, die sich vielfach überschneiden würden, wo die Anziehungskraft verschiedener Centren sich kreuzt. Wir verweisen auf die Interessensphären von Basel und Zürich, von Genf und Lausanne u. s. w. Statt eines einheitlichen Zonentarifs wäre also ein Zerrbild desselben zu schaffen, wozu wir nicht raten können. Für unsere Verhältnisse paßt weit besser die thunlichste Begünstigung des lokalen Personenverkehrs durch billige Hin- und Rückfahrtsbillete.

Eine andere Frage ist, ob nicht auf weitere Entfernungen eine Reduktion der Personentarife durch sta ff e i f ö r m i g e Bildung derselben eintreten sollte, wobei auch eine Vereinfachung durch Annahme einer größern Einheit als des Kilometers für solche Entfernungen gedenkbar ist. Gegenwärtig ist in der Schweiz der Verkehr auf große Entfernungen auffallend scKwach, und wenn sich dies auch zum Teil aus ihrer wirtschaftlichen Décentralisation erklärt, so wirkt dabei doch jedenfalls die Höhe der Bahntaxen mit. In gewissem Maße wird hierin durch die allgemeine Einführung niedriger Retourtaxen und die billigen Generalabonnemente Besserung geschaffen. Die Bundesbahnverwaltung wird aber doch zu prüfen haben, ob sie nicht weiter gehen und für alle Fahrten auf größere Entfernungen ermäßigte Taxen einfuhren wolle. Wir begnügen uns, diesen Punkt hervorzuheben, ohne eine bezügliche Gesetzesvorschrift vorzuschlagen. Die Sache bedarf noch reiflichem Studiums sowohl hinsichtlich der geeignetsten Art der Durchführung als der finanziellen Tragweite. Führt dasselbe dazu, auch die besprochene Neuerung als wünschbar zu erkennen, so kann die Bundesbahnverwaltung sie mit bundesrätlicher Zustimmung von sich aus beschließen, da es sich dabei um Einfuhrung niedrigerer als der im Gesetz als Maximum vorgesehenen Taxen handelt.

Bezüglich der G e p ä c k t a x e n halten wir die Aufnahme der Bestimmungen der Normalkonzession für zweckmäßig, mit der Ausnahme, daß die Minimaltaxe von 40 Rappen auf 25 Rappen herabgesetzt wird, entsprechend dem bei der Nordosibahn und den Vereinigten Schweizerbahnen bestehenden Satze; ein Bedürfnis, die geltenden Vorschriften abzuändern, liegt im übrigen zur Zeit nicht vor.

493 Wenn später die Einführung des sogenannten amerikanischen Systems für die Gepäckbeförderung zweckmäßig erscheinen sollte, d. h. eine Einheitstaxe mit einfachem Abfertigungsverfahren, könnte das nur auf dem Wege der Gesetzesrevision geschehen, da gleichzeitig eine Abänderung der Bestimmungen des Transportgesetzes über die Haftpflicht vorgenommen werden müßte. Einer solchen eingreifenden Änderung müssen aber eingehende Untersuchungen durch die Bundesbahn Verwaltung vorausgehen.

Anderseits ist die Bundesbahnverwaltung befugt, die angeregte Herabsetzung der Gepäcktaxe für den Transport von Musterkoffern zuzugestehen, falls sie eine solche Maßnahme für zweckmäßig erachtet. In das Gesetz, welches nur die Maxima festsetzt, gehört eine solche Vorschrift nicht.

Die zur Zeit bestehende Expreßgutbeförderung ist aufrechtzuhalten, dagegen liegt keine Veranlassung vor, eine Herabsetzung der bezüglichen Taxen vorzuschreiben (Art. 12).

m.

Güterverkehr.

Die Bestimmungen der Normalkonzession für den Güterverkehr beruhen mit Bezug auf die Taxbildung auf dem System der Warenklassißkation. Wie wir schon in der Einleitung bemerkt haben, ist dieses System von den Bahnverwaltungen im Einvernehmen mit den Bundesbehörden thatsächlich seit längerer Zeit aufgegeben.

Gleichwohl ist es nötig, diese Bestimmungen zur Vergleichung mit dem neu vorzuschlagenden anzuführen ; dieselben lauten wie folgt : ,,Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über einen Rappen, die niedrigste nicht über 5/io Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waren hat gegenüber den Stucksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

494

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens 1 Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsorte sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Warensendungen bis auf 25 Kilogramm Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

,,Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden."

Unseres Erachtens kann nicht davon die Rede sein, auf das System der reinen Warenklassifikation zurückzukommen und von dem sogenannten R e f o r m S y s t e m abzugehen. Bekanntlich ist dasselbe bei seiner Einführung vielfach bekämpft worden und bildete den Hauptgegenstand der in den Jahren 1883/84 von den Bundesbehörden geführten Untersuchungen über das Tarifwesen, welche wir im Eingange dieses Berichtes erwähnt haben. Obwohl die Handels- und Industrievereine sich damals größtenteils gegen dasselbe ausgesprochen hatten, mußten die Behörden anerkennen, daß dasselbe bedeutende innere Vorzüge habe, daß seine Einführung für die schweizerischen Bahnen eine Notwendigkeit war, nachdem die konkurrierenden Bahnen des Auslandes längs der Nord- und Ostgrenze zu demselben übergegangen waren, und daß die Erstellung von direkten und Transittarifen mit dem Ausland durch seine Annahme sehr erleichtert werde. Wir dürfen die Unterschiede zwischen dem frühern Klassifikationssystem und dem

495 heute geltenden Reformsystem als bekannt voraussetzen und heben, unter Hinweis auf die umfassende Berichterstattung der nationalrätlichen Kommission vom 29. Mai 1884, nur einige Hauptpunkte hervor. Beim Klassifikationssystem bilden der Wert, die allgemein wirtschaftliche Bedeutung und die Produktionsstufe des zu transportierenden Gutes, neben der Erleichterung der Versendung und dès Bezuges, die Grundlagen für die Tarifierung; die Gewichtsmenge kommt nur in zweiter Linie und bloß für einen Teil der Güter in Betracht, wobei zu bemerken ist, daß dieses Moment bei den ostschweizerischen Bahnen eine wesentlich größere Beachtung gefunden hatte als bei denen der Westschweiz ; dieses System erfordert somit ein annähernd vollständiges Verzeichnis der zu transportierenden Waren. Beim Reformsystem dagegen werden als grundlegende Faktoren für die Tarifbildung in erster Linie Gewicht und Umfang der Sendungen in Betracht gezogen und daher der Transport in Wagenladungen allgemein durch billigere Tarifsätze begünstigt; das Hauptgewicht wird somit auf die Selbstkosten der transportierenden Bahn gelegt, welche die Ausführung der verschiedenen Transporte erfordert. Dabei ist aber zu bemerken, daß schon bei den deutschen Bahnen das reine Wagenraumsystem niemals Anwendung gefunden hat, sondern für einen Teil der Wagenladungssendimgen mehrere ermäßigte Specialtarifklassen geschaffen wurden, in welche die Rohstoffe, ein Teil der Fabrikate, die wichtigeren Lebensmittel etc. Aufnahme fanden, weshalb ein, immerhin beschränktes Warenverzeichnis doch nötig war. Die Schweiz ging weiter, indem sie für Stückgutsendungen neben der ersten Klasse eine zweite billigere Klasse einführte, welche auf alle beim Wagenladungstransport nach den Specialtarifen zu behandelnden Güter Anwendung findet. Ferner erfuhr in der Schweiz das neue System noch eine andere wichtige Änderung, indem für die Specialtarifgüter eine dreifache Abstufung nach der Qualität schon bei Aufgabe bloß halber Wagenladungen eintrat, während die deutschen Bahnen früher für solche nur eine einzige Tarifklasse hatten. Außerdem ist zu erwähnen, daß stetsfort neue Güter den ermäßigten Tarifklassen zugewiesen oder in niedrigere Specialtarife versetzt werden. So gelangt auch beim Reformsystem neben dem Moment der Selbstkosten der Bahn dasjenige des Wertes der Güter,
und ihrer größeren oder geringeren Bedeutung für das wirtschaftliche Leben des Volkes ebenfalls zur Geltung. Endlich macht sich in neuester Zeit, namentlich in Deutschland, das Bestreben geltend, die Taxdifferenz zwischen Transporten in Wagenladungen und Stückgütern durch erhebliche Reduktion der Taxen

496

für die letztern zu vermindern. Das Reformsystem ist also in steler ·Entwicklung begriffen, und wir betrachten es als eine wichtige Aufgabe der Bundesbahnverwaltimg, dieselbe weiterzuführen und dabei den Besonderheiten des schweizerischen Verkehrs Rechnung ·zu tragen, insbesondere dem Umstände, daß bei uns die kleineren Sendungen gegenüber den vollen Wagenladungen verhältnismäßig ·eine größere Wichtigkeit haben als in Deutschland. Es ist dies aber eine Aufgabe, welche reifliche Überlegung und umfassende Vorstudien erfordert, welch letztere erst gemacht werden können, wenn die Bundesbahnverwaltung über entsprechendes Personal und Material verfügt. In dem zu erlassenden Gesetz genügt es, festzustellen, daß die Bundesbahnen grundsätzlich beim Reformsystem zu verbleiben haben, ohne seiner Fortbildung vorzugreiten.

Es ist nun allerdings die Anregung gemacht worden, das Reformsystem sollte nicht im Tarifgesetze festgelegt, sondern der Bundesbahnverwaltung freie Hand gelassen werden, zu einem ändern Gütertarifsystem überzugehen. Dieser Meinungsäußerung ist entgegenzuhalten, daß eine solch unbeschränkte Vollmachterteilung an die Bundesbahnverwaltung nach Art. 13 des Rückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 nicht zulässig ist. Wenn die Feststellung der allgemeinen Grundsätze für die Tarifbildung der Gesetzgebung zugewiesen wird, so gehört zu den gesetzlich zu regelnden Fragen doch sicher der Entscheid über das Tarifsystem.

Die Kritik, welche gegen das Reformsystem geübt wird, wendet sich auch in Wirklichkeit nicht gegen das System selbst, sondern sie verlangt nur gewisse Modifikationen innerhalb desselben. Wie oben bemerkt, wird allerdings auf eine Erleichterung des Stückgutverkehrs Bedacht zu nehmen sein ; dazu ist aber eine Systemsänderung nicht nötig, noch weniger für die Versetzung weiterer Güter von der ersten in die zweite Stückgutklasse. Wenn mit Recht eine solche wirtschaftlich richtige Fortbildung des Bestehenden verlangt wird im Sinne einer fortschreitenden Reduktion der Stückguttaxen, so ist diese Forderung mit den Bestimmungen des Entwurfes durchaus vereinbar.

Es ist auch unrichtig, wenn ein Gegensatz zwischen dem Reformtarifsystem und den Staffeltarifen gefunden werden will.

Die Einführung der letztern paßt ganz gut in den Rahmen des Reformsystems. Wie wir aber an anderer Stelle ausfükren,
soll auch in dieser Richtung vorsichtig und schrittweise vorgegangen werden, wenn nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes im allgemeinen, wie die Einkünfte der Bundesbahnen im besondern erhebliche Einbuße erleiden sollen. Die Fortdauer der bereits

497 bestehenden Staffeltarife für Getreide erachten auch wir als zweckmäßig und es lassen sich auch solche für andere Transportgüter ohne Anstand einführen. Ein gesetzlicher Zwang dafür wäre aber nicht angezeigt und würde den Rahmen grundsätzlicher Feststellungen überschreiten.

Gegen den Entwurf ist auch die Einwendung erhoben worden, es rechtfertige sich nicht, Taxen ins Gesetz aufzunehmen. Wir sind jedoch der Ansicht, daß auch im Güterverkehr Taxmaxima zum Schutz des Verkehrs aufzunehmen seien, da die Konzessionen, welche bisher einen Schutz gegen zu hohe Taxen gewährten, dahinfallen. Wenn es auch richtig ist, daß dadurch die Aufnahme verschiedener Detailbestimmungen in das Gesetz bedingt wird, was an sich ja nicht empfehlenswert ist, so würde bei anderai Vorgehen nichts übrig bleiben, als einige allgemeine Sätze aufzustellen, welche keinen positiven Anhaltspunkt bieten würden. Da ja überall nur Maxima vorgesehen sind, die allerdings unserer Ansicht nach ohne förmliche Gesetzesänderung nicht überschritten werden sollen, ist der Bundesbahnverwaltung genug freier Spielraum geboten und erscheinen uns die nach dieser Richtung geäußerten Bedenken nicht begründet.

Bezüglich der T a x b e s t i m m u n g e n , welche dem Reformsystem anzupassen sind, darf wohl heute als ' feststehend angenommen werden, daß die Trennung der Taxen in S t r e c k e n t a x e und E x p e d i t i o n s g e b ü h r auf einem richtigen Prinzip beruht. Gewisse Manipulationen müssen mit jedem Transportgut vorgenommen werden, . ob es nun auf kurze oder lange Strecken zu befördern ist, und daher ist als Entschädigung für diese Leistung ein besonderer Betrag in Rechnung zu bringen. Allerdings ist dafür zu sorgen, daß diese Expeditionsgebühr erst auf eine gewisse Distanz voll eingerechnet, für Sendungen auf kleine Distanzen aber niedriger gehalten werde, damit das Mißverhältnis zwischen derselben und der Strecken taxe nicht zu groß, beziehungsweise der Verkehr auf kleinere Entfernungen nicht zu sehr belastet werde.

Was die Höhe der ins Gesetz aufzunehmenden Taxsätze anlangt, so gehen wir, wie beim Personenverkehr, davon aus, daß die Gütertaxen nicht durch das Gesetz in einer Weise festgelegt werden dürfen, welche für kommende Verbesserungen eine Gesetzesänderung nötig machen würde, sondern daß es, wie schon oben bemerkt, richtiger
ist, wenn das Gesetz nur Maximalsätze angiebt, über welche die Bundesbahnen nicht hinausgehen dürfen, unter die aber die mit ihrer Verwaltung betrauten Organe herab.zugehen berechtigt sind. Diese Sätze müssen sich der heutigen

498 Klasseneinteilung anpassen ; aber auch in dieser Hinsicht sollen sie nicht zum Hemmnis für die Fortbildung des Tarifsystems werden, sondern ebenfalls als bloße Maxima gelten, so daß auch die Klasseneinteilung Änderungen erleiden kann, sofern vorgesorgt wird, daß daraus keine Taxerhöhungen entstehen.

Für die durch das Tarifgesetz festzusetzenden Maximaltaxen beantragen wir folgende Ansätze : Frachtgut.

t

S M M o g

Wagenladungen.*)

Stückgut.

Specialtarife.

Ällgem.

Klassen.

g

S

III

II

I

H

A

B

a

6

6

a

a

6

Taxen per 100 kg. in Happen.

I. Expeditionsgebühren: 1 -- 20 km . .

21-39 km., Zuschlag per km. .

II. Streckentaxen per Kilometer

7s 7 » g 6 6 6 6 6 18 10 10 0,., 0,» 0,« 0,.,» 0,,,. 0,i 0,i 0,i 0,î 0,i 0,i »1 15 15 15 10 10 10 10 10 10 15 3,.

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0,7S

0,.i

") A, a = Wagenladungen zu 5 Tonnen, B, b ~ Wagenladungen zu 10 Tonnen.

Für Eilgut in Wagenladungen soll die Taxe höchstens das Doppelte der allgemeinen Wagenladungsklassen des Frachtgutes betragen.

Die Expeditionsgebühren sind diejenigen, welche zur Zeit von der Jura-Simplon-Bahn, der Centralbahn und den Vereinigten Schweizerbahnen bezogen werden ; dieselben stimmen mit denen der Nordostbahn überein, mit der Ausnahme, daß die erstem auf die Distanzen von 21--39 Kilometer niedriger sind als die letztern.

Für die Streckentaxen sind die Ansätze der Nordostbahn als die billigsten der auf 1903 zurückzukaufend Bahnen angenommen.

Es ist bekanntlieh in der Rückkaufsbotschaft bestimmt in Aussicht gestellt worden, daß die Unifikation der Tarife auf Grundlage der zur Zeit bei einer der zu verstaatlichenden Hauptbahnen bestehenden niedrigsten Sätze werde durchgeführt werden; dieser Grundsatz ist daher bei Festsetzung der Maximalsätze festzuhalten. Gegen die Höhe der Expeditionsgebühren, namentlich bei Wagenladungen,

499 sind Einwendungen erhoben worden, welche vielfach auf Mißverständnisse zurückzuführen sind. Daß gerade bei Wagenladungen die Manipulationen des Auf- und Ablads den Betriebsdienst der Bahnen wesentlich beanspruchen, kann nicht in Abrede gestellt werden. Eine einläßliche Erörterung dieser Verhältnisse darf hier unterbleiben, da das Gesetz nur die Maxima festsetzt, und zwar in genauer Anlehnung an die zur Zeit billigsten Sätze.

Die bei der Gotthardbahn geltenden Tarifsätze sind allerdings zum Teil noch niedriger, so daß auch für sie die Maximalsätze des Gesetzes den erforderlichen Spielraum gewähren. Dabei ist aber zu beachten, daß die Gotthardbahn berechtigt ist, für ihre Strecken mit Steigungen von 15 %o und darüber eine Zuschlagstaxe von 100 °/o im internen Güterverkehr und eine solche von 3--5 Rappen per Tonne und Kilometer im internationalen Transitverkehr zu erheben. Im allgemeinen Verkehr erhebt nun die Gotthardbahn thatsächlich auf den Strecken Erstfeld-Biasca und Giubiasco-Taverne für Güter einen Zuschlag von 60 % und für Gepäck einen solchen von 100%.

Diesem Ausnahmeverhältnis ist grundsätzlich im Tarifgesetz auch Rechnung zu tragen, gerade wie dem Zuschlag für die Bergstrecke der Brünigbahn. In gleicher Weise sind auch für die Strecken mit ganz besondern Bau- und Betriebsverhältnissen Zuschläge zu gewähren. Wir schlagen vor, das in der nämlichen Fassung zu thun, welche wir für den Personenverkehr vorgeschlagen haben ; dieselbe lautet : ,,Für Bahnstrecken mit Steigungen von 20 °/oo und mehr und für Bahnstrecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- nnd Betriebsverhältnisse bestehen, kann vom Bundesrate die Erhebung eines Zuschlages zu diesen Taxen bewilligt werden."

Zur Begründung dieses Vorschlages beziehen wir uns auf das für den Personenverkehr Gesagte.

Wenn gegen die von uns in Aussicht genommene Höhe der Maxirnaltaxen die Einwendung erhoben werden sollte, die Herabsetzung der .bestehenden Tarifsätze für einzelne Teile des künftigen Bundesbahnnetzes gefährde die finanzielle Situation der Bundesbahnen, so gestatten wir uns, auf die Ausführungen auf pag. 79/80 der Rückkaufsbotschaft zu verweisen, in welcher, gestützt auf ein sachverständiges Gutachten, eingehend erörtert worden ist, welchen Einfluß eine solche partielle Reduktion auf den Ertrag der Bundesbahnen haben werde. Es ist dort der Ausfall auf Grundlage des Verkehres von 1894 bei gleichbleibendem Verkehr auf Fr. 1,628,401

500

geschätzt, gleichzeitig aber nachgewiesen, daß die baldige Ausgleichung des Taxverlustes durch Verkehrszunahme mit Sicherheit erwartet werden darf.

Allerdings kann noch die Frage aufgeworfen werden, ob nicht die Maximalsätze des Tarifgesetzes höher gehalten werden sollten, als die wünschenswerte Taxfestsetzung bei Übernahme des Bahnbetriebes durch den Bund ; es sei dem Verwaltungsrate der Bundesbahnen anheimzustellen, innerhalb den gesetzlichen Schranken niedrigere Sätze für die thatsächliche Tarifbildung anzunehmen, welche successive eingeführt und im Bedarfsfalle auch wieder ohne den schwerfälligen Apparat der Gesetzesrevision erhöht werden könnten. Wir haben an anderer Stelle schon angedeutet, daß wir es für zweckmäßiger halten, die in der Rückkaufsbotschaft in Aussicht gestellten Verkehrserleichtenmgen definitiv festzulegen.

Mit den vorgeschlagenen Maxima der Normaltaxen werden allerdings die Normaltaxen der ausländischen Staatsbahnen noch erheblich überboten. Auf diesen Umstand ist bereits in der Rttckkaufsbotschaft deutlich hingewiesen worden. Wir nehmen aber absichtlich davon Umgang, zur Zeit tiefere Maximalsätze vorzuschlagen, um das finanzielle Gleichgewicht der Bundesbahnen nicht zu stören. Einzelne Unrichtigkeiten, welche sich in den Vergleichungen der Eingaben zum Tarifgesetzentwurf finden, sind in den bei den Akten liegenden Specialberichten berichtigt.

Beizubehalten sind die in den bisherigen Konzessionen enthaltenen Begünstigungen der Beförderung von Rohstoffen für Landwirtschaft und Industrie, welche in Art. 18 der Normalkonzession lauten : ,,Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden."1 Diese Fassung der zur Zeit bestehenden Vorschrift, deren Anwendung übrigens niemals zu Anständen Veranlassung gegeben hat, wird von verschiedenen Seiten bemängelt; die Aufzählung der Rohstoffe sei unvollständig und daher mit weitern Artikeln zu ergänzen oder es sei eine allgemeine Redaktion zu wählen, wie: ,,Die für die Produktion erforderlichen geringwertigen Rohstoffe in Wagenladungen sollen am niedrigstea taxiert werden.a Wir können uns letzterem Vorschlage anschließen mit der Modifikation, daß statt des nicht für alle Fälle passenden Ausdruckes ,,Produktion11 gesagt wird : ,,die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen geringwertigen Rohstoffe" (Art. 14, Absatz 6).

501 Durch die Aufnahme einer solchen Bestimmung ist selbstverständlich die Erstellung von Ausnahmetarifen nicht ausgeschlossen, welche noch niedriger sind als die niedrigsten normalen Tarifsätze ; es beruht daher ein großer Teil der gegen diesen Satz gerichteten Kritik auf einem Mißverständnis.

Dagegen erscheint es unzulässig, den in der genannten Bestimmung genannten Rohstoffen gemäß einer Anregung noch" beizufügen .,,die als notwendige Lebensbedürfnisse zu betrachtenden Artikel, welche das Inland nicht selbst oder nicht in genügender Menge produziert1'. Diese Forderung ist nicht durchführbar; die beanspruchte Taxreduktion käme auch Artikeln zu gute, welche höhere Tiansportsätze ganz gut ertragen, der Ausdruck ,,notwendige Lebensbedürfnisse" ist ein so unbestimmter, daß durch Aufnahme einer solchen Bestimmung nur Unklarheit geschaffen würde, ganz abgesehen von den für die Bundesbahnen unannehmbaren finanziellen Konsequenzen derselben. Aus den gleichen Gründen geht es nicht an, den Rohstoffen die Futtermittel, Streumaterialien, Sämereien und sämtliche Produkte des Garten-, Acker-, Wiesen- und Obstbaues in Wagenladungen von vorneherein gleichzustellen. Es wird Sache der Bundesbahnverwaltung sein, für diese Gegenstände da Erleichterungen eintreten zu lassen, wo die Verhältnisse es rechtfertigen; eine grundsätzliche Gleichstellung der landwirtschaftlichen Produkte mit Rohstoffen ist nicht zulässig.

Eine solche käme übrigens dem ausländischen Importe ebenfalls zu gute und würde somit die Konkurrenzstellung der einheimischen Produktion nicht verbessern.

Es ist die Anregung gemacht worden, die R é e x p é d i t i o n im Innern des Landes dadurch zu erleichtern, daß für die Beförderung von der Landwirtschaft und der Industrie hauptsächlich dienenden Rohstoffen und den als notwendige Lebensbedürfnisse zu betrachtenden Artikeln annähernd die gleichen Reexpeditionsbegünstigungen zur Anwendung kommen wie bei den Grenzstationen.

Diese Forderung beruht auf einem Mißverständnis. Für die Reexpeditionen an der Grenze werden von den Bahnverwaltungen nicht etwa besondere Begünstigungen bewilligt, welche für Reexpeditionen im Innern verweigert würden. Die Ungleichheit der Taxbildung rührt vielmehr oft daher, daß die Reexpeditionsstellen im Innern des Landes nicht an der kürzesten Linie liegen, so z. B. Bern nicht
an der kürzesten Linie von Basel nach Genf, daß daher der Umwegiransport zu vergüten ist. Sodann bestehen öfter zwischen zwei Endpunkten Ermäßigungen, welche durch die ausländische Bahnkonkurrenz bedingt sind, z. B. zwischen

502 Basel und Romanshorn durch die Badische Bahn; bei zwei getrennten Transporten ab Basel nach Zürich und ab Zürich nach Romanshorn wirkt aber diese Konkurrenz nicht mehr ein. Das Gleiche ist der Fall mit einer Sendung von Basel nach Chur, welche der Konkurrenz mit der badischen Strecke Basel-Konstanz und eventuell der badisch-österreichischen Linien Basel-KonstanzBregenz-Buchs ausgesetzt ist, während Basel-Zürich und ZürichChur von derselben nicht berührt werden.

Eine Verteuerung durch die Réexpédition als solche wird lediglich veranlaßt zufolge der Expeditionsgebühr, welche bei der Réexpédition wieder berechnet wird. Daß eine solche von der Bahn für die ihr durch die Vornahme der Réexpédition erwachsenden thatsächlichen Mehrleistungen erhoben wird, ist aber nur billig.

Eine wirkliche Erhöhung der Taxen durch die Réexpédition könnte dann allerdings noch stattfinden bei den Staffeltarifen, bei denen die niedrigsten Sätze erst auf die längsten Strecken Anwendung finden. Das hängt aber mit der Natur der Staffeltarife zusammen. Es kann der Bahn nicht zugemutet werden, die niedrigsten Sätze auch da zuzugestehen, wo ihr die Vorteile eines längern zusammenhängenden Transportes entgehen, da nur dieser die Ermäßigung rechtfertigt.

Ferner ist wohl zu beachten, daß Lagerhäuser und andere Reexpeditionsstellen im Innern des Landes aus einem ganz natürlichen Grunde mit denen an der Grenze nicht zu gleichen Bedingungen konkurrieren können. Von der Grenze kann nach dem gesamten schweizerischen Gebiete ohne Prachtverteuerung reexpediert werden, von der Mitte des Landes dagegen nur in einem beschränkten Umkreis, nämlich nur in der einen Richtung, welche keinen Rücktransport erfordert. Eine Sendung ab Romanshorn kann ohne .vermehrte Transportausgaben bis Genf gehen ; eine ursprünglich von Romanshorn stammende, in Aarau eingelagerte Sendung dagegen müßte doppelte Fracht bezahlen, wenn sie von da wieder nach der Ostschweiz zurückgeleitet wurde; es steht ihr somit nur die Westschweiz offen. Diese thatsächlichen Verhältnisse können durch Tarifmaßnahmen nicht geändert werden.

Damit ist allerdings nicht gesagt, daß die Bundesbahnverwaltung nicht bei besondern Verhältnissen für die Réexpédition im Innern des Landes Zugeständnisse machen soll, wie sie zur Zeit für die Getreidelagerung bestehen. Daß die Bundesbahnverwaltung
solche bereits bestehende Erleichterungen aufrecht erhält, betrachten wir als selbstverständlich. Dagegen geht es nicht an, für diese äußerst komplizierten Verhältnisse einen gesetzlichen Zwang in

503 einer allgemeinen Formel zu normieren. Wir müssen daher davon abraten, eine bezügliche Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen.

Beizubehalten sind die in den Konzessionen enthaltenen Begünstigungen für landwirtschaftliche und einheimische gewerbliche Traglasten. Durch diese Bestimmungen genießt unser einheimischer Verkehr schon lange Erleichterungen, welche erst in neuerer Zeit bei ausländischen Bahnen durch die Beförderung von Stückgütern im Nahverkehr vermittelst Marken und durch besondere Begünstigung der Colis agricoles erreicht werden sollen. Wenn die Begünstigung für gewerbliche Traglasten als Neuerung angefochten wird, so wird übersehen, daß dieselbe in den Konzessionen der Centralbahn bereits enthalten ist und eine Aufhebung derselben eine Benachteiligung der betreffenden Landesgegend bedeuten würde. Es handelte sich bei der Konzessionserteilung um die Bedürfnisse der Hausindustrie, die Verbringung von verarbeiteten Stoffen zum Fabrikanten und ähnliche Dinge, nicht um die Bevorzugung des Hausierverkehres.

Eine Erhöhung des in den Konzessionen enthaltenen Maximums einer Traglast von 25 kg. auf 30 kg. erscheint allerdings nicht angezeigt. Einem Vorschlage entsprechend beantragen wir, auch das Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers als Traglast zu behandeln. Da es sich bei diesen Traglasten nicht um Gepäcktransporte handelt, sondern um die Beförderung gewöhnlicher Waren, gehört diese Bestimmung nicht in den Abschnitt über Personenbeförderung (Art. 18).

Ferner haben Aufnahme zu finden die zur Zeit geltenden Bestimmungen über die Beförderung von Geld und Wertsachen und über die Minimaltransporttaxo. Ein Bedürfnis, diese Bestimmungen zu ändern, liegt nicht vor (Art. 17 und Art. 21).

Auch die ausnahmsweise Verpflichtung zur- Taxherabsetzung für die notwendigen Lebensmittel beim Eintritt von Notständen, insbesondere Teuerung, ist aufrecht zu halten, und es sind die Futtermittel den aufgezählten Gegenständen beizufügen. Dagegen gehören nicht hierher Taxermäßigungen für die Ausfuhr bei ungewöhnlich ertragreicher Ernte. Diese fallen unter die Ausnahmetarife, welche nunmehr auch für beschränkte Zeitdauer bewilligt werden dürfen (Art. 19).

Sodann sind in Anlehnung an das Bestehende besondere Normen für den T i e r t r a n s p o r t aufzunehmen. Der betreffende Artikel der Normalkonzession lautet: ,,Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden:

504

Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rappen, Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rappen, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen."

Diese Vorschriften sind aber durch den bestehenden Tarif für den Transport von lebenden Tieren unterboten 5 demselben liegen nämlich folgende Taxen zu Grunde: Taxen pro Kilometer in Rappen für das 1. 2. 3. 4.

5. 6. 7. Stück, Wagenladung.

1.

1-- 50 km. 16 15 51--100 15 12 n n 12 über 100 10 n 11 II. Klasse 1-- 50 n 8 8 51--100 11 8 7 T) über 100 7 6 n ·n m. Klasse alle Distanzen 3 3 2 2 IV. Klasse n *n

Klasse

12 10 8 8 7 6 3 2

10 8 6 7 5 4 3 2

8 6 5 6 4 3 3 2

6 54 5 3 2 3 2

4 4 3 4 2 2 3 2

80 65 55 50 40 35 35 35

Somit ist eine Kombination eingeführt, bei welcher in den einzelnen Klassen die Taxen im Verhältnis der Entfernung und der aufgegebenen Stückzahl ermäßigt werden. An Stelle der drei Klassen der Normalkonzession bestehen deren vier, nämlich : I. Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen ; II. Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen ; III. Kälber, große Schweine und Hunde ; IV. Schafe, kleine Schweine und Ziegen.

Es geht nicht an, in das Gesetz derartig detaillierte Bestimmungen aufzunehmen, zumal der einschlägige Tarif schon wiederholt Anfechtungen erfahren hat und daher Änderungen an demselben nötig werden können. Es ist diesfalls zu konstatieren, daß für die Tariflerung der Tiertransporte auch bei den ausländischen Bahnen verschiedene Systeme bestehen, Berücksichtigung der beanspruchten Bodenfläche und des Gewichtes neben der Stückzahl, der Entfernungen u. s. w. Es wird Sache der Bundesbahn Verwaltung sein, nach reiflicher Prüfung das Zweckmäßigste zu wählen. Daher geht unser Vorschlag dahin, für den Tiertransport nur den Grund' satz der Taxbildung nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) unter Angabe der Maximalsätze für die höchste und die niedrigste Klasse aufzunehmen. Damit wird erreicht, daß im Tarif der Bundesbahnen für Tiertransporte die bis-

505 herigen Taxen nicht überschritten werden dürfen, und im übrigen wird freie Bewegung gewährt.

Einer Anregung, die Staffeltarife für Tiertransporte im Gesetze zu verbieten, glauben wir nicht Folge geben zu sollen. Diese Frage soll vielmehr der Bundesbahnverwaltung zu freier Erwägung und Entscheidung anheimgestellt werden. Es ist jedoch eine Fassung zu vermeiden, welche von vornherein eine Abstufung nach Entfernungen verlangt. Um für die Neugestaltung der Tarife freie Hand zu behalten, ist es auch nicht zulässig, die bestehenden Taxen andez'S als durch Aufstellung eines Maximums und Minimums festzulegen, was durch eine ausdrückliche Verweisung auf den heutigen Stand geschehen würde.

Die Tarifbildung kann nicht bei Erstellung von Taxen im Rahmen des Reforrntarifes stehen bleiben, sondern wie schon jetzt die Bahngesellschaften sich zur Aufstellung von A u s n a h m e t a r i fon für einen bedeutenden Teil des Güterverkehrs veranlaßt sahen, so werden auch die Bundesbahnen solcher nicht entrateli können, wenn der Verkehr und die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Landes nicht Schaden leiden sollen.

Diese Tarife dienen wesentlich dazu, für Transporte, deren Eigenart die Normaltarife nicht ausreichend Rechnung tragen, oder wofür die Taxen letzterer zu hoch wären, die wünschbaren Erleichterungen zu schaffen. Daneben hat das Bestreben, gewisse industrielle oder landwirtschaftliche Erzeugnisse exportfähiger zu machen, "zur Erstellung besonderer Exporttarife Anlaß gegeben, und für den Transitverkehr haben die verwickelten Konkurrenzverhältnisse zu den ausländischen Transportwegen in großein Maße zu ausnahrnsvveisen Tarifbildungen genötigt. Allen diesen Verhältnissen werden die Bundesbahnen ebenfalls Rechnung zu tragen haben, und sie werden in einzelnen Richtungen noch weiter gehen müssen, um ihrer Aufgabe völlig zu entsprechen. Es kann nicht Sache des Gesetzes sein, diesfalls Einzelvorschriften aufzustellen ; wohl aber sind in dasselbe die geeigneten Grundsätze aufzunehmen, um zu verhüten, daß derartige ausnahmsweise Tarif bildungen nachteilig auf das innere wirtschaftliche Gedeihen einwirken. Maßgebend muß dabei der Gesichtspunkt sein, daß die Rücksicht auf das finanzielle Interesse der Bundesbahnen nicht allein entscheiden darf, sondern ebensosehr die Förderung der einheimischen Volkswirtschaft, von Handel und Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft anzustreben ist (Art. 15 und 16).

Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. V.

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506 Die Bundesbahnvervvaltung wird die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben, damit den schweizerischen Bahnen vom Transitverkehr zwischen Österreich-Ungarn und Frankreich, ferner zwischen Italien und Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden u. s. w. ein möglichst großer Anteil zukommt. Zu diesem Ende muß sie dem Transit alle Taxermäßigungen gewähren, die erforderlich sind, um die über ausländische Transitrouten sich ergebenden Taxunterbietungen auszugleichen, wobei auch auf die konkurrierenden Seerouten Rücksicht zu nehmen ist, die nicht selten wesentlich einwirken. Es wird nun öfter verlangt, daß die Bahnen ermäßigte Taxen, welche sie in solcher Weise dem Transitverkehr einräumen, auch dem schweizerischen Verkehr mit dem Bestimmungslande gewähren :, bei näherem Zusehen muß diese Forderung fallen gelassen werden. Die Folge wären große Einbußen auf letzterem Verkehr, wofür die Einnahmen aus dem Transit kein Äquivalent böten, und demgemäß die Nötigung für die Bundesbahnen, auf die Konkurrenz um den Transit zu verzichten. Es ergäbe sich daraus eine Verminderung der Transporteinnahmen und damit der Leistungsfähigkeit der Bundesbahnen, ohne jeglichen Nutzen für die schweizerische Produktion, da die gleichen ermäßigten Taxen über die ausländischen Konkurrenzrouten doch fortbeständen. Anders aber stellt sich die Sache, wenn die Bundesbahnen nicht lediglich fremde Transittarife übernehmen, sondern freiwillig, um den Transitverkehr zu vermehren, weitergehende Zugeständnisse machen. Solche Zugeständnisse können eine Schädigung der einheimischen Produktion verursachen, indem sie den Absatz von Produkten des Auslandes erleichtern, während die gleichartigen Produkte der Schweiz die ,, früheren Taxen nach dem Bestimmungsgebiete unverkürzt fortbezahlen.

Hiergegen enthält der Gesetzesentwurf eine vorsorgliche Bestimmung, deren Ausführung begründeten Beschwerden über Schädigung des Landes durch Taxzugeständnisse im Transitverkehr vorzubeugen geeignet ist.

Bei dieser ausgleichenden Thätigkeit zu gunsten des Inlandes sollen die Bundesbahnen nicht stehen bleiben, sondern, wo sich die Möglichkeit bietet, den Absatz der einheimischen Produkte gegenüber der ausländischen Konkurrenz durch geeignete Taxerleichterungen schützen und fördern. Dies kann in verschiedenen Richtungen geschehen; wir heben davon
zur bessern Orientierung einige hervor. Wenn von den Schweizerbahnen zur Förderung des Absatzes ausländischer Erzeugnisse ausnahmsweise Taxzugeständnisse beansprucht werden, so sind solche, wenn es sich um Artikel handelt, die auch in der Schweiz erzeugt werden, jedenfalls

507

nicht zuzugestehen, ohne daß das Landesprodukt der gleichen Ermäßigungen teilhaft wird. Damit sollen die Bundesbahnen sich nicht begnügen. Es kommt vor, daß für Artikel, welche die Schweiz ebenfalls produziert, das Ausland in unserem Land in erdrückender Weise konkurriert und hierin wesentlich durch seine niedrigen Bahntarife unterstützt wird ; nicht selten wird den Schweizerbahnen möglich sein, in solchen Fällen der schweizerischen Produktion bei den Bestrebungen um Behauptung des einheimischen Absatzgebietes fördernd an die Hand zu gehen. Die Bundesbahnen werden endlich, wofür seitens der Bahnverwaltungen schon der Anfang gemacht ist, den schweizerischen Export nach Möglichkeit durch besondere Exporttarife zu erleichtern haben. · Allerdings wird in diesen komplizierten Verhältnissen mit Vorsicht vorgegangen werden müssen und darf nicht übersehen werden, daß die Höhe der den Schweizerbahnen möglichen Tax·erleichterungen durch die Länge ihrer beteiligten Transportstrecken bedingt und daher oft sehr beschränkt ist, und daß auf eine Mitbeteiligung der ausländischen Bahnen an bezüglichen Taxermäßigungen in der Regel nicht gerechnet werden darf. Die Wegleitung, welche das Gesetz in Art. 15 und 16 den Bundesbahnen für diese Verhältnisse giebt, scheint uns immerhin geeignet und genügend, um die Wahrnehmung der Landesinteressen durch die Bundesbahnen innert den Grenzen der Möglichkeit zu sichern.

Trotz des erhobenen Widerspruches erscheint es uns durchaus geboten, diese grundsätzliche Wegleitung in das Gesetz aufzunehmen; wir vermögen die diesfalls geäußerten Bedenken nicht zu teilen.

Wir sehen nicht ein, warum es Anstoß erregen sollte, wenn in einem schweizerischen Gesetze die Förderung der einheimischen volkswirtschaftlichen Interessen als Zielpunkt für die Tarifpolitik der Bundesbahnen aufgestellt wird.

Das Gesetz muß sich allerdings auf die Aufstellung allgemeiner Grundsätze beschränken und kann nicht etwa bestimmte Ausnahmetarife nennen oder gar den unveränderten Fortbestand sämtlicher oder einzelner heute bestehender Ausnahmetarife garantieren. Sonst würde sich dasselbe nicht nur in eine Reihe von Detailbestimmungen verlieren, sondern auch geradezu ein Hemmnis für eine richtige Entwicklung des Tarifwesens bilden, das sich eben den fortwährend wechselnden Ansprüchen des Verkehrs anzuschließen
hat. Ebenso verfehlt wäre es, wenn das Gesetz von vorneherein die Einführung von Ausnahmetarifen für bestimmte Waren verbieten wollte. Alle in dieser Richtung geäußerten Wünsche werden bei der Ausführung des Gesetzes von der Bundes-

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bahnverwaltung zu würdigen sein. Es liegt daher auch keine Veranlassung vor, dieselben hier einläßlich zu erörtern. Wir erwähnen diesfalls die Begehren der Regierung des Kantons Wallis betreffend die Weintransporte, des schweizerischen Spinner-, Zwirnerund Webervereins betreffend die Baumwolltarife und die Tarifierung der Garne und Gewebe, des Verbandes schweizerischer Müller betreffend ein Verbot gegen Ausnahinetarife für Mehl. Es ist übrigens zu bemerken, daß in der Schweiz zur Zeit ermäßigte Taxen für Mehltransporte nicht bestehen, außer wo sie durch ausländische Konkurrenzrouten bedingt sind.

Es kann auch nicht Sache des Tarifgesetzes sein, über die Einreihung der Güter in die verschiedenen Klassen Bestimmungen aufzustellen ; die bezüglichen Ausführungen in den uns zugekommenen Eingaben sind daher nicht hier zu besprechen, sondern werden seiner Zeit von der Bundesbahnverwaltung zu prüfen sein.

Gleich verhält es sich mit den Anregungen, welche sich auf die Vorschriften des Transportreglementes und die Transportbedingungen beziehen; die letztern bilden einen Bestandteil der Tarife, bezw.

der Ausnahmetarife, und deren Feststellung muß daher der Bundesbahnverwaltung überlassen werden. Soweit es sich um die Richtigstellung ungenauer Angaben der verschiedenen Eingaben über Tarifsätze und dergleichen handelt, verweisen wir auf die bei den Akten liegenden Specialberichte, da diese Detailpunkte hier nicht einläßlich erörtert werden können.

Unseres Erachtens gehört auch eine specielle Erwähnung der Ermäßigungen für Ausstellungsgüter nicht in das Gesetz; dieselben fallen unter den Begriff der Ausnahmetarife.

Die Vorschriften des Art. 16 sind notwendig, um festzulegen, innerhalb welcher Grenzen Taxermäßigungen zu gunsten des Transitverkehrs bewilligt werden dürfen ; es soll eben nicht volle Freiheit gestattet sein. Diese Bestimmungen des ersten Satzes sind nicht so selbstverständlich, wie eine Eingabe annimmt. Auch die Forderung des zweiten Satzes verlangt nichts Unmögliches ; bei deren Durchführung hat die Bundesbahnverwaltung eben umsichtig zu handeln und darf sich nicht von einseitigen Interessen leiten lassen.

Art. 21 setzt das Maximum fest, welches als Minimaltaxe für Gütertransporte erhoben werden darf. Die Taxe von 40 Rappen für den internen und direkten Verkehr entspricht dem zur Zeit
bestehenden niedrigsten Salz.

Ferner ist eine allgemeine Bestimmung aufzunehmen, daß die T a x e n stets nach der billigsten und die L i e f e r f r i s t e n stets nach

509 der k ü r z e s t e n Route berechnet werden (Art.-22). Wo es sich lediglich um die Benützung der Bundesbahnen mit gleichmäßiger Tarifbildung handelt, wird allerdings die billigste Route mit der kürzesten zusammenfallen ; das kann anders sein, wo die kürzeste Route zum Teil über Bahnstrecken führt, die nicht in das Bundesbahnnetz ein bezogen sind oder wo Strecken mit Taxzuschlägen vorkommen. Auch für diesen Fall sind dem Verkehr die billigsten Taxen und die kürzesten Lieferfristen zu wahren.

Dagegen finden wir nicht angezeigt, über die I n s t r a d i e r u n g der Güter eine einschränkende Vorschrift im Gesetz aufzustellen.

Der Bundesbahnverwaltung muß vorerst, wo für einen Transport verschiedene ihrer Linien benutzt werden können, die volle Freiheit gewahrt werden, die Gütertransporte über die Linien zu leiten, welche aus Betriebsrücksichten die geeignetsten sind. In dieser Hinsicht ist erneut darauf aufmerksam zu machen, daß die kürzeste Linie durchaus nicht immer die geeignetste ist. Außer den Betriebsrücksichten, worauf wir schon früher hinwiesen, kann auch zur Entlastung stark belegter Routen und Bahnhöfe die Herbeiziehung von längern Hülfsrouten wünschbar sein. Aber auch wenn es sich um Stellungnahme gegen K o n k u r r e n z b a h n e n handelt, wird der Bundesbahnverwaltung gegenüber diesen die gleiche freie Hand zu wahren sein, welche ihnen selbst nach Konzession und Gesetz zukommt. Eine einseitige gesetzliche Verpflichtung der Bundesbahnen in dieser Hinsicht müßte ihre Stellung bei Regelung der Verkehrsverhältnisse zu den ändern Bahnen schwächen. Aus den Gründen, die im allgemeinen Teil erwähnt wurden, wäre es auch nicht möglich, für diese Verkehrsregelung im Gesetz eine Norm aufzustellen, die für alle Fälle zutreffend, billig und volkswirtschaftlich gut wäre. Wollte man z. B. den Grundsatz der kürzesten Route annehmen, so könnte man damit, abgesehen von den sonst für die Benutzbarkeit längerer Routen sprechenden Gründen, zu sehr seltsamen und die Bundesbahnen tief schädigenden Resultaten kommen. Der Hioeinbau irgend einer kleinen Abkürzungslinie in das Bundesbahnnetz mit vielleicht recht ungünstigen Betriebsverhältnissen und ohne erheblichen innern Verkehr könnte genügen, um den Bundesbahnen auf lange Strecken wichtige Verkehre zu entziehen, wofür sie trotz der neuen Linie vollkommen
leistungsfähig bleiben. Es würde damit der Anstoß gegeben zum Bau unnützer, volkswirtschaftlich unberechtigter Bahnen.

Was schon beim Bestehen getrennter Privatbahnen irrationell war und stets als unzulässig abgelehnt wurde, darf um so weniger beim System der Bundesbahnen Anwendung finden, wo es außer

510 einer volkswirtschaftlichen Mißrechnung auch noch eine direkteSchädigung der Einnahmen der Bundesbahnen und damit eine Verminderung ihrer Leistungsfähigkeit zur Folge hätte. Um diesfalls alle Zweifel auszuschließen, beantragen wir Aufnahme einer Bestimmung, welche den Bundesbahnen die Freiheit der Instradierung sichert.

Dabei ist immerhin das Recht des Absenders, im Frachtbriefe den einzuhaltenden Transportweg vorzuschreiben, gemäß Art. (i, litt, l, des Bundesgesetzes betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen, vom 29. März 1893, vorzubehalten.

Auch scheint uns angemessen, die Pflicht der Bundesbahnen, zur Erstellung direkter Gütertarife mit ändern Bahnen Hand zu bieten,, für die Fälle, wo die kürzeste Route über letztere führt, ausdrücklich hervorzuheben. Im übrigen wird es Sache freier Verständigung zwischen der Bundesbahnverwaltung und den dritten Bahnen sein, die zwischen ihnen bestehenden Konkurrenzverhältnisse passend zu ordnen. Wir zweifeln nicht, daß dabei berechtigte Ansprüche die ihnen gebührende Beachtung finden werden, und erblicken hierfür in der Organisation, welche für die Bundesbahnen vorgeschrieben ist, völlig ausreichende Gewähr.

Die schon beim Personenverkehr berührte Frage der S t a f f e l t a r i f e hat beim Güterverkehr noch größere Bedeutung. Dieselben beruhen auf dem Grundsatz, daß die Taxen verhältnismäßig tiefer gehalten werden, je größer die Entfernung ist, auf welche transportiert wird. Die Annahme ist nicht anfechtbar, daß mit der Beförderung auf weitere Distanzen eine bessere Ausnützung des Wagenmaterials und eine weitere relative Reduktion derjenigen Auslagen, welche nicht schon durch Ausscheidung einer besondern Expeditionsgebühr berücksichtigt sind, erzielt wird, daß somit die Transporte auf weitere Entfernungen verhältnismäßig billiger ausgeführt werden können. Die thatsächlichen Leistungen der Bahn per Kilometer werden eben geringer mit der Verlängerung der Transportstrecke, und es ist daher eine fallende Taxskala angezeigt.

Allerdings ist auf Grund neuerer Berechnungen einer deutschen Bahnverwaltung der bisher als richtig angenommene allgemeine Grundsatz auch wieder in Zweifel gezogen und behauptet worden, daß eine die Selbstkosten der Beförderung berücksichtigende Tarifbildung allzu erhebliche Frachtermäßigungen auf weite Entfernungen nicht zugestehen könne. Ob diese Berechnungen allgemein zutreffend sind, scheint indessen zweifelhaft, und als entscheidend

511

können sie auch deshalb nicht gelten, weil für die Staffeltarife nicht nur das Moment der geringeren kilometrischen Selbstkosten spricht,- sondern noch mehr die Wünschbarkeit, den Güteraustausch auf größere Entfernungen zu erleichtern, ein Moment, das für die Schweiz doppelt schwer ins Gewicht fällt, weil ihr einstweilen unmöglich ist, ihre Gütertaxen denen der Nachbarländer allgemein gleichzustellen oder selbst nur wesentlich anzunähern. Hierzu kommt noch, daß die schweizerischen Normaltaxen eben wegen ihrer größeren Höhe von denen der ausländischen Parallelbahnen auf längere Distanzen bedeutend unterboten werden und deshalb viele ausnahmsweise Taxbildungen selbst für den internen Verkehr nötig werden, wenn nicht durch staffelmäßige Abstufung die schweizerischen Taxen wenigstens für den Fernverkehr verbilligt werden. Daher geschah es denn auch nicht aus prinzipiellen Gründen, wenn das Staffelsystem, das früher bei der Nordostbahn bestand, zufolge Intervention der Aufsichtsbehörde abgeschafft wurde, sondern weil sieh aus der Kumulierung von Staffelstrecken eine ungleiche Behandlung und zum Teil eine Belastung des Verkehrs herausstellte, statt der zu erwartenden Verbilligung. Anders ist es, wenn das Staffelsystem auf die ganze Länge der Bundesbahnen wirkt, wie es zur Zeit für den Getreideverkehr durch die ganze Schweiz einheitlich eingeführt ist. Hier resultieren für die vom Ausgangspunkt weiter abliegenden Stationen erhebliche Taxerrnäßigungen.

Zu verhehlen ist freilich nicht, daß gegen die Staffeltarife, abgesehen von den aus einer ändern Schätzung der Selbstkosten erwachsenden Bedenken, vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus auch grundsätzliche Einwendungen geltend gemacht werden. Deren Effekt ist unter anderem, daß von Handelscentren an der Grenze der Schwein aus, wie z. B. von Basel und Genf, die Bedienung von Abnehmern billiger ausgeführt werden kann, als von Zwischenplätzen im Innern der Schweiz. Der Transport Basel-Bern wird billiger, als eine Sendung, welche zuerst von Basel nach Ölten und sodann in einem zweiten Transport noch von Ölten nach Bern spediert wird ; denn Basel-Olten einerseits und Olten-Bern anderseits werden als kürzere Strecken je in einer höhern Staffel rangieren als die Gesamtlänge Basel-Bern. Wir glauben aber, daß diese aus der günstigeren Handelslage der Grenzplätze
resultierenden Konsequenzen nicht dazu führen dürfen, ein wirtschaftlich richtiges Verfahren, das allen Ortschaften, auch den im Innern des Landes liegenden, den Vorteil der Taxermäßigung auf größere Distanzen verschafft, gesetzlich auszuschließen ; es wird nur bei seiner Anwendung vor-

512 zusorgen sein, daß daraus nicht Nachteile erwachsen, welche die Vorteile aufheben würden. In dieser Hinsicht bestehen schon jetzt, speciell für den Getreideverkehr, mildernde Vorschriften, indem Getreide, welches einer Zwischenlagerung unterliegt, bei Weiterbeförderung für den Gesamttransport eine nur wenig höhere Taxe zu bezahlen hat, als wenn er ohne Zwischenlagerung erfolgt wäre. Durch die Staffeltarife kann der Konsument nur gewinnen.

Der Zwischenhandel im Innern des Landes verliert allerdings insofern, als ihm für die vom Auslande bezogenen Güter bei deren Weiterversendung nicht die gleichen Taxermäßigungen zu gut kommen wie dem der Grenzorte; eine Kompensation liegt aber darin, daß den Binnenorten der Staffeltarif nach allen Richtungen Nutzen bringt, den Grenzorten aber nur in der Richtung nach der Schweiz.

In Abwägung dieser Momente würden wir es nicht für richtig halten, das Postulat der Staffeltarife schon in das Tarifgesetz aufzunehmen ; es soll der Verwaltung der Bundesbahnen freie Hand gelassen werden, dieselben einzuführen, soweit eine reifliche Erwägung aller Verhältnisse es angezeigt erscheinen läßt.

Das Tarifgesetz muß sodann noch allgemeine Bestimmungen enthalten, welche sich auf die Aufrundung der Tarifdistanzen und Taxen bei Berechnung der Tarifsätze und auf die Definition der tarifgemäßen Transportleistung als Beförderung bloß von Station zu Station beziehen. Auch in dieser Hinsicht haben die Reformtarife zum Teil Veränderungen gegenüber der Normalkonzession gebracht, welche im Gesetz zu bestätigen sein werden. Ferner empfiehlt es sich, die nur in einzelne Konzessionen aufgenommene Verpflichtung der Bahnverwaltung, auf den Hauptstationen einen Camionnagedienst einzurichten, für die Bundesbahnen allgemein vorzuschreiben ; eine Ausdehnung dieser Verpflichtung auf kleinere Stationen würde dagegen die Bahn Verwaltung ganz unverhältnismäßig belasten (Art. 23 und 24).

Die bezüglichen Vorschriften der Normalkouzession lauten : "S1 .,,Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 25 Kilogramm für volle 25 Kilogramm ; bei Waren in gewöhnlicher Fracht Sendungen zwischen 25 und 50 Kilogramm für volle 50 Kilogramm.

513 Das Mehrgewicht (bei Reisendengepäck und Eilgut über 25, bei Waren in gewöhnlicher Fracht über 50 Kilogramm) wird nach Einheiten von je 5 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 5 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500.

Ist die genaue Ziffer-der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

,,Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladeplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus · die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist."

Wir beantragen diesen Bestimmungen gegenüber die mit den heute geltenden Vorschriften übereinstimmende Formulierung des Gesetzesentwurfes. Eine Abänderung der bestehenden Vorschriften in dem Sinne, daß die Aufrundung auf einen Kilometer erst eintreten dürfe, wenn eine bestimmte Zahl Meter, z. B. 50, erreicht sei, scheint uns nicht gerechtfertigt. Es sind auch keine Gründe für eine solche angeführt worden ; dieselbe würde aber einen Einnahmenausfall bedingen, welcher allerdings nur auf Grund umfangreicher Untersuchungen ziffermäßig herausgerechnet werden könnte. Aus dem gleichen Grunde sehen wir davon ab, eine Abänderung für die Aufrundung des Gewichtes von 10 zu 10 kg.

vorzuschlagen.

Im Gesetze sind nicht besonders zu erwähnen die sogenannten N e b e n g e b ü h r e n , welche nicht für die Beförderung der Güter, sondern für besondere Leistungen der Bahn, wie für Benützung der Krahne, für Abwägen u. dgl., erhoben werden. Deren Erhebung ist gerechtfertigt, da sie eine Vergütung für Dienste bilden, welche im Transporte von Station zu Station nicht Inbegriffen sind.

Deren Wegfall würde ebenfalls eine bedeutende Einbuße veranlassen.

514

IV.

Übergangsbestimmungen.

Die Einführung der durch das Tarifgesetz verlangten neuen Tarife erfordert eine umfangreiche Arbeit und daher auch eine erhebliche Zeit. Schon die Ausarbeitung des künftigen internen Tarifes der Bundesbahnverwaltuag ist ein großes Stück Arbeit.

Dazu kommt die Unzahl direkter Tarife mit den ändern schweizerischen Bahnen und mit dem Ausland, welchen in der Regel langdauernde Verhandlungen vorausgehen müssen. Es ist daher selbstverständlich, daß die Erstellung der neuen Tarife nur nach und nach durchgeführt werden kann.

Daraus folgt, daß die bestehenden alten Tarife, welche mit dem Dahinfallen der Konzessionen ihre Grundlage verlieren, aut so lange provisorisch in Kraft bleiben müssen, bis sie-jeweilen durch neue ersetzt sind. Die Reihenfolge der Umarbeitung im Gesetze festzusetzen, wäre nicht zweckmäßig, da die Erstellung bezüglich der direkten Tarife mit in- und ausländischen Bahnen von deren Mitwirkung abhängt und daher nicht einseitig angeordnet werden kann. Einleuchtend ist, daß in erster Linie die internen Tarife festgestellt werden müssen, welche die Grundlage für die ändern zu bilden haben. Sicher ist aber auch, daß schon in der ersten Zeit der Bundesbahnverwaltung das Bedürfnis sich einstellen wird, bestehende Ausnahmetarife den Anforderungen des Verkehrs entsprechend umzugestalten, bevor die Arbeiten für die Haupttarife abgeschlossen sind. Es ist der Initiative der Bundesbahnverwaltung anheimzustellen, diesfalls das Richtige anzuordnen, und es ist in das Tarifgesetz nur der allgemeine Grundsatz aufzunehmen (Art. 25).

Geleitet von den in dieser Botschaft entwickelten Gesichtspunkten beehren wir uns, Ihnen die Annahme des beiliegenden Gesetzesentwurfes zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 17. November 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

Hauser.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

515

Beilagen.

1. Gutachten des Vorortes des Schweiz. Handels- und Industrievereines vom 20. Mai 1899.

2. Eingabe des Centralkomitees der Union vaudoise du Commerce et del'Industrie vom April 1899.

3. Eingabe des Schweiz. Gewerbevereins vom 6. Mai 1899.

4. Gutachten des Generalsekretariates des Schweiz. Bauernverbandes vom.

1. Mai 1899.

5. Eingabe des Schweiz. Bauernverbandes vom 27. September 1899.

6. Bericht des Schweiz. Eisenbahnverbandes vom April 1899.

7. Schreiben desselben vom 17. Juli 1899 mit einer Tabelle der effektiven.

Geschwindigkeit der Schnell- und Expreßzüge der Hauptbahnen.

8. Eingabe des Staatsrates des Kantons Wallis vom 22. Juni 1899.

9. Specialbericht des Inspektors für Tarif- und Transportwesen beim Schweiz.

Eisenbahndepartement vom 7. Oktober 1899 über die in den Eingaben des Bauernverbandes, des Handels- und Industrievereins und des StaatBrates des Kantons Wallis enthaltenen unrichtigen Angaben über Tarifverhältnisse.

516 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 17. November 1899; in Ausführung des Art. 13, litt. A, Ziffer 3, des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen vom 15. Oktober 1897, beschließt: J.

Allgemeines.

Art. l. Für die Tarif bildung der schweizerischen Bundesbahnen sind die Bestimmungen dieses Gesetzes maßgebend.

Art. 2. Die Tarife sind für das gesamte Netz der Bundesbahnen nach einheitlichen Grundsätzen zu erstellen.

Die Taxen sind überall und für jedermann gleichmäßig zu berechnen.

51 T

Es darf niemandem ein Vorzug in irgend einer Form eingeräumt werden, der nicht unter gleichen Umständen allen ändern gewährt wird.

Art. 3. Sämtliche Tarife und Transportbedingungen, jede Änderung an denselben und an den bestehenden Taxen, sowie jede Gewährung von Taxermäßigungen auf dem Rückvergütungswege sind vor Inkraftsetzung gemäß den Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen vom 29. März 1893 dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen und öffentlich bekanntzumachen und zwar in der Regel mindestens 14 Tage vor ihrem Inkrafttreten.

Die Gewährung von Preisermäßigungen gegenüber den öffentlich bekannt gemachten Tarifen oder Taxermäßigungen durch Übereinkommen oder in anderer Form ist untersagt.

Jede Taxerhöhung oder Aufhebung von Tarifen ist wenigstens drei Monate vor ihrem Inkrafttreten zu veröffentlichen. Diese Frist kann vom Bundesrate verkürzt werden, wenn mit Taxerhöhungen zugleich erhebliche Taxherabsetzungen eingeführt werden. Für internationale Tarife, die erhöht werden sollen, kann diese Frist, wenn die Erhöhung nur die Folge einer Änderung der ausländischen Taxanteile ist, auf die für betreffenden ausländischen Bahnen geltenden Fristen herabgesetzt werden.

Tarife dürfen nur aufgehoben werden, wenn sie für die Personen mindestens drei Monate und für die Güter mindestens ein Jahr bestanden haben.

Wenn Taxen herabgesetzt worden sind, soll diese Herabsetzung für die Personen mindestens drei Monate und für die Güter mindestens ein Jahr in Kraft bleiben.

Ausnahmsweise kann mit Bewilligung des Bundesrates die Dauer eines Tarifes oder einer Taxherabsetzung bei der Veröffentlichung derselben auf eine kürzere Zeit beschränkt werden.

SI 8 Die iti diesem Artikel festgesetzten Fristen finden keine Anwendung auf Vergntigungszüge und auf ausnahmsweise Begünstigungen bei besondern Anlässen.

Art. 4. Für die Beförderung der Brief- und Fahrpost, ·der Bahnpostwagen und der Beamten der Postverwaltung gelten die Bestimmungen der Art. 19 und 21 des ßundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872.

Art. 5. Für die Beförderung von Militärpersonen und von Material, welches für den Gebrauch der Militärverwaltung bestimmt ist, sind die Bestimmungen des Art. 25 des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen vom 23. Dezember 1872 maßgebend.

n.

Personenverkehr.

Art. 6. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen auf allen Linien des Bundesbahnnetzes und mit Anhalten auf allen Stationen -erfolgen.

Auf Linien, deren Offenhaltung zeitweise gar nicht oder jiur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre, kann der Bundesrat die Einschränkung des Betriebes auf den übrigen Teil des Jahres bewilligen.

Für Linien, die beim Übergang an den Bund während länger als fünf Jahren mehr als vier Züge täglich in jeder Richtung hatten, gilt die höhere Zugszahl als künftiges .Minimum.

Art. 7. Die gewöhnlichen Personenzüge, auch wenn ihnen Güterwagen beigegeben werden, haben mit einer mittleren Geschwindigkeit von mindestens 30 Kilometern in der Stunde zu fahren. Eine geringere Zugsgeschwindigkeit darf nur mit Bewilligung des Bundesrates angewendet werden.

519

Außer diesen Personenzügen sind für Linien mit bedeutendem Personenverkehr, sowie für die Verbindung zwischen den Hauptverkehrsplätzen der Schweiz und für den durchgehenden Verkehr Schnellzüge und Expreßzüge mit erhöhter mittlerer Geschwindigkeit und, soweit die Verkehrsbedürfnisse es erfordern, auch Nachtzüge einzurichten.

Die in Absatz l vorgeschriebene Zugsgeschwindigkeit gilt nicht für Güterzüge mit Personenbeförderung und für Bahnstrecken, welche als Nebenbahnen betrieben werden.

Art. 8. Zur Personenbeförderung sind Wagen nach dem Durchgangssystem zu verwenden und zwar für die gewöhnlichen Personenzüge solche mit zweiter und dritter Klasse, wobei ausnahmsweise auch erste Klasse beigegeben werden kann, für die Schnellzüge solche mit erster, zweiter und dritter Klasse. In Zügen von rein lokaler Bedeutung können ausschließlich Wagen III. Klasse geführt werden.

In Expreßzügen kann mit bundesrätlicher Zustimmung die dritte und eventuell auch die zweite Klasse wegbleiben.

Es ist dafür zu sorgen, daß alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben und zwar auf Sitzplätzen befördert werden können.

Die vorstehenden Bestimmungen finden keine Anwendung auf Luxuszüge.

Art. 9. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : 1. Für einfache Fahrten: in der ersten Wagenklasse 10,4 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7,s Rappen, in der dritten Wagenklasse 5,2 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

520 2. Für Hin- und Rückfahrt: (mit zehntägiger Gültigkeit)

in der ersten Wagenklasse 15,e Kappen, in der zweiten Wagenklasse 10,o Rappen, in der dritten Wagenklasse 6,5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Bahnstrecken mit Steigungen von 20 %o und mehr und für Bahnstrecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- und Betriebsverhältnisse bestehen, sowie für die Benützung außergewöhnlicher Einrichtungen (Schlafwagen, Luxuswagen u. dgl.), kann vom Bundesrate die Erhebung eines Zuschlages zu diesen Taxen bewilligt werden.

Für Kinder unter vier Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist keine Taxe, für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte 'der Taxe in allen Wagenklassen zu bezahlen.

Art. 10. Für eine mindestens vierundzwanzigmalige Benützung der gleichen Bahnstrecke während drei Monaten sind Abonnemente zu ermäßigten Preisen zu verabfolgen.

Ferner sind zur Befahrung einer bestimmten einzelnen Bahnstrecke, sowie des ganzen Netzes der Bundesbahnen Abonnemente für die Dauer von einem, drei, sechs und zwölf Monaten und außerdem Abonnemente zur Befahrung des ganzen Netzes während 15 Tagen zu ermäßigtem Preise auszugeben.

Sodann sind Monatsabonuemente zur Benützung der Bahn nur an Werktagen mit bestimmten Zügen (Arbeiterbillete) zu besonders ermäßigten Preisen zu verabfolgen.

Für den Rundreise verkehr, sowie für Gesellschaften und Schulen sind besondere Ermäßigungen zu gewähren.

521 Art. 11. Für die Beförderung von Armen, welche als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausgewiesen sind, ist die halbe Personentaxe zu berechnen. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Ein vom Bundesrate zu genehmigendes Reglement wird für die Armen- und Polizeitransporte die näheren Bestimmungen treffen.

Art. 12. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern,, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck wird eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen.

Für Gepäcksendungen beträgt die Minimaltransporttaxe im internen Verkehr höchstens 25 Rappen und im direkten Verkehr höchstens 40 Rappen.

Es ist vorzusorgen, daß Gepäck und ähnliche Güter, auch wenn sie ohne Begleitung zur Beförderung kommen, zu den Taxen für Gepäck aufgegeben werden können (Expreßgut).

Art. 13. Für die Berechnung der Distanzen, des Gewichtes und der Taxen finden die Bestimmungen des Art. 24 Anwendung.

III.

Güterverkehr.

Art. 14. Für die Beförderung von Waren sind Tarife gemäß dem Reformtarifsystem zu erstellen.

Dabei dürfen höchstens folgende Tarifsätze Anwendung finden: Bundeablatt.

51. Jahrg. Bd. V.

35

Eilgut (Stückgut).

II

522 Frachtgut.

Wagenladungen.*)

Stückgut.

Specialtarife.

Aligero.

Klassen.

1

ii l in n

I

2 A

B

a

6

6

a

. 6

Taxen per 100 kg. in Kappen.

I. ExpeditionsgebUhren: 1--20 km 18 10 10 6 6 6 6 6 7,' 7,s 6 21 --39 km., Zuschlag 0,i, per km 0,» 0,» O,!» 0,111 o,. 0,! 0,i 0,i 0,i 0,i 40 und mehr km. . . 27 15 15 15 15 10 10 10 10 10 10 II. Streckentaxen: per km

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') A, a = Wagenladung en su 5To nnen B, 6

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Ofi 0,. 0,»

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agenl adun jen z a 10 Tonn sn.

Für Eilgut in Wagenladungen darf die Taxe höchstens das Doppelte der allgemeinen Wagenladungsklassen für Frachtgut betragen.

Für Bahnstrecken mit Steigungen von 20 °/oo und mehr und für Bahnstrecken, bei welchen ganz ausnahmsweise Bau- und Betriebsverhältnisse bestehen, kann vom Bundesrate die Erhebung eines Zuschlages zu diesen Taxen bewilligt werden.

Für die Beförderung sperriger Güter, sowie explosiver und feuergefährlicher Gegenstände kann mit Bewilligung des Bundesrates ebenfalls ein Taxzuschlag erhoben oder ein höheres als das wirkliche Gewicht berechnet werden.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen geringwertigen Rohstoffe in Wagenladungen sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 15. Neben den Normaltarifen werden, in Berücksichtigung der Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe,

523

Handel und Landwirtschaft, die erforderlichen Ausnahmetarife erstellt.

Bei Erstellung solcher Ausnahmetarife ist besonders darauf Rücksicht zu nehmen, daß die ausländische Konkurrenz nicht gegenüber der einheimischen Produktion begünstigt wird.

Art. 16. Für den Transitverkehr sind diejenigen Taxermäßigungen und ausnahmsweisen Tarif bildungen zulässig, welche durch die Konkurrenz ausländischer Verkehrswege bedingt sind. Zur Gewinnung und Entwicklung des Transitverkehres können weitergehende Erleichterungen gewährt werden; solchen Erleichterungen gegenüber sind aber die erforderlichen Tarifmaßnahmen zu treffen, damit eine Schädigung der einheimischen Produktion vermieden wird.

Art. 17. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Kappen zu bezahlen.

Art. 18. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe der Stückgutklasse l des Gütertarifs zu bezahlen.

Art. 19. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, sowie bei Futtermangel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln u. s. w. zeitweise niedrigere Taxen zu bewilligen, welche vom Bundesrate nach Anhörung der Bundesbahnverwaltung festgesetzt werden.

524

Art. 20. Für den Transport lebender Tiere mit Güterzügen sind Taxen zu beziehen, welche nach Klassen und Transportmengen (Stückzahl, Wagenladungen) abzustufen sind und den Betrag von 16 Rappen per Stück und Kilometer -für die höchste und 2 Rappen für die niedrigste Klasse nicht übersteigen dürfen. Bei Beförderung in Eilfracht kann ein Taxzuschlag bis auf 40 °/o erhoben werden.

Art. 21. Die Minimaltransporttaxe für Gütersendungen . und für Tiersendungen beträgt im internen und im direkten "Verkehr höchstens 40 Rappen.

Art. 22. Die Taxen sind jeweilen nach der billigsten und die Lieferfristen nach der kürzesten Route zu berechnen, und zwar auch dann, wenn die billigste, beziehungsweise kürzeste Route nicht ausschließlich über das Netz der Bundesbahnen führt.

Unter dieser Voraussetzung ist die Verwaltung der Bundesbahnen befugt, den einzuhaltenden Transportweg, soweit es ihr Netz betrifft, nach freier Entschließung zu bestimmen, vorbehaltlich einer entgegenstehenden Routenvor" schrift des Absenders im Frachtbriefe gemäß den Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend den Transport auf Eisenbahnen und Dampfschiffen vom 29. März 1893.

Wenn für Transporte von oder nach den Bundesbahnen die kürzeste Route über eine nicht zu den Bundesbahnen gehörende schweizerische Bahnstrecke führt, so kann, soweit diese normale Betriebsverhältnisse und ein gleichartiges Tarifsystem hat, über dieselbe die Bildung direkter Tarife beansprucht werden. Die Distanzen berechnen sich hierbei nach den wirklichen Entfernungen, mit Ausnahme von Bahnstrecken mit starken Steigungen oder besondern Bau- oder Betriebsverhältnissen, für welche mit Rücksicht auf diese erhöhte Taxen erhoben werden ; für solche Strecken kommt ein entsprechender Distanzzuschlag in Ansatz.

52.5 Art. 23. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern auf die Stationsverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Bahnverwaltung Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten zu treffen (Camionnagedienst).

Soweit nicht im Transportreglemente Ausnahmen vorgesehen sind, wird das Aufladen der Güter in die Bahnwagen und das Ausladen aus denselben bei den Eilund Stückgutsendungen, sowie bei den Sendungen zu den allgemeinen Wagenladungstaxen von der Bahnverwaltung besorgt, und es darf eine besondere Taxe hierfür nicht bezogen werden. Die übrigen Güter, sowie die lebenden Tiere sind seitens der Versender und Empfänger auf die Bahnwagen aufzuladen oder von denselben abzuladen. Werden diese Leistungen vom Versender oder Empfänger der Bahn übertragen und von derselben übernommen, so sind die dafür bestimmten Gebühren zu entrichten.

Art. 24. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Bezüglich des Gewichtes werden Sendungen in Eilfracht und in gewöhnlicher Fracht bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Zifier der gemäß diesen Vorschriften berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so

526

wird dieselbe auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, insofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

IV.

Übergangsbestimmung.

Art. 25. Die Tarife der Bundesbahnen sind thunlichst bald gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erstellen.

Solange sie nicht erstellt sind, behalten die bestehenden Tarife Gültigkeit.

Art. 26. Der Bundesrat ist beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreifend die Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Gesetzes zu veranstalten und den Beginn der Wirksamkeit desselben festzusetzen.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Erlaß eines Bundesgesetzes betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 17.

November 1899.)

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1899

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22.11.1899

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