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Botschaft des .

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Interlaken über Matten nach "Wilderswil.

(Vom 3. Oktober 1899.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 27. Januar 1894 stellte die Betriebsdirektion der B e r n e r O b e r l a n d b a h n e n in Interlaken das Gesuch um Erteilung der Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn W i l d e r s w i l - G s t e i g - I n t e r l a k e n - B a h n h o f , indem sie im allgemeinen Bericht ausführte, die rechtsufrige Brienzerseebahn werde den Ostbahnhof in Interlaken abschneiden und den Verkehr direkt dem Westbahnhof zulenken, welchem neuen Zustand sich die Berner Oberlandbahnen werden anpassen müssen, indem sie die kürzeste Verbindung zwischen dem Westbahnhof und dem Lütschinenthal herstellen. Nach Eröffnung derselben würde die bestehende Strecke Interlaken-Oststation-Wilderswil-Gsteig abgebrochen.

Der Regierungsrat des Kantons Bern, welchem das Gesuch gemäß Vorschrift zur Vernehmlassung mitgeteilt wurde, berichtete mit Schreiben vom 9. Mai 1894 und unter Anfügung der Originalerklärungen der betreffenden Gemeindebehörden, daß sich die zunächst beteiligten Gemeinden entschieden g e g e n das Projekt ansprachen und Beibehaltung des jetzigen Zustandes verlangten.

Gestützt auf alle diese Kundgebungen, welche der Regierungsrat im wesentlichen als zutreffend bezeichnen müsse, könne er das

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Konzessionsgesuch nicht zur Bewilligung empfehlen und beantrage daher Abweisung desselben. Eventuell müßte er den Fortbestand und regelmäßigen Weiterbetrieb der gegenwärtigen Strecke Ostbahnhof-Wilderswil neben der neuen Linie Westbahnhof-Wilderswil verlangen. Es gehe doch wohl nicht an, daß ohne zwingende Gründe der wichtigste Teil einer Eisenbahn abgebrochen werde, der nun schon seit vier Jahren im Betrieb stehe und um den Ostbahnhof herum Verkehrsverhältnisse geschaffen habe, die nicht mehr preisgegeben werden können, ohne ein ganzes Quartier zu ruinieren.

Mittelst Eingabe vom 27. Mai 1894 erklärte die Direktion der Berner Oberlandbahnen, daß es ihr zwar ein Leichtes wäre, ,,gegenüber den in Bewegung gesetzten Sonderinteressen andere, ihrem Projekte günstige Kundgebungen hervorzurufen" ; sie ziehe aber vor, eine weitere Abklärung der Verhältnisse im Bödeli abzuwarten und beharre daher momentan nicht auf der Erledigung ihres Konzessionsbegehrens, indem sie sich vorbehalte, später auf dasselbe zurückzukommen.

Unterm 25. November 1894 reichten die Herren B ü r g i , L a n g , J. B e t s c h e n , Aug. F. D e n n l er und Ed. K r e b s in Interlaken, namens eines Initiativkomitees, das Konzessionsgesuch für eine elektrische Straßenbahn von I n t e r l a k e n (Westbahnhof) über M a t t e n nach G s t e i g - W i l d e r s w i l ein. Zur Begründung dieses Gesuches wurde angeführt, daß zwar die Verbindungen Interlakens mit der übrigen Welt in letzter Zeit bedeutend verbessert worden seien, so daß man diesen Ort von allen Seiten her bequem erreichen könne, daß aber die lokalen Verkehrsmittel noch unvollständig seien. Um diese zu verbessern, solle die projektierte Straßenbahn gebaut werden, welche dem Publikum mit ihren vielen Haltestellen bessere Dienste leisten werde, als eine Linie auf eigenem Bahnkörper mit wenigen Stationen. Auch würde durch Erstellung der Bahn der Besuch der Schynigen Platte, des schönsten zunächst Interlaken gelegenen Aussichtspunktes, sehr erleichtert, indem vom Hauptbahnhof nach Gsteig-Wilderswil der Umweg über die Oststation vermieden werde.

In einer zweiten Eingabe vom 17. Januar 1895 erklärten die Konzessionsbewerber, sie hätten sich davon überzeugen können, daß der Gemeinderat von Interlaken gegen das projektierte Trace keine Einwendung erhebe. Indessen erscheine es angemessen, das Projekt durch eine Zweiglinie vom Kursaal nach Matten oder vom Hotel du Nord nach Matten zu ergänzen. Die Konzessionsbewerber

789> seien damit einverstanden, eine dieser beiden, von der Gemeinde Interlaken zu bestimmende Zweiglinie ebenfalls, entweder gleichzeitig mit der Hauptlinie oder zu einer späteren Zeit, zu erstellen..

Ein drittes Konzessionsgesuch wurde unterm 18. Oktober 1898 von den Herren Chr. Zurschmiede, Sohn, zum Bären, J. A m m e r zur Pension Schönbühl, K. Balmer, Sohn, zum Hotel des Alpes, und J. Kaspar Boß zur Alpenrose, sämtlich in Wilderswil, gestellt, und zwar für eine Straßenbahn von Interlaken (West) nach Wilderswil. Diesen Bewerbern schlössen sich nachträglich noch die Herren N. S c h a f f l ü t z e l , Gemeindepräsident, und J. B a l m e r , Gemeinderat, beide in Matten, an, und es wurde mittelst Eingabe vom 20. Dezember 1898 das Projekt dahin präcisiert, daß die Straßenbahn vom Hotel National in Interlaken über Matten und Wilderswil-Bahnhof zum Hotel Bären in Wilderswil gebaut werden solle. Auch dieses Gesuch wurde mit der Zunahme des Fremdenverkehrs in Interlaken und namentlich mit dem Hinweis darauf begründet, daß Wilderswil die wohnende Bevölkerung wie die Touristen in die Umgebung Interlakens locke, und daß namentlich Fremde sich dort gerne aufhalten. So seien innert wenigen Jahren fünf neue größere Pensionen in Wilderswil entstanden. Das projektierte Verkehrsmittel solle diesem Zuge nach außen und der -ungehinderten Entwicklung der Fremdenindustrie Interlakens Vorschub leisten.

Da die Direktion der Berner Oberlandbahnen, wie schon bemerkt, einstweilen auf die Behandlung ihres Konzessionsgesuches verzichtet hatte, entstand zunächst nur die Frage, ob die Konzession dem Konsortium Bürgi oder den Herren Schafflützel und Mithafte erteilt werden solle. Da es sich in diesem Falle um eine Straßenbahn handelte, mußte vor allem abgewartet werden, welche.

Partei von den zuständigen Behörden die Bewilligung zur Benützung der Straßen erhalten würde. Dadurch fiel dann für die.

Bundesbehörden das Gesuch der ändern Partei ohne weiteres außer Betracht.

In seiner Vernehmlassung vom 16. Mai 1899 wies der Regierungsrat des Kantons Bern darauf hin, daß die Gemeinden Matten und Wilderswil durch Beschlüsse vom 7./8. November und 11. Dezember 1898 sich für das Projekt Schafflützel ausgesprochen hätten. Auch die Gemeinde Interlaken habe diesem Konzessionsgesuch grundsätzlich zugestimmt, unter Vorbehalt einiger Punkte, welche die Verbreiterung der Straße, die Stromzuführung etc. betrafen. Der Regierungsrat schließe sich in der Hauptsache dieser

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Kundgebung an und empfehle das Gesuch grundsätzlich zur Konzessionierung, in der Meinung, das Unternehmen liege im allgemeinen Interesse von Interlaken und Umgebung. Die Benützung der Staatsstraße werde prinzipiell zugestanden. Nach der Konzessionserteilung werde der Regierungsrat dann ein Pflichtenheft aufstellen. Sodann stelle er das Gesuch, in die Konzession eine Rückkaufsklausel zu gunsten des Kantons und der Gemeinden aufzunehmen, welche erlaube, die Bahn nach einer gewissen Zeit zu annehmbaren Bedingungen zu erwerben.

Ferner legte der Regierungsrat eine schriftliche Erklärung der Herren Bürgi und Mithafte vom 3. Mai 1899 vor, laut welcher dieselben zu gunsten des neuen Komitees von ihrer Bewerbung zurücktreten, unter der Bedingung, daß sich dieses mit dem Verfasser i h r e s Projektes, Herrn Ingenieur Brüstlein, abfinde.

Die Stellung, welche die Bundesbehörden einzunehmen haben, war nunmehr gegeben. Da gegen eine Bahnverbindung zwischen Interlaken uud Wilderswil über Matten prinzipiell von keiner Seite Einspruch erhoben wurde, ist die Konzession zu erteilen, und zwar an diejenigen Bewerber, welche im Besitze der Bewilligung zur Straßenbenützung sind, also die Herren Schafflützel und Konsorten.

Nur mußte diese Frage noch a b s c h l i e ß l i c h erledigt, und es mußte namentlich das vom Regierungsrat des Kantons Bern in Aussicht gestellte Pflichtenheft noch vereinbart werden, b e v o r das Eisenbahndepartement auf das Gesuch eintreten konnte.

Die beiden anderen Begehren müssen abgewiesen werden, und zwar dasjenige der Herren Bürgi und Mithafte deshalb, weil ihnen die Bewilligung zur Benützung der Straßen fehlt und dasjenige der Berner Oberlandbahnen aus dem Grunde, weil eine z w e i t e direkte Verbindung Interlakens mit Wilderswil keinem Bedürfnis entspräche und weil von den interessierten Gemeinden Einsprache gegen eine Verlegung der jetzigen Linie InterlakenWilderswil der Berner Oberlandbahnen erhoben wurde.

Zu den Vorlagen des zur Konzessionierung vorgeschlagenen Projektes übergehend, entnehmen wir dem technischen Berichte, daß die Bahn eine Länge von 3200 Metern erhalten solle. Die Anfangsstation (Interlaken) liege 570, der Bahnhof Wilderswil 587 und die Endstation 600 Meter über Meer, so daß also die Bahn eine Höhendifferenz von 30 Metern zu überwinden habe. Die Spurweite betrage
l Meter, die Maximalsteigung 40 %o und der Minimalradius 32 Meter. Die Stromzuführung geschehe oberirdisch in bekannter Weise und mit Benützung der Schienen zur Rückleitung des Stromes von den Wagenmotoren zur Dynamomaschine.

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Der Kostenvoranschlag enthält folgende Ansätze: 1. Kapitalbeschaffung, Verwaltung etc Fr. 8,500 2. Projektverfassung, Bauleitung etc ,, 4,500 3 . Grunderwerb, Straßenkorrektionen . . . . f l 25,000 4. Geleiseanlage ,, 96,000 5. Leitungen ,, 16,000 6. Vier Motorwagen 56,000 n "1. Ein Anhänge-Güterwagen ,, 1,000 8. Hochbauten ,, 16,000 9. Unvorhergesehenes und Verschiedenes . . . ,, 7,000 Total Die Einnahmen werden wie folgt veranschlagt: ·a. Von Anwohnern b. ,, Pensionären von "Wilderswil fl c. ,, Touristen von Interlaken ·d. ,, Gepäck und Gütern

Fr. 230,000 Fr. 12,000 9,000 ,, 20,000 ,, 5,000

Total Fr. 46,000 Die Betriebsausgaben sollen betragen : a. Für allgemeine Verwaltung o. ,, ßahnunterhalt c. ,, Fahrdienst d. ,, Betriebskraft e. ,, verschiedene Ausgaben f. ,, Reserve- und Erneuerungsfonds . . . .

Total

Fr.

,, ,, ,, ,, ,,

3,000 3,000 18,000 8,000 2,500 2,500

Fr. 37,000

Der Einnahmenüberschuß von Fr. 9000 würde genügen, um das Baukapital mit 4% zu verzinsen.

Die konferienziellen Verhandlungen fanden am 27. September abhin statt und führten zur allseitigen Annahme des nachstehenden Konzessionseutwurfes. Derselbe veranlaßt uns nur zu wenigen Bemerkungen.

Entsprechend dem ganz lokalen Charakter der Bahn, der ·demjenigen eines Tramways nahekommt, soll in Art. 12 der Güterwagenladungs- und der Viehverkehr ausgeschlossen werden.

In Art. 16 wird die Taxe für die Personenbeförderung auf 10 Rp. pro Kilometer angesetzt. Laut dem technischen Bericht

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gedenken die Konzessionsbewerber für die einheimische Bevölkerung u n t e r diesen Ansatz zu gehen; in welcher Form dies geschehen soll, braucht in der Konzession noch nicht entschieden zu werden, sondern wird anläßlich der Vorlage der Tarife untersucht und geprüft werden müssen.

Im letzten Alinea dieses Artikels ist die Minimaltaxe für Gepäck und Gütersendungen auf 25 Rp. angesetzt, da der übliche Ansatz von 40 Rp. in keinem Verhältnis zu der kurzen Betriebslänge (3,a Kilometer) stehen würde.

In Art. 25 ist von dem Rückkaufsrecht der Gemeinden die Rede; diese haben sich dasselbe in der im Art. 23 erwähnten Vereinbarung unter den ebenda aufgestellten Bedingungen gewahrt.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit.,, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. Oktober 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Riiigier.

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Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Interlaken über Matten nach Wilderswil.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Betriebsdirektors der Berner Oberl'andbahnen vom 27. Januar 1894; 2. einer Eingabe der Herren Bürgi, Lang, Betschen, Dennler und Krebs in Interlaken, vom 25. November 1894; 3. zweier Eingaben der Herren N. Schafflützel in Matten, und Mithafte, vom 18. Oktober und 20. Dezember 1898; 4. einer Botschaft des Bundesrates vom 3. Oktober 1899, beschließt: I. Den Herren N. S c h a f f l ü t z e l , Gemeindepräsident in Matten, J. B a l m e r , Gemeinderat in Matten, J. A m m e r , K. B a l m e r , J. K. Boß und C. Z u r s c h m i e d e in Wilderswil wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von I n t e r l a k e n (Hotel National) über M a t t e n nach W i l d e r s w i l unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

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Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Matten.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt ^worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Bern und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die

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Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personea, Gepäck und Stückgütern. Zum Güterwagenladungs- und Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens achtmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Sollte sie Änderungen nötig finden, so können diese erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe von 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahr die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden, sowie für die zum Transport angenommenen Güter kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 25 Rappen festgesetzt werden.

796 Art. 17. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 18. Die in Art. 16 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 19. Für die Einzelheiten des Transportdieustes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 20. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 21. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der ßundesrat eine angemessene. Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 22. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei

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einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. -23. Mit Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für den Bau und Betrieb der Bahn gelten die Bestimmungen der zwischen der Baudirektion des Kantons Bern und den Gemeinderäten von Matten und Wilderswil einerseits und den Konzessionsbewerbern anderseits getroffenen Vereinbarung mit Pflichtenheft vom 6. September 1899, soweit diese Bestimmungen mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen.

Art. 24. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Bern, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf l. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht' ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem Ì. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Ruckkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

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d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 25. Haben der Kanton Bern oder die Gemeinden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 24 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton oder die Gemeinden haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Auf die Konzessionsgesuche der Berner Oberland bahnen, vom 27. Januar 1894, für eine Bahn von Wilderswil-Gsteig nach Interlaken-Bahnhof und der Herren Bürgi und Mithafte, vom 25. November 1894, für eine elektrische Straßenbahn von Interlaken (Westbahnhof) über Matten nach Gsteig-Wilderswil wird nicht eingetreten.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Interlaken über Matten nach Wilderswil. (Vom 3. Oktober 1899.)

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1899

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04.10.1899

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787-798

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