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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Karl Albert Koppel von BielBenken, Kanton Baselland, Bahnarbeiter in Wynau.

(Vom 12. Mai 1899.)

Tit.

Der Regierungsrat des Kantons Bern teilt uns durch Schreiben vom 1. März a. c. mit, daß Karl Albert Koppel von Biel-Benken, Kanton Baselland, Bahnarbeiter in Wynau, geboren 1859, am 21. Dezember 1898 von der bernischen Polizeikammer wegen Diebstahls zu 75 Tagen Einzelhaft verurteilt worden sei.

Derselbe Roppel sei durch das nämliche Urteil der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreffend die Fischerei, vom 21. Dezember 1888, begangen in den Jahren 1896--1898 dadurch, daß er sich unter fünf Malen zum Fischfang explodierender Mittel (Dynamit) bediente, sowie der Widerhandlung gegen das kantonale Fischereigesetz vom 21. August 1898 während des Morgengottesdienstes in der Aare fischte, schuldig befunden und deswegen zu einer Geldbuße von Fr. 510 verurteilt worden. Nach Lage der Akten belaufe sich die in Anwendung des kantonalen Fischereigesetzes ausgesprochene Bußenquote auf Fr. 10.

In betreff der auf die Übertretung des eidgenössischen Fischereigesetzes entfallende Buße von Fr. 500 habe Roppel dem Regierungsrat das vorliegende, sowohl vom Gerichtspräsidenten als vom Regierungsstatthalter von Aarwangen empfohlene Begnadigungsgesuch zu Händen der Bundesversammlung eingereicht.

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Der Regierungsrat begleitet dieses Gesuch, nebst den bezüglichen Strafakten zur Behandlung ein, ohne sich über dasselbe auszusprechen.

Das Begnadigungsgesuch des Roppel, laut Eingabe vom 24. Februar 1899, lautet: ,,Es möchte ihm die, gemäß dem in demselben citierten Urteil auferlegte Geldbuße von Fr. 500, soweit irgendwie möglich, reduziert und erlassen werden.11 Das Verbot in Art. 5, Ziff. l, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei, vom 21. Dezember 1888, wegen dessen fünfmaliger Übertretung Roppel gebüßt wurde, lautet: ,,Es ist beim Fischfang verboten : 1. die Anwendung betäubender, explodierender oder sonstiger schädlicher Stoffe (insbesondere giftiger Köder, Sprengpatronen und dergl.).a Art. 31, Ziff. 3 genannten Gesetzes setzt für Übertretung dieses Verbots eine Buße von Fr. 100--1000 fest.

Da das korrektioneile Gericht von Aarwangen den Roppel wegen des fünfmaligen verbotenen Fischens mit Dynamit in eine Buße von Fr. 500 verfällt, so hat dasselbe das Minimum obigen Bußansatzes angenommen. Die bernische Polizeikammer hat unterm 21. Dezember 1898 als Rekursbehörde obiges Urteil genehmigt.

Das Begnadigungsgesuch wird in der Eingabe an den bernischen Regierungsrat vom 18. Februar 1899 wie folgt zu begründen gesucht: Roppel sitze wegen üiebstahls für 75 Tage in Einzelhaft.

Er sei verheiratet, Vater von 4 unmündigen Kindern, und dessen Frau sei erst kürzlich ins Wochenbett gekommen. Er besitze nur ein tief verschuldetes Häuschen und sei ein armer -Taglöhner.

Seitdem Roppel sich in Strafhaft befinde, fehle seiner Familie der nötige Unterhalt, und bereits habe die heimatliche Armenbehörde Roppels um Unterstützung angegangen werden müssen.

Da von Bezahlung der Fr. 500 Buße, in welche er wegen Fischereifrevel verfällt worden sei, nicht die Rede sein könne, so müsse er dieselbe während 100 Tagen bei Wasser und Brot absitzen, worunter Roppel gesundheitlich schwer zu leiden haben werde und die Familie ihres Ernährers beraubt sei.

Er habe weder die Tragweite seiner Handlungsweise, als er mit Dynamit gefischt, noch die hohe Buße gekannt, welche für fragliche Übertretung des Fischereigesetzes festgesetzt ist.

Bundesblätt. 51. Jahrg. Bd. III.

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Der Gerichtspräsident in Aarwaagen bestätigt obige Angaben über die ökonomischen Verhältnisse Roppels und empfiehlt das Bußnachlaßgesuch zur Berücksichtigung. Dieser Empfehlung schließt sich der Regierungsstatthalter in Langenthal an.

Wir setzen in die Richtigkeit der Angaben über die tinanziellen und Familienverhältnisse Roppels keine Zweifel, dagegen war demselben unzweifelhaft das Verbot der Verwendung von Dynamit bekannt und ebenso die große Schädigung, die dadurch dem Fischbestand zugefügt wird.

Die Familie des Roppel wird durch dessen Bußabsitzung allerdings in Not kommen, aber die Heimatgemeinde ist verpflichtet, dieselbe zu unterstützen.

Wird Roppel, der sich ohnedies auch noch des Diebstahls schuldig gemacht hat, völlig begnadigt, so werden eine Menge derartiger Gesuche an die eidgenössischen Räte nachfolgen.

Wir hatten im Interesse des Verurteilten bei der bernischen Regierung die Anfrage gestellt, ob es nicht möglich wäre, die in Gefängnis umgewandelte Strafe für Übertretung des Fischereigesetzes und die für Diebstahl ausgesprochene Strafe, welche Roppel bereits verbüßt hat, in eine einzige Strafe zu kumulieren. Die Regierung von Bern hat uns aber geantwortet, das bernische Strafgesetzbuch gestatte eine solche Interpretation nicht.

In Berücksichtigung der völligen Mittellosigkeit der Familie Roppel und in Erwägung, daß die Buße sich accumuliert hat und die Familie infolgedessen in noch bedrängtere Verhältnisse gerät, beantragen wir Begnadigung in dem Sinne, daß Roppel die Hälfte der Buße erlassen, das heißt, dieselbe von Fr. 500 auf Fr. 250 herabgesetzt wird.

Bern', den 12. Mai 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Müller.

Der I. Vizekanzler : Schutzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Karl Albert Koppel von Biel-Benken, Kanton Baselland, Bahnarbeiter in Wynau. (Vom 12. Mai 1899.)

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17.05.1899

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