#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

51. Jahrgang. IV.

Nr. 34.

# S T #

23. August 1899.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Partialrevision der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz, vom 23. Oktober 1898.

(Vom 22. August 1899.)

Tit.

I.

Der Regierungsrat des Kantons Schwyz übermittelt mit Schreiben vom 29. November 1898 dem Bundesrate die am 23. Oktober 1898 vom Volke des Kantons Schwyz angenommenen Abänderungen an der kantonalen Verfassung vom 11. Juni 1876, mit dem Gesuche, gemäß Art. 6 und 85 B.-V. diese abgeänderten Verfassungsbestimmungen der h. Bundesversammlung beförderlich zur Genehmigung unterbreiten zu wollen.

In authentischer schriftlicher Ausfertigung legen Landammann und Regierungsrat des Kantons Schwyz zu diesem Zwecke die Verfassung vom 11. Juni 1876 mit den daran vorgenommenen Abänderungen vom 23. Oktober 1898 ein und beurkunden, daß die neuen Verfassungsbestimmungen, nachdem die bezügliche Volksabstimmung durch regierungsrätliches Dekret auf den 23. Oktober 1898 angesetzt und die Vorlage gemäß § 66 der Verfassung 14 Tage vor der Abstimmung an alle Stimmberechtigten des Kantons ausgeteilt worden ist, vom Volke des Kantons Schwyz mit 6440 ögegen 632 Stimmen angenommen worden sind, (regen o O O die Abstimmungsverhandlungen sind innert der gesetzlichen Frist keine Beschwerden eingegangen.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

35

484

Wir erlauben uns, Ihnen, Tit., die wesentlichen Änderungen in Kürze vor Augen zu führen, mit der Beifügung, daß an der 76er Verfassung, laut Aufschrift der authentischen Urkunde, bereits Abänderungen vorgenommen worden sind am 23. September 1877, 10. Januar und 27. November 1884 und am 4. Oktober 1891 (vgl. v. Salis, Bundesrecht I, S. 160 ff.).

Die Verfassung behält die alte Einteilung in bloß vier Titel, mit den Übergangsbestimmungen als Anhang, bei.

I. Titel.

Allgemeine Bestimmungen.

S 2. Dessen bisheriger Wortlaut: ,,Die christlich-römisch-katholische Religion ist diejenige der großen Mehrheit des schwyzerischen Volkes. Es ist auch jedes andere Religionsbekenntnis, die Unverletzlichkeit der Glaubensund Gewissensfreiheit und die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung nach dem eidgenössischen Grundgesetze gewährleistet. "·'· wird wie folgt ersetzt: ,,Die römisch-katholische Kirche, sowie die freie und uneingeschränkte Ausübung ihres Glaubensbekenntnisses und Gottesdienstes sind gewährleistet. Die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen innert den Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung ist auch allen ändern Konfessionen und Religionsgenossenschaften gewährleistet.10 § 14. Der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit, sowie der freien Niederlassung wird beigefügt : ,,Die Gesetzgebung trifft innert den Grenzen der B.-V. diejenigen Einschränkungen, welche das allgemeine Wohl erfordert, insbesondere mit Rücksicht auf den Hausierhandel, den unreellen Geschäftsverkehr und das staatliche Submissionswesen.u § 18. Die Verbindlichkeit (Amtszwang), eine durch unmittelbare Volkswahl übertragene Beamtung auf eine Amtsdauer anzunehmen, bei Androhung einer Geldbuße von im Maximum Fr. 300, besteht nicht mehr für Annahme der Wahl in den Kantonsrat und den Regierungsrat.

485

§ 20. Der Wortlaut: ,,Die bestehenden Klöster genießen den Schutz des Staates.

Ausländer bedürfen zur Aufaahme in die Klöster der Bewilligung des Kantonsrates, welcher auch den allfällig hierfür zu entrichtenden Beitrag an den Staat bestimmt. Gegen Schweizer findet das Gegenrecht statt."

wird ersetzt durch den folgenden : .,,Die bestehenden Klöster sind gewährleistet und genießen den Schutz des Staates. Sie unterliegen als Korporationen dem allgemeinen Steuergesetze, bezahlen aber ihre Steuern am Orte ihrer Niederlassung und da, wo sie Vermögen besitzen.a G e s t r i c h e n werden dagegen die folgenden bisherigen auf die Klöster bezüglichen Bestimmungen : ,,Die Klöster stehen unter der Aufsicht des Staates. Das nähere Verhältnis derselben zum Kanton, zum Bezirk und zur Gemeinde, in denen sie sich befinden, sowie die Art, wie der Staat seine Aufsicht über sie übt, wird vom Gesetz bestimmt.11 (§ 21.)

.,,Den Klöstern ist der Ankauf und Verkauf, die Erpachtung und der Erwerb von Liegenschaften, unter was immer für einem Titel, ohne Bewilligung des Kantonsrates untersagt." (§ 22.)

,,In Handel und Gewerbe sind die Klöster auf die Erzeugnisse ihrer Güter und auf den damit verbundenen Viehstand beschränkt."

(§ 23.)

,,Die Klöster sind am Orte ihrer Niederlassung und da, wo sie Vermögen besitzen, wie jeder andere Bürger zu allen Steuern verpflichtet, und auch zu den bisherigen Beiträgen für die Bestreitung der staatlichen Bedürfnisse und den Unterhalt öffentlicher Anstalten verbunden.'1

II. Titel.

Gebietseinteilung.

Die Einteilung des Kantons in sechs Bezirke wird beibehalten (§§ 22 und 23 neu, 26 und 27 alte Verfassung), dagegen ges t r i c h e n § 28 der alten Verfassung, lautend: ,,Der Kanton ist ferner in vierzehn Kreise eingeteilt, nämlich : 1. Schwyz, bestehend aus den Gemeinden Schwyz, Oberiberg und Alpthal; 2. Arth, bestehend aus den Gemeinden Arth, Lauerz und Steinerberg ;

486

3. Steinen, bestehend aus den Gemeinden Steinen, Sattel und Rothenthurm ; 4. Ingenbohl, bestehend aus den Gemeinden Ingenbohl, Morschach und Riemenstalden ; 5. Muotathal, bestehend aus den Gemeinden Muotathal und Illgau ; 6. Unteriberg, bestehend aus der Gemeinde Unteriberg; 7. Gersau, bestehend aus der Gemeinde Gersau; 8. Lachen, bestehend aus den Gemeinden Lachen, Altendorf und Galgenen ; 9. Schübelbach bestehend aus den Gemeinden Schübelbach Wangen, Tuggen und Reichenburg; 10. Wägithal bestehend aus den Gemeinden Vorder- und Innerwägithal ; 11. Einsiedeln, bestehend aus der Gemeinde Einsiedeln ; 12. Küßnacht, bestehend aus der Gemeinde Küßnacht; .

13. Wollerau, bestehend aus den vier ehevorigen Vierteln: Wylen, Berg, Erlen und Wollerau; 14. Pfäffikon, bestehend aus den Ortschaften Pfäffikon, Freienbach, Vorderberg, Schwändi, Thal und Hürden.

Die Abstimmungen für die Kreise finden in den Kirchgemeinden, resp. am Wohnorte statt, und zwar in geheimer Abstimmung mit Stimmkarten."

III. Titel.

Derselbe regelte bishin in den §§ 29--108 die Organisation sämtlicher Staatsbehörden. Es wird demselben neu beigefügt: A. Abgeordnete in die schweizerische Bundesversammlung.

§ 24. ,,Die Wahlen in den Nationalrat finden nach Maßgabe der diesbezüglichen eidgenössischen Bestimmungen in den Gemeinden statt. Die zwei schwyzerischen Abgeordneten in den Ständerat werden in geheimer Abstimmung in den Gemeinden gleichzeitig und auf gleiche Amtsdauer wie die Mitglieder des Nationalrates frei aus den stimmfähigen Bürgern gewählt.a B. Staatsbehörden.

I. Kantonsbehörden.

Die Wahl des Kantonsrates wurde in der 1876er Verfassung folgendermaßen geregelt: ,,§ 30. Die Mitglieder des Kantonsrates

487

werden in den K r e i s e n nach dem Verhältnis der Zahl der Wohnbevölkerung gewählt, und zwar je ein Mitglied auf 600 Seelen und einen letzten Bruchteil von mehr als 200 Seelen. In der Wohnbevölkerung sind die am Zählungstage vorübergehend Abwesenden mitbegriffen, wogegen die bloß Durchreisenden in Abzug fallen. Als Grundlage gilt jeweilen das Ergebnis der periodisch stattfindenden eidgenössischen Volkszählungen."

Die neue Verfassung dagegen bestimmt in § 26 : ,,Der Kantonsrat wird in g e h e i m e r A b s t i m m u n g in den G e m e i n d e n nach dem Verhältnis der Wohnbevölkerung gewählt. Die Wohnbevölkerung bestimmt sich jeweilen nach der amtlich publizierten letzten eidgenössischen Volkszählung.

,,Jede Gemeinde bildet einen Wahlkreis für sich und hat auf je 600 Einwohner einen Abgeordneten zu wählen, wobei ein Bruchteil über 300 zu einem fernem Mitgliede berechtigt. Jede Gemeinde hat wenigstens ein Mitglied zu wählen. In denjenigen Gemeinden, in welchen drei oder mehr Kantonsräte zu wählen sind, erfolgen die Wahlen nach dem Proportionalsystem. Ein Gesetz wird die nähern Bestimmungen hierfür aufstellen."· Die Amtsdauer der Kantonsräte war bishiu eine vierjährige, je zu zwei Jahren trat die Hälfte derselben aus, unter Wiederwählbarkeit der Austretenden.

Jetzt bestimmt § 27 : ,,Der Kantonsrat unterliegt alle vier Jahre der Gesamterneuerung. Die Austretenden sind wieder wählbar. Während der Arntsdauer notwendig werdende Ersatzwahlen werden vom Regierungsrate angeordnet. Der Ersatz von Mitgliedern aus denjenigen Gemeinden, welche nach dem Proportionalsystem wählen, erfolgt gemäß den Bestimmungen über dieses proportionale Wahlverfahren. a Gestrichen wurde die Bestimmung des alten § 34 : ,,Ausschließlich vom Kantonsrat gehen aus : polizeiliche Dekrete mit Strafbestimmungen, Réglemente und Geschäftsordnungen für die Behörden, die Verordnungen über das Schul- und Militärwesen und über das Verfahren im Verwaltungs-, Civil- und Strafprozeß.a § 31 unterstellt der Volksabstimmung ,,alle vom Kantonsrat ratifizierten Verträge mit ändern Staaten"1, unter Weglassung der frühern Beschränkung : ,,welche in der kantonalen Befugnis liegen und nicht durch die eidgenössische Gesetzgebung gefordert sinda.

Zur Behandlung von Kassationsfragen wählte nach § 42 alte Verfassung der Kantonsrat aus seiner Mitte fünf Mitglieder, welche vom Regierungsrate bei solchen Verhandlungen beizuziehen waren.

48b

Nach § 36 ô neue Verfassung bilden nun diese fünf aus der Mitte des Kantonsrates gewählten Mitglieder in Verbindung mit dem Regierungsrat die Kassationsbehörde.

Die Wahlkompetenzen des Kantonsrates erleiden iolgende Änderungen : Wegfall der Ständeratswahi. Wegfall der Regierungsratswahl. Nur Landammann und Statthalter der aus sieben vom Volke gewählten Mitgliedern bestehenden Regierung werden vom Kantonsrate gewählt. Der Erziehungsrat soll frei aus der Bürgerschaft gewählt werden, nicht bloß aus dem Karitonsrate.

Nicht mehr dem Kantonsrate zugeteilt sind die Wahlen von : Gesetzgebungskommission von sieben Mitgliedern, Zuchthausinspektor, Zeugherr, Militärkommission.

Neu wählt der Kantonsrat: aus seiner Mitte die Prüfungskommission für die Geschäftsführung und Rechnung der Kantonalbank; frei aus allen Bürgern die Mitglieder des Bankrafces und der Bankkommission.

Ebenfalls neu ist die Bestimmung, daß bei Wahl der Mitglieder der Kassationsbehörde, der Kantonalbankprüfungskomaiission, des Erziehungsrates, des Bankrates und der Bankkommission und der Mitglieder und Ersatzmänner des Kriminalgerichtes, dessen Präsidenten, des Kantonsverhöramts, des Staatsanwalts und dessen Stellvertreters ,,auf Vertretung der Minderheit Rücksicht zu nehmen ista.

Die Amtsdauer verbleibt die vierjährige, nur Landammann und Statthalter sind alle zwei Jahre neu zu wählen und in dieser Eigenschaft für die nächste Amtsdaucr nicht wieder wählbar. Allo Beamten sind wieder wählbar.

Der Oberaufsicht des Kantonsrates wird nun auch die Kantonalbank unterstellt. Er nimmt jährlich vom Bankrat dio Rechnung und den Geschäftsbericht der Kantonalbank entgegen. Die Mitglieder des Bankrates haben bei den daherigen Verhandlungen nur beratende Stimme.

Über die Wahl des vom Kantonsrate aus seiner Mitte sewählten Regierungsrates bestimmte bishin § 54 : ,,Der Regierungsrat ist die oberste Vollziehung«- und Verwaltungsbehörde des Kantons.

,,Die Amtsdauer der Regierungsräte ist auf vier Jahre festgesetzt. Landammann und Statthalter werden auf zwei Jahre gewählt und sind in dieser Eigenschaft für die nächste Amtsdauer nicht wieder wählbar.

,,Zur Wahl in den Regierungsrat ist das Alter von erfüllten 25 Jahren erforderlich.

O

O

489 .,,Kein Mitglied des Regierungsrates darf zugleich Mitglied eines Gerichtes oder eines Bezirks- oder Gemeinderates, Inbegriffen dessen Kommissionen, sein."

Unter wörtlicher Beibehaltung des ersten Alineas statuiert nun § 46 : ,,Er besteht aus sieben Mitgliedern und wird in geheimer Abstimmung in den Gemeindeversammlungen frei aus den Stimmberechtigten des Kantons gewählt. Sämtliche Gemeinden bilden für die Regierungsratswahlen einen einzigen Wahlkreis.

,,Alle vier Jahre findet die Gesamterneuerung statt. Die Austretenden sind wieder wählbar.

,,Notwendig werdende Ersatzwahlen werden vom Regierungsrate angeordnet.

,,Zur Wahl in den Regierungsrat ist das Alter von erfüllten 25 Jahren erforderlich.

,,Kein Mitglied des Regierungsrates darf zugleich Mitglied eines Gerichtes oder Bezirks- oder Gemeinderates sein.

,,Diejenigen Mitglieder des Regierungsrates, welche nicht zugleich dem Kantonsrat angehören, haben in demselben beratende Stimme und das Recht der Antragstellung."1 Den Mitgliedern und Ersatzmännern des Kantonsgerichtos wird neu untersagt die Annahme des Amtes eines Betreibungsoder Konkursbeamten. In prozeßrechtlicher Beziehung wird in die Verfassung eingefügt : ,,In Civilrechtsfällen, welche an das Bundesgericht gezogen werden können, steht es den Parteien frei, auf die Unterinstanz des Bezirksgerichtes zu verzichten. In diesem Falle urteilt das Kantonsgericht als erste und letzte kantonale Instanz."· (§ 64, Alinea 5.)

u. Bezirksbehörden.

·Von der Stimmfähigkeit an der Bezirksgemeinde werden iu der neuen Verfassung noch ausgeschlossen: § 70, litt, g, außerhalb des Kantons wohnhafte Kantonsbürger, die in die Heimatgemeinde zurückkehren, solange sie nicht daselbst behufs dauernder Wohnsitznahme ihre Heimatschriften zurückgegeben oder totgerufen haben.

Litt. h. Diejenigen, welche mit der Bezahlung der direkten Steuern mehr als vier Monate nach Ablauf des Zahlungstermins im Rückstande sind und auf erfolgte schriftliche Mahnung innert 30 Tagen ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen.

Alle zwei Jahre tritt je eine Hälfte des auf vier Jahre gewählten Bezirksrates aus.

490 III. Gemeindebehörden.

a. G e m e i n d e v e r s a m m l u n g (Kirchgemeinde).

Dieser Abschnitt hat die eingreifendsten Abänderungen erfahren. Wir stellen die diesbezüglichen Bestimmungen einander gegenüber : Verfassung 1876.

Verfassung 1898.

§ 98.

Jede politische Gemeinde hat eine Kirchgemeinde, die aus allen Stimmfähigen, welche das 18. Altersjahr erfüllt haben, besteht.

Bezüglich des Ausschlusses von dem politischen Stimmrecht an den KirchgemeiHden gelten in analoger Weise die Bestimmungen des § 78 (über die Bezirksgemeinden).

§ 90.

Für die Gemeinden, welche aus mehreren Ortschaften oder Filialen bestehen, ist für die Kirchgemeinden als Versammlungs- und Abstimmungsort der Hauptort vorgeschrieben.

Eine Ausnahme bilden die Kreise Wollerau und Pfäffikon, welchen in den getrennten Gemeinden eine entsprechende Urnenaufstellung gestattet ist.

Alle stimmfähigen Einwohner einer Gemeinde, welche das 18. Altersjahr erfüllt haben, bilden die Gemeindeversammlung.

Bezüglich des Ausschlusses vom Stimmrecht an der Gemeindeversammlung gelten in analoger Weise die Bestimmungen des § 70. An derselben bethätigen die Stimmfähigen ihr Stimmrecht entweder durch offenes Handmehr oder durch geheime Abstimmung mit Stimmkarten.

Für die Gemeinden, welche aus mehreren Ortschafton oder Filialen bestehen, ist als Gemeindeversammlungs- und Abstimmungsort der Hauptort vorgeschrieben.

Es bleibt den Gemeinden freigestellt, für die ihnen zustehenden Wahlen das Urnensystem einzuführen. Die Beschlußfassung hierüber hat durch geheime Abstimmung zu erfolgen und bleibt so lange in Kraft, als durch geheime Abstimmung mit Mehrheit der Stimmenden nicht das Gegenteil beschlossen wird. Eine solche Abstimmung hat zu erfolgen, wenn ein Fünftel der Stimm-

491

Außerdem dürfen bei geheimen Abstimmungen in den einsiedelnschen Vierteln Euthal, Groß, Willerzell, Egg, Trachslau und Benau besondere Urnen aufgestellt werden. Die Öffnung derselben und die Ausmittelung des Abstimmungsergebnisses haben jedoch in allen Fällen auf dem Hauptbureau und in Einsiedeln zu erfolgen.

fähigen schriftlich beim Regierungsrat ein daheriges Begehren stellt. Die geheimen Abstimmungen finden in analoger Weise wie für die Kantonsratswahlen statt. Die diesfalls nötigen weitern Anordnungen erfolgen durch den Regierungsrat.

Bei geheimen Abstimmungen dürfen in den einsiedelnschen Vierteln Euthal, Groß, Willerzell, Egg, Trachslau und Benau besondere Urnen aufgestellt werden. Die Öffnung derselben und die Ausmittelung des Abstimmungsergebnisses haben jedoch in allen Fällen auf dem Hauptbureau in Einsiedeln zu erfolgen.

Auf dem Gesetzeswege kann auch in ändern Gemeinden oder Bezirken, wo ein Bedürfnis sich zeigt, die Aufstellung fernerer Urnen eingeführt werden.

§ 99.

§ 91.

Die stimmfähigen Einwohner der Kirchgemeinden bethätigen ihr verfassungsmäßiges Stimmrecht in folgenden Fällen: a. bei den eidg. Wahlen und Abstimmungen ; b. bei den Wahlen in den Kantonsrat und über die verfassungsmäßigen Vorlagen dieser Behörde ; c. bei den Wahlen derjenigen Geistlichen, deren Anstellung der Gemeinde zukommt;

Die stimmfähigen Einwohner der Gemeinde bethätigen ihr verfassungsmäßiges Stimmrecht in folgenden Fällen : a. bei den Wahlen in den Ständerat ; 6. bei den eidg. Wahlen und Abstimmungen, wobei für die Stimmfähigkeit die eidg. Vorschriften maßgebend sind; c. bei den Wahlen in den Kantons- und Regierungsrat und bei den Abstimmungen über alle Vorlagen, welche gemäß Verfassung dem Volke zu unterbreiten sind ;

492 d. sic erkennen über die Genehmigung der Rechnungen · aller Gemeindebehörden, Beamten und Angestellten auf den Berieht einer alljährlich zum voraus aufgestellten Rechnungskommission ; e. sie verhandeln über die Bewilligung von Gemeindesteuern und die Genehmigung des jährlichen Voranschlages ; f. sie ernennen den Gemeinderat, denGemeindepräsidenten, Säckelmeister und Gemeindeschreiber, die Verwalter der Kirchen-, Pfrund- und Gemeindegüter, den Vermittler und dessen Stellvertreter und die ändern für die Gemeinden erforderlichen Angestellten ; ff. sie erteilen das Gemeindebürgerrecht nach den Bestimmungen eines hierfür zu erlassenden Gesetzes.

d. sie erkennen über die Genehmigung der Rechnungen aller Gemeindebehörden, Beamten und Angestellten auf den Bericht einer alljährlich zum voraus aufgestellten Rechnungskommission ; e. sie verhandeln über die Bewilligung von Gemeindesteuern und die Genehmigung des jährlichen Voranschlages ; f. sie ernennen den Gerneinderat, denGomeindepräsidenten, Säckelmeister, Gemeindeschreiber, die Verwalter der Gemeindegüter, den Vermittler und dessen Stellvertreter und die ändern für die Gemeinden erforderlichen Angestellten ; g. sie erteilen das Gemeindebürgerrecht nach den Bestimmungen eines hierfür zu erlassenden Gesetzes; h. sie fassen Beschluß über die Anlage neuer und die Abänderung bestehender Straßen.

Feststehende Wahltage sind alle vier Jahre : der letzte Sonntag im April zur Neuwahl des Kantons- und Regierungsrates und alle drei Jahre der letzte Sonntag des Oktobers zur Wahl der schwyzerischcn Mitglieder des National- und Ständerates.

Feststehende Wahltage sind alle zwei Jahre der letzte Sonntag irn April zur Abgabe der Stimmen für die kreiseweisen Erneuerungswahlen in den Kantonsrat und alle drei Jahre der letzte Sonntag des Oktobers zur Wahl der schwyzerischen Mitglieder in den Nationalrat.

Außerdem tritt die KirchgeAußerdem tritt die Gemeindemeinde zusammen, so oft der versammlung zusammen, so oft Gemeinderat es für nötig findet, der Gemeinderat es für nötig wie für die Ablegung der Jahres- findet, wie für die Ablegung der rechnung; ferner so oft die Ab- Ì Jahresrechnung. Ferner so oft

493 Stimmung über eidgenössische und die Abstimmung über eidgenöskantonale Gesetze und Wahlen sische und kantonale Gesetze und oder andere Vorlagen des Kan- Wahlen oder andere Vorlagen des tonsrates es erfordern ; endlich Kantonsrates es erfordern; endso oft ein Fünftel der Stimm- lich so oft ein Fünftel der Stimmfähigen unter Angabe des Grundes fähigen unter Angabe des Grundes vom Gemeinderate die Einbe- von dem Gemeinderate die Einberufung verlangt.

rufung verlangt.

(Neu.) Die römisch-katholischen stimmfähigen Einwohner einer Gemeinde wählen nebstdem die Verwalter derjenigen kirchlichen Güter und Stiftungen, deren Verwaltung bisher von der Gemeinde ausgeübt wurde. Sie bethätigen das Wahlrecht (Präsentationsrecht) für diejenigen geistlichen Pfründen, für welche es ihnen nach bisheriger Übung zukommt. Ohne Genehmigung der kirchlichen Oberbehövden dürfen kirchliche Güter und Stiftungen nicht veräußert oder geschmälert, noch zweckwidrig verwendet und keine neuen kirchlichen Stiftungen | mit Verpflichtungen angenommen werden.

Neu aufgenommen wurde sodann folgender § 92 : ,,Da, wo ein Bedürfnis sich geltend macht, können von den politischen Gemeinden getrennte, öffentlich - rechtliche, römisch - katholische Kirchgemeinden (Pfarr- oder Filialgemeinden) mit eigenen Behörden und mit dem Rechte der Steuererhebung von den daherigen Kirchgenossen gebildet werden. Die Genehmigung zur Bildung solcher selbständiger Kirchgemeinden und deren Statuten und Organisation unterliegt dem Kantonsrate. Dieselbe ist zu erteilen, wenn das Einverständnis der zuständigen kirchlichen Organe nachgewiesen und für eine sichere finanzielle Grundlage Gewähr geleistet wird. a Nach §§ 93 und 94 bleibt die Wahl der Lehrer den bisherigen Wahlbehörden überlassen. Die Gemeindepräsidenten, Säckelmeister, Kirchen-, Pfrund- und ähnliche Verwalter werden auf zwei Jahre, die Gemeinderäte, der Vermittler und dessen Stell Vertreter und der Gemeindeschreiber auf vier Jahre gewählt.

494

§ 102 bestimmte sodann bisher: ,,In denjenigen Bezirken, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind, übt die Bezirksgemeinde die Befugnisse der Kirchgemeinde aus.a Dagegen lautet der neue § 95 : ^In denjenigen Bezirken, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind, gelten die obigen Bestimmungen in analoger Weise für die Bezirksgemeindeversammlung.a b. G e m e i n d e r a t.

Der Zuständigkeit desselben wird neu zugewiesen : Die Anweisung der durch die eidgenössische Militärorganisation geforderten Schießplätze, innerhalb des von der Gemeindeversammlung hierfür bewilligten Kredites, nötigenfalls auf dem Wege der Expropriation (§ 97, t), Zusatz); ferner -- anstatt der Wahl der ,,Pfandschätzera -- die Wahl des Betreibungsbeamten und seines Stellvertreters, sofern die Gemeinde einen eigenen Betreibungskreis bildet, und endlich die Wahl aller übrigen Beamten und Angestellten, gemäß den bezüglichen Gesetzesvorschriften.

Neu ist ferner die Bestimmung des § 97, litt, m: flln denjenigen Gemeinden, in welchen die in § 92 vorgesehene Trennung der politischen von der kirchlichen Gemeinde besteht, haben die gemäß § 91, letzter Absatz, gewählten Verwalter der kirchlichen Güter und Stiftungen jährlich dem Gemeinderate Rechnung abzulegen. Diese Rechnungen sind als eigener Abschnitt der Gemeinderechnung beizufügen. Bei Prüfung dieser Rechnungen, wie überhaupt bei Behandlung kirchlicher Fragen, sind nur Konfessionsangehörige stimmberechtigt und ist das betreffende Pfarramt, als Vertreter der Kirche, beizuziehen.a

IV. Titel.

Revision der Verfassung.

Gemäß § 104 wird bei Totalrevisionen infolge Volksinitiative der Verfassungsrat, der bisher in den Kirchgemeinden von den Wahlkreisen nach dem Verhältnis der Bevölkerung zu wählen war, nach dem gleichen Wahlverfahren und in gleicher Weise, wie der Kantonsrat, in den Gemeinden gewählt.

Übergangsbestimmungen.

Gemäß § 2 derselben treten die Militär- und die Gesetzgebungskommission mit Annahme der Partialverfassung außer Funk-

495

tion. Bis zum Inkrafttreten des in § 30 vorgesehenen Gesetzes über das proportionale Wahlverfahren ist dieses durch eine letztinstanzlich vom Kantonsrate zu erlassende Wahlverordnung zu regeln.

II.

A. Schon am 21. November 1898 war seitens des Kaspar Krieg und 29 weiterer Stimmberechtigter aus Lachen und Altendorf, betitelt ,,Verein fortschrittlich gesinnter Urschweizera, beim Bundesrate eine B e s c h w e r d e gegen die bundesrechtliche Zulässigkeit dieser Partialrevision vom 23. Oktober 1898 eingelangt.

Die Beschwerdeführer stellen das Gesuch: Es sei dem Verfassiingswerke die eidgenössische Garantie zu versagen, soweit die §§ 13, 20, 26, 46, 91, Absatz 4, 92 und 97, litt, m, in Frage kommen.

Die Einsprache wird in der Hauptsache folgendermaßen b e g r ü n d e t : Die §§ 13, 20 und 91, Absatz 4, betreffen die Garantie der Klöster.

Die jetzige Revision geht weit hinter früheres Recht zurück.

Die Landsgerneinde von Schwyz beschloß 1294, es solle und dürfe niemand, bei Buße und Verfall der Güter an die Erben oder das Land, Liegenschaften an ein Kloster verkaufen. Die Klöster müssen Steuer und Gevverfe tragen wie die ändern Landleute, oder Feld, Wasser, Holz, Wunn und Weide meiden (Blumer, Rechtsgeschichte, I, Seite 135). Ein ähnliches Verbot haben die Luzerner 1413 erlassen. Jetzt giebt man vor, die Rechtsentwicklung fordere, daß man die Klöster den ändern Korporationen gleichstelle. Man entlastet sie einerseits von der staatlichen Aufsicht und verschreibt sie anderseits ganz den geistlichen Oberbehörden. Man nennt sie bloße Vereine und garantiert ihnen, was sonst keinem Verein, das Recht, die Art und Weise der Benützung ihrer Güter selbst zu bestimmen (§ 20 und § 13). Sie aber stehen unter der diskretionären Gewalt der geistlichen Oberbehörden (§ 19, Schlußsatz), also in letzter Instanz unter derjenigen des auswärtigen Papstes.

So erhielt z. B. das Kloster Einsiedeln vor einiger Zeit Befehl, Patres für ein orientalisches Seminar zu stellen, das zur Bekehrung von Orientalen in Rom bestimmt ist. Aus dem Kloster kommt nichts mehr heraus. Die Mönche, auch wenn sie erben, steuern nichts; sie haben die sogenannte heilige. Armut. Keiner thut Militärdienst; diese Militärfreiheit verschafft den Klöstern einen großen Vorsprung im Erwerbsleben gegenüber den ändern weltlichen Konkurrenten. Wie sehr sich die ,,tote Handa neuerdings

496

rührt, beweist der Versuch neuer Klostergründungen im Kanton.

In Schwyz soll ein früheres Klösterlein wiederhergestellt werden.

In Immensee ist seit zwei Jahren ein neues Institut, ein sogenanntes salesianisches Haus ,,Bethlehem"1 im Werden begriffen.

Sein Superior hat die bestehenden Gebäude, Grundstücke und Einrichtungen in einem Cirkular auf Fr. 700,000 geschätzt. So gelangt man entgegen der Bundesverfassung nicht nur zur Garantie der Klöster, sondern auch zu derjenigen der ,,toten Handa und des päpstlichen Verfügungsrechtes über Kirchen- und Klostergut, das aus dem Kanton stammt und durch päpstliche Verfügung gänzlich ins Ausland verbracht werden könnte.

Die Klosterartikel werden demnach beanstandet: a. weil sie unter dem Scheine, die Freiheit der Klöster herzustellen, die sociale Unfreiheit das Landes bringen; b. weil sie nicht das -gleiche Recht der Klöster, sondern Vorrechte derselben schaffen; c. weil sie damit auch den Frieden des Landes und dessen Wohlfahrt, die der zweite Hauptzweck des Bundes ist, gefährden ; d. weil sie die ,,tote Handu garantieren ; e. die Stiftungen, die seit Jahrhunderten dem Lande gehören, einer auswärtigen Macht und fremdem Recht unterordnen und diese garantieren.

D e r § 9 1 , l e t z t e r A b s a t z , b e t r i f f t d i e R e c h t e dell'orniseli-katholischen Kirchgemeinde.

Die Gemeinden waren bisher freie Eigentümer ihres Kirchengutes. Jetzt sollen sie über dasselbe nur noch mit Genehmigung der kirchlichen Oberbehörden, d. h. in letzter Instanz des Papstes, verfügen. Also Bevormundung der Gemeinden durch die letztern und indirekt Entfremdung des Eigentums derselben von seinen bisherigen Zwecken. Das Resultat der geistlichen Oberaufsicht wird sein : Verweigerung der Kirchen zu Gesangs- und ähnlichen Zwecken ; Verweigerung von Stipendien an Knaben, welche eine konfessionell gemischte Schule besuchen würden und dergleichen.

Das würde ,,zweckwidrige Verwendung"1 sein. Im gleichen Artikel wird das uralte Wahlrecht der Gemeinden zu einem bloßen Präsentationsrecht gemacht. Wie Blumer, Rechtsgeschichte, I, S. 365, II, S. 251 ff., zeigt, haben die Vorfahren keine Mühe und Kosten gescheut, das förmliche Wahlrecht der Geistlichen, und zwar nur auf Zeit, an sich zu bringen. Die neue Verfassung opfert die wohlerworbenen demokratischen Rechte der Gemeinden, und

497 damit des Staates, den ,,kirchlichen Oberbehörden"1. Ein solch harterstrittenes Recht, darf nicht durch Mehrheitsbeschluß preisgegeben werden.

Der § 92 wird beanstandet, weil er ein Vorrecht der römischkatholischen Kirche schafft. Warum sollen die zwei, oder andere sich noch bildende, evangelisch-reformierten Gemeinden des Kantons verfassungsrechtlich verhindert sein, öffentlich-rechtliche Gemeinden mit Steuerrecht zu werden? Wie werden die Vorrechte einer Konfession begründet, wo die Bundesverfassung diejenigen der Geburt, des Ortes etc. abgeschafft hat? Es liegt eine Verletzung des religiösen Friedens und speciell der 'Gleichberechtigung der Konfessionen im Sinne von Art. 49, Ziff. 4, der Bundesverfassung vor, wenn eine Konfession allein das Steuerrecht erlangen und das Stimmrecht gesetzlich ordnen kann. Endlich erscheint es als anstößig, daß das Recht der Gemeindebildung von dem Einverständnis der zuständigen kirchlichen Organe abhängiggemacht wird, ohne daß man nur sagt, wer dieselben seien.

Die §§ 26 und 46 schaffen ungleiches Recht. Die einen Kantonsräte sollen nach dem System des absoluten Mehrs, die ändern nach dem proportionalen Wahlverfahren gewählt werden.

Es haben also die Bürger der kleinen Kreise ein Vorrecht vor denen der größern. Sodann wird die Regierung nicht nach dem proportionalen Wahlsystem gewählt, eine neue Ungleichheit.

Der § 97 erscheint als ,,außerordentlich verwirrungsvoll"1. Die Beschwerdeführer haben nichts dagegen, wenn die Konfessionsgenossen ihre Angelegenheiten selber ordnen. Aber wie ist es zu machen, wenn das ,,Pfarramt"1, nicht der Pfarrer, zur Rechnungsprüfung beizuziehen ist, und dies besonders bei Behandlung kirchlicher Fragen? Und was sind solche Fragen? Das Pfarramt wird Fragen über Schulen, Friedhöfe u. dgl. nicht nach Bundesrecht, sondern nach kirchlichem Rechte als kirchliche Fragen behandeln.

B. Die Regierung von Schwyz beantragt in ihrer Vernehmlassung vorn 3./8. Christmonat 1898, das Begehren von Kaspar Krieg und Mitunterzeichnern als unbegründet abzuweisen und die abgeänderte Verfassung zu genehmigen. Sie glaubt unter folgendem den Nachweis führen zu können, daß die angefochtenen Artikel den in Art. 6 der Bundesverfassung aufgestellten. Anforderungen nicht widersprechen.

§ '13. Diese Bestimmung ist in ihrem ganzen Wortlaute, dahingehend :

498

,,Die Verfassung gewährleistet die Unverletzlichkeit des Eigentums. Jedem Bezirk, jeder Gemeinde, sowie jeder geistlichen und weltlichen Korporation bleibt auch die Verwaltung und die Befugnis, die Art und Weise der Benutzung und der Verwaltung ihrer Güter selbst zu bestimmen, gesichert.

,,Für Abtretung zu öffentlichen Zwecken hat der Staat nach den Bestimmungen des Gesetzes gerechte Entschädigung zu leisten.a der 1876er Verfassung entnommen und hat als solche bereits die Bundesgarantie erhalten, so daß es nicht nötig ist, weitere Worte darüber zu verlieren.

§ 20. Durch Art. 52 der Bundesverfassung wird nur die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster verboten. Innert diesen Schranken aber ist es den Kantonen gestattet, in ihrem Gebiete schon vor 1874 bestandene Klöster entweder aufzuheben oder betreffend Garantierung derselben besondere Bestimmungen zu erlassen. Durch Genehmigung einer kantonalen Verfassung, in welcher die im betreffenden Kanton bestehenden alten Klöster garantiert werden, spricht auch die Bundesversammlung nicht namens der Eidgenossenschaft deren Garantie aus. Die eidgenössische Gewährleistung schafft ja aus dem Rechte der einzelnen kantonalen Verfassungen kein eidgenössisches Recht, sondern spricht nur aus, daß die genehmigte Verfassungsbestimmung mit der Bundesverfassung nicht im Widerspruch stehe (von Salis, Bundesrecht, I, Nr. 54, 67). In dem Fallenlassen des zweiten Satzes der Art. 20 bis und mit 24 der alten Verfassung liegt keine Verletzung des Art. 52 oder anderer Artikel der Bundesverfassung. Eher könnte behauptet werden, daß die gestrichenen Bestimmungen den Grundsätzen der freien Niederlassung und der Niederlassungsverträge mit dem Ausland (Novizenaufnahme, § 20), des freien Handels und Verkehrs (§§ 22 und 23) und der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz (§21: specielles Aufsichtsrecht über die Klöster neben der allgemeinen Staats- und Polizeiaufsicht) nicht entsprochen haben.

§ 91. Ohne gerade eine Ausscheidung in Kirch- und politische Gemeinden mit doppeltem Beamten- und Behördenapparat; einzuführen, war es doch im Interesse des konfessionellen Friedens unter der sich immer mehr mischenden Bevölkerung notwendig, zu bestimmen, daß in kirchlichen Angelegenheiten nur die Angehörigen der staatlich anerkannten und nach Gemeinden organisierten katholischen Landeskirche stimmen und wählen können, wo es sich um die Verwaltung der in den betreffenden Gemeinden

499 befindlichen oder für sie gestifteten katholischen Kirchengüter handelt. Darin liegt jedenfalls kein Widerspruch mit Sinn und Geist der Bundesverfassung.

Das Bundesrecht überläßt es sodann den Kantonen, die Wahlart ihrer Geistlichen zu regeln und kann daher in den angefochtenen Bestimmungen des § 91 nichts liegen, was sich mit diesem Rechte nicht vertrüge. O- Salis, I, S. 153.)

Es ist im weitern nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht des Staates -- ganz abgesehen von der Frage, wer Eigentümer des Kirchengutes sei -- im Interesse der Kirchgemeinden und des für sie gestifteten Kirchengutes dafür zu sorgen, daß kirchliche Güter nicht zweck- und stiftungswidrig verwendet werden, und wenn ein Kanton bestimmt, daß eine Gemeinde, als Verwalterin der Kirchengüter, die Kirche als Mitinteressentin darüber bestimmen läßt, so liegt darin keine Verletzung der Bundesverfassung. Es wird damit nur durch die Käntonsverfassung bestimmt, was jede Stiftung oder Genossenschaft ebenfalls verlangen kann.

Wenn schließlich durch sogenannte ,,Jahrzeiten" oder andere kirchliche Stiftungen der Kirche und ihren Geistlichen bestimmte Verpflichtungen wollen überbunden werden, so ist doch klar, daß eine Gemeinde nicht einseitig den Stiftungsfonds entgegennehmen und ihre Kirchengeistlichkeit daraus verpflichten kann, sondern, daß die Geistlichkeit, resp. der Bischof, ihr Einverständnis zu einer derart vorwiegend kirchlichen, internen Angelegenheit geben müssen.

'Die Regelung solcher Fragen ist auch in ändern Kantonsverfassungen den staatlich anerkannten Konfessionen garantiert ; z. B. Graubünden Art. 11, Bern Art. 84, Glarus Art. 84. Sollten sich überhaupt aus § 91 oder irgend einem ändern Artikel Konflikte zwischen staatlichen und kirchlichen Behörden und Ansprüchen ergeben, so verleihen die §§ 41 und 51 dem Regierungsrat und dem Kantonsrat ausdrücklich die Gewalt, die staatlichen Rechte zu wahren.

§ 92. Derselbe widerspricht weder Art. 4, noch Art. 49, Abs. 4, der Bundesverfassung.

Art. 4 bezieht sich auf physische Personen, auf die einzelnen Bürger, nicht auf juristische Personen und Korporationen.

Art. 49 garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit des einzelnen Bürgers, schützt und kennt keine Konfession als solche und verleiht ihr auch keine besondern Rechte. Die Bundesverfassung überläßt es den Kantonen,
ob sie diesbezüglich weiter gehen und, unter Wahrung der individuellen und genossenschaftlichen Religionsfreiheit, je nach den Bedürfnissen und Anschauungen der Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

36

500

Kantonseinwohner, eine oder auch mehrere religiöse Gemeinschaften gewährleisten wollen. (Vgl. v. Salis, II, Nr. 716.) Die meisten .Kautone haben denn auch von dieser Befugnis Gebrauch gemacht.

Daher die Landeskirchen in den vorwiegend protestantischen Kantonen, die staatlich anerkannten oder gewährleisteten Kirchen mit dem Charakter einer öffentlich-rechtlichen Korporation (§ 2 Schwyz) in den Verfassungen der vorwiegend katholischen Kantone und die Gewährleistung der protestantischen und katholischen Kirche in den paritätischen Kantonen (Zürich §§ 63, 64, Bern 84, Obwalden Art. 3, Schaff hausen 50, 51 und 53, Appenzell A.-Rh. 5, Appenzell I.-Rh. 3, St. Gallen 23, Waadt 13, Wallis 2, Genf Verfassungsgesetz von 1874, Art. 114).

Eine natürliche Folge dieser Anerkennung ist das Privilegium der Steuererhebung gegenüber den. Konfessionsangehörigen.

Es besteht dies zu gnnsten aller Landeskirchen, insoweit diese Steuern nicht in den kantonalen Steuern oder, wie in Schwyz, in den Gemeindesteuern inbegriffen sind. Umgekehrt wird wohl in keinem Kantone einer freien Religionsgenossenschaft das Recht der Steuererhebung zuerkannt sein. Aus diesem Grunde ist es den protestantischen Gemeinden nicht erteilt worden : dieselben bilden freie Gemeinden oder Genossenschaften und wollen solche bilden, sie sind staatlich weder organisiert noch anerkannt. Der Staat kann doch unmöglich einer Genossenschaft oder einem Vereine, deren Statuten und Organisation, deren territoriale Ausdehnung, Mitgliedschafts- und Zugehörigkeitsrechte ihm unbekannt sind und je nach Mehrheitsbeschluß, nach Ort und Zeit wechseln können, ein so weittragendes Recht wie das der Steuererhebung mit allen seinen Konsequenzen verleihen. Es kann auch beigefügt werden, daß einzig von den Protestanten im Bezirke March ein diesbezügliches Begehren gestellt wurde, während von den zwei protestantischen Gemeinden in Brunnen und Arth kein Antrag oder Wunsch vorlag.

Da die nach § 92 zu bildenden Kirchgemeinden Glieder der katholischen Kirche sind, und nur insoweit, als sie derselben angehören, Anspruch auf die in § 2 der katholischen Kirche erteilte Gewährleistung haben, so wurde, um Schwierigkeiten vorzubeugen, bestimmt, daß die Genehmigung der Bildung solcher Kirchgemeinden unter anderm auch von dem Einverständnis der zuständigen kirchlichen Obern abhängig gemacht werde. Es gehört dies zum Rechte der innern Organisation der betreffenden Konfession und liegt darin nichts der Bundesverfassung Widersprechendes.

501 § 97, litt, m, besteht in analoger Weise bereits in § 15 der Verordnung über das Rechnungswesen der Gemeinden von 1853 und war auch in Art. 84 des Entwurfes von 1897 für eine Totalrevision der Verfassung enthalten, ohne daß jemand gegen diesen Beizug des Pfarramtes bei Beratung kirchlicher Fragen im Gemeinderate irgendwelche Bedenken gehabt hätte.

§ 26 regelt die Kantonsratswahlart derart, daß jede Gemeinde einen Wahlkreis bildet und daß in denjenigen Gemeinden, in welchen drei oder mehr Kantonsräte zu wählen sind, die Wahlen nach dem Proportionalsystem zu erfolgen haben. Ersteres war ein von beiden Parteien unterstütztes Volksbegehren, letzteres wurde eingeführt, gerade um gleiches Recht zu schaffen, um der Minderheit ihrem Wunsche gemäß eine ihrer Stärke entsprechende Vertretung zu sichern. Es trifft das Mehrheitsverfahren 18 Gemeinden, welche mit einer Gesamtbevölkerung von 14,762 Seelen 16 Vertreter werden zu wählen haben; in 12 Gemeinden mit 35,545 Seelen dagegen und 59 Vertretern im Kantonsrate wird nach dem Proportionalsystem gewählt werden. Die Verfassung nimmt nicht bestimmte Gemeinden willkürlich vom Proporz aus, andere nicht, sondern stellt für alle gleiche Normen auf, so daß vielleicht schon nach der nächsten Volkszählung einzelne Gemeinden, die heute nur zwei Vertreter wählen, zu dreien werden berechtigt sein. Es liegt hierin kein Verstoß gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit : dasselbe verlangt gleiche Behandlung der Bürger bloß unter der Voraussetzung der Gleichheit aller erheblichen thatsächlichen Verhältnisse. (Vgl. u. a. : E. B.-Ger. XXIII, Nr. 477.)

Dasselbe, was § 26, bestimmt übrigens auch die zugerische Verfassung (§§ 38, 78), ohne daß die Bundesversammlung etwas daran ausgesetzt hätte. Gleiche Verhältnisse sollen in Neuenburg bestehen. Bei der Ungleichheit der Gemeinden läßt es sich eben nicht anders machen, wenn man gleichzeitig die Gemeindekreise bestehen lassen und den Proporz einführen will.

§ 46. Von einer Rechtsungleichheit kann nicht darum gesprochen werden, weil der Regierungsrat nicht der gleichen Wahlart, wie der Kantonsrat unterliegt. Um Gleichheit im Sinne der Rekurrenten herbeizuführen, müßten künftig alle Behörden nach dem gleichen System gewählt werden.

C. In ihrer Replik vom 4./7. Januar 1899 suchen die Beschwerdeführer ihre Behauptung, daß mit der neuen Verfassung die Gefahr neuer Klostergründungen wachse, durch verschiedene Vorkommnisse aus neuester Zeit zu illustrieren. Vielleicht aller-

502 dings sei die Sache so eingerichtet, daß ,,sie nach außen passieren kann11. In Wirklichkeit aber handelt es sich bei der neuen Gründung derartiger ,,Vereine und Institute" um nichts anderes als um die Neugründung eines Klosters. Das Kloster Melchthal hat sogar in den Zeitungen sich als solches aufgethan, es ist bereits Mutterkloster geworden etc. Die uralten Bestimmungen, durch welche die Klöster der Staatsaufsicht unterworfen wurden, waren in der Verfassung von 1848 enthalten. Sie wurden schon 1876 abgeschwächt, jetzt aber infolge des agitatorischen Eintretens der Geistlichkeit ganz beseitigt.

Die geistliche Gerichtsbarkeit über das Eigentum der Gemeinden soll sogar, im Widerspruch mit Art. 58, 2 B.-V., eingeführt werden.

Liegt darin nicht eine schreiende Ungleichheit, daß die weltlichen Korporationen und Gemeinden der Oberaufsicht des Staates bezüglich der Verwendung ihrer Güter unterstehen, die kirchlichen Korporationen und Gemeinden dagegen nicht? Darin liegt die Abdankung des Staates, daß er nicht mehr sorgen zu können glaubt, ,,daß kirchliche Güter nicht zweck- und stiftungswidrigverwendet werden", sondern die ,,Mitinteressenten", den Klerus, an seine Stelle setzt.

Wie die Reformierten der March, haben auch diejenigen von Arth und Brunnen -- allerdings privatim ,,bei einem mächtigen Manne der Regierungspartei" -- das Begehren gestellt, als Kirchgemeinden anerkannt zu werden, sind aber abgewiesen worden.

Es sind also die Protestanten in Schwyz thatsächlich minderen Rechtes. Wenn auch die Kantone souverän sind, den Landeskirchen gewisse Privilegien zu gestatten, so ist es doch unzulässig, daß ein Kanton der historisch anerkannten reformierten Kirche, welche in der übrigen Schweiz als solche besteht, die öffentlich-rechtliche Existenz selbst dann verunmöglicht, wenn sie sich unter das allgemeine staatliche Gesetz stellt. Damit wird ein Vorrecht der einzelnen Konfession statuiert. Indem § 92 neben der römischkatholischen keine Kirchen, nur Sekten kennt, gefährdet er den Frieden unter den Konfessionen und das bundesrechtlich gewährleistete Vereinsrecht.

Was die Kantonsratswahlen anbetrifft, so möge man entweder Kreise machen, die überall den Proporz ermöglichen, oder aber man wähle nach dem Mehrheitssystem.

D. In ihrer zweiten Vernehmlassung, vom 29. Januar/2. Februar 1899, bestreiter die Regierung von Schwyz die Neugründung von Klöstern. Wie sodann die Klöster, gleich ändern Bürgern,,

503 die Steuern und Abgaben .vom ganzen Vermögen bezahlen müssen, -- die Erwerbssteuer kennt der Kanton Schwyz überhaupt nicht -- so unterstehen sie auch, ganz gleich wie alle ändern Individuen und juristischen Personen, der Staats- und Polizeiaufsicht.

Eine weitergehende Aufsicht des Staates würde der Rechtsgleichheit widersprechen. Ein Zwang, aus Gründen des Bundesrechts die Erwerbsfähigkeit der juristischen Personen, speciell der Klöster, zu beschränken, besteht nicht. Durch die Garantie der Klöster wird einzig bestimmt, daß dieselben nicht auf dem bloßen Gesetzeswege, ohne Verfassungsreyision, aufgehoben werden können. § 20 lautet fast wörtlich gleich wie der Bundesvertrag vom 7. August 1815, § XII. Wenn auch einzelne religiöse Minoritäten die Anerkennung als öffentlich-rechtliche Korporationen und als Landeskirchen von den Kantonen fordern würden, so besteht hierzu eine bundesrechtliche Verpflichtung nicht ; die Kantone sind hierin souverän (vergi, von Salis, Bundesrecht, IV, S. 394). Diesen religiösen, nicht zur Landeskirche gehörigen Gemeinschaften steht es immerhin zu, als Verein oder Genossenschaft sich zu konstituieren und durch Eintragung ins Handelsregister juristische Persönlichkeit zu erlangen.

III.

A. im Auftrage von 35 Mitgliedern des schwyzerischen Kantonsrates reichte Kantonsrat A. Steinauer von Einsiedeln den 11. Dezember 1898 eine Beschwerde gegen die revidierte Verfassung vom 23. Oktober 1898 ein. Es wird darin das Begehren gestellt: Es sei den letzten zwei Sätzen des § 26, Alinea 3, dem § 95 und dem letzten Satz von § 27 die eidgenössische Genehmigung nicht zu erteilen.

Zur Begründung wird angeführt; § 26, AI. 3. Die schwyzerische Verfassung vom 18. Februar 1848 teilte den Kanton in 13 Kreise ein und bestimmte, daß die Kantonsräte in offener Abstimmung, nach dem Verhältnis der im Kanton anwesenden Aktivbürger, aus allen wahlfähigen Kantonsbürgern zu wählen seien. Die Zusammensetzung der Wahlkreise geschah derart, daß größere liberale Ortschaften mit vorwiegend bäuerlichen und konservativen Gemeinden zusammengefügt wurden, um die liberale Opposition zu brechen. Diese künstliche Wahlkreiseinteilung erlitt bei der im Jahre 1876 erfolgten Partialrevision keine Abänderung; nur trat an Stelle der offenen Abstimmung am Kreishauptorte die geheime Stimmabgabe

504

in jeder einzelnen Gemeinde. Als das Mißbehagen an dieser Kreiseinteilung immer weitere ländliche Kreise ergriff, trat die Totalrévision im Jahre 1895 an das Volk heran. Auf Wunsch namentlich von neun Gemeinden wurden die Wahlkreise ohne Widerspruch der Regierungspartei fallen gelassen, und auch nach Verwerfung der Totalrevision wagte man es nicht, die alte Wahlkreisgeometrie zu retten, sondern überließ die Kantonsratswahlen den einzelnen Gemeinden. Dagegen fand man den Ausvv'eg zur Unterdrückung der Opposition in dem angefochtenen § 26, welcher die kleinere Hälfte der schwyzerischeri Gemeinden mit dem Proporz beglückte für die gleiche und nämliche Wahlverhandlung, welche in den übrigen Gemeinden nach dem bisherigen Mehrheitsprinzip vollführt wird. Nach der Volkszählung von 1888 trifft diese Ausnahmsmaßregel von den 30 Gemeinden die 12, in denen sonst vorwiegend die freisinnige Partei und die nicht gouvernementalen konservativen Dissidenten die Oberhand hätten.

Diese Bestimmung widerspricht sowohl dem Art. 4 der Bundesverfassung, als auch dem § 4 der neuen Kantonsverfassung, der lautet: ,,Alle Bürger sind vor dem Gesetze gleich und genießen gleiche staatsbürgerliche Rechte."

Eidgenössisches und kantonales Verfassungsrecht gewährleisten also dem Bürger, dem Wählenden und dem Gewählten, gleiches Recht und gleiche Behandlung. Es erscheint unstatthaft, daß für eine und dieselbe Wahloperation zweierlei Recht aufgestellt und in der Ausübung des Wahlrechts ein gesetzlicher Gegensatz geschaffen wird zwischen kleinen und grossen Gemeinden. Wie sehwankend und veränderlich die angefochtene Vorschrift ist, ergiebt sich aus dem Umstände, daß der Geltungsbereich des Proporzes abhängig gemacht wird von den wechselnden Ergebnissen der eidgenössischen Volkszählung.

§ 27, letzter Satz, scheint unter denselben Gesichtspunkt zu fallen; eine nähere Begründung der Anfechtung liegt nicht vor.

§ 95. Zufolge § 23 der revidierten Verfassung giebt es drei Bezirke, welche ausschließlich aus je einer Gemeinde bestehen: Gersau, Einsiedeln und Küßnacht. Nach dem revidierten § 95 gelten die neuaufgestellten Vorschriften über die Gemeiadeversammlung, bisher Kirchgemeinde genannt, in analoger Weise auch für die Bezirksversammlung. Diese besteht aus allen Stimmfähigen (§ 70) und ist die Wahlbehörde nicht bloß der Bezirksbehörden?

sondern auch des obersten kantonalen Gerichts. Im Gegensatz zu den drei ändern Bezirken Schwyz, March und Höfe greift sonach

505

für die drei erstem Bezirksgemeinden die Vorschrift Platz, daß ihnen freigestellt ist, für die ihnen zustehenden Wahlen, abweichend von dem ordentlichen Rechte, das Urnensystem einzuführen.

So hat die neue Verfassung auch bezüglich der Wahlkompetenzen der Bezirke ungleiches Recht aufgestellt. In den Bezirken Schwyz, March und Höfe können die Bürger ihr Stimmrecht nicht anders als in offener Abstimmung ausüben, in den drei ändern hat die Mehrheit freie Hand, offene oder geheime Stimmabgabe zu beschließen. Das mag mit Bezug auf die bloße Administration der Gemeinde selber angehen. Anders aber verhält es sich mit der Bethätigung jener äußerst weitgehenden Kompetenzen der Bezirke, welche des kommunalen Charakters durchaus entbehren, wie die Wahl der Mitglieder in das oberste kantonale Gericht, des Bezirksammanns, der nicht bloß der erste Beamte des Bezirks, sondern der Stellvertreter des Regierungsrates ist, und mit der Wahl des Bezirksgerichts und des Gerichtspräsidenten. Diese Beamtungen stehen auch in den Bezirken Gersau, Binsiedeln und Küßnacht über dem Rahmen eigentlicher Gemeindeorgane und können nicht zu Gemeindesachen degradiert werden. § 95 trägt den Charakter unerlaubter Willkür: es soll dadurch vorab eine große Gemeinde getroffen werden, die, solange sie in offener, freier Abstimmung die ihr zukommenden Wahlen und Abstimmungen vollziehen kann, fremden Einflüssen weniger zugänglich ist, als bei dem verborgenen Stimmzeddel.

B. Die Regierung des Kantons Schwyz beantragt in ihrer Antwort vom 11./20. Januar 1899, es sei das Begehren der 35 schwyzerischen Kantonsräte als unbegründet abzuweisen.

Es wird vorerst, was den § 26 anbelangt, auf die Gegenbemerkungen gegen den Rekurs Krieg und Genossen verwiesen und im weitern ausgeführt : Die frühere Einteilung in 13 Kreise war keine gewillkürte, sondern eine auf historischer Grundlage beruhende. Sie ergab übrigens jeweilen für die Opposition eine größere Repräsentanz, als derselben gehörte. Anläßlich der Revisionsberatungen machten sich zwei Strömungen geltend. Die eine verlangte Wahl der Kantonsräte gemeindeweise, die andere wünschte Anwendung des Proporzes. Der vorliegende § 26 ist das Resultat der Bemühungen, beiden Ansichten gerecht zu werden.

Die Berufung auf Art. 4 der Bundesverfassung ist unzutreffend.

Denn die Norm des § 26 ist allgemein bindend nicht nur für den Augenblick, sondern auch für die Zukunft. Der Faktor, der hier

506 bestimmend mitwirkt, die Fluktuation der Wohnbevölkerung, liegt außer dem gesetzgeberischen Machtbereiche. Eine Verletzung der Bundesverfassung läge nur dann vor, wenn, ohne Rücksicht auf die Bevölkerungszahl, bestimmte Gemeinden dem einen, bestimmte dem ändern Wahlsystem überliefert würden. Jetzt werden an andere thatsächliche Verhältnisse andere Rechtsfolgen geknüpft.

Auch Art. 10 der unterm 28. Juni 1895 von der Bundesversammlung genehmigten solothurnischen Staatsverfassung weist die Bestimmung auf: ,,Die Wahlen des Kantonsrates und der Gemeinderäte, die aus wenigstens sieben Mitgliedern bestehen, geschehen nach dem Proportionalsystem. Für Wahlen von Gemeinderäteu, welche aus weniger als sieben Mitgliedern bestehen, und Kommissionen, ist das proportionale Wahlverfahren gestattet.a Also auch hier k a n n die gleiche Behörde in einer Gemeinde nach dem Grundsatze des relativen Mehrs, in einer ändern m u ß sie nach dem Proportionalsystem gewählt werden, und zwar gemäß einem erst zu erlassenden Gesetze. Der ebenfalls angefochtene § 27 geht aus § 26 hervor und braucht nicht weiter begründet zu werden.

§ 95. Eine Verletzung des Art. 4 der Bundesverfassung kann auch hierin nicht erblickt werden. Zufolge der historischen Entwicklung sind die einzelnen Gebietsteile des Kantons verschiedenartig gestaltet. Während die Bewohner der Bezirke Gersau, Einsiedeln und Küßnacht nach den bisherigen Verfassungen in ein und demselben Wahlgang Bezirksammann und Gemeindepräsident, ßezirksräte und 'Gemeinderäte wählen, haben die Bezirke Schwyz, March und Höfe ihre Gemeinde- und Bezirksbeamten in separaten Versammlungen zu ernennen. Nach § 78 sodann -- früher § 87 -- sind Bezirksammann, Statthalter und Säckelmeister für Gemeindebeamtungen nicht wählbar: so wird den Schwyzern die Ernennung ihres Bezirksammanns zum Gemeindepräsidenten geradezu verboten, während das Gesetz vorschreibt, daß die Bewohner von Küßnacht, Bezirksammann und Gemeindepräsident in einer Person zu wählen haben. Und doch spricht hier niemand von einer Verletzung der Rechtsgleichheit. Berücksichtigt man eben die Verhältnisse in ihrer thatsächlichen Verschiedenheit, wie sie hinsichtlich der Wahlen in je drei und drei Bezirken seit Jahrzehnten mit Sanktion der eidgenössischen Behörden zum Ausdrucke gelangt sind, so kann man nicht von einer Verletzung
des Art. 4 der Bundesverfassung sprechen.

Wenn es aber gewährleistetes Recht ist, daß die je in einer Gemeinde aufgehenden Landschaften Gersau, Einsiedeln und Küßnacht im Grundsatze ihre Wahlen anders treffen, als die mit

507 mehreren Gemeinden dotierten Bezirke Schwyz, March und Höfe, so wird wohl auch erstem die Befugnis nicht entzogen werden können, sich, wenn es der Volkswille verlangt, eines ändern Wahlmodus bedienen zu dürfen. Übrigens wollte in der Sitzung des Kantonsrates vom 27. Mai 1898 die ,,herrschende Partei"' allen sechs Bezirken gleiches Recht geben, wurde jedoch durch Stichentscheid des liberalen Präsidenten daran gehindert. Wie endlich Wahlen und Abstimmungen bei offenem Handmehr fremden Einflüssen weniger zugänglich sein sollen als bei Anwendung des Urnensystems, erscheint als unerfindlich.

C. Replicando bringen die Beschwerdeführer noch neu vor : Wie sehr sich der Proporz in der Hand des schwyzerischen Parteiregiments gegenüber der liberalen Opposition nur als ein politisches Macht- und Zuchtmittel herausstellt, beweist die Thatsache, daß die Anwendung dieses Verfahrens auf die Wahl des Regierungsrates rundweg verweigert worden ist. Es läge ja in der Hand des Gesetzgebers, für alle Bürger gleiches Recht zu schaffen, nämlich die Wahlkörper der Kreise so zu umschreiben, daß. das Proportionalverfahren einheitlich allgemein eingeführt werden kann.

Bezüglich der Auffassung des Art. 4 der Bundesverfassung wird auf § 31 des Bundesstaatsrechts von Blumer-Morel, 1891, I. Band, verwiesen. Die Praxis fordert für Verschiedenheiten in ·der Rechtsgesetzgebung eine objektive innere Begründung, was die Regierung anzuführen unterläßt. Es geht nicht an, absichtlich -solche Verschiedenheiten zu schaffen, um dann unter Berufung auf dieselben zweierlei Recht einzuführen.

Die von der Regierung angeführte und nicht angefochtene historische Rechtsverschiedenheit der beiden Bezirksgruppen ist eben innerlich begründet. Allein diese Bezirke sind in ihren Wahlrechten (geheimes und offenes Verfahren) ebenso zu behandeln wie die ändern. Ja, es liegt auf der Hand, daß die Urnenabstimmung sich geradezu in erster Linie für diejenigen Bezirke objektiv empfehlen würde, welche aus mehreren, auseinander gelegenen Gemeinden bestehen. Noch ist darauf aufmerksam zu machen, daß der Schlußsatz des angefochtenen § 26 ein Gesetz betreffend Regulierung des Proportionalverfahrens vorsieht. Der § 3 der Übergangsbestimmungen überläßt die Ordnung dieser Rechtsmaterie der Verordnung des Kantonsrates auf ganz unbestimmte Zeit. Ein Gesetz wird
nach bekannten Mustern nie erfolgen und die Absicht, die Methode der Unterdrückung der Opposition auf dem Wege der Verordnung fortzupflanzen, wird offensichtlich.

508 D. In ihrer Duplik vom 9./14. März, 1899 macht die Regierung dem gegenüber noch geltend : Von einer Wahlkreisgeometrie zur Unterdrückung der Opposition ist keine Rede. Daß die Wahlkreiseinteilung auf durch Jahrhunderte sanktionierter historischer Grundlage beruht, ist ersichtlich aus : Snell, Handbuch des schweizerischen Staatsrechts, Zürich, 1844, Bd. 2, S. 170; F. von Wyß, Abhandlungen zur Geschichte des schweizerischen öffentlichen Rechtes, Zürich, 1892, S. 68 ; Blumer, Staats- und Rechtsgeschichte der schweizerischen Demokratien, Bd. I, S. 26 ff. und 802 ff. Ja, man trug diesen historischen Erinnerungen so sehr Rechnung, daß, um die Grenzen der zwei Kreise des Bezirkes Höfe denjenigen der ehevorigen Höfe Pfäffikon und Wollerau entsprechend zu gestalten, die jetzigen politischen Gemeinden Freienbach und Feusisberg zerrissen wurden (Revidierte Gesetzessammlung des Kantons Schwyz, Bd. I, S. 39). Solothurn, Neuenburgi und Genf besitzen den Proporz wohl für den Kantonsrat, nicht aber für den Regierungsrat.

Die wesentlich verschiedene Art der Wahlbeteiligung der beiden Bezirksgruppen muß dem Gesetzgeber auch das Recht geben, für jede Gruppe entsprechende Wahlmodi aufzustellen. Die Auslassungen über den Erlaß eines Gesetzes über das Proportionalverfahren haben mit der Verletzung irgend eines Verfassungsartikels nichts zu thun.

Aus der vorstehenden thatsächlichen Grundlage ergeben sich nachstehende Erwägungen rechtlicher Natur :

I. Die Gewährleistung der Klöster.

Die Gewährleistung §§ 13 und 20.

der Klöster ist ausgesprochen

in den

§ 13 der neuen Verfassung lautet: ,,Die Verfassung gewährleistet die Unverletzlichkeit des Eigentums. Jedem Bezirk, jeder Gemeinde, sowie jeder geistlichen und weltlichen Korporation bleibt auch die Verwaltung und die Befugnis, die Art und Weise der Benutzung und der Verwaltung ihrer Güter selbst zu bestimmen, gesichert.

,,Für Abtretungen zu öffentlichen Zwecken hat der Staat nach den Bestimmungen des Gesetzes gerechte Entschädigung zu leisten."

§. 20. ,,Die bestehenden Klöster sind gewährleistet und genießen den Schutz des Staates. Sie unterliegen als Korporationen

509 dem allgemeinen Steuergesetze, bezahlen aber ihre Steuer am Orte ihrer Niederlassung und da, wo sie Vermögen besitzen. "· § 13 enthält nur eine specielle Anwendung der allgemeinen Eigentumsgarantie auf das Klostergut. Klöster werden als geistliche Korporationen betrachtet und ihnen gegenüber wird wie den weltlichen Korporationen das Recht der freien Verwaltung und Selbstbestimmung über die Art der Benutzung als Ausfluß der Eigentums speciell hervorgehoben.

In dieser Zusicherung an und für sich kann nichts der Bundesverfassung Widersprechendes gefunden werden. Die Bundesverfassung enthält über die Eigentumsgarantie keine Bestimmung, sondern überläßt dieselbe dem kantonalen Staatsrechte. Die kantonalen Verfassungen enthalten durchgehends in der einen oder ändern Form diese Gewährleistung.

Auch die vom Bund gewährleistete Verfassung des Kantons Schwyz vom Jahre 1876 enthält diese Gewährleistung im gleichen Wortlaute, wie die neue Verfassung. Damals wurde nur in Verbindung mit dem § 20 (Klostergarantie) ein Vorbehalt bezüglich Art. 51, Abs. 2, B.-V. an die Genehmigung geknüpft, der sich aber dem Wortlaut der Erwägungen nach nicht auf die Eigentumsgarantie bezog. (Vgl. v. Salis, I, Nr. 68, A. E. III, S. 66.)

Es liegt kein Grund vor, der Verfassung von 1898 gegenüber anders zu verfahren.

Schwieriger ist die Frage zu entscheiden betreffend § 20, der eigentlichen Gewährleistung der Klöster. Die Bedeutung dieser Bestimmung im Gegensatz zur frühern Verfassung liegt mehr in dem, was darin nicht oder nicht mehr gesagt ist. als in dem, was darin ausgesprochen ist.

Die frühere Verfassung enthielt eine Reihe von Beschränkungen, welche jetzt wegfallen sollen. Diese Beschränkungen waren : a. Bewilligungsrecht des Staates zur Aufnahme ausländischer Novizen ; b. Aufsichtsrecht des Staates; c. Beschränkung des Erwerbes zu toter Hand, ausgedehnt auf Pachtverträge, bei denen das Kloster als Pächter beteiligt war; Alle diese Verträge waren an eine Bewilligung des Kantonsrates geknüpft.

d. Beschränkung auf landwirtschaftlichen Gewerbebetrieb.

510 Es kann nicht bestritten werden, daß unter der neuen Verfassung von 1898 die Stellung der Klöster eine weit freiere, von der Staatsgewalt unabhängigere sein wird, als sie es unter der Verfassung von 1876 gewesen ist.

Ebensowenig kann in Abrede gestellt werden, daß in der neuen Verfassung eine Veränderung des seit alters im Kanton Schwyz hergebrachten Rechtszustandes liegt. In dieser Beziehung mag der Wegfall des Aufsichtsrechtes des Staates und die unbeschränkte Erwerbsfähigkeit der toten Hand besonders hervorgehoben werden.

In beiden Beziehungen wird die Bundesgenehmigung in der Eingabe Krieg und Genossen heftig angefochten. Die zur Argumentation verwendeten Gründe sind aber mehr allgemeiner Natur ; hervorgehoben wird das Entstehen socialer Unfreiheit, Gefährdung des Friedens und der Wohlfahrt des Landes, Garantie der toten Hand und ähnliches ; aber mit Ausnahme der Behauptung, daß Vorrechte für die Klöster geschaffen werden, ist aus dem Inhalte der Eingabe Krieg und Genossen ein bestimmter verfassungsrechtlicher Standpunkt nicht herauszuschälen.

Das entbindet natürlich die Bundesversammlung nicht von der Pflicht, selbständig zu untersuchen, ob die für die Klostergarantie in der neuen Verfassung von Schwyz gewählte Form der Bundesverfassung entspricht.

Darüber'ist folgendes zu sagen: Der erste Satz gewährleistet die b es t e h e n d e n Klöster und versichert dieselben des Schutzes des Staates.

Der Wortlaut ,,die bestehenden Klöster" u. s. w. ist wohl gewählt mit Rücksicht auf Art. 52 der Bundesverfassung, wonach die Errichtung neuer und die Wiederherstellung aufgehobener Klöster untersagt ist.

Damit ist also implicite die Bundesverfassung als über dem kantonalen Verfassungsrechte stehend anerkannt. Daß der Weiterbestand der heute existierenden Klöster an s i c h als bundes.veri'assungswidrig anzusehen wäre, wird von niemand behauptet werden wollen. Es können allerdings unter gewissen Voraussetzungen die Verhältnisse sich so gestalten, daß der Bund, von dem in Art. 51 ihm gegebenen Hoheitsrechte Gebrauch machend, einem religiösen Orden die Wirksamkeit in Kirche und Schule untersagen müßte, womit der Fortbestand eines diesem Orden Angehörigen Klosters zur Unmöglichkeit gemacht würde. Dieses Hoheitsrecht des Bundes wird aber durch eine von einer kantonalen

511

Verfassung ausgesprochene Garantie der bestehenden Klöster in keiner Weise geschmälert. Ebensowenig wie die Bundesverfassung die bestehenden Klöster garantiert, verbietet sie solche Institutionen.

Vom Standpunkte des Bundesrechtes kann deshalb nichts dagegen eingewendet werden, wenn ein Kanton eine specielle Garantie in sein Verfassungsrecht aufzunehmen für erforderlich erachtet. Damit ist nur gesagt, daß, solange diese Verfassung besteht und nicht abgeändert wird, auf dem Boden des kantonalen Verfassungsrechtes die bestehenden Klöster nicht angefochten werden können ; der Kanton also z. B. nicht berechtigt wäre, ein bestehendes Kloster von sich aus, durch einen Akt der kantonalen Staatsgewalt, aufzuheben. Gegen einen derartigen Akt wäre, als dem kantonalen Verfassungsrechte widerstreitend, der staatsrechtliche Rekurs an das Bundesgericht als Schutzmittel gegeben.

Daß die bestehenden Klöster dem Schütze des Staates des Kantons Schwyz unterstellt werden, ist eine natürliche Konsequenz der ausgesprochenen Gewährleistung; es hätte sich das von selbst verstanden, auch wenn es nicht ausdrücklich gesagt worden wäre.

Was die Erwerbsfähigkeit der toten Hand betrifft, so enthält die Bundesverfassung hierüber keine Bestimmungen. Wie sich ein kantonales Staatsrecht dazu verhalten will, kann weder nach der Richtung der Beschränkung noch der Freigebung als bundesverfassungswidrig bezeichnet werden, soweit nicht allgemeine Bestimmungen wie z. B. Art. 31 B.-V. in Frage kommen könnten.

Zu untersuchen ist noch die Behauptung entstehender Rechtsungleichheit durch den Klosterartikel. Diese bezieht sich wohl auf den zweiten Satz bezüglich der Besteuerung des Klostergutes.

Die Verfassung bestimmt, daß die Klöster der allgemeinen Steuerpflicht unterliegen. Damit ist das Kloster als juristische Person gemeint. Als solche hat das Kloster nach der neuen Verfassung dieselben Steuern zu tragen wie jede andere Korporation. Darin kann eine Verletzung der Rechtsgleichheit nicht gefunden werden.

Eine Steuerbefreiung der einzelnen Klosterinsassen ist in der neuen Schwyzer Verfassung nirgends ausgesprochen. § 16 unterstellt a l l e Einwohner des Kantons in gleichem Maße der gesetzlichen Steuerpflicht. Darunter fallen auch die Klosterinsassen. Es wird von der Regierung von Schwyz in ihrer zweiten Vernehmlassung behauptet,
daß alle Klosterinsassen die Personaltaxe der Militärpflichtersatzsteuer bezahlen. Es liegt kein Grund vor, diese Angabe zu bezweifeln. Eine Erwerbssteuer giebt es im Kanton Schwyz nicht, also kann auch in dieser Beziehung eine Rechts-

512 Ungleichheit nicht behauptet werden. Wenn einzelnen Klosterinsassen nachgewiesenermaßen Vermögen zustände, wäre dieses Vermögen der Besteuerung des Staates unterworfen. Da, wie oben angegeben, die Verfassung den allgemeinen Grundsatz enthält, daß alle Kantonseinwohner der gleichen Steuerpflicht unterliegen, so kann eine Genehmigung der Verfassung nicht abgelehnt werden, wobei es den Interessenten überlassen bleibt, im einzelnen Falle, wenn eine ungleiche oder unrichtige Anwendung dieser Verfassungsbestimmung nachgewiesen würde, die zutreffenden Maßnahmen auf dem Rechtswege ogc zu veranlassen.

II. Die römisch-katholische Kirchgemeinde.

Im Kanton Schwyz ist die Trennung der Gemeinden in politische und Kirchgemeinden nicht vorhanden. Es giebt nur e i n e Gemeinde, welche sowohl staatlicher als kirchlicher Selbstverwaltungskörper ist.

Die neue Verfassung ändert grundsätzlich an diesen Verhältnissen nichts; sie bringt nur infolge der allmählich eingetretenen Differenzierung der Konfessionsangehörigkeit der Gemeitideangehörigen gewisse Vorschriften, welche sich auf die getrennte Verwaltung des Kirchengutes beziehen, und eröffnet verfassungsmäßig die Möglichkeit der Bildung besonderer römisch-katholischer Kirchgemeinden.

A. Die besondern Rechte der römisch-katholischen Gemeindeeinwohner.

§ 91, letzter Absatz, bestimmt: ,,Die römisch-katholischen stimmfähigen Einwohner einer Gemeinde wählen nebstdem die Verwalter derjenigen kirchlichen Güter'und Stiftungen, deren Verwaltung bisher von der Gemeinde ausgeübt wurde. Sie bethätigen das Wahlrecht (Präsentationsrecht) für diejenigen geistlichen Pfründen, für welche es ihnen nach bisheriger Übung zukommt. Ohne Genehmigung der kirchlichen Oberbehörden dürfen kirchliche Güter und Stiftungen nicht veräußert oder geschmälert noch zweckwidrig verwendet und keine neue kirchliche Stiftung mit Verpflichtungen angenommen werden."

§ 97, litt. TM, bestimmt : ,,In denjenigen Gemeinden, in welchen die in § 92 vorgesehene Trennung der politischen von der kirchlichen Gemeinde nicht besteht, haben die gemäß § 91, letzter Absatz, gewählten

513 Verwalter der kirchlichen Güter und Stiftungen jährlich dem Gemeinderate Rechnung abzulegen. Diese Rechnungen sind als eigener Abschnitt der Gemeinderechnung beizufügen. Bei Prüfung dieser Rechnungen, wie überhaupt bei Behandlung kirchlicher Fragen, sind nur Konfessionsangehörige stimmberechtigt und ist das betreffende Pfarramt als Vertreter der Kirche beizuziehen."· § 91 handelt im allgemeinen von den Befugnissen der Gemeindeversammlung, § 97 von den Befugnissen des Gemeinderates.

In der Verfassung von 1876 war der offizielle Titel der Gemeinde ,,Kirchgemeinde"1. Dieser ist fallen gelassen. Die neue Verfassung kennt unter dem Vorbehalt des § 92 nur noch Gemeinden, so daß sich der Kanton in folgende Verwaltungskörper gliedert : a. die Bezirksgemeinde, b. die Gemeinde.

Gewisse Bezirksgemeinden fallen territorial allerdings mit den politischen Gemeinden zusammen, ein Verhältnis, das an anderer Stelle noch näher berührt werden soll.

In § 25 ist zwar bei Ausscheidung der Staatsbehörden der Name ,,Kirchgemeinde''' noch stehen geblieben, der sonst in der neuen Verfassung überall vermieden wird.

Trotzdem, daß der Name Kirchgemeinde (mit der eben angegebenen Ausnahme) weggefallen ist, umfassen die Befugnisse der Gemeinde auch die Verwaltung der zur Gemeinde gehörigen kirchlichen Güter und Stiftungen und das Wahlrecht (Präsentationsrecht) der Geistlichen ; soweit die kirchlichen Bedürfnisse allfällig eine besondere Steuererhebung erfordern, wird die Gemeinde auch hierüber im allgemeinen Voranschlag, § 91, litt, e, zu bestimmen haben.

Der letzte Absatz von § 91 erklärt einzig die römisch-katholischen Gemeindeeinwohner stimmberechtigt: a. zur Wahl des Verwalters der kirchlichen Güter und Stiftungen ; b. zur Ausübung des Wahl-(Präsentations) rech tes der Geistlichen gegenüber dem Bischof.

Für Veräußerungen, Schmäleruugen oder zweckwidrige Verwendungen des Kirchengutes ist zudem Genehmigung der kirchlichen Oberbehörden vorgesehen; ebenso zur Annahme neuer mit Verpflichtungen verbundener Stiftungen.

514 Die Beschwerde Krieg und Mithafte sieht in diesen Bestimmungen eine Beeinträchtigung der freien Verwaltung des Kirchengutes und eine Verwandlung des Wahlrechtes der Geistlichen in ein bloßes Präsentationsrecht.

Unserer Ansicht nach enthalten die angeführten Bestimmungen nur den Versuch einer Ausscheidung der Befugnisse der politischen und der Kirchgemeinde. Ob nicht auch der Kanton Schwyz durch die Macht der Verhältnisse mit der Zeit dazu gedrängt werden wird, eine wirkliche Ausscheidung dieser in ihrem Verwaltungszweck verschiedenen Gemeinden vorzunehmen, braucht nicht untersucht zu werden.

Vorauszuschicken ist, daß die neue Verfassung, wie diejenige von 1876, nur die römisch-katholische Kirche zur Staatskirche ·erhebt (§ 2).

,,Die römisch-katholische Kirche, sowie die freie und uneingeschränkte Ausübung ihres Glaubensbekenntnisses und Gottesdienstes sind gewährleistet.

,,Die freie Ausübung gottesdienstlicher Handlungen innert deu Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung ist auch allen ändern Konfessionen und Religionsgenossenschaften gewährleistet."

Wenn daher die Verfassung von Kirchengut spricht, so ist damit Gut römisch-katholischer Kirchen oder Kirchgemeinden gemeint. Denn als K i r c h e ist nur die römisch-katholische Konfession anerkannt. Eine besondere Organisation der Kirchgemeinde auf dem Boden des in der kantonalen Verfassung anerkannten Staatskirchenrechtes ist nichts der Bundesverfassung Widersprechendes.

Weder werden dadurch die dem Bunde zustehenden kirchenpolitischen Hoheitsrechte, noch wird die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze verletzt. Denn daß Nichtkonfessionsangehörige bei der Verwaltung des Kirchengutes nicht mitzuwirken haben, ist auch in ändern Kirchengesetzeu vorgesehen, ohne daß jemals darin eine Verletzung der Rechtsgleichheit gefunden wurde. Im Gegenteil, es liegt im Begriff der Kirchgemeinde, daß sie nur aus Angehörigen einer bestimmten Konfession zusammengesetzt ist. Das Eigentümliche des Schw}'zer Rechtes besteht nur darin, daß, als Korporation des öffentlichen Rechtes genommen, eigentlich Hinein e Gemeinde besteht, deren Beschlüsse aber je nach den Verwaltungszweigen in verschiedener Weise zu stände gekommen.

Das findet sich aber auch sonst im Gemeindeverwaltungsrecht vor. So giebt es z. B. im bernischen Verwaltungsrecht eine aus

515 der Einwohiiergemeinde und der Burgergemeinde gebildete einheitliche gemischte Gemeinde. Handelt es sich aber um Aufnahme neuer Burger, so tritt die Burgergemeindeversammlung zu einer separaten Versammlung zur Entscheidung darüber zusammen (vgl.

das bernische Gemeindegesetz vom 6. Dezember 1852, § 69).

Ein ähnlicher Zustand wird durch die neue Verfassung des Kantons Schwyz für die in § 91, letzter Absatz, genannten Gegenstände der Gemeindeverwaltung geschaffen. Sobald eines der dort näher bezeichneten Traktanden in der Gemeindeversammlung zur Verhandlung gelangt, wird eine separate Gemeindeversammlung gebildet, welche ausschließlich aus den römisch-katholischen Gemeindegenossen besteht.

Bezüglich der evangelisch-reformierten Kirche war eine besondere Bestimmung nicht erforderlich, weil diese Kirche von der ·Schwyzer Verfassung überhaupt nicht organisiert wird, sondern unter die freien, nicht staatlich gegliederten Verbände fällt.

Die Wahl der staatlich anerkannten Geistlichen zu ordnen, steht dem Kanton zu. Daß in der Bezeichnung des Wahlrechtes der Kirchgemeinde als Präsentationsrecht eine Abänderung des frühern Zustandes liegt, wie die Eingabe Krieg und Genossen behauptet, ist, nebenbei bemerkt, nicht richtig. ^Die Pfarrer werden von der Gemeinde gewählt, d. h. dem Bischof p r ä s e n t i e r t .

Es ist dies uraltes, in allen U r k a n t o n e n geltendes R e c h t. "· (Vgl. Gareis und Zorn, Staat und Kirche in der Schweiz, I, S. 165 oben und 1660 Was das Genehmigungsrecht der kirchlichen Oberen betrifft, so ist dagegen nichts einzuwenden, sobald man auf dem Standpunkte steht, daß es den Kantonen freisteht, eine oder mehrere Kirchen als staatlich anerkannte in der Verfassung anzuerkennen.

,,Es liegt in der konstitutionellen Befugnis der Kantone, auf ihrem Gebiete das äußere Verhältnis des Staates zu den verschiedenen Kirchen und Glaubensgenossenschaften so zu ordnen, wie sie es für angemessen erachten, und der Bund ist nur darüber zu wachen berufen, daß die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewahrt und die freie Ausübung gottesdienstlieher Handlungen innerhalb den Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung für alle gesichert bleibe." (v. Salis H, Nr. 716.)

Diesem letzten Erfordernis ist in Absatz 2 des § 2 der neuen Schwyzer Verfassung in hinreichender Weise Genüge gethan.

Eine Einführung geistlicher Gerichtsbarkeit kann, wie die.

Beschwerdeführer Krieg und Genossen anzunehmen scheinen, in Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

37

516 dem Genehmigungsrecht der kirchlichen Obern nicht gefunden werden. Dieses Genehmigungsrecht darf überdies auch nach der neuen Schwyzer Verfassung nicht als ein unbeschränktes und unbedingtes angesehen werden.

Das Kirchengut bildet jedenfalls nach Schwyzer Recht einen Gegenstand der Gemeindeverwaltung. Die gesamte Gemeindeverwaltung untersteht aber der Aufsicht des Regierungsrates. § 53 der neuen Verfassung bestimmt: ,,Er (der Regierungsrat) übt die Aufsicht über die Verwaltung der Bezirke und Gemeinden aus und wacht über die Erhaltung des Vermögens derselben."

Demnach hat der Regierungsrat das Recht und die Pflicht, über die gesamte Gemeindeverwaltung zu wachen, insbesondere aber für den intakten Bestand des Vermögens der Gemeinden zu sorgen.

Daß mit diesem staatlichen Oberaufsichtsrecht konkurrierend auch ein Genehmigungsrecht der kirchlichen Obern bei Veräußerungen, Schmälerungen, zweckwidrigen Verwendungen und Annahme neuer kirchlichen Stiftungen mit Verpflichtungen aufgenommen wird, kann bei richtiger und zweckmäßiger Anwendung dieser Bestimmungen nur als eine erhöhte Garantie dafür angesehen werden, daß das Kirchengut seiner öffentlich-rechtlichen Bestimmung nicht entfremdet wird.

Was endlich das Recht der besondern Rechnungsgenehmigung anbetrifft, so ist dieselbe nur ein Ausfluß der getrennten Verwaltung des allgemeinen Gemeindegutes und des Kirchengutes.

Sonderbar erscheint hierbei nur die Inkongruenz, daß bei der Prüfung der Rechnungen des Kirchengutsverwalters durch den Gemeinderat nur die römisch-katholischen Gemeinderäte mitwirken, daß aber bei Genehmigung der Rechnung durch die ganze Gemeinde keine Trennung stattfindet, sondern die Gesamtgemeinde, ohne eine Ausscheidung nach Konfessionen vorzunehmen, über die Rechnungsvorläge zu verhandeln und abzustimmen hat (vgl. § 91, litt. d).

Die Beiziehung des Pfarrers bei der Prüfung der Rechnungen und bei kirchlichen Angelegenheiten überhaupt bildet keinen Grund, die Genehmigung der neuen Schwyzer Verfassung zu versagen.

Daß diese Bestimmung unklar sei (,,verwirrungsvolla, Eingabe Krieg und Genossen), kann nicht behauptet werden. Insbesondere ergiebt sich aus der Verfassung nirgends ein Anhaltspunkt, daß Schulfragen als kirchliche Fragen zu behandeln wären. Allgemein können kirchliche von weltlichen Beratungsgegenständen sehr wohl ausgeschieden werden.

517

Es ist noch auf § 9 der Schwyzer Verfassung zu verweisen, wonach das Primarschulwesen auf Grundlage von Art. 27 der Bundesverfassung geordnet ist.

Auch wäre natürlich bei unzulässigen Übergriffen der geistlichen Gewalt im Schulwesen das Rekursrecht an die kantonalen Oberbehörden und an die Bundesbehörden gegeben.

B. Die Bildung besonderer römisch-katholischer Kirchgemeinden.

§ 92 der neuen Verfassung bestimmt : ,,Da, wo ein Bedürfnis sich geltend macht, können von den politischen Gemeinden getrennte öffentlich - rechtliche römisch - katholische Kirchgemeinden (Pfarr- oder Filialgemeinden) mit eigenen Behörden und mit dem Rechte der Steuererhebung von den daherigen Kirchgenossen gebildet werden. Die Genehmigung zur Bildung solcher selbständigen Kirchgemeinden und deren Statuten und Organisation unterliegt dem Kantonsrate. Dieselbe ist zu erteilen, wenn das Einverständnis der zuständigen kirchlichen Organe nachgewiesen und für eine sichere finanzielle Grundlage Gewähr geleistet wird."

Sobald die Anerkennung der römisch-katholischen Kirche in der Verfassung gegeben ist, kann in der Organisation besonderer, diesem Religionsbekenntnis angehörigen Kirchgemeinden, die übrigens nach § 92 der neuen Verfassung nur als eine eventuelle behandelt wird (vocibus: da, wo ein Bedürfnis sich geltend macht etc.), nichts vom Standpunkte der Bundesverfassung Unstatthaftes erblickt werden.

Auch der von der Eingabe Krieg und Mithafte geltend gemachte Standpunkt, daß darin eine Ungleichheit gegenüber den Angehörigen der evangelisch-reformierten Konfession liege, ist nicht stichhaltig. Zwar ist die Auffassung der Schwyzer Regierung, ·daß sich Art. 4 der Bundesverfassung nicht auf juristische Personen beziehe, wenigstens nach der Praxis des Bundesgerichtes (Entsch. A. S. VIII, 8; X, 168), kaum haltbar; aber das Verfassungsrecht von Schwyz behandelt die evangelisch-reformierte Konfession überhaupt nicht als Kirche, so daß die einzelne Glaubensgenossenschaft auch nicht den Anspruch auf die Qualifikation einer öffentlich-rechtlichen Kirchgemeinde erheben kann. Sie könnte z.-B; auch nicht eine Ausscheidung eines Anteils des Kirchengutes für ihre Konfessionsgenossen verlangen.

Trotzdem kann § 92 nur mit einem bestimmten Vorbehalte genehmigt werden, welcher sich aus der vom Bundesgericht dem

518

Art. 50, Absatz 3, B.-V. gegebenen Interpretation ergiebt (vgl. Urteil des B.-G., A. S., Bd. XXIV, 1. Abt., S. 632 fi., in Sachen christkatholische Genossenschaft St. Gallen contra Großen Rat des Kantons St. Gallen}.

Das Bundesgericht hat in diesem Entscheide dem Art. 50, Absatz 3, der Bundesverfassung nicht nur eine Bedeutung als Kompetenznorm beigelegt, sondern darin eine materielle Garantie für den Fall der Trennung von Glaubensgenossenschaften desselben Religionsbekenntnisses oder der Bildung neuer Glaubensgenossenschaften gefunden ; eine Garantie, die so weit geht, daß unter gewissen Voraussetzungen der sich von der ursprünglichen Gemeinschaft abtrennende Teil oder die neugebildete Genossenschaft den Anspruch erheben darf, als öffentlich-rechtliche Korporation anerkannt zu werden. Das Kirchengut soll seinem öffentlich-rechtlichen Zwecke nicht entfremdet werden. Dies ist nur möglich bei Bildung einer öffentlich-rechtlichen Korporation.

Es ist bei den gespannten konfessionellen Verhältnissen im Kanton Schwyz nicht ausgeschlossen, daß ähnliche thatsächliche Umstände wie in St. Gallen eintreten und zur Bildung neuer Religionsgenossenschaften führen können. Ob der Fall der Zuerkennung der Eigenschaft einer öffentlich-rechtlichen Korporal ion gegeben sein wird, läßt sich unter den heutigen Verhältnissen weder bejahen noch verneinen.

Aber gerade weil hierüber im gegenwärtigen Zeitpunkte nichts entschieden werden kann, darf nicht der Fall der Verneinung als ausschließlich geltendes Verfassungsrecht gesetzt werden.

Es ist deshalb an die Genehmigung des § 92 der neuen Verfassung ein ausdrücklicher Vorbehalt auf Grund von Art. 50, Absatz 3, der Bundesverfassung zu knüpfen.

III, Die Proportionalwahl.

Durch die Eingabe Krieg und Genossen und durch die Eingabe Steinhauer und Genossen werden die §§ 26 und 46 (letzterer nur von Krieg und Genossen) angefochten.

§ 26 lautet: ,,Der Kantonsrat wird in geheimer Abstimmung in den Gemeinden nach dem Verhältnis der Wohnbevölkerung gew.ählt. Die Wohnbevölkerung bestimmt sich jeweilen nach der amtlich publizierten letzten eidgenössischen Volkszählung.

,,Jede Gemeinde bildet einen Wahlkreis für sich und hat auf je 600 Einwohner einen Abgeordneten zu wählen, wobei ein

519 Bruchteil über 300 zu einem ferneren Mitgliede berechtigt. Jede Gemeinde hat wenigstens ein Mitglied zu wählen. In denjenigen Gemeinden, in welchen drei oder mehr Kantonsräte zu wählen ·sind, erfolgen die Wahlen nach dem Proportionalsystem. Ein Gesetz wird die nähern Bestimmungen hierfür aufstellen/1 § 46, Abs. 2, bestimmt: ,,Er (der Regierungsrat) besteht aus sieben Mitgledern und wird in geheimer Abstimmung in den Gemeindeversammlungen frei aus den Stimmberechtigten des Kantons .gewählt. Särnliche Gemeinden bilden für die Regierungsratswahlen einen einzigen Wahlkreis. "· Zur Vervollständigung muß bemerkt werden, daß mit § 26 auch § 27 angefochten ist und daß vom Standpunkte der Beschwerdeführer auch § 104 unhaltbar wäre, der für die "Wahl eines Verfassungsrates dieselben Grundsätze wie für die Wahl des Kantonsrates vorsieht.

Gegen diese Bestimmungen wird Art. 4 der Bundesverfassung ins Feld geführt. Rechtsungleichheit entstehe schon dadurch, daß es überhaupt zwei verschiedene Wahlsysteme im Kanton gebe, daß der Regierungsrat nach dem Majoritätssysteme, der Kantonsrat aber teils nach diesem, teils nach dem Proportionalsysteme gewählt werde; aber geradezu eine Bevorzugung der kleinen Bewirke vor den großen werde dadurch geschaffen, daß in den Bezirken mit drei oder mehr Kantonsräten die Proportionalwahl eingeführt werde, während die übrigen Bezirke die Majoritätswahl behielten.

Diese Argumentation scheint uns nicht begründet.

Schon die Verfassung von Zug, welche am 26. Juni von den Räten die eidgenössische Gewährleistung erhielt (vergi. A. S. n. F.

XIV, 280), bietet in § 78, Abs. 2, eine beinahe gleichlautende Vorschrift*), die jedenfalls in ihrem Inhalte genau auf dasselbe wie diejenige der Schwyzer Verfassung hinauskommt.

Was aber nicht zu verwundern ist; denn die Anwendung eines proportionalen Wahlverfahrens wird erst da möglich, selbst in der beschränktesten Form des limited votum, wo mehr als zwei Kandidaten in Wahl stehen. In einem Staate mit bloßen EinerWahlkreisen, wie z. B. das deutsche Reich, kann die Frage der Einführung des Proportional Verfahrens überhaupt gar nicht entstehen.

*) ,,Bei diesen Wahlen muß, sobald im Wahlkreise mehr als zwei Mitglieder in die gleiche Behörde zu wählen sind, der Grundsatz des proportionalen Wahlverfahrens (Minderheitsvertretung) zur Anwendung kommen."

§ 78, Absatz 2, der Verfassung des Kantons Zug.

520 Man wird nun für schweizerische Verhältnisse nicht sagen können, daß das Nebeneinanderbestehen von Binerwahlkreisen und des Listenskrutiniums zu verwerfen sei; denn sowohl im eidgenössischen Wahlgesetze als in den Wahlkreiseinteilungen verschiedener Kantone finden sich je nach der Bevölkerungszahl bald Einerwahlkreise, bald gleichzeitige Wahl mehrerer in demselben Wahlkreise.

Ist aber dieses Nebeneinanderbestehen verschieden gearteter Wahlkreise gegeben, so ist die Möglichkeit der Anwendung verschiedener Wahlsysteme vorhanden und kann nicht von vornherein als eine ungleiche Behandlung vor dem Gesetz bezeichnet werden.

Denn es sind thatsächliche Verschiedenheiten vorhanden, welche aus Zweckmäßigkeitsgründen den Gesetzgeber veranlassen können, eine verschiedene Behandlung eintreten zu lassen. Für den Einerwahlkreis ist das Majoritätssystem das gegebene, ebenso für den Zweierwahlkreis; sobald aber mehr zu wählen sind, kann der Gesetzgeber sich allerdings fragen, ob er auch in diesem Falle nur das System einfacher Majorität oder ein proportionales Wahlverfahren zur Anwendung gelangen lassen will.

Es ist dabei nicht ausgeschlossen, daß auf die schließliche Entscheidung des Verfassungsrates gewisse Tendenzen, die eine oder die andere Partei durch das Proportionalverfahren in eine günstigere Stellung zu bringen, wie solche von den Beschwerdeführern geschildert werden, von Einfluß gewesen sind. Sobald solche Tendenzen aber in einem Gebiet zur gesetzgeberischen Ausprägung gelangen, das seiner Natur nach gesetzgeberisch verschieden behandelt werden kann, so ist dagegen vom Standpunkteder Rechtsgleichheit nichts einzuwenden.

Wir halten deshalb, d. h. weil verschiedene Gegenstände vorliegen, welche auch gesetzgeberisch verschiedener Behandlung fähig sind, nicht dafür, daß eine Verletzung des Art. 4 der Bundesverfassung durch § 26, 27 und 104 der neuen Verfassung begangen wird.

Noch weniger ist dies der Fall mit § 46, Absatz 2, welcher für die Regierungsratswahlen, für welche die direkte Volkswahl eingeführt wird, das Prinzip der einfachen Majorität vorsieht. Eskann keine Rechtsungleichheit darin gesehen werden, daß für zwei verschiedene Behörden (Kantonsrat und Regierungsrat) verschiedene Wahlsysteme angewendet werden, ebensowenig als wenn verschiedene Wahlbehörden bestehen, also die Volkswahl nur für den Kantonsrat, aber nicht für den Regierungsrat bestünde. Wir halten

521 dafür, daß auch § 46 anstandslos die eidgenössische Gewährleistung erhalten darf.

IV. Die fakultative Einführung des Urnensystems für die Bezirke Gersau, Einsiedeln und Küssnacht.

Der Kanton Schwyz zerfällt verwaltungsrechtlich, wie wir schon oben bemerkten, in Bezirke und Gemeinden.

Die Bezirke bestehen aber teilweise, was mit historischen Verhältnissen im Zusammenhang stehen mag, nur aus einer einzigen Gemeinde, so die Bezirke Gersau, Einsiedeln und Küßnacht (§ 23 der neuen Verfassung gleich § 27 der Verfassung von 1876).

Die Bezirke repräsentieren die staatliche Verwaltung, soweit sie decentralisiert und nicht in den Händen der Regierung ist.

Oberstes Organ ist die Bezirksgemeinde, welche (neben den auf den einzelnen Bezirk fallenden Mitgliedern des Kantonsgerichtes) die Bezirksbehöden : den Bezirksrat, den Bezirksammann (Vertreter der Regierung), das Bezirksgericht und den Bezirksgerichtspräsidenten wählt.

Es ist zwar in der Verfassung nirgends ausdrücklich gesagt, ob diese Wahlen nach dem offenen Handmehr oder geheim nach dem Urnensystem stattfinden.

Aber die Beschwerdeführer (Steinhauer und Mithafte) und der Regierungsrat des Kantons Schwyz scheinen darüber einig zu sein, daß das erstere, d. h. das offene Mehr, als richtige Auslegung der Verfassung aufzufassen sei.

Für die Gemeinden ist dagegen vorgesehen (§ 90, Abs. 2), daß entweder geheimes oder offenes Mehr bei den durch dieselben zu treffenden Wahlen angewendet werden kann.

§ 95 bestimmt sodann: ^In denjenigen Bezirken, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind, gelten die obigen Bestimmungen in analoger Weise für die Bezirksgemeindeversammlung."· Daraus ist die Konsequenz zu ziehen, daß in den Bezirksgemeinden, welche nur aus einer Gemeinde bestehen, das offene Mehr für die Wahlen der Bezirksbeamten wegfallen und die geheime Abstimmung durch Urnensystem eingeführt werden kann.

Aus diesem Grunde wird nun § 95 von der Eingabe Steinhauer und Genossen angefochten, indem eine Reehtsungleichheit

522 darin erblickt wird, daß die Bezirksbeamten in den übrigen Bezirken nur mit offenem Handmehr, in den drei genannten Bezirken aber durch offenes oder geheimes Mehr erwählt werden können.

Diesen Ausführungen kann eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Als zutreffend muß zugegeben werden, daß die Funktionen der Bezirksgemeinde nach dem ausdrücklichen Willen der Verfassung keine Gemeindeverwaltungsangelegenheiten mehr betreffen, sondern die eigentliche Staatsverwaltung angehen. Wenn auch dieser Teil der Staatsverwaltung im Kanton Schwyz, abweichend von ändern kantonalen Rechten, nicht als eine nur durch Beamte geleitete Verwaltung anzusehen ist, sondern durch das Institut der Bezirksgemeinde und des Bezirk'srates ein Stück Selbstverwaltung stattfindet, so ist es eben doch Staatsverwaltung. Der Richter ist nicht Gemeinderichter, der Bezirksammann nicht Gemeindebeamter, sondern Stellvertreter der kantonalen Centralregierung. Als solcher kommt er dazu, das Aufsichtsrecht des Regierungsrates über die Gemeindeverwaltung entweder von Gesetzes wegen oder auf speciellen Auftrag auszuüben. Er ist also ein der Gemeindeverwaltung übergeordnetes Organ.

Die in der Antwort des Regierungsrates auf die Eingabe Steinhauer und Mithafte auf Seite 6 oben aufgestellte Behauptung, daß die Verhältnisse in den Bezirken mit e i n e r Gemeinde unter anderin auch deshalb verschieden liegen, weil in diesen Bezirksammann und Gemeindepräsident in einer Person zu wählen seien, ist an der Hand der Verfassung entschieden unrichtig. Die Verfassung macht keine Ausnahme und erklärt allgemein den Bezirksammann für ein Gemeindeamt, also auch für den Gemeindepräsidenten, nicht wählbar. Auch die kantonalen Bestimmungen vom 14. März 1895 über Organisation und Geschäftsreglement der Bezirksämter stehen in § l, Absatz 3, auf demselben Boden.

Es sind aber doch auch gewisse Verschiedenheiten v.u konstatieren, die nicht außer acht gelassen werden dürfen.

Die Hauptverschiedenheit liegt darin, daß in den Bezirken mit nur einer Gemeinde das Zwischenglied des rein staatlichen Selbstverwaltungskörpers genau genommen wegfällt, denn : a. eine eigene Bezirksgemeinde giebt es nicht. Die Bezirksgemeinde ist thatsächlich identisch mit der Gemeinde; b. einen besondern Bezirksrat giebt es ebenfalls nicht. Derselbe fällt nach § 100 zusammen mit dem Gemeinderat, d. h. der Gemeinderat besorgt die Geschäfte des Bezirksrates.

523 Es ist also in den Bezirken mit nur einer Gemeinde: ithatsächlich die sonst durch eigene Organe repräsentierte staatliche Bezirksselbstverwaltung der Gemeinde übertragen. Die Gemeinde hat in diesen Bezirken weitergehende Befugnisse als in den aus mehreren Gemeinden bestehenden Bezirken.

Wenn nun in § 95 der neuen Verfassung die Bestimmungen über die Gemeinde analog auf diejenigen Bezirksgemeinden anwendbar erklärt werden, in welchen der Gemeinde die Ausübung staatlicher Rechte übertragen ist und dadurch für die Wahlart der Bezirksbeamten gewisse Verschiedenheiten entstehen, so können diese doch nicht als eine Rechtsungleichheit erachtet werden, da in der That der Wahlkörper ein anderer ist als bei der Bezirksgemeinde. Aus praktischen Gründen empfiehlt es sich, da hier keine besondere Bezirksgemeinde vorhanden ist, das für die Gemeinde anwendbare Wahlverfahren auch für die Wahlen der Be zirksbeamten gelten zu lassen.

Die übrigen Bestimmungen der revidierten Verfassung geben zu keinen besondern Bemerkungen Veranlassung.

Gestützt auf die oben stehenden Ausführungen beantragen wir, die Sehwyzer Verfassung in nachstehender Form zu genehmigen.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf '. zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 22. August 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der I. Vizekanzler: Schatzmann.

524 (Entwurf.)

ßundesbeschluß betreffend

die eidgenössische Gewährleistung der Partialrevision der Verfassung des Kantons Schwyz vom Jahre 1876.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Botschaft und des Antrages des Bundesrates vom 22. August 1899 betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Partialrevision der Verfassung des Kantons Schwyz vom Jahre 1876, in Betracht, daß § 92 der Verfassung des Kantons Schwyz (Gründung besonderer römisch-katholischer Kirchgemeinden) nur unter Vorbehalt des Art. 50, Absatz 3, der Bundesverfassung gewährleistet werden kann ; daß im übrigen die Verfassung des Kantons Schwyz vom 23. Oktober 1898 nichts enthält, was den Grundsätzen der Bundesverfassung widerstreitet, und die Voraussetzungen des Art. 6 der Bundesverfassung gegeben sind; daß die neue Verfassung in der Volksabstimmung vom 23. Oktober 1898 von der Mehrheit der stimmenden Bürger angenommen worden ist, beschließt:

525

1. Der Verfassung des Kantons Schwyz vorn 23. Oktober 1898 wird die Gewährleistung des Bundes erteilt. Zu § 92 wird Art. 50, Absatz 3, der Bundesverfassung ausdrücklich vorbehalten.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Gewährleistung der Partialrevision der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz, vom 23. Oktober 1898. (Vom 22. August 1899.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1899

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

34

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

23.08.1899

Date Data Seite

483-525

Page Pagina Ref. No

10 018 872

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.