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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox.

(Vom 3. Oktober 1899.)

Tit.

Namens eines Initiativkomitees in Grono reichten unterm 12. Oktober 1898 die Herren R. N i s o l i , Ingenieur, S. F. T o n ella, Maschinentechniker, und U. T o n o l l a , ein Konzessionsgesuch für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n von C a s t i o n e (eventuell B e l l i n z o n a ) nach M i s o x ein.

Laut dem allgemeinen Berichte soll die Bahn, von Bellinzona aus der Straße folgend, zwischen Arbedo und Castione die Brücke der Gotthardbahn über die Moësa benützen, wobei das Trace auf das Planum des einen Gotthardbahngeleises gelegt würde. Um es gleich hier zu bemerken, so erklärte sich das Eisenbahndepartement einstweilen gegen eine solche Mitbenutzung, weil daraus eine Störung des freien Verkehrs auf der Hauptbahn entstehen müßte.

Indessen muß die definitive Entscheidung hierüber, sowie über die Frage, wie die Gotthardbahn bei Castione gekreuzt werden soll, dem Plangenehmigungsverfahren vorbehalten werden.

Von Castione bis Lumino würde die Bahn noch auf eigenen Bahnkörper zu liegen kommen, um in letzterer Ortschaft die Straße wieder zu gewinnen. Da in Roveredo die Baulinien sehr nahe bei einander stehen, müsse man diesen Engpaß umfahren. Vor Grono werde eine eigene Brücke über die Calancasca erforderlich,

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um die Richtungsverhältnisse günstiger zu gestalten. Es empfehle sich, in Grono durch das Dorf zu fahren, was eine kleine Straßenerweiterung bei der Kirche notwendig mache.

Bis oberhalb Cabbiolo werde wieder die Straße benützt ; hier werde ein kurzes Stück auf eigenem Bahnkörper erstellt, um das Gregengefälle der Straße zu vermeiden. Unterhalb der Serpentine von Soazza trete derselbe Fall wieder ein, und zwar wegen der ungünstigen Steigungsverhältnisse der Straße. Die Bahn werde sich mit 60 °/oo Steigung längs der Lehne entwickeln und Mesocco unterhalb der Straße zu gewinnen suchen.

Von der ganzen Baulänge von 32 Kilometern sollen ungefähr 5 auf eigenem Bahnkörper erstellt werden. Der Minimalradius werde 50 Meter, die Maximalsteigung 60 %o betragen. Da ßellinzona 225 Meter über Meer liege und die Station Mesocco ungefähr 750 Meter hoch zu liegen komme, so werde eine Höhendifferenz von 525 Metern zu überwinden sein.

Für den Betrieb werde man behufs Ausnützung der vorhandenen Wasserkräfte Elektrizität mit oberirdischer Stromzuführung verwenden. Die Kraftstation sei in Grono vorgesehen ; man würde den baulichen Teil für die größtmögliche Kraftleistung anlegen, während der Hochbau und die mechanisch-elektrische Anlage vorläufig nur für die Kraftmenge erstellt würde, die für Bahnzwecke nötig sei. In Lumino, Cabbiolo und Soazza würden Sekundärstationen zur Speisung der Linie erstellt werden.

Für den Personenverkehr seien zwei Zugskompositionen notwendig. Bis Grono könne man einen Personen-Motorwagen mit einem Anhängewagen führen, während von Grono bis Misox der Motorwagen allein zu kursieren habe. Es wären daher drei Motorwagen und vier Anhänge wagen mit je 40 Plätzen zu beschaffen.

Die Motorwagen erhalten eine Abteilung für den Post- und Gepäckdienst. Für den Güterverkehr werden zwei elektrische Lokomotiven, vier Schemelwagen für Langholztransporte, vier offene und zwei gedeckte Güterwagen in Aussicht genommen.

Der Staatsrat des Kantons Tessin teilte mittelst Zuschrift vom 10. Dezember 1898 mit, daß der Erteilung der Konzession nichts entgegenstehe. Unterm 8. August 1899 übermittelte er dem Eisenbahndepartement ein Exemplar des vom Großen Rat des Kantons Tessin am 3. Juni abhin erlassenen Dekretes über die Benützung der Kantons- und Bezirksstraßen für den Betrieb von Nebenbahnen.

Pie Bestimmungen dieses Dekretes sind in Art. 26 vorbehalten, soweit sie nicht den Vorschriften der Bundeskonzession oder der Bundesgesetzgebung widersprechen.

817 Der Kleine Rat des Kantons Graubünden sprach sich in seiner Vernehmlassung vom 27. Dezember 1898 ebenfalls für die Erteilung der Konzession aus und gab dem Eisenbahndepartement unterm 19. Juni 1899 die Bedingungen bekannt, unter welchen der Große Rat des Kantons Graubünden durch Beschluß vom 23. Mai 1899 die Benützung der Staatsstraße von Misox bis zur Tessiner Grenze bewilligt hatte.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 26. September 1899 statt, nachdem sie auf den 11. August angesetzt, jedoch wegen Verhinderung der Regierung von Graubünden verschoben worden waren. Man einigte sich allseits auf den nachstehenden Konzessionsentwurf, welcher im großen und ganzen die für elektrische Straßenbahnen üblichen Bestimmungen enthält, mit der Ausnahme, daß mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr eine zweite Personenwagenklasse vorgesehen ist, in welcher eine Taxe von 12 Rp. per Kilometer erhoben werden darf. Diese Taxe mag an und für sich etwas hoch erscheinen ; sie ist aber unseres Erachtens dadurch gerechtfertigt, daß diese Rücksichtnahme auf die Fremden eine Verteuerung des Betriebes bedeutet, welcher nur während der Sommersaison entsprechende Mehreinnahmen gegenüber stehen.

Auch wird die hohe Taxe etwas kompensiert durch den verhältnismäßig niedrigen Ansatz von 7 Rp. pro Kilometer in der dritten Klasse.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlaß, Sie. Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. Oktober 1899.

Im Namen des Schweiz. Buudesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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(Entwurf.)

Bimdesfoeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren R. Nisoli, Ingenieur in Grono, und Mitbewerber, vom 12. Oktober 1898; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 3. Oktober 1899, beschließt: Den Herren R. Nisoli, Ingenieur, S. F. Tonella, Maschinentechniker, und U. T o n o 11 a, handelnd namens eines Initiativkomitees in Grono, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen S t r a ß e n b a h n von C a s t i o n e (eventuell Bellinzona) nach M i s o x unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Grono.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschrifts- · mäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahn Verwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zu Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen,, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt bloß den Transport von Personen, Gepäck und Gütern. Zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

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Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens viermal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge ist Sache des Bundesrates.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 7 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist zur Ausgabe von Abonnementsbilletten zu ermäßigter Taxe nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen verpflichtet.

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Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Persönentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens \ Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. FUr das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

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Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 16 und 18 aufgestellten Tax. bestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist ·das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung ge'nügender Erneuerung«- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder

823 dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. In Bezug auf die Benutzung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb gelten die Vorschriften des Beschlusses des Großen Rates des Kantons Graubünden vom 23. Mai 1899, sowie des Dekretes des Großen Rates des Kantons Tessin 'vom 3. Juni 1899 und die in Gemäßheit des letztern vom Staatsrate allenfalls noch weiter aufzustellenden Vorschriften, soweit dieselben nicht mit den Bestimmungen der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Tessin und Graubünden, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben dieDrittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis Ì. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

824 Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichts.

Art. 28. Haben die Kantone Tessin und Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Castione (eventuell Bellinzona) nach Misox. (Vom 3.

Oktober 1899.)

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1899

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40

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04.10.1899

Date Data Seite

815-824

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