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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Dr. A. Müller, Apotheker in Baden.

(Vom 7. September 1899.)

Tit.

Laut Urteil des Bezirksgerichtes Baden d. d. 27. Juni 1899 wurde Dr. A. Müller, Apotheker in Baden, wegen fahrlässiger Gefährdung des Eisenbahnbetriebes in eine Gefängnisstrafe von l Tag und zu Fr. 30 Buße verurteilt.

Durch die Untersuchung war erhoben, daß aus dem Gewehr des am 15. Februar abends mit Zug 25 der Nordostbahn von der Jagd zurückkehrenden Apothekers Müller kurz vor der Station Baden ein Schuß losging, der am Kopfe eines Reisenden vorbei in die Decke des Wagens ging. Das Gericht erklärte, es könne keinem Zweifel unterliegen, daß durch das Entladen des Gewehres eine Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Integrität der mitreisenden Passagiere herbeigeführt worden sei, welche ursächlich darauf zurückgeführt werden müsse, daß der Angeschuldigte es unterlassen habe, sein Gewehr vor dem Besteigen des Zuges zu entladen; strafmildernd falle in Betracht, daß nicht konstatiert worden sei, daß der Angeschuldigte in unvorsichtiger Weise mit dem Gewehre hantiert, sondern daß offenbar auch der Zufall eine nicht geringe Rolle gespielt habe.

Der Verurteilte sucht im Wege der Begnadigung um Erlaß der Gefängnisstrafe und führt zur Begründung an, daß eine Freiheits-

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strafe nicht im Verhältnis sei zu seinem Verschulden, und das Erstehen derselben ihn in seiner socialen Stellung schwer schädigen würde.

Das Gesetz sieht für alle Fälle fahrlässiger Eisenbahngefährdung die Kumulation von Freiheitsstrafe und Geldbuße vor, und es war deshalb das Gericht verpflichtet, auf Gefängnisstrafe zu erkennen.

Wir sind der Ansicht, daß im gegebenen Falle, namentlich im Hinblick auf den durch das Gericht festgestellten geringen Grad subjektiven Verschuldens, die Freiheitsstrafe als zu hart erscheint und stellen bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei dem Gesuche des Petenten zu entsprechen und die Gefängnisstrafe in Gnaden zu erlassen.

B e r n , den 7. September 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Blngier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Dr. A. Müller, Apotheker in Baden. (Vom 7. September 1899.)

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Jahr

1899

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4

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37

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13.09.1899

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636-637

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