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Schweizerische Bundesversammlung,

Die gesetzgebenden Räte der Eidgenossenschaft sind am 25. September 1899 zur Fortsetzung der ordentlichen Sommersession zusammengetreten.

Neugewählte Mitglieder : Nationalrat.

Herr H ä n g g i , Franz Joseph, von Nunningen, in Solothurn, Regierungsrat.

., L u r a t i , Giovanni, von und in Lugano, Großrat.

Im N a t i o n a l r a t e widmete Herr Präsident Dr. Heller dem soeben verstorbenen Kollegen Herrn S o n d e r e g g e r von Heiden folgenden Nachruf: Meine Herren Kollegen !

,,Mitten im Leben sind wir vom Tode umgeben." Dieser alte Satz ist heute zu unserem großen Leidwesen neuerdings zur Wahrheit geworden.

Auf der Reise von seiner Heimat nach Bern starb plötzlich unser Kollege Herr Landammann Sonderegger von Heiden. Er bestieg in fröhlicher heiterer Stimmung in Luzern den Zug und war im eifrigen Gespräche mit dem Vorsitzenden Ihres Rates begriffen, als er plötzlich, kaum zwei Minuten nach der Abfahrt, seinen Kopf niedersenkte. Kein Wort kam mehr über seine Lippen, ohne ein Zeichen des Schmerzes, ohne Todeskampf verschied Landammann Sonderegger. Bei der nächsten größern Station Malters wurde die Leiche zurückgelassen und der Obhut seines engern Landsmannes und Kollegen, Herrn Eisenhut, übergeben.

So stehen wir, meine Herren Nationalräte, am Sarge eines Mannes, um den zunächst seine Familie tief trauert, sie hat den

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geliebten Gatten, den immer sorgenden Vater verloren. Das Volk seines Heimatkantons hat einen bewährten Vertreter verloren, der sich mit voller Kraft allen Fragen des öffentlichen Lebens in der uneigennützigsten Weise annahm, und der darum auch, wie selten «iner, das Vertrauen seiner Wähler genoß.

Das gesamte Vaterland beklagt den Verlust eines Mannes, der von patriotischem Geiste erfüllt war, dessen ganzes Sinnen und Trachten dem Wohlergehen des schweizerischen Volkes gewidmet war.

Wir, seine Kollegen, haben ihn hoch geachtet und geehrt, wir kannten ihn als ein Ratsmitglied, das mit großem Eifer seinen Pflichten oblag, und das bei aller Entschiedenheit seiner politischen Gesinnung allen ein liebenswürdiger Kollege war.

Wir wollen ihm, dem wackern Manne und treuen Freunde, ein liebevolles Andenken bewahren. Ich lade Sie ein, zur Ehrung des Verstorbenen sich von Ihren Sitzen erheben zu wollen.

Bei der Sessionseröffnung im S t ä n d e r a t gedachte Herr Präsident Simen des verstorbenen Herrn Nationalrates S o n d e r e g g e r von Heiden mit folgenden Worten : Geehrte Herren Ständeräte !

Bevor wir unsere Arbeiten beginnen, habe ich die traurige Pflicht, Ihnen eine schmerzliche Mitteilung zu machen : soeben hat der Tod, wie ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel, eines der mit Recht geachtetsten Mitglieder der Bundesversammlung jäh hinweggerafft, Herrn Nationalrat Johann Konrad Sonderegger, von Heiden, Appenzell A.-Rh., gerade als er im Bahnzuge von Luzern nach Bern fuhr. Er ist gefallen wie ein braver Soldat auf dem Felde der Ehre, umgeben von einigen Kollegen, welche mit ihm reisten und welche ihm nur noch pietätsvoll die Augen zudrücken konnten. Statt hier seinen herzlichen Händedruck zu empfangen, sind wir nun darauf beschränkt, seinem teuren Andenken die letzte Ehre zu erweisen.

Johann Konrad Sonderegger wurde in Heiden im Jahre 1834 geboren. Aus einfacher Familie entsprossen, hat er sich durch seine Arbeit und seine Intelligenz eine unabhängige Stellung zu schaffen gewußt. Schon früh trat er in das öffentliche Leben ein, er ward Gemeindepräsident, dann Mitglied der Regierung seines

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Kantons, und Landammann. Wer vor etwa 10 Jahren der Landsgemeinde von Appenzell A.-Rh. beiwohnte, hat gewiß sein männliches, imponierendes Antlitz nicht mehr vergessen, und hat seine kräftige Stimme und seine so einfache und doch so würdevolle Haltung in gutem Andenken behalten. Er war auch Mitglied des Obergerichts, sowie des Großen Rates, welcher ihn mehrmals zum Präsidenten wählte, ferner der evangelischen kantonalen Synode, welche er ebenfalls während langer Jahre präsidierte.

Seit der Dezembersession des Jahres 1881 gehörte Sonderegger ohne Unterbrechung dem Nationalrat an und nahm in demselben eine sehr bemerkenswerte Stellung ein ; sein scharfer Blick, sein sicheres Urteil und seine Prinzipientreue machten ihn zum würdigen Vertreter eines einfachen und gerechten Vplkes.

Er gehörte zur radikal-demokratischen Gruppe, und seine Freunde in dieser Gruppe bedauern schmerzlich die große Lücke, welche er in ihr zurückläßt; alle Mitglieder der Bundesversammlung aber, ohne Unterschied, werden die freundlichste Erinnerung an den ausgezeichneten Kollegen bewahren, an den Mann mit dem trefflichen Herzen, der sein Vaterland heiß geliebt und ihm treu gedient hat.

Meine Herren Kollegen ! Sie wollen durch Erheben von Ihren Sitzen das Andenken an unsern tiefbetrauerten Kollegen ehren, und seiner so schwer getroffenen Familie unser Aller Beileid ausdrücken, wie auch seinem Heimatkanton, der einen seiner besten Söhne verliert.

Die Räte beschließen sodann auf Antrag ihrer Präsidenten,, sich an der Beerdigung des Verstorbenen durch Delegationen vertreten zu lassen.

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