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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Übereinkommens über den Anschluß dès schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke IselleDomodossola.

(Vom 4. Dezember 1899.)

Tit.

Mit Beschluß vom 21. Dezember 1896 haben Sie den Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von Brig nach Domodossola vom 25. November 1895 genehmigt. Art. 26 dieses Vertrages bestimmt: ,,Die Bezeichnung des internationalen Bahnhofes, eventuell der internationalen Bahnhöfe, sowie die Aufstellung der Vorschriften betreffend den Zoll-, Post-, Telegraphen-, den allgemeinen Polizei- und den Sanitätspolizei dienst der 'beiden Staaten, welche in dem oder den genannten internationalen Bahnhöfen gelten sollen, bleiben, soweit diese Punkte nicht im gegenwärtigen Vertrag geregelt sind, ausdrücklich einer spätem Vereinbarung zwischen den Regierungen der beiden Staaten vorbehalten."

Wenn auch die erwähnten Vorschriften erst auf den Zeitpunkt der Betriebseröffnung der Simplonbahn in Wirksamkeit treten werden und daher die Verhandlungen darüber in Anbetracht der wenigstens fünfjährigen Bauzeit ohne Nachteil noch geraume

762 Zeit hätten verschoben werden können, war dagegen eine baldige Entscheidung in Bezug auf Bezeichnung des oder der internationalen Bahnhöfe wünschbar. Um die Aufstellung des definitiven Projektes und die Ausarbeitung der Pläne für die Station Brig an die Hand nehmen zu können, muß die Jura-Simplon-Bahn wissen, ob Brig als internationaler Bahnhof bezeichnet wird oder nicht, indem davon die Gestaltung der Anlage wesentlich abhängt. In gleicher Lage befindet sich Italien in Bezug auf die Station Domodossola.

Deshalb stellte die Direktion der Jura-Simplon-Bahn mit Eingabe vom 24. Oktober 1898 das Ansuchen, es möchte der Bundesrat die nötigen Schritte thun, damit die Bezeichnung des oder der internationalen Bahnhöfe so bald als möglich erfolge.

Vor Einleitung bezüglicher Verhandlungen mit der italienischen Regierung zum Zwecke gemeinsamer Entscheidung der Frage war es notwendig, sich zunächst auf schweizerischer Seite über den dabei einzunehmenden Standpunkt schlüssig zu machen. Es fallen bei dieser Frage nicht bloß Eisenbahninteressen in Betracht, die der Bund vom Standpunkt einerseits der Aufsichtsbehörde über das Eisenbahnwesen und anderseits der künftigen Bundesbahnverwaltung zu wahren hat, sondern es sind dabei auch eine Reihe anderer Zweige seiner Verwaltung, insbesondere die Zollverwaltung, sehr wesentlich beteiligt. Es mußte daher auch diesen ändern interessierten Verwaltungen Gelegenheit zur Stellungnahme und Wahrung ihres Standpunktes in Bezug auf die zu treffende Entscheidung geboten werden. Nachdem dieselben die Frage untersucht hatten, fand am 14. November 1898 eine bezügliche Verhandlung statt, bei welcher außer dem Eisenbahndepartement und der Direktion der Jura-Simplon-Bahn die Zoll-, die Post-, die Telegraphenverwaltung und das Landwirtschaftsdepartement, letzteres mit Rücksicht auf die Viehseuchenpolizei, vertreten waren. Ferner hatte die Regierung des Kantons Wallis der Einladung zur Beschickung der Konferenz Folge geleistet, um den lokalen "Wünschen Ausdruck zu geben. Nach einem vorläufigen Meinungsaustausche in dieser Konferenz haben die verschiedenen Verwaltungen über ihre Stellungnahme zu den in Frage kommenden Lösungen und über die Gestaltung ihrer Dienste in den einzelnen Fällen schriftlich berichtet. Auch das Militärdepartement hat die Frage der internationalen Bahnhöfe
am Simplon vom Standpunkt der militärischen Landesinteressen aus einläßlich begutachtet.

Wie sich aus der eingangs angeführten Bestimmung des Staatsvertrages ergiebt, handelt es sich um die Frage, ob bei der neuen Verbindungslinie mit Italien durch den Simplon vom Standpunkt

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der beteiligten schweizerischen Interessen dem bei der Mehrzahl der Grenzanschlüsse zwischen schweizerischen und ausländischen Eisenbahnlinien angenommenen System eines e i n z i g e n e i n h e i t l i c h e n i n t e r n a t i o n a l e n B a h n h o f e s , wo nicht bloß der Betriebsanschluß der Bahnen sich vollzieht, sondern wo auch der Dienst aller weiter beteiligten Verwaltungen beider Staaten vereinigt ist, oder aber dem bei einigen westschweizerischen Grenzanschlüssen üblichen System z w e i e r i n t e r n a t i o n a l e r B a h n h ö f e , d. h. der soweit möglich getrennten Etablierung je der.

Dienste eines Staates auf dem Grenzbahnhofe des eigenen Gebietes, der Vorzug zu geben sei oder ob eventuell im vorliegenden Fall eine andere kombinierte Lösung anstrebenswert erscheine. Ferner hatte man sich darüber schlüssig zu machen, welche Station, beziehungsweise Stationen im einen und ändern Falle als internationale bezeichnet, beziehungsweise als solche bei den Verhandlungen mit Italien vorgeschlagen und angestrebt werden sollen.

Beim Simplon sind nun die thatsächlichen und auch rechtlichen Verhältnisse von denjenigen der bereits bestehenden Grenzanschlüsse zum Teil verschieden ; zudem kann die Entschließung nicht bloß nach rein grundsätzlichen Gesichtspunkten oder nach Konvenienz frei getroffen werden, sondern sie ist schon mehr oder weniger präjudiziert.

Es fallen namentlich folgende Momente in Betracht: 1. Die Grenze und damit der bauliche Anschluß der beidseitigen Schienenstränge fällt ungefähr in die Mitte des großen Tunnels, an dessen Nordeingang, in l,e km. Entfernung von demselben, die Station Brig und an dessen Südeingang, in 500 m.

Entfernung, die Station Iselle gelegen ist, wo die steile, südliche Zufahrtsrampe endigt. Während sich nun Brig für eine größere Stationsanlage in jeder Beziehung eignet, bietet dagegen das in der engen Diveriaschlucht eingeschlossene Iselle für einen Bahnhof von einiger Ausdehnung keinen Raum. Es folgen dann auf italienischer Seite die Stationen Varzo und Preglia, welche ähnliche Verhältnisse aufweisen wie Iselle. Die erste italienische Station, wo ein großer internationaler Bahnhof erstellt werden kann, ist das 17 km. vom südlichen Tunnelausgange entfernte Domodossola, dessen Lage in der Ebene der Tosa jede wünsehbare Erweiterung der bestehenden
Station erlaubt. Daselbst beginnt auch die Zufahrtsrampe zum Tunnel.

Hieraus folgt, daß, abgesehen ' von ändern Gesichtspunkten, nach den topographischen Verhältnissen der Linie einzig B r i g

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und D o m o d o s s o l a , nicht aber auch Iselle oder eine andere zwischen der Grenze und Domodossola gelegene Station für eine internationale Bahnhofanlage überhaupt in Betracht kommen können.

2. Für den Bau und Betrieb des ganzen Tunnels, auch der italienischen Teilstrecke desselben bis zur Station Iselle (ausschließlich derselben), ist Inhaberin der Konzession die Jura-SimplonBahn, an deren Stelle später der Bund treten wird. Es ist damit vertraglich garantiert, daß das bedeutendste Bauwerk der Linie, der Tunnel, unter allen Umständen ausschließlich in der Hand der s c h w e i z e r i s c h e n Verwaltung bleibt. Diese allein und ohne Einschränkung wird Unterhalt, Bewachung und Betrieb des Tunnels zu besorgen haban. Bis Iselle kommen demgemäß, vorbehaltlich der bezüglichen Bestimmungen des Staatsvertrages, auch die schweizerischen Tarif- und Transportvorschriften zur Anwendung, d. h.

der Übergangspunkt bezüglich der Tarife wird der nördliche Eingang der Station Iselle sein.

Durch Art. 15 des Staats Vertrages ist aber außerdem der B e t r i e b d e r L i n i e v o n B r i g b i s D o m o d o s s o l a , welcher, wie im Vertrag ausdrücklich bestimmt ist, nur von einer der beiden Anschlußbahnen besorgt werden soll, der J u r a - S i m p l o n B a h n in ihrer Eigenschaft als Konzessionärin des Baues und Betriebes des großen Tunnels, welcher den wichtigsten Teil der Linie bildet, zugesichert. Damit ist der schweizerischen Verwaltung ermöglicht, indem sie auf einer nicht unbeträchtlichen Strecke den Betrieb einer wichtigen Verkehrslinie in ihre Hand bekommt, in bedeutsamer Weise auf dem fremden Staatsgebiete Fuß zu fassen.

Die großen Vorteile dieses Verhältnisses zunächst in eisenbahnpolitischer, aber auch in staatspolitischer und in militärischer Beziehung sind in die Augen springend. Es kann unseres Erachtens keinem Zweifel unterliegen, daß diese Vorteile gewisse Nachteile, welche mit dieser Regelung der. Anschlußfrage etwa verbunden sein können, bei weitem überwiegen. Da der Bahnhof Domodossola auf italienischem Gebiet gelegen und Eigentum der italienischen Verwaltung ist, so wird allerdings die schweizerische Bahnverwaltung daselbst im allgemeinen der italienischen Gesetzgebung unterworfen sein. Die italienische Verwaltung wird die Station Domodossola in einer den Bedürfnissen eines großen
Anschlußbahnhofes entsprechenden Weise zu erweitern haben; sie wird auch den äußern Bahnhofdienst besorgen. Auch werden für das schweizerische Personal, welches gezwungen sein wird, dauernd auf fremdem Gebiete Aufenthalt zu nehmen, gewisse Übelstände damit verbunden sein. Daß aber bei der Bahnhofanlage dem Be-

tes dürfnisse auch der schweizerischen Anschlußbahn in ausreichendem Maße Rechnung getragen werde, daß die dienstlichen Beziehungen der beiden Verwaltungen in einer Anstände und Friktionen möglichst ausschließenden Weise von vornherein geordnet werden und die schweizerische Verwaltung nicht der Willkür der italienischen preisgegeben sei, dafür kann in dem abzuschließenden Mitbenützungsvertrage ausreichend Vorsorge getroffen werden. Es wird dies in ähnlicher Weise zu geschehen haben wie für die Gotthardbahn in Luino, wo ein ganz analoges Verhältnis thatsächlich bereits besteht und wo sich dank der eingehenden und klaren vertraglichen Regelung der gegenseitigen Beziehungen bisher keine wesentlichen Anstände ergeben haben.

Allerdings hat dann die erwähnte, allgemein lautende Vertragsbestimmung durch Art. 2 der italienischen Konzession (Konvention vom 22. Februar 1896) eine Präcisierung in einschränkendem Sinne erfahren, indem bestimmt wurde, daß zwischen Iselle und Domodossola der Betrieb der Jura-Simplon-Bahn sich auf den Zugsdienst zu beschränken habe, für welchen sie von der italienischen Regierung eine jährliche Entschädigung erhalte, welche sie für alle ihr aus dieser Dienstbesorgung erwachsenden Kosten voll decke. Demnach wird zwar der Bahnunterhaltungs- und Bahnbewachungs-, sowie der Stationsdienst auf der Strecke IselleDomodossola der italienischen Verwaltung zufallen, aber immerhin bestehen bleiben, daß die schweizerische Verwaltung, welche den Fahr- und Zugsdienst besorgt, mit ihrem Betriebe bis Domodossola reicht. Denn es versteht sich, daß sie diesen Betrieb nur mit eigenem schweizerischem Personal besorgen wird, da ihr nicht zugemutet werden dürfte, die Verantwortlichkeit der Betriebsführung zu übernehmen, wenn sie dabei auf fremdes Maschinenund Zugspersonal angewiesen wäre. Es ist auch selbstverständlich, daß auf der Strecke, welche die schweizerische Verwaltung mit ihrem Personal betreibt, die schweizerischen Vorschriften zur Sicherung des Zugsverkehrs Geltung haben müssen (Fahrdienstund Signalreglement). Demnach wird zwischen Iselle und Domodossola ganz die nämliche Betriebsweise Platz greifen, wie sie zur Zeit auf der italienischen Strecke Pino-Luino besteht, wo ebenfalls, von der Gotthardbahn der Zugs- und Fahrdienst und von der italienischen Verwaltung der Bahnunterhaltungs-,
Bahnbewachungsund Stationsdienst versehen wird. Das Verhältnis der beiden Verwaltungen zu einander ist vertraglich bis in alle Einzelheiten genau geregelt, infolgedessen sich bisher keinerlei nennenswerte Schwierigkeiten bei dieser Betriebsweise ergaben.

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3. Da nun gemäß Vertrag, und zwar im schweizerischen Interesse, die s c h w e i z e r i s c h e Verwaltung auf der Strecke Brig-Domodossola den Betrieb zu übernehmen hat, so ist damit D o m o d o s s o l a als A n s c h l u ß p u n k t der b e i d e n E i s e n bahnbetriebe festgelegt.

Infolgedessen muß die schweizerische Verwaltung auf jeden Fall in Domodossola nicht nur die für ihren Maschinen- und Zugsdienst erforderlichen Einrichtungen haben, sondern es ist daselbst auch der ganze Übergabs- und Übernahmsdienst mit allen Nebenverrichtungen, welche damit im Zusammenhang stehen, und zwar im Verkehr nach beiden Richtungen, zu vollziehen. Die schweizerische Verwaltung muß die Züge von. Norden her nach Domodossola bringen und dort die von Süden her anlangenden übernehmen. Für alle durchgehenden Personenzüge wird sich der Übergang verhältnismäßig einfach gestalten, da eine Neuformierung der Züge, ein Wechsel des Rollmaterials fabgesehen von den Maschinen) am Übergangspunkt des Betriebes nicht notwendig ist, sondern die an den Hauptverkehrspunkten zusammengestellten Züge unverändert durchgehen werden. Bloß eine Untersuchung des Rollmaterials wird vorzunehmen sein, die aber bei solchen für den Durchgangsverkehr bestimmten Personenwagen eine ganz summarische sein kann und daher wenig Zeit in Anspruch nimmt.

Auch die Übergabe und Übernahme des Gepäcks wird bahndienstlich keine umständliche und zeitraubende Behandlung bedingen.

Dagegen hat bei Lokal- und gemischten Zügen ein Wechsel des Materials stattzufinden.

Wesentlich anders als beim Personenverkehr verhält es sich .beim Güter- und Viehverkehr. Bezüglich des Gütertransportes ist zwar sowohl durch den Staats vertrag (Art. 14 und 16) als durch das internationale Übereinkommen vom 14. Oktober 1890 der direkte Übergang ohne Réexpédition an der Grenze gesichert.

Allein damit ist nicht gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, daß die Güterzüge, selbst wenn sie beidseitig so zusammengesetzt zugeführt würden, daß sie zur Weiterbeförderung keiner Umrangierung bedürften, wie die Personenzüge ohne weitere bahndienstliche Manipulation abgeführt werden können. Vielmehr muß eine kontra·diktorische Übergabe und Übernahme mit Kontrolle von Verwaltung zu Verwaltung stattfinden und darüber eine Urkunde (Bordereau über Frachtbriefübergabe) ausgefertigt werden. Ferner
müssen die Stückgüter urngeladen werden und das durchgehende Material ist ·einer Untersuchung zu unterwerfen. Diese Manipulationen bedingen -also auf der Üborgangsstation, in Domodossola, auch für die Transit-

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guter (Wagenladungen und Stückgüter) ein unvermeidliches Stilllager von mehr oder weniger Ausdehnung. Es ist nun am einfachsten und bildet eine Ersparnis an Zeit und Kosten, wenn mit der Übergangsbehandliing, dem Umlad der Stückgüter und der Untersuchung des Materials auch das Zerlegen und Zusammensetzen der Züge für die Weiterbeförderung verbunden wird. In der Richtung von Nord nach Süd werden die Rangiermanöver ohne weiteres in Domodossola stattfinden. Bei Verlegung des Rangierens für die Richtung Süd-Nord nach Brig würden die Gütertransporte eine gewisse Verzögerung erleiden, und es würden für die Bahnverwaltung Mehrkosten entstehen, die vermieden würden, wenn die Züge schon auf der Übergangsstation Domo für den Weiterlauf über Brig hinaus bis Renens gebildet würden.

Für den Verkehr von Italien nach der Schweiz wird allerdings in Domodossola eine Teilung der Züge auch mit Rücksicht auf die daselbst beginnende Steilrampe erfolgen müssen ; in Brig können dann die getrennten Zugsteile behufs Ausnutzung der Zugskraft der Lokomotiven auf der Thalstrecke wieder zusammengekuppelt werden.

In Bezug auf den Viehtransport besteht kein direkter Verkehr.

Es handelt sich daher an der Grenze nicht bloß um Übergabe und Übernahme, sowie Weiterbeförderung auf Grund des gleichen Transportscheines und in dem gleichen Wagen, sondern es muß Réexpédition und Umlad stattfinden. Es versteht sich, daß dies auf der Station des Betriebsanschlusses, also in Domodossola geschehen muß, und es ist erwünscht, daß der bahndienstlich erforderliche Umlad mit der viehseuchenpolizeilichen Untersuchung, die ebenfalls den Auslad bedingt, zusammenfällt.

4. Es ist nun einleuchtend, daß es Vorteile bieten muß, wenn mit dem Betriobsübergang die Zollbehandlung örtlich und zeitlich vereinigt wird, d. h. wenn die bahndienstlich unumgängliche, zeitweise Unterbrechung der Transporte am Übergangspunkte auch für die ebenfalls mit einem unvermeidlichen Aufenthalte verbundene Zollbehandlung, soweit möglich nutzbar gemacht wird, oder umgekehrt, wenn Vorsorge getroffen wird, daß während des zur Erfüllung der Zollformalitäten erforderlichen Stilllagers der Transporte thunlichst auch die bahndienstlichen Übergangsmanipulationen abgewickelt werden. Durch diese Kombination läßt sich ein erheblicher Zeitgewinn erzielen.

Bei den direkten Personenzügen, welche an der Grenze ohne Material Wechsel durchlaufen, wird die zollamtliche Untersuchung, was die Reisenden und deren Handgepäck betrifft, wenn möglich

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wie auf einzelnen ändern Routen, im Zuge selbst, in Bezug auf das übrige Gepäck auf einer Station vorzunehmen sein. Diese muß mit den für die Zollrevision des Gepäcks erforderlichen Räumlichkeiten versehen sein, und es erheischt die Revision einen Aufenthalt von wenigstens 20 Minuten. Vorteilhaft wird es daher immer sein, wenn dieselbe auf die Übergangsstation verlegt wird, wo sowieso ein Aufenthalt unvermeidlich ist und wo der Personalund Maschinenwechsel, sowie die Untersuchung des Materials vor sich zu gehen haben. Das gleiche gilt für gemischte und Lokalzüge, bei denen der ganze Materialwechsel dazu kommt, noch in erhöhtem Maße.

Zeitraubender und umständlicher gestaltet sich die Zollbehandlung der Güter. Die Güterwagen müssen an die Zollschuppen verbracht und nach der Zollabfertigung daselbst wieder abgeholt werden. Es macht also die Zollbehandlung ein Zerlegen und Neuformieren der Güterzüge erforderlich. Wird nun damit das am Anschlußpunkt aus bahndienstlichen Gründen notwendige Umrangieren der Züge für den Weiterlauf verbunden, so kann an Zeit, Mühe und Kosten gespart werden. Während des nach mehreren Stunden sich bemessenden Stationierens der Wagen am Zollschuppen können auch die auf die Übergabe und Übernahme der Güter von einer Bahnverwaltung zur ändern bezüglichen Skripturen (Borderau über Frachtbriefübergabe etc.) und die Untersuchung der Transportgüter und des Materials vorgenommen werden, wodurch wieder gegenüber der Durchführung dieser Verrichtungen auf einer ändern als der Zollstation Zeit gewonnen wird.

Ähnlich verhält es sich mit den Transporten lebender Tiere.

Auch die Viehwagen müssen zum Zwecke der Zollbehandlung und der in der Regel damit verbundenen sanitätspolizeilichen Untersuchung an die Zollrampe gebracht und von dort wieder abgeholt werden. Ferner hat aber auf der Übergangsstation noch Réexpédition und Umlad stattzufinden. Werden nun diese drei Operationen (Zollabfertigung, tierärztliche Untersuchung und bahndienstliche Umladung und Réexpédition) auf verschiedenen Stationen durchgeführt, so beansprucht dies vermehrte Zeit.

Aber nicht bloß die Verlegung der Zollabfertigung an den Ort des Betriebsanschlusses, sondern auch schon die Vereinigung beider Zollstätten an sich trägt wesentlich zur Erleichterung und Beschleunigung des Verkehrs bei, und gemeinsame Zollstätten
liegen ferner auch im Interesse des Zolldienstes selbst, indem der engere Kontakt der beiden Verwaltungen namentlich die Kontrolle und die Überwachung, die Verhinderung und Entdeckung von

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Unterschleifen etc. erleichtert. Dagegen besteht allerdings keine dienstliche Notwendigkeit, daß die Zollabfertigung seitens beider Staaten am gleichen Orte vorgenommen werden müßte.

Von jeher war daher in der Schweiz das Bestreben der Behörden, der Eisenbahngesellschaften und des Handels auf Schaffung e i n h e i t l i c h e r internationaler Bahnhöfe an der Grenze, d. h. auf Verlegung des Zolldienstes beider Staaten in die nämliche Grenzstation gerichtet. Wenn an der Westgrenze in Genf und Verrières das angestrebte Ziel nicht erreicht werden konnte, so hing das anfänglich mit politischen Erwägungen zusammen, und später mit Interessen anderer Art, welche eine Änderung der bei der Betriebseröffnung getroffenen Ordnung der Dinge nicht wünschbar machten. In der Botschaft betreffend die Errichtung einer deutscheu Zollabfertigungsstelle auf dem Centralbahnhofe in Basel, vom 27. August 1873, hat der Bundesrat erklärt: ,,Die Errichtunginternationaler Zollstätten, wie eine solche durch die vorliegende Übereinkunft bezweckt wird, trägt in hohem Grade zur Erleichterung und Beschleunigung des Personen- und Warenverkehrs bei.

Die bereits an der Nord- und Ostgrenze bestehenden gemeinsamen Zollstätten (badischer Bahnhof in Basel, Waldshut, Schaffhausen, Thayngen, Erzingen, St. Margrethen, Buchs und Konstanz) haben sich vollkommen bewährt, und nach den neuesten Vorgängen sind nun auch günstige Aussichten für die Errichtung gemeinsamer Zollstätten an den wichtigsten Eisenbahnanschlüssen der Süd- und Westgrenze vorhanden". In der That wurde bei den Verhandlungen über die internationalen Bahnhöfe an der Gotthardbahn der Grundsatz der Vereinigung der Zollstätteu in der nämlichen Station nicht einmal in Diskussion gezogen und Luino und Chiasso als solche bezeichnet, nachdem der Bundesrat zuerst Bellinzona und Como vorgeschlagen hatte.

Der gleiche Grundsatz ist in Italien durchgeführt. Sowohl auf seiner West- als auf seiner Nordgrenze besteht auf den Anschlußlinien je nur ein einziger internationaler Bahnhof: Ventimiglia, Mudane, Luino, Chiasso und Ala. Nur im Osten sind an der österreichisch - italienischen Grenze (Semmeringlinie) die Zollstätten getrennt, die österreichische in Pontafel und die italienische in Pontebba. Bei dieser Regelung des Anschlusses unmittelbar nach dem Kriege von 1866 waren politische
Erwägungen den Rücksichten auf den Verkehr vorangestellt worden.

Diese Erwägungen weisen um so eher darauf hin, auch dem Simplon die Vorteile eines einheitlichen Übergangsbahnhofes zu sichern, als auf den Konkurrenzrouten des Gotthard und MontBundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

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Cenis ebenfalls nur je eine internationale Station besteht. Dem Transit über den Simplon muß jede mögliche Erleichterung und Beschleunigung gewährt werden, wenn diese Route mit den ändern erfolgreich in Wettbewerb treten soll. Wenn daher ausschließlich die Interessen des Bahnverkehrs in Betracht fallen würden, wäre Domodossola als einzige internationale Station auch für den Zolldienst zu erklären.

5. Es war aber noch zu untersuchen, ob wichtige Gründe, insbesondere Erwägungen politischer und militärischer Natur, oder andere Hindernisse entgegenstehen, welche eine andere Lösung als notwendig oder wünschenswert erscheinen lassen. In erster Linie ist nun hervorzuheben, daß es aus politischen Gründen vorzuziehen ist, daß wenigstens die schweizerische Zollbehandlung auf schweizerischem Gebiet, d. h. in Brig stattfinde. Die Ausübung der Zollhoheit sollte grundsätzlich auf dem eigenen ",,Territorium des Staates, welchem dieselbe zusteht, zur Anwendung kommen.

Brig eignet sich zudem vermöge seiner Lage unmittelbar am Nordeingang des Tunnels an und für sich gut als internationale Station, während Domodossola infolge seiner Entfernung von der Grenze und mit Bücksicht auf die Zwischenstationen, für welche ein besonderer Zolldienst sowohl von Italien als von der Schweiz eingerichtet werden müßte, als gemeinsame Zollstation weniger passend erscheint. Diese vorteilhafte Lage Brigs kann nun in der Weise ausgenützt werden, daß zwar nicht eigentlich die internationale Station, wohl aber die schweizerische Zollabfertigung dahin verlegt wird. Damit sind gleichzeitig die Bedenken beseitigt, welche der Aufenthalt zahlreichen italienischen Zollpersonals in Brig hervorrufen könnte und die Errichtung besonderer Zollstätten in Iselle, Varzo und Preglia vermieden. Auch wird die Schweiz nicht genötigt sein, die zwischen Domodossola und Brig verkehrenden Züge zollamtlich überwachen zu lassen.

Bei einer solchen Trennung der Verzollung bleibt jeder Staat Meister bei sich. Keine der beiden Zollstätten wird exterritorial, was für das Personal, speciell in seinen Beziehungen zu den lokalen Behörden, vorteilhafter ist. Auch wird es leichter sein, eine geeignete Bahnhofanlage, die Erstellung und Einrichtung der für die Zollabfertigung erforderlichen Räumlichkeiten in vollkommen genügender Ausdehnung auf einer Station des eigenen Landes zu erlangen.

O Dieses System verteilt endlich die mit der Entwicklung, welche die Erstellung von Zollstationen bringen wird, zusammen-

771 hängenden Vorteile in billiger Weise unter den beteiligten Grenzortschaften beider Länder.

6. Zu beachten ist nämlich, daß die Erfüllung der Hoffnungen, welche der Kanton Wallis namentlich bezüglich der Entwicklung der Ortschaft Brig auf die Realisierung des Simplonunternehmens setzt und zu setzen Grund hat, und die wohl bei Bewilligung der Opfer, welche sich der Kanton dafür auferlegte, wesentlich bestimmend gewesen sein mögen, großenteils davon abhängt, ob Brig als internationale Station oder wenigstens als schweizerische Zollstation bezeichnet wird. Der Staatsrat sprach deshalb mit Schreiben vom 12. November 1898 den angelegentlichen Wunsch aus, es möchte Brig als einzige internationale Gemeinschaftsstation, eventuell, wenn von italienischer Seite absolut an Domodossola als internationaler Station festgehalten werden sollte, wenigstens als solche auf Schweizerseite bestimmt werden. Gleichzeitig erklärte sich der Staatsrat zur Übernahme aller ihm von daher auffallenden Lasten, sei es in Bezug auf Stellung des nötigen Polizeipersonals, sei es in irgend welcher ändern Richtung, bereit. Er suchte auch nachzuweisen, daß die von ihm gewünschte Entscheidung die rationelle und den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechende sei.

Allein er ließ dabei außer Acht, daß durch die Vertragsbestimmung, wonach die Jura-Simplon-Bahri den Betrieb zwischen Brig und Domodossola zu besorgen hat, letzteres als Anschluß-, bezw.

Gemeinschaftsstation faktisch bereits festgelegt ist. Aus diesem Grunde können nicht alle Ausführungen des Staatsrates in der genannten Eingabe und in den Zuschriften vom 9. Mai und 12. September 1899 als zutreffend anerkannt werden.

Ohne Zweifel aber verdienen die von ihm vertretenen lokalen Interessen, welche sich an die Frage der Bezeichnung der internationalen Bahnhöfe knüpfen, alle Beachtung, und es sollte denselben, sofern und soweit es ohne Preisgabe wichtigerer Interessen geschehen kann, Rechnung getragen werden.

Dazu kommt, daß eine größere Stationsanlage in Brig doch nicht zu umgehen ist und es auch mit Rücksicht hierauf empfehlenswert erscheint, die schweizerische Zollabfertigung dahin zu verlegen. Vor allem muß in Brig notwendig ein größeres Maschinendepot errichtet und es müssen genügende Geleise erstellt werden, um die auf der Steigung zwischen Domo und Iselle getrennten Züge
verstärken und die infolgedessen zum Stationieren daselbst genötigten Züge aufstellen zu können. Ferner wird, in Anbetracht der großen Entfernung zwischen Renens und Domodossola, ohne

wenigstens eine größere Zwischenstation auf diesseitigem Gebiete nicht wohl auszukommen sein. Auch vom militärischen Standpunkt ist eine ausgedehntere, zur Aus- und Einschiffung größerer Truppenkörper geeignete Stationsanlage in Brig, als der letzten Station gegen die Grenze, unumgänglich. Der Jura-Simplon-Bahn muß überdies aus dienstlichen Gründen daran gelegen sein, in der Nähe der Grenze eine größere Station, über welche sie allein und nach ihrem Belieben verfügen kann, zu besitzen. Ferner erscheint es auch mit Rücksicht auf die projektierte Lötschbergbahn, deren Anschluß in Brig vorgesehen ist, sowie auf eine allfällige Fortsetzung durch das Oberwallis nach Airolo geboten, die Stationseinrichtungen in Brig nicht zu knapp zu halten.

Daraus folgt, daß es unrichtig wäre, Brig einfach als Zwischenstation von untergeordneter Bedeutung zu behandeln, sondern daß in der That triftige Gründe dafür sprechen, dem Bahnhof daselbst, auch wenn er nicht als internationaler bezeichnet wird, eine gewisse Ausdehnung auf alle Fälle zu geben. Damit wird aber den lokalen Interessen ausreichend Berücksichtigung geschenkt.

7. Die Postverwaltung bezeichnet es vom postalischen Standpunkt aus als die günstigste Lösung, wenn nur ein internationaler Bahnhof beschlossen würde, in welchem die Postbureaux, die Zollämter und die Güter- und Gepäckexpeditionen beider Staateu einheitlich untergebracht würden. Der rege Verkehr des schweizerischen Grenzpostbureaus mit allen diesen Dienststellen würde dann auf die denkbar einfachste, rascheste und sicherste Weise abgewickelt. Neben dem großen internationalen Briefpostverkehr komme für das Auswechslungsbureau einer Transitbahn namentlich auch der Poststück- und der Fahrpostverkehr in Betracht. Jedenfalls erfordere die rasche Erledigung des Postdienstes, daß die Verzollung der Poststücke am nämlichen Orte stattfinde, wo deren Übergabe an die andere Verwaltung vorgenommen werde, und zwar auch in dem Falle, wenn die übrige Verzollung getrennt auf zwei Bahnhöfen vorgenommen würde.

Da der Zugsdienst zwischen Brig und Domodossola von der Jura-Simplon-Bahn übernommen werde, müssen auch die schweizerischen Bahnpostwagen mit dem Begleitpostpersonal bis und von Domo kursieren. Die Übergabe und die Übernahme der internationalen Brief- und Fahrpost an die, resp. von den italienischen
Transportanstalten habe somit richtigerweise in Domodossola zu erfolgen und es seien auf letzterem Bahnhofe der schweizerischen Postverwaltung die erforderlichen Diensträume zur Verfügung zu stellen.

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8. Für die Telegraphenverwaltung ist die vorliegende' Frage «hne wesentliche Bedeutung, indem von deren Lösung, in welchem Sinne sie auch erfolge, weder die Anlage der Telegraphen- und Telephonlinien, noch die Art der Telegramrnauswechslung beeinfluß!

wird. Es ist nur dafür zu sorgen, daß die Zoll-, Post-, Polizeiund Sanitätsbeamten, welche Funktionen auf dem Gebiete des anderà Staates ausüben, im amtlichen Verkehr mit den Behörden ihres Landes den Telegraphen unentgeltlich benutzen können, wie dieses für Chiasso und Luino zwischen den beiden Telegraphenverwaltungen vertraglich geregelt ist.

9. Bezüglich des tierärztlichen Dienstes an der Grenze würde den Anforderungen der Viehseuchenpolizei am besten entsprochen, wenn das ausländische Vieh unmittelbar an der Grenze zur Untersuchung gelangte und die Einfuhr nur für gesund befundene Tiere gestattet würde ; diese zweckmäßigste Anordnung ist indessen im vorliegenden Falle infolge der topographischen und Verkehrsverhältnisse nicht möglich. Unter den einzig in Betracht kommenden Stationen Brig und Domodossola hat letztere den Vorteil, daß die Zurückweisung infizierter Tiere stattfinden kann, ohne daß die Verbreitung der Seuche im Inlands befürchtet werden muß, während in Brig, ungeachtet aller Vorsichtsmaßregeln, der Ansteckungsstoff auf die Ställe der Ortschaft und weiter verbreitet werden könnte. Für die Viehseuchenpolizei ist es demnach von wesentlichem und unbestreitbarem Vorteil, die tierärztliche Untersuchung der einzuführenden Tiere auf italienischem Boden, d. h. in Domodossola, vorzunehmen.

10. Die laut den internationalen Konventionen von Dresden vom 15. April 1893 und von Venedig vom 19. März 1897 auszuübende Seuchenpolizei gegen Cholera und Pest wird unzweifelhaft am richtigsten da vorgenommen, wo die Übergabe und Übernahme der Personenzüge stattfindet, d. h. in Domodossola.

11. Vom Standpunkt der militärischen Interessen des Landes begutachtete das Generalstabsbureau die Frage der internationalen Stationen am Simplen in einem konfidentiellen Berichte an das Militärdepartement, welches dessen Ausführungen beistimmte, dahin, daß es die Betriebsführung auf der Strecke Brig-Domodossolü ausschließlich durch die Jura-Simplon-Bahn und die Bezeichnung von Domodossola zum internationalen Übergangsbahnhof als zweckmäßig erachte.

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, beauftragte der Bundesrat seine Delegierten zur Konferenz mit den Vertretern der

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italienischen Regierung, welche am 18. September 1899 in Bern zusammentrat, die Geneigtheit auszusprechen, üomodossola als internationalen Anschlußbahnhof für den Übergang des Bahndienstes> des Post- und Telegraphendienstes und für die Ausübung des Polizeidienstes, speciell der Epidemien- und Viehseuchenpolizei anzunehmen, unter der Bedingung, daß der schweizerische Zolldienst in Brig verbleibe, mit einziger Ausnahme der Verzollung der Fahrpoststücke, welche in Verbindung mit dem Postübergabedienst in Domodossola vorzunehmen sei. Die italienische Abordnung verfocht mit Entschiedenheit den Standpunkt, daß im Interesse einer raschen Bedienung des Verkehres auch der gesamte Zolldienst in den einheitlichen internationalen Bahnhof Domodossola zu verlegen sei. Wir mußten zugeben, daß solche Betriebsrücksichten allerdings mit Grund für die Vornahme auch der schweizerischen Verzollung in Domodossola für das Reisendengepäck angeführt werden können, hielten aber daran fest, daß im übrigen der gesamte Schweizerzoll für Eil- und Frachtgut, mit Inbegriff der Viehtransporte, in Brig stattzufinden habe.

Vorbehaltlich der Zustimmung der Ministerien, von denen die italienischen Delegierten abgeordnet waren, einigte sich die Konferenz sodann auf die im beiliegenden Übereinkommen niedergelegten Grundsätze.

Gemäß Art. l findet der effektive Anschluß der schweizerischen und italienischen Bahnlinien bei der bergwärts gelegenen Einfahrtsweiche der Station Iselle statt; mit diesem Anschlußpunkte fällt der Schnittpunkt der Tarife zusammen.

Art. 2 bezeichnet Domodossola als internationalen Bahnhot' für den Austausch des internationalen Verkehrs und fin- den Dienst der Post, des Telegraphen, der allgemeinen Polizei und der Seuchenpolizei der beiden Staaten. Der schweizerische Zolldienst wird, mit Ausnahme der oben erwähnten Verzollung der Fahrpoststücke und des Reisendengepäckes, in Brig eingerichtet, der italienische in Domodossola, mit italienischen Zollbureaux letzter Klasse auf den Zwischenstationen Iselle, Varzo und Preglia. Einem Wunsche des schweizerischen Handelsstandes entsprechend, wurde zum voraus bestimmt, daß die Zollbureaux in Brig und Domodossola kompetent sein sollen, die Verzollung sämtlicher Waren, ohne Ausnahme, vorzunehmen. Die Aufnahme einer solchen Bestimmung war bei den Vertragsverhandlungen von
1895 von Italien noch lebhaft bestritten worden, wurde aber jetzt als für die Hebung des Verkehres durch den Simplon vorteilhaft anerkannt. Eine Anregung, die gleiche Begünstigung sofort auch für Luino und Chiasso gültig:

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zu erklären, wurde einer besondern Behandlung überwiesen, wenn auch von der italienischen Delegation zugegeben wurde, daß eine gleichmäßige Behandlung der drei Übergangspunkte sachlich begründet erscheine.

Art. 3 bestimmt, in Übereinstimmung mit den Verträgen betreffend die internationalen Bahnhöfe der Gotlhardbahn, daß die für die öffentlichen Dienste erforderlichen Räume und Einrichtungen auf den Bahnhöfcn von den Bahnverwaltungen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen seien ; eine besondere Verständigung bleibt vorbehalten bezüglich der für die Epidemienpolizei zu treffenden Einrichtungen. Allfällige Beamtenwohnungeri sind angemessen zu verzinsen.

Über die Bedingungen des Betriebes der Strecke DomodossolaIselle und des Bahnhofes Domodossola haben sich die schweizerische und die italienische Bahnverwaltung direkt zu verständigen, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Regierungen. Die letztern werden eine bezügliche Vereinbarung unter sich treffen, falls eine Einigung unter den Bahnverwaltungen nicht zu. stände kommen sollte (Art, 4).

Immerhin sind die Hauptgrundsälze für den Betrieb des Bahnhofes Domodossola, den Wagenübergang, die Betricbsbcsorgung auf der Bahnstrecke Domodossola-Iselie, die Fahrpläne, die Gültigkeit der Réglemente, die Stellung des Personals auf den gemeinschaftlich benützten Stationen und auf der Strecke DomodossolaIselie, die Verantwortlichkeit für Schadensfälle auf der letzteren und die Wahrung der vollen Staatshoheit jeder Regierung auf ihrem Gebiete schon im vorliegenden Übereinkommen niedergelegt (Art. 5 bis und mit 14). Es sind das die Bestimmungen, welche bleibenden Charakter haben ; eine nähere Begründung derselben erscheint nicht notwendig, da sie den für analoge Verhältnisse geltenden Bedingungen entsprechen und an sich deutlich sind.

Die Ausscheidung der Dienstbesorgung auf der Strecke Dornodossola-Iselle beruht, wie schon oben mitgeteilt, auf der Festsetzung früherer Verträge. Alle Ausführungsvorschriften, sowie namentlich auch alle Normen für die von den Bahm erwaltungen zu leistenden, bezw. zu beziehenden Entschädigungen, welche von Zeit zu Zeit einer Revision bedürfen werden und diihcr kündbar ·sein müssen, sind dagegen dei- besondern Verständigung zwischen den Bahnverwaltungen vorbehalten.

Auf den Wunsch Italiens ist in Art. 13, welcher die volle Souveränität eines jeden Staates für sein Gebiet wahrt, die specielle

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Erwähnung des Art. 281 des italienischen Gesetzes über die öffentlichen Bauten vom 20. März 1865 aufgenommen worden; derselbe lautet : ,,Die Konzessionäre der öffentlichen Eisenbahnen haben für alle Zufälle aufzukommen und sich allen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Ereignissen zu unterwerfen, ohne sich den Verpflichtungen, die sie laut ihren Konzessionen eingegangen sind, entziehen zu können und ohne ein Anrecht auf besondere Entschädigungen zu erwerben, die nicht ausdrücklich in den Konzessionsakten vorgesehen sind.

,,Wenn die Regierung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder zur Verteidigung des Staates die zeitweilige Einstellung des Betriebes anordnen oder eine Eisenbahn auf irgend eine Art unterbrechen lassen würde, so hätte sie (die Regierung) die Kosten der für die Unterbrechung erforderlichen Arbeiten und nach Wegfall der Gründe der Betriebseinstellung die Kosten der vollständigen regelrechten Wiederherstellung auf sich zu nehmen, ohne daß jedoch die Konzessionäre eine weitergehende Entschädigung für erlittene Nachteile beanspruchen könnten."

Es liegt kein Grund vor, dieses Citât zu beanstanden.

Vor der Eröffnung des Betriebes der Simplonbahn haben die beidseitigen Verwaltungen der Posten, der Telegraphen, des Zolles und der Polizei durch Specialvereinbarungen sich über die Ausführung ihrer Dienste im einzelnen zu verständigen, wie dieses auch bezüglich der internationalen Bahnhöfe der Gotthardbahn in Chiasso und Luino geschehen ist (Art. 15).

Den im Bahnhofe Domodossola und auf der Strecke BrigDomodossola amtenden Beamten beider Länder ist sodann noch die unentgeltliche Benutzung der Staats- und Bahntclegraphen und Telephone zu Dienstzwecken, eingeräumt. Die in Domodossola, Iselle, Varzo und Preglia stationierten schweizerischen Beamten sind von jeder direkten persönlichen Besteuerung durch Italien befreit (Art. 16 und 17).

Über die Verhandlungen der Konferenz vom 18./22. Oktober 1899 in Bern, welche zur Verständigung über das beiliegende Übereinkommen geführt haben, giebt das bei den Akten liegende Protokoll nähere Auskunft.

Nachdem das italienische Ministerium sich mit dem Inhalte dieses Übereinkommens einverstanden erklärt hatte, ist dessen Unterzeichnung durch die beidseitigen Bevollmächtigten am 2. Dezember 1899 erfolgt. Die Genehmigung desselben durch die Regierung

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des Königreichs Italien ist uns durch eine Note der italienischen Gesandtschaft vom 18. November 1899 angezeigt worden.

Wir sind überzeugt, daß das abgeschlossene Übereinkommen auch den richtig verstandenen schweizerischen Interessen entspricht und empfehlen daher ebenfalls dessen Genehmigung, indem wir Ihnen den nachfolgenden Beschlussesentwurf vorlegen.

Da es sich nur um Ausführung des Art. 26 des Staats Vertrages zwischen der Schweiz und Italien vom 25. November 1895 betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von Brig nach Domodossola handelt, unterliegt dieser Beschluß, als nicht allgemein verbindlicher Natur, dem Referendum nicht.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 4. Dezember 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ßingier.

Beilagen : 1. Beschlussesentwurf.

2. Übereinkommen zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Anschluß des schweizerischen Balmnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke Iselle-Domodossola.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Übereinkommens betreffend den Anschluss des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke Iselle-Domodossola.

Die B u n d es v e rsa m m lu ng der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht

des zwischen der Schweiz und Italien am 2. Dezember 1899 unter Ratifikationsvorbehalt abgeschlossenen Übereinkommens betreffend den Anschluß des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke Iselle-Domodossola; einer Botschaft des .Bundesrates vom 4. Dezember 1899 ; in Ausführung des Art. 26 des Staatsvertrages vom 25. November 1895 zwischen der Schweiz und Italien, betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von Brig nach Domodossola, beschließt: 1. Dem Übereinkommen zwischen der Schweiz und Italien, betreffend den Anschluß des schweizerischen Bahn-

779 netzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke Iselle-Domodossola, vom 2. Dezember 1899, wird die Genehmigung erteilt.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt, welcher, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort m Kraft tritt.

780 Beilage.

Übereinkommen zwischen

der Schweiz und Italien betreffend den Anschluss des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der Bahnstrecke Iselle-Domodossola.

Übersetzung.

Der Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft und Seine Majestät der König von italien, in der Absicht, die Anwendung des Staats Vertrages vom 25. November 1895 betreffend den Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von Brig nach Domodossola mit Beäug auf den Anschluß des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische, die Bezeichnung des internationalen Bahnhofes und den Betrieb der Strecke IselleDomodossola zu ordnen, haben zu diesem Zwecke zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Der Bundesrat der schweiserischen Eidgenossenschaft: Herrn Bundesrat Adrian L a c h e n a l , Chef des eidgenössischen Departements des Innern, und Herrn Bundesrat Joseph Zeni p, Chef des eidgenössischen Post- und Eisenbahndepartements; Seine Majestät der König von Italien: Herrn Marquis P. de G r e g o r i o , Geschäftsträger Italiens bei der schweizerischen Eidgenossenschaft,

781 welche, nachdem sie sich ihre Vollmachten mitgeteilt und dieselben in guter und gehöriger Form befunden, folgende Artikel vereinbart haben :

Art. 1.

Der effektive Anschluß der schweizerischen Eisenbahnlinie an die italienische erfolgt bei der bergwärts gelegenen Einfahrtsweiche der Station Iselle. Dieser Punkt ist durch die italienische und die schweizerische Eisenbahnverwaltung kontradiktorisch festzusetzen mittelst eines die genauen Grenzen des beidseitigen Eigentums angebenden Situationsplanes.

Der Schnittpunkt der Tarife fällt mit dem Anschlußpunkte der Eisenbahnnetze in Iselle zusammen.

Der Anschlußpunkt und der Tarifschnittpunkt dürfen bei der Erstellung eines zweiten Geleises zwischen Brig und Iselle nicht verändert werden.

Art. 2.

Eine internationale Station wird in Domodossola errichtet, um dort den Austausch des internationalen Verkehrs, sowie die Dienste der Posten und Telegraphen, der allgemeinen Polizei und der Gesundheits- (Epidemien- und Viehseuchen-) Polizei der beiden Staaten zu vereinigen.

Die zollamtlichen Verrichtungen werden getrennt : der schweizerische Zolldienst wird in Brig eingerichtet, der italienische Zolldienst in Domodossola mit Bureaux der letzten Klasse des letzten Ranges für den Lokalverkehr auf den Stationen Iselle, Varzo und Preglia.

Mit Bezug auf die Poststücke und Fahrpoststücke, sowie den Reisendenverkehr findet der schweizerische Zolldienst in Domodossola statt.

Die zollamtlichen Verrichtungen für die Ausfuhr aus Italien werden auf die einfachste Form beschränkt und geschehen soweit als möglich ohne Auslad der Güter.

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Es ist von vorneherein verstanden, daß die Zollbureaux in Brig und Domodossola die nötigen Befugnisse erhalten, um die Verzollung aller Arten von Gütern in allen Verkehrsarten vornehmen, sowie alle Anordnungen fiskalischer oder polizeilicher Natur durchführen zu können.

Art. 3.

Die von den beteiligten Regierungen für die in Art. 2 erwähnten Dienste als notwendig erachteten Räumlichkeiten und Einrichtungen in Domodossola, in Brig und in den Zwischenstationen sind durch die Eisenbahnverwaltungen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, mit Ausnahme der für den Dienst der Epidemienpolizei bestimmten Einrichtungen, welche den Gegenstand eines der in Art. 15 vorgesehenen Übereinkommen bilden werden.

Wenn außer diesen Räumlichkeiten noch Wohnungen für das bei den genannten Diensten beschäftigte Personal erforderlich sein sollten, sind die Eisenbahnverwaltungen zu deren Erstellung verpflichtet ; in diesem Falle haben sie Anspruch auf einen jährlichen Mietzins von fünf Prozent des zu diesem Zwecke gemachten Kapitalaufwandes und .auf Ersatz der betreffenden Grundsteuer.

Die Kosten der inneren Einrichtung, des Unterhaltes, der Beleuchtung und der Reinigung der Räumlichkeiten .sind von den Verwaltungen zu tragen, welche sie benutzen.

Art. 4.

Die Bedingungen, unter denen der Betrieb der Strecke Domodossola-Iselle und des Bahnhofes Domodossola vor sich gehen soll, werden den Gegenstand eines besondern Vertrages zwischen den Eisenbahnverwaltungen bilden. Dieser Vertrag soll den beiden Regierungen zur Genehmigung vorgelegt werden.

Mangels eines Einverständnisses zwischen den beiden Verwaltungen werden die Bedingungen, welche den Ge-

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meinschaftsdienst ordnen, zwischen den beiden Regierungen vereinbart werden.

Art. 5.

Der Betrieb soll in der Weise eingerichtet werden, ·daß auf der Fahrt zwischen der Grenze und der Station Domodossola weder für die Reisenden ein Wagenwechsel, noch für die Güter ein Umlad stattfindet. Die Eisenbahnverwaltungen werden die Übergabeformalitäten aller Verkehrselemente : Reisende, Gepäck, Fahrpost, Güter, Vieh, sowie des Rollmaterials, so viel wie möglich beschränken.

Die schweizerische Eisenbahnverwaltung hat auf dem Bahnhofe Domodossola die Bureaux, die ihr für diesen Übergabedienst nötig sind, auf ihre Kosten einzurichten und zu unterhalten. Das Personal dieser Bureaux wird für seinen Dienst freien Zutritt zu allen Teilen des Bahnhofes Domodossola erhalten, jedoch bezüglich der Bahnhofpolizei unter den Befehlen des Bahnhofvorstandes stehen.

Die italienische Eisenbahnverwaltung als Eigentümerin ·des Bahnhofes Domodossola wird gegen einen jährliehen Mietzins, der fünf Prozent des zu diesem Zwecke verwendeten Kapitales beträgt, dem schweizerischen Eisenbahnpersonal, welches mit der Übergabe und Anerkennung betraut ist, die nötigen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.

Die Kosten der Beleuchtung, der Heizung und der Reinigung ·dieser Räume, die Lieferung und der Unterhalt des Mobiliars und der Gerätschaften, sowie die Lieferung der Drucksachen und des Bureaumateriales liegen ganz der schweizerischen Verwaltung ob, die auch ihr Personal selbst zu besolden hat.

Art. 6.

Das zum Übergang bestimmte Transportmaterial soll derart gebaut sein, daß es ohne Schwierigkeit von einem Bahnnetz auf das andere übergehen kann.

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Art. 7.

Die schweizerische Eisenbahnverwaltung besorgt auf Rechnung Italiens den Zugsdienst (Zugförderung und Zugbegleitung) zwischen Iselle und Domodossola in beiden Richtungen. Dieser Dienst umfaßt: a. in Bezug auf die Zugförderung: die Maschinen mit ihrem Personal und alle nötigen Lieferungen ; b. in Bezug auf die Zugbegleitung: das nötige Betriebspersonal, die Heizung, die Beleuchtung und die Reinigung 'der Personen- und Gepäckwagen, die Drucksachen nnd dergleichen.

Falls eine andere Art der Zugförderung als diejenige durch Dampflokomotiven eingeführt werden sollte, so hätte vorher eine besondere Verständigung stattzufinden betreffend den Bau und den Betrieb der als notwendig erkannten Einrichtungen.

Die zwischen Brig und Domodossola verkehrenden Personenzüge können aus Personen- und Gepäckwagen beider Verwaltungen zusammengesetzt werden.

Es ist verstanden, daß jede Verwaltung den Unterhalt und die Bewachung des Bahnkörpers ihrer Linie bis zum Anschlüsse in Iselle zu besorgen hat.

Der vollständige Stationsdienst in Iselle, Varzo und Preglia, mit Inbegriff des Telegraphendienstes, wird von der italienischen Eisenbahnverwaltung ausgeführt.

Art. 8.

Die Fahrpläne der Züge für die Fahrt durch den Simplon sollen, soweit möglich, zu gleicher Zeit aufgestellt und in Kraft gesetzt werden, wie diejenigen anderer Linienderen Verkehr sich an denjenigen der beiden Eisenbahn, Verwaltungen anschließt.

Die Fahrpläne der Züge zwischen Iselle und Domodossola sind durch die schweizerische Eisenbahnverwaltung

785 auszuarbeiten und, nach erhaltener Genehmigung des italienischen Ministeriums der öffentlichen Bauten, zu veröffentlichen. Die Einfahrt der aus der Schweiz kommenden Züge in den Bahnhof' Domodossola und ihre Ausfahrt in der Richtung nach der Schweiz werden den Gegenstand einer Verständigung zwischen den Eisenbahnverwaltungen bilden.

Art. 9.

Die schweizerischen Réglemente über die Cirkulation, die Bildung, die Zusammensetzung und die Begleitung der Züge, sowie über deren Belastung und Bremsung finden bis nach Domodossola Anwendung, jedoch unter dem Vorbehalt der Abänderungen, welche auf das Verlangen der zuständigen italienischen Behörde im Interesse der Sicherheit des Zugsverkehrs daran angebracht werden müßten. Die auf den schweizerischen Eisenbahnen gebräuchlichen Signale jeder Art kommen auf der Strecke von Iselle nach Domodossola bis und mit dem Einfahrtssignal auf der schweizerischen Seite dieses Bahnhofes ausschließlich zur Anwendung.

Die Polizei auf der Linie und den Stationen von Iselle bis Domodossola wird durch die italienischen Eisenbahnangestellten, diejenige in den Zügen durch die schweizerischen Eisenbahnangestellten ausgeübt.

Art. 10.

Das Maschinen personal und die Zugsbeamten der schweizerischen Eisenbahnverwaltung haben sich im Bahnhof Domodossola mit Bezug auf die inneren Signale des Bahnhofes den Befehlen des Bahnhofvorstandes, sowie den italienischen Reglementen und Instruktionen zu fügen.

Dagegen haben mit Bezug auf den Zugsdienst auf der Strecke von Domodossola nach Iselle der Bahnhofvorstand von Domodossola und die Stationsvorstände von Iselle, Varzo und Preglia ihrerseits den Befehlen der schweizerischen Eisenbahnverwaltung zu gehorchen und ihr alle Auskünfte Bundesblatt. '51. Jahrg. Bd. V.

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zu liefern, die sie von ihnen verlangt. Die Dienstbefehle, Réglemente, Dienstfahrpläne und ändern Instruktionen über den Zugsdienst auf dieser Strecke sind den betreffenden Bahnhof-, Stations- und Linienangestellten direkt zuzusenden, zur gleichen Zeit wie sie an die italienische Eisenbahnverwaltung abgeschickt werden.

Wenn eine der beiden Eisenbahnverwaltungen sich über Vergehen oder Dienstfehler zu beklagen hat, deren sich Angestellte der ändern Verwaltung schuldig gemacht haben, so hat diese der Klage diejenige disciplinarische Folge zu geben, die sie für angemessen hält. Wenn eine der Verwaltungen die Versetzung eines Angestellten der anderen Verwaltung verlangt, so muß diese Versetzung gewährt werden.

Art. 11.

Die Verantwortlichkeit für Schäden, welche Dritten oder dem Dienstpersonal durch Unfälle oder Katastrophen, die sich beim Betriebe der Strecke zwischen dem internationalen Bahnhofe Domodossola und der italienisch-schweizerischen Grenze bei Iselle ereignen, verursacht werden, trifft, Fälle höherer Gewalt ausgenommen, jede Verwaltung nach der Art der von ihr übernommenen Leistungen, das heißt : die italienische Eisenbahnverwaltung haftet für die Folgen aller Unfälle, welche durch den Stations-, Bahnbewachungs- und Bahiiunterhaltungsdienst veranlaßt worden sind, und die schweizerische Eisenbahnverwaltung haftet für die Folgen derjenigen Unfälle, welche durch den Fahrdienst und den Zugsdienst veranlaßt worden sind.

'In den Fällen, in denen nicht ermittelt werden kann, welche der beiden Verwaltungen die Verantwortlichkeit für eine auf der genieinsamen Bahnstrecke vorgekommene Schädigung trifft, werden die Folgen derselben von beiden Verwaltungen zu gleichen Teilen getragen.

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Schaden, welcher infolge höherer Gewalt entsteht, wird von der betreffenden Eigentümerin getragen.

Art. 12.

Die italienische Eisenbahnverwaltung hat der schweizerischen Eisenbahnverwaltung alle Ausgaben, die aus der Besorgung des Zugsdienstes zwischen Iselle und Domodossola entstehen, vollständig zu vergüten. Diese Vergütung wird ·durch den im Artikel 4 vorgesehenen besonderen Vertrag festgesetzt werden.

Art. 13.

Die volle Ausübung der Souveränität bleibt jeder Hegierung für die auf ihrem Gebiete befindliche Bahnlinie vorbehalten, für Italien mit Inbegriff des Rechtes, ·den Betrieb der Linie gemäß Art. 281 des Gesetzes über die öffentlichen Bauten vom 20. März 1865 zu suspendieren.

Die Bahnpolizei wird unter der Aufsicht der dazu in jedem Staatsgebiete zuständigen Behörde und gemäß den dort geltenden allgemeinen Vorschriften durch die BahnAngestellten ausgeübt.

Art. 14.

Das Personal der in Artikel 2 erwähnten Dienste and ·das Eisenbahnpersonal sind den Gesetzen und Verordnungen·des Staates, in dem sie sich befinden, unterworfen.

Art. 15.

Vor der Betriebseröffnung der Linie werden zwischen =den beiden Regierungen besondere Übereinkommen abgeschlossen werden, um die nachstehend verzeichneten Dienste in ihren Einzelheiten zu regeln: «. Post : bezüglich des Dienstes der Bureaux des Bahnhofes Domodossola und der zwischen Brig und Domo-

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dossola gelegenen Poststellen, sowie bezüglich des Dienstes der Bahnpostwagen auf der Linie von Isella nach Domodossola; b. 'Zoll ; c. Telegraph; d. Polizei und Gesundheitspolizei.

Art. 16.

Die für die Dienste auf dem Bahnhofe Domodossola und auf der Strecke von Brig nach Domodossola verwendeten schweizerischen und italienischen Angestellten haben das Recht, in Dienstangelegenheiten die Telegraphen und Telephone der beiden Staaten und diejenigen der Eisenbahnen auf dieser Strecke unentgeltlich zu benutzen.

Art. 17, Die für die schweizerischen Dienste auf dem BahnhofeDomodossola und allfällig auf den Stationen Iselle, Varza und Pregila verwendeten schweizerischen Angestellten sind in Italien von allen direkten persönlichen Abgaben befreit.

Art. 18.

Das gegenwärtige Übereinkommen ist zu ratifizieren, und die Ratifikationen sind in Bern so bald als möglich auszuwechseln.

Zur Urkunde dessen haben die Bevollmächtigten den Vertrag unterschrieben und besiegelt.

Geschehen in B e r n in doppelter Ausfertigung, den 2. Dezember 1899.

(sig.) A. Lachenal.

(sig.) Zemp.

(sig.) de Gregorio» -=-<£S~

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Genehmigung des zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Übereinkommens über den Anschluß des schweizerischen Bahnnetzes an das italienische durch den Simplon und den Betrieb der ...

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1899

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49

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.12.1899

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761-788

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10 018 995

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