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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn nach der Waid bei Zürich.

(Vom 1. Dezember 1899.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 7. Oktober abbin übermittelte Herr «T. H. Kühn, Ingenieur in Zürich, dem Eisenbahndepartement ein vom 30. September datiertes Konzessionsgesuch der Herren Th. B e r t s c h i n g e r , Baumeister in Lenzburg, A. B o l l e r - S c h i n z in Zürich und J. H. K ü h n , Ingenieur in Zürich, für eine D r a h t s e i l b a h n von der R o t h w a n d (Haltestelle der elektrischen Straßenbahn Zürich-Höngg) nach der W a i d bei Zürich. Da Ihnen das Konzessionsgesuch samt allgemeinern und technischem Bericht, Voranschlag, Übersichtsplan und Längenprofil in Form einer Broschüre eingehändigt wurde, so erlauben wir uns, der Einfachheit halber für die Details auf diese zu verweisen.

Der Regierungsrat des Kantons Zürich äußerte sich unterm 26. Oktober 1899, daß weder er noch der Gemeinderat von Höngg, welchem das Gesuch zur Einsicht zugestellt worden sei, gegen die Konzessionserteilung etwas einzuwenden habe.

Die konferenziellen Verhandlungen fanden am 23. d. Mts.

statt und ließen die vollständige Übereinstimmung zwischen den Konzessionsbewerbern und den Behörden bezüglich des vom Eisenbahndepartement aufgestellten Konzessionsentwurfes konstatieren.

Der letztere giebt uns zu der einzigen Bemerkung Anlaß, daß im Eingang vor den Worten ,,zu Händen einer zu bildenden

728 Aktiengesellschaft" eingeschaltet wurde ,,für sich oder", da die Konzessionsbewerber sich die Möglichkeit wahren möchten, von der Gründung einer Aktiengesellschaft Umgang zu nehmen. Es wird in diesem Falle Sache der Aufsichtsbehörde sein, anläßlich der Prüfung des Pinanzausweises zu untersuchen, ob die .nötigen Garantien für einen geordneten Betrieb der Bahn vorhanden seien.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, versichern wir Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung.

"O' B e r n , den 1. Dezember 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn nach der Waid bei Zürich.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren Th. Bertschinger in Lenzburg, A. Boller-Schinz und J. H. Kühn in Zürich, vom 30. September 1899; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 1. Dezember 1899, beschließt: Den Herren Th. B e r t s c h i n g e r in Lenzburg, A. B o l l e r S c h i n z in Zürich und J. H. K ü h n , Ingenieur in Zürich wird für sich oder zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer D r a h t s e i l b a h n von der E o t h w a n d (Haltestelle der Straßenbahn Zürich-Höngg) nach der W a i d bei Zürich unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vorn Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Zürich.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesvate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die Drahtseilbahn zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausfiihrungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von ihm genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und als Drahtseilbahn erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Zürich und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und von Gepäck bis zum Gewicht von 50 Kilogramm.

Zum Güter- und Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen.

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Immerhin sind alle daherigen Projekte, soweit sie sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden. .

Art. 15. Es wird hur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : für die Bergfahrt 25 Rappen, für die Thalfahrt 20 Rappen.

für die Hin- und Rückfahrt 40 Rappen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden irn Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden bis zum Gewicht von 50 Kilogramm kann die Personentaxe bezogen werden.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Bahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 19. Wenn die Bahnunteruehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Ver-

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ständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. Für die Geltend machung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Zürich gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Betriebseröffnung und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich desPensiousund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25f'achen Wert des durchschnittliehen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/gfachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

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Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt' wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 22. Hat der Kanton Zürich den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein riaheriges Recht, wie es im Art. 21 defiaiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kauton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 23. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn nach der Waid bei Zürich. (Vom 1. Dezember 1899.)

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06.12.1899

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