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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Lausanne nach dem Calvaire.

(Vom 31. Mai 1899.)

Tit.

Schon mit Eingabe vom 20. Juli 1896 hatte Herr F r i t z Z b i n d e n in Lausanne ein K o n z e s s i o n s g e s u c h angemeldet für eine Drahtseilbahn von L a u s a n n e (Vallon) nach dem C a l v a i r e , dem aber einstweilen keine weitere Folge gegeben wurde, weil es nicht von den vorgeschriebenen Beilagen begleitet war.

Am 25. Oktober 1898 kam dann Herr Zbinden auf sein Gesuch zurück, indem er gleichzeitig einen technischen Bericht mit Kostenvoranschlag, nebst Plan- und Längenprofil, sowie eine allgemeine Begründung des Projektes einreichte.

In der letztern führt der Petent als Zweck der im Vallon, in der Nähe der untern Station der Drahtseilbahn nach dem Signal ihren Anfang nehmenden Linie an : die Herstellung einer bequemen Verbindung zwischen der Stadt Lausanne und dem östlich des Flonthales gelegenen Hügel des Calvaire, auf dessen Höhe sich der Kantonsspital befindet und das Plateau von La Sallaz sich ausdehnt, mit zahlreichen prachtvoll gelegenen Wohnhäusern und Villen, die von Jahr zu Jahr sich mehren. Einige Schritte vom projektierten oberen Endpunkt der Seilbahn sind die zwei Begräbnisplätze gelegen. Etwas höher, beim Weiler La Sallaz, treffen die Straßen nach Bern und Oron zusammen, auf welchen täglich eine große Zahl von Leuten in Geschäften oder zum Vergnügen sich Lausanne

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zu bewegen. Während der Sommerszeit bilden die Höhen, welche sich von La Sallaz nach dein Chalet a-Gobet hinziehen und welche sowohl' vermöge der mannigfachen Aussieht, als ihrer reinen Luft unvergleichliche Lagen aufweisea, den Aufenthalt einer jährlich wachsenden Zahl einheimischer und fremder Sommerfri8chler. Außerdem sei auch die Zahl der zweimal in der Woche ihre landwirtschaftlichen Produkte aus dieser Gegend auf die Märkte der Stadt bringenden Landleute eine große. Auch für diese werde die projektierte Seilbahn eine wahre Erleichterung sein. Endlich seien die genannten Höhen an Sonntagen das bevorzugte Ausflugsziel der Lausanner Bevölkerung und werden es noch in erhöhtem Masse sein, wenn die steile Höhe des Calvaire mit ihrem beschwerlichen Aufstieg um den geringen Preis von 10 Rappen mühelos erreicht werden könne.

Die Länge der projektierten Linie beträgt (horizontal gemessen) ca. 135 m. und die zu überwindende Niveaudifferenz ungefähr 53 m. (Vallon Cote 530, Calvaire Cote 583). Die mittlere Steigung wird rund 40 °/o, die größte 47 °/o betragen.

Es ist eine gradlinige und eingeleisige Anlage mit automatischer Ausweichung in der Mitte, die Spurweite zu l m. und der Krümmungshalbmesser zu 130 m. vorgesehen. Als Oberbau- und Bremssystem ist das bei der Stanserhorubahn angewendete in Aussicht genommen. Der Betrieb soll in der üblichen Weise mit zwei in der Mitte sich kreuzenden Wagen erfolgen, die jeder eine geschlossene Abteilung mit 8 Sitzplätzen und eine offene mit 12 Stehplätzen enthalten werden. Es ist elektrischer Betrieb, oder mittelst Gas- beziehungsweise Petrolmotors, eventuell je nach Umständen auch ein anderes Betriebssystem in Aussicht genommen.

Die Kosten werden veranschlagt wie folgt: 1. Organisations- und Verwaltungskosten, Bauzinse, Lnnderwerb Fr. 10,000 2. Unterbau (Erdarbeiten und Mauerwerk). . . . ,, 7,000 3. Oberbau mit Rollen, Balkenwerk über den Gruben etc ,, 9,100 4. Kabel ,, 800 5. Mechanische Einrichtungen der obern Station . . ,, 11,700 6. Zwei Wagen ,, 13,300 7. Motor ,, 6,700 8. Stationen, Maschinenhalle, Quais, Gruben . . . ,, 15,000 9. Abschluß und Signaleinrichtuug ,, 400 10. Mobiliar und Gerätschaften ,, 300 11. Brücken ,, 14,000 12. Unvorhergesehenes ,, 3,000 Total Fr. 91,300 oder Fr. 673,000 per Kilometer.

Bundesblatt.

51. Jahrg. Bd. DI.

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262 Der Konzessionsbewerber sieht folgende Frequenz und Einnahme per Jahr vor: 150,000 Einzelfahrten à 10 Rp. = Fr. 15,000 und 150,000 Fahrten im Abonnement à 7 Rp. = Fr. 10,500, zusammen Fr. 25,500, wodurch Betriebs- und Unterhaltungskosten, sowie die Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals reichlich gedeckt werden können.

Der zur Vernehmlassung über das Konzessionsbegehren eingeladene Staatsrat des Kantons Waadt erklärte mit Schreiben vom 16. Dezember 1898, daß er gegen das Projekt keinerlei Einwendungen zu erheben habe.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 12. Mai d. J. statt und ergaben allseitige Zustimmung zu dem nachstehenden Beschlussesentwurfe.

Wir beantragen Ihnen, im Sinne desselben dem Konzessionsbegehren, das uns grundsätzlich zu keinen Einwendungen Anlaß giebt, zu entsprechen.

Der Entwurf lehnt sich an die Konzession für Lausanne-Signal und andere ähnliche Unternehmungen an und giebt uns zu besondern Bemerkungen nicht Grund.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 31. Mai 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

BundesbescMuß betreffend

Konzession einer Drahtseilbahn von Lausanne nach dem Calvaire.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn Fritz Zbinden in Lausanne vom D 25. Oktober 1898; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 31. Mai 1899, beschließt: Dem Herrn F r i t z Z b i n d e n in Lausanne wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn von L a u s a n n e (Vallon) nach dem C a l v ai r e unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Lausanne.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu macheu.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die Drahtseilbahn zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen, darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänea, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter als Drahtseilbahn erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsieht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, wek-he in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klugen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls einlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt nur die Beförderung von Personen und deren Gepäck. Zum Güter- und Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Ände-

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Art. 14. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der tätlichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen.

Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeilpunkte dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus durch den Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe von 10 Rappen für die einfache Fahrt zu beziehen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden ist die Personentaxe zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Bahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 19. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu

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Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. Für die Geltend machung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Betriebseröffnung und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/afachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

267 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 22. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein dahcriges Recht, wie es im Art. 21 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kauton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 23. Der Bundesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche sofort in Kraft tritt, beauftragt.

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31.05.1899

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