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Schweizerisches Bundesblatt.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahre

1898.

ß. Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

I. Bundesgesetzgebung.

1. Durch die Volks- und Ständeabstimmung vom 13. November 1898 (Bundesbl. 1898 V, S. 461) ist die verfassungsmäßige Grundlage für die Durchführung der R e c h t s e i n h e i t geschaffen worden (Revision des Art. 64 der Bundesverfassung, Civilrecht, und Aufnahme des Art. 64bis in dieselbe, Strafrecht).

Im Berichtsjahre erschien von Professor Albert Teichmann in Basel eine treffliche B i b l i o g r a p h i e über den Vorentwurf zu einem schweizerischen Strafgesetzbuch; sie erleichtert -ganz wesentlich die Arbeit der mit der Revision des Vorentwurfes zu betrauenden Kommission.

Professor Eugen Huber hat mit einer engern Expertenkommission, die aus Bundesrichter Dr. Hafner, Bundesrichter Dr.

Lienhard, Notar Alb. Gampert und dem Chef der Justizabteilung, Professor von Salis, bestand und den 20. bis 26. März getagt hat, diejenigen Abschnitte des Entwurfes des Sachenrechts, die sich auf Bandesblatt. 51. Jahrg. Bd. I.

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354 B e s i t z und G r u n d b u c h beziehen, durchberaten ; sodann hatte er im Frühjahr einen dritten Teilentwurf: Das G r u n d p f a n d fertig gestellt, der von Professor Mentha ins Französische übersetzt worden ist 5 dieser Teilentwurf wurde Ende Juni einer Anzahl Experten zur schriftlichen Begutachtung übermittelt.

2. Über die Frage der Wiederaufnahme der Beratungen über ein Bundesgesetz betreffend die G e w ä h r l e i s t u n g b e i m V i e h h a n d e l haben sich, mit Ausnahme von Wallis, alle Kantone geäußert. Aus diesen Antworten geht hervor, daß die Frage, ob in einem Bundesgesetz nur die schriftlich zu vereinbarende Währschaftsleistnng beim Viehhandel zuzulassen, oder ob auch die bloß mündlich zugesagte Währschaft anzuerkennen sei, heute noch keineswegs abgeklärt ist. Wir sind daher der Ansicht, daß mit ·dem-Erlaß~~eidgenössischer Bestimmungen über die Viehwährschaft zuzuwarten ist, bis zu dem Zeitpunkte, da im Anschluß an das eidgenössische Civilgesetzbuch das Obligationenrecht einer eingehenden Revision unterzogen wird. Demnach haben wir es mit Beschluß vom 17. Februar 1899 abgelehnt, zur Zeit auf Grundlage des von einigen ostschweizerischen Kantonsregierungen empfohlenen Vorschlages der St. Galler Regierung vom September 1897 den Entwurf eines Bundesgeseztes über die Viehwährschaft auszuarbeiten.

3. Aus statistischen Erhebungen und aus den Berichten der Kantone mit industriellen Centren hat sich ergeben, daß die anläßlich der Motion Favon gerügten Mißstände, die bei E i n t r e i b u n g von L o h n f o r d e r u n g e n vorkommen und in chikanöser Ausnützung der Betreibungsfristen durch den lohnschuldigen Arbeitgeber bestehen sollen, nicht in dem Maße vorhanden sind,, daß eine gesetzgeberische Maßnahme gegen dieselben erforderlich ist. Wir beschlossen daher den 24. Februar 1899, in Erledigung des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1897, es sei der Anregung einer Partialrevi'sion des Betreibuugsgesetzes, die dahin zielen würde, eine Verkürzung der Betreibungsfristen für bestimmte Forderungen (Lohnforderungen, Alimentenforderungen u. a.) herbeizuführen, zur Zeit keine weitere Folge zu geben.

4. Das Departement hat sich, trotz der Meinungsäußerung des Bundesgerichts (Bundesbl. 1897 II, S. 247), von der Notwendigkeit der Ausarbeitung eines neuen Gesetzesentwurfes über das V e r
bot d e r D o p p e l b e s t e u e r u n g nicht überzeugen können. Die Gründe, die seinerzeit das Zustandekommen des bezüglichen Bundesgesetzes verhindert haben, sind heute keineswegs weggefallen; deshalb wird jeder neue Gesetzesentwurf mit den gleichen Gefahren zu kämpfen haben, an denen der Entwurf im Jahre 1887 in den eidge^-

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nössischen Räten gescheitert ist. Wird aber die Praxis des Bundesgerichtes auf diesem Gebiet in Berücksichtigung gezogen, so findet man, daß eine Reihe von schwierigen Fragen durch die Rechtsprechung des Bundesgerichts eine durchaus zweckmäßige und ganz bestimmte Lösung erhalten hat, daß aber namentlich mit der intensiven Entwicklung und Ausgestaltung der kantonalen Steuergesetzgebung neue Streitfragen auftauchen, die das Bundesgericht bis jetzt auf Grund der Verfassungsbestimmung, ohne ein Bundesgesetz zu besitzen, zu beantworten verstanden hat und auch in Zukunft zu beantworten verstehen wird. Es ist darauf zu verweisen, wie früher vor allem über die Frage der sogenannten Schuldenabzüge bei der Liegenschaftsbesteuerung und über die Frage der gleichzeitigen Besteuerung der Aktionäre und der Aktiengesellschaft gestritten worden ist, während in neuerer Zeit diese Fragen ganz in den Hintergrund getreten sind, indem gegenwärtig besonders der Umfang der Steuerhoheit des Wohnsitzkantons des Steuerpflichtigen in dem Sinne in Frage gezogen wird, daß versucht wird, denselben zu bestreiten zu gunsten der Steuerhoheit des Kantons, wo die Erwerbsveranstaltungen vorhanden sind, oder des Kantons, wo der Erwerb erzielt wird. Da in vielen dieser Fälle komplizierte thatsächliche Verhältnisse vorliegen, so würde auch von diesem Gesichtspunkte aus ein Bundesgesetz den Streitigkeiten nicht vorzubeugen vermögen. Das Departement hat daher das Erscheinen der Schrift des Dr. K. A. Brodtbeck, ,,Unser Bundesrecht in Doppelbesteuerungssachen'1, in der das sämtliche Material zur Frage des Verbots der Doppelbesteuerung übersichtlich zusammengestellt ist, und aus der man sich mit Leichtigkeit über den Stand der verschiedenen Streitfragen Aufschluß verschaffen kann, begrüßt.

5. Im Jahre 1895 hatte im Ständerat Hr. Theodor Wirz eine besondere Sammlung derjenigen Rechtsgesetze angeregt, die am meisten in den Verkehr und das bürgerliche Leben eingreifen.

In Ausführung dieser Anregung bestellte das Departement Herrn Dr. jur. P. Wolf, in Basel, der 1890 und 1891 die große Sammlung: ,,Die schweizerische Bundesgesetzgebunga, publiziert hatte, zum Herausgeber einer ,,Sammlung der gebräuchlichsten Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen der schweizerischen Eidgenossenschaft", und setzte mit ihm die bei der Bearbeitung zu beobachtenden
Grundsätze fest. Die Sammlung erschien im Berichtsjahre unter dem Titel : S c h w e i z e r i s c h e s R e c h t s b u c h (Lois usuelles) zugleich in deutscher und französischer Ausgabe ; eine italienische Ausgabe ist in Vorbereitung.

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II. Internationales Recht.

1. Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1897 haben wir am 24. Juni 1898 die schweizerisch-spanische Ü b e r einkunft über die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen oder Erkenntnissen in Civil- und Handelssachen vom 19, November 1896 ratifiziert. Der Austausch der Ratifikationsurkunden fand am 6. Juli in Madrid statt, zugleich mit der Unterzeichnung eines Zusatzprotokolles, in dem der Beginn und die Dauer der Wirksamkeit der Übereinkunft festgesetzt wurde ; sie ist seit dem 6. Juli in Kraft (A. S. n. F., XVI, S. 778, 780--790). Aus dem Bericht unseres Generalkonsuls in Madrid vom 20. Juni geht hervor, daß betreffend die Interpretation des Arti-6^ Ziff; l, in Spanien "dieselbe Auffassung besteht, wie in der Schweiz; darnach wird die Frage der Zuständigkeit des Gerichts, dessen Urteil im ändern Staat zu vollstrecken ist, nach der Gesetzgebung des requirierten Staates beurteilt. Mit Rücksicht auf den spanisch-amerikanischen Krieg hielten wir es im Interesse der Ratifikationsmöglichkeit der Übereinkunft nicht für angezeigt, ausdrücklich der spanischen Regierung zu eröffnen, daß die Übereinkunft nur für das Mutterland Spanien, nicht aber für dessen Kolonien gelte. Würde aber dieser Punkt später einmal in Zweifel gezogen werden, so kann derselbe ohne Schwierigkeit durch gleichlautende Regierungserklärungen festgestellt werden.

2. Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 21. Juni 1898 haben wir am 6. Juli die i n t e r n a t i o n a l e H a a g e r - Ü b e r einkunft zur Regelung einiger auf den Civilprozeß bezüglichen Fragen des internationalen Privatr e c h t s vom 14. November 1896 und 22. Mai 1897 ratifiziert.

Diese Übereinkunft tritt in Kraft mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden im Haag; diese Hinterlegung konnte bis jetzt noch nicht vorgenommen werden, da verschiedene Staaten mit der Ratifikation im Rückstande sind. Inzwischen hat die niederländische Regierung eine dritte Konferenz von Delegierten der Staaten in Aussicht genommen und zugleich ein Programm für die Konferenz ausgearbeitet; dasselbe beruht auf den Resultaten der beiden früheren Haager-Konferenzen der Jahre 1893 und 1894, und enthält Vorschläge über folgende Fragen des materiellen internationalen Privatrechts: Eheschließung, Rechtsstellung der Ehefrau und der Kinder, eheliches Güterrecht, Ehescheidung und Ehetrennung, Vormundschaftsrecht über Minderjährige, Erbrecht. Wir haben unter prinzipieller Billigung des

357 Programms beschlossen, diese Konferenz zu beschicken; der Zeitpunkt ihres Zusammentrittes ist übrigens noch nicht bestimmt.

3. Von den zahlreichen vom Departement behandelten Fragen des internationalen Rechts erwähnen wir folgende : a. Auf eine Anfrage des Kantons Graubünden betreffend Z u l a s s u n g von d e u t s c h e n S t a a t s a n g e h ö r i g e n /um H a u s i e r h a n d e l antwortete das Departement: . Es scheint Praxis der deutschen Behörden zu sein, die Erteilung von Hausierpatenten überhaupt, nicht nur in den von der deutschen Gewerbeordnung, § 57, Ziffer 5, angeführten Fällen vom Vorhandensein eines Bedürfnisses abhängig zu machen. Wenn nun die in Deutschland niedergelassenen Schweizer in dieser Beziehung nicht ungünstiger behandelt werden, als die Deutschen, so ist der schweizerisch-deutsche Niederlassungsvertrag vom 31 Mai 1890 nicht verletzt, was allerdings der Fall wäre, wenn gemäß dem vom deutschen Bundesrate unterm 27. November 1896 erlassenen Ausführungs-Bestimmungen zur Gewerbeordnung (lieichsgesetzblatt 1896, S. 745) die Bedürfnisfrage nur gegenüber Ausländern gestellt würde. Auf Grund des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages müssen auch die Deutschen in der Schweiz gleich den Landesangehörigen behandelt werden, und da der Grundsatz der Gewerbefreiheit verbietet, gegenüber Inländern bei Erteilung von Hausierpatenten die Bedürfnisfrage zu stellen, so muß gegenüber D e u t s c h e n dasselbe Verfahren beobachtet werden. Dagegen kann die Erteilung des Hausierpatentes an die Voraussetzung geknüpft werden, daß der Bewerber in der Schweiz seinen festen Wohnsitz habe.

b. Dem Finanzdepartement des Kantons Neuenburg wurde auf eine Anfrage betreffend E i n z i e h u n g e i n e r E r b s c h a f t s s t e u e r in D e u t s c h l a n d vom Departemente mitgeteilt, daß mangels einer besonderen internationalen Übereinkunft die Steuerforderung eines Landes nicht gegen das in einem ändern Lande befindliche Vermögen des Steuerpflichtigen vollzogen werden könne.

4. Unter der umfangreichen Korrespondenz des Departements mit kantonalen Behörden, mit Vertretern der Schweiz im Ausland und mit Vertretern des Auslandes in der Schweiz betreffend privatrechtliche Angelegenheiten von Schweizern und Ausländern finden sich hin und wieder Fälle, wo das Departement die Interessen der Schweizer im Ausland gegenüber den heimatlichen Behörden

358 zu wahren hat. Von den hierher gehörigen Fällen erwähnen wilden Fall der Witwe M e l a n i e R o s s i e r , von Saillon, in Brasilien (im Staate Sâo Paulo) gegenüber ihren heimatlichen Behörden des Kantons Wallis, weil sich diese, trotz wiederholter eindringlicher Schreiben, nicht dazu verstehen konnten, der mit ihren Kindern in Dürftigkeit lebenden Witwe den Schaden zu ' ersetzen, den diese durch den ungetreuen Präsidenten der heimatlichen Waisenbehörde erlitten hat; durch Betreibung konnten auf die seit Jahren fällige Forderung von Fr. 2099 im Jahre 1898 endlich Fr. 438. 55 erhältlich gemacht werden, wovon aber weitere Fr. 90. 55 für Kosten aller Art im Kanton Wallis zurückblieben. Das Departement ist der Ansicht, daß die heimatlichen Behörden hätten bestrebt sein sollen, auch wenn die mangelhafte Walliser Gesetzgebung weder eine Ersatzpflicht des Staates, noch eine solche der Gemeinde, noch eine solche der Mitglieder der Behörden für den durch den Beamten im Amt angerichteten Schaden kennt, selbst ohne Anerkennung einer rechtlichen Pflicht, der in weiter Ferne im Ausland lebenden armen Kantonsangehörigen ihren Verlust zu ersetzen.

5. Die vereinigten internationalen Bureaux für geistiges Eigentum legten dem Departement ihre Geschäftsberichte über das Jahr 1898 vor, denen vorbehaltlos die Genehmigung erteilt werden konnte.

III. Gewährleistung von Kantonsvert'assuugen.

Folgenden kantonalen Verfassungsrevisioiien wurde durch Bundesbeschluß die eidgenössische Gewährleistung erteilt: 1. Einem Verfassungsgesetz des Kantons T es si n vorn -12. November 1897; in Abänderung des Art. 19 der Verfassung wird den Gemeinden mit einer Bevölkerung von über 3000 Seelen gestattet, neben dem eigentlichen Gemeinderat (municipalità) einen weiteren Gemeinderat (consiglio comunale) einzuführen.

Beide werden von der Gemeindeversammlung nach dem proportionalen Wahlverfahren gewählt, Bundesbeschluß vom 20. April (Bundesbl. 1898, I, 253, A. S. n. F. XVI, S. 705).

2. Einer Revision des Art. 28 der Verfassung des Kantons G l a r us; die Landsgemeinde hatte am 1. Mai 1898 diese Abänderung grundsätzlich beschlossen und den Landrat mit der

359 neuen Fassung der Bestimmung beauftragt. In den Gemeindebehörden sollen künftig keine Personen nebeneinander sitzen, die irn ersten oder zweiten Verwandtschaftsgrade zu einander stehen, Bundesbeschluß vom 2. November (Bundesbl. 1898, IV, S. 545, A. S. n. F., XVI, 8. 853).

IV. Genehmigung kantonaler Gesetze durch den Bundesrat.

Auf Grund des Art. 55, Absatz 2 der Bundesverfassung ·wurde von uns, den 8. März, die am 12. Februar erlassene Gesetzesnovelle des Kantons Waadt zum kantonalen Preßgesetz vom 26. Dezember 1892 genehmigt. Die Gesetzesnovelle regelt in ausführlicherer Weise als bisher die Voraussetzungen des Berichtigungs^wanges, die Art, den Inhalt und Umfang der Berichtigung, endlich das Verfahren vor Gericht bei streitigen Fällen und die strafrechtliche Sanktion.

V. Schuldbetreibung und Konkurs.

In folgenden Fällen wurde von den kantonalen Regierungen auf Grund von Art. 62 des Betreibungsgesetzes die Zustimmung des Bundesrates zur Gewährung des Rechtsstillstandes nachgesucht : Ì. Der 300 Einwohner zählenden Gemeinde R a n d o g n e (Kanton Wallis), die infolge Feuersbrunst zerstört worden war, wurde ein Rechtsstillstand von einem Jahre bewilligt (Bundesratsbeschluß vom 9. Februar 1898).

2. Der Gemeinde Mo hl i n (Kanton Aargau) wurde ein Rechtsstillstand von drei Monaten bewilligt, weil dieselbe durch die Maul- und Klauenseuche ausnahmsweise stark heimgesucht war und die zur Bekämpfung der Seuche nötig gewordenen Maßregeln den Handel mit landwirtschaftlichen Produkten vollständig lahm legte (Buhdesratsbeschluß vom 4. Januar 1899).

3. Aus demselben Grunde wurde auch der landwirtschafttreibenden Bevölkerung der Gemeinde B u t t i s h o l z (Kanton Luzern) ein Rechtsstillstand von drei Monaten bewilligt (Bundesratsbeschluß vom 4. Januar 1899), da indessen diese Gemeinde ihr Gesuch alsbald wiederum zurückzog, so fiel die Ermächtigung ·dahin.

ß60 4.§Der Gemeinde A i r o l o (Kanton Tessin) wurde ein Rechtsstilistand von dreißig Tagen bewilligt, weil ein Teil des Dorfes durch den Bergsturz des Sasso Rosso verschüttet worden war (Bundesratsbeschluß vom 5. Januar 1899),.

VI. Cirilstand und Ehe.

1. Die I n s p e k t i o n s b e r i c h t e der kantonalen Regierungen für das Jahr 1897 sind teilweise sehr verspätet eingegangen. Die Prüfung derselben ergab u. a. folgendes: a. Da gemäß Art. 10 des Bundesgesetzes betreffend Feststellung und Beurkundung des Civilstandes und die Ehe alle Belege von den Civilstandsbeamten aufzubewahren sind, so geht es nicht an, wie Nidwaiden angeregt hat, die Belege früherer Jahrgänge im Staatsarchiv zu versorgen, um dadurch in den Archivschränken der Civilstandsämter Platz für das neuere Material zu gewinnen.

b. Den Berichten fehlt noch häufig eine Zusammenstellung der Fälle, in denen die kantonalen Aufsichtsbehörden einzuschreiten oder Weisungen zu erteilen hatten.

c. Auf die Anregung des Kantons Neuenburg, der Bundesrat möchte in einem allgemeinen Kreisschreiben die Förmlichkeiten bekannt geben, welche. Ausländer und im Auslande wohnhafte Schweizer, die in der Schweiz sich trauen lassen wollen, zu erfüllen haben, wurde vom Departement auf Art. 37, Abs. 3, des Civilstandsgesetzes und auf die Nummer 186 des Handbuches für die Civilstandsbeamten hingewiesen, sowie auf Bundesbl. 1891, I, 664; 1892, II, 512 und 516.

2. Um eine neue Ausgabe des H a n d b u c h e s für d i e Civilstandsbeamten vorzubereiten, hat das Departement die kantonalen Regierungen mit Kreisschreiben vom 6. September ersucht, alle Anregungen und Wünsche, die sie selbst, die untern Aufsichtsbehörden und die Civilstandsbeamten zu machen im Falle seien, zu sammeln und bis Ende Jahres einzusenden. Die Antwort mehrerer Kantone steht zur Zeit noch aus.

3. Mit Kreisschreiben vom 16. November hat das Departement die Kantone ersucht, bei Erneuerung ihres Bedarfes a,n

361 Formularen für die Civilstandsregister A und die Auszüge aus denselben mit Rücksicht darauf, daß dieselben bisher sämtlich den Vordruck eintausend achthundert getragen haben, auf die von 1900 an erforderliche Abänderung Bedacht zu nehmen und, soweit am 1. Januar 1900 noch alte Formulare vorhanden sein sollten, die Civilstandsbeamten gestützt auf die §§ 4 und 46 des Réglementes anzuweisen, von dem genannten Zeitpunkt an das 1 ,,acht" zu durchstreichen und durch das darüber zu schreibende fl (oder zu druckende) Wort n e u n zu ersetzen.

4. Nach Art. 2 der Ü b e r e i n k u n f t z w i s c h e n der S c h w e i z und dem d e u t s c h e n R e i c h e vom 4. Juni 1886 (A. S. n. F. IX, 93) sind die beiderseitigen Staatsangehörigen verpflichtet, falls dies in ihrer Heimat oder an dem Orte der Eheschließung gesetzlich vorgeschrieben ist, eine Bescheinigung ihrer zuständigen Landesbehörde darüber vorzulegen, daß der Abschließung der Ehe nach dem bürgerlichen Recht ihrer Heimat kein bekanntes Hindernis entgegensteht. In welchem Zeitpunkte aber diese Bescheinigung vorgelegt werden muß, ist in der Übereinkunft nicht festgesetzt. Es steht daher dem betreffenden Landesrecht frei, vorzuschreiben, ob die Bescheinigung vor Anordnung des Aufgebots oder erst nach dessen Vornahme auszustellen ist. Im Königreich S a c h s e n müssen nun Schweizer wie andere männliche Ausländer v o r Einleitung des Aufgebotverfahrens ein sogenanntes Unbedenklichkeitszeugnis vorlegen ; dieses von der Aufsichtsbehörde des die Eheschließung vollziehenden sächsischen Standesbeamten auszustellende Zeugnis wird ihnen aber nur erteilt, wenn sie zuvor eine Bescheinigung ihrer Heimatsbehörde über das Nichtbekanntsein privatrechtlicher Ehehindernisse beibringen (sächsische Ministerialverordnung vom 2.September 1886).

Bei diesem Rechtszustand, der nach Mitteilung des deutschen auswärtigen Amtes insbesondere mit der Vorschrift des § 45, Abs. l, des deutschen Reichscivilstandsgesetzes vom 6. Februar 1875 nicht im Widerspruch ist, stehen Schweizern im Königreich Sachsen bei ihrer Verehelichung stets zeitraubende Schwierigkeiten entgegen; denn die heimatlichen Behörden können die Bescheinigung des Nichtbekanntseins von Ehehindernissen erst nach vorausgegangener Verkündung in der Schweiz ausstellen.

5. Auf die Anfrage, ob die zwischen einem Italiener und einer- Schweizerin beabsichtigte E h e s c h l i e ß u n g durch einen italienischen K o n s u l in der Schweiz vollzogen werden könne,

362 wurde geantwortet, daß das schweizerische Recht den Konsuln auswärtiger Staaten in der Schweiz die Befugnis zur Vornahme civilstandsamtlicher Funktionen nicht einräume, so daß eine angebliche Eheschließung vor einem Konsul in der Schweiz nicht als Ehe anerkannt werde vgl. Bundesbl. 1888, II, 693 ff; 1891, n, 557, Ziff. 26; 1893, II, 31, Ziff. 7; 1895, II, 117, Ziff. 10; 1896,11, 22, Ziff. 19; 1898, I, 439, Ziff. 18).

6. Wiederholt mußten wir bei der italienischen Regierung dagegen vorstellig werden, daß das italienische Generalkonsulat in Zürich trotz der gegenteiligen Vorschrift der s c h w e i z e r i s c h i t a l i e n i s c h e n E r k l ä r u n g vom 15./29. November 1890 (A. S. n. F. XI, S. 729), unter Anrufung des Art. 100 des italienischen bürgerlichen Gesetzbuches, die Beibringung der n u l l a o s t a - Z e u g n i s s e bei in der Schweiz beabsichtigten Verehelichungen von Italienern als überflüssig bezeichne.

Da übrigens auch viele italienische Civilstandsbeamte und verschiedene schweizerische Konsuln in Italien die schweizerischitalienische Erklärung vom 15./29. November 1890 nebst der Zusatzerklärung vom 11. März 1892 (A. S. n. F. XII, 680) nicht richtig handhaben, so hat unsere Gesandtschaft in Rom diese Verhältnisse durch eine ausführliche Note an die italienische Regierung und durch ein instruierendes Kreisschreiben an die schweizerischen Konsulate in Italien zu ordnen gesucht.

Mit Note vom 29. Oktober hat sodann die italienische Gesandtschaft eine Vereinfachung der in Frage stehenden Erklärungen in dem Sinne angeregt, daß auch die italienischen Civilstandsbeamten das nulla osta-Zeugnis mit dem Verkündschein vereinigen dürfen. Wir haben uns zustimmend geäußert. Ein bezüglicher Endgültiger Vorschlag der italienischen Regierung steht noch aus.

7. Gemäß der Vorschrift des Art. 22 des Bundesgesetzes soll das Totenregister die T o d e s u r s a c h e , wenn immer möglich ärztlich bezeugt, enthalten. Die Freiburger Justizdirektion wünschte nun eine allgemeine Weisung für die Fälle, wo der an «iner Krankheit Gestorbene von einem Arzt nicht behandelt worden ist. Aus den vom Departement veranstalteten statistischen Erhebungen ergab sich, daß die Fälle, in denen eine ärztliche Bescheinigung nicht beigebracht wird, immer seltener werden.

Das Unterbleiben ärztlicher Bescheinigung
der Todesursache hängt übrigens, wie sich aus den auf ein Kreisschreiben vom 7. Januar eingegangenen Antworten der-Kantone ergiebt, meistens mit Verhältnissen zusammen, die dasselbe als entschuldbar erscheinen

363 lassen, insbesondere etwa mit schwierigen Verkehrsverhältnissen, großer Entfernung der Ärzte u. s. w. Es erscheint daher nicht nötig, der Freiburger Anregung eine weitere Folge zu geben ; es ist Sache der kantonalen Aufsichtsbehörden, für genaue Beobachtung des Art. 22, litt, d, des Bundesgesetzes und Art. 28 des Reglements Sorge zu tragen.

8. Auf die Anfrage des Walliser Justizdepartements, ob die n a c h t r ä g l i c h e , bei der Eheschließung unterlassene L é g i t i m a t i o n s e r k l ä r u n g eines Kindes gemäß eidgenössischem Recht vor dem Civilstandsbeamten oder gemäß kantonalem Recht vor einem Notar zu erfolgen habe, antwortete das Departement den 15. März, daß die Legitimation durch nachfolgende Ehe gemäß Art. 54 der Bundesverfassung ohne weiteres durch den Eheabschluß eintritt und von keinerlei Beurkundung abhängt. Jede mit dieser Vorschrift des eidgenössischen Rechts in Widerspruch stehende kantonalrechtliche Bestimmung ist aufgehoben. Als Ordnungsvorschriften über die Anmeldung und Beurkundung der Legitimationen sind maßgebend der Absatz l des Art. 41 des Bundesgesetzes, sowie die Strafbestimmung in dessen Art. 59 und die §§ 34--45 des Réglementes.

9. Mit Rücksicht darauf, daß, wie die schweizerische Gesandtschaft in Paris berichtete, Schweizern, die sich in Frankreich verheiraten wollen, seitens der heimatlichen Behörden (Civilstandsämter, Gemeinderäte und auch Staatskanzleien) häufig unnötige Kosten verursachende Civilstandsakte und Bescheinigungen zugesandt werden, hat das Departement neuerdings im Bundesblatt die Weisung des französischen Justizministers betreffend die Formalitäten für Trauungen von Schweizern in Frankreich vom 2. August 1884 publiziert (Bundesbl. 1898, II, S. 875 f. :, zu vgl. Bundesbl. 1884, IH, S. 567, und 1885, II, S. 23 f.).

10. Auf die Anfrage der Zürcher Justizdirektion, ob der G r u n d s a t z des Art. 54, Abs. 3, der Bundesverfassung, wonach die im Auslande nach der dort geltenden Gesetzgebung abgeschlossene Ehe in der Schweiz als Ehe anerkannt werden soll, -ganz allgemein für jede im Ausland abgeschlossene Ehe oder nur für die von Schweizern im Ausland abgeschlossenen Ehen gelte, hat das Departement am 22. Februar, unter Vorbehalt der maßgebenden richterlichen Entscheidung, geantwortet, daß der gena,nnte Grundsatz jedenfalls auf die vom Ausländer im Ausland mit einer Ausländerin abgeschlossene Ehe keine Anwendung finden könne; vgl. Bundesbl. 1874, H, S. 509 f., 1880, n, S. 22.

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11. Die Staatsanwaltschaft von Baselstadt ersuchte das Departement, behufs Durchführung einer E h e n i c h t i g k e i t s k l a g e wegen B i g a m i e und im Hinblick auf Art. 54 des Bundesgesetzes, ihr den Nachweis zu verschaffen, daß in einem Staate Nordamerikas das Ehehindernis der bestehenden Ehe gelte. Da aber unser Recht, und demnach auch die Bestimmung des Art. 54 des Bundesgesetzes, offenbar nur die Gesetzgebung solcher Staaten im Auge hat, deren kulturelle Grundlage der unsrigen entspricht, so betonte das Departement in seiner Antwort, es könne von der Beschaffungdes fraglichen Nachweises ohne weiteres Umgang genommen werden, sobald ein Verhältnis sich als Ehe ausgiebt, das mit unserem öffentlichen Rechte derart im Widerspruch steht, daß es sich als Delikt qualifiziert. Das Civilgericht von Baselstadt, vor dem die Angelegenheit zum Austrage kam, begnügte sich hierauf mit der Erklärung des Konsulates der U. S. A. in Basel, daß Bigamie in den Gesetzen aller Staaten der Union als Verbrechen vorgesehen sei und daß daselbst auf gerichtlichem Wege die Nichtigkeit ungesetzlicher Ehen ausgesprochen werde.

12. DieDirektiondesCivilstandswesensdesKantonsSchaffhausen ist bezüglich ihrer Einfrage, wann bei Verkündungen der Geburtsschein durch einen T a u f s c h e i n ersetzt werden dürfe, darauf aufmerksam gemacht worden, daß diese Frage, soweit die schweizerischen Personalregister in Betracht kommen, durch den Art. 65 des Civilstandsgesetzes und die Ausführungen in den Nummern 143, 144, 233 und 237 der Anleitung im ,,Handbuche"1 beantwortet ist, und daß die aus dem Auslande kommenden Taufscheine dann als genügend angenommen werden müssen, wenn in dem betreffenden Lande nur kirchliche, nicht aber auch staatliche Personalregister geführt werden.

13. Ein Tessiner wollte in der Schweiz eine f ü n f z e h n j ä h r i g e I t a l i e n e r i n heiraten. Die Anfrage, ob der schweizerische Civilstandsbeamte die Verkündung des Eheversprechens verweigern müsse, wurde bejaht, da die Vorschrift des Art. 27 des Civilstandsgesetzes, wonach die Braut, um eine Ehe einzugehen, das sechszehnte Altersjahr zurückgelegt haben muß, öffentliches Recht der Schweiz ist, also auch gegenüber einer italienischen Braut gilt (vergi, die Nummer 149 der Anleitung im ,,Handbuche").

14. Der Rechtsanwalt eines Mannes, der schon
längere Zeit mit seiner Stieftochter zusammengelebt hatte und dieses Verhältnis durch Verehelichung im Auslande ,,in Richtigkeit" bringen wollte, .verlangte Auskunft über ,,den einfachsten und billigsten Weg""

365; hierzu. Es wurde ihm am 6. April erwidert, dai die eidgenössische Aufsichtsbehörde über die Ausführung des eidgenössischen Ehegesetzes nicht im Falle sei, Mittel und Wege zur Umgehung dieses Gesetzes anzugeben.

15. Zehn S c h e i d u n g s u r t e i l e deutscher Gerichte betreffend Ehen, die seinerzeit von deutschen Reichsangehörigen in der Schweiz abgeschlossen worden waren, sind im Jahre 1898 auf diplomatischem Wege zur Vormerkung im schweizerischen Eheregister gelangt.

Ferner sind 2 Scheidungsurteile schweizerischer Gerichte betreffend schweizerische Eheleute, die in Frankreich getraut worden waren, ebenfalls auf diplomatischem Wege am französischen Eheschließungsorte zur Eintragung gekommen.

16. Zwei Fälle von S c h e i d u n g e n s c h w e i z e r i s c h e r E h e l e u t e d u r c h a u s l ä n d i s c h e G e r i c h t e kamen im Berichtsjahre zur Kenntnis des Departementes.

In dem einen Falle handelte es sich um eine zu Besançon getraute und geschiedene Bernerin, die von den heimatlichen Behörden nicht als geschiedene Frau anerkannt wurde und deshalb auch keinen Heimatschein erhielt. Sie wurde dahin verständigt, daß sie entweder vor dem heimatlichen Richter ihren Scheidungsprozeß noch einmal durchzuführen habe oder aber versuchen solle, für das französische Urteil auf Grund des Art. 15 ff. des schweizerisch-französischen Vertrages vom 15. Juni 1869 die Vollstreckung auszuwirken.

Im ändern Falle waren genferische Ehegatten durch den obersten Gerichtshof der Kolonie Viktoria geschieden worden, und es hatte der schweizerische Konsul in Melbourne das Urteil zur Eintragung in das heimatliche Eheregister an die genferischeStaatskanzlei gesandt. Auf Anfrage des Generalprokurators des Kantons Genf erklärte das Departement, daß die Vornahme dieser Eintragung nicht zu beanstanden sei, wenn das fragliche Urteil zuvor durch das Genfer Gericht als vollstreckbar erklärt werde.

Da es nach Genfer Recht Sache der Interessenten ist, die Vollstreckbarkeit eines Urteils zu erwirken, leitete der Genfer Generalprokurator das Urteil mit dieser Weisung an die Interessenten zurück.

17. Das Departement hat im Berichtsjahr aus Anlaß zweier Specialfälle festgestellt, daß S c h e i d u n g s u r t e i l e f r a n z ö s i s c h e r G e r i c h t e , die f r a n z ö s i s c h e E h e l e u t e , welche in

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der Schweiz geheiratet haben, betreffen, im schweizerischen Eheregister nur dann vorgemerkt werden dürfen, wenn der Nachweis erbracht ist, daß die Ehe in das Eheregister des zuständigen französischen Civilstandskreises eingetragen und daß das Scheidungsurteil rechtskräftig und innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten auf Verlangen einer Partei am Rande dieser Eintragung vorgemerkt worden ist. Nach französischem Recht (Art. 251 und 252 C. C.) und ebenso nach belgischem Recht wirkt nämlich nicht das Scheidungsurteil, sondern erst die auf Grund des Scheidungsurteils von einer Partei zu veranlassende Eintragung im Eheregister eheauflösend.

Mit Rücksicht auf diesen Rechtszustand mußte ein Genfer Urteil, durch das ein französisches, Franzosen betreffendes Scheidungsurteil als vollstreckbar erklärt worden "ist, durch neues Urteil aufgehoben werden.

18. Im Jahre 1876 hatte zu Kairo ein Italiener eine Bürgerin von Marseille geheiratet. Im Berichtsjahre wollte der Ehemann, der inzwischen Schweizer geworden war, in Genf gegen seine Ehefrau auf Scheidung klagen. Laut Art. 88 des kantonalen Civilstandsgesetzes vom 20. März 1880 sollte zu diesem Zwecke zunächst der Eheabschluß in das Eheregister von Genf eingetragen werden. Das Departement hat Jedoch auf Anfrage die Genfer Behörde darauf aufmerksam gemacht, daß der fragliche Trauungsschein in den Civilstandsregistern von Genf nicht eingetragen werden könne, indem sich derselbe auf ein Ereignis beziehe, das zur Zeit seines Eintrittes in dem schweizerischen Civilstandsregister nicht vorzumerken war. Art. 5, litt. ci des eidgenössischen Civilstandsgesetzes hat nur die Eintragung solcher und zwar in der Regel amtlicher Mitteilungen über Civilstandsvorgänge in ändern Kreisen des In- und Auslandes in die Civilstandsregister B im Auge, welche Personen betreffen, die zur Zeit des Eintrittes des fraglichen Vorganges Einwohner oder Heimatberechtigte des angerufenen Kreises sind. Art. 88 des Genfer Gesetzes vom 20. März 1880 steht daher mit dem Bundesrecht im Widerspruch, wenn er in Fällen wie dem vorliegenden die nachträgliche Eintragung einer Eheschließung in die Genfer Civilstandsregister vorschreibt.

Sollte infolge der von der eidgenössischen Aufsichtsbehörde verweigerten Eintragung des Eheaktes in Genf der Genfer Richter die Annahme der Scheidungsklage ablehnen, so stünde den Interessenten wegen Rechtsverweigerung der Rekurs an das Bundesgericht offen, ganz abgesehen von dem möglicherweise eintretenden

367.

Kompetenzkonflikte zwischen der Bundesbehörde und der Kantonalbehörde.

19. Im Jahre 1878 hatte eine ledige Bürgerin des Kantons Schwyz in Genf einen Knaben geboren ; dieser wurde bei der Geburtsanzeige von einem verheirateten Italiener als sein Kind anerkannt und deshalb als anerkanntes Kind eines Italieners in das Geburtsregister von Genf eingetragen. Im Jahre 1898 klagte die Ehefrau des genannten Italieners zunächst vor Genfer Gericht auf Ungültigkeit der geschehenen Anerkennung, nachdem dieses wegen Unzuständigkeit die Klage abgewiesen hatte, gelangte sie an die italienischen Behörden ; als auch diese sich wegen Unzuständigkeit weigerten, auf die Klage einzutreten, unterbreitete der Generalprokurator des Kantons Genf den Fall dem Departement; dieses antwortete : es sei zunächst der Beweis zu erbringen, daß der Vater zur Zeit der Geburt des Knaben gültig verheiratet gewesen sei, infolgedessen er kraft seines Heimatrechtes den fraglichen unehelichen Knaben nicht rechtsgültig als sein Kind habe anerkennen können ; alsdann könne der Knabe vor den zuständigen Gerichten des Kantons Schwyz auf Anerkennung als unehelicher Sohn einer Schwyzerbürgerin und damit auf Anerkennung als Schwyzerbürger klagen.

20. Eine kantonale Behörde verlangte mit Bezug auf Schweizer betreffende Civilstandsurkunden, die das schweizerische Generalkonsulat in Valparaiso durch Vermittlung des Departements an die heimatlichen Registerbehörden gelangen läßt, die Beigabe amtlich beglaubigter Übersetzungen dieser Urkunden. Das Departement erwiderte, daß solche Übersetzungen in erster Linie von den Interessenten, zu denen unsere Konsuln nicht gehören, zu beschaffen seien. Im Hinblick auf den § 6, Abs. 3, des Réglementes ist dem Generalkonsulate immerhin empfohlen worden, künftig* wenigstens in allen denjenigen Fällen, in denen zahlungsfähige Interessenten vorhanden sind, die Urkunden mit den gewünschten Übersetzungen zu begleiten.

21. Am 4. Juli sind anläßlich des U n t e r g a n g e s der . ,, B o u r g o g n e a auch 37 Personen verschwunden, von denen die Eigentümerin des Schiffes (die Compagnie générale transatlantique), allerdings zum Teil irrtümlicherweise, angenommen hat, daß sie schweizerischer Nationalität seien. Weitere Verluste von Mitbürgern bei diesem Schiffbruche sind dem Departemente direkt aus verschiedenen Kantonen gemeldet worden. Durch die Vermittlung1

368

unserer Gesandtschaft in Paris hat das Departement zunächst seitens der Direktion der genannten Schiffahrtsgesellschaft sogenannte ,,attestations de disparition"1 ausgewirkt. Eigentliche Totenscheine, erstellt nach den Vorschriften der Artikel 88--90 des französischen Civilgesetzbuches (Gesetz vom 8. Juni 1893), konnten von den französischen Behörden nicht ausgefertigt werden, da die Leichen der Verunglückten nicht aufgefunden worden sind. Dagegen sind bis jetzt 25 ,,extraits du procès-verbal de disparition, annexé au rôle de désarmement de La Bourgogne1^, ausgestellt von der Hafenbehörde zu Havre, übermittelt worden. Die Erledigung der Angelegenheit steht zur Zeit noch aus.

22. Von den aus den letzten Jahren stammenden H e i m a t l o s e n g e s c h ä f t e n sind im Berichtsjahre 17, wovon 8 im Jahre 1898 eingegangen, erledigt worden; 11 sind noch hängig.

Der Fall G i a n o l a , der auf Grund unseres Beschlusses vom 18. Juni 1856 als erledigt betrachtet wurde, mußte neuerdings in Behandlung genommen werden, da in Belgien Mitglieder dieser Familie aufgetaucht sind. Ebenso ist der Fall L o r e t z , auf den sich unsere Beschlüsse vom 5. Januar 1892 und vom G. Januar 1898 (Bundesbl. 1898, I, 50) beziehen, noch nicht definitiv erledigt, da kürzlich Nachkommen eines Zweiges dieser Familie, die als verschollen galten, durch die schweizerische Gesandtschaft in Paris Anspruch auf das, Schweizerbürgerrecht erhoben haben.

Um dem mehrfach geäußerten Wunsche nach Erledigung der alten Heimatlosengeschäfte nachzukommen, hat das Departement die kantonalen Regierungen mit Kreisschreiben vom 24. Januar ersucht, durch die zuständigen Organe eingehende Nachforschungen und Erhebungen über alle im ,, Kantonsgebiete sich aufhaltenden Heimatlosen zu veranlassen und über das Ergebnis einläßlichen Bericht zu erstatten. Da diese Berichte sehr langsam einliefen und verschiedene der erhaltenen Berichte keineswegs vollständig waren, so hat sich das Departement bis jetzt eine Übersicht über sämtliche in Betracht fallende Heimatlosenfälle noch nicht verschaffen können.

Keine Heimatlosen haben zur Zeit 14 Kantone, nämlich: Luzern, Uri, Ob- und Nidwaiden, Glarus, Zug, Solothurn, Baselstadt, Schaffhausen, Appenzell A.-Rh. und I.-Rh., St. Gallen, Aargau, Neuenburg.

369

VII. Handelsregister.

A. Allgemeines.

1. F i r m e n r e c h t . Durch Schlußnahme vom 6. März 1896 hatten wir dem Departement den Auftrag erteilt, Bericht und Antrag über die Revision des ganzen Firmenrechtes vorzulegen (Bundesbl. 1897, I, 378).

Das Departement ist diesem Auftrage im Berichtsjahr nachgekommen ; seinem Berichte entnehmen wir : Die schweizerische Firmenordnung einer v o l l s t ä n d i g e n "·Revision zu unterwerfen, erscheint jetzt nicht opportun; ein geeigneter Anlaß hierzu wird sich beim Erlaß eines schweizerischen Civilgesetzbuches bieten, weil dann das Obligationenrecht ohnehin dem neugeschaffenen Bundesrecht angepaßt werden muß. Eine t e i l w e i s e A b ä n d e r u n g des Firmenrechts könnte aber den gegen das geltende Recht vorgebrachten Aussetzungen nicht gerecht werden, ohne daß das Prinzip der Firmenwahrheit und damit die Grundlage des Firmenrechts selbst wieder in Erwägung gezogen würde. Von einer Revision der gesetzlichen Bestimmungen ist daher abzusehen ; dagegen kann auf dem Wege der Praxis innerhalb des Rahmens des geltenden Rechts dem Wunsche einer freieren Firmenbildung, insbesondere dem Begehren der unveränderten Fortführung einer Firma beim Wechsel des Geschäftsinhabers, Rechnung getragen werden.

Von der E i n z e l fi r m a verlangt das Gesetz, daß sie den Namen des Inhabers enthalte und außerdem nichts Unrichtiges aussage, namentlich nichts, was auf das Vorhandensein einer Gesellschaft hindeutet. Wenn der Sohn des ersten Geschäftsinhabers, um die übernommene Firma möglichst wenig zu verändern, mit ,,N. K, Sohn" firmiert, so hat er nichts Unrichtiges gesagt, trotzdem aber alles, was das Gesetz verlangt, zum Ausdruck gebracht. Daß die Vornamen des Nachfolgers andere sind, macht die Firma nicht ungesetzlich, denn das Gesetz begnügt sich mit der Erwähnung des Familiennamens, und die in der Firma angegebenen Vornamen werden nicht als die des dermaligen Inhabers ausgegeben. Firmen wie ,,J. Meyers Sohn", ,,A. Schulzes Witwe", sind daher zu gestatten. Aus dem gleichen Grunde sind G e s e l l s c h a f t s f i r m e n wie: N. N. Meyers Söhne, Brüder, Geschwister, Erben u. dgl.

als gesetzlich zu betrachten, sobald einer der Nachfo ger den in der Firma enthaltenen Namen trägt und das in der Firma bezeichnete Verhältnis der gegenwärtigen Gesellschaft zur früheren Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. I.

26

370

thatsächlich besteht. Die Firma teilt den Namen eines Gesellschafters mit und zeigt zugleich das Vorhandensein einer Gesellschaft an ; mehr verlangt das Gesetz nicht.

Die Gefahr der Täuschung ist bei solcherart gebildeten Firmen allerdings größer; sie sind daher nur zuzulassen, wenn sie nicht nach der Gestaltung der Verhältnisse des Falles zu einer absichtlichen oder unabsichtlichen Verschleierung des Namens des wahren Inhabers führen. Bezüglich der Kommanditgesellschaften ist zudem auf Art. 600 O.-R. zu verweisen.

Der das G e s e l l s c h a f t s v e r h ä l t n i s a n d e u t e n d e Zus a t z darf nichts Unrichtiges enthalten; G e b r ü d e r Meyer darf nur eine Firma firmieren, in der wenigstens zwei Gesellschafter dieses Namens sind. Der Zusatz darf auch nicht eine größere Anzahl von Personen angeben, als die Gesellschaft wirklich zählt; die Firma C. Meier & Söhne ist unzulässig, wenn C. Meier nur e i n e n Sohn hat. Ist aber der .Zusatz richtig, so ist dem Gesetz Genüge gethan; der Zusatz braucht nicht vollständig, d. h. derart abgefaßt zu sein, daß er alle Teilhaber umfaßt. Bei der K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t bedingt der Eintritt des Kommanditärs keine Abänderung der Firma, wenn eine Gesellschaft schon vorhanden war mit einem entsprechenden Zusatz ; das Gesetz verlangt nur, daß die Firma der Kommanditgesellschaft das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses andeute, mit ändern Worten, daß die Firma eine Gesellschaftsfirrna sei. Die Unverständigkeit des Zusatzes ist ohne Gefahr, sofern sie nicht zur Täuschung des Publikums benutzt wird. Den Verdacht einer unlauteren Absicht wird eine solche, Firma erwecken, wenn sie ohne plausible Gründe schon bei der Gründung des Geschäftes gewählt wird, oder wenn, ohne Änderung irn Mitgliederbestande, eine bestehende Firma in diesem Sinne abgeändert wird.

Den 8. November 1898 haben wir beschlossen, von einer Revision der Bestimmungen des Obligationenrechts über das Firmenrecht Umgang zu nehmen und das Departement beauftragt, für die Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften im Sinne der vorstehenden Ausführungen besorgt zu sein.

2. E i n t r a g u n g a u s l ä n d i s c h e r G e s e l l s c h a f t e n in das H a n d e l s r e g i s t e r . Über die Frage, ob Filialen auswärtiger Personenverbände, die nach einem im schweizerischen
Recht nicht anerkannten Typus gebildet sind, zur Eintragung zuzulassen seien, herrschte bisher Meinungsverschiedenheit. Das Departement hat nun diese Frage bejaht und mit unserm Einverständnis arn 25. November ein Kreisschreiben an die kantonalen Aufsichtsbehörden

371

gerichtet (Bundesbl. 1898, V, S. 308, Handelsamtsblatt Nr. 330 vom 3. Dezember 1898, S. 1375).

B. Statistik.

Die Zahl der Eintragungen und damit auch die Gebühreneinnahmen haben sich gegenüber dem Vorjahre wieder um etwas vermehrt. Die beiliegende Tabelle ,,Aa giebt über die Eintragungen im einzelnen genauen Aufschluß. Aus Tabelle ,,Ba ergiebt sich der Bestand der am 31. Dezember 1898 im Handelsregister überhaupt eingetrageneu Firmen, Gesellschaften und Einzelpersonen.

C. Specielle Fälle.

R e k u r s e wurden 19 anhängig gemacht, wovon 18 erledigt wurden, einer mußte auf das Jahr 1899 übertragen werden. Diese Rekurse richteten sieh gegen Verfügungen fügender Kantone: Zürich 9; Bern und St. Gallen je 2; Uri, Freiburg, Basel-Stadt, Tessin, Neuenburg und Waadt je 1.

In zwei Fällen konnten die gestellten Begehren als begründet erklärt werden. Zehn Rekurse wurden abgewiesen; auf einen wurde wegen nicht Einhalten des Instanzenzugs und auf einen ändern wegen Verspätung nicht eingetreten; einer wurde gegenstandslos und drei sind zurückgezogen worden.

Bei einem Begehren handelte es sich um Löschung einer thatsächlich aufgelösten Gesellschaft, und bei einem zweiten um die Art der Vertretung einer Zweigniederlassung; alle ändern Rekurse hatten d.e Frage der Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister zum Gegenstand.

In zwei Fällen ist der Entscheid des Bundesrates durch das Bundesblatt veröffentlicht worden (Gachnang, Bundesbl. 1898, III, S. 775; Jeanmaire-Langhans, Bundesbl. 1898, III, S. 692). Die Übrigen bieten kein weiteres Interesse.

TUT. Rechtspflege.

Statistik.

Im Berichtsjahre waren mit Einschluß der aus dem Jahre 1897 pendent gebliebenen Fälle (16) total 242 Rekurse (1897: 225; 1896: 152) zu behandeln, wovon 227 ihre Erledigung fanden und 15 als unerledigt auf das Jahr 1899 übertragen wurden.

Beilage A.

Handelsregister-Eintragungen im Jahre 1898.

Eintragungen.

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Kollektiv- und KommanditGesellschaften.

Einzelfirmen.

Zu Seite 371.



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80

(288) (260) (286) (307) (327) (436) (291) (224) (235) (234)

9,455 16,621 10,518 8.659 8,339 11,777 16,308 7,736 6,599 6,618

10,747 14,972 10,963 8,893 8,752 11,437 15,056 8,269 7,018 7,118

90 50 80 20 50 80 20 50

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I)ie Zalileo in Klam mern jeziehe D sich aiif die be den ge >üliren reien jöschu ngen i abegril eneo (onkur se.

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Beilage B.

Zu Seite 371.

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im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen, Handelsgesellschaften, vereine und nicht handeltreibenden Personen auf 31. Dezember 1897 und 1898.

Kantone.

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1 i i i

Einzelfirmen.

Aktiengesellschaften KollektivKommandit-Aktienund Kommandlt- gesellschaften und Gesellschalten. Genossenschaften.

V ereine.

·

1898 3,883 4,689 1,213 93 481 126 141 536 209 1,358 668 977 250 486 592 71 1,958 1,105 1,133 939 1,484 4,764 298 1,788 2,865

(1897) 1898 ( 862) 879 ( 736) 768 ( 202) 208 ( 38) 39 ( 67) 66 ( 26) 27 ( 21) 23 ( 109) 108 ( 37) 39 ( 124) 126 ( 117) 120 ( 359) 385 ( 52) 55 ( 60) 67 ( 71) 71 ( 4) 3 ( 341) 353 ( 242) 250 ( 278) 284 ( 115) 116 ( 230) 240 ( 572) 573 ( 77) 80 ( 350) 343 ( 508) 536

(1897

1898

( 635) (1084) ( 175) ( 5) ( 35) ( 10) ( 12) ( 30) ( 32) ( 296) ( 132) ( 116) ( 46) ( 45) ( 50) ( 7) ( 216; ( 77) ( 214) ( 87) ( 55) (1014) ( 57) ( 212) ( 299)

667 1135 204 5 40 10 12 32 34 321 141 120 50 49 52 8 239 85 246 106 60 1068 60 224 325

( ( ( ( (

Total am 31. Dezember 1898

(31,329) 32,107

(5598) 5759

(4941)

5293

(121 6) 1337

Total am 31. Dezember 1883

24,023

3666

Zürich Bern .

Luzern Uri Schwyz Nidwaiden ' Obwalden Glarus Zue Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland .

Schaffhausen Appenzell A.-Rh.

Appenzeir I.-Rh St. Gallen , Graubünden . . . .

Aareau Thurgau Tessin .

Waadt . . .

Wallis . . . .

Neuenburg Genf

.

( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

(1897) 3,694) 4,353) 1,203) 84) 470) 125) 141) 544) 208) 1,318) 654) 979) 213) 491) 595) 70) 1,904) 1,097) 1,134) 925) 1,418) 4,731) 300) 1,767) 2,911)

1417

Zweigniederlassungen.

1898 '- 5) 47 25 7) 280 4 1) 45 1) 1 3) 3 - -) 2) 2 7) 6 10) 13 7 6) 86 25) 34 33) 39 15) 22 7) 8 1) 1 --) 4>7) 51 23) 25 55) 58 10) H 23) 24 25 9) 274 9) 10 84 7 7) 19 0) 213

(189 1)

( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

134

Besonderes Register.

Total.

(1897)

1898

1898

95 101 30 4 2 2 2 3 4 19 8 59 6 2 3 1 81 53 18 53 25 79 10 55 63

(1897) 1898 ' ( 88) 87 (341) 342 (112) 110 ( -) ( -) ( 2) 2 ( -) ( -) ( 2) 2 ( 32) 32 ( 71) 70 (-) ( D 1 ( -) ( 3) 3 (-) ( 8) 8 ( 3) 3 ( 3) 3 ( -) -- ( 32) 32 ( 15) 15 ( 9) 9 ( 32) 32 ( 4) 4

(1897)

( 90) (100) ( 28) ( 4) ( 3) ( 2) ( 2) ( 5) ( 4) ( 19) ( 10) ( 49) ( 4) (. 3) ( 2) ( 2) ( 77) ( 52) ( 18) ( 55) ( 26) ( 70) ( 11) ( 54) ( 64)

( 5,414) ( 6,871) ( 1,761) ( 132) ( 578) ( 165) ( 178) ( 695) ( 293) ( 1,865) ( 1,009) ( 1,536) ( 331) ( 606) ( 722) ( 83) ( 2,593) ( 1,494) ( 1,702) ( 1,192) ( 1,784) ( 6,661) ( 463) ( 2,492) ( 3,976)

5,758 7,315 1,810 142 592 167 180 685 301 1,942 1,041 1,580 384 612 722 83 2,690 1,521 1,742 1,225 1,865 6,773 467 2,526 4,006

(754)

778

(758)

(44,596)

46,129

368

2052

755

31,740

372 7 Rekurse wurden vor der Stellung unseres Antrages zurückgezogen und 6 wegen Fristversäumnis abgewiesen; in weitere 154 Rekurse und Beschwerden (1897: 124; 1896: 94) konnte deswegen nicht eingetreten werden, weil sie entweder ausschließlich in die Kompetenz der kantonalen Behörden oder des Bundesgerichts fielen, oder weil da, wo unsere Kompetenz materiell begründet gewesen wäre, die kantonalen Instanzen noch nicht erschöpft waren.

Die übrigen 60 Rekurse (1897:. 69; 1896: 35) betrafen dem Gegenstände nach: 33 Beeinträchtigung der Handels- und Gewerbefreiheit; 14 Verweigerung oder Entzug der Niederlassung gegenüber Ausländern ; 8 Stimmrecht und Wahlen ; 2 Begräbniswesen ; 2 Rekursentscheide in Anwendung von Bundesgesetzen ; l Vollzug eines bundesgerichtlichen Urteils.

Hiervon wurden 10 Rekurse begründet erklärt und 50 als unbegründet abgewiesen.

Die Bundesversammlung hatte sich im Jahre 1898 mit 17 Rekursen aus dem Geschäftskreis des Departements zu befassen (1897 : 11 ; 1896: 5). In 7 Fällen hat sie unsern Entscheid bestätigt; 2 Rekurse wurden begründet erklärt, 4 Beschwerden wurden zurückgezogen, 3 Fälle sind noch pendent und über l Eingabe schritten die eidgenössischen Räte zur Tagesordnung.

In dieser Statistik sind nicht berücksichtigt 25 Rekurse, die das Departement als die dem eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum vorgesetzte Verwaltungsbehörde zu entscheiden hatte, und von denen 5 an den Bundesrat weitergezogen worden sind, ferner die zahlreichen Mitberichte des Departements, bezüglich derjenigen vom Bundesrat entschiedenen Rekurse, die gegen Verfügungen anderer Departemente gerichtet sind, vgl. Bundesbeschluß vom 28. Juli 1895, Art. 25, Ziffer 17.

Nicht 1 eingetreten. 1

Unbegründet. 1

Begründet.

Zurückgezogen,

Pendent.

Gegenstand.

1 1 l

373

2

20

6

3

3

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1. Handels- und Gewerbefreiheit.

1. Wirtschafts wesen 2. Unterstellung einer Ersparniskasse für gegenseitige Unterstützung unter eine Gewerbesteuer . . . .

3. Verkauf von Geheimmitteln 4. Gewerbebetrieb eines herumziehenden Musikanten .

5. Zutritt zur Börse 6. Unlauterer Wettbewerb im Hausierhandel . . . .

7. Besteuerung des Ausverkaufes eines Warenlagers 8. Anwendung von Automobilen auf öffentlichen Straßen zum Handelsverkehr 9. Besteuerung der Fabrikation v o n Kunstwein . . . .

10. Kantonales Lotterie verbot .

11. Patenttaxen der Handelsreisenden 12. Verbot des Obsthandels auf einem öffentlichen Platze .

13. Wirtshausverbot als Beeinträchtigung der Handelsund Gewerbefreiheit .

14. Ausübung des Rechtsanwaltsberufes . . . .

Summa

II.

III.

IV.

V.

34

1 -- .

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1

1

-- 5 12 -- 8

-- 27 14 -- 6

-- 6 -- 2 2

'-- 3 4 7 1 4 -- -- -- 2

3 49 31 2

--

Niederlassung Konfessionelles . . . .

Wahlen und Abstimmungen Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetzen . -- VI. Vollzug von bundesgerichtlichen Urteilen . . . . -- Total

--

25

2 . -- 1 -- 50 | 10

--

1

1

18 4

1 1 3 7 | 15 107

374

I. Handels- und Gewerbefreiheit.

1. Wirtschaftswesen.

Die meisten der im Berichtsjahre eingereichten Wirtschafts.rekurse betrafen di e Frage dei: p e r s ö n l i c h e n E i g e n s c h a f t e n des W i r t e s oder die Frage des V o r h a n d e n s e i n s e i n e s Bed ü r f n i s s e s . Beruhen in diesen Fällen die angefochtenen kantonalen Entscheidungen auf einer Vorschrift des kantonalen Rechts und liegt weder eine rechtsungleiche noch eine willkürliche Behandlung des Beschwerdeführers vor, so werden diese Rekurse von uns als unbegründet abgewiesen.

Über unsere Praxis sind zu vergleichen die Entscheidungen in Sachen B o U in an n (vorn 27. Mai, Bundesbl. 1898, IH, 8. 668), Z a h n c l (vom 27. Mai, Bundesbl. 1898, III, S. 685), T i n e t t i (vom. 13. August, Bundesbl. 1898, IV, S. 354), W e i b e l (voi« 27. April, Bundesbl. 1898, III, S. 156), B e r t a (vom 1. Juni, Bundesbl. 1898, IH, S. 706), H a u r i (vom 1. Juni, Bundesbl. 1898, HE, S. 706); ferner unsere Berichte in Sachen El l en b e r g e r und R i b a (vom 25. Januar und 25. März, Bundesbl. 1898, I, S. 180; III, S. 36, 39); diese beiden letztem Entscheidungen sind von der Bundesversammlung den 22. April 1898 bestätigt worden.\ im übrigen heben wir hervor: 1. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hatte dem Wirte D.

die Übertragung der Wirtschartsbewilligung auf ein anderes Haus verweigert, weil seine Frau keinen guten Leumund genoß. D. führte dagegen Beschwerde, indem er bemerkte, er lebe getrennt von seiner Frau, und das G-esetz verlange nur, daß die mit dem Wirte in gemeinschaftlicher Haushaltung lebenden Personen gut beleumdet seien. Sollte seine Frau wieder zu ihm kommen, so stehe es der Behörde frei, die Wirtschaft zu schließen. Der Zürcher Regierungsrat erklärte dagegen den Verzicht der Ehegatten auf das Zusammenleben rechtlich für ungültig, und es wäre unsittlich, den Rekurrenten durch die Erteilung des Patentes zwischen sein ökonomisches Interesse an der Fortführung der Wirtschaft und seine ehelichen Pflichten zu stellen. Gestützt auf diese, dem kantonalen Eherechte entnommenen Erwägungen wiesen wir die Beschwerde mit Beschluß vom 11. August als unbegründet ab.

2. Der Regierungsrat des Kantons Zug hatte dem St. in Baar eine Wirtschaftsbewilligung verweigert, weil in einem gerichtlichen Urteil vom Jahre 1885 bemerkt worden war, St. habe wahrscheinlich Ehebruch begangen, und weil in einem spätem

375 Ehescheidungsurteile vom Jahre 1889 festgestellt wurde, die Ehegatten St. haben vom Wesen und Wert der Ehe einen sein: niedrigen Begriff und haben es von jeher mit ihren ehelichen Pflichten nicht streng genommen. Der Beschwerdeführer legte dagegen zum Beweise seines guten Leumundes ein Zeugnis der Einwohnergemeinde Baar vor, dahin lautend, St. genieße einen tadellosen Leumund und besitze auch als mehrjähriger Wirt für die Fortführung einer Wirtschaft die nötigen Fähigkeiten 5 ebenso günstig lautete ein Leumundszeugnis des Gemeinderates von Root, woselbst St. bisher gewohnt hatte. Mit Rücksicht auf diese bestimmten Erklärungen, ' sowie mit Rücksicht darauf, daß aus dei: Zeit seit 1889 keine den Beschwerdeführer belastenden Thalsachen namhaft gemacht werden konnten, und daß gegen ihn, der seit 1890 neuerdings verheiratet ist, nicht der geringste Vorwurf wegen seines seitherigen ehelichen Lebens laut geworden ist, erachteten wir, daß die in den erwähnten Urteilen enthaltenen Ausseizungen nicht mehr in Betracht fallen können, zumal sie sich auf Thatsachen beziehen, seit denen mehr als 13 Jahre verflossen sind; den 6. Juni erklärten wir die Beschwerde St. für begründet (Bundesbl. 1898, HI, Ö. 776).

3. Ein Rekursentscheid. vom 14. Juli in Sachen W. enthält folgende Erwägungen : Der Regierungsrat des Kantons Thurgau geht zu weit, wenn er W. den guten Leumund deshalb abstreitet, weil demselben ein Mangel an Fleiß, Arbeitsamkeit und Gewissenhaftigkeit in Eingehung ökonomischer Verbindlichkeiten vorgeworfen werden müsse. Fleiß, Arbeitsamkeit und Gewissenhaftigkeit im geschäftlichen Leben sind -Tugenden; wer diese Tugenden nicht besitzt, ist deshalb noch nicht mit einem sittlichen Makel behaftet.

Erst dann ist eine Trübung des guten Leumundes vorhanden, wenn der Fehler leichtsinnigen Schuldenmachens, der Mangel an Fleiß und Arbeitsamkeit einer Person derart ist, daß ihre Angehörigen darunter leiden, und daß die öffentliche Moral mit Recht daran Anstoß nimmt. . . . Dem Regierungsrate des Kantons Thurgau ist beizustimmen, dal der Besitz des Aktivbürgerrechtes nicht notwendigerweise denjenigen des guten Leumundes in sich schließt, a,ber ebensowenig kann dem Rekurrenten, der Aktivbürger ist, seine friihere Einstellung im Aktivbürgerrecht schaden, da dieselbe nicht wegen einer den guten Leumund berührenden
Handlung eingetreten ist, sondei'n ohne weitere Prüfung auf Grund seiner Auspfändung. Die Abweisung des Beschwerdeführers kann auch nicht mit seiner ökonomischen Mittellosigkeit begründet ·werden. Denn es darf der Vermögensbesitz nicht zum Erfordernis

376

für Erteilung einer Wirtschai'tsbewilligung gemacht werden: demnach ist auch die ganz allgemein aufgestellte Vermutung des Thurgauer Regierungsrates, daß der Mittellose keine Garantie für einen reellen Wirtschaftsbetrieb biete, unzulässig.

4. Die Erneuerung eines Wirtschaftspatentes wurde vom Regierurigsrat des Kantons Solothurn wegen notorischer Anrüchigkeit des betreffenden Hauses verweigert. Weil der schlechte Ruf des Hauses nicht ausdrücklich im Wirtschaftsgesetz als Grund für die Patentverweigerung bezeichnet ist, glaubte der Beschwerdeführer, diese Verfügung anfechten zu können, mit Unrecht: denn Art. 10 des solothurnischen Wirtschaftsgesetzes vom 5. Februar 1896 sieht vor, daß das Wirtschaftspatent auch dann zu verweigern ist, ,,wenn die Entstehung oder Weiterführung einer Wirtschaft dem öffentlichen Wohle zuwider ista. Dies trifft nun zu bei Betrieb einer Wirtschaft in anrüchigem Hause. Es ist also nicht nötig, daß diese oder analoge Thatsachen im Gesetz ausdrücklich genannt sind; ihre verfassungsmäßige Zulässigkeit kann aber angesichts konstanter Praxis nicht in Zweifel gezogen werden (Bundesrat den 2. August i. S. B.).

5. Im Falle M e i e r und B a um an n (Entscheidung vom 2. August) erklärten wir: wenn der Regierungsrat die Errichtung neuer Wirtschaften bewillige, so kann er nicht unter Berufung auf den Mangel eines Bedürfnisses bestehende Wirtschaften eingehen lassen.

6. Im Falle H o g g - M o n s (Entscheidung vom 28. Oktober, Bundesbl. 1898, V, S. 130) fanden wir eine ungleiche Behandlung darin, daß ein früheres Gesuch des Beschwerdeführers wegen mangelnden Bedürfnisses zur Zeit abgewiesen worden war und ein Jahr später, als das Bedürfnis einer Wirtschaftsvermehrung sich eingestellt hatte, spätere Gesuche berücksichtigt wurden, das des Gesuchstellers aber übergangen wurde.

7. Die G o t t h a r d b a h n g e s e l l s c h a f t und die i n t e r n a t i o n a l e Schlafwagengesellschaft beschwerten sich gegen die der letztern von den Kantonen Uri und Tessin auferlegte Wirtschaftspatenttaxe für den Betrieb der Speisewagen auf dem Gebiet dieser Kantone; gemäß dem frühern Rekursentscheid in Sachen der Dampfschiffahrtgesellschaft auf dem Vierwaldstättersee (Bundesbl. 1887, I, S. 175) erkannten wir, es könne den Kantonen, auf deren Gebiet die Speisewagen fahren, das Recht nicht bestritten werden, die Einholung einer Bewilligung und die Entrichtung

.

377

einer Patenttaxe zu verlangen, die Taxen müssen aber derart bemessen werden, daß der Gesamtbetrag derselben das Maximum der in den Gesetzgebungen der beteiligten Kantone vorgesehenen Patentgebühr nicht überschreite (Entscheidung vom 28. Januar, Bundesbl. 1898, I, S. 182, vergi, ferner Bundesger.-Bntscheid.

XXIV, l, Nr. 32).

8. Über die rechtliche Bedeutung einer vom Regierungsrate des Kantons Bern erteilten P a t e n t z u s i c h e r u n g haben wir uns in der Entscheidung vom 27. Mai in Sachen L u g i n b ü h l ausgesprochen.

Der Rekurs ist an die Bundesversammlung weiter gezogen worden, von dieser aber noch nicht erledigt (Bundesbl. 1898, DT, -S. 673, V, S. 120).

9. Wenn die 8t. Galler Regierung die Erteilung einer P a t e n t z u s i c h e r u n g ablehnt und die Wirtschaftsbewilligung erst erteilt, wenn die zur Wirtschaft bestimmten Lokale vorhanden (gebaut) sind, so ist diese Praxis bundesrechtlich nicht anfechtbar, sie steht auch nicht im Widerspruch mit dem kantonalen Wirtschaftsgesetz (Entscheidung in Sachen Rütschi vom 22. März, Bundesbl. 1898, II, S. 440).

10. P i e t r o T r e t t e l (Entscheidung vom 22. April) und J. S t o c k e r (Entscheidung vom 13. August) beschwerten sich über mangelhafte Ausführung der zu ihren Gunsten lautenden Rekursentscheidurigen des Bundesrates durch die kantonalen Regierungen. Der erstere wurde abgewiesen, im Falle Stocker erkannten wir, daß unserem Beschlüsse vom 6. Juni, es sei dem Beschwerdeführer die Bewilligung zum Betrieb einer Wirtschaft zu erteilen, nachgekommen sei, wenn dem Beschwerdeführer die Bewilligung nur provisorisch und auf Zusehen hin erteilt werde.

11. Im Falle H u g - I n e i c h e n (Entscheidung vom 12. Dezember) fragte es sich, ob die Publikation des Inhaberverzeichnisses der Wirtschaftspatente im kantonalen Amtsblatte einem darin nicht angeführten Gesuchsteller als Mitteilung dafür gelten könne, daß sein Gesuch abgewiesen worden sei; wir nahmen an, die Beschwerdefrist des Art. 178, Ziffer 3, des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893 laufe erst vom Tage einer direkten Mitteilung des Beschlusses der kantonalen Behörde an.

12. Endlich verweisen wir auf den zur Zeit von der Bundesversammlung noch nicht erledigten Rekurs D am i an L a n g (Bundesbl. 1898, IV, S. 45, 592).

378

Unsere Britscheidung wurde vom Ständerat den 9. Dezember bestätigt, vom Nationalrat dagegen .den 22. Dezember aufgehoben..

2. Gewerbesteuer.

1. Das Finanzgesetz des Kantons Wallis vom 28. Mai 1874 belegt den Gewerbebetrieb mit einer indirekten Steuer, die auf Grund der im Gesetz selber aufgestellten Skala und Klasseneinteilung erhoben wird ; für die Banken und Wechselbanken bestehen die Steuerklassen von Fr. 10,000, 3000, 1000, 500 und 300. Von der E r s p a r n i s k a s s e d e r W a l l i s e r Genossenschaft f ü r gegenseitige U n t e r s t ü t z u n g in Sitten wurde in Anwendung dieses Gesetzes eine Steuer im Betrage von Fr. 500 verlangt. Hiergegen beschwerte sie sich beim Bundesrat unter Berufung auf Art. 31 der Bundesverfassung. In unserer Entscheidung vom 14. Januar (Bundesbl. 'J898, I, S. 148) erkannten wir, daß der Bundesrat die Zulässigkeit einer kantonalen Steuerverfügung einzig vom Standpunkte der Handels- und Gewerbefreiheit aus zu prüfen befugt sei. Dagegen entzieht sich seiner Beurteilung die Frage, ob der vom kantonalen Gesetz angenommene Steuerfuß billig sei, insbesondere ob die den Gewerbetreibenden auferlegten Steuern in richtigem Verhältnis zu den von ändern Bürgern zu zahlenden Abgaben stehen. In der kantonalen Bestimmung, daß für die Besteuerung eines Gewerbetreibenden sowohl der erzielte Reingewinn, als das Betriebskapital maßgebend sind, ist nichts Bundesrechtswidriges enthalten, und die Erhebung einer Steuer von Fr. 500 von einer Ersparniskasse, deren Einlagen Fr. 723,776. 81 und deren Reingewinn 6173.17 betragen, ist keine bundesrechtlich, unzulässige Erschwerung des Gewerbebetriebes.

2. Das zürcherisehe Gesetz betreffend das Hausier- und Marktwesen vom 17. Juni 1894 behandelt als patentpflichtigen Hausierverkehr ,, d e n f r e i w i l l i g e n A u s v e r k a u f , wenn derselbe nicht wegen gänzlicher Geschäftsaufgabe stattfindet1'-. Die Aktiengesellschaft für Verkauf und Versandt von Manufakturwaren, vormals F. Jelmoli, hielt einen solchen Ausverkauf ab, ohne die gesetzliche Patenttaxe zu bezahlen ; ihr verantwortlicher Vertreter, F. Jelmoli, wurde deshalb in eine Buße von Fr. 60 verfällt. Der Gebüßte erblickte hierin eine Verletzung des Art. 31 der Bundesverfassung; seine Beschwerde wurde indessen von uns den 19. August als unbegründet abgewiesen : die Motive, aus denen der kantonale Gesetzgeber die nicht mit gänzlicher Geschäftsaufgabe verbundenen freiwilligen Ausverkäufe unter polizeiliche Kontrolle

379 stellt und gleich behandelt wie das patentpflichtige Hausiergewerbe, sind nicht willkürliche und unbegründete Behauptungen ; die angefochtene Vorschrift des zürcherischen Gesetzes erscheint deshalb gerechtfertigt ; sie ist ein Mittel zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. (Bundesbl. 1898, IV, S. 347.)

3. Verkauf von Arzneimitteln.

C. in Vivis rekurrierte gegen eine Verfügung der Sanitälsdirektion des Kantons Zürich, durch welche sein Kokai'npräparat ^ H o l l é i n e des tireurs 1 '" als ein Arznei- und Geheimmittel vom unkontrollierten Verkauf ausgeschlossen wurde. Auf Grund eines amtlichen medizinischen Gutachtens, welches feststellt, daß dei1 Genuß von Holléine leicht gesundheitsschädlich werden körine, erklärten wir den 20. September unter Abweisung der Beschwerde das Verkaufsverbot des sog. Holléine nicht als bundesrechtswidrig.

4. Gewerbe eines herumziehenden Musikanten.

Jean C o s t a in Genf beschwerte sich darüber, daß ihm der Staatsrat des Kantons Genf das Patent zum Spielen seines mechanischen Klaviers im Innern der Stadt Genf verweigert habe, obschon das einschlägige kantonale Gesetz vom 18. Oktober 1884 eine solche Einschränkung des Gewerbebetriebs im Umherziehen nicht kenne. Der Rekurs wurde von uns den 15. April abgewiesen mit der Begründung, die Verfügung der Genfer Behörde könne nicht als willkürlich bezeichnet werden, da die Vollziehungsbehörde das Patent verweigern oder den Gebrauch desselben einschränken könne, wenn polizeiliche Gründe allgemeiner Natur dies als notwendig erscheinen lassen. (Bundesbl. 1898, III, S. 67).

5. Obstvericauf auf öffentlichen

Plätzen.

Frau Z i m m e r l i - L a n g e n s a n d führte Beschwerde darüber, daß ihr vom Regierungsrat des Kantons Obwalden die Bewilligung zum Feilhalten von Obst auf dem bei der Dampfschiff- und Bahnstation in Alpnach-Staad befindlichen öffentlichen Platze versagt worden sei. Der Regierungsrat begründete seine Verfügung mit dem Bemerken, eine unbeschränkte Zahl von Bewilligungen zum Obstverkaufe auf dem bezeichneten Platze könne nicht erteilt werden, da dies erfahrungsgemäß zur Belästigung von Fremden und zu Streitigkeiten unter den Verkäuferinnen führe. Die Beschwerdeführerin namentlich habe ihre streitbare Natur schon

380

früher bewiesen. Angesichts dieser Verhältnisse haben wir die Beschwerde den 8. November in Hinblick auf Art. 31, litt, e der Bundesverfassung abgewiesen. (Bundesbl. 1898, V, S. 174.)

6. Zutritt zwr Börse.

Nachdem der Bundesratsbeschluß vom 1. Oktober 1897 in Sachen Gebrüder D r e i f u s (Bundesbl. 1897, IV, 383) ergangen war, wurde § 31 der Statuten des Effektenbörsenvereins Zürich dahin abgeändert, daß ausdrücklich bestimmt wurde : Vom Besuche der Börse sind ausgeschlossen . . . . c. Personen, welche keines guten Rufes geniessen . . . /'. Personen, welche sich ihren Verpflichtungen aus Geschäftsabschlüssen durch die Einrede von Spiel und Wette zu entziehen gesucht haben. Gestützt auf die letztere Bestimmung wurde den Gebrüdern Dreifus der Zutritt zur Börse verwehrt und ihre hierüber erhobene Beschwerde wurde von uns den 27. Juli als unbegründet abgewiesen; denn mag auch die fragliche statutarische Bestimmung in ihrem allgemeinen, sowohl die Gegenwart wie die Vergangenheit umfassenden Wortlaut außerordentlich streng erscheinen, so ist sie dennoch weder willkürlich, noch steht sie im Widerspruch mit Art. 31 der Bundesverfassung ; sie beruht auf der Würdigung der eigenartigen Verhältnisse und Bedürfnisse des Börsenverkehrs (Bundesbl. 1898, IV, S. 255). Die Gebrüder Dreifus haben unsere Entscheidung an die Bundesversammlung weitergezogen, ihr Entscheid steht zur Zeit noch aus. (Bundesbl.

1898, V. S. 431.)

u. Nie der lassungsr echt.

Ein Teil der zahlreich eingereichten Beschwerden von Ausländern wegen Ausweisung mußte wegen Verspätung von vorneherein abgewiesen werden ; von den übrigen konnte, wie im Vorjahre, keine einzige als begründet erklärt werden. Die meisten dieser Beschwerden richten sich » gegen Ausweisungsbeschlüsse des Genfer Staatsrates. Einer der Rekurrenten, dessen Beschwerde am 27. September als unbegründet abgewiesen worden ist, wurde am gleichen Tage von uns als Anarchist auf Grund des Art. 70 der Bundesverfassung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft ausgewiesen (Fall Robelin). Diese Rekurseatseheidungen müssen meistens auf Grund des Art. 196, Abs. 2 des Organisationsgesetzes vom 22. März 1897 als sofort vollziehbar erklärt werden, da die Verhältnisse der Art sind, daß ein Aufschub der Vollziehung nicht gerechtfertigt wäre. (Vgl. Bundesbl. 1898, I, S. 456; HI, S. 495.)

381

Die Bundesversammlung trat mit Beschluß vom 3./16. Dezember auf die Beschwerde P. P a s c a l , der sich liber unsere Entscheidung vom 27. Juli bei ihr beschwerte, wegen verspäteter Einreichung derselben nicht ein. (Bundesbl. 1898, V, S. 128.)

III. Konfessionelles.

1. Über u n s c h i c k l i c h e B e e r d i g u n g von Reformierten gingen uns aus dem Kanton Freiburg zwei Beschwerden zu.

Nach dem Tode. des der reformierten Kirche zugehörigen J e a n W e r r o in Là Tour-de-Trôme, den 13. Dezember 1897, verlangte Pfarrer Denkinger von Bulle, zugleich mit dem Sohne des Verstorbenen, vom Gemeindevorstand von La Tour-de-Treme die Bewilligung des Glockengeläutes ; der Gemeindevorstand antwortete, er werde im Zeitpunkte der Beerdigung die Thüre des Glockenturmes öffnen, in Nachachtung erhaltener Befehle seiner Vorgesetzten, und der Gewalt weichen, aber als Katholik erhebe er Protest gegen diesen Eingriff in die Rechte der katholischen Kirche und gegen diese Verletzungen des Eigentums. Präsident F. Castella und curé Dévaiid erließen ebenfalls Proteste, den letzterer am folgenden Sonntag von der Kanzel herab wiederholte. Dieser Protestation schlössen sich bald die Geistlichen und Pfarreiräte des Dekanats des Bezirks der Gruyère und die übrigen katholischen Pfarreiräte des Kantons Freiburg an. Alle diese Erklärungen wurden im ,,Le Fribourgeois a veröffentlicht. Darauf gelangte der reformierte Pfarrgemeinderat in Bulle an den Bundesrat mit dem Gesuche, er wolle die reformierte Gemeinschaft- in ihren verfassungsmäßigen Rechten schützen. Unter Hinweis auf unseren Beschluß vom 24. August 1897 in Sachen der Beerdigung des Samuel Bill (vgl. Bundesbl. 1898, I, S. 457) konstatierten wir mit Beschluß vom 20. Juni, daß die Regierung des Kantons Freiburg dem Art. 53, Abs. 2, der Bundesverfassung nur in sehr lässiger Weise Nachachtung verschaffe ; sie habe die verschiedenen Protesterklärungen gegen die verfassungsmäßige Benützung der Glocken bei der Beerdigung eines Reformierten ohne ein Wort des Tadels ruhig geschehen lassen. Da das Glockengeläute im ganzen Kanton Frei bürg ortsüblich und gebräuchlich ist, darf es auch bei Beerdigung von Protestanten nicht unterbleiben. Ganz ungehörig ist es, das Glockengeläute bei einer Beerdigung von einem besondern Gesuche abhängig zu machen, sei es von einem Gesuche der Familienangehörigen des Verstorbenen, sei es von einem solchen des Vorstandes der religiösen Gemeinschaft, der

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der Verstorbene zu Lebzeiten angehört hat. Die bürgerliche Behörde hat vielmehr das Erforderliche von sich aus anzuordnen.

Und mit den Glocken muß selbstverständlich auch der Glöckner zur Verfügung gestellt werden, denn die Glocken müssen geläutet werden. (Bundesbl. 1898, III, 861.)

Im Falle S t a u d e n m a n n war für die Beerdigung das Grabgeläute verweigert worden, und statt das Grab in der Reibe zu graben, wurde bei diesem Anlaß der Familie Staudenmann eine Familengrabstätte in einer Ecke des Friedhofes von Sales eingeräumt. In unserer Entscheidung vom 20. Juni, konstatierten wir, daß in dieser Abtretung, auch .wenn sie im.Einverständnisse mit dem Manne der Verstorbenen erfolgt sei, etwas höchst anstößiges liege, da anzunehmen sei, daß Staudenmann nur 'mit Rücksicht auf die Unentgeltlichkeit der Abtretung in dieselbe eingewilligt habe, und da diese Abtretung seitens des Gemeinderates von Säles nur erfolgt sei, urn die Frau Staudenmann als Protestantin von den katholischen Reihengräbern abgesondert beerdigt zu sehen.

Den Staatsrat des Kantons Freiburg trifft aber der Vorwurf, daß er die ihm zur Genehmigung unterbreitete Abtretung des sogenannten Familiengrabes ohne Anstand bewilligt hat, obschon ihm bei näherer Prüfung der Angelegenheit die in dem Vorgehen des Gerneinderates liegende Ungehörigkeit nicht hätte entgehen können.

(Bundesbl. 1898, III, S. 874.)

Wir luden daher die Regierung des Kantons Freiburg neuerdings ein, in Zukunft dafür zu sorgen, daß in ihrem Kanton Art. 53, Abs. 2, der Bundesverfassung Nachachtung finde, und daß insbesondere das Glockengeläute bei Beerdigungen reformierter Personen in gleicher Weise wie bei Beerdigungen katholischer Personen stattfinde.

2. Auf Anfrage erklärte das Departement den 7. November, daß nach seiner Anschauung keine Verletzung der Vorschrift des Art. 53, Ab.s. 2 der Bundesverfassung darin liege, daß eine konfessionelle Minderheit, die das ortsübliche Grabgeläute verlangt, angehalten wird, die Beerdigung ihrer Angehörigen zur ortsüblichen Zeit vornehmen zu lassen.

3. Auf Anfrage der Regierung des Kantons Thurgau, ob die Kongregation der R e d e m p t o r i s t e n (Ligorianer) als eine dem Jesuitenorden affiliierte Gesellschaft zu betrachten sei, auf die das Verbot des Art. 51 der Bundesverfassung Anwendung finde, wurde von uns dea 18. Januar erwiedert, daß wir der Ansicht sind, daß der Beweis der Jesuiten-Affiliation der Redemptoristeii nicht geleistet

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sei, und daß wir daher nichts dagegen einzuwenden haben, wenn die Regierung des Kantons Thurgau gegen die Thät'gkeit dieser Kongregation in ihrem Kanton nicht einschreitet, sofern weder eine Klostergründling beabsichtigt, noch die Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt wird.

IV. Spielverbot.

Im Anschlüsse an unsere Mitteilungen im letzten Geschäftsberichte über die Handhabung des Spielverbotes gegenüber den in den Kursälen der Schweiz betriebenen R ö ß l i s p i e l bleibt zu erwähnen, daß wir am 11. Mai auf Gesuch der K u r h a u s g e s e l l schaft in L u z e r n , in Ergänzung unseres Beschlusses vom 11. Januar 18Ü8, an Stelle der bewilligten Fr. 4 und Fr. 2 auf Baude and Nummer im ganzen einen Maximaleinsatz von Fr. 5 als zulässig erklärt haben. Dieser Beschluß tritt für das im Kursaal Luzern betriebene Spiel mit Beginn der Sommersaison 1899 in Kraft. Hierauf zog den 25. Mai die Kurhausgesellschaft Luzern die bei der Bundesversammlung anhängig gemachte Beschwerde gegen imsern Beschluß vorn 9. Juli 1897 zurück.

V. Schächtvertaot.

Der Vorstand des aargauischen Tierschutzvereiris beschwerte sich darüber, daß zwei Zurzacher Metzger in Rheinheim (Großheraogturn Baden) eine Schlächterei nach israelitischem Ritus betreiben und das Fleisch der daselbst geschächteten Tiere in die Schweiz einführen. Aus dem Bericht der Regierung des Kantons Aargan ging die Richtigkeit dieser Angaben hervor, sowie die weitere Thatsaehe, daß auch in Thiengen wöchentlich für israelitische Einwohner von Endingen geschachtet wird.

Wir konnten jedoch in dieser Einrichtung eine Verletzung des verfassungsmäßigen Schächtverbotes nicht erblicken. Art. 251'1* der Bundesverfassung ist seiner Natur nach eine polizeiliche A^orschrift, deren Anwendungsgebiet nicht über die Grenzen der Schweiz hinausgeht. Wird außerhalb der Schweiz, gleichgültig von wem, geschachtet, so liegt darin keine Verletzung der Bundesverfassung.

Und was die Einfuhr von Fleisch geschächteter Tiere betrifft, so ist ein Verbot derselben weder im Wortlaut der Verfassungsbestimmung enthalten, noch aus dem ihr zu Grunde liegenden Zwecke abzuleiten, da das Schächtverbot nicht aus sanitätspolizeilichen Gründen erlassen wurde. (Bundesratsbeschluß vom 1. Juni, Bundesbl. 1898, III, S. 705.)

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VI. Wahlen und Abstimmungen.

li Im Rekursfall K e n n e t und Konsorten betreffend eine Gemeindeabstimmung in Courtetelle (Kt. Bern), hatte die kantonale Regierung die Beschwerdeführer wegen mangelnder Legitimation abgewiesen; wir erkannten dagegen, 'daß wenn eine Wah oder Abstimmimg kassiert worden sei, die Legitimation zur Beschwerdeführung an die höhere Instanz allen · Bürgern zustehe, die an der Wahlverhandlung teilgenommen haben, auch wenn sie bei der Kassationsbeschwerde nicht Partei gewesen waren. Die Angelegenheit wurde von uns sodann materiell behandelt und nicht an die kantonale Regierung zurückgewiesen, weil diese zwar nicht in ihrer Entscheidung, wohl aber in ihrer an uns gerichteten Verriehmlassung auf die Beschwerde diese als materiell unbegründet bezeichnet hatte. (Entscheidung vom 6 Januar, Bundesbl. 1898, S. I, 45, 651.) Der gegen unsere Entscheidung von C. M a î t r e und Konsorten ergriffene Rekurs an die Bundesversammlung ist von dieser mit Beschluß vom 6./18. Juni abgewiesen worden.

2. An der Lehrerwahl zu Vitznau vom 12. September 1897 beteiligten sich von 209 stimmberechtigten Bürgern 106; Lehrer Ai'nold wurde mit 94 Stimmen vom Wahlbureau als gewählt erklärt. Auf Beschwerde,, hin hob jedoch die Luzerner Regierung mit Beschluß vom 4. Oktober diese Wahl auf wegen unrichtiger Ausschreibung der Lehrerstelle und beauftragte den Erziehung» rat, weil eine Neuwahl gesetzlich unzulässig war, für das laufende Schuljahr einen Verweser zu bestimmen. Dem Gesuche der bei uns hiergegen Beschwerde führenden Bürger Z i m m e r m a n n und A r n o l d entsprechend, verfügten wir den 9. Oktober 1897, gestützt auf Art. 191 und 185 des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893, bis auf weiteres die Sistierung der angefochtenen Entscheidung und luden die Luzerner Regierung ein, von der Einsetzung eines Verwesers der betreffenden Schullehrerstelle in Vitznau Umgang zu nehmen und Arnold einstweilen als gültig gewählt zu betrachten. (Bundesbl. 1898, H. S. 443.) (Vergi. Nr. 9.)

3. In Sachen L. L u r a t i und F. M o r o n i (Bundesbl. 1898, I, S. 461) hat die Bundesversammlung mit Beschluß vom 13. April, entgegen unserer 'der bisherigen konstanten Praxis entsprechenden Entscheidung,- ausgesprochen, daß für die im Bundesgesetz vom 20. Dezember 1888 erwähnte Klasse von Stimmberechtigten, in Abweichung
von der Vorschrift des Art. 9 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874, die Urne bei eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen schon am Vorabend des Abstimmungstages aufge-

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stellt werden dürfe. Es hatte sich herausgestellt, daß diese Erleichterung in mehreren Kantonen Übung war.

4. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz erklärte auf Beschwerde hin den 19./22. Februar 1898, die S t u d e n t e n des Kollegiums Maria-Hilf in Schwyz und der Stiftsschule in Einsiedeln seien berechtigt gewesen, an der Verfassungsabstimmung vom 13. Februar 1898 teilzunehmen. Hiergegen rekurrierten an den Bundesrat der B e z i r k s r a t Einsiedeln, der G e m e i n d e r a t Schwyz, der Bezirksammann von Einsiedeln und der Gemeindepräsident in Schwyz. Letztere zwei, die als Bürger rekurrierten, erschienen ohne weiteres als legitimiert; das gleiche nahmen wir bezüglich des Bezirksrates von Einsiedeln und des Gemeinderates von Schwyz an. Diese Behörden besitzen zwar kein eigenes selbständiges Stimrnrecht, sie treten aber als diejenigen auf, die die verletzten Interessen der mit ihnen übereinstimmenden Stimmberechtigten ihrer Amtskreise wahren; und sie sind deshalb in politischen Angelegenheiten auch ohne besondern Auftrag die natürlichen Vertreter derselben. In materieller Beziehung wurde der Rekurs als unbegründet abgewiesen ; es handelte sich zunächst um die Auslegung der Bestimmung der schwyzerischen Verfassung (§ 78, Abs. l, und litt. f)i daß die Bezirksgerneinde aus allen Stimmfähigen besteht, die das 18. Altersjahr zurückgelegt haben, unter Ausschluß der Aufenthalter-Schweizerbürger, welche nicht schon während der Dauer eines Jahres im Bezirke gewohnt haben. Die in Frage kommenden Schwyzer Studenten waren wohl seit mehr als einem Jahr im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung, sie hatten aber nicht ohne Unterbrechung während eines Jahres im Bezirke gewohnt. Der analogen Bestimmung über die Niedergelassenen ist zu entnehmen, daß ,,wohnen" nicht im Sinne von Domizil verstanden werden wollte ; und das thatsächliche ununterbrochene Wohnen während der Dauer eines Jahres als Requisit des Stimmrechts zu betrachten, hätte zu einer praktisch undurchführbaren Unterscheidung zwischen stimmberechtigten und nicht stimmberechtigten Aufenthaltern geführt. Wenn auch die nicht schwyzerischen Studenten ihre Ferien in ihrem Heimatkantone zubringen, so ist doch nicht festgestellt, daß sie, entgegen Art. 43, Abs. 3 der B. V., auch dort ihr Stimmrecht ausüben. Darin, daß jemand gleichzeitig in zwei Kantonen in
den Stirn mregistern eingetragen ist, liegt an sich noch keine Verletzung der Vorschrift des Art. 43, Abs. 2 B. V. Wir entschieden daher die Frage nicht, ob bei wirklicher Kollision zweier kantonaler Gesetze die Stimmberechtigung iin Heirnatkanton oder diejenige.im Aufenthaltskanton bundesBundesblatt. 51. Jahrg. Bd. I.

27

386 rechtlich anzuerkennen ist. (Entscheidung vom 15. November, ßuridesbl. 1898, V, S. 160.)

5. In der Beschwerdesache Kilchmann und Genossen war die Frage streitig, ob die im Luzerner Wahlgesetz vom 29. März 1892 aufgestellte zehntägige Rekursfrist eingehalten sei, wenn die Beschwerde am letzten Tage zur Post abgegeben worden ist, oder ob diese Frist nur dann eingehalten sei, wenn die Beschwerde spätestens am zehnten Tage bei der Rekursbehörde eintrifft. Die Regierung des Kantons Luzern führte aus, letzteres entspreche sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch der bisherigen Praxis, und wir erklärten, hierauf gestützt, die Beschwerde als unbegründet, indem wir jedoch auf die Unvollkommenheit hinwiesen, die darin liegt, daß der Eingang solcher Beschwerden beim Regierungsrate nicht in formeller und unanfechtbarer Weise konstatiert wird. Die Frage, ob in1 dieser Praxis nicht eine mit Art. 4 der B. V. unvereinbare Verkürzung der Rekursfrist für die von der Hauptstadt entfernteren Kantonsteile liege, konnten wir nicht eintreten, weil sie in die Kompetenz des Bundesgerichtes fällt. (Entscheidung vom 4. Oktober.)

6. Die schon im Rekurse Gut und Genossen (Bundesbl.1898, I, S. 461, Ziff. 5) behandelte Frage, ob nach Lxizerner Verfassungsrecht die verspätete Wahlanzeige einen Kassationsgrund der Wahl bilde, wurde auch im Falle R. K i l c h m a n n und G. M e i e r erheblich ; die Wahl eines Betreibimgsbeamten in Buchs war wegen dieser Unregelmäßigkeit von der kantonalen Regierung kassiert worden, obschon dieselbe, nach Ansicht des Beschwerdeführers, auf das Resultat der Wahlverhandlungen ohne Einfluß geblieben war.

In der Entscheidung Gut und Genossen hatten wir festgestellt, daß die Verletzung von Form Vorschriften, wie die über die Wahlanzeige, an und für sich ein Grund zur Kassation einer Wahlverhandlung sein müsse, sofern die Möglichkeit, daß der Fehler auf das Wahlresultat von Einfluß gewesen sei, nicht ganz und gar ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Falle erklärten wir, jener Satz schließe nicht aus, daß nach kantonalem Recht die verspätete Anzeige überhaupt, ohne jede Rücksicht auf deren Einfluß auf das Wahlergebnis, als Kassationsgrund behandelt wird. Als weiteren Kassationsgrund ließen wir auch den Umstand gelten, daß nach Beendigung der Wahlverhandlung nicht gemäß § 37 des Luzerner Wahlgesetzes die Stimmkarten verpackt und versiegelt dem Regierungsrat sofort eingesandt wurden. (Entscheidung vom 21. Juli, Bundesbl. 1898, IV, S. 265).

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7. Die Gemeinde G a n d i - i a (Kt. Tessin) führte Beschwerde beim Bundesrat gegen eine Verfügung des Tessiner Staatsrates, durch die sie aufgefordert worden war, einen Bürger in das Stimtnregister einzutragen. Das tessinische Gesetz vom 5. Dezember 1892 über die Aufstellung der, Stimmregister bestimmt u. a., daß in die Stimmregister einer Gemeinde alle Schweizerbürger einzutragen sind, die seit drei Monaten ihren Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde haben, und für die Tessiner läuft diese Frist vom Tage an, wo sie der Gemeindebehörde das im Gesetz vom 15. Juli 1880 vorgesehene Stimmfähigkeitszeugnis vorgelegt haben. Der Staatsrat vertrat nun die Ansicht, ein solches Zeugnis sei schon in der amtlichen Erklärung der früheren Wohnsitzgemeinde zu erblicken, daß ein Bürger daselbst stimmberechtigt war und lediglich wegen Domizilwechsels vom Stimmregister gestrichen worden ist. Da diese Sätze auf der Auslegung kantonaler Wahlgesetze beruhen und nicht als 'willkürlich zu beanstanden sind, wiesen wir den dagegen gerichteten Rekurs, gestützt auf Art. 189, Abs. 4 des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893 wegen Inkompetenz ab.

(Entscheidung vom 27. April, Bundesbl. 1898, III, S. 155).

8. In Vitznau war ein stimmberechtigter Bürger irrtümlicherweise auf Neujahr 1897 aus dem Stimmregister gestrichen worden; er konnte deshalb am 20. Juni 1897 an einer Ersatzwahl in den Großen Rat des Kantons Luzerri nicht teilnehmen. Als nun der eine der Kandidaten mit 241 von 481 abgegebenen Stimmen als gewählt erklärt wurde, verlangten F. D öl der und J. H o f f m a n n die Kassation der Wahl, weil jener vom Stimmregister ausgeschlossene Bürger seine Stimme nicht dem als gewählt Erklärten gegeben hätte. Die Regierung des Kantons Luzern machte geltend, das Gesetz verfüge die Auflegung der Stimmregister 14 Tage vor der Wahlverhandlung, damit während dieser Frist die Berichtigung der Register im Beschwerdewege verlangt werden könne; eine Beschwerde nach der Wahl sei nicht mehr zulässig. Gegen diese Auslegung kantonalen Gesetzesrechtes konnte vom bundesrechtlichen Standpunkte aus nichts eingewendet werden ; immerhin konnten wir dem Einwände der Beschwerdeführer, es sei unzulässig, daß ein Bürger ohne sein Wissen und ohne sein Zuthun vom Stimmregister gestrichen werde, eine gewisse Berechtigung nicht absprechen ; von der
Annahme ausgehend, daß solche Streichungen jedoch kaum ohne jeden Grund vorgenommen wei'den, sahen wir uns nicht veranlaßt, das vom Luzerner Gesetze befolgte System zu beanstanden. (Entscheidung vom 27. Juni 1898, Bundesbl. 1898, III, S. 679.) Der von den Beschwerdeführern gegen unsere Entschei-

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düng eingereichte Rekurs an die Bundesversammlung wurde vor seiner Erledigung wieder zurückgezogen.

9. Im Rekursfalle Z i m m e r m a n n und A r n o l d betreffend eine Lehrerwahl in Vitznau (Entscheidung vom 25. März 1898, Bundesbl.

1898, II, S. 443) bestätigten wir unsere Entscheidung in Sachen Schibli vom 29. Mai 1894 (Bundesbl. 1894, II, S. 1049), wonach die Wahl eines Lehrers durch die Gemeinde als eine kantonale Wahl im Sinne von Art. 189, Abs. 4 des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893 zu betrachten ist. (Vgl. oben Nr. 2.)

10. Unsere Entscheidung vom 25. März 1897 in Sachen G u t und Genossen, betreffend die B e z i r k s r i c h t e r w a h l in Sursee, hat den Großen Rat des Kantons Luzern veranlaßt, gestützt auf Art. 175. des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893, gegen uns eine Kompetenzkonfliktsbeschwerde beim Bundesgericht einzureichen; mit Urteil vom 30. März 1898 hat das Bundesgericht, unserm Antrag entsprechend, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. (Vgl. Bdg.-Entsch. XXIV, l, Nr. 15).

11. Unsere Entscheidung in Sachen C h a p e r o n und Genossen vom 2. Juli 1897, betreffend Gemeinderatswahlen in St. Gingolph (Wallis), hat die Bundesversammlung mit Beschluß vom 18. April, 21. Juni bestätigt (Bundesbl. 1898,1, S. 462, Ziff. 9) ; dagegen wurde von der Bundesversammlung mit Beschluß vom 22. Juni, 8. Dezember unsere Entscheidung in Sachen F e l i x M e r m o u d , betreffend dessen Wahl in den Walliser Großen Rat, aufgehoben.

(Bundesbl. 1898, I, S. 462, Ziff. 7 ; II, S. 657).

VII. Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetzen.

1. In der Prozeßsache Bucher contra H ä f l i g e r hatte Fürsprech Beck namens des Klägers beim Bundesgericht Beschwerde wegen Verletzung der Artikel 59 und 60 der Bundesverfassung eingelegt und provisorische Sistierung des Verfahrens verlangt und erhallen. Trotz dieser SistierungsVerfügung des Bundesgerichts setzte das Bezirksgericht Zofingen Tagfahrt an zum Zwecke einer Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtnis. Hierüber beschwerte sich Fürsprech Beck beim Bundesrat. In Übereinstimmung mit der vom Präsidenten der Abteilung II des Bundesgerichts vertretenen Auffassung und mit einem früheren Entscheide, entschieden wir am 8. März unter Abweisung der Beschwerde, daß- in der Anordnung einer Beweisaufnahme zum ewigen Gedächtnis, keine Mißachtung der Sistierungsverfügung des Bundesgerichts zu er-

389 blicken sei, da die Maßregel eine rein konfirmatorische sei und die beim Bundesgericht anhängig gemachte Gerichtsstandsfrage nicht präjudiziere ; vgl. Art. 45 des Organisationsgesetzes vorn 22. März 1893, Bundesbl. 1898, I, S. 878; ferner Bdg.-Entsch. XXIV, l, Nr. 11.

2. Die G o t t h a r d b a h n rekurrierte gegen eine Verfügung des Regierungsrates von Uri, durch welche ihr die infolge einer Reihe von Eisenbahnunfällen verursachten verhöramtlichen U n t e r s u c h u n g s k o s t e n auferlegt wurden. Die Beschwerde wurde von uns. den 6. Januar als unbegründet abgewiesen, da das eidgenössische Fabrikgesetz keine Bestimmung darüber enthält, wer die Kosten der amtlichen Untersuchung eines Unfalles zu tragen habe, die Regelung dieses Punktes also der kantonalen Gesetzgebung überlassen ist. Eine Kantonsbehörde tritt demnach nicht in Widerspruch mit Bundesvorschriften, wenn sie die Untersuchungskosten dem Betriebsunternehmer auferlegt. (Bundesbl. 1898, I, 8.41.)

3. In der Beschwerdesache der drei Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit, Norwich Union, Life Insurance Society in Norwich, Brandenburger Spiegelglasversicherungsgesellschaft in Brandenburg, und Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha, war die Frage zu entscheiden, ob die Kantone befugt sind, von Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit die auf kantonalem Gesetz beruhende allgemeine direkte Einkommenssteuer zu erheben oder ob in dieser Steuerforderung eine besondere, bundesrechtlich unzulässige Taxe im Sinne von Art. 15, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885 zu erblicken sei. Wir erklärten den 11. Februar aus den (Bundesbl. 1898, I, S. 259) entwickelten Gründen, daß diese Steuerforderung nicht im Widerspruch stehe mit Art. 15, Abs. 2, des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1885. Die Bundesversammlung trat dieser Auffassung bei (Beschluß vom 8., 20. Dezember betreffend die Beschwerde der Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha, Bundesbl. 1898, IV, S. 569).

4. Mit Rücksicht auf Art. 8 des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 in Verbindung mit Art. 182, Abs. l des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893 traten wir auf die Beschwerde Vannaz nicht ein; derselbe war wegen Übertretung des genannten Bundesgesetzes bestraft worden.

5. Den 19. September bewilligte
der Gerichtspräsident von Luzern die rechtliche Zustellung einer Editionsaufforderung an die schweizerische Bundeskanzlei; die Aufforderung war auf Art. 157ff.

der Luzerner Civilprozeßordnung gestützt und betraf Akten in einer

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Auslieferungsangelegenheit aus dem Jahre 1872, die für einen Civilprozeß von Bedeutung sein sollten. Den 26. September ließen wir dem Gerichtspräsidenten von Luzern folgendes eröffnen : Die Bundesbehörden können durch die Vorschriften kantonaler Civilprozeßgesetze über die Edition von Akten nicht gebunden sein, da sich die Herausgabe amtlicher Aktenstücke des Bundes nur nach, staatsrechtlichen Grundsätzen eidgenössischen Rechtes bestimmen kann. Eine rechtliche Pflicht, solche Aktenstücke anläßlich von Privatprozessen zu edieren, hat daher der Bundesrat nie anerkannt.

Ungedruckte Akten des eidgenössischen Archivs werden nach der vom Bundesrat befolgten Praxis zu Privatzwecken nicht ausgehändigt; dagegen wird den Interessenten, je nach Lage des Falles, die Einsicht in die Akten auf dem eidgenössischen Archiv selbst gestattet. Da im vorliegenden Falle keine Gründe gegen dieses Verfahren sprechen, so wird dem Gesuchsteller gestattet, von den Akten, deren Edition er verlangt, im eidgenössischen Archiv Einsicht zu nehmen.

B. Polizeiwesen.

· 1. Verträge und Konventionen.

1. Am 31. März 1898 wurde der neue A u s l i e f e r u n g s vertrag zwischen der Schweiz und den N i e d e r l a n d e n in Bern unterzeichnet. Wir haben den Vertrag mit Botschaft vom 6. Juni 1898 (Bundesbl. 1898, III, 642) den eidgenössischen Räten vorgelegt. Diese erteilten demselben ihre Genehmigung. Am 22. Dezember 1898 konnte der Austausch der Ratifikationsurkunden stattfinden. Es wird nun der Vertrag am 22. März 1899 in Kraft treten (A. S. n. F. XVII, 3).

2. Die Unterhandlungen über den Abschluß von A u s l i e f e r u n g s v e r t r ä g e n mit den Vereinigten Staaten von A m e r i k a und von B r a s i l i e n (s. Bundesbl. 1897, I, 398, Ziff. 3 und 4) haben im Berichtsjahre insoweit einen Fortgang genommen, als vins die erwarteten Rückäußerungen der amerikanischen, und der brasilianischen Regierung zugekommen sind. Die damit erhaltenen neuen Entwürfe werden wir baldmöglichst einer Prüfung unterwerfen.

391

3. Nachdem am 16. Mai die Unterzeichnung einer Ü b e r einkunft zwischen der Schweiz und Portugal betreffend die unentgeltliche Verpflegung armer Erk r a n k t e r durch die Bevollmächtigten der beiden Länder stattgefunden ' hatte, beschloß der Bundesrat unterm 20. Mai die Aufnahme dieser Vereinbarung "in die amtliche Sammlung und bezügliche Mitteilung an die Kantone. Die Bestimmungen dieser Übereinkunft sind sofort in Kraft getreten (A. S. n. F. XVI, 729).

4-. Unterm 4. November 1898 wurde durch Austausch gleichlautender -Erklärungen die bereits bei den Verhandlungen über den Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und ÖsterreichUngarn von 1896 in Aussicht genommene Ü b e r e i n k u n f t zur R e g e l u n g des Verfahrens bei der Übergabe und Übernahme von Verbrechern an der schweizerisch-österr e i c h i s c h e n G r e n z e zwischen dem Bundesrate und der österreichischen Regierung abgeschlossen (s. Geschäftsbericht pro 1897; Bundesbl. 1898, I, 465, Ziff. 2). Wir haben den Kantonsregierungen mittelst Kreisschreiben vom 11. November 1898 von dem Abkommen Kenntnis gegeben (Bundesbl. 1898, V, 154). Die Übereinkunft ist in die amtliche Sammlung Bd. XVI, S. 858, 'aufgenommen worden.

o II. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

5. Die Gesamtzahl der A u s l i e f e r u n g s a n g e l e g e n h e i t e n , mit denen sich der Bundesrat im Berichtsjahre zu beschäftigen hatte, beträgt 464 (1897: 412, 1896: 418). Davon sind 136 von der Schweiz ins Ausland (1897: 114, 1896: 99) und 328 von auswärtigen Staaten bei der Schweiz (1897: 298, 1896: 319) anhängig gemacht worden.

Im weitern gingen 10 Gesuche um D u r c h t r a n s p o r t ein, die nach Maßgabe von Art. 32 des Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 und der in Betracht kommenden Verträge gestattet worden sind.

Die Auslieferungsbegehren des Auslandes bei der Schweiz verteilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Staaten : Deutschland 186 Frankreich 56 Italien . -.

53 Österreich-Ungarn 23 Bulgarien 3

392

Belgien 2 Rußland 2 Dänemark l Großbritannien l Mexiko .

l Von diesen Begehren sind 267 bewilligt worden; in 48 Fällen blieben die Nachforschungen nach den Verfolgten resultatlos; 10 Begehren wurden zurückgezogen, und in 3 Fällen wurde die Auslieferung verweigert.

Von den Auslieferungsbegehren, welche die S c h w e i z b e i a u s w ä r t i g e n S t a a t e n gestellt hat, gingen an Frankreich 69 Deutschland 47 Österreich-Ungarn 8 Belgien 6 Italien ' . " . . . . .

3 Mexiko l Luxemburg . · l Außerdem wurde auf ein Individuum in verschiedenen Ländern gleichzeitig gefahndet.

Von den seitens der Schweiz verlangten Auslieferungen kamen 85 zur Ausführung; in 23 Fällen blieben die Verfolgten unentdeckt; 18 Begehren wurden zurückgezogen und 7 Fälle sind noch nicht erledigt. In 3 Fällen wurde die Auslieferung verweigert.

Außer den obigen von den Bundesbehörden bewilligten Auslieferungen ans Ausland sind gemäß den uns nach Vorschrift von Art. 29 des Auslieferungsgesetzes zugekommenen Anzeigen 40 A u s l i e f e r u n g e n k u r z e r H a n d von den Kantonen vollzogen worden (1897: 27).

Nach Maßgabe von Art. 31 des Bundesgesetzes betreffend die Auslieferung vom 22. Januar 1892 haben wir im Jahre 1898 den Kantonen an Kosten für A u s l i e f e r u n g e n im ganzen Fr. 5331. 65 (1897: Fr. 4278. 50) vergütet.

Auf Grund von Art. 23 des Auslieferungsgesetzes hatten wir 5 Auslieferungsbegehren fremder Staaten (1897 : 8) an das Bundesger i c h t zur Entscheidung zu verweisen. In 4 Fällen wurde die Auslieferung bewilligt, in einem dagegen verweigert.

6. Aus Anlaß eines bezüglichen Falles wurde die Auslieferungspflicht gegenüber Ö s t e r r e i c h durch G e g e n r e c h t s z u s i c h er u n g auf das Delikt der A n d r o h u n g g e w a l t s a m e r H a n d -

393 l u n g e n g e g e n P e r s o n e n ausgedehnt. Es wurde der Bundesversammlung nach Maßgabe von Art. l, Abs. 5, des Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 mit Schreiben vom 29. Oktober 1898 hiervon Kenntnis gegeben.

7. Wir waren öfters genötigt, die mit der Vollziehung der Auslieferungen beauftragten kantonalen Polizeibehörden auf das R e g l e m e n t ü b e r d i e P o l i z e i t r a n s p o r t e a u f d e n schweiz e r i s c h e n E i s e n b a h n e n vom Jahre 1881 hinzuweisen, wonach die Beförderung der Arrestanten in der Regel nicht in den Personenwagen, sondern im Gepäckwagen erfolgen soll. Hierfür ist nur eine Taxe von 8,25 Cts. per Tarifkilometer zu entrichten.

Auch bezahlten die Kantone häufig für die begleitenden Polizeiagenten die ganze Fahrtaxe, während dieselben auf allen schweizerischen Bahnen seit dem 1. Juni 1891 gemäß einem Nachtrag zu dem erwähnten Reglement auch auf der ehemaligen westschweizerischen und Simplonbahn bei der Fahrt mit dem Arrestanten taxfrei reisen können und für die Rückfahrt nur die Hälfte der gewöhnlichen Taxe zu entrichten haben (s. Fall Visani).

8. Auf ein Begehren unserseits um Auslieferung des nach F r a n k r e i c h geflüchteten A. L. wegen e i n f a c h e r D r o h u n g e n , die nicht mit der Aufforderung, eine Summe Geldes zu hinterlegen oder irgend eine andere Bedingung zu erfüllen (Art. l, Ziff. 15, des schweizerisch-französischen Auslieferungsvertrages), geschehen waren, ist die französische Regierung nicht eingetreten.

Gemäß ihrer Erklärung sind Verbaldrohungen, welche nicht mit einem Auftrag oder unter einer Bedingung erfolgten, nach dem Code pénal nicht strafbar.

9. Der A. B., welcher von den zürcherischen Behörden wegen P f ä n d u n g s b e t r u g e s verfolgt wird, und dessen Auslieferung vi'ir letztes Jahr vergeblich bei Frankreich nachgesucht haben (s. Bundesbl. 1898, I, 469, Ziff. 10), hatte sich nach Brüssel begeben. Die zürcherischen Behörden wünschten daher, daß bei der belgischen Regierung Schritte für Erwirkung der Auslieferung des B. gethan werden. Auf das bezügliche Gesuch erwiderte indessen das belgische Ministerium, daß demselben nicht entsprochen werden könne, da die dem B. zur Last gelegte Handlung nicht den Thatbestand eines der im belgischen Strafgesetzbuche vorgesehenen Delikte bilde. Auch
auf eine Reciprocitätszusicherung seitens der Schweiz könne von Belgien nicht eingetreten werden, da das betreffende Delikt weder im schweizerisch-belgischen Auslieferungsvertrage noch im belgischen Auslieferungsgesetze vor-

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gesehen sei, und die belgische Gesetzgebung nicht gestatte, in einem solchen Falle die Auslieferung eines Individuunis an einen fremden Staat vorzunehmen.

10. Eine Marie M. in Winterthur hatte einem Dritten, dem sie einige Hundert Franken schuldete, Waren als Faustpfand übergeben, in der Folge jedoch darüber widerrechtlich verfügt, indem sie die betreffenden Waren heimlich und gewaltsam wegnahm.

Dadurch hat sich dieselbe der P f a n d u n t e r s c h l a g u n g im Sinne von § 174 des zürcherischen Strafgesetzbuches schuldig gemacht.

Da sich die M. nach D e u t s c h l a n d geflüchtet hatte, suchten wir auf Veranlassung der zürcherischen Behörden unter Hinweis auf die im Jahre 1892 im Falle Landoli (Bundesbl. 1893, II, 77) wegen Pfandunterschlagung ausgetauschte Gegenrechtserklärung bei der deutschen Regierung um die Auslieferung nach. Diese antwortete indessen, daß die in Sachen Landoli abgegebene Gegenrechtserklärung den vorliegenden Fall nicht zu decken seheine.

Es habe sich dieselbe nur auf solche Fälle bezogen, in denen die Pfandunterschlagung, beziehungsweise die ,,Verstrickung10 des § 137 des deutschen Strafgesetzbuches mit Rücksicht auf ein schwebendes oder bevorstehendes Vollstreckungs- oder Konkursverfahren erfolgt ist. In der Angelegenheit M. sei aber von einem solchen Verfahren nicht die Rede, und es könne daher auf das Auslieferungsbegehren nicht eingetreten werden.

11. Der Untersuchungsrichter zu Witebsk (Rußland) verfolgte den r u s s i s c h e n S t a a t s a n g e h ö r i g e n M. S. wegen H e h l e r e i (Annahme von unterschlagenen Geldern). S. wurde in Bern verhaftet, und die russische Gesandtschaft suchte urn seine Auslieferung nach. S. opponierte gegen diese, indem er vorgab, sich keines Deliktes schuldig gemacht zu haben. Diese Einrede der Nichtschuld konnte hierseits nicht in Betracht gezogen werden, denn schon die Thatsache der bloßen Verfolgung wegen eines in Art. 3 des schweizerisch-russischen Auslieferungsvertrages vorgesehenen Deliktes genügt zur Begründung des Auslieferungsbegehrens. Dagegen war unserseits zu prüfen, ob die vertraglichen Voraussetzungen zur Bewilligung der Auslieferung vorhanden seien. Nun bestimmt Art. 3, Abs. l, des Auslieferungsvertrages mit Rußland, daß die Auslieferung nur für solche Verbrechen und Vergehen stattfinden soll, welche nach den
Gesetzen beider Staaten eine Strafe von mehr als einem Jahr Gefängnis nach sich ziehen.

Diese Voraussetzung der Auslieferungspflicht ist, wie das Bundesgericht bereits in mehreren Fällen ausgesprochen hat (bundesgerichtl.

39& Entscheid. Bd. 12, S. 132, und Bd. 23, S. 111), dahin auszulegen, daß es nach den gesetzlichen Strafandrohungen beider Staaten, sicher sein müsse, daß das dein Requirierten zur Last gelegte Delikt mit einer Strafe von mehr als einem Jahr Gefängnis belegt werde. Aus einem Gutachten des Staatsanwalts des Bezirkes Bern ergab sich nun, daß im vorliegenden Falle von den bernischen Gerichten höchstens eine Strafe von 5--7 Monaten Korrektionshaus, jedenfalls von nicht mehr als einem Jahr ausgesprochen würde. Das Gutachten war durch einige Fälle aus der bernischen Gerichtspraxis unterstützt. Demzufolge konnte nicht gesagt werden,, daß es sicher ist, daß das dein S. zur Last gelegte Delikt mit einer Strafe von mehr als einem Jahr im Kanton Bern belegt werde. Wir konnten deshalb dem Begehren um Auslieferung des S. an die russischen Behörden nicht entsprechen.

12. Der vorerwähnte Fall und die vom Bundesgerichte erfolgte Verweigerung der Auslieferung eines gewissen E. Kluge an Rußland (siehe Bundesgerichtliche Entscheidungen Bd. 23, S. 107 ff.) veranlaßte die r u s s i s c h e R e g i e r u n g , auch ein u n s e r s e i t s g e s t e l l t e s A u s l i e f e r u n g s b e g e h r e i i unter einfachem Hinweis auf jene beiden Vorgänge abzulehnen. Es handelte sich hierbei um die Auslieferung einer in Rußland sich aufhaltenden italienischen Staatsangehörigen, welche während eines Aufenthaltes in Lausanne von einem Geschäftshause in Genf Waren im Werte von über Fr. 13,000 unter falschen Angaben zu erlangen gewußt hatte und sich mit denselben, ohne Zahlung zu leisten, aus der Schweiz entfernte, weshalb sie von den waadtländischen Behörden wegen Betrugs verfolgt wird.

In Anbetracht dieser schweren Betrugshandlung konnten wir den ablehnenden Bescheid der russischen Regierung nicht als gerechtfertigt erachten und ersuchten unter Erneuerung des Auslieferungsbegehrens um nochmalige Prüfung des Falles. Wir wiesen darauf hin, daß es wohl keinem Zweifel unterliege, daß die fragliche Deliktshandlung sowohl in der Schweiz, als auch in Rußland mit mehr als einem Jahr Gefängnis bestraft werde. Das letztere erschien sich aus Art. 1666 in Verbindung mit Art. 31 des russischen Strafgesetzbuches zu ergeben, wonach schon bei einem durch Betrug verursachten Schaden von 301 Rubel auf eine Freiheitsstrafe von wenigstens einem Jahr erkannt werden muß;, es dürfte daher ohne Zweifel eine ein Jahr übersteigende Strafe erfolgen, wenn der Schaden wie hier das zehnfache jener Summe beträgt.

396 · Auf diese unsere Entgegnung haben wir noch keine Rückäußerung von Seiten der russischen ßegierung erhalten.

13. G e s u c h e um s t r a f r e c h t l i c h e V e r f o l g u n g von Schweizern, die auf fremdem Gebiete delinquiert und sich in die Schweiz geflüchtet hatten, sind uns im Berichtsjahre 29 zugegangen, nämlich 26 von Deutschland, 2 von Frankreich und l von Italien.

Von denselben haben 19 durch Verurteilung ihre Erledigung gefunden ; in 4 Fällen wurde das Verfahren eingestellt ; ein Begehren wurde zurückgezogen; in einem Falle blieb der Verfolgte unentdeckt und 4 Fälle sind noch pendent.

Wir unsererseits haben bei Deutschland 36, bei Frankreich 12, bei Italien 5, bei Österreich-Ungarn und bei den Vereinigten Staaten von Amerika je l Begehren um strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen dieser Staaten gestellt, die nach Begehung strafbarer Handlungen in der Schweiz nach ihrer Heimat geflohen waren. In 21 Fällen sind die Angeklagten verurteilt und in 2 freigesprochen worden ; in 5 Fällen blieb der Verfolgte unentdeckt und in 2 Fällen wurde die Verfolgung abgelehnt; in 5 Fällen wurde das Verfahren eingestellt; 5 Begehren wurden zurückgezogen und Ì 5 Fälle sind noch unerledigt.

lé. Von der Regierung des Kantons Zürich war beantragt worden, es möchten bei Ö s t e r r e i c h Schritte gethan werden, um ·die v o l l s t ä n d i g e V o l l s t r e c k u n g e i n e s U r t e i l s d e s zu r che r i s e h en S c h w u r g e r i c h t e s zu erwirken, durch welches der zur Zeit in seiner Heimat sich aufhaltende österreichische Staatsangehörige St. Z. wegen Totschlags zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist, wovon er nur einen Teil erstanden hat.

Die Regierung sprach die Ansicht aus, es lasse sich ein bezügliches Begehren stellen, auch ohne daß eine förmliche Übereinkunft bestehe, durch welche der eine Staat dem ändern den Vollzug eines Strafurteiles gegen einen Angehörigen des requirierten Staates zusichere, da dieser Grundsatz dem internationalen Rechte zu entsprechen scheine.

Dieser Meinung konnten wir nicht beitreten, indem es entgegen der von Zürich vertretenen Ansicht ein nahezu allgemein anerkannter Grundsatz ist, daß ein Staat strafgerichtliche Urteile eines ändern nicht vollstreckt. Es läßt sich dies darauf zurückführen, daß ein Staat jene tief in die Freiheit der Individuen
einschneidenden Maßregeln, als welche sich der Vollzug der Strafmittel darstellt, nur auf Grund eines im Inlande durchgeführten gerichtlichen Verfahrens und nicht auf Ansuchen einer Behörde des Aus-

397 landes verfügen kann (Lammasch, Auslieferungsrecht und Asylrecht, 8. 823, und Martitz, internationale Rechtshülfe, Bd. I, S. 429). Dazu kommt, daß das österreichische Strafgesetzbuch in § 36 ausdrücklich bestimmt: ,,In keinem Falle sind Urteile ausländischer Strafbehörden im Inlande zu vollziehen.a Anderseits ist aber auch in demselben Artikel erklärt: ,,Wegen Verbrechen, die ein Unter than des österreischen Kaisertums im Auslande begangen hat, ist er bei seiner Betretung im Inlande nie an das Ausland auszuliefern, sondern ohne Rücksicht auf die Gesetze des Landes, wo das Verbrechen begangen worden, nach diesem (österreichischen) Strafgesetze zu behandeln. Ist er jedoch für diese Handlung bereits im Auslande bestraft worden, so ist die erlittene Strafe in die nach diesem Strafgesetze zu verhängende einzurechnen."1 Demzufolge konnte die Strafverfolgung des Z. bei Österreich nur unter Vorlage der ergangenen Strafakten und des gefällten Urteils nachgesucht werden.

15. Ein Italiener hatte im Kanton Waadt mittelst Einbruchs verschiedene Wertgegenstände entwendet und hierauf nach Savoyen gebracht, wo er sie an den f r a n z ö s i s c h en S t a a t s a n g e h ö r i g e n B., der wußte, daß sie gestohlen waren, verkaufte. B. machte sich dadurch des Delikts der H e h l e r e i schuldig, und es wurde auf Ansuchen der waadtländischen Behörden bei der französischen Regierung dessen Strafverfolgung beantragt. Dieselbe lehnte jedoch unter Hinweis auf ein Urteil des französischen Kassationshofes vom 19. April 1888 das Begehren ab. Sie erklärte, nach der französischen Gesetzgebung sei die Hehlerei als eine Art Teilnahme am Diebstahl anzusehen. Gemäß Art. 59 des Code Pénal sei nun der Teilnehmer nach den gleichen Strafbestimmungen zu beurteilen wie der Thäter selbst. Dieser sei im vorliegenden Falle ein Nichtfranzose gewesen, habe das Delikt im Auslande begangen und sei auf Grund des Strafgesetzes des betreffenden Staates (Kanton Waadt) verurteilt worden. B. sollte daher nach Maßgabe desselben Gesetzes beurteilt werden; die französischen.

Gerichte haben aber weder die Zuständigkeit noch die Befugnis das waadländische Gesetz anzuwenden und daher könne die Verfolgung des B. in Frankreich nicht stattfinden.

16. Wegen eines von dem i t a l i e n i s c h e n S t a a t s a n g e h ö r i g e n P. F. J. zu G e n
f b e g a n g e n e n B e t r u g s hatte der Geschädigte direkt bei dem königlichen Prokurator zu Palermo, wohin sich J. begeben hatte, Strafklage erhoben. Dieser wurde jedoch keine Folge gegeben. Es wandte sich deshalb der Kläger

398 anher und suchte um Intervention zuständigen Orts nach. Unser Justiz- und Polizeidepartement mußte erwidern, daß man in der Angelegenheit, so wie sie jetzt liege, bei der italienischen Regierung nicht vorstellig werden könne; dieselbe sei in unrichtiger Weise eingeleitet worden. Es hätte von dem Geschädigten zunächst bei den Genfer Behörden Strafklage gegen J. erhoben werden sollen. Diesen Behörden wäre es alsdann zugekommen, die erforderlichen Untersuchungshandlungen vorzunehmen und das gesammelte Aktenmaterial dem Bundesrate mit dem Antrage zu übermachen, bei der italienischen Regierung die Strafverfolgung wegen der von dem Angeklagten auf dem Gebiete des Kantons Genf begangenen Delikte zu bewirken. Der Bundesrat könnte darauf hin nach Maßgabe von Art. 5 des schweizerisch-italienischen Auslieferungsvertrages die nötigen Schritte thun, damit von den zuständigen italienischen Behörden die Verfolgung des J. an die Hand genommen werde.

17. Die französische Regierung suchte um die Strafverfolgung des in der Schweiz sich aufhaltenden Schweizerbürgers J. S.

wegen B e d r o h u n g e i n e r P e r s o n in Frankreich nach. Wir mußten das Ansuchen ablehnen, da sich aus den mitgeteilten Akten nicht ergab, daß der Beschuldigte mit der Bedrohung auch den Versuch einer Erpressung verbunden hat, bezw. die Aufforderung, eine Summe Geldes zu hinterlegen, oder irgendwelche andere Bedingungen zu erfüllen. Es lag demzufolge nicht die in Art. l, Ziffer 15, des schweizerisch-französischen AuslieferungsVertrages vom 9. Juli l 869, und auch keine andere in dem Vertrage vor.gesehene Deliktshandlung vor, und hätte S., wenn er Ausländer wäre, nicht von der Schweiz an Frankreich ausgeliefert werden können. Die Schweiz kann mm gegen einen Angehörigen des eigenen Landes keine Strafverfolgung veranlassen, wegen eines Deliktes, wegen dessen ein Ausländer nicht ausgeliefert würde, denn es ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht als zulässig zu erachten, eigene Landesangehörige strenger zu behandeln als Ausländer; es würde ein solches Vorgehen auch im Widerspruch mit den Vorschriften des schweizerischen Auslieferungsgesetzes stehen.

18. Unsere Bemühungen mit der Deutschen Reichsregierung ein den Vorschriften von Art. 2, Abs. 2, des Bundesgesetzes über die Auslieferung, von 1892 entsprechendes Verfahren mit Bezug auf die S t r a f v e r f o l g u n g d e u t s c h e r S t a a t s a n g e r höriger wegen in der Schweiz begangener Straf-

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thaten und schweizerischer Angehöriger für in D e u t s c h l a n d v e r ü b t e D e l i k t e zu vereinbaren (siehe letztjährigen Geschäftsbericht, Bundesbl. 1898 I, 475) waren ohne Erfolg.

Die deutsche Regierung erklärte, das deutsche Strafgesetzbuch schreibe in § 3 die Anwendung der deutschen Strafgesetze für alle im Inlande begangenen Deliktshandlungen vor. In Anbetracht dessen könne seitens der deutschen Behörden niemals eine Ver zichtleistung auf die Strafverfolgung stattfinden, und daher auch nicht ein schweizerisches Strafurteil für eine auf deutschem Gebiete von einem schweizerischen Angehörigen begangene That anerkannt werden. Es wäre nur möglich, das Urteil insoweit zu berücksichtigen, als bei einer neuen Verurteilung durch die deutschen Gerichte die von dem betreffenden Individuum wegen ·desselben Deliktes in der Schweiz bereits verbüßte Haftzeit von der deutscherseits erkannten Freiheitsstrafe in Abzug gebracht werde. Andererseits bestehe hinsichtlich der von deutschen Staatsangehörigen im Auslaride begangenen strafbaren Handlungen keine Verpflichtung zur Verfolgung im Heimatlande, sondern soweit eine Verfolgung in § 4 des Strafgesetzbuches überhaupt zulässig ist, sei dieselbe in das Ermessen der zuständigen deutschen Behörde gestellt. Da nun im internationalen Rechtshülfeverkehr die Gegenseitigkeit eine der ersten Voraussetzungen bilde, so entspreche es, wie der deutschen Gesetzgebung, so auch internationalen Gesichtspunkten, wenn von einer an sich zulässigen Strafverfolgung in den Fällen abgesehen werde, in denen das Gegenrecht nicht sicher gestellt werden könne.

Die volle Gegenseitigkeit unter Verzicht auf eine Erklärung «deutscherseits des non bis in idem wurde im Berichtsjahre wie im Vorjahre von allen Kantonen, welche in den Fall kamen, eine Strafverfolgung bei Deutschland zu beantragen, zugesichert, mit Ausnahme des Kantons Zürich. Daher wurde auch in mehreren Fällen die Übernahme der Verfolgung von Deutschen, welche sich nach Verübung einer Strafthat im Kanton Zürich nach Deutschland 'begeben hatten, seitens der deutschen Regierung abgelehnt, und es blieben die betreffenden Individuen straflos.

Für alle gemeinen Delikte haben die Kantone St. G a l l e n , N e u e n b u r g , B a s e l - S t a d t und L u z e r n , sowie zum Teil B e r n (siehe letztjährigen Geschäftsbericht) und S o l o t h u r n , sofern sich dieselben nach der solothurnischen Gesetzgebung als Verbrechen qualifizieren, eine Gegenrechtszusicherung gegenüber

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Deutschland erteilt. Andere Kantone haben nur für diejenigen Delikte das Gegenrecht zugesichert, wegen deren sie ein Begehren um Strafverfolgung bei den deutschen Behörden stellen ließen, so S c h a f f h a u s e n , T h u r g au und G e n f .

III. Rogatorien.

19. Unser Justiz- und Polizeidepartement hatte während des Berichtsjahres in 280 Fällen (1897: 275) bei der Vermittlung von R e q u i s i t o r i a l i e n ausländischer Behörden an schweizerische Gerichte und umgekehrt mitzuwirken. 195 derselben bezogen sich auf Civilange^genheiten, 85 auf Strafsachen.

Von den s c h w e i z e r i s c h e n Rogato rien waren 124 an Frankreich, je 7 an die Vereinigten Staaten von Amerika und an Großbritannien, je 6 an Belgien, Österreich und Rußland, 4 an Spanien, 3 an die Türkei, 2 an Tunis, je l an Italien, Rumänien, Dänemark, Norwegen, Guatemala, Algier, Holland, Egypten, Japan, Griechenland und Argentinien bestimmt.

Von den a u s l ä n d i s c h e n sind 42 aus Frankreich, 27 aus Österreich, 21 aus Spanien, 6 aus Deutschland, 5 aus Rußland, 2 aus England und l aus Bulgarien eingelangt.

20. Die Regierung des Kantons Aargau machte darauf aufmerksam, daß die E d i k t a l r ü f e , welche durch die Gerichte an S c h w e i z e r im A u s l a n d e in den kantonalen Amtsblättern erlassen werden, meistens ohne Erfolg bleiben, da die Blätter die betreffenden Personen nicht erreichen. Die Regierung glaubte daher, es sollte ein einheitliches schweizerisches Organ für solche Edictalrüfe und sonstige amtliche Bekanntmachungen an Schweizer im Auslande geschaffen werden und frug an, ob der Bundesrat zur Ausführung eines solchen Planes Hand bieten würde.

In unserer Antwort hierauf verwiesen wir die aargauische Regierung auf das Bundcsblatt, das sich für die Veröffentlichung der fragliehen Aufrufe wohl eignen dürfte, auch bereits dafür benutzt werde und auch allen schweizerischen Gesandtschaften und Konsulaten gratis zukomme. Die schweizerischen Vertreter im Auslande könnten auf die betreffenden Bekanntmachungen besonders aufmerksam gemacht werden und es wäre alsdann ihnen zu überlassen, ob sie für notwendig erachten, denselben durch Veröffentlichung in einer Zeitung des Landes weitere Verbreitung zu geben. Die Vergütung der dadurch entstehenden Kosten müßte ihnen natürlich zugesichert werden. Die Einrückungsgebühr in das Bundesblatt würde 15 Rp. pro Zeile betragen.

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IV. Heimschaffungen.

21. Die Zahl der Fälle von H e i m s c h a f f u n g e n v e r l a s s e n e r K i n d e r , G e i s t e s k r a n k e r u n d s o l c h e r Personen, welche der öffentlichen Wohlthätigkeit anh e i m g e f a l l e n s i n d , belief sich im Berichtsjahre auf 127 (1897: 107, 1896: 130) und. betraf 159 Personen.

Die S c h w e i z wurde seitens des A u s l a n d e s um die Heimschaffung von 54 Personen (49 Gesuche umfassend) angegangen, nämlich von 10 verlassenen Kindern, 37 Geisteskranken und 7 Hülfsbedürftigen. Aus Frankreich liefen 37 Gesuche ein, aus Österreich-Ungarn 2, aus Italien 7, aus Rußland 2, aus Deutschland 1.

Von den 54 Personen wurden 48 als schweizerische Angehörige ermittelt und übernommen, 4 dagegen wurden nicht anerkannt, l Begehren wurde zurückgezogen und l ist noch pendent.

Die S c h w e i z stellte an das Ausland auf diplomatischem Wege 78 Heimschaffungsbegehren, und zwar 35 an Frankreich, 32 an Italien, 3 an Deutschland, 5 an Österreich, je l an Belgien, Großbritannien und an die Vereinigten Staaten von Amerika. Dieselben betrafen 22 verwaiste und verlassene Kinder, 41 Geisteskranke und 42 der öffentlichen Wohlthätigkeit Anheimgefallene, ·zusammen 105 Personen. Davon wurden 77 vom Ausland als Angehörige anerkannt und heimgeschafft; betreffend 20 Individuen standen die Erklärungen der fremden Regierungen am Ende des Jahres noch aus. 7 Begehren (7 Personen umfassend) wurden von den Kantonsregierungen vor Abschluß der Verhandlungen zurückgezogen. In einem Falle wurde das Begehren abgelehnt.

Außerdem sind von Seiten Deutschlands 11 Gesuche um Bewilligung des D u r c h t r a n s p o r t e s von Geisteskranken oder der öffentlichen Wohlthätigkeit in Deutschland anheimgefallenen Italienern, welche auf Kosten der requirierenden Staaten über schweizerisches Gebiet nach ihrer Heimat verbracht -werden sollten, eingegangen und unsererseits genehmigt worden.

Deutsche, aus Italien ausgewiesene Staatsa n g e h ö r i g e wurden in der Zeit von Anfang Juli 1897 bis Ende Juni 1898 im ganzen 172 (im Vorjahr 145) nach Deutschland heimgeschafft. Die dadurch entstandenen Kosten im Betrage von Fr. 4490. 60 ersetzte die italienische Regierung gemäß der Übereinkunft vom 16. Februar 1881 betreffend den Polizeidienst in den internationalen Stationen der Gotthardbahn und der Erklärung vom 11. November 1884 und 12. Januar 1885.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. I.

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402 22. Eine Kantonsregierung verlangte beim Bundesrat die Heimschaffung von drei Kindern eines englischen Staatsangehörigen, welche von ihrem nach Amerika verreisten Vater hülflos in der Schweiz zurückgelassen worden waren,. Nachdem die Angelegenheit bei der englischen Regierung anhängig gemacht worden war, sah sich diese letztere veranlaßt, vorerst festzustellen, daß Art. II des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Großbritannien vom 6. September 1855 keine Bestimmung enthalte, wonach die englischen Behörden verpflichtet wären, für die Kosten der Heimschaffung dieser Kinder nach England aufzukommen, andererseits ließ die englische Regierung aber durch ihre Vertretung in der Schweiz erklären, daß wenn der Bundesrat diese Kinder auf eigene Kosten in irgend einen englischen Hafen verbringen lasse und die englischen Behörden von Zeit und Ort ihrer Ankunft verständige, bei der Landung der Kinder Vorkehren für deren Aufnahme getroffen werden.

23. Vom Schweizer Konsulat in Sidney wurde berichtet, es befinde sich daselbst ein schweizerischer Staatsangehöriger in hülfloser Lage. Die Regierung von Neu Süd-Wales habe auf Empfehlung des Schweizer Konsuls den Hülfsbedürftigen v o r l ä u f i g in ein Asyl untergebracht, um es dem Konsul zu ermöglichen, die Heimatgemeinde des betreffenden von der hülflosen Lage ihres Mitbürgers in Kenntnis zu setzen. Die arme Heimatgçmeinde erklärte sich ohne weiteres bereit, ihren Mitbürger wieder aufzunehmen und zu versorgen, war aber nicht im Falle, das Überfahrtsgeld zu bestreiten. Der Bundesrat berief sich bei der englischen Regierung auf den oben erwähnten Fall der Heimschaffung der drei in der Schweiz hülflos zurückgelassenen Kinder englischer Abkunft, welche auf Kosten der betreffenden Kantonsbehörden nach England geschaffen werden mußten und sprach die Erwartung aus, es werde die englische Regierung im vorliegenden Falle Gegenrecht halten und die Transportkosten des in Sidney in hülfloser Lage befindlichen Schweizerbürgers bis zur Schweizergrenze ebenfalls übernehmen.

Die englische Regierung antwortete dem Bundesrat, daß zufolge eines ihr zugegangenen Berichtes des Gouverneurs von Neu Süd-Wales der betreffende Schweizerbürger sich unter den Hausgenossen des Asyls für Kranke und Hülflose zu Rockwood in erwähnter Kolonie befinde, und daß die Kolonialregierung es ablehne, irgend welche Verbindlichkeiten mit Bezug auf die Kosten zu seiner Heimschaffung nach der Schweiz einzugehen.

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24. Im Jahre 1892 gelang es einer ehemaligen schweizerischen Staatsangehörigen, nachdem sie sich durch eine formelle amerikanische Naturalisationsakte als Bürgerin der Vereinigten Staaten von Nordamerika ausgewiesen und ausdrücklich auf das Schweizerbürgerrecht verzichtet hatte, ihr unter waisenamtlicher Obhut in der Schweiz befindliches Vermögen herauszubekommen.

Im Laufe des letzten Frühjahres ist nun diese Person in ihre frühere Heimat zurückgekehrt, jedoch völlig mittellos. Sie war nicht im stände, sich selbständig durchzubringen, hatte auch keine Verwandten, die in der. Lage gewesen wären, für sie zu sorgen und fiel daher der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last.

Der Bundesrat wandte sich auf Ansuchen der betreffenden Kantonsregierung an die amerikanische Regierung mit der Anfrage, ob es nicht möglich wäre, aus ihren Mitteln ihrer hülfsbedih-ftigen Staatsbürgerin eine fortlaufende Unterstützung zukommen zu lassen oder ob sie es vorziehe, der Person mit den nötigen Mitteln an die Hand zu gehen, damit sie wieder nach den Vereinigten Staaten zurückkehren könne. Im Falle jegliche Unterstützung für ihren hierseitigen Aufenthalt oder für ihre Rückreise abgelehnt würde, sähen sich die schweizerischen Behörden zur Ausweisung der Genannten veranlaßt.

Die amerikanische Regierung erwiderte hierauf, daß der Art. 3 des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten vom 25. November 1850 allerdings dazu verpflichte, seine eigenen Angehörigen im Heimatlande wieder a u f z u n e h m e n (shall be received), d. h. daß die betreffende Regierung nicht verpflichtet werden könne, sich mit den Heimschaffungskosten zu befassen, sondern nur dazu, den Heimzuschaffenden nicht zurückzuweisen. Wenn daher die Schweizerbehörden die in der Schweiz befindliche mittellose amerikanische Staatsbürgerin heimschaffen wollen, so werde man weder den Eintritt auf amerikanisches. Gebiet, noch die Hülfe der öffentlichen Unterstützung verweigern können. Die praktische Folge dieser Ansicht war nun die, daß die betreffenden schweizerischen Behörden, sofern sie es nicht vorzogen, die mittellose amerikanische Staatsbürgerin aus eigenen Mitteln zu unterhalten, genötigt wurden, die Rücktransportkosten derselben nach New "York zu bestreiten.

25. Aus der waadtländischen Irrenanstalt Céry war der g e i s t e s k
r a n k e A. F. e n t w i c h e n . Er wurde in der Folge in F r a n k r e i c h wieder festgenommen, und es gaben die französischen Behörden den waadtländischen davon Kenntnis. Die letzteren bé-

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.anfragten nun, es möchte bei Frankreich auf diplomatischem Wege die, Heimschaffung des fraglichen Geisteskranken verlangt werden.

Wir erwiderten auf dieses Begehren, daß eine Behandlung der Angelegenheit nach Maßgabe der Übereinkunft mit Frankreich vom 27. September 1882 nicht möglich sei. Es sei vielmehr angezeigt, daß sich die waadtländischen Behörden mit derjenigen französischen Amtsstelle, welche von der Festnahme des F. Kenntnis gegeben habe, direkt in Verbindung setzen und um den Rück.transport des Kranken bitten, sofern nicht eine Abholung desselben durch einen waadtländischen Delegierten vorgezogen werde.

T. Verschiedene Geschäfte polizeilicher Natur.

26. Von den Behörden des Kantons Wallis wurde um die R ü c k e r s t a t t u n g der K o s t e n nachgesucht, welche infolge .der w e g e n V o r k o m m n i s s e n b e i m E i s e n b a h n b e t r i e b s t a t t g e h a b t e n U n t e r s u c h u n g e n entstanden waren. Die Prüfung ergab, daß es sich um zwei verschiedene Arten von Strafuntersuchungen handelte. Die einen bezogen sich auf U n f ä l l e (Verletzungen von Personen), welche sich beim Eisenbahnbetrieb ereignet haben, die ändern dagegen betrafen G e f ä h r d u n g e n des E i s e n b a h n b e t r i e b s infolge stattgehabter Entgleisungen. Mit den Kosten, welche die Untersuchung der ersteren verursachen, kann der Bund niemals belastet werden; es wird sich diesbezüglich nur fragen, ob sie der Kanton oder die verantwortliche Bahngesellschaft zu tragen hat (vergleiche Bundesratsbeschluß über den Rekurs der Gotthardbahngesellschaft gegen die Regierung des Kantons Uri, Bundesbl. 1898, I, 41). Was dagegen die Kosten anbelangt, welche durch die Untersuchungen bezüglich der Gefährdungen des Eisenbahnbetriebs erwachsen, so kann nach Maßgabe von Art. 156, Absatz l und 2, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 der Bund zu deren Rückvergütung eventuell nur verhalten werden, wenn der Fall vom Bundesrate den kantonalen Gerichten zur weiteren Untersuchung und zur Beurteilung überwiesen worden ist. Hat eine solche Überweisung nicht stattgefunden, so hat der Kanton die Kosten für die polizeilichen Erhebungen, die von den kantonalen Behörden gemacht worden sind, und ihnen in Anbetracht ihrer polizeilichen Befugnisse und Pflichten von Amtes wegen zu machen oblagen (Art. 148 des Organisationsgesetzes) zu tragen. Die in Frage kommenden Fälle waren nun - durch den Bundesrat nicht den kantonalen Gerichten im Sinne von Art. 146

405 des Organisationsgesetzes zugewiesen worden indem der objektive Thatbestand einer erheblichen Gefährdung' nach Maßgabe von Art. 67 des Bundesstrafrechtes nicht vorgelegen ist. Es konnte daher dem gestellten Begehren der Walliser Behörden um Kostenriickerstattung nicht Folge gegeben werden.

27. Von der d e u t s c h e n und der b a y e r i s c h e n Ges a n d t s c h a f t in Bern waren an Angehörige ihrer Staaten N i e d e r l a s s u n g s z e u g n i s s e im Sinne von Art. 2'des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Deutschland vom 31. Mai 1890 ausgestellt und darin erklärt worden, daß die betreffenden Personen einen unbescholtenen Leumund genießen. Die Polizeibehörden von Zürich, wo sich die fraglichen deutschen Staatsangehörigen aufhielten, brachten indessen in Erfahrung, daß dieselben schon Vorstrafen erlitten haben. Daher beanstandeten sie jene Zeugnisse und wünschten unsere Verwendung bei den genannten Gesandtschaften.

Die Prüfung ergab, daß es sich um zwei Arten von Fällen handelte. Im einen waren die erfolgten Bestrafungen erst vor kurzem erfolgt, in den ändern dagegen -waren seit denselben 10 und 20 Jahre verstrichen, während welcher Zeit die Aufführung der betreffenden Personen untadelhaft gewesen ist.

Was den ersteren Fall betrifft, so beantragten wir bei der Gesandtschaft die Rücknahme des Zeugnisses, da der Person in Anbetracht ihrer Antecedentien das Niederlassungsrecht in der Schweiz nicht eingeräumt werden könne. Die Gesandtschaft erklärte, daß das Zeugnis ohne Kenntnis der Vorstrafen der Person ausgestellt worden sei und diese in der That, unter den obwaltenden Umständen niemals Anspruch auf ein Niederlassungszeugnis gehabt habe; sie annulierte daher das betreffende Dokument, In den ändern Fällen dagegen rechtfertigte es sich angesichts des langen Zeitraums seit der letzten Bestrafung, daß die betreffenden deutschen Staatsangehörigen, so lange sie sich wohl verhalten, auf Grund der gesandtschaftlichen Zeugnisse hierseits geduldet werden. Immerhin wurden wir dadurch veranlaßt, bei den genannten Gesandtschaften darüber Erkundigungen einzuziehen, von welchen Grundsätzen sie sich bei der Beurteilung der Frage leiten zu lassen pflegen, ob einem ihrer Staatsangehörigen, welcher Vorstrafen erlitten hat, ein unbescholtener Leumund beigelegt werden kann oder nicht und demzufolge ein Niederlassurigszeugnis verabfolgt oder verweigert wird. Hierauf antworteten die Gesandtschaften, daß sie nicht wohl in der Lago

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seien, über die Grundsätze, welche sie bei der Erteilung der Zeugnisse zu beobachten pflegen; nähere Aufschlüsse zu geben. Es werde jeder Fall thunlichst individuell behandelt, nach Möglichkeit untersucht und auf das Ergebnis dieser Untersuchung hin von der Gesandtschaft entschieden. Als allgemeine Anhaltspunkte für die Entscheidung könnten allenfalls die relative Schwere der begangenen Strafthaten, die seit der That etwa verstrichene Zeit insbesondere die größere oder geringere Unehrenhaftigkeit der Gesinnung, auf welche aus dem Charakter des Delikts mit einiger Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könne, bezeichnet werden.

28. Die bayerische Gesandtschaft hatte für einen ihrer Staatsangehörigen als L e g i t i m a t i o n s p a p i e r z u e i n e m k ü r z e r e n A u f e n t h a l t in der S c h w e i z ein Formular verwendet, das nicht dem für solche Ausweise nach Abschluß des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages aufgestellten und angenommenen Formular des gesandtschaftlichen Zeugnisses entsprach, indem es keine Angabe über den Leumund und keine bestimmte Erklärung betreffend die bayerische Staatsangehörigkeit des Inhabers enthielt. Wir ersuchten die bayerische Gesandtschaft von der Verabfolgung solcher unvollständiger Ausweispapiere absehen zu wollen, da diese für ihre Inhaber Weiterungen und Unannehmlichkeiten zur Folge haben könnten, und beantragten, es möchte von ihr einzig das ordentliche, dem Art. 2 des schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrages entsprechende gesandtschaftliche Zeugnis benutzt werden. Dieses gestatte ebenfalls, eine kürzere oder längere Gültigkeitsdauer zu bestimmen, wodurch die kantonalen Behörden darauf hingewiesen T^erden, bis zu welchem Zeitpunkt dem Inhaber des Papiers der Aufenthalt eingeräumt werden kann. Die bayerische Gesandtschaft erklärte sich bereit, unserem Ansuchen entsprechend in Zukunft verfahren zu wollen.

29. Von einer kantonalen Behörde wurde es als mit dem schweizerisch-deutschen Niederlassungsvertrage im Widerspruch stehend betrachtet, daß die badischen Behörden zwar erklärten, eine gewisse K. Seh., welche durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren hatte, übernehmen zu wollen, sich dagegen weigerten, für dieselbe einen Heimatschein auszustellen.

Wir machten die betreffende Behörde darauf
aufmerksam, daß durch den Niederlassungsvertrag mit Deutschland (Art. 8) die deutschen Behörden nur zur Ü b e r n a h m e ihrer früheren Staatsangehörigen, welche keine andere Nationalität erworben haben, ver-

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pflichtet sind, keineswegs aber zur A u s s t e l l u n g v o n H e i m a t ·schriften für dieselben. Bezüglich dieser Papiere ist die innere deutsche Gesetzgebung maßgebend, auf deren Anwendung der schweizerisch-deutsche Niederlassungsvertrag keinen Einfluß ausüben kann. Es begnügen sich in derartigen Fällen, welche schon öfters vorgekommen sind, die kantonalen Behörden für die Duldung der betreffenden Deutschen gewöhnlich mit der Zusicherung ·der zuständigen deutschen Behörde, daß die Personen übernommen werden, wenn ihre Zuführung stattfinde.

Der Wiedererwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Personen, welche dieselbe durch Aufenthalt im Auslande verloren haben, findet in der Regel nur dadurch statt, daß dieselben, wenigstens für einige Zeit, in Deutschland Aufenthalt nehmen.

Ausnahmsweise kommt es auch vor, daß ihnen die Staatsangehörigkeit erteilt wird, ohne daß sie sich in ihrem früheren Heimatstaate niederlassen (vergleiche Geschäftsbericht pro 1894, Bundesbl.

1895, E, 166, Ziffer 25).

30. Ein Specialfall gab Veranlassung, bei der ottomanischen Botschaft in Paris Erkundigungen einzuziehen über die Bedingungen, unter denen ein t ü r k i s c h e r U n t e r t h a n s i c h im A u s l a n d e a u f h a l t e n k ö n n e . Es wurde uns mitgeteilt, daß gemäß dem bestehenden Konsularreglemente alle im Auslande sich aufhaltenden türkischen Unterthanen sich in die Register der türkischen Gesandtschaft oder des Konsulats eintragen lassen müssen, in dessen Bezirk sie wohnen. Sie erhalten alsdann einen Ausweis über ihre Nationalität und dieser dient als Legitimationspapier. Wird von «inem türkischen Angehörigen diese Vorschrift nicht beobachtet, so verliert er zwar hierdurch seine Staatsangehörigkeit nicht, dagegen kann ihm eine Buße auferlegt werden, deren Höhe nach der Dauer des Aufenthaltes des betreffenden im Auslande bemessen wird.

Die in der Schweiz sich aufhaltenden Türken haben sich für
31. Die italienische Regierung beschwerte sich beim Bundesrat darüber, daß eine schweizerische Gemeinde im Einverständnis mit dem Departement des Innern des betreffenden Kantons von den dort sich aufhaltenden Italienern e i n e b e s o n d e r e S t e u e r von Fr. 2. 65 beziehe, entgegen den Bestimmungen des Art. l ·des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Italien vom 22. Juli 1868.

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Aus der von der Kantonsregierung geführten Untersuchung ergab es sich, daß der angerufene Bescheid des Departements des Innern dieses Kantons sich im wesentlichen auf einen solchen des Polizeidepartements des gleichen Kantons gestützt hatte, welch letzterer mit der kantonalen Gebührenordnung im Einklang stehe.

Nach Eingang der Reklamation des Bundesrates wurde die Angelegenheit von den beiden kantonalen Departementen nochmals geprüft, worauf das Polizeidepartement seine Verfügung in dem Sinne zurückzog, daß die italienischen Aufenthalter gemäß Art. l des erwähnten Staatsvertrages in Bezug auf die Aufenthaltsgebühren den Kantons- und Schweizerbürgern gleichgestellt wurden.

32. Auf Einladung der belgischen Regierung beschloß der Bundesrat auf unsern Antrag, den i n t e r n a t i o n l e n K o n g r e ß , für das S c h u t z a u f s i c h t s w e s e n , welcher vom 1. bis 6. Juni in A n t w e r p e n stattfinden sollte, durch die Herren Dr. med. Paul Ladäme in Genf und J. G. Schaffroth, Gefängnisinspektor des Kantons Bern, als Delegierte der Schweiz zu beschicken.

Die genannten Herren haben sich am Kongreß so beteiligt, daß Herr Dr. Ladäme den Verhandlungen der I. und HI. Sektion, Herr Gefängnisinspektor Schaffroth denjenigen der II. Sektion beiwohnte: Entsprechend der von ihnen gewählten Arbeitsteilung während des Kongresses haben die Herren Delegierten dem Bundesrat über die Erfüllung ihrer Mission einen ausführlichen schriftlichen Bericht eingereicht.

C. Bundesanwaltschaft.

I. Bandesstrafrecht.

1. Von den im letzten Jahre unerledigt gebliebenen acht Fällen von E i s e n b a h h g e f ä h r d u n g e n haben im Berichtsjahresieben ihre gerichtliche Erledigung gefunden, und zwar fünf durch Verurteilung und zwei durch Freisprechung der Angeschuldigten ; in einem Falle wurde das Strafverfahren wegen Absterben des Angeklagten aufgehoben.

409 2. Im Jahre 1898 sind der Bundesanwaltschaft 200 Fälle vont Betriebsgefährdungen überwiesen worden; davon gelangten zur Behandlung : 142 Fälle von Gefährdungen des Eisenbahnbetriebes, 35 Fälle von Gefährdungen des Tramwaybetriebes, l Fall von Gefährdung des Dampfschiffbetriebes, l Fall von Gefährdung des Postbetriebes.

20 Fälle konnten vor Schluß des Berichtsjahres nicht mehr behandelt werden.

3. In 64 dieser Fälle handelte es sich um a b s i c h t l i c h e G e f ä h r d u n g e n und zwar durch: a. Legen von Gegenständen auf das Geleise . . . 23 Fälle - b. Werfen von Steinen gegen Eisenbahnzüge 24 ,, c. Schießen gegen Eisenbahnzüge 9 ,,.

d. Bahnbeschädigung 4 n e. Unbefugtes Umlegen einer Weiche l n f. Verkeilen von Weichen . · 2 ,, g. Böswilliges Lösen von Schienen l ·>·> 64 Fälle Hiervon haben wir k e i n e F o l g e gegeben drei Fällen, weil eine erhebliche Gefährdung des Bahnbetriebes in Wirklichkeit nicht vorhanden war, und sechs Fällen, weil gegenüber den jugendlichen Angeschuldigten eine strafrechtliche Zurechnung nicht stattfinden konnte, und einem Falle, weil die G-efährdung nicht auf schweizerischem Gebiet stattgefunden, hat. 54 Fälle wurden an die kantonalen Gerichte zur B e u r t e i l u n g ü b e r w i e s e n , 10 derselben fanden ihre Erledigung durch V e r u r t e i l u n g des oder der Angeschuldigten, zwei endigten mit F r e i s p r e c h u n g derselben.

29 Untersuchungen mußten e i n g e s t e l l t werden, weil es nicht gelang, die Thäterschaft auszumitteln, und 13 Fälle sind zur Zeit noch u n e r l e d i g t .

4. Bei den f a h r l ä s s i g e n G e f ä h r d u n g e n handelte ea sich um: a. Erfolgten oder drohenden Zusammenstoß von Zügen oder Zugsteilen 50 Fälle b. Entgleisungen 26 ,, c. Kollisionen mit Straßenfuhrwerken 28 ,, Übertrag 104 Fälle

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d.

e.

f.

g.

h.

i.

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l.

m.

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Übertrag 104 Fälle Stehenlassen eines Karrens auf dem Geleise . . l ,, Entlaufen eines Wagens l n Unfall beim Ein- und Aussteigen l n Störung durch ein an den Leitungsdraht einer elektrischen Bahn gehängtes Stück Draht . . .

l n Auf den Bahnkörper geratenes Vieh 2 ,, Urizeitiges Losgehen von Minen bei Sprengungen in der Nähe der Bahnlinie 2 ,, Anprall eines abgestoßenen Langholzwagens an eine Stellbude l ,, Anfahren an eine Draisine l ·,, Kollision eines Dampfbootes mit einer Barke . . l ,, 115 Fälle

K^eine w e i t e r e F o l g e wurde gegeben wegen Nichtvorhandenseins einer erheblichen Betriebsgefährdung in 36 und wegen Mangels eines strafbaren Verschuldens in 18 Fällen.

61 Fälle ü b e r w i e s e n wir an die k a n t o n a l e n Ger i c h t e ; die Untersuchung wurde sistiert in einem Fall wegen Flucht des Thäters, 5 Untersuchungen wurden sistiert wegen Mangels an Schuldbeweis. Mit F r e i s p r e c h u n g des oder der Angeschuldigten endigten 18 Fälle, in 20 Fällen wurden die Angeschuldigten zu gesetzlichen Strafen v e r u r t e i l t . U n e r l e d i g t sind zur Zeit noch 17 Fälle.

5. Montag den 6. Dezember 1897 entgleiste der zwischen Singen und Schaffhausen verkehrende badische Zug zwischen Thayngen und Herblingen. Die Lokomotive stürzte links über <3en Damm hinunter, der ihr nachfolgende Gepäckwagen wurde auf die Seite geworfen und blieb auf dem Bahnkörper liegen, die übrigen drei Personenwagen fielen auf der rechten Seite über den Bahndamm hinunter. Der Lokomotivführer und der Schaffner, .sowie fünf der Passagiere wurden verwundet; die schwerste Verletzung war der Bruch eines Schlüsselbeins. Das Geleise war an ·der Unfallstelle ganz auseinandergerissen. Durch die Untersuchung konnte die Ursache der Entgleisung nicht festgestellt werden, und «s wurde deshalb von der Überweisung des Falles an die Gerichte Umgang genommen.

6. In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1897 wurde t>ei Verrières von bis jetzt unbekannt gebliebenen Individuen ein

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neben dem Geleise stehender Rollwagen in das Geleise gehoben, auf französisches Gebiet gebracht und an dieser Stelle aus den Schienen gehoben und stehen gelassen. Eine erhebliche Gefährdung des Eisenbahnbetriebes lag unzweifelhaft vor. Da aber die Gefahr auf französischem Boden herbeigeführt und das Delikt somit dort begangen war, so konnte das letztere wegen mangelnder Kompetenz hierorts nicht strafrechtlich verfolgt werden.

7. Am Pfingstmontag den 30. Mai 1898 wurde eine Anzahl mit Geleiseregulierung beschäftigte Bahnarbeiter der S. C. B. am südlichen Ausgang des Gütschtunnels bei Luzern 'von einem N. O. B.Personenzuge überrascht und überfahren; 7 wurden sofort getötet, 4 schwer verletzt. Da es sich in casu nicht um eine Gefährdung von auf einer Eisenbahn befindlichen Personen oder Waren handelte, so fiel die Beurteilung des Falles nicht unter die Bundesstrafgerichtsbarkeit ; vielmehr war die Frage, ob mit Bezug auf die Tötung der Arbeiter jemand und wer strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden soll, von den kantonalen Behörden nach Maßgabe des kantonalen Rechtes zu entscheiden.

8. Ein wegen Gefährdung- des Eisenbahnbetriebes (Werfen eines Steines gegen den vorüberfahrenden Zug) Angeschuldigter wurde vom Gerichte freigesprochen mit der Begründung, daß der Angeschuldigte, ein Knabe von 13 Jahren, den verbrecherischen Charakter seiner Handlungsweise nicht gehörig habe unterscheiden können, weil die Unsitte, Steine über vorbeifahrende Züge zu werfen, an dem betreffenden Ort schon vorher geübt worden. Das ·obere Gericht, an welches appelliert wurde, fand jedoch, daß eine solche Gewohnheit ·-- Steine gegen oder über passierende Bahnzüge zu werfen -- den strafbaren Charakter der Handlungsweise des Angeklagten nicht zu ändern vermöge, und es sich vielmehr rechtfertige, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln diesem höchst gefährlichen Unfug zu steuern- und verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung zu einem Tag Gefängnis und Fr. 10 Buße.

9. Am 3. März nachts spät wurden auf der N.-O.-ß.-Strecke Au-Wädensweil die beidseitigen Rollbarrieren des Übergangs mit ihren Enden aus ihren Geleisen gehoben und quer gegen das Bahngeleise gestellt. Infolgedessen streiften die Wagen des durchfahrenden Zuges die eine dieser Barrieren und wurden leicht beschädigt; verletzt wurde niemand. Der durch die Untersuchung ermittelte Thäter behauptete, keine Betriebsgefährdung beabsichtigt zu haben, er habe nur den Bahnwärter ärgern wollen ; das Ge-

412 rieht verurteilte den Angeklagten zu vier Monaten Gefängnis un.d Fr. 50 Buße.

10. Am 18. Oktober wurde auf der Station Courrendlin auf dem Straß enüb ergang ein 54 kg. schwerer Stein auf den einen Schienenstrang des Hauptgeleises gelegt und überdies die Weiche auf das Sackgeleise umgelegt. Diese Eisenbahngefährdung wurde vom Bahnwärter noch rechtzeitig entdeckt, so daß ein Unglück verhütet werden konnte. Die Thäter, zwei Italiener, wurden zu je 2 Jahren Gefängnis und 20 jähriger Landesverweisung verurteilt., 11. Gegenüber der Auffassung einer kantonalen Gerichtsbehörde, wonach dem Bundesrat in den Straffällen, welche gemäß Art. 125 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege den kantonalen Gerichten zur Beurteilung überwiesen werden, die Stellung eines Anzeigers nach Maßgabe des kantonalen Rechtes zukomme, machten wir geltend, daß der Bund in solchen Fällen weder Civilkläger noch Anzeiger (Denunziant) sei, sondern Inhaber der Strafgewalt selbst, Subjekt des staatlichen Strafanspruchs. Wenn der Bundesrat in Anwendung des Art. 125 cit. Straffalle zur Untersuchung und Beurteilung den kantonalen Gerichtsbehörden überweise, so handle es sich um die Verwirklichung eines Strafrechtes des Bundes, welches die kantonalen Behörden in dessen Auftrag verfolgen und nicht um Ausübung eines eigenen Strafrechtes des Kantons. Bei gleichem Anlaß wiesen wir auch darauf hin, daß dem Bundesrat in solchen Fällen nach Anleitung des Art. 158 cit. ein selbständiges Recht der Berufung an die höhern kantonalen Instanzen zustehe, wobei die kantonaleRegierung für die Durchführung des Verfahrens zu sorgen habe.

12. Eine kantonale Staatsanwaltschaft vertrat betreffend die Gefährdungen des Tramwaybetriebes, die mit Rücksicht auf die strafrechtliche Beurteilung gleich zu behandeln sind wie die Eisenbahrigefährdungen überhaupt, den Standpunkt, daß bei einem Zusammenstoß zweier Tramwagen auf demselben Geleise, sei es, daß sich die Wagen begegnen oder nachfolgen, eine Gefahr für im Transport begriffene Personen oder Waren nicht eintreten könne und führte zur Begründung an : daß, abgesehen von den bereits gemachten Erfahrungen die leichten, in ihrer Konstitution anderseits widerstandsfähigen Wagen den Anprall durch Rücklauf auf Schienen in der Richtung des erlittenen Anstoßes zum Austrag bringen können.

Ein von uns eingeholtes Gutachten des technischen Eisenbahninspektorates sprach sich dahin aus, daß die Frage, ob bei'

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einem Zusammenstoß von Tramwagen eine ,,erhebliche Gefahr"1 für ·die in demselben transportierten Personen vorhanden sei, nicht allgemein beantwortet werden könne, sondern von Fall zu Fall zu entscheiden sei, wobei die verschiedenen Verumständungen unter denen das Vorkommnis stattgefunden, wie die Geschwindigkeit mit welcher gefahren wurde, die G-efällsverhältnisse der betreffenden Strecken, die Bauart der Wagen, die Möglichkeit eines Motordefektes etc. in Betracht zu ziehen seien.

Wir teilten der kantonalen Staatsanwaltschaft mit, daß der Satz nicht allgemein aufgestellt werden könne, daß ein Zusammenstoß oder ein drohender Zusammenstoß von Tramwagen auf demselben Geleise keine Gefahr im Sinne des Art. 67 B.-St.-R. herbeiführe, und daß somit in jedem einzelnen Falle unter Würdi,gung aller in Betracht fallenden Verhältnisse festzustellen sei, ob eine erhebliche Gefahr vorgelegen oder nicht.

13. Von 19 Fällen betreffend ' S t ö r u n g des T e l e graphen- und T e l e p h o n b e t r i e b e s -- Zerschlagen ·ö von I s o l a t o r e n oder Z e r r e i ß e n von L e i t u n g s d r ä h t e n -- haben wir in zwei Fällen k e i n e F o l g e gegeben, weil -die Thäter bei Begehung des Deliktes das Alter der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit noch nicht erreicht hatten; 17 Fälle haben wir zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte gewiesen. Von -diesen letztern endigten 11 Fälle mit V e r u r t e i l u n g und 2 Fälle mit F r e i s p r e c h u n g des oder der Angeschuldigten, 4 Fälle sind noch u n e r l e d i g t .

14. Der letztes Jahr, unerledigt gebliebene Fall betreffend F ä l s c h u n g e n im M i l i t ä r d i e n s t b ü c h l e i n hat im Berichtsjahre seine Erledigung durch Verurteilung des Angeschuldigten .gefunden. In diesem Jahre sind uns 9 solche Fälle vorgelegt worden, die wir alle an die kantonalen Gerichte ü b e r w i e s e n haben. In 7 Fällen erfolgte V e r u r t e i l u n g der Angeschuldigten, ,in einem Fälle F r e i s p r e c h u n g wegen Verjährung der Strafklage, und ein Fall ist noch u n e r l e d i g t .

15. Ein auf bayrischem Gebiet wohnender Bürger W. hatte einen Zollkontrollscheiri gefälscht, der ihm vom Zollamt Kriesern für sein Fahrrad ausgestellt worden war. Durch Fälschung des Datums der Gültigkeitsdauer dieses Scheines war es dem W. gelungen, den Betrag der
Zollhinterlage auf einem andern Zollamt widerrechtlich zu erheben. Wir haben die Angelegenheit als .strafbare Handlung im Sinne des Art. 61 des Bundesstrafrechtes zur Beurteilung an die Gerichte überwiesen.

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16. Die im Jahre 1897 unerledigt gebliebenen 3 Fälle von A m t s d e l i k t e n , v e r ü b t d u r c h P o s t a n g e s t e l l t e sind durch Verurteilung der Angeklagten zu gesetzmäßigen Strafen erledigt worden.

Bei den uns im Berichtsjahre vorgelegten 11 Fällen handelte es sich um F ä l s c h u n g , V e r l e t z u n g des B r i e f g e h e i m n i s s e s und U n t e r s c h l a g u n g . 10 dieser Fälle haben wir zur Beurteilung an die k a n t o n a l e n G e r i c h t e g e w i e s e n , 7 derselben endigten mit V e r u r t e i l u n g , einer mit F r e i s p r e c h u n g der Angeklagten, zwei Fälle sind zur Zeit noch une r l e d i g t . Einem Falle haben wir k e i n e F o l g e gegeben, weil die in Frage stehende Angeschuldigte nicht Postangestellte war.

17. Ein Briefträger hatte eine Anzahl ihm in seiner Eigenschaft als Postangestellter zur Bestellung übergebenen Briefschaften in den See geworfen. Wir überwiesen den Fall als Übertretung des Art. 54 des Bundesstrafrechtes zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte. Das kantonale Gericht verurteilte den Angeklagten wegen -Eigentumsbeschädigung zu einer Woche Gefängnis und zu Fr. 30 Geldbuße, mit der Begründung, daß nicht der Thatbestand der Unterschlagung von Postsachen im Sinne des Art. 54 B.-St.-R. vorliege, da eine Aneignung der betreffenden Briefschaften seitens des Angeklagten nicht stattgefunden habe.

Dagegen liege eine böswillige Eigentumsbeschädigung vor, da der Angeklagte dolos fremdes Eigentum zerstört habe.

18. Gegen einen Beamten wurde wegen des Inhaltes eines von demselben abgegebenen amtlichen Berichtes eine Ehrverletzungsklage angestrengt. Da der Beklagte, gestützt auf das Verantwortlichkeitsgesetz, gegen die Kompetenz des kantonalen Gerichtes Einsprache erhob, stellte der Kläger das Gesuch, daß der Bundesrat im Sinne der Art. 41 und 43 des Verantwortlichkeitsgesetzes die Zustimmung zur Verfolgung der Ehrverletzung nach Maßgabe des kantonalen Rechtes und vor dem kantonalen Richter erteile.

Wir sind auf das Gesuch nicht eingetreten unter folgender Begründung : Nach Art. 75 des Bundesstrafrechtes sind gemeine Verbrechen, welche von Beamten oder Angestellten des Bundes in ihrer amtlichen Stellung verübt worden, nach den Gesetzen und von den Behörden des Kantons, in welchem das Verbrechen 'stattgefunden hat, zu beurteilen,
und es bedarf zu deren Verfolgung einer besondern Bewilligung des Bundesrates nicht. Im gegebenen Fall handelte es sich aber nicht um ein gemeines Delikt, sondern um

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einen amtlichen Bericht, den der Beamte auftragsgemäß an seine Oberbehörde erstattet hat und für dessen Inhalt er nur nach Maßgabe des Bundesgesetzes über die Verantwortlichkeit der eidgenössischen Behörden und Beamten vom 9. Dezember 1850 verantwortlich gemacht werden kann.

Da nach den vorliegenden Akten dem betreffenden Beamten mit Bezug auf den fraglichen Bericht eine pflichtwidrige Handlung nicht zur Last gelegt werden könne, so bestehe keine Veranlassung, denselben weder dem Strafrichter zu überweisen, noch die Zustimmung zur Verfolgung auf dem Civilwege zu erteilen.

Sollten die kantonalen Gerichtsbehörden den Beamten auf erhobene Klage wegen des Berichtes strafrechtlich verfolgen, so würde der Bundesrat auf Mitteilung des Verfolgten in Anwendungdes Art. 14 des Verantwortlichkeitsgesetzes mit der betreffenden Kantonsregierung die Frage erörtern, ob wegen der eingeklagten Handlung die Strafkompetenz des Bundes und das Verfahren nach Maßgabe des Verantwortlichkeitsgesetzes oder die Straikompetenz.

des Kantons und die Anwendung seiner Gesetze begründet seien.

Der betreffende Beamte wurde dann wirklich in der Folge beim kantonalen Gericht wegen Ehrverletzung eingeklagt ; auf die vom Bundesrat erhobene Kompetenzeinre.de hat jedoch das Gericht die Klage wegen Unzuständigkeit von der Hand gewiesen.

19. Die mit Bundesratsbeschluß vom 8. Mai 1894 aus dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft ausgewiesenen Brüder H. sind im Monat Mai des Berichtsjahres wieder auf Schweizergebiet betroffen und der eine im Kanton Luzern, der andere im Kanton Zug verhaftet worden, beide wurden wegen Ü b e r t r e t u n g ^ der L a n d e s v e r w e i s u n g (Art. 63 des Bundesstrafrechtes) dea betreffenden kantonalen Gerichten überwiesen.

Am 26. August wurde der mit Bundesratsbeschluß vom 19. September 1896 aus der Schweiz ausgewiesene N. in Vivi» verhaftet, nachdem er sich bereits einige Zeit unter falschem Namen im Kanton Zürich herumgetrieben hatte. N. wurde ebenfalls, gestützt auf den erwähnten Art. 63 des Bundesstrafrechtes, den waadtländischen Gerichten überwiesen und von denselben zu einer Geldbuße von Fr. 20 verurteilt.

20. Zu Händen des Bundesgerichts hat die Bundesanwaltschaft im Berichtsjahr sieben A u s l i e f e r u n g s f ä l l e begutachtet.

21. Der Bundesversammlung wurden zwei B e g n a d i g u n g s g e s u c h e vorgelegt. Bundesbl. 1898, H, 846, IV, 495.

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II. Widerhandlimgen gegen eidgenössische Fiskalgesetze.

22. Die zwei im Jahre 1897 unerledigt gebliebenen Fälle von W i d e r h a n d l u n g e n g e g e n das Z o l l g e s e t z sind durch Verurteilung der Angeschuldigten erledigt worden.

Wegen Widerhandlung gegen das nämliche Gesetz haben wir im Laufe des Jahres fünf Fälle anhängig gemacht, wovon alle ihre Erledigung durch Verurteilung der Angeklagten fanden.

23. Die Zollverwaltung hatte in Anwendung des Art. 58 des Zollgesetzes einen Bürger in eine Ordnungsbuße von Fr. 5 verfällt. Gegenüber der rechtlichen Betreibung machte der Betreffende Rechtsvorschlag und die kantonalen Gerichte verweigerten die gestützt auf Art. 80 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs verlangte Aufhebung des Rechtsvorschlages. Gegen ·diese gerichtlichen Entscheide erhob der Bundesrat den staatsrechtlichen Rekurs beim Bundesgericht mit der Begründung, daß ein Kompetenzkonflikt vorliege.

Das Bundesgericht, obwohl es das Vorhandensein eines Kompetenzkonfliktes verneinte und auf die erhobene Beschwerde nicht ·eintrat, erklärte in der Motivierung, daß die kantonalen Gerichte mit der Abweisung des Gesuches um Rechtsöffnung im Unrecht .seien, indem zweifellos die administrativen Entscheide der Bundesbehörden vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen gleichzustellen seien und für deren Vollziehung im gegebenen Falle nach Anleitung des -Art. 80 des Schuldentriebgesetzes die Aufhebung des Rechtsvor.-schlages verlangt werden könne. Im fernem bestätigte das Bundesgericht die Auffassung des Bundesrates, wonach die Zollverwaltung .berechtigt ist, in Anwendung von Art. 58 des Zollgesetzes Ordnungsbußen zu verhängen, die sofort vollziehbar sind und einer gerichtlichen Bestätigung nicht bedürfen.

24. Bei Anlaß eines Entscheides über eine Kassations"beschwerde eines wegen Zolldefraudation Verurteilten hat das Bundesgericht neuerdings bestätigt, daß nach Anleitung des Art. 19 -des Bundesgesetzes betreffend das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze vom 30. Juni 1849 ·der Bundesanwalt vor dem zuständigen Gericht entweder selbst .auftreten oder sich vertreten lassen könne und zu dieser Vertretung einer besondern Vollmacht nicht bedürfe, und daß er berechtigt sei, die Person seines Vertreters selbst zu bestimmen.

(Vide bundesgerichtliche Entscheidungen Band XVI11, Seite -707 und 712 und Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 1895, Bundesbl. 1896 II, 76.)

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III.: Politische Polizei.

Im Berichtsjahre waren es namentlich zwei Ereignisse, welche die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zogen : 1. Die Bewegung der Italiener in der Schweiz anläßlich der Unruhen in Mailand im Mai, worüber ein besonderer Bericht an die Bundesversammlung erstattet wurde. (Vide Bundesbl.

1898 III, 752, Beschluß der Bundesversammlung vom 29. Juni bis 1. Juli 1898).

2. Die Ermordung der Kaiserin von Österreich durch den italienischen Anarchisten Luigi L u c h e n i von Parma, in Genf am 10. September. Lucheni wurde von den Gerichten des Kantons Genf wegen Mord zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt.

Diese Vorgänge und die fortdauernde Agitation in gewissen Kreisen fremder Aufenthalter, namentlich italienischer Herkunft, bestimmten uns in Abweichung von der bisherigen Praxis, wonach «ine Ausweisung nur wegen Propaganda der That oder Aufreizung zu solcher verfügt wurde, Fremde, die sich der anarchistischen Propaganda überhaupt in "Wort oder Schrift schuldig machen oder die mit Rücksicht auf ihr Benehmen als gefährliche Anarchisten betrachtet werden mußten, aus uhserm Lande wegzuweiseii. So wurden durch Beschluß vom 23. September gestützt auf die von aen Kantonen eingegangenen Polizeiberichte eine erhebliche Anzahl von Personen, die sich an der anarchistischen Propaganda beteiligt haben, ausgewiesen. Bei diesem Anlaß wurde der Bundesanwalt beauftragt, über weitere in der Schweiz sich aufhaltende Ausländer, welche an der anarchistischen Propaganda sich beteiligten, oder welche gefährliche Anarchisten sind, dem Bundesrat ·mit Beförderung Bericht und Antrag vorzulegen.

Im Fernern wurden die Kantone eingeladen : a. Ausländer der oben .erwähnten Kategorie, sobald sie ihr Gebiet betreten, dem Bundesanwalt namhaft zu machen und mit Bezug auf dieselben einläßlich zu berichten.

it. Das Treiben aller, auf ihrem Gebiet sich aufhaltenden Anarchisten genau zu überwachen und dem Bundesanwalt allfällige Gesetzesübertretungen insbesondere solche, welche sich auf das Bundesgesetz betreffend Ergänzung des Bundesstrafrechts (Verbrechen gegen die öffentliche Sicherheit) vom 12. April 1894 beziehen, zur Kenntnis zu bringen.

Bundesblatt, 51. Jahrg.

Bd. I.

29

418 In Ausführung und infolge dieser Schlußnahme wurden noch weitere Ausweisungen fremder Anarchisten verfügt. (Vide Bundesbl.

1898 III, 6665 IV 443, 447, 481, 483, 584, 930; V 195, 514, 1899 I, 21).

D. Versicherungsamt.

Der elfte S p e c i a l b e r i c h t des V e r s i c h e r u n g s a m t e s , das Geschäftsjahr 1896 umfassend, ist infolge Bundesratsbeschlusse» vom 6. April 1898 veröffentlicht worden (Art. 12 des Aufsichtsgesetzes).

Der B e s t a n d der der Aufsicht unterstellten Gesellschaften hat im Jahre 1898 folgende Änderungen erfahren (Art. 3 und 9) : a. Neue Konzessionen. Die drei Ende 1897 noch schwebenden Konzessionsbegehren wurden erledigt wie folgt: Am 15. November 1898 wurde für die Lebensversicherungsbranche, jedoch unter Ausschluß jeder Accumulationspolice, der N e w - Y o r k , Life Insurance Company, in New-York, eine Konzession erteilt (Bundesbl. V, 177).

A m i . Februar 1898 erhielt die Assurance g é n é r a l e des.

E a u x , in L y o n , eine Konzession für die Versicherung gegen Wasserleitungsschäden (Bundesbl. I, 241) ; diese Bewilligung mußte aber bereits am 25. März w i d e r r u f e n werden, nachdem sich ergeben hatte, daß die der Konzession zu Grunde liegenden Gesellsehaftsstatuten im Zeitpunkte der Konzessionserteilung schon, nicht mehr in Kraft waren (Bundesbl. II, 272).

Was endlich das dritte Konzessionsbegehren anbelangt, sobetrachten wir dasselbe als zurückgezogen, nachdem die betreffende; Gesellschaft es nicht für nötig befunden hat, die von unserem Versicherungsamte verlangten Ausweise zu geben.

Ein während des Geschäftsjahres vorgelegtes Konzessionsbegehren ist noch schwebend.

b. Koneesswnserweiterungen. Am 19. April 1898 wurde der U n i o n s u i s s e , in G e n f (Glas- und Wasserleitungsversiche-

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rungen) eine Erweiterung ihrer bisherigen Konzesssion auf die E i n b r u c h d i e b s t a h l s b r a n c h e bewilligt (Bundesbl. III, 71); desgleichen am 13. September, der Allianz, in Berlin (Unfall-, Transport- und Kautionsversicherungen, Bundesbl. IV, 420).

Vom Oktober bis zum Dezember 1898 liefen alle bis dahin geltenden, im Jahre 1892 oder seither erteilten Konzessionen ab.

Eine Erneuerung wurde von allen Gesellschaften, mit Ausnahme des Soleil, s o c i é t é a n o n y m e d ' a s s u r a n c e s sur la vie, in P a r i s (Bundesbl. IV, 591), nachgesucht. Wir haben also eine G e s a m t e r n e u e r u n g vorgenommen, unter gleichzeitiger Änderung des Umfangs der bisherigen Konzessionen, gemäß den Gesuchen der betreffenden Gesellschaften, und bei einigen Gesellschaften unter bestimmten, von denselben zugegebenen Vorbehalten (Bundesbl. IV, 487, 488, 497, 498, 591, 592, V, 177).

Der B e s t a n d der konzessionierten oder einfach unter Aufsicht stehenden G e s e l l s c h a f t e n ist h e u t e f o l g e n d e r : I. Lebensversicherungsgesellschaften.

1. Konzessionierte Anstalten.

Allgemeine Versorgungsanstalt im Großherzogtum Baden, in Karlsruhe ; Atlas, Deutsche Lebensversicherungsgesellschaft, in Ludwigshafen; Basler Lebensversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für EinzelUnfall-Versicherung) ; Caisse paternelle, Compagnie anonyme d'assurances générales sur la vie humaine, in Paris ; Compagnie d'assurances générales sur la vie, in Paris; Concordia, Kölnische Lebensversicherungs-Gesellschaft, in Köln ; La Genevoise, Compagnie d'assurances sur la vie, in Genf; Germania, Life Insurance Company, in New-York ; Germania, Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft, in Stettin; Lebensversicherungsbank für Deutschland, zu Gotha; Lebensversicherungs- und Ersparnisbank, in Stuttgart; Lebensversicherungsgesellschaft zu Leipzig; La Nationale, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris ; New-York, Life Insurance Company, in New-York ; Northern, Assurance Company, in London (auch für Feuerversicherung) ; Norwich Union, Life Insurance Society, Novwich ; Phénix, Compagnie française d'assurances sur la vie, in Paris;

420 Schweizerischer Lebensversicherungsverein, in Basel; Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, in Zürich ; Schweizerische Sterbe- und Alterskasse, in Basel ; La Suisse, Société d'assurances sur la vie, in Lausanne ; Star, Life Assurance Society, in London ; Teutonia, allg. Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbank, in Leipzig (auch für Einzel-Unfallversicherung) ; Union, Assurance Society, in London ; L'Union, Compagnie d'assurances sur la vie humaine, in Paris; L'Urbaine, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris.

2. Anstalten, die auf die eidgenössische Konsession verslichtet haben, aber bis sur Abwiclduny des schweizerischen Versicherungsbestandes der Staatsaufsicht .unterstellt bleiben.

L'Aigle, Compagnie française d'assurances sur la vie, in Paris ; La Confiance, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; Equitable, Life Assurance Society of thé United States, in NewYork; La Foncière, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris ; La Providence, Compagnie anonyme d'assurances sur la vie, in Paris ; Le Soleil, Société anonyme d'assurances sur la vie, in Paris.

u. Konzessionierte Feuerversieherungsgesellschaften.

Basler Versicherungsgesellschaft gegen Feuerschaden, in Basel; Compagnia di Assicurazione di Milano contro i danni degl' Incendi, sulla Vita dell'uomo e per le Rendite vitalizie, in Mailand; Emmenthaler Gesellschaft für gegenseitige Versicherung des Mobiliars gegen Brandsehaden, in Biglen ; Feuerversicherungsbank für Deutschland, zu Gotha; La Foncière, Compagnie d'assurances mobilières et immobilières contre l'incendie et le chômage, in Paris; La France, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris ; Gladbacher Feuerversicherungs-Aktiengesellschaft, in M.-Gladbach (auch für Glasversicherung) ; Hamburg-Bremer Feuer-Versicherungsgesellschaft, in Hamburg ; Helvetia, Schweizerische Feuerversicherungsgesellschaft, in St.Gallen; La Nationale, Compagnie d assurances contre l'incendie, in Paris ; Northern, Assurance Company, in London (auch für Lebensversicherung) ; Phénix, Société anonj'me d'assurance contre l'incendie, in Paris;

421 Phoenix, Assurance Company, in London; La Providence, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris ; Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft, in Breslau (auch für Transport- und Glasversicherung) ; Schweizerische Mobiliarversicherungsgesellschaft, in Bern; L'Union, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris; L'Urbaine, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris.

III. Konzessionierte Transportversicherungsgesellschaften.

Allgemeine Versicherungsgesellschaft ,,Helvetia^, in St. Gallen ; Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Unfall-, Kautions- und Einbruchdiebstahlsversicherung) ; Basler Transportversicherungsgesellschaft, in Basel; Düsseldorfer Allg. Versicherungsgesellschaft für See-, Fluß- und Landtransport, in Düsseldorf; . K Eidgenössische Transportversicherungsgesellschaft, in Zürich; Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (Valorenversicherung ; auch für Unfall- und Glasversicherung) ; Mannheimer Tersicherungs-Gesellschaft, in Mannheim ; Marine, Insurance Company, limited, in London ; La Neuchâteloise, société suisse d'assurance des risques de transport, in Neuenburg; Norddeutsche Versicherungsgesellschaft in Hamburg; Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Unfall-, Glas- und Einbruchdiebstahlsversicherung); Rheinisch-Westfälischer Lloyd, Transportversicherungsgesellschaft, in M.-Gladbach; Rhenania, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Unfallversicherung) ; Schlesische Feuerversichernngsgesellschaft, in Breslau (auch für Feuer- und Glasversicherung); Schweiz, Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Feuer- und Unfall-Rückversicherung) ; Schweizerische .Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Unfall-, Glas- und Einbruchdiebstahlsversicherung).

IV. TJnfallversicherungsgesellschaften.

1. Konzessionierte Anstalten.

Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Transport-, Kautions- und Einbruchdiebstahlsversicherung);

422 Basler Lebensversicherungsgesellschaft, in Basel (für Einzelunfallversicherung; auch für Lebensversicherung); Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Glasversicherung) ; Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlsversicherung); La Préservatrice, Compagnie anonyme d'assurances contre les accidents, in Paris; La Providence, Compagnie anonyme d'assurances contre les accidents, in Paris; Rhenania, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transportversicherung) ; Schweizerische Gewerbe-Unfallkasse, in Zürich; Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlsversicherung); Schweizerischer Schützenverein, in La Sarraz ; Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur ; Le Soleil-Sécurité générale, Compagnie d'assurances contre les accidents, in Paris; Teutonia, allg. Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbank, in Leipzig (für Einzelunfallversicherung; auch für Lebensversicherung) : Unfallversicherungsgenossenschaft schweizerischer Schützen vereine, in Zürich; Zürich, allgemeine Unfall- und Haftptlichtversicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich.

2. Anstalt, die auf die eidgenössische Konzession verzichtet hat, aber bis zur Abwicklung des schweizerischen Versicherunr/sbestandes der Staatsaufsiclit unterstellt bleibt: Preußische Nationalversicherungsgesellschaft, in Stettin.

V. Konzessionierte Viehversicherungsgesellschaften.

Badische Pferdeversicherungsanstalt, in Karlsruhe; Central-Viehversicherungsverein, in Berlin; La Garantie fédérale, gegenseitige französische Viehversicherungs gesellschaft, in Paris; Sächsische Viehversicherungsbank, in Dresden.

VI. Konzessionierte Hagelversicherungsgesellschaft.

Schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft, in Zürich.

423

VII. Konzessionierte Glasversieherungsgesellschaften.

Allgemeine Spiegelglasversicherungsgesellschaft, in Berlin; Brandenburger Spiegelglasversicherungsgesellschaft, in Brandenburg; Bremer Spiegelglasversicherungsgesellschaft, in Bremen; 'Gladbacher Feuerversicherungs-Aktiengesellschaft, in M.-Gladbach (auch für Feuerversicherung) ; Kölnische Glasversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln; Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Unfallversicherung) ; Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahlsversicherung); 'Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft, in Breslau (auch für Transport- und Feuerversicherung) ; .Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahlsversicherung) ; Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Wasserleitungs- und Einbruchdiebstahlsversicherung).

VUE. Konzessionierte Gesellschaft für Versicherung gegen "Wasserleitungsschäden.

Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Einbruchdiebstahlsversicherung).

IX. Konzessionierte Gesellschaften für Versicherung gegen Einbruchdiebstahl.

Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Transport-, Unfall- und Kautionsversicherung); Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Glasversicherung); Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall- und Glasversicherung); Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Wasserleitungsversicherung).

X. Konzessionierte Gesellschaft für Kautionsversicheruug.

Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Trans port-, Unfall- und Einbruchdiebstahlsversicherung).

XL Konzessionierte Rückversieherungsgesellschaften.

Basler Rückversicherungsgesellschaft, in Basel;

424

Prudentia, Aktiengesellschaft für Rück- und Mitversicherung, in Zürich ; Rheinisch-Westfälische Rück versi cherungs -Aktiengesellschaft, in: M.-Gladbach ; Schweiz, allg. Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (für Feuerund Unfall-Rückversicherung; auch für Transportversicherung) ; Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, in Zürich.

Im Jahre 1898 haben wir 14 Beschlüsse wegen S t a t u t e n ä n d e r u n g e n oder F u s i o n s - resp. A b t r e t u n g s v e r t r ä g e n , , 51 Beschlüsse wegen Änderungen von V e r s i c h e r u n g s b e d i n g u n g e n oder wegen n e u e n K o m b i n a t i o n e n und 40 Beschlüsse wegen T a r i f e n oder der B e r e c h n u n g s a r t d e r R e s e r v e n o d e r d e r G e w i n n e gefaßt (Art. 4 des Aufsichtsgesetzes und Ziff. 2 der Konzessionsbedingungen).

Die sieben Ende 1897 noch schwebenden R e k u r s e bet r e f f e n d k a n t o n a l e B e s t e u e r u n g (Art. 15) wurden erledigt wie folgt: Durch gemeinschaftlichen Beschluß vom 11. Februar (Bundesbl.

I, 259} haben wir drei von diesen Rekursen abgewiesen;' diese unsere Entscheidung wurde von einer der betreffenden Gesellschaften an die Bundesversammlung weitergezogen (Bericht des Bundesrates, Bundesbl. IV, 569) und von derselben gutgeheißen (8./20. Dezember 1898).

Die übrigen vier Rekurse sind zurückgezogen worden.

Die von uns am 29. Mai 1895 anhängig gemachte S t r a f k l a g e gegen die verantwortlichen Organe der ,, E i d g e n ö s s i s c h e n T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t a , in Zürich, auf Grund von Art. 11, 2, des Aufsichtsgesetzes, hat endlich zu einem Entscheide des Bezirksgerichts Zürich geführt : unterm 28. April 1898 hat dieses Gericht den ehemaligen Direktor genannter Gesellschaft zu 500 Fr. Buße, 100 Fr. Gerichtsgebilhren und zur Hälfte der Untersuchungskosten verurteilt. Unsere Straf klage vom 30. September 1897 an die Regierung des Kantons Neuenburg wegen unerlaubten Geschäftsbetriebes der Gesellschaft Le P a t r i m o i n e (Art. 11, l, des Aufsichtsgesetzes) hatte ein Urteil des Korrektionalgerichtes von Val-de-Travers, unterm 28. April 1898, zur Folge ; ein Herr Maillefert, directeur d'assurances in Pontarlier,; wurde dadurch per contumaciam zu 50 Fr. Buße resp. 10 Tagen Gefängnis und zu den Kosten verurteilt. Eine
andere von uns am 1. August 1898 bei der Regierung des Kantons Zürich eingereichte Straf klage, ebenfalls wegen unerlaubten Geschäftsbetriebes.

(Art. 11, 1), führte zu einer Sistierungsverfügung, gegen welche

425

wir nicht rekurriei'ten. Einer Gesellschaft gegenüber, welche uns in ihren Berichten unwahre Mitteilungen gemacht hatte, glaubten wir -- der besondern Umstände des Falles wegen -- von einer Strafverfolgung absehen zu sollen, und wir ließen es bei einer ernstlichen Rüge bewenden (4; Oktober 1898). Unser Versicherungsamt endlich machte eine nicht konzessionierte Gesellschaft und eine Gesellschaft für Speise-Eisenbahnwagen auf den unerlaubten Charakter der Verteilung von Prospekten jener ersten Gesellschaft in diesen Wagen auf Schweizergebiet aufmerksam ; die Verteilung wurde sofort eingestellt.

Mittelst A n z e i g e im ßundesblatt und im Handelsamtsblatt hat das Versicherungsamt vor dem Gebaren der nicht konzessionierten Gesellschaft Le P a t r i m o i n e gewarnt.

Die Zusendung der J a h r e s b e r i c h t e und die Mitteilung der R e c h t s d o m i z i l e der G e s e l l s c h a f t e n (Art. 5--7 des Gesetzes, Ziff. 6 der Konzessionsbedingungen) haben an Regelmäßigkeit gewonnen; die Gesellschaften scheinen davon Notiz genommen zu haben, daß wir gegebenen Falls von unseren Disciplinarkompetenzen (Art. 10) Gebrauch zu machen entschlossen sind.

Die Verwaltung der K a u t i o n e n (Art. 2, Ziff. 5) hat ihren normalen Verlauf beibehalten. Betreffend die B e g e h r e n um Auskunft seitens des Publikums können wir einfach auf unseren letztjährigen Bericht verweisen.

In Ausführung des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1888 sind dem Versicherungsamte im Laufe des Berichtsjahres 33 U r t e i l e in V e r s i c h e r u n g s s a c h e n mitgeteilt worden. Dieselben gruppieren sich- wie folgt : 1. nach den Branchen, auf welche sie sich beziehen: Leben l, Einzelunfall 12, Kollektivunfall 5, Haftpflicht 10, Feuer 2, Glas 2 und Vieh 1; 2. nach den Instanzen, von denen sie gefällt wurden: i. Instanz 25, 2. Instanz (kantonale) 4, Bundesgericht (als 2.

oder 3. Instanz) 4; 3. nach der Nationalität der betreffenden Gesellschaften: schweizerische 13, fremde 20.

Die 31 Streitsachen rühren aus folgenden Kantonen her : Bern 12, Neuenburg 8, St. Gallen 4, Thurgau 2, Uri, Appenzell A.-Rh., Freiburg, Baselstadt, Basellandschaft, Waadt und Genf je 1.

Von den 16 durch die Gesellschaften wegen verweigerter Prämienzahlung oder, gegen schadenersatzpflichtige Dritte angestrengten Prozessen haben diese Gesellschaften 11 gewonnen und 5 verloren. Bei den übrigen 17 durch die Versicherten oder ihre Rechtsnachfolger anhängig gemachten Prozessen, meistens betreffend

426

Zahlung der Versicherungsumme, wurden 11 zu gunsten der Kläger und 6 zu gunsten der Beklagten entschieden.

Die Vorarbeiten für die G e s e t z g e b u n g ü b e r den V e r s i c h e r u n g s v e r t r a g sind noch nicht zum Abschluß gelangt. Die juristische Subko m mission der Expertenkommission hat den Gesetzesentwurf des Herrn Roelli im Oktober und Dezember 1898, nachdem die technische Subkommission im September und Dezember 1897 getagt hatte, durchberaten; die Beratung des Entwurfes durch die wirtschaftliche Subkommission soll nun demnächst an die Hand genommen werden.

Das P e r s o n a l des Versicherungsamtes hat während des Berichtsjahres keine Änderung erfahren.

Die S t a a t s g e b ü h r der Gesellschaften (Art. 12 des Aufsichtsgesetzes) ergab im Jahre 1898 den Betrag von Fr. 44,304. 25 (gegen Fr. 44,269. 30 im Vorjahre). Der V e r k a u f des Ber i c h t e s des Versicherungsamtes brachte im Subskriptionswege Fr. 2150 und im Kommissionsverlag Fr. 288. 50 (gegen Fr. 1791 und Fr. 281 im Vorjahre) ein.

E. Amt für geistiges Eigentum.

Personal.

Im Laufe des Berichtsjahres sind drei Ingenieure ausgetreten, nämlich die Herren Adolphe Federer von Freiburg und Paolo Bruni von Bellinzona am 31.- Januar und Herr Fritz Hagi von Niederhüningen am 30. November. Es wurden vier neue Ingenieure angestellt, teils zum Ersatz der beiden erstgenannten Demissionäre, teils zur Besetzung von zwei neugeschaffenen Ingenieurstellen.

Die gewählten Ingenieure sind die Herren Joseph Sauter von Genf, mit Dienstantritt am 1. März, Pierre-Eugène Mamie von Bonfol und Friedrich Nsegeli von Zürich, mit Dienstantritt am 1. April und Hans Reber von Wimmis, mit Dienstantritt am 10. Mai. Die beiden letztgenannten Herren traten als Ingenieure H. Klasse ein; im Dezember wurde Herr Naegeli zum Ersatz des Herrn Hagi als Ingenieur I. Klasse gewählt.

Die durch Beförderung des Herrn Naegeli vakant gewordene Ingenieurstelle II. Klasse konnte im Berichtsjahr nicht wieder besetzt werden.

427 Eine neu geschaffene Kanzlistenstelle II. Klasse wurde durch Herrn Jakob Michel von Brienz besetzt, welcher seinen' Dienst am 1. März antrat.

1. Erfindungsschutz.

Dem Departement wurden 11 Rekurse eingereicht, von denen sechs abgewiesen und vier begründet erklärt wurden; einer wurde zurückgezogen. Vier Rekurse wurden an den Bundesrat gerichtet, welcher zwei derselben abgewiesen hat, während die ändern zwei am Ende des Berichtsjahres noch nicht erledigt waren.

Im übrigen hat das Departement sieben aus dem Jahr 1897 datierende Rekurse abgewiesen.

Auf eine durch das schweizerische Konsulat in Stockholm dem Bundesrat übermittelte Beschwerde eines schwedischen Patentanwaltes betreffend Rückweisung eines Patentgesuches durch das Amt wurde nicht eingetreten.

Eine vom schweizerischen Handels- und Industrieverein an das Departement gerichtete Beschwerde über die Geschäftsführung des Amtes konnte im Berichtsjahre noch nicht erledigt werden.

Statistik betreffend die Eründungspatente.

A. Allgemeine Informationen.

Hinterlegte Gesuche für ,, ,, ,,

wovon : provisorische Patente definitive Patente Zusatzpatente Ausstellungsschutz

Zurückgezogene Gesuche Zurückgewiesene Gesuche Rekurse wegen Gesuchszurückweisung etc. . .

Beanstandungen betreffend Gesuche in Prüfung wovon : I. Beanstandungen II.

,, m.

,, weitere ,,

Konfidentielle Anzeigen Hauptpatente, eingetragene Zusatzpatente, eingetragene

.

1898.

1897.

2701

2492

1980 656 65 --

1844.

604 44 --

71 119 15 3220

63 139 15 3273

1917 992 274 37

2223 874 154 22

38 1933 23

52 2138 24

428 1898.

1897.

-- 513 1371

-- 4761247

.

1033 88 94 156

904 62 139 142

Modellausweise vom Amte verneint . . . .

Modellausweise dem Departement zugestellt . .

Annuitätenmahnungen Stundungen der 3 ersten Jahresgebühren . .

Bezahlte Jahresgebühren

114 9 2480 18 6907

111 9 . 2315.

12 6226

Ausstellungsschutz, eingetragener Umwandlungsmahnungen Modellausweise dern Amte zugestellt . . . .

wovon : Zur Vergleichung auf dem Amte Zur Vergleichung außerhalb des Amtes Bleibend hinterlegte Modelle Bleibend hinterlegte Photographien

.

.

.

wovon :

1. Jahresgebtihren.

2.

,, 3.

,, 4.

,, 5.

,, 6.

., 7.

,, .8.

,, 9.

,, 10.

,, 11,, · Abtretungen etc., eingetragene Lizenzen, eingetragene ,, gelöschte Verpfändungen, eingetragene Verpfändungen, gelöschte Nachträgliche Eintragungen Löschungen

2455 1566 951 520 420 283 258 164 122 138 .

30 166 11 2 8 l 5 1752

wovon : Hauptpatente Zusatzpatente

Nichtigkeitserklärungen Vertreter-Änderungen

2253 1438 85& 511 347 297 188 133 164 36 246 29 -- 3 -- 3 1635

1733 19

1611 24

2 204

2 309

S. Verteilung nach Ländern, in alphabetischer Eeihenfolge, der in den Jahren 1897 und. 1898 erteilten Hauptpatente.

1898.

Schweiz.

Ausland

. . .' . . '

576 = 30% 1357 = 70 % 1933 '

.

1897.

620 = 29% 1518 = 71 % 2138

429 Verteilung für das Ausland.

Europa.

1898.

1897.

Belgien * 26 Dänemark und Kolonien 8 Deutschland . . . . . . . . . . . . .

604 Frankreich und Kolonien 220 ·Griechenland -- Großbritannien und Kolonien 143 Italien 31 Luxemburg l Niederlande und Kolonien 6 ·Österreich-Ungarn 110 Rumänien ; 2 Rußland 16 Schweden und Norwegen 19 Spanien 4

50 8 700 253 l 151 28 -- 13 115 l 19 21 10

Andere Erdteile.

Afrika " Amerika, Süd Australien Kanada . . '.

T^eu-Seeland Siam .

Vereinigte Staaten von Nordamerika . . . .

2 7 7 7 l l 142

1357

4 -- 15 6 -- -- 123

1518

2. Muster und Modelle.

Vom Amt wurde ein Vorentwurf für die Revision des Bundesgesetzes betreffend die gewerblichen Muster und Modelle ausgearbeitet, welcher einer Expertenkommission unterbreitet werden soll.

Das Amt hat Verfallmahnungen für 1157 Hinterlegungen erlassen. Zwei Hinterlegungsgesuche betreffend 11 Gegenstände wurden abgewiesen und drei Hinderlegungsgesuche für 4 Gegenstände zurückgezogen.

430

Statistik betreffend die Muster und Modelle.

A. Tabelle für die vier Schutsperioden.

Hinterlegungen.

Perioden.

1898.

1. Periode (2 Jahre) (wovon, versiegelt).

2. Periode (3 Jahre) 3. Periode (5 Jahre)

.

.

.

.

4. Periode (5 Jahre) .

Abtretungen . . . .

Löschungen (ganzer Depotiuhalt) . .

Löschungen (teil weiser Depotinhalt) . . .

823») 540 205 55

8.

24

1071 58

1897.

1898.

827 *) 25,219 584 23,066 1147 126 325 43 1 34

1897.

27,900 25,736 808

300 1

33

55

787

1244

45,038

54,457

·1706

989

33

') Wovon 444 mit 21,432 Stickereimustern.

) ,, 507 ,, 24,509

2

Gegenstände.

431 B. Verteilung nach Ländern, in alphabetischer für die erste Periode.

Hinterlegungen.

Reihenfolge,

Gegenstände.

Länder.

1897.

1898.

1897.

788 35

806 2*

24,774 445

27,700 200

823

827

25,219

27,900

1898.

Sefiwefisr

.

.

,, ,,

_

Ausland Total Verteilung fllr das Ausland.

Äevoten Deutsehland . . . .

Frankreich . . . .

Großbritannien .

Österreich-Ungarn .

Rußland Schweden Ver! Staaten von N.-A.

Total

20 6 2

1 10 6 1

2 1

368 48 9 15 1

1 100 31 15

4

2

4

7 46

35

21

445

200

1

3. Fabrik- und Handelsmarken.

Wir haben der russischen Regierung Eröffnungen über die Wilnschbarkeit des Abschlusses einer Übereinkunft zum gegenseitigen Schutz der Fabrik- und Handelsmarken gemacht. Da dieselben günstig aufgenommen wurden, hoffen wir, demnächst zu einer Verständigung zu gelangen.

Das Departement hatte sich über zwei Rekurse auszusprechen, von welehen es den einen zustimmend, den andern ablehnend entschied.

Statistik betreffend die Marken.

A. Allgemeine Informationen.

1898. 1897.

Marken, welche zur Eintragung angemeldet wurden 945 940 Marken, deren Belege unregelmäßig oder unvollständig waren. .

372 413

432 1898.

1897.

Eingetragene Marken (auf dem eidgenössischen Amte) 917 Eingetragene Marken (auf dem internationalen Bureau) 451 (wovon zu einer Schutzverweigerung Anlaß gegeben haben) 6 Zurückgezogene Marken 11 Zurückgewiesene Marken 18 Rekurse 2 Marken, welche zu einer vertraulichen Mitteilung Anlaß gegeben haben 40 Firmen- oder Domiziländerungen etc 12 Übertragene Marken 115 Gelöschte Marken (auf Ansuchen der Hinterleger) .

31 Gelöschte Marken (infolge eines Urteils) . . . .

--

914 409 11 16 13 2 44 13 85 24 l

B. Verteilung nach Warenklassen der in den Jahren 1897 und 1898 auf dem eidgenössischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken (Erneuerungen und Übertragungen inbegriffen).

Nationale Internationale Eintragung.

Eintragung.

Warenklasseii.

1898. 1897. 1865/98. 1898.

1. Nahrungsmittel etc. . 149 131 1283 44 2. Getränke etc. . . .

42 790 40 63 979 3. Tabak etc.

116 93 1093 4. Heilmittel etc.

5. Farben, Seifen etc. . 142 119 918 6. Textilprodukte etc. . 63 110 1298 22 7. Papierwaren etc. .

27 209 8. Heizung, Beleuchtung 27 202 etc 29 2 1 113 9. Baumaterialien etc. .

4 10. Möbel etc 5 88 11. Metalle, Maschinen etc. 78 76 603 222 223 3090 12. Uhren etc 2 1 13. Diverses . . . .

15 917 914 10681

82

1897. 1893/98.

72

54 45 13 14 87 89 47 105 98 29 10 9 18 4 3 18 16 1 451

8 5 -- 17 16 -- 409

280 257 88 340 264 194 26 82 17 5 64 77 6 1700

C. Verteilung nacli Ländern, in alphabetischer Reihenfolge, der in den Jahren 1897 und 1898 auf dem eidgenössischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken (Erneuerungen und Übertragungen inbegriffen).

433 Internationale Eintragung.

Nationale Eintragung.

Länder.

Schweiz

Belgien Vereinigte Staaten Brasilien . .

Deutschland . .

Frankreich . .

Großbritannien .

Italien Niederlande . .

Österreich-Ungarn Rumänien . .

Schweden . .

Spanien Tunis Vereinigte Staaten Nordamerika .

von . .

. .

. .

. .

.

. .

. .

1898. 1897.

1865/98.

1898.

1897.

1893/98.

666 594 7 6

7361 69

105 29

86 16

383 91

247

254

867

8 45

4 49

22 310

17

--

26 -\

--

--

--

126 130 36 66 44 83 15

12

l 1028 1325 631 20 17 113 l 36 9

von

14

17

70

917 914 10681

451 409 1700

4. Schutz des litterarischen und künstlerischen Eigentums.

Da die Schweiz, Italien und Deutschland dem internationalen Verband der Berner Konvention vom 9. September 1886 angehören, haben ·wir es als zweckmäßig erachtet, die Separatverträge betreffend den Schutz der litterarischen und künstlerischen Werke mit Italien (vom 22. Juli 1868) und mit Deutschland (vom 13. Mai 1869) zu kündigen, indem deren Fortbestand neben der Berner Konvention Rechtsunsicherheit zur Folge hatte, ohne anderseits den Schutz schweizerischer, italienischer und deutscher Urheber in irgendwie erheblicher Weise wirksamer zu gestalten. Die Kündigung beider Verträge erfolgte am 16. November 1898, so daß sie vom 17. November 1899 an außer Kraft sein werden.

Es wurden 202 obligatorische und 48 fakultative Einschreibungen vorgenommen und 21 Übertragungen registriert. Ein beim Departement eingereichter Rekurs wurde als unbegründet erklärt.

Bundesblatt.

51. Jahrg.

Bd. I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1898.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1899

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

09

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.03.1899

Date Data Seite

353-433

Page Pagina Ref. No

10 018 654

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