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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Festsetzung eines einheitlichen Rückkaufstermins für die Schweizerische Seethalbahn.

(Vom 15. Juni 1899.)

Tit.

Mit Eingabe vom 23. März 1898 hatte die Direktion der S c h w e i z e r i s c h e n S e e t h a l b a h n das Gesuch gestellt um B e s t i m m u n g des R ü c k k a u f s t e r m ins für ihre Unternehmung nach Maßgabe des Bundesbeschlusses vom 14. Oktober 1897, durch welchen sämtliche seit dem Jahre 1886 erteilten Eisenbahnkonzessionen, deren Rückkaufsbestimmungen die Klausel nicht mehr enthalten, daß die Entschädigungssumme für den Rückkauf in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erstmaligen Anlagekosten der bestehenden Einrichtungen betragen dürfe, in der Weise ergänzt wurden, daß der Rückkauf auf Grundlage der Konzession frühestens auf den Zeitpunkt erfolgen könne, in welchem die Bahn 30 Jahre im Betrieb sein werde.

In ihrem Gesuche führte die Seethalbahn des nähern aus, daß dieser Rückkaufstermin in der Weise festzusetzen sei, daß der Rückkauf auf Grundlage der (einheitlichen) Konzession vom 6. September 1894 frühestens auf den Zeitpunkt erfolgen könne, mit welchem die (letzteröffnete) Linie Lenzburg-Wildegg 30 Jahre im Betrieb sein werde (1. Oktober 1925).

Auf unsern mit Botschaft vom 12. Dezember 1898 einläßlich begründeten Antrag traten Sie durch Schlußnahme vom Dezember

1065 1898 auf das Gesuch der Seethalbahn, so wie es gestellt war, nicht ein.

In der erwähnten Botschaft führten wir den Nachweis, daß der Seethalbahn weder aus Gründen des Rechts noch der Billigkeit ein Anspruch auf Entscheidung der aufgeworfenen Frage im Sinne ihres Gesuches zukomme. Dagegen anerkannten wir, daß ein einheitlicher Rückkauf der drei zu verschiedenen Zeiten dem Betriebe übergebenen Linien der Seethalbahn nicht allein im Interesse der Gesellschaft, sondern auch vom Standpunkte des Bundes, als eventuellen Rückkäufers, zur Vermeidung der mit einem successiven Rückkaufe der einzelnen Linien notwendig verknüpften Schwierigkeiten erwünscht wäre und darauf Bedacht genommen werden sollte, die Einheitlichkeit des Rückkaufes zu wahren, welche in der Konzession vom 6. September 1894 vorgesehen war, aber durch den Bundesbeschluß vom 14. Oktober 1897 thatsächlich, sofern es sich um einen Rückkauf bis zur 30jährigen Betriebsdauer der einzelnen Linien handelt, beseitigt wurde. Dieses Ziel müsse aber auf dem Wege der Verständigung zu erreichen gesucht werden.

Als eine den vorliegenden besondern Verhältnissen angemessene Lösung bezeichneten wir z. B. die Festsetzung eines mittleren Rückkaufstermins zwischen dem kürzesten der Linie EmmenbrückeLenzburg und dem längsten der Linie Lenzburg-Wildegg. Die Seethalbahn habe sich aber, fügten wir bei, zu einem annehmbaren Vorschlage nicht veranlaßt gesehen, sondern mute dem Bunde ohne weiteres die ihm ungünstigste Lösung durch einen gesetzgeberischen Erlaß zu. Darauf könne sich jener ohne Preisgabe seiner Interessen nicht einlassen. Es werde zu gewärtigen sein, ob die Gesellschaft Anlaß nehmen werde, einen ändern Vorschlag zu machen, der als Grundlage für eine weitere Diskussion der aufgeworfenen Frage zum Zwecke einer Verständigung annehmbar erscheinen könnte.

Dieser Anregung, gab die Direktion .der Seethalbahn Folge, indem sie mit Eingabe vom 16. Februar 1899 dem Eisenbahndepartement einen neuen Vorschlag unterbreitete.

Sie beruft sich darin zunächst auf den angeführten Passus der Botschaft, welcher als eine den vorliegenden Verhältnissen angemessene Lösung die Festsetzung eines mittleren Rückkaufstermines zwischen dem kürzesten der Linie Emmenbrücke-Lenzburg und dem längsten der Linie Lenzburg-Wildegg bezeichnete, und führt dann weiter an : Die Eröffnung der ersteren Linie habe

1066 am 3. September 1883 und diejenige von Lenzburg-Wildegg am 1. Oktober 1895 stattgefunden. Der mittlere Rückkaufstermin würde demnach zwischen der Zeit vom 3. September 1913 und dem 1. Oktober 1925 liegen und genau berechnet auf den 17. September 1919 fallen. Die Gesellschaft könne sich nun dazu entschließen, dieser Anregung beizupflichten, schlage aber vor, den Rückkaufstermin auf den Beginn eines Kalenderjahres, und zwar auf den 1. Januar 1920, festzusetzen.

Das Eisenbahndepartement bemerkte hierauf der Gesellschaft, daß bei einer Zusammenlegung der Ruckkaufsfristen nicht ohne weiteres die Mitte zwischen 1913 und 1925 als richtig angenommen werden könne, sondern die Betriebslänge der einzelnen Strecken (Emmenbrücke-Lenzburg 42,221 km., Beinwyl-Menziken 3,ooi km.

und Lenzburg-Wildegg 4,022 km.) ebenfalls mit in Betracht fallen müsse. Von diesem Gesichtspunkte aus trage aber die Annahme des 1. J a n u a r 1915 als einheitlicher Rückkaufstermin der Billigkeit vollständig Rechnung.

Auf ihren Wunsch gab das Departement der Direktion der Seethalbahn noch Gelegenheit zur mündlichen Begründung ihres Gesuches.

Bei diesem Anlasse betonten die Vertreter der Gesellschaft namentlich, daß die Linie Lenzburg-Wildegg für das ganze Bahnunternehmen eine weit über das Verhältnis ihrer kilometrischcn Länge hinausgehende Bedeutung habe, indem erst durch den direkten Anschluß an die Haupttransitlinie Aarau-Zürich in Wildegg der wesentlich nach Zürich und der Ostschweiz tendierende Verkehr der Seethalbahn sich rationell gestalten und entwickeln konnte, während dies vorher bei den ungünstigeren Anschlußverhältnissen in Lenzburg nur in unvollkommener Weise möglich war. Infolgedessen habe denn auch, wie aus der Zusammenstellung der Betriebsergebnisse von 1885--1897 hervorgehe, erst mit der Eröffnung des Betriebes auf der Strecke Lenzburg-Wildegg der Verkehr der Seethalbahn in bedeutenderem Maße zugenommen, und es sollten deshalb eigentlich erst von diesem Zeitpunkte an die 30 Jahre gezählt werden.

Ferner wurde zur Stützung des gemachten Vorschlages, wenigstens " vom Billigkeitsstandpunkte aus, noch der Umstand geltend gemacht, daß im Jahre 1894 bei Übergang des Unternehmens aus der Hand einer englischen auf eine schweizerische Gesellschaft nicht einfach die bestehenden Konzessionen, wie sie lauteten, übertragen, sondern eine neue Konzession mit teilweise schwereren Bedingungen erteilt wurde.

1067 Zu diesem letzteren Argument bemerken wir aber, gleich hier anschließend, daß, abgesehen von der Änderung der Ruckkaufsklausel, von einer wesentlich schwereren Belastung der Gesellschaft durch die neue Konzession, in welche Form die Bedingungen, welche der Bund im öffentlichen Interesse an die Konzessionsübertragung glaubte knüpfen zu sollen, gekleidet wurden, nicht wohl die Rede sein kann.

Jedenfalls aber ist die Konzessionsübertragung heute eine erledigte Sache und darüber nicht neuerdings eine Diskussion zu eröffnen, um so weniger, als es damals der Gesellschaft freistand, wenn sie die Bedingungen der neuen Konzession als zu schwer erachtete, die letztere auszuschlagen und auf die Übernahme der Bahn zu verzichten.

Wenn sodann die Gesellschaft für ihren Vorschlag auf die Botschaft vom 12. Dezember 1898 sich beruft, so machen wir aufmerksam, daß darin nicht der m i t t l e r e Rückkaufstermin zwischen dem kürzesten der Linie Emmenbrücke-Lenzburg und dem längsten der Linie Lenzburg-Wildegg als die den Verhältnissen angemessene Lösung bezeichnet, sondern von e i n e m m i t t l e r e n Rückkaufstermin die Rede ist. Daß darunter nicht genau der mittlere zwischen 1913 und 1925 verstanden war, geht deutlich daraus hervor, daß nachher einem Vorschlage der Gesellschaft als Grundlage für eine weitere Diskussion zum Zwecke einer Verständigung gerufen wird. Denn von einer weitern Diskussion zu sprechen, hätte keinen Sinn gehabt, wenn wir nur genau den mittleren Termin als einzig annehmbar im Auge gehabt hätten. Mit Unrecht legt daher die Seethalbahn jenen Passus der Botschaft in dem ihr günstigsten Sinne aus und gelangt so zu dem Termin des 17. September 1919, den sie, wiederum zu ihren Gunsten, noch auf den Beginn des folgenden Kalenderjahres hinauszurücken vorschlägt.

Wir halten mit dem Eisenbahndepartement dafür, daß bei Feststellung eines mittleren Rückkaufstermines nicht bloß das Eröffnungsdatum, sondern auch die Betriebslänge der verschiedenen Linien angemessen berücksichtigt werden muß und deshalb der 17. September 1919, beziehungsweise 1. Januar 1920 nicht annehmbar erscheint, dagegen der 1. Januar 1915 als eine billige Lösung anzusehen wäre, indem der spätem Eröffnung der Strecken Beinwyl-Reinach-Menziken und Lenzburg-Wildegg, welche zusammen rund J/7 der Gesamtlänge ausmachen, durch einen Zuschlag von 2 Jahren zu dem Rückkaufstermin der Hauptlinie Emmenbrücke-Lenzburg (1913) Rechnung getragen würde.

1068 Was die erhöhte Bedeutung der Strecke Lenzburg-Wildegg für die Zunahme des Verkehrs auf dem ganzen Netze und die daraus hergeleitete Begründung des Vorschlages der Gesellschaft anbetrifft, so können wir auch hier nicht in vollem Umfange beipflichten.

Die Entwicklung des Verkehrs ist folgender Zusammenstellung der Betriebseinnahmen im Geschäftsbericht pro 1897 (pag. 10) zu entnehmen.

Letztere betrugen: 1885 Fr. 184,967 1886 ,, 193,732 1887 ,, 217,903*) 1888 ,, 242,546 1889 ,, 261,271 1890 ,, 274,570 1891 ,, 286,542 1892 ,, 295,519 1893 ,, 313,571 1894 ,, 313,376 1895 ,, 340,358**) 1896 ,, 396,717 1897 ,, 446,631 Danach ergiebt sich von 1885 auf 1893 eine Vermehrung von Fr. 128,604 und von 1894 auf 1897 eine solche von Fr. 133,255.

Bin erheblicher Teil der allerdings gegenüber früher vermehrten Steigerung der letzten Jahre ist aber nicht der Eröffnung der Teilstrecke Lenzburg-Wildegg, sondern der bekannten ausnahmsweisen Verkehrssteigerung zuzuschreiben, welche bei allen schweizerischen Bahnen ohne Ausnahme eingetreten ist. Die Seethalbahn überschätzt daher unseres Erachtens die Bedeutung und den Einfluß der Inbetriebsetzung von Lenzburg-Wildegg auf die Verkehrszunahme ihrer Unternehmung und es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, diese überschätzte Bedeutung des bloß vier Kilometer langen Teilstückes bei Festsetzung des einheitlichen Rückkaufsterrnines in dem von der Gesellschaft beanspruchten Maße zu berücksichtigen. Wenn man indessen dieses Moment auch nicht ganz außer acht lassen, sondern angemessen in Anschlag bringen will, so geschieht dies in ausreichendem und der Billigkeit entsprechendem *) Beinwyl-Reinach-Menziken am 23. Januar eröffnet.

**) Lenzburg-Wildegg am 1. Oktober eröffnet.

1069 Maße, wenn der ursprünglich vom Departement vorgeschlagene Termin um zwei Jahre hinausgerückt und auf den 1. Januar 1917 abgestellt wird.

Damit ist der Seethalbahn genügend Zeit zur normalen Entwicklung ihres Verkehrs eingeräumt, bevor der Bund eventuell zum Rückkauf schreiten kann, und es findet der Bundesbeschluß vom 14. Oktober 1897 so unter den vorliegenden Verhältnissen seine sinn- und zweckgemäße Anwendung.

Es bleibt noch zu erwähnen, daß die Direktion der Seethalbahn bei der mündlichen Verhandlung ihre Eingabe dahin präcisierte, daß, auch wenn ihr Vorschlag nicht als solcher angenommen werden könnte, es dann nicht bei den verschiedenen Rückkaufsterminen für die einzelnen Linien im Sinne der Botschaft vom 12. Dezember 1898 sein Bewenden haben sollte, sondern sie auf alle Fälle um einen Entscheid der Bundesversammlung durch Festsetzung eines einheitlichen Rückkaufstermines ersuche.

Indem wir Ihnen, Tit., den nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß zur Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 15. Juni

1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

1070 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Festsetzung eines einheitlichen Rückkaufstermins Schweizerische Seethalbahn.

fü die

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Schweizerischen Seethalbahn, vom 16. Februar 1899; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 15. Juni 1899, beschließt: 1. Für die Linien der Schweizerischen Seethalbahn (Konzession vom 6. September 1894, E. A. S. XIII, 140 ff.), welche zu verschiedenen Zeiten dem Betriebe übergeben wurden, nämlich Emmenbrilcke-Beinwyl am 3. September 1883, Beinwyl-Lenzburg am 15. Oktober 1883, Beinwyl-Reinach-Menziken am 23. Januar 1887 und Lenzburg-Wildegg am 1. Oktober 1895, wird im Sinne des Bundesbeschlusses vom 14. Oktober 1897, betreffend Ergänzung der Rückkaufsbestimmungen der neuern Konzession (E. A. S. XV, 23), ein einheitlicher Rückkaufstermin in der Weise festgesetzt, daß der Rückkauf frühestens auf 1. Januar 1917 und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen kann.

2. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Festsetzung eines einheitlichen Rückkaufstermins für die Schweizerische Seethalbahn. (Vom 15. Juni 1899.)

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21.06.1899

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