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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Schaffhausen nach Neuhausen.

(Vom

7. Dezember 1899.)

Tit.

Im Mai 1897 reichte ein aus den Herren Rud. Fischii, R. N eher, L. Erzinger, Otto Senn und Arthur Ühlinger bestehendes Initiativkomitee ein Konzessionsgesuch ein für eine e l e k t r i s c h e S t r a ß e n b a h n v o n S c h a f f h a u s e n nach N e u h a u s e n .

Da Ihnen das Gesuch samt Beilagen in Form einer Broschüre ausgeteilt wurde, erlauben wir uns, der Einfachheit halber deren Inhalt hier nicht zu wiederholen.

Da die Frage der Straßenbenützung noch nicht geregelt war, konnte das Eisenbahndepartement, gemäß konstanter Praxis, einstweilen auf das Konzessionsgesuch nicht eintreten.

Inzwischen fanden zwischen dem Initiativkomitee und dem Stadtrat von Schaffhausen Verhandlungen statt, zufolge deren das Komitee mittelst Eingabe vom 17. Juli 1899 erklärte, daß es sein Inventar und seine Rechte an die Stadtgemeinde abgetreten habe.

Unterm 22. Juli 1899 teilte der Stadtrat von Schaffhausen mit, daß er beschlossen habe, der Einwohnergemeinde den Bau und Betrieb der elektrischen Straßenbahn nach Neuhausen auf Rechnung der Gemeinde zu beantragen. Mittelst einer weiteren Eingabe vom 20. November 1899 sandte der Stadtrat die beiden auf die Straßenbenützung bezüglichen Akte, nämlich die kantonale Konzession vom

897 4. September 1899 und die Konzession der Gemeinde Neuhausen .vom 17. November ein.

Eine Vernehmlassung der Kantonsregierung über ihre prinzipielle Stellung zu dem Konzessionsgcsuch liegt nicht vor. Dagegen muß aus der bereits citierten kantonalen Konzession vom 4. September und aus einem Schreiben des Regierungsrates vom 25. November, worin er seine Zustimmung zu dem vom Eisenbahndepartement aufgestellten Konzessionsentwurf erklärte, gefolgert werden, daß die Regierung das Gesuch unterstütze.

Der nachstehende Entwurf, der in den konferenziellen Verhandlungen vom 27. November allseitig genehmigt wurde, enthält durchwegs die für städtische Straßenbahnen üblichen Bestimmungen.

Einem erst anläßlich der Verhandlungen angebrachten Wunsche des Stadtrates von Schafft)ausen, es möchte, analog Art. 22 der Konzession für die städtischen Straßenbahnen in Zürich, auch hier die Bestimmung aufgenommen werden, daß der Bundesrat kompetent sei, eine Erweiterung des Netzes unter den gleichen Bedingungen zu gestatten, konnte nicht entsprochen werden, weil die Kantonsregierung, die wegen einer Sitzung des Kantonsrates nicht vertreten war, sich hierüber noch hätte aussprechen müssen und in diesem Falle zu befürchten war, daß die Angelegenheit bis zum Beginn der Dezembersession nicht mehr an die Bundesversammlung gelangen würde. Da aber der Stadtrat von Schaffhausen großen Wert darauf legte, daß die Erledigung des Gesuches keine Verzögerung mehr erleide, ließ sein Vertreter die Anregung wieder fallen.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf, der die für städtische Straßenbahnen üblichen Bestimmungen enthält und daher zu keinen besondern Bemerkungen Anlaß bietet, zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 7. Dezember 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Müller.

Der Kanzlei' der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß «

betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Schaffhausen nach Neuhausen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Herren Rud. Fischii und Mithafte, namens eines Initiativkomitees in Schaffhausen, vom 1. Mai 1897 und 17. Juli 1899; 2. einer Eingabe des Stadtrates von Schaffhausen, vom 22. Juli 1899; 3. einer Botschaft des Buudesrates vom 7. Dezember 1899, beschließt: Dem Stadtrat zu Händen der Ein Wohnergemeinde Schaffh a u s e n wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer e l e k t r i s c h e n S t r a ß e n b a h n v o n S c h a f f h a u s e n nach N e u h a u s e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung ßnden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des gegenwärtigen Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen einzureichen.

899 Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 4. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 5. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Buudesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 6. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 7. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Schaffhausen und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 8. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 9. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Bahnverwaltung nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 10. Die Konzessionärin übernimmt bloß die Beförderung von Personen und Handgepäck. Zum Gepäck-, Güter- und Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 11. Die Konzessionärin hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können diese erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

900 Art. 12. Der Babnverwaltung ist im allgemeinen anheimgestellt; die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen.

Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartemente vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrate bestimmt.

Art. 13. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus vom Bundesrate genehmigt werden muß.

Art. 14. Für den Transport von Personen darf eine Taxe von 10 Rappen für den ersten und von 5 Rappen für jeden weitern Kilometer der Bahnlänge bezogen werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu zahlen.

Handgepäck ist soweit frei, als es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann; soweit dafür besonderer Platz in Anspruch genommen wird, ist für solches die Personeutaxe zu zahlen.

Die Konzessionärin ist zur Ausgabe von Abonnementsbilleten zu ermäßigter Taxe nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bestimmungen verpflichtet.

Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines .Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Art. 15. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 16. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Straßenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 17. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kanu diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Konzessionärin nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

901 Art. 18. Die Konzessionärin ist verpflichtet, für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 19. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die vom Regierungsrat von Schaffhausen unterm 4. September 1899 und die vom Gemeinderat von Neuhausen unterm 17. November 1899 aufgestellten Vorschriften, soweit dieselben nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Buudesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 20. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Schaffhausen gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Konzessionärin drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Straßenbahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten.

Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gemeinde notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 22 ]/2 Riehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Straßenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. V.

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902 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusamtneuhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 21. Hat der Kanton Schaffhausen den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 20 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der Konzessionärin zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 22. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von Schaffhausen nach Neuhausen. (Vom 7. Dezember 1899.)

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1899

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50

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13.12.1899

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896-902

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