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Bundesratsbeschluß betreffend

Erhöhung des Monopolpreises fUr Kahlbaumsprit.

(Vom 3. Oktober 1899.)

Der schweizerische

Bundesrat,

in Abänderung seines Beschlusses vom 30. Dezember 1890 (A. S. n. F. XI, 744) ; auf den Antrag seines Finanzdepartements, beschließt: 1. Der Monopolpreis für den von der Alkoholverwaltung abgegebenen Kahlbaumsprit wird auf Fr. 175 per 100 kg.

Nettogewicht 95 % oder Fr. 142. 60 per Hektoliter 95 % festgesetzt.

2. Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft. Das Finanzdepartement wird mit dessen Vollziehung beauftragt.

Bern, den 3. Oktober 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Erklärung des Bundesrates betreffend die

Finanzierung der Kranken-, Unfall- und Militärversicherung, (Abgegeben im Nationalrat am 26. September 1899.)

In seiner Botschaft vom 26. Mai 1899 ist der Bundesrat zu dem Schlüsse gelangt, daß für die Finanzierung der Versi cher ungsprqjekte eine besondere, vom übrigen Staatshaushalte unabhängige neue Einnahme in Aussicht zu nehmen sei. Zu diesem Zwecke wurde von ihm die Einführung des Tabakmonopols auf gewissen näher bezeichneten Grundlagen vorgeschlagen. Zu diesem Schlüsse führte den Bundesrat die aus einer sorgfältigen Prüfung der Finanzlage des Bundes geschöpfte Überzeugung, daß die bestehenden Einnahmequellen nicht hinreichen, um ohne Beeinträchtigung anderweitiger ebenso berechtigter Institutionen oder Interessen auch noch die für die Durchführung der Versicherungsgesetze jährlich erforderlichen acht Millionen Franken leisten zu können.

Der Bundesrat ließ sich dabei auch von der Erwägung leiten, daß eine gesunde Finanzpolitik sich nicht fast ausschließlich auf die Zollerträgnisse stützen dürfe. Er hielt endlich auch dafür, daß das Zustandekommen der Versicherungsgesetze, d. h. deren ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung durch das Volk, eher erwartet werden dürfe, wenn bestimmt werde, daß diese Gesetze erst nach Sicherung der für die Bundesleistung erforderlichen Mittel in Wirksamkeit treten können. Ausdrücklich muß aber betont werden, daß der Bundesrat die Annahme der Versicherungsgesetze nicht von der vorgängigen Annahme des Tabakmonopols abhängig machen und daß er auch nicht ausschließlich das Tabakmonopol als einzige mögliche neue Einnahmequelle hinstellen wollte. Der Bundesrat schlug lediglich das Tabakmonopol vor, um von vorneherein offen und unumwunden zu sagen, welche neue Einnahmequelle er für den Fall der Annahme der Versicherungsgesetze ins Auge fasse.

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Diese wohl .überlegten Anträge haben vielfache Anfechtung erfahren und indem die Frage des Tabakmonopols in erste Linie gerückt wurde, machte sich die Meinung geltend, die Anträge des Bundesrates machen das Zustandekommen der Versicherungsgesetze vom gleichzeitigen Zustandekommen des Tabakmonopols abhängig. So unrichtig diese Auffassung ist und so sehr dieselbe den vom Bundesrat eingenommenen Standpunkt verschiebt, so ist doch nicht zu verkennen, daß daraus eine gewisse Gefährdung der Versicherungsgesetze resultieren könnte, wenn die Gegner des Tabakmonopols sich gegen die Versicherungsgesetze selbst wenden würden. Diese Erwägung einerseits und die in vielen Gegenden der Schweiz zur Zeit bestehende Abneigung gegen die Einführung des Tabakmonopols andererseits haben offenbar im Schöße der Bundesversammlung dem Wunsche gerufen, wenn irgend möglich die Wege zu finden, um die Finanzierung der Versicherungsgesetze auch ohne Schaffung einer neuen Einnahmequelle möglich zu machen. Zu diesem Ende beauftragten beide Räte besondere Kommissionen mit der Prüfung und Begutachtung unseres Berichtes über die Finanzlage. Die Kommission des Nationalrates gelangt in ihrer Mehrheit zu dem Schlüsse, daß mit Hülfe einiger Ersparnisse die Finanzlage des Bundes bis zum 1. Januar 1903 so gestaltet werden könnte, daß auf diesen Zeitpunkt die Versicherungsgesetze in Wirksamkeit treten könnten, auch ohne daß zuvor eine neue besondere Einnahmequelle geschaffen würde.

Der Bundesrat kann sich mit den Anträgen der Kommission des Nationalrates zu einem guten Teile einverstanden erklären.

Er stimmt bei: der einstweiligen Sistierung der Beratung über die Gesetzesentwürfe betreffend die Lebensmittelpolizei, das Forstwesen und die Organisation des Militärdepartements. Er ist einverstanden damit, daß nur solche Leute als militärtauglich erklärt werden, welche die nötigen körperlichen und geistigen Eigenschaften wirklich besitzen, und daß in dieser Hinsicht eine strengere Handhabung der bezüglichen Vorschriften Platz greifen kann. Er ist einverstanden, daß für die Wiederholungskurse im Corpsverbande nur noch 112 blinde Patronen per Mann abzugeben sind. Er ist auch einverstanden, für die Verzollung von Poststücken aus dem Auslande eine Gebühr von 15 Centimes per Stück zu beziehen.

Ferner kann sich der Bundesrat einverstanden erklären mit der Herabsetzung der Beiträge für Erhaltung schweizerischer Kunst-

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denkmäler und für Hebung und Förderung der schweizerischen Kunst auf Fr. 20,000, bezw. Fr. 50,000. Ebenso mit der Ersetzung der Landsturmilbungen durch bloße Waffen- und Kleiderinspektionen.

Dagegen muß der Bundesrat davor warnen, durch einen förmlichen Bundesbeschluß den Kredit für neue Hochbauten vom Jahre 1904 an auf Fr. 1,000,000 zu beschränken. Er hält für diesen Zweck vom genannten Zeitpunkte an eine Summe von jährlich Fr. 2,000,000 für notwendig. Vor allem aber muß er sich dagegen aussprechen, daß diese Limitierung zum Gegenstande eines dem Referendum unterstellten Bundesbeschlusses gemacht werde. Eine einfache Einladung an den Bundesrat, diese Grenze bei Aufstellung der Budgets vom Jahre 1904 an inné zu halten, sollte zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes genügen. Ferner glaubt der Bundesrat, es sei nicht zulässig, den aus dem Amortisationsfonds sich ergebenden Überschuß von Fr. 2,000,000 für die Quoten zur Amortisation des Anleihens von 1894 in den Jahren 1904 und 1905 zu verwenden.

Mit Bezug auf die Erhöhung der mutmaßlichen Zollerträgnisse um Fr. 250,000 jährlich müssen wir darauf aufmerksam machen, daß diese Einnahme nicht mit Sicherheit vorausgesehen werden kann und daß, wenn sie eintreten sollte, auch Mehrausgaben zu erwarten sind, die jetzt noch nicht in Berechnung gezogen werden konnten und auf deren Deckung ebenfalls Bedacht genommen werden mußte. Auch mit Bezug auf die Annahme der Kommission betreffend die Reduktion der Rekrutenzahl um 1230 Mann müssen wir alle Vorbehalte machen, da wir dafür halten, daß bei den Berechnungen des statistischen Bureaus nicht alle Faktoren in Betracht gezogen worden seien, welche auf die Höhe der Rekrutenziffer von Einfluß sind.

Über alle diese Verhältnisse wird sich der Bundesrat bei der Beratung der einzelnen Anträge des nähern äußern. Er glaubt aber jetzt schon, mit allem Nachdruck davor warnen zu sollen, daß man sich mit Bezug auf alle diese Vorausberechnungen Selbsttäuschungen und Illusionen hingebe. Auch mit den Ersparnissen, welche nach dem Gesagten in Aussicht genommen werden können, und mit den vorgeschlagenen Verbesserungen des Zukunftsbudgets wird, seiner Ansicht nach, eine völlige Sicherheit dafür nicht gewonnen, daß die Finanzierung der Versicherungsgesetze ohne Schaffung neuer Einnahmsquellen möglich sein wird.

839 In dem Augenblicke, in welchem es sich darum handelt, das große Werk der Unfall-, Kranken- und Militärversicherung zum Abschlüsse zu bringen und erfolgreich zu Ende zu führen, beherrscht den Bundesrat der Gedanke, daß sich alle Freunde dieses Werkes auf gemeinsamem Boden die Hand reichen müssen. Der Bundesrat ist von der hohen ökonomischen und ethischen Bedeutung des Versicherungswerkes durchdrungen und überzeugt, daß ein Scheitern desselben für die Entwicklung unseres öffentlichen Lebens nach mancher Richtung hin die allerschwersten Folgen nach sich ziehen müßte. Er vertraut auf die gesunde Kraft des Schweizervolkes und erwartet, daß dasselbe, wenn sich später die Bedenken, welche der Bundesrat in finanzieller Hinsicht nicht unterdrücken konnte, als begründet erweisen sollten, auch die nötigen Einnahmsquellen zu bewilligen bereit sein wird. In diesem Vertrauen und in dieser Erwartung läßt der Bundesrat seinen ursprünglichen Antrag fallen, wonach die Versicherungsgesetze erst in Wirksamkeit treten sollten, wenn dafür eine neue Einnahmsquelle geschaffen sein würde.

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Bundesratsbeschluß betreffend Erhöhung des Monopolpreises für Kahlbaumsprit. (Vom 3.

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