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Ans den Verhandlungen des Schweiz, Bundesrates, (Vom 22. Juni 1899.)

Der schweizerische Bundesrat hat die Beschwerde der Babette Sieg w a r t in Zürich betreffend Ausweisung aus dem Kanton Zürich, gestützt auf folgende Erwägungen als unbegründet abgewiesen : Nach Maßgabe des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Deutschland vom 31. Mai 1890 können die deutschen Reichsangehörigen, sofern sie mit einem Zeugnis versehen sind, durch welches bescheinigt wird, daß der Inhaber die deutsche Reichsangehörigkeit besitzt und einen unbescholtenen Leumund genießt, in der Schweiz ab- und zugehen und sich daselbst dauernd oder zeitweilig aufhalten, wenn sie den Gesetzen und Polizeiverordnungen nachleben (Art. l und 2). Außerdem wird in Art. 4 den Vertragsstaaten das Recht vorbehalten, Angehörigen des ändern Teiles, entweder infolge gerichtlichen Urteils oder aus Gründen der innern und äußern Sicherheit des Staates oder aus Gründen der Armen- und Sittenpolizei, den Aufenthalt zu versagen. Bezüglich des gegenseitigen Verhältnisses der Art. 4 und l sind Bundesrat und Bundesversammlung der Ansicht beigetreten, daß Art. 4 die Ausweisungsgründe nicht erschöpfend normiere, sondern daß auch bei Nichtvorhandensein der dort aufgeführten besondern Bedingungen ein Entzug der Niederlassung allgemein damit gerechtfertigt werden kann, daß der deutsche Reichsangehörige den Gesetzen und Polizeiverordnungen des in Betracht fallenden Kantons nicht nachlebe (vergi. Salis, Bundesrecht, II, Nr. 526 ; vergl. auch Nr. 501).

Der Beschwerdeführerin, die Angehörige des Großherzogtunis Baden ist, wird der fernere Aufenthalt im Kanton Zürich verweigert, weil sie den Gesetzen und Verordnungen dieses Kantons nicht nachlebe. Das zürcherische Gesetz über das Gewerbewesen, vom 8. Mai 1832, erlaubt in § 12 den Lotteriebetrieb nur mit ausdrücklicher Bewilligung des Rates des Innern und verbietet überhaupt das Kollektieren für auswärtige Lotterien. Auf Grund dieser Bestimmung und des Gesetzes betreffend die Organisation des Regierungsrates, vom 2. April 1850, erließ die Polizeidirektion des Kantons Zürich den 27. Mai 1856 in rechtsgültiger Weise die

158 heute noch in Kraft bestehende Verordnung betreffend das Lotteriewesen, gemäß welcher Lotterien und Ausspielgeschäfte nur mit Bewilligung der Polizeidirektion ausgespielt werden dürfen. Die Bewilligung wird bei einer Warenlotterie nur erteilt entweder wenn der Veranstalter derselben die Waren selber verfertigt hat oder wenn die Lotterie einem gemeinnützigen Zwecke dient. Ohne eine Bewilligung einzuholen, hat nun die Beschwerdeführerin vor Jahren ein Lotteriegeschäft eröffnet und trotz mehrfacher Bestrafung immer weiterbetrieben. Wenn auch öffentliche Einladungen nicht erlassen wurden, so stand doch der Zutritt zu dieser Lotterie jedermann frei, und es wurde von dieser Möglichkeit der ausgiebigste Gebrauch gemacht, namentlich seitens unbemittelter Leute.

Die Strafbarkeit ihrer Handlung hat die Siegwart jeweilen durch Bezahlung der hohen Bußen, ohne Weiterzug der Erkenntnisse an die ordentlichen Gerichte, anerkannt und damit selber zugestanden, den Gesetzen und Polizei Verordnungen des Niederlassungskantons nicht nachgelebt zu haben. Das vom Regierungsrat eingelegte Beweismaterial erhärtet überdies die Stichhaltigkeit der Ausweisungsbegründung in vollstem Maße.

(Vom 26. Juni 1899.)

Der Bundesrat hat die Frage, ob das Fleischhackgeschäft der Erben Rènsch-Miville in Basel zur Zeit des dem Friedr. H a b e r s t i c h von Oberentfelden daselbst zugestoßenen Unfalles den Bestimmungen der eidgenössischen Fabrik- und Haftpflichtgesetzgebung unterstellt gewesen sei, aus folgenden Gründen verneint.

Das Geschäft der Erbschaft Rensch-Miville in Basel besteht aus einer Flëischhackerei, Gewürz- und Maismühle und Senffabrik.

Der dem Fritz Haberstich zugestoßene Unfall ereignete sich in ersterm Geschäftszweige; das Datum des Unfalles konnte nicht genau festgestellt werden, vermutlieh ist esder!6.oder 18. Junil898.

Zu dieser Zeit war die Gewürz- und Maismühle noch nicht im Betrieb, so daß also bei der Berechnung der Arbeiterzahl nur die Flèischhackerei und die Senffabrik in Betracht fallen. Jene, in welcher auf Vier Hackmaschinen und einer Brätschmaschine das Fleisch für die Basler Wurstfabrikanten im Lohne gehackt wird, beschäftigte vor dem Unfall tage drei oder höchstens vier Arbeiter und stand unter der Leitung des Sohnes Gustav Rensch, während der andere Sohn, Rudolf Rensch, die Senffabrikation betrieb. Mit Zurechnung dieser beiden Söhne ergiebt sich eine Maximalzahl

159 von fünf bis sechs Arbeitern. Nach bisheriger bundesrätlicher Praxis sind aber zwei oder mehrere von einem Eigentümer betriebene Geschäfte so verschiedener Natur.nur dann dem Fabrikgesetze unterstellt, wenn in jedem Betriebsteile die zur Unterstellung erforderliche Arbeiterzahl vorhanden war. Es sei hier beispielsweise an den Bundesratsbeschluß vom 24. Mai 1898 betreffend die Unterstellung eines aus Schreinerei und Färberei bestehenden Etablissements unter das Gesetz erinnert (s. Bundesbl.

1899, I, 733).

Bei getrennter Behandlung beider Geschäftszweige ergiebt sich aber für die Fleischhackerei nur eine Arbeiterzahl von im Maximum fünf Arbeitern, während in der Senffabrik nur der Sohn Rudolf Rensch, eventuell unterstützt von Arbeitern der Fleischhackerei, beschäftigt war. Nach den Erhebungen des Fabrikinspektors des III. Kreises, wie nach denjenigen des kantonalen Departements des Innern war also die zur Unterstellung unter das Fabrikgesetz nötige Arbeiterzahl zur Zeit des Unfalls Haberstich in der Fleischhackerei Rensch-Miville nicht vorhanden.

Selbst wenn aber die Arbeiterzahl am Unfalltage eine dem Bundesratsbeschluß vom 3. Juni 1891 (A. S. n. F., XII, 123) entsprechende gewesen wäre, so müßte die Unterstellung gleichwohl verneint werden. Das Industriedepartement hat sich schon zu wiederholten Malen dahin ausgesprochen, daß von der Unterstellung der Metzgereien unter das Fabrikgesetz, wirklich fabrikmäßige Betriebe ausgenommen, abzusehen sei. Selbst größere Metzgereien, welche Motoren verwenden, 'gehen gewöhnlich nicht über den handwerksmäßigen Betrieb hinaus. Der Bundesrat hat diese Praxis des Departements in verschiedenen Entscheiden (z. B. in denjenigen vom 14. September 1895 und 12. März 1897) bestätigt. Wie der Fabrikinspektor mitteilt, kommt der Fleischhackerei Rensch-Miville der Charakter einer Metzgerei zu, und es könnte daher auch von diesem Gesichtspunkte aus das genannte Etablissement dem Gesetze nicht unterstellt werden.

(Vom 29. Juni 1899.)

Der schweizerische Bundesrat hat die Beschwerde des Hans A b i s c h e r in Bern, betreffend Verweigerung einer Wirtschaftsbewilligung, mit folgender Begründung abgewiesen : Der Regierungsrat des Kantons Bern ist mit seinem Entscheide vom 5. März 1899 der ihm durch Art. 6 des bernischen Gesetzes

160" über das Wirtschaftswesen und den Handel mit geistigen Getränken, vom 15. Juli 1894, überbundenen Pflicht zur Prüfung der Bedürfnisfrage bei Erteilung von Wirtschaftsbewilligungen nachgekommen; die angeführte Gesetzesvorschrift ist bundesrechtlich nicht anfechtbar.

Dem Bundesrat steht nun ein Entscheid darüber, ob der sogenannte Bedürfnisartikel des Wirtschaftsgesetzes von einer kantonalen Regierung in konsequenter Weise gehandhabt wird, nicht zu; er ist allein dazu berufen, zu prüfen, ob in einem einzelnen angefochtenen Entscheid, durch den die Bedürfnisfrage verneint wird, ein Akt der Willkür oder eine Verletzung der Rechtsgleichheit aller Bürger vor dem Gesetze erblickt werden muß. Die in dieser Richtung vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen können nicht als begründet anerkannt werden ; wenn auch in ändern Quartieren der Stadt Bern verhältnismäßig mehr Wirtschaften sollten bewilligt worden sein, als in dem in Betracht fallenden Länggaßquartier, so liegt darin noch keine Verletzung der Rechtsgleichheit, da das Bedürfnis in den einzelnen Stadtteilen ein sehr verschiedenes sein kann. Wo die Grenze zwischen Bedürfnis und Beeinträchtigung des öffentlichen Wohles liegt, kann nicht allgemein definiert werden, sondern muß von Fall zu Fall von den zunächst zuständigen kantonalen Behörden entschieden werden, deren Entscheidung von den Bundesbehörden so lange aufrecht erhalten wird, als nicht die Bedürfnisfrage zur Deckungoffenbarer Willkür beigezogen wird. Hiervon kann im vorliegenden Falle nicht die Rede sein.

An die Kosten der Ausführung der nachstehend bezeichneten Bodenverbesserungen werden, unter der Voraussetzung mindestens ebenso hoher kantonaler Beiträge, folgende Bundesbeiträge zugesichert : 1. Für die Urbarisierung der Liegenschaft Großschwändi, Eigentum des Mathias Kamm in Obstalden, 25 °/o, im Maximum Fr. 590.

2. Für eine Cisternenbaute auf dem Berggute Strick, Eigentum des Georg Menzi, in Walenguflen bej Obstalden, 25 %, im Maximum Fr. 250.

3. Für die Urbarisierung der Liegenschaft Voremwald und eine Cisternenbaute auf dem Berggute Schiatti, Eigentum von Fridolin Leuzinger, auf Beglingen bei Mollis, 25 °/o, im Maximum Fr. 640.

161 (Vom 3. Juli 1899.)

Herr Professor Auer in Bern wird auf seinen Wunsch als Mitglied der Centralkommission für die Weltausstellung in Paris entlassen und durch Professor B l u n t s c h l i , Vizepräsident der schweizerischen Kunstkommission, ersetzt.

Die Frage, wie in der schweizerischen Schulwandkarte die Ortsnamen auf ,,weil11, ,,wy!" und ,,wila zu schreiben seien, wird im Einverständnis mit den beteiligten Kantonsregierungen, nach Einsicht eines Berichtes des Departements des Innern, vom Bundesrat dahin entschieden, daß die schon in den eidgenössischen Kartenwerken angenommene Schreibweise ,,wila auch für die schweizerische Schulwandkarte einheitlich anzuwenden sei.

(Vom 7. Juli 1899.)

Dem chilenischen Konsul in Genf, Herrn Carlos A c k e r m a n n , wird das Exequatur erteilt.

Dem schweizerischen Vizekonsul in Philadelphia, Herrn Werner 11 s c h n e r , von Stäfa (Zürich), wird die nachgesuchte Entlassung unter Verdankung der während 24 Jahren geleisteten Dienste erteilt.

Herrn Dr. Alexander S c h w e i z e r , von Zürich, wird die nachgesuchte Entlassung als Gesandtschaftsattache unter Verdankung der geleisteten Dienste gewährt.

Die Eröffnung des regelmäßigen Betriebes der elektrischen Trambahn Waldhaus-Hotel Dolder, in Zürich, wird unter einigen Bedingungen für heute gestattet.

(Vom 11. Juli 1899.)

Herr C. R o c h a t , Kontrollingenieur für die elektrischen Bahnen bei der technischen Abteilung des Eisenbahndepartements,

162 welcher zum Direktor der Berner Tramways ernannt worden ist, erhält die nachgesuchte Entlassung unter Verdankung der geleisteten Dienste.

Das allgemeine Bauprojekt der Zahnstangenstrecke von km. 8,950 bis 4,860 der elektrischen Bahn Aigle-Leysin wird unter einigen Bedingungen genehmigt.

"Wahlen.

(Vom 3. Juli 1899.)

Post- und Eisenbahndepartement.

Postverwaltung.

Posthalter, Briefträger und Bote in Apples : Frl. Anna Delacrétaz, von Y vorne (Waadt), Postgehülfin in Apples.

Postcommis in Thun : Herr Friedrich Rupp, von Signau, Postaspirant in Neuenburg.

Telegraphenverwaltung.

Telegraphist Tessin :

in Sonogno, Herr Roberto Pinana, von und in Sonogno.

(Vom 7. Juli 1899.)

Post- und Eisenbahndepartement.

Postverwaltung.

Posthalter und Brief träger in Niederwil (Aargau) : Herr Traugott Seiler, Postgehülfe, von und in Niederwil.

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Postcommis in Zürich : Postcommis in Zürich 11 (Industriequartier): fl Posthalter in Kreuzungen : Postcommis in St. Gallen :

Herr Karl Sehnurrenberger, von Zürich, Postaspirant daselbst.

Louis Duvillard, von Combremoritle-Petit (Waadt), Postaspirant in Bern.

,n Emil Heußer, von Bäretswil (Zürich), Postcommis in Kreuzungen.

,, Gustav Friedrich Hofmann, von Herisau, Postaspirant in St. Gallen.

Posthalter und Briefträger in Murg: Erau Witwe Christine Zeller, Wirtin, von und in Murg.

Telegraphenverwaltung.

Telegraphist in Birsfelden, Baselland: Herr Hans Jakob Urech, von NiederHallwil (Aargau), Postgehülfe in Birsfelden.

(Vom 11. Juli 1899.)

Politisches Departement.

Vizekonsul in Manila: Herr Johann Preisig, von .Schönengrund, Gérant der Firma Sprüngli & Cie. in Manila.

Post?- wid Eisenbalmdepartement.

Eisenbahnabteilung.

Kanzlist I. Klasse der technischen Abteilung: Herr Oskar Weibel, von Schupfen, bisher Kanzlist II. Klasse der Departementskanzlei.

Postverwaltung.

Postbureauchef in Luzern : Herr Johann Etter, von Birrwinken, Postcommis in Luzern.

164 Postcommis in Bern : Postcommis in Basel:

Herr Theodor Indermühle, von Thun, Postaspirant in Spiez.

,, Adolf Brunner, von Baisthal, Postaspirant in Lausanne.

,, Jakob Mumenthaler, von Trachselwald, Postaspirant in Basel.

,, Gustav Adolf Grob, von Degersheim, Postaspirant in St. Gallen.

,, Paul Gyr, von Binsiedeln, Postaspirant in Basel.

,, Georg Honegger, von Dürnten, Postaspirant in Chur.

,, Ernst Jeker, von Oberbuchsiten, Postaspirant in Ölten.

,, Paul Piaget, von Bayards, Postaspirant in Basel.

,, Heinrich Schwob, von Ramlinsburg, Postaspirant in Basel.

,, Max Stärkle, von Gaiserwald, Postaspirant in Lugano.

,, Charles Tinembart, von Bevaix, Postaspirant in Ragaz.

T e l e g r a p h e n v er w a l t u n g.

Telegraphist in Apples : Frl. Anna Delacrétaz, von Y vorne, in Apples.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrates.

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12.07.1899

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