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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Nyon nach Gimel, mit Abzweigung von Arzier nach St. Cergue.

(Vom 2. Juni 1899.)

Tit.

Im Namen eines I n i t i a t i v k o m i t e e s und zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft stellte Herr A. P a l a z , Ingenieur in Lausanne, unterm 30. September 1898 das G e s u c h um Erteilung der K o n z e s s i o n für eine e l e k t r i s c h e E i s e n b a h n von N y o n nach G i m e l , mit eventueller A b z w e i g u n g von A r z i e r nach St. C e r g u e . Außer dem Genannten besteht das Initiativkomitee aus den Herren P. E ti er und A. B au p, beide Großräte in Nyon, A. D or i e r, Großrat, und L. D u f o u r , Syndic, beide in Arzier.

Die projektierte Linie hat zum Ausgangspunkt den Bahnhof der Jura-Simplon-Bahn in Nyon, 410 m. ü. M., und entwickelt sich dann mit maximalen Steigungen von 50 °/oo und Kurven von 100 m. Halbmesser (ganz ausnahmsweise von 80 m.) auf den dem Jura vorgelagerten Höhen, die Ortschaften Duillier, Trélex, Givrins, Genollier, Muids, Arzier, Bassins, Le Vaud, Marchissy und Longirod direkt berührend, nach Gimel, 740 m. ü. M. Die Gesamtlänge beträgt 22,9 km.

In Gimel trifft die Linie mit den elektrischen Bahnen GirnelRolle und Gimel-Aubonne-Allaman zusammen und in Bière mittelst des Zwischenstückes Gimel-Biere, für welches ein Konzessionsgesuch ebenfalls anhängig sei, auch mit dem waadtländischen Sekundärbahnnetz Bière-Apples-Morges und Apples-l'Isle.

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Die Linie Nyon-Gimel entspreche einem wirkliehen Bedürfnisse ; sie sei lebhaft gewünscht von den durch sie zu bedienenden Ortschaften, welche eines rascheren und billigeren Verkehrsmittels bedürfen, um sich ihrer bevorzugten Lage am Fuße des Jura entsprechend zu entwickeln.

Die Abzweigung von Arzier-Muids nach St. Cergue würde l km. nach der Station Muids, auf Cote 760, von der Hauptlinie abzweigen und sich längs des Jura durch die Wälder bis nach St. Cergue, 1048 m. ü. M., hinziehen. Auf dieser Abzweigung sind Steigungen bis 60 %o vorgesehen, da die Einhaltung der Maximalsteigung von 50 %o eine zu kostspielige Traceführung bedingen würde. Die 6,2 km. lange Zweiglinie soll zunächst das Dorf Arzier in vollständiger Weise und dann die Gemeinde St. Cergue mittelst einer ohne Schwierigkeit das ganze Jahr betriebsfähigen und in Bezug auf Sicherheit, Bequemlichkeit und Billigkeit einer bloßen Straßenbahn weit überlegenen Bahn bedienen. Diese komme auch einem längst empfundenen Bedürfnisse entgegen. Arzier nehme als Fremdenstation in bedeutendem Maße zu und der Ruf St. Cergues als Sommerstation sei ein gemachter.

Die projektierte Linie werde der Gegend ein neues Element zu ihrem Gedeihen bringen und während der guten Jahreszeit schöne Einnahmen erzielen.

Haupt- und Zweiglinie sollen elektrisch betrieben und die Kraft von dem durch den Kanton Waadt geschaffenen Elektricitätswerk der Gewässer des Jouxsees bezogen werden.

Auf einzelnen Strecken der Linie ist Betrieb nach Art der Tramways mit Billetausgabe im Wagen vorgesehen.

Die Erstellung der Zweiglinie nach St. Cergue war im Gesuche nur eventuell in Aussicht genommen und daher von der Hauptlinie unabhängige Konzessionierung derselben verlangt. Anläßlich der konferenziellen Verhandlung wurde aber dieses Begehren gesonderter Behandlung fallen gelassen, da man sich inzwischen auf eine einheitliche Erstellung des ganzen Projektes geeinigt hatte.

Dem technischen Berichte entnehmen wir über das Projekt noch folgende Angaben : Hauptlinie und Abzweigung sollen auf selbständigem Bahnkörper erstellt werden, der sich" aber auf einzelnen Strecken an die Kantonsstraße anlehnen würde.

Die Maximalsteigung beträgt, wie schon erwähnt, auf der Linie Nyon-Gimel 50 %o, auf der Zweiglinie Arzier-St. Cergue

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60 °/oo, der kleinste Krümmungshalbmesser 100 m., ausnahmsweise 80 m. und sogar noch weniger.

Als Spurweite ist l m. und ein Oberbau aus Vignolschienen von 20 kg. Gewicht per laufenden Meter mit eisernen Schwellen vorgesehen.

Die Bahn soll elektrisch betrieben werden mit oberirdischer Stromzuführung und Rückleitung durch die Schienen.

An Rollmaterial sind in Aussicht genommen : 3 Motorwagen mit Drehgestellen, 3 zweiachsige Motorwagen, 5 Anhängewageu und 10 Güterwagen. Dieses Material soll mit allen nötigen Einrichtungen, insbesondere mit kräftigen elektrischen Bremsen ausgerüstet werden. Es ist zunächst nur eine Wagenklasse vorgesehen.

Die Vorzüge des elektrischen Betriebes werden die Ausführung einer größeren Zahl täglicher Züge erlauben, nämlich auf der Hauptlinie wenigstens 5 im Sommer und 4 ini Winter, und auf der Linie nach St. Cergue 5, beziehungsweise 3.

In allen bedienten Ortschaften sollen einfache Stationen für den Personen- und Gepäckverkehr errichtet werden. In Nyon sind zur Erleichterung des Betriebes Umladrampen in Aussicht genommen.

Anlage und Betrieb sollen in jeder Beziehung so einfach und billig als möglich gehalten werden.

Auf der Hauptlinie sind folgende Stationen vorgesehen, die eventuell noch durch fakultative Halte vermehrt werden können : Nyon, Duillier, Trélex, Givrins, Genollier, Le Muids, Bassins, Le Vaud, Marchiss}', Longirod und Girnel. An der Abzweigung liegen die Stationen Le Muids, Arzier und St. Cergue.

Wagenschuppen und Werkstätte sollen in Nyon, kleinere in Gimel und St. Cergue erstellt werden.

Auf dieser technischen Grundlage und unter Berücksichtigung der Baukosten ähnlicher Unternehmungen werden die Kosten veranschlagt wie folgt: 1. Bahnbau (Landerwerb, Unterbau, Oberbau) Fr. 1,600,000 2. Elektrische Leitungen ,, 175,000 3. Hochbauten ,, 150,000 4. Signale ,, 30,000 5. Rollmaterial ,, 250,000 6. Mobiliar, Gerätschaften und Werkzeuge . ,, 15,000 7. Vorstudien, Bauleitung, Ba'uzinse und Unvorhergesehenes ,, 180,000 Total

Fr. 2,400,000

639 oder rund Fr. 82,500 per Kilometer. Dazu wird bemerkt, daß durch Anwendung bedeutender Steigungen und enger Kurven es möglich sein werde, sich dem Terrain anzuschmiegen und so kostspielige Kunstbauten und zu große Erdbewegungen zu vermeiden.

Die Stationsanlagen sollen auf das unbedingt Notwendige beschränkt und überhaupt jedweder Luxus bei den Bauten vermieden werden.

Bezüglich der Rentabilität wird darauf hingewiesen, daß die gegenüber ändern Lokalbahnen vorgesehene größere Zahl von Zügen einen bedeutenden Einfluß auf die Einnahmen aus dem Reisendenverkehr üben werde, welche daher mit denjenigen von gewissen Regionalbahnen mit Dampfbetrieb und bloß 3 täglichen Zügen nicht zu vergleichen seien.

Überdies sei die zu bedienende Gegend blühend und volksreich. Die Fremdenindustrie nehme in erfreulicher Weise an Ausdehnung zu und zwar seien die Sommerfrischler Einheimische, von Genf, Lausanne und dem Seegelände, welche häufige Besuche empfangen und deren Geschäfte sie oft an ihren Wohnort rufen.

Die Stadt Nyon gewinne von Jahr zu Jahr an industrieller und kommerzieller Bedeutung. Unter Berücksichtigung dieser Momente wird die jährliche kilometrische Einnahme auf Fr. 6500 geschätzt und die Gesamteinnahmen auf Fr. 188,500. Die Betriebsausgaben werden an Hand derjenigen gleichartigen Linien und unter der Voraussetzung billigen Bezugs der elektrischen Kraft vom Kanton auf nicht über Fr. 4000 per Kilometer oder total Fr. 116,000 veranschlagt, so daß sich ein Überschuß ergeben würde von Fr. 72,500.

Dieser Überschuß würde folgendermassen verwendet: a. Verzinsung des Obligationenkapitals zu 41/2 °/o Fr. 40,500 b. Einlage in Erneuerungsfonds ,, 19,000 c. Einlage in Reservefonds ,, 5,000 d. Dividende von 4 % an die Prioritätsaktien . ,, 6,000 e. auf neue Rechnung zu übertragen . . . . .,, 2,000 Fr. 72,500 Es ist vorgesehen, daß die Baukosten aufgebracht werden : Fr. 150,000 in privilegierten Aktien (Private und Gemeinden).

Fr. 1,250,000 in Stammaktien (Kanton und Gemeinden) und Fr. 900,000 in Obligationen.

Der Staatsrat von Waadt gab mit Schreiben vom 30. März 1899 seine Vernehmlassung in empfehlendem Sinne ab. Mit Bezug auf die bereits konzessionierte elektrische Straßenbahn von

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Nyon nach St. Cergue fügte er bei, daß die neue Linie die Gegend besser bedienen werde als jene. Jedenfalls aber könne zwischen Nyon und St. Cergue nur eine einzige Linie bestehen und der Kanton werde nur e i n e Subvention und zwar an diejenige ausrichten, welche er als die der Gegend vorteilhafteste erachte.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 12. Mai 1899 statt. Der nachstehende Konzessionsentwurf entspricht dem Ergebnis derselben.

Wir beantragen Ihnen, im Sinne desselben dem Konzessionsbegehren zu entsprechen. Ein Hindernis vermögen wir in der schon bestehenden Konzession Nyon-St. Cergue, vom 16. April 1898 (E. A. S. XV, 115 ff.), welche für eine andere Lösung (Straßenbahn mit wesentlich verschiedenem Trace) erteilt wurde, nicht zu erblicken und glauben, daß es füglich den beteiligten Kreisen und speciell dem Kanton überlassen werden kann, sich zu entscheiden, welchem Projekte sie zur Ausführung verhelfen wollen.

Die Bedingungen, unter welchen wir Ihnen die Konzessionierung beantragen, schließen sich sachgemäß an die für die ähnlichen Linien Rolle-Gimel und Aubonnc-Gimel festgesetzten (Konzessionen vom 15. Oktober 1897, E. A. S. XIV, 569 und 555) an.

In Art. 13 ist die Zahl der täglichen Züge auf Haupt- und Zweiglinie gemäß den Anträgen der Potenten festgesetzt.

In Art. 15 wurde nach dem Wunsche der Petenten als zweites Alinea eine Bestimmung aufgenommen, wonach der Bundesrat eventuell die Einführung einer zweiten Wagenklasse bewilligen kann, für welche er dann auch die Taxen festsetzen würde (Art. 16, 2. Alinea).

Für den Fall der Einrichtung des Betriebes nach Art der Tramways, mit Billetausgabe im Wagen, welcher für einzelne Teilstrecken in Aussicht genommen ist, enthebt das vorletzte Alinea des Art. 16 die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Ausgabe von Retourbilletten auf diesen Strecken, weil bei dieser Betriebsweise praktisch nicht durchführbar.

Die Taxen der Art. 16 und 18 stimmen mit den niedrigem für Rolle-Gimel geltenden Ansätzen überein.

Die Verpflichtung zum Viehtransport ist, wie bei RolleGimel, Aubonne-Gimel und ähnlichen Unternehmungen, nicht statuiert (Art. 12).

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Die übrigen Bestimmungen veranlassen uns zu keinen besondern Bemerkungen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 2. Juni 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Nyon nach Gimel, mit Abzweigung von Arzier nach St. Cergue.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn A. Palaz, Ingenieur in Lausanne, namens eines Initiativkomitees, vom 30. September 1898; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 2. Juni 1899, beschließt: Den Herren A. P a l a z , Ingenieur in Lausanne, E ti er und B a u p, beide Großräte in Nyon, D o r i e r, Großrat in Arzier, und D u f o u r , Gemeindevorsteher in Arzier, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer e l e k t r i s c h e n E i s e n b a h n von N y o n nach G i m e l , mit Abzweigung von A r z i e r nach St. C e r g u e , unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Nvon.

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Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

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Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt mit Ausnahme der Ausweichstellen, welche zweispurig gebaut werden. Der Betrieb erfolgt mittelst Elektricität.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer 'Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sieh aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

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Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und deren Gepäck, sowie von Gütern. Zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll im Sommer täglich mindestens fünfmal und im Winter auf der Linie Nyon-Gimel mindestens viermal, auf der Linie Arzier-St. Cergue mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Bndpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit bleibt dem Bundesrat vorbehalten.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse einstellen, deren Typus vom Bundesrat zu genehmigen ist.

Der Bundesrat ist ermächtigt, die Einführung einer zweiten Wagenklasse zu bewilligen.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag von 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen.

Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat dafür die Taxe fest.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

645 Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Wenn auf einzelnen Strecken der Linie ein Tramwaybetrieb eingeführt wird, so brauchen auf diesen Strecken keine Retourbillete ausgegeben zu werden.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Art. 17., Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 5 Rappen, die niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen. .

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

646 Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 16 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden.

Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und für Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

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Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisendep und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach der Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten.

Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachon Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; --unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

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Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Nyon nach Gimel, mit Abzweigung von Arzier nach St. Cergue.

(Vom 2. Juni 1899.)

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14.06.1899

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