#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

5l. Jahrgang. IV.

Nr. 40.

4. Oktober 1899.

Jahresabonnement (portofrei in der ganzen Schweiz): 6 Franken.

Einrückungsgebühr per Zeile oder deren Raum 15 Bp. -- Inserate franko an die Expedition.

Druck und Expedition der Suchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen.

(Vom

29. September 1899.)

Tit.

Unterm 15. Juni 1897 richteten die Herren Dr. Du Riche Preller, Ingenieur in Zürich, und Brown Boveri & Cie. in Baden das Gesuch um Erteilung der Konzession für eine e l e k t r i s c h e Straßenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen ein.

Zur Begründung des Gesuches wird im technischen Bericht ausgeführt, das Bedürfnis einer besseren Verbindung der zur Zeit vom Eisenbahnverkehr noch ganz abgeschnittenen Ortschaften Trogen und Speicher, wie deren Umgegend, mit St. Gallen liege so auf der Hand, daß eine weitere Erörterung unnütz sei, um so mehr, wenn man bedenke, daß die beiden industriereichen Orte allein 6000 Einwohner zählen, daß die bessere Verbindung indirekt noch für andere, weiter entfernte Ortschaften, wie Wald, Heiden, Rehtobel und Oberegg, wie für den Verkehr von Trogen nach Altstätten und vice versa, von Vorteil sein werde, und daß die ganze in Betracht kommende Landesgegend von St. Gallen aufwärts durch den ihr eigentümlichen Reiz vorzüglich geeignet sei, auch den Touristenverkehr mehr und mehr anzuziehen.

Der Ausgangspunkt der Linie sei am Bahnhof der Straßenbahn St. Gallen-Gais in St. Gallen und folglich auch in unmittelBundesblatt. 51. Jahrg. Bd. IV.

55

762

barer Nähe des Bahnhofes der V. S. B. angenommen. Es sei klar, daß diese Verbindung der beiden gleichspurigen Straßenbahnen an ihrem unteren Ende nur zum gegenseitigen Vorteil gereichen könne.

Die Bahn ziehe sich dann, unter Benützung des Geleises der städtischen Trambahn bis zum Theaterplatz, durch die Poststraße, den Oberen Graben, über den Marktplatz, den Theaterplatz und durch den Burggraben nach dem Linsenbühl und weiter an die Gemeindegrenze, um von hier aus der an Aussichtspunkten und Naturreizen reichen Straße nach Speicher und Trogen zu folgen, mit Haltestellen beim Kloster Notkersegg, an der Straße nach Schlipf und St. Georgen, am oberen Ende von Speicher, Brugg, Sägli und Trogen. Die Länge der Bahn betrage 10,75 km., die Maximalsteigung 7 °/o, der Minimalradius 20 (nur an zwei Stellen in der Stadt), sonst 30 Meter. Den höchsten Punkt erreiche die Bahn bei Vögelinsegg (968 Meter). Die Höhendifferenz gegenüber St. Gallen betrage 296 Meter.

Für das Geleise (Spurweite l Meter) seien Stahlschienen von 20 kg. mit eisernen Schwellen, außerdem Schutzschienen in gepflasterten Straßenstrecken, sowie in engen Kurven, in Aussicht genommen.

Für den Betrieb der Bahn seien vorgesehen: Luftleitungen in einer Höhe von 5,s Meter über den Schienen mit Polstangen in Äquidistanzen von circa 30 Metern, Motorwagen für 36 Personen, ausgerüstet mit je zwei Motoren von zusammen 70 Pferdekräften, Schleppwagen für 24 Personen ; ferner Motorwagen ebenfalls zu 70 Pferdekräften für gemischten (Personen- und Paketoder Güter-) Verkehr und endlich offene Schleppgüterwagen von 5 Tonnen Tragfähigkeit.

Für die Betriebskraft sei vorläufig noch keine eigene Kraftanlage vorgesehen, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sei, erstere durch Wasserkraft zu beschaffen oder auch die Straßenbahn St. Gallen-Speicher-Trogen zusammen mit derjenigen von St. Gallen nach Gais von einer gemeinschaftlichen Kraftstation aus zu betreiben.

Der Kostenvoranschlag stellt sich wie folgt: 1. Oberbau und Ausrüstung Fr. 250,000 2. Pflasterungen, Straßenkorrektionen etc. . . ,, 65,000 3. Grunderwerb, Remisen, Reparaturwerkstätten ,, 60,000 4. Elektrische Leitungsanlage ,, 130,000 5. Rollmaterial ,, 110,000 Übertrag

Fr. 615,000

763

Übertrag Fr. 615,000 6. Baupläne, Bauleitung, Organisation und Verwaltung ,, 60,000 7. Diverses ,, 55,000 8. Bauzinsen ,, 20,000 Total

Fr. 750,000

Sollte die Strecke vom Theaterplatz in St. Gallen bis zur Gemeindegrenze (circa 500 Meter) nicht von der Stadt auf eigene Rechnung erstellt werden, so wäre der Kostenvoranschlag um 75,000 Fr. zu erhöhen.

Die Rentabilitätsberechnung veranschlagt die Einnahmen aus dem Güterverkehr Post- und Gepäckverkehr . .

die Ausgaben auf

. .

.

.

.

.

,,v) ,,

18,000 n,, ·'·>-',""<·' ,, 3,000 Fr. 81,000 _ 45,100

so daß ein Einnahmenüberschuß von Fr. 35,900 verbleibe, welcher 4,s % des Baukapitals entspreche.

Mittelst einer weiteren Eingabe vom 16. August 1897 teilten die Konzessionsbewerber dem Eisenhahndepartement mit, daß sie ihr Gesuch durch Aufnahme einer Variante von St. Gallen über St. G e o r g e n nach Speicher und Trogen ergänzt haben für den Fall, daß dieses Trace, nach erfolgter Bewilligung der Straßenbenützung durch die Lokalbehörden, der ursprünglich in Aussicht genommenen Einführung in den Stadtbann St. Gallen vorzuziehen sein sollte.

Unterm 19. April (1899 erhielt das Departement die vom 11. gleichen Monats datierte Mitteilung, daß sich die Konzessionsbewerber durch Vertrag mit dem lokalen Initiativkomitee von Trogen und Speicher, vertreten durch die bevollmächtigten Delegierten, Gemeindehauptmann Hohl, Bezirksrichter H. Lutz-Zollikofer in Trogen und alt Gemeindehauptmann C. Hörler in Speicher zum Zwecke der gemeinschaftlichen Konzessionserwerbung vereinigt haben, und mittelst Eingabe vom 19. Mai, 1899 sandte dieses neue Komitee die Beschlüsse des Großen Rates des Kantons St. Gallen und des Kantonsrates von Appenzell A.-Rh. betreffend die Bewilligung der Straßenbenützung.

764

Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen äußerte sich mittelst Schreibens vom 2. Juni 1899, daß er vorab nicht geneigt gewesen sei, dem Konzessionsgesuche näher zu treten, solange die Initiative für dasselbe nicht aus der beteiligten Gegend hervorging. Nachdem aber inzwischen dieser Fall eingetreten und an Stelle der ursprünglichen Konzessionsbewerber ein lokales Initiativkomitee auf Grund derselben Vorlagen sich der Unternehmung angenommen habe, nehme die Regierung keinen Anstand, das Projekt im allgemeinen als empfehlenswert zu begrüßen und dessen Konzessionierung zu befürworten. Die Benützung der Staatsstraße sei vom Großen Rat unter sichernden Bedingungen zugestanden worden.

Auch die Benützung der Gemeindestraßen der Stadt St. Gallen vom Scheidweg über die Linsenbühl- und Burggrabenstraße, dann die Mitbenützung der bestehenden Tramlinie von da bis zum Bahnhof sei vom Gemeinderat grundsätzlich zugestanden, und die Regierung bestätige in Anwendung der Bestimmung des Straßengesetzes ausdrücklich ihr Einverständnis mit der daherigen Verwendung der betreffenden Gemeindestraßen.

In die Beschlüsse betreffend Überlassung der Straßen sei die in Aussicht gestellte Variante über das ,,Thal der Demuta noch nicht einbezogen, weil genügende Vorlagen darüber nicht gegeben seien, und diese Variante seither auch nicht verfolgt worden sei.

Die Zustimmung des Kantons Appenzell A.-Rh. erfolgte durch einen Beschluß des Kantonsrates vom 16. Mai 1899, der uns durch die Konzessionsbewerber unterm 19. gl. M. eingesandt wurde.

Über die Benützung der in der Stadt St. Gallen gelegenen Straßen kam am 10. Mai 1899 eine Vereinbarung zwischen den Konzessionsbewerbern und dem Gemeinderat zu stände, welcher der Regierungsrat, laut Zuschrift an das Eisenbahndepartement vom 19. September abhin, die Genehmigung unter der Bedingung erteilte, daß die verschärfte Haftpflicht, wie solche in Art. 12 der kantonalen Konzession für die Staatsstraße vorgeschrieben sei, auch für die von der elektrischen Straßenbahn in der Gemeinde St. Gallen benützten Gemeindestraßen unbeschränkte Gültigkeit besitze.

Die vorgeschriebenen konferenziellen Verhandlungen fanden am 2, September 1899 statt, wobei sich alle Teilnehmer auf den nachstehenden Beschlußentwurf einigten. Dieser entspricht im großen und ganzen den Bestimmungen, welche für elektrische
Straßenbahnen üblich sind; besondere Erwähnung verdient lediglich Art. 2, welcher die Dauer der Konzession auf 50 Jahre, vom 16. Mai 1899 an gerechnet, normiert, weil der Beschluß des Großen Rates des Kantoos St. Gallen diese Frist voraussieht.

765

Wir empfehlen Ihnen den Beschlußentwurf zur Annahme und benützen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 29. September 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Eingier.

766

(Entwurf.)

Bimdesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. zweier Eingaben der Herren Dr. Du Riche Preller in Zürich und Brown Boveri & Cie. in Baden vom 15. Juni und 16. August 1897; 2. zweier Eingaben des Initiativkomitees für eine elektrische Straßenbahn von St. Gallen nach Trogen vom 11. April und 19. Mai 1899; 3. einer Botschaft des Bundesrates vom 29. September 1899, beschließt: Den Herren Dr. Du Riche P r e l l e r , Ingenieur in Zürich, Brown Boveri & Cie. in Baden, Gemeindehauptmann 0. Hohl in Trogen, alt Gemeindehauptmann C. Hör l er in Speicher und Bezirksrichter H. L u t z in Trogen wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn von St. G a l l e n über S p e i c h e r nach T r o g e n unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren,.

vom 16. Mai 1899 an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Trogen.

767

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitem Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues und der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird jmit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum desjenigen Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

768

Art. 12. Spätestens ein Jahr nach der Betriebseröffnung ist der Güterwagenladungs- und Viehverkehr einzuführen.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens achtmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrate festgesetzt.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, dürfen diese erst nach ihrer Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen eine Taxe von 10 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu beziehen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bestimmungen auszugeben.

769

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Bisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden: Per Stück und per Kilometer für : Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 15 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 7 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 % zu ermäßigen.

Art. 19. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 % und diejenige für Waren um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

770

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 20. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 21. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 22. Die in den Art. 16, 18 und 19 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.'

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 23. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 24. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Ver-

171

ständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken und Unterstützungskasse einzurichten,, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 27. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die Bestimmungen des Beschlusses des Großen Rates des- Kantons St. Gallen vom 16. Mai 1899, des Beschlusses des Kantonsrates von Appenzell A.-Rh.

vom 16. Mai 1899 und des Beschlusses des Gemeinderates der Stadt St. Gallen vom 10. Mai 1899, soweit dieselben nicht mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung im Widerspruch stehen.

Art. 28. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des 'Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh. gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen.

Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungsund Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

772

e. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 22Y2faehen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungsund Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letzteren auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammen^ hängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 29. Haben die Kantone St. Gallen und Appenzell A.-Rh.

den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es in Art. 28 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 30. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-··a-c«^-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Straßenbahn von St. Gallen über Speicher nach Trogen. (Vom 29. September 1899.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1899

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

40

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.10.1899

Date Data Seite

761-772

Page Pagina Ref. No

10 018 923

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.