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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrates, (Vom 26. Mai 1899.)

Der Bundesrat hat auf eine Anfrage des Landwirtschafts- und Handelsdepartements des Kantons Waadt das Sägegeschäft des Karl R e i c h i er in La Foge oberhalb Ciarens zur Zeit des dem Eugen Poget zugestoßenen Unfalles (24. Februar 1898) den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken und damit auch denjenigen des Bundesgesetzes betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb unterstellt erklärt, und zwar mit folgender Begründung : Herr K. Reichler in La Foge oberhalb Ciarens betreibt ein Sägegeschäft, dessen Arbeiterzahl sich nach seinen eigenen Angaben mit Einschluß seines Sohnes im Maximum auf sechs belauft. Entgegen der Annahme des Sägebesitzers ist sein Sohn bei der Berechnung der Arbeiterzahl mit in Betracht zu ziehen, da derselbe am Geschäfte nicht als Anteilhaber participiert.

Unter dem Arbeitspersonal des Sägeetablissements befinden sich zwei Fuhrleute, von denen dem einen, E. Poget, beim Transport des Holzes am 24. Februar 1898 ein Unfall zugestoßen ist.

Im vorliegenden Falle ist nun bei Ermittlung der Arbeiterzahl für die Unterstellung unter das Fabrikgesetz die Frage entscheidend, ob diese Fuhrleute mitzurechnen seien. Der Sägebesitzer gesteht in der Ergänzungsenquete vom 22. März a. c. zu, daß die Fuhrleute bisweilen auf dem Holzplatze der Säge mit dem Auf- und Abladen des Holzes und dann hauptsächlich mit dem Transport desselben beschäftigt seien.

Nach dem Rekursentscheid des Bundesrates vom 13. Oktober 1885 (Komm. pag. 27) betreffend die Holzbearbeitungswerkstätten ist auch dann eine Fabrik im Sinne des Gesetzes vorhanden, wenn die Arbeiter teils unter freiem Himmel auf dem Holzplatze, teils unter dem Dach der Säge sich aufhalten. Es sind deshalb auch die auf dem Holzplatze beschäftigten Arbeiter jeweilen bei Prüfung der Unterstellungsfrage mit in Betracht gezogen worden, und es ist in der That nicht einzusehen, warum nicht auch die beim Auf- und Abladen des Holzes beteiligten und überhaupt häutig neben den Holzarbeitern beschäftigten Fuhrleute mitgezählt werden

1045 und warum diese nicht ebenso gut des Schutzes der Gesetzgebungteilhaftig werden wollten wie die Fuhrleute in den Bierbrauereien und Mühlen, die noch weniger den Gefahren des eigentlichen Betriebes ausgesetzt sind.

Gegenüber dem Einwände, der etwa gegen die Einbeziehung des Fahrpersonals in die Arbeiterzahl erhoben werden könnte, es sei nämlich den Fuhrleuten die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeit unmöglich, ist zu bemerken, daß dieselben als Hülfsarbeiter zu betrachten und daß sie daher als solche nicht an dieVorschriften von Art. 11 des Fabrikgesetzes gebunden sind. Mit Einbeziehimg des Fahrpersonals in die von K. Reichler in seinem Sägebetriebe beschäftigte Arbeiterzahl beträgt dieselbe vor und zur Zeit des Unfalles Poget mehr als fünf, womit die im Bundesratsbeschlusse vom 3. Juni 1891 (Ziff. l, litt. «) aufgestellten Requisite erfüllt sind.

Der schweizerische Bundesrat, nach Einsicht einer Beschwerde des J. L é c h a i r e gegen eine Verfügung des schweizerischen Industriedepartements vom 7. April, betreffend den zwischen J. Léchaire und der Stadt Genf abgeschlossenen Vergleich über die Folgen des ihm am 5. Oktober 1898 zugestoßenen Unfalls, nach Anhörung der Berichte des Industriedepartements und des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsicht der Akten,, woraus sich ergiebt: Das Handels- und Industriedepartement des Kantons Genfmachte nämlich mit Schreiben vom l. April a. c. dem Industriedepartement die Mitteilung, daß dem im Dienste der Gasfabrik der Stadt Genf angestellten Hülfsmechaniker Jules Léchaire am 5. Oktober 1898ein Unfall zugestoßen sei, der eine dauernde teilweise Invalidität zur Folge habe. Außer der Entschädigung des Lohnausfalles während des Heilungsprozesses und der Bezahlung der Spitalkosten sei dem Verunfallten keine andere Entschädigung zugesprochen worden.

Hingegen sei anstatt der dem Léchaire für die teilweise Erwerbsunfähigkeit zukommenden gesetzlichen Entschädigung zwischen Léchaire und der städtischen Behörde unterm 2. Februar 1899 ein Vertrag abgeschlossen worden, wonach letztere sieh verpflichtete, erstem unter gewissen Voraussetzungen dauernd und mit einem bestimmten Lohnansatze (Fr. 4. 50 per Tag) im Dienste zu behalten.

Das kantonale Handels- und Industriedepartement sah in diesem Vorgehen keine gesetzwidrige Handlungsweise, sondern beantragte

1046 beim ladustriedepartement, das vom Fabrikinspektor des II. Kreises angefochtene Übereinkommen, weil den Interessen des verunfallten Arbeiters entsprechend, zu genehmigen.

Das Industriedepartement vermochte die vom kantonalen Departement .in seinem Schreiben vom 1. April abhin niedergelegte Ansicht nicht zu teilen, und es sprach sich mit Zuschrift vom 7.

vorigen Monats dahin aus, daß die zwischen der städtischen Behörde in Genf, als Eigentümerin der Gasfabrik, und Léchaire getroffene Vereinbarung nicht die iu Art. 6 des Haftpflichtgesetzes vom 25. Juni 1881 normierte Entschädigung in vol viere.

Art. 9 des erweiterten Haf'tpflichtgesetzes vom 26. April 1887 bestimmt : ,,Wenn die eidgenössischen oder kantonalen Aufsichtsorgane in Erfahrung bringen, daß der von einem Unfall oder einer Krankheit, wofür Haftpflicht besteht, betroffene Arbeiter oder Angestellte oder dessen Rechtsnachfolger eine im Sinne des gegenwärtigen oder des Gesetzes vom 25. Juni 1881 ihm zustehende billige Entschädigung auf außergerichtlichem Wege nicht erhalten hat, so haben sie sofort der Kantonsregierung Bericht zu erstatten ,,Verträge, denen zufolge einem Geschädigten oder dessen Rechtsnachfolger eine offenbar unzulängliche Entschädigung zukommt oder zugekommen ist, sind anfechtbar. tt Der Fabrikinspektor des II. Kreises hat demnach nur seine Pflicht gethan, wenn er gegenüber der kantonalen Behörde den zwischen der Gasverwaltung der Stadt Genf und Léchaire abgeschlossenen Vertrag beanstandete. Das Industriedepartement hat sich diesem Standpunkte angeschlossen, wenn es dem kantonalen Handels- und Industriedepartement mit Schreiben vom 7. vorigen Monats mitteilte, es könne das citierte Übereinkommen nicht als ein dem Gesetze entsprechendes erachten, und verlangte, es möchte die Entschädigungsfrage eine gesetzmäßige Lösung erhalten; in Erwägung: 1. Der vom schweizerischen Industriedepartement auf Grund des Art. 9, Absatz l, des Haftpflichtgesetzes von 1887 beanstandete Vertrag zwischen J. Léchaire und der Stadt Genf ist durch diese Beanstandung civilrechtlich nicht endgültig geworden; die civilrechtliche Ungültigkeit kann nur durch richterliches Urteil festgesetzt werden; die Beteiligten sind also nicht gehindert, in beidseitigem Einverständnis den Vertrag zu beobachten; die Beschwerde ist demnach in dieser Richtung gegenstandslos.

1047 2. Materiell war aber die Beanstandung fraglichen Vertrages durch den eidgenössischen Fabrikinspektor und das Industriedepartement gerechtfertigt, da dem Verletzten nicht volle Garantie dafür gegeben worden ist, daß er die ihm wegen des erlittenen Unfalles gebührende Minimalentschädigung erhält. Diese Garantie liegt namentlich auch nicht in dem Schreiben vom 8. Februar dieses Jahres an Léchaire ; beschließt: Die Beschwerde J. Lochaire wird als unbegründet abgewiesen.

(Vom 8. Juni 1899.)

An die Kosten der Ausführung der nachstehend bezeichneten Bodenverbesserungsprojekte im Kanton Schaffhausen werden unter der Voraussetzung mindestens ebenso hoher kantonaler Beiträge folgende Bundesbeiträge zugesichert: 1. Für die Drainage der ,,Eichwiesen'''' in Löhningen, 1,94 ha.

(Kostenvoranschlag Fr. 1150), ein Bundesbeitrag1 von 15 %, im Maximum Fr. 172.

2. Für Bodenverbesserungen auf der Jungviehweide ,,Bäbenthal v in Schleitheim, Eigentum der Schaffhauser Viehzuchtgenossenschaften (Drainage, Wasserleitung mit Tränkstellen, Planieruugs- und Räumungsarbeiten), ein Bundesbeitrag von 20 °/o der zu Fr. 3070 veranschlagten Kosten, im Maximum Fr. 614.

Zum Brigadearzt im Infanteriebrigadestab I wird ernannt: Herr Hauptmann René M e y l a n , von Chenit, in Moudon, unter Beförderung zum Major der Sanitätstruppen (Ärzte).

(Vorn 12. Juni 1899.)

Herrn Gustav de Stoutz wird das Exequatur als griechischer Generalkonsul in Genf erteilt.

Der ßundesrat hat Herrn Maler Hodler in Genf die Ausführung al fresco dea Wandgemäldes ,,Rückzug der Schweizer aus der Schlacht bei Marignanoa nach dem letzten vom Künstler vorgelegten und von der Kunstkommission gutgeheißenen Karton übertragen.

1048 Das allgemeine Bauprojekt für die Erweiterimg des Basier Straßenbahnnetzes durch drei neue Linien : a. Marktplatz-St. Johann-Vorstadt-Landesgrenze (mitDienstgeleise nach der Kleinhüningerlinie) ; b. Äschenplatz-St. Jakobsstraße-Güterstraße ; c. ßarfüßerplatz-Steinenthorstraße-Aliseli\vylerstral5e wird unter einigen Bedingungen genehmigt.

Nach Antrag des Militärdepartements werden die kantonalen Zeughausverwaltungen ermächtigt, Vetterligewehre und -slatzcr, Modell 1869/1871, sowie Vetterlikarabiner, Modell 1878, zum Preise von Fr. 8 per Stück zu verkaufen.

""Wahlen.

(Vom 8. Juni 1899.)

Post- und Eiseilbahndepartement.

Postverwaltung.

Postcommis in Brunnen : Herr Max Vogel, von Menznau, Postaspirant in Goldau.

Postcommis in Glarus: .,, Jakob Störi, von Schwanden, Postcommis in St. Gallen.

(Vom 12. Juni 1899.)

Handels-, Industrie- und Landwirtscliaftsdepcvrlement.

Orrenztierarzt in Zernez : Herr Tierarzt Karl Thüer, zur Zeit in Urnäsch.

Post- und Eisenbalmdepartement.

Postcommis in Basel :

Postverwaltung.

Herr Otto Luterbacher, von Steinhof (Solothurn), Postaspirant in Basel.

., Bernhard Studer, von Hägendorf, Postaspirant in Basel.

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