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Bundesratsbeschluss über

die Beschwerde der Internationalen Schlafwagengesellschaft in Basel gegen die Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Soslothurn,, Baselland, Aargau und Tessin wegen Nchtausführung des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1898 und wegen Verletzung der Handelsund Gewerbefreiheit.

(Vom 21. März 1899.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über die Beschwerde der Internationalen Schlafwagengesellschaft in Basel gegen die Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Solothurn, Baselland, Aargau und Tessin wegen Nichtausführung des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1898 und wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit folgenden Beschluß gefaßt: A.

In thatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I.

Am 28. Januar 1898 hat der Bundesrat auf die Beschwerde der Gotthardbahn und der Internationalen Schlafwagengesellschaft

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in Basel gegen die Kantóne Uri und Tessin betreffend die Erhebung einer Patenttaxe für den Wirtschaftsbetrieb der Restaurationswagen auf der Gotthardbahn entschieden: Die Schlafwagengesellschaft kann für den Speisewagenbetrieb auf der Linie Basel-Chiasso bloß zur Entrichtung einer einzigen Patentgebühr verhalten werden, welche das in den Gesetzen der beteiligten Kantone vorgesehene Maximum nicht überschreiten und unter die beteiligten Kantone gemäß gütlicher Übereinkunft oder, mangels einer solchen, nach Feststellung der zuständigen Bundesbehörde verteilt werden soll, Bundesbl. 1898,1, S. 182.

Es haben sich hierauf die Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Solothurn, Baselland, Aargau und Tessin, dahin verständigt, daß sie der Ansetzung ihrer gemeinsamen Wirtschaftspatenttaxe für die internationale Schlafwagengesellschaft von Basel bis Chiasso den § 2 des Luzerner Wirtschaftsgesetzes vom 3. März 1897, der für Wein- und Speisewirtschaften, sowie für Restaurants ein Gebührenmaximum von Fr. 3000 vorsieht, zu Grunde legten.

In Berücksichtigung der Bahnkilometer eines jeden der an der Strecke Basel-Chiasso liegenden Kantone und des Umstandes, daß der Regieriingsrat des Kantons Baselstadt, laut Mitteilung vom 29. Oktober 1898 an die Urner Regierung, auf den Bezug des seinem Kanton zufallenden Betrages zu verzichten erklärt hatte, wurde die Wirtschaftsgebühr unter die einzelnen Kantone in folgender Weise verteilt: Luzern mit 58,3si Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von Fr. 550 Uri mit 54,678 Bahnkilometern erhält eiue Jahresgebühr von ,, 500 Schwyz mit 32,595 Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von ,, 315 Solothurn mit 8,208 Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von ,, 80 Baselland mit 29,eoe Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von ,, 280 Aargau mit 8,588 Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von ,, 85 Tessin mit 125,t7o Bahnkilometern erhält eine Jahresgebühr von ,, 1090 Summe

Fr. 2900

Für den Kanton Baselstadt blieben darnach Fr. 100 reserviert.

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Diese Vereinbarung teilte der Regierungsrat des Kantons Uri der Internationalen Schlafwagengesellschaft mit. Schreiben vom 27. Oktober 1898 mit; zugleich forderte er die Gesellschaft auf, an den Fiskus von Uri die für das Jahr 1897 rückständige Gebühr von Fr. 300 zu bezahlen, die in der Rekursentscheidung vom 28. Januar 1898 grundsätzlich geschützt worden war.

n.

Den 21. November 1898 reichte die Internationale Schlafwagengesellschaft beim Bundesrat eine Beschwerde ein mit folgenden Begehren : 1. Es wolle der Bundesrat erkennen, daß die einheitliche Patenttaxe, welche die Rekurrentin für den Speisewagenbetrieb in der Schweiz zu bezahlen hat, nicht größer sein darf als das Maximum einer Gebühr, wie es nach den gesetzlichen Bestimmungen sämtlicher Kantone zulässig ist, d. h. nicht höher als Fr. 500.

2. Der Kanton Uri sei nicht berechtigt, pro 1897 eine Patenttaxe von Fr. 300 von der Rekurrentin zu verlangen.

Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin an: Da der Wirtschaftsbetrieb der Speisewagen nur zu einem Teil auf dem Gebiete des Kantons Luzern ausgeübt wird, so besteht kein Grund, ausschließlich diese Gesetzgebung für die Patenttaxe anzuwenden; das zulässige Maximum des Kantons Luzern übersteigt um das sechsfache das des Kantons Uri. Die der Gesellschaft auferlegte Gebühr ist verfassungswidrig, weil die Kantone gemäß Art. 4 und 31 der Bundesverfassung nur solche Gebühren und Verkehrssteuern beziehen dürfen,' die nach ihrer eigenen Gesetzgebung zulässig sind. Es ist daher davon auszugehen, daß kein Kanton die Berechtigung hat, eine höhere Taxe zu beziehen als diejenige, die nach seiner Gesetzgebung zulässig ist; deshalb kann auch als Einheitsgebühr nicht das Gebührenmaximum desjenigen Kantons angenommen werden, der die höchsten Taxen unter den beteiligten Kantonen kennt, sondern es kann nur eine Patenttaxe auferlegt werden, die begründet ist nach der Gesetzgebung jedes der beteiligten Kantone. Es ist also als Maximum der Gebühr ein Betrag anzusetzen, der den zulässigen Betrag der Patentgebühr keines der beteiligten Kantone überschreitet.

Nach diesen Grundsätzen ist als Einheitsgebühr die in § 7 des Urner Wirtschaftsgesetzes vom 4. Mai 1884 als Maximum

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vorgesehene Wirtschaftspatenttaxe von Fr. 500 zur Anwehdung zu bringen, als das Maximum einer Patentgebühr, die nach der Gesetzgebung der sämtlichen beteiligten Kantone der Höhe nach begründet ist. Diese Maximaleinheitsgebühr erscheint nicht als zu niedrig, wenn man bedenkt, da3 das Äquivalent, das die Kantone für die Abgabe der Schlafwagengesellschaft leisten, gleich Null ist.

Eine Gebühr dagegen von Fr. 3000 als jährliche Patenttaxe für die Linie Basel-Chiasso wäre zu hoch, als daß von einem lohnenden Betrieb der Speisewagen noch die Rede sein könnte, und es müßte der Speisewagenbetrieb, der auf dieser Linie ohnedies unrentabel ist, eingestellt werden. Es ist daher die Beschwerde auch unter diesem Gesichtspunkte begründet.

Übrigens stehen die zu gunsten der einzelnen Kantone festgesetzten Beträge mit .dem Bundesratsbeschluß vom 28. Januar 1898 in Widerspruch. Denn wenn der Regierungsrat des Kantons Uri im Jahre 1897 eine Patentgebühr von Fr. 300 verlangt, der Bundesrat ihn aber als zum Bezug einer solchen Gesamtgebühr nicht berechtigt erklärt hat, so bedeutet es eine direkte Widersetzlichkeit gegenüber dem Bundesratsbeschluß, wenn nun heute der Kanton Fr. 500 verlangt; und das gleiche gilt gegenüber dem Kanton Tessin, der für das Jahr 1897 Fr. 499. 50 verlangt hat, wovon ihm aber der Bundesrat nur einen Teil zusprach, und der heute mehr als das Doppelte der irn Jahre 1897 verlangten Taxe fordert.

Die vom Kanton Uri verlangte Gebühr von Fr. 500 wird ferner auch von dem Gesichtspunkte aus angefochten, weil sie das Maximum der Patentgebiihr ist, die der Kanton überhaupt kennt; denn es hat der Bundesrat in der mehrerwähnten Entscheidung vom 28. Januar 1898 festgestellt, da3 die Schlafwagengesellschaft nicht in jedem Kanton, durch dessen Gebiet die Speisewagen fahren, eine ständige Wirtschaft betreibe, für die sie gleich einem ändern Wirte besteuert werden könne, und daß sie deshalb auch nicht in jedem Kanton die ganze Gebühr zu entrichten habe, daß aber jeder Kanton berechtigt sei, eine verhältnismäßige Gebühr von ihr zu verlangen. Diese verhältnismäßige Gebühr ist selbstverständlich nicht ein proportionaler Anteil an der Gebühr desjenigen Kantons, der die höchste Patenttaxe kennt, sondern der verhältnismäßige Teil einer Gebühr, die durch die Gesetzgebung des eigenen, wie diejenige der übrigen Kantone zugelassen ist.

Unbegründet ist endlich die Forderung des Kantons Uri betreffend die Bezahlung der Patentgebühr von Fr. 300 für das Jahr

879 1897 ; denn dieser Betrag ist, wenn auch nicht das im Kanton Uri vorgesehene Maximum, so doch eine ganze Wirtschaftsgebühr ; der Bundesrat hat aber nur die Verpflichtung der Rekurrentin zur Bezahlung eines verhältnismäßigen Anteils einer solchen als zulässig erklärt.

m.

Am 28. November 1898 wurde die Beschwerde den Regie, rungen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Solothurn, BasellandAargau und Tessin zur Vernehmlassung mitgeteilt.

Mit Ausnahme des Kantons Solothurn verlangen die Kantone die Abweisung der Beschwerde und die Bestätigung der Wirtschaftsgebühr, die der Internationalen Schlafwagengesellschaft nach Maßgabe der unter den Kantonen erfolgten Vereinbarung auferlegt worden ist. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn dagegen begnügt sich in seinem Schreiben vom 14. Februar 1899, ohne einen bestimmten Antrag zu stellen, mit der Erklärung, daß er grundsätzlich an der Entrichtung einer angemessenen Taxe für den auf den Eisenbahnstrecken seines Gebietes geführten Restaurationswagenbetrieb festhalte.

Den Eingaben der Kantonsregierungen ist im wesentlichen folgendes zu entnehmen : L u z e r n (Schreiben vom 16. Dezember 1898): Die Gebühr von Fr. 3000 ist nicht zu hoch, wenn in Erwägung gezogen wird, daß das Wirtschaftsrecht in vier Wagen zu gleicher Zeit ausgeübt wird, und daß mithin die Betriebszeit eine größere ist als bei allen anderen Wirtschaften; von dem Zeitpunkt an, da die Speisewagen auf der Gotthardlinie eingeführt wurden, mußte die Gotthardbahngesellschaft dem Bahnhofrestaurateur in Göschenen den Pachtzins um jährlich Fr. 10,000 reduzieren.

Uri (Schreiben vom 2. Januar 1899): Die Interpretation des Bundesratsbeschlusses ist eine sachgemäße, da keiner der den Kantonen zufallenden Beträge dessen kantonales Maximum überschreitet. Die von den Kantonen vorgenommene Festsetzung der der Schlafwagengesellschaft aufzuerlegenden einheitlichen Patentgebühr ist in gleicher Weise geschehen, wie die den Dampfschiffwirten auf dem Vierwaldstättersee auferlegte Einheitsgebühr, indem auch hier das (damalige) luzernische Maximum von Fr. 1000 zur Verteilung unter die Uferkantone bestimmt wurde. Die heute von. der Schlafwagengesellschaft erhobene Gebühr ist aber verhältnismäßig niedriger als jene den Dampfschiffwirten auferlegte

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Taxe, da das Wirtschaftsgebiet auf dem Vierwaldstättersee erheblich weniger umfangreich, die Konkurrenz der nahen Uferorte ungleich größer und die Dauer des eigentlichen Wirtens viel kleiner, thatsächlich auf die Sommersaison eingeschränkt ist.

Die für das Jahr 1897 verlangte Patentgebühr von Fr. 300' ist gerechtfertigt, weil die Gesellschaft bereits in diesem Jahre mit dem Betrieb der Restaurationswagen begonnen hat; die Taxation ist thatsächlich auch schon im Sommer 1897 erfolgt und auf bloß Fr. 300 angesetzt worden, weil damals der Wirtschaftsbetrieb kein ganzjähriger war. Sollte der Bundesrat diese Taxe von Fr. 300 nicht anerkennen, so müßte wohl die Berechtigung zugestanden werdenden bundesrätlichen Entscheid vom 28. Januar 1898 schon für das Jahr 1897 zur Anwendung zu bringen.

S c h w y z (Schreiben vom S.Januar 1899): Der Regierungsrat verweist auf die vom Regierungsrat des Kantons Uri gemachtenAusführungen und erklärt das Vorgehen der Kantone als unanfechtbar, da keiner der den Kantonen zufallenden Anteile das in.

dem betreffenden Kanton bestehende Maximum überschreitet.

B a s e l l a n d (Schreiben vom 7. Dezember 1898}: Die Höhe der festgesetzten Taxe steht mit dem Wortlaut des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1898 in Einklang, wonach die gemeinsame, d. h. einzige Patentgebühr das in den Gesetzen der beteiligten Kantone vorgesehene Maximum nicht überschreiten soll; demnach kann die höchste Wirtschaftstaxe einer der beteiligtenKantone als die unter denselben zu verteilende Gebühr verlangt werden. Der fragliche Entscheid könnte seinem Wortlaute nach, höchstens dahin ausgelegt werden, daß das Maximum der Patenttaxe jedes der beteiligten Kantone in Berechnung gezogen werden müsse, und der Durchschnitt dieser Maximalgebühren als Einheitstaxe verlangt werden dürfe. Unhaltbar ist dagegen die von der Rekurrentin angenommene Interpretation des Bundesratsbeschlusses.

A a r g a u (Schreiben vom 12. Dezember 1898): Die formellen: Einwände der Beschwerde sind durchaus nicht stichhaltig, da dieselben dem kantonalen Recht entnommen sind. Im vorliegenden Falle ist aber das kantonale Recht in sehr vernünftiger Weisedurch einen eidgenössischen Administrativentseheid bei Seite gesetzt worden. Die strikte Anwendung des kantonalen Rechtes würde den Betrieb der Restaurationswagen verhindern, damit
dem Verkehr schädlich sein und das Ansehen des Landes bloßstellen.

Nach der Höhe der auf der deutschen, ungefähr 800km. langen,.

Eisenbahnstrecke Basel-Berlin verlangten Wirtschaftsgebühr von.

881 cirka Fr, 7000, kann auch diejenige von Fr. 3000 für den Betrieb auf Schweizergebiet, wo 320 km. durchlaufen werden, nicht als zu hoch betrachtet werden.

T e s s i n (Schreiben vom 17. Dezember 1898): Die Ansicht^ als könne der Kanton Tessin die ihm nach dem Verteilungsplan zufallende Gebühr von Fr. 1090 nicht beanspruchen, weil das tessinische Gesetz keine höhere Taxe als Fr. 1000 kennt, ist unrichtig;.denn gemäß dem tessinischen Gesetz vom 1. Dezember 1875, hängt bei Gewerbe- und Handelsbetrieb die Höhe der Gewerbesteuer vom Ertrage des im Geschäfte verwendeten Kapitals und dem Betrage desselben ab. Es kann daher das Maximum der Steuer den Betrag von Fr. 1000 weit übersteigen, und es steht der dem Kanton Tessin zufallende Anteil von Fr. 1090 mit dem Bundesratsbeschluß nicht in Widerspruch. Dieser Betrag ist auch im Verhältnis der alle im Kanton Tessin Gewerbetreibende treffenden Gebühr verhältnismäßig niedrig, da im Kanton Gesellschaften und Handelsfirmen bestehen, die bei einem fünfmal geringern Kapital und Reinertrag als dem im Vertrag zwischen der Internationalen Schlafwagengesellschaft und der Golthardbahn vorgesehenen jährlich allein für Gewerbesteuer über Fr. 2300 entrichten. Wenn der Regierungsrat schon im Jahre 1897 diesen Vertrag gekannt hätte, so hätte er schon damals die Gebühr nicht auf bloß Fr. 499. 50 festgesetzt. Es hat sich ferner das kantonale Steueramt genötigt gesehen, wegen der durch den Restaurationswagenbetrieb bewirkten Verkehrsverminderung dem Eigentümer des Stationscafes von Bellinzona eine Herabsetzung des Einkommens von Fr. 10,000 auf Fr. 5500 und demjenigen von Lugano eine solche von Fr. 2500 auf Fr. 2000 zu bewilligen, womit der Staat an Gewerbesteuern einen Ausfall von Fr. 347 erlitten hat; würde demnach der Antrag der Schlafwagengesellschaft angenommen, wonach die Einheitstaxe Fr. 500 nicht überschreiten dürfe, so würde mit dem dem Kanton Tessin zufallenden Dritteil der Gesamtgebühr von Fr. 167 nicht einmal der erlittene Steuerausfall gedeckt werden.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht: I.

Durch die rechtskräftig gewordene Entscheidung des Bundesrates vom 28. Januar 1898 ist festgesetzt worden:

882 1. daß die Internationale Schlafwagengesellschaft für den Speisewagenbetrieb auf der Linie Basel-Chiasso --- der als einheitlicher zu betrachten ist, sich aber auf die ganze genannte Fahrstrecke verteilt -- bloß zur Entrichtung einer einzigen Patentgebühr verhalten werden kann, und 2. daß diese Patentgebühr das in den Gesetzen der beteiligten Kantone vorgesehene Maximum nicht überschreiten soll.

Die beteiligten Kantone haben, auf diese Entscheidung gestützt, in Berücksichtigung des § 2 des luzernischen Wirtschaftsgesetzes und des Umstandse; daß Baselstadt auf seinen Gebührenanteil verzichtet hat, die der Internationalen Schlafwagengesellschaft aufzuerlegende Patentgebühr auf Fr. 2900 festgesetzt und sich über die Verteilungsart derselben verständigt.

Es fragt sich also nur, ob die festgesetzte Höhe der beanspruchten Patentgebühr an sieb zulässig sei? Diese Frage ist zu bejahen, weil das Maximum, der zulässigen Patentgebühr im Luzerner Gesetz Fr. 3000 beträgt und, wie sich aus den Erklärungen der kantonalen Regierungen ergiebt, kein beteiligter Kanton eine das Maximum seiner kantonalen Gesetzgebung überschreitende Gebühr erhält. Wäre letzteres der Fall, so würde für den betreffenden Kanton die gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Gebühr fehlen.

Bewegt sich aber das jedem einzelnen Kanton zufallende Betreffnis innerhalb des zulässigen kantonalen Maximums, s.o kann die Internationale Schlafwagengesellschaft sich nicht darüber beschweren, daß die Gesamtgebühr höher ist, als das Maximum. des einen oder ändern Kantons. Mit Unrecht glaubt daher die Beschwerdeführerin, es hätten sich die Kantone bei Festsetzung der Patentgebühr an den Betrag zu halten, der den zulässigen Betrag der Patentgebühren keines der beteiligten Kantone überschreitet ; ebensowenig ist aber im Bundesratsbeschluß vom 28. Januar 1898 ausgesprochen, :daß das Maximum der Patentgebühr jedes der beteiligten Kantone in Betracht gezogen werden müsse und daß dann nur der Durchschnitt dieser Maximalgebühren als Einheitstaxe verlangt werden dürfe. Unzutreffend wäre es auch zu behaupten, daß durch die Rücksichtnahme auf das Maximum der Patentgebühr des Luzerner Rechtes dieses. Luzerner Recht in unzulässiger Weise seine Wirksamkeit auf andere Kantonsgebiete erstrecke; denn jeder Kanton bezieht die ihm zufallende Patentgebühr auf Grund
seiner eigenen Gesetzgebung und nur bei Festsetzung der Höhe der einheitlichen Patentgebühr für den einheitlichen Gewerbebetrieb mußte darauf Bedacht genommen werden,

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daß der Patentgebührenanspruch des einen Kantons nicht ohne Rücksicht auf den gleichfalls begründeten Patentgebührenanspruch der ändern Kantone geltend gemacht wird.

Es sei auch zur Unterstützung des zutreffenden' Vorgehens der Kantone in Ausführung des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1898 darauf hingewiesen, daß die beteiligten Kantone seiner Zeit in Ausführung des bundesrätlichen Entscheides vom 15. Januar 1887 gegenüber der Dampfschiffahrtsgesellschaft auf dem Vierwaldstättersee in gleicher Weise die Patentgebühr festgesetzt hatten, wie sie dies jetzt gegenüber der Internationalen Schlafwagengesellschaft gethan haben.

II.

Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, daß bei einer jährlichen Patentgebühr von Fr. 2900 für die Linie Basel-Chiasso ein lohnender Betrieb der Speisewagen auf dieser Bahnstrecke unmöglich sei. Dieser Beschwerdepunkt müßte auf Grund des Art. 31 der Bundesverfassung dazu führen, die Beschwerde als begründet zu erklären, wenn seine Richtigkeit glaubhaft gemacht worden wäre.

Die Beschwerdeführerin hat aber jede nähere Beweisführung in dieser Richtung unterlassen; die bloße Behauptung, der ohnedies unrentable Betrieb müßte eingestellt werden bei Erhebung der angefochtenen Patentgebühr, genügt natürlich nicht.

Auch vom Standpunkt der Rechtsgleichheit aus kann die Beschwerdeführerin die Patentgebühr von Fr. 2900 nicht anfechten, da ihr Wirtschaftsbetrieb ein so eigenartiger ist, daß derselbe mit Recht in einer innerhalb der gesetzlichen Schranken zulässigen Weise eigenartig behandelt wird.

m.

Vorbehalten bleibt durch die vorliegende Entscheidung die Frage, ob die internationale Schlafwagengesellschaft eine Reduktion der Patentgebühr von Fr. 2900 deshalb zu verlangen befugt sei, weil sie ihren Speisewagenbetrieb nicht auf die Linie Basel-Chiasso beschränkt, sondern auf andere Bahnlinien der Schweiz ausgedehnt hat oder noch auszudehnen Willens ist. Diese Frage ist erst dann zu entscheiden, wenn die Gesellschaft sich veranlaßt sehen sollte gegen alle diejenigen Kantone zugleich Beschwerde zu führen, die ihr eine Wirtschaftspatenttaxe auferlegen.

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IV.

Ist für das Jahr 1898 tons Uri im Betrag von Fr.

die Beschwerde gegen die eingeforderte Patentgebühr wiesen werden.

ein Patentgebührenanspruch des Kan500 begründet, so muß ohne weiteres vom Kanton Uri für das Jahr 1897 von Fr. 300 als unbegründet abge-

Demnach wird erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B e r n , den 21. März 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bundesratsbeschluss über die Beschwerde der Internationalen Schlafwagengesellschaft in Basel gegen die Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Solothurn,, Baselland, Aargau und Tessin wegen Nichtausführung des Bundesratsbeschlusses vom 28. Januar 1898 und wegen...

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22.03.1899

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