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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession eines elektrischen Tramways in Romont.

(Vorn 22. Juni 1899.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 22. April 1899 unterbreitete Herr August Winkler in Freiburg Namens eines Initiativkomitees dem Bundesrat das Gesuch um K o n z e s s i o n für ein e l e k t r i s c h e s T r a m w a y in R o m o n t . Dieses soll das Städtchen mit der Station der Jura-Simplon-Bahn verbinden. Romont sei Hauptort des Glânebezirkes, besitze etwa 2000 Einwohner und einige Industrien, welche sich wegen der Lage des Städtchens bisher nicht genügend entwickeln konnten. Der Zugang sei nämlich beschwerlich für die Leute und kostspielig für die Waren, weil Romont auf einem Hügel liege, der sich 70 Meter über die Ebene und über die Station der Jura-Simplon-Bahn erhebe. Es sei daher ein dringendes Bedürfnis, den Zugang zur Stadt durch ein elektrisches Tramway bequem und billig zu gestalten.

Der untere Endpunkt der projektierten Unternehmung werde sich gegenüber dem Stationsgebäude der Jura-Simplon-Bahn befinden. Von hier ziehe sich die Linie unter Benützung der Avenue de la Gare mit 12,s % Steigung zum Eingang in die Stadt, folge dann der Grand'Rue, der Rue des Moines, der Rue de l'Eglise und der Rue du Château und erreiche den höchsten und Endpunkt vis-à-vis dem Stadthaus. In der Stadt selbst betrage die Maximalsteigung 9,? %. Ein Kreuzungsgeleise befinde sich in der Grand'Rue. Beim Postgebäude werde ein Sackgeleise für den

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Postdienst und auf der untern Station ein Verbindungsgeleise zum Güterschuppen erstellt.

Um die starke Steigung von 12,s % in der Avenue de la Gare zu vermeiden, behalte sich das Komitee vor, die Bahn eventuell von der Station der Staatsstraße über Belle Croix folgen und sie beim Eingang in die Stadt das ursprüngliche Tracé wieder gewinnen zu lassen. Dadurch würde die Steigung auf 9 °/o vermindert, wenn auch die Linie um 420 Meter verlängert würde.

Als Betriebskraft solle Elektrizität zur Verwendung kommen.

Damit sollte auch die Steigung von 12,6 % in der Avenue de la Gare überwunden werden können. Das Tramway in Lausanne bewältige z. B. eine Steigung von ll,e % m^ Leichtigkeit und im Ausland finde man verschiedene Straßenbahnen mit Steigungen bis zu 14 %. Wenn sich indessen die Unmöglichkeit zeigen sollte, die Avenue de la Gare mittelst bloßer Adhäsion zu befahren, so behalte sich das Komitee vor, entweder eine Zahnstange einzulegen oder, wie schon erwähnt, die Variante über Belle Croix zu wählen.

Die gesamte Länge des Tramways werde 1040, eventuell 1440 Meter, der Minimälradius 20 Meter betragen.

Der Kostenvoranschlag enthält folgende Posten: 1. Vorstudien, Organisation und Bauzinsen . . Fr. 6,000 2. Erstellung der Bahn ,, 30,000 3. Elektrische Leitung ,, 8,000 4. Transformatorenstation ,, 15,000 5. Wagenremise ,, 4,000 6. Rollmaterial ,, 30.000 7. Unvorhergesehenes ,, 4,000 Total Fr. 97,000 Im Falle der Ausführung der Variante über Belle Croix würden sich die Kosten um Fr. 13,000 erhöhen, also Fr. 110,000 betragen.

Der Voranschlag für die Betriebsrechnung enthält folgende.

Posten : A. E i n n a h m e n : 1. Personenverkehr Fr. 6,000 2. Güterverkehr ,, 6,000 3. Beförderung der Post ,, 2,000 Total Fr. 14,000

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B. A u s g a b e n : 1. Verwaltung, Kontrolle und Verschiedenes .

2. Elektrische Kraft 3. Löhne Total

Fr.

,, ,,

2,000 4,500 5,000

Fr. 11,500

Demnach würde sich ein Einnahmenüberschuß von Fr. 2500 ergeben, welcher, da das gesamte ßaukapital durch Ausgabe von Aktien aufgebracht werden soll, eine Dividende von ungefähr 2,5 °/o auszurichten erlaube.

Der Staatsrat des Kantons Freiburg unterstützte mit Schreiben vom 23. Mai 1899 das Konzessionsgesuch, jedoch mit dem Vorbehalt, daß die Variante über Belle Croix nicht gewählt werden dürfe, weil jene Straße zu schmal sei. Infolgedessen wurde auch die Variante im Konzessionsentwurf nicht berücksichtigt.

Die Konferenz zur Besprechung des letztern fand am 13. ds.

Mts. statt. Anlaß zu Bemerkungen gab einzig Art. 8, wobei der Vertreter der kantonalen Regierung sich die Prüfung der Frage vorbehielt, unter welchen Bedingungen die Einlegung einer Zahnstange in die Straße gestattet werden könne. Die Entscheidung hierüber wird anläßlich der Planvorlage zu treffen sein.

Im übrigen enthält der Entwurf die für elektrische Tramways üblichen Bestimmungen, so daß wir uns nicht zu besonderen Bemerkungen veranlaßt sehen. Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und versichern Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 22. Juni 1899.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Müller.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession eines elektrischen Tramways in Romont.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn August Winkler, Geometer, in Freiburg, und Mithafte, vom 22. April 1899; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 1899, beschließt: Den Herren E. D u p r a s , Advokat in Romont, und August W i n k l e r , G-eometer in Freiburg, handelnd Namens eines Initiativkomitees, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb eines elektrischen T r a m w a y s vom B a h n h o f durch die A v e n u e de la G a r e , G r a n d ' R u e , Rue'desMoines, R u e d e l a B o u c h e r i e und R u e de l ' E g l i s e nach der Rue du C h â t e a u in R o m o n t unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Romont.

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Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen einem Jahre, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben. Eventuell wird in der Avenue de la Gare eine Zahnstange eingelegt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Freiburg und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die

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Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen und Gepäck. Über die Einführung eines Güterdienstes entscheidet der Bundesrat. Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche nur nach Genehmigung durch den Bundesrat eingeführt werden.

Art. 14. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen.

Immerhin sind alle Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrat bestimmt.

Art. 15. Es wird nur eine Wagenklasse eingeführt, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag von 15 Rappen für die ganze Strecke zu beziehen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts zu zahlen.

Handgepäck ist soweit frei, als es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann; soweit, dafür besonderer Platz in Anspruch genommen wird, ist die Personentaxe zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bedingungen Abonnementsbillette zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Bei Einführung eines Güterdienstes setzt der Bundesrat die Taxen fest.

Art. 17. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 18. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

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Art. 19. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 20. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffhung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 21. Für die Greltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte,, des Kantons Freiburg, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf den 1. Mai eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

6. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Imm erhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25f'achen Wert des

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durchschnittliehen Reinertrages deijenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und 1. Mai 1950 erfolgt, den 22y 2 fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch · letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

ft Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Enlr Scheidung des Bundesgerichtes.

Art. 22. Hat der Kanton Freiburg den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 21 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 23. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession eines elektrischen Tramways in Romont. (Vom 22. Juni 1899.)

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28.06.1899

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