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Bericht der

Kommission des Ständerates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1898.

(Vom 23. Mai 1899.)

Tit.

Die Kommission des Ständerates beehrt sich Ihnen betreffend Geschäftsbericht des Bundesrates und des Bundesgerichts folgende Bemerkungen vorzulegen.

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Geschäftsführung des Bundesrates.

A. Finanz- und Zolldepartement.

A. Finanzverwaltung.

I. Finanzbureau.

Gesetzgebung und Postulate.

Die Angelegenheit betreffend Erlaß eines Ausführungsgesetzes zu Art. 39 der B. V. (Banknotenmonopol) ist im Laufe des Berichtsjahres vom Bundesrate, nachdem seitens des Handels- und Industrievereins ein Gesetzesvorschlag bei ihm eingelangt war, einer Expertenkommission vorgelegt worden, welche die Materie einer gründlichen Prüfung unterzogen hat. Inzwischen hat der Bundesrat selbst eine Gesetzesvorlage ausgearbeitet, und den eidgenössischen Räten unterbreitet.

Der Bundesrat hat am 5. Dezember Ib98 einen Beschluß erlassen betreffend die Entschädigungen für außerordentliche Dienstleistungen von Beamten und Angestellten der Bundesverwaltung; derselbe tritt an die Stelle eines frühern Beschlusses vom 11. März 1879, dessen Bestimmungen erheblich verschärft worden sind. Die Kommission erklärt sich mit den Grundsätzen, nach welchen die einschlägigen Verhältnisse neu geordnet worden sind, vollkommen einverstanden.

Postulate mit Bezug auf die Finanzverwaltung bestehen nicht.

Mlinzwesen.

Nachdem noch im Jahre 1897 abgerufene schweizerische Silberscheidemünzen mit dem Gepräge der sitzenden Helvetia in bedeutenden Quantitäten bei der Staatskasse eingegangen waren, sind diese Eingänge im Berichtsjahre erheblich zurückgegangen.

In der Schweiz selbst scheinen nur noch wenige solche Münzen in Umlauf zu sein. Nachdem der Kurs derselben vom Bundesrate

902 schon am 11. Februar 1896 auf 60 % herabgesetzt worden war, ist am 27. Juli 1898 für deren Einlösung bei den eidgenössischen Kassen eine letzte viermonatliche Frist festgesetzt und vom 31. Oktober 1898 weg deren Annahme auch zu jenein reduzierten Kurse untersagt worden.

Simplonsubventionen.

Am 15. September 1898 ist bei der Jura-Simplon-Gesellschaft der erste Fünfteil der schweizerischerseits bewilligten Subventionen für den Simplon-Durchstich geleistet worden, und zwar mit Fr. J,452,000 in bar und Fr. 1,800,000 in Form von Quittungen der Kantone Freiburg, Waadt, Neuenburg und Genf für die ihnen zuerkannten Entschädigungssummen für ihre Heimfallrechte und des Kantons Wallis für einen seinerzeit geleisteten Vorschuß an die ehemalige Simplongesellschaft. Der Anteil des Bundes an jener Barleistung beträgt Fr. 900,000.

Militärpensionen.

Das Finanz- und das Militärdepartement haben sich dahin verständigt, daß inskünftig keine Abtretungen von Militärpensionen mehr acceptiert werden sollen. Im Schöße der Kommission sind Zweifel darüber geäußert worden, ob diese Verfügung im Streitfalle auf den Schutz des Richters rechnen könnte.

II. Finanzkontrolle.

K o n t r o l l i e r u n g d e r B u d g e t k r e d i t e . D i e Kommission hat mit Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß das Finanzdepartement in dieser Einsicht fortgesetzt auf peinlichste Ordnung und Regelmäßigkeit hält; sie billigt die Verfügungen, welche zu dem Behufe vom Departement neuerdings getroffen worden sind.

Das Gleiche ist zu sagen über die R e v i s i o n der R e c h n u n g e n , welche, wie die Kommission sich überzeugt hat, in materieller wie formeller Hinsicht gewissenhaft und umsichtig und mit anerkennenswerter Selbständigkeit gegenüber den Vorstehern der verschiedenen Verwaltungszweige durchgeführt wird.

Neben den ordentlichen K a s s e n r e v i s i o n e n sind im Laufe des Jahres sämtliche eidgenössischen Hauptkassen einer unvermuteten Revision unterstellt worden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren im allgemeinen zufriedenstellend. Immerhin wurden verschiedene kleinere Differenzen konstatiert, die indessen

903 meistens auf unrichtige und mangelhafte Buchungen zurückzuführen waren. Die Kommission hat sich auch hiervon durch Einsichtnahme der Revisionsprotokolle und der bezüglichen Akten überzeugt.

V e r i f i k a t i o n e n der I n v e n t a r b e s t ä n d e an Ort und Stelle haben im Berichtsjahre im Ganzen 23 stattgefunden, welche, trotzdem sie nicht unvermutet waren, mehreren Ortes Differenzen zu Tage gefördert haben. Der Wunsch nach einer häufigem Verifikation dieser Bestände, welcher in die gedruckten Bemerkungen der nationalrätlichen Kommission zum letztjährigen Geschäftsberichte aufgenommen worden ist, wird hierseits erneuert.

III. Banknotenkontrolle.

Die Zahl der gesetzlich autorisierten Emissionsbanken ist auf 35, das eingezahlte Kapital auf Fr. 169,775,000, das Total der bewilligten Emission auf Fr. 229,250,000 angestiegen, von welch letzterem Fr. 228,850,000 effektiv emittiert sind.

Die Bestellungen von neuen Notenformularen haben sich im Berichtsjahre erheblich vermehrt, woraus der Bundesrat gerne den Schluß zieht, daß mit wenigen Ausnahmen die Banken im allgemeinen bestrebt waren, früher gemachten Bemerkungen betreffend promptere Ersetzung von unreinen und defekten Noten mehr Rechnung zu tragen.

Im Berichtsjahre ist ein Fall von Notenfälschung -- Fünfzigfrankennoten der Kantona.lbank von Bern -- vorgekommen. Die vom Finanzdepartement sofort getroffenen Maßnahmen haben zur baldigen Ausmittlung und Festnahme der Fälscher geführt.

Der Bericht konstatiert, daß der Wechselkurs auf Frankreich, London und Deutschland im Berichtsjahre neuerdings eine beträchtliche Steigerung erfahren hat. Bereits im letztjährigen Geschäftsbericht ist auf diese besorgniserregende Erscheinung hingewiesen und als deren hauptsächlichste Ursache die zunehmende Verschuldung der Schweiz gegenüber dem Ausland bezeichnet worden. Es ist, soweit das in unserer Macht liegt, Alles daran zu setzen, um diese Bewegung möglichst zurückzuhalten.

Um den spekulationsweisen Umtausch von Noten gegen Metallgeld -- infolge des hohen französischen Wechselkurses -- auf ein geringeres Maß zurückzuführen, hatte die Banque du Commerce in Genf zu temporärer Reduktion ihrer Emission Zuflucht nehmen wollen. Sie stellte beim Finanzdepartement die Anfrage, ob sie in Abweichung von Art. 12 des Banknotengesetzes, laut welchem die 60 % Deckung der Notenausgabe auf der ^Emission" zu berechnen sind, nicht dazu ermächtigt werden könnte, diese 60 °/o nicht auf

904 der nominellen, sondern auf der reellen Emission, d. h. der Emission abzüglich der aus der Cirkulation zurückgezogenen Noten zu berechnen. Das Departement hat dieses Ansuchen mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut des Gesetzes abschlägig beschieden. Man muß den Entscheid desselben billigen, obgleich die materielle Berechtigung des Ansuchens der Banque du Commerce nicht zu verkennen ist. Um ihm gerecht zu werden, wäre das Gesetz von 1881 einer Revision zu unterstellen, woran jedoch unter den gegenwärtigen Verhältnissen im Vornherein nicht gedacht werden kann.

IV. Staatskasse.

Im Dezember ist mit der Bank von Frankreich eine Vereinbarung getroffen worden, wonach dieselbe der Staatskasse während des ersten Semesters des laufenden Jahres monatlich je Fr. 100,000, soviel immer möglich in schweizerischen Silberscheidernüuzen liefern wird.

Man hat sich angelegen sein lassen, durch geeignete Vorkehrungen thunlichst zu verhindern, daß das im Berichtsjahre neugeprägte Gold -- 8 Millionen -- außer Landes komme.

Zu verschiedenen Malen machte sich der Mangel an Fünffrankenthalern in sehr unangenehmer Weise fühlbar, namentlich zur Zeit des Truppenzusammenzuges.

V. Wertschriftenverwaltung.

Im Berichtsjahre ist der Rest des 3 °/o Anleihens von 1897 etwas über pari netto aller Spesen begeben worden.

Aus den Anschaffungen inländischer Titel sind je ein größerer Posten 4 % Obligationen der Centralbahn und der Nordostbahn zu erwähnen.

Auf Hyothekartiteln hat infolge Konkurs des Schuldners ein Betrag "o von Fr. 1589. 98 abgeschrieben werden müssen.

YI. Münzverwaltuug.

Mit der Neuprägung von 400,000 Zwanzigfrankenstücken im Berichtsjahre ist unser Kontingent gemünzten Goldes auf 51 Millionen Franken angestiegen. Die Erstellung eines Stückes kam die Verwaltung auf Fr. 20,ai7 zu stehen, gegenüber Fr. 20,ia7 im Jahre 1897.

905 Bei der Wertzeichenfabrikatiou figurieren die 5 Centimes-Postmarken mit 65,s Millionen Stück, gegenüber 56 Millionen im Vorjahre ; die starke Zunahme ist wohl der Mode der AnsichtskartenZusendungen zu verdanken.

B. Zollverwaltung.

1. Gesamtergebnisse der Rechnung.

Die Gesamtroheinnahmen der Zollverwaltung beliefen sich auf Fr. 48,807,512. 65; gegenüber dem Vorjahre ergiebt sich eine Zunahme um Fr. 909,002. 51.

II. Gesetze, Verordnungen, Verträge.

Gestützt auf mehrfach gemachte Erfahrungen wird es für den Fall einer spätem Revision des Zolltarifes als unumgänglich notwendig bezeichnet, den Abfallzucker bei der Position Nr. 447 zu streichen und allen raffinierten Zucker ohne Ausnahme und ohne Rücksicht auf die Form, in welcher derselbe eingeführt wird, mit dem nämlichen Zollansatze zu belegen.

Die Verwaltung hat geglaubt, von einer besondern Unfallversicherung der Grenzwachmannschaft Umgang nehmen zu sollen.

Sie würde auf jährlich Fr. 7200 zu stehen kommen, womit der Bund ein erheblich größeres Opfer bringen müßte, als bei Einstellung eines entprechenden Betrages ins Budget für Unfallentschädigungen.

Dem Geschäftsberichte hat die Kommission mit Befriedigung entnommen, dass unsere Grenzwächter an der südlichen Grenze mit Eifer und Erfolg dem massenhaften V o g e l m o r d e entgegentreten ; sie haben im Berichtsjahre auf ihren Streiftouren über 13,000 Fallen und sonstige Fangvorrichtungen für kleine Vögel zerstört. Dieser lobenswerte Eifer soll auch für die Zukunft von der Verwaltung wacherhalten und in zweckmäßiger Weise angespornt werden.

III. Zolleinnahmen.

Keine Bemerkung.

Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. III.

59

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IT. Personalbestand der Zollverwaltung.

Derselbe hat sich im Berichtsjahre um 105 Mann vermehrt; das Personal bestund auf Jahresschluß aus 584 Beamten und 1106 Angestellten.

T. Oberzolldirektion.

Keine Bemerkung.

Tl. Zollgebietsdirektionen und Zollämter.

Am 15. Mai ist im Bahnhof Luzern ein internes Hauptzollamt errichtet worden; die Einnahmen desselben beliefen sich bis zum Schlüsse des Jahres auf Fr. 117,073. 82.

TU. Grenzschutz.

Die Disciplin läßt beim Grenzwächterkorps vielfach zu wünschen übrig. Der Entschluß der Behörde, mit aller Strenge gegen disciplinwidriges Verhalten einzuschreiten, ist zu billigen.

TIIL Straffalle.

Das Bundesgericht hat entschieden, daß die von den Zollbehörden gestützt auf Art. 58 des Zollgesetzes ausgesprochenen Ordnungsbußen sofort rechtskräftig und ohne richterliche Dazwischenkunft vollziehbar sind.

IX. Zollabfertigungen.

Keine Bemerkung.

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B. Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

I. Bundesgesetzgebung.

\. Die Volks- und Ständeabstimmung vom 13. November 1898, welche die verfassungsmäßige Grundlage für die V e r e i n h e i t l i c h u n g d e s Ci v i l r e c h t e s u n d d e s S t r a f r e c h t e s geschaffen hat, stellt sich als das wichtigste Ereignis des Berichtsjahres auf dem Gebiete der Bundesgesetzgebung dar.

Der im Jahre 1896 veröffentlichte Vorentwurf zu einem schweizerischen Strafgesetzbuch ist vielfacher und zum Teil lebhafter Kritik unterworfen worden, worüber die im Berichtsjahre erschienene Bibliographie von Professor Teichmann in Basel eine systematische Zusammenstellung und wertvolle Übersicht giebt. Über den Vorentwurf und die in den kritischen Publikationen zu Tage getretenen abweichenden Ansichten und neuen Gedanken wird sich vorerst eine mit der Prüfung und Revision des Vorentwurfes zu betrauende Kommission auszusprechen haben.

In Bezug auf das Civilgesetzbuch ist der Entwurf des Personen- und Familienrechtes bereits im Jahre 1896 fertig erstellt und publiziert worden. Zur Zeit ist der Entwurf des Sachenrechtes in Ausarbeitung; mit der Publikation der einzelnen Abschnitte wird in Bälde begonnen werden. Dann wird das Erbrecht und die Revision des Obligationenrechtes folgen. Der Stand und Gang der Vorarbeiten läßt hoffen, daß der Entwurf eines Civilgesetzbuches in 4--5 Jahren zur Vorlage an die eidgenössischen Räte gelangen könne.

Wie der Bundesrat bei der Ausführung der Rechtseinheit vorzugehen gedenkt, ob in erster Linie das Strafgesetzbuch oder das Civilgesetzbuch der Bundesversammlung vorgelegt werden wird, ob eventuell die Teilentwürfe des Civilgesetzbuches unter Umgehung weiterer Expertenkommissionen direkt der Bundesversammlung unterbreitet werden, darüber wird sich der Bundesrat bei Beantwortung der Motionen Schmid und Richard vernehmen lassen.

Hohe Anerkennung gebührt dem Gesetzesredaktor Herrn Professor Huber für seine vorzügliche und verdienstvolle Arbeit.

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2. Der Bundesrat hat es abgelehnt, einen neuen Gesetzesentwurf über die G e w ä h r l e i s t u n g b e i m V i e h h a n d e l auszuarbeiten.

Auf Anregung der Regierung des Kantons St. Gallen, welcher sich mehrere andere ostschweizerische Regierungen anschlössen, hatte der Bundesrat die Ansichtsäußerungen sämtlicher kantonaler Regierungen über die Wünschbarkeit bundesgesetzlicher Regelung dieser Reohtsmäterie und über die einzelnen Bestimmungen des von der St. Galler Regierung eingereichten Gesetzesvorschlage» eingeholt. Die erhaltenen Antworten zeigten, daß in den Kantonen über die Hauptfragen der Vieh währschaft -- gesetzliche oder vertragliche Währschaft,'und im letztern Falle nur schriftliche oder auch mündliche Vereinbarung -- ganz verschiedenartige Anschauungen und .kantonale Gesetze bestehen. Es ist daher zu begreifen, daß der Bundesrat angesichts dieser Erscheinung und in Erinnerungan die in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 4. Oktober 1896 erfolgte Verwerfung der damaligen Gesetzes vorläge, keine Lust bekam, die Angelegenheit neuerdings an die Hand zu nehmen, und die Gesuchsteller auf den Zeitpunkt der im Anschluß an das zukünftige eidgenössische Civilgesetzbuch erfolgenden Revision des Obligationenrechtes vertröstete. Da aber bis dorthin noch etliche Stücke Vieh zum Verkaufe gelangen mögen, so werden diejenigen Kautone, welche den Mangel einheitlicher Vorschriften auf diesem Rechtsgebiete als schweren Übelstand empfinden, sich auf andere Weise, z. B. durch Anstrebung des Erlasses gleicher kantonaler Gesetze, oder Verständigung auf dem Konkordatswege, zu helfen suchen müssen.

3. Die durch die M o t i o n F a v o n veranlaßte Enquete darüber,, ob und in welchem Maße die von Arbeitern für Lohnforderungen betriebenen Arbeitgeber die Betreibungsfristen in chikanöser Weise ausnützen, hat ein ziemlich negatives Resultat ergeben. Wenn, auch die Erhebungen iu den einzelnen Kantonen deshalb schwierig und nicht völlig zuverlässig sind, weil die Betreibungsstatistik in keinem Zusammenhang mit der Prozeßstatistik steht, so gewinnt doch das Ergebnis an Sicherheit dadurch, daß alle Berichte in der Verneinung solcher Übelstände übereinstimmen. Die Dinge stehea nicht so schlimm, daß gesetzgeberische Abhülfe angezeigt wäre.

Wir billigen daher die Schlußnahme des Bundesrates, auf einePartialrevision
des Betreibungsgesetzes zur Zeit nicht einzutreten.

Eventuell könnte der in der Motion Favon hervorgehobene gesetzgeberische Gesichtspunkt des Schutzes der wirtschaftlich Schwachen gegen die wirtschaftlich Starken mit mindestens dem gleichen Rechte für eioe Verkürzung der Betreibungsfristen bezüglich einer Reihe anderer Forderungsarten geltend gemacht werden.

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4. Die seit mehr als einem Jahrzehnt nicht zur Ruhe gekommene Frage betr. gesetzliche Regelung des V e r b o t e s der D o p p e l b e s t e u e r u n g hat im Berichtsjahre ein stilles Begräbnis erhalten.

Der vom Bundesrate in Ausführung von Art. 46, Abs. 2, Bundesverfassung, ausgearbeitete Gesetzesentwurf ist im Jahre 1887 von den eidgenössischen Räten verworfen worden. Auf Anregung des glarnerischen Regierungsrates hat der Bundesrat die Sache in dem Sinne wieder aufgenommen, daß er das Bundesgericht und Professor Zürcher um ein Gutachten über die Frage der Wünschbavkcit eines bezüglichen Gesetzes anging. Beide sprachen sich in bejahendem Sinne aus.

Der Bundesrat hat sich nicht dazu verstehen können, diese Materie nochmals in Angriff zu nehmen und einen neuen Gesetzesvorschlag zu erstellen. Einerseits hält er jeden Versuch für aussichtslos, da die Gründe, die den früheren Vorschlag zu Fall gebracht, heute noch bestehen; anderseits glaubt der Bundesrat, die Spruchpraxis des Bundesgerichtes habe über die Frage der Doppelbesteuerung in ihren früher bestrittensten Punkten auf Grund der erwähnten Verfassungsbestimmung bestimmte Normen und damit Rechtssicherheit geschaffen; die Rechtsprechung eigne sich überhaupt besser dazu, die namentlich infolge Änderung und Erweiterung der kantonalen Steuergesetzgebung stets neu auftauchenden Streitfragen sachgemäß y,u entscheiden, als daß ein Gesetz gegenüber der Mannigfaltigkeit -und dem Wechsel der Streitpunkte eine allgemein zureichende und befriedigende Lösung derselben zu bieten vermöchte. Dieser Anschauung kann beigepflichtet werden.

5. Die Kommission begrüßt das Erscheinen des der Anregung von Ständerat Wirz zu verdankenden, von Dr. jur. Wolff im Auftrag des Justizdepartements herausgegebenen s c h w e i z e r i s c h e n R e c h t s b u c h e s ; dasselbe enthält eine Sammlung der gebräuchlichsten eidgenössischen Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen und stellt ein äußerst praktisches, handliches, dem Laien und Rechtskundigen gleich willkommenes Buch dar.

II. Internationales Recht.

1. Im Berichtsjahre erfolgte die Ratifikation: a. der von der Bundesversammlung im Jahre 1897 genehmigten schweizerisch - spanischen Übereinkunft über die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen oder Erkenntnissen in Civil- und Handelssachen.

910 6. Der von der Bundesversammlung im Juni 1898 genehmigten internationalen Haager Übereinkunft zur Regelung einiger auf den Civilprozeß bezüglicher Fragen des interationalen Privatrechtes.

In Aussicht genommen ist bereits eine dritte internationale Konferenz, deren Programm eine Reihe von Fragen des materiellen, internationalen Privatrechts beschlägt.

Der Bundesrat hat die Beschickung der Konferenz beschlossen, eine Maßnahme, die mit Rücksicht auf die Resultate der beiden früheren Konferenzen und die Zustimmung der Bundesversammlung gutzuheißen ist.

2. Nicht so evident, wie dem Bundesrate, scheint der Kommission das Unrecht der Behörde des Kantons Wallis zu sein, die in Ermanglung bezüglicher Gesetze, eine Schadenersatzpflicht der Gemeinde und des Kantons für die pflichtwidrige Amtsverwaltung eines Mitgliedes der Waisenbehörde, zu Gunsten einer im Ausland lebenden Kantonsbürgerin nicht anerkannt haben. Wir zweifeln daran, ob andere Kantone unter gleichen Umständen schnell bereit wären, folgenschwere Präjudizien zu schaffen.

HI. Gewährleistung von Kantonsverfassungen.

IT. Genehmigung kantonaler Gesetze durch den Bundesrat.

Keine Bemerkungen.

T. Schuldbetreibnng und Konkurs.

Auf Befragen ist uns vom Departement mitgeteilt worden, daß eine R e v i s i o n d e s G e b ü h r e n t a r i f e s , insbesondere des Art. 50, in bestimmte Aussicht genommen sei, und auf Grund eines Gutachtens des Bundesgerichtes durchgeführt werde.

Die Kommission ist mit diesem Vorgehen sehr einverstanden und wünscht nur, die Revision möge ohne weitere Verzögerung bald erfolgen.

Tl. Civilstand und Ehe.

1. Die Vorarbeiten zu einer neuen Ausgabe des H a n d b u c h e s f ü r d i e C i v i l s t a n d s b e a m t e n haben begonnen u n d sind zu diesem Zwecke alle kantonalen Regierungen zur Sammlung und Einreichung aller Wünsche um Abänderung oder Ergänzung des bisherigen Handbuches eingeladen worden.

911 2. Eine reichliche Quelle der verschiedenartigsten Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten für die Beteiligten bildet die Kollision der verschiedenen Landesgesetze bei Eheschließung von Schweizern mit Ausländern, von Schweizern im Ausland und von Ausländern in der Schweiz. Wir verweisen auf die zahlreichen, im Bericht erwähnten Fälle.

3. Die L e g i t i m a t i o n v o r e h e l i c h g e b o r e n e r K i n d e r erfolgt gemäß Art. 54 der Bundesverfassung ohne weiteres durch die nachfolgende Ehe der Eltern ; es bedarf hierzu keiner besondern Verurkundung oder Erklärung.

Kantonalrechtliche Bestimmungen, die solche vorschreiben (z. B. Wallis verlangt Legitimationserklärung der Eltern vor dem Notar) sind als mit eidgenössischem Recht in Widerspruch stehend aufgehoben.

4. Nicht einwandfrei erschien uns die in der Antwort des Departements an die Zürcher Justizdirektion (Ziffer 10) enthaltene Auffassung, daß der Grundsatz des Art. 54, Abs. 3 der Bundesverfassung, wonach die im Ausland nach der dort geltenden Gesetzgebung abgeschlossene Ehe in der Schweiz als Ehe anerkannt werden soll, nur für die von Schweizern im Ausland, nicht aber für die von Ausländern im Ausland abgeschlossenen Ehen gelte.

Beim Departement eingeholte Erkundigungen ergaben aber, daß der Bescheid diejenigen Fälle im Auge hatte, in denen Ausländer nicht in ihrem Heimatstaate sich verehelicht haben und wobei es ungewiß war, ob der letztere die Ehe anerkenne oder nicht. In dieser Beschränkung ist der Weisung des Departements beizustimmen.

5. Welch naive Zumutungen zuweilen an die Bundesbehörde gestellt werden, zeigt der sub Ziffer 14 des Berichtes erwähnte Fall.

6. Siebenzehn H e i m a t l o s e n f ä l l e sind im Berichtsjahr erledigt worden; 11 sind noch pendent.

TII. Handelsregister.

1. Der Bundesrat hat auf Bericht und Antrag des Departementes v o n einer R e v i s i o n d e s g a n z e n F i r m e n r e c h t e s Umgang genommen. Der gegebene Anlaß hierzu sei die bei Erlaß des schweizerischen Civilgesetzbuches notwendig werdende Änderung einzelner Bestimmungen des Obligationenrechtes. Inzwischen soll dem Bedürfnis der Geschäftswelt nach einer freiem Firmabildung durch eine freiere Interpretation der gesetzlichen Vorschriften über Gesi'hältsfirmen Rechnung getragen werde. Der Bericht giebt hierüber wegleitende Gesichtspunkte.

912 Wenn auch dieser Tendenz des Bundesrates im allgemeinen beizustimmen ist, so erscheint doch erhöhte Vorsicht und genaue Prüfung der einzelnen Fälle doppelt notwendig, um nicht durch zu große Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen und Begehren der Patenten den Grundsatz der Firmenwahrheit, die das Publikum vor Täuschungen schützen soll, preiszugeben.

2. Der Bundesrat hat die Eintragung von Filialen ausländischer Gesellschaften, die nach einem in der Schweiz nicht anerkannten Typus gebildet sind, zugelassen. Wenn wir auch die Gründe, die der Bundesrat schließlich zu dieser Schlußnahme geführt haben, vollauf würdigen, können wir uns nicht verhehlen, daß auch mehrfache Bedenken gegen die Zulassung solcher Eintragungen ihre Berechtigung haben.

Tin. Rechtspflege.

Statistik.

Dieselbe erzeigt eine stete Zunahme der Rekursfälle und eine entsprechende Vermehrung der an die Bundesversammlung gezogenen Fälle (1898: 17; 1897: 11; 1896; 5).

Angebliche Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit bildet, wie früher, so auch im Berichtsjahr den häufigsten Rekursgegenstand, und von 49 Fällen dieser Art entfallen nicht weniger als 34 auf das Wirtschaftswesen.

Rekurspraxis.

In Bezug auf die in den W i r t s c h a f t s r e k u r s e n am häufigsten streitigen Fragen der persönlichen Eigenschaften des Wirtes und des Vorhandenseins eines Bedürfnisses, hat der Bundesrat den Standpunkt eingenommen, die Rekurse abzuweisen, sofern die angefochtenen kantonalen Entscheidungen auf einer Vorschrift des kantonalen Rechtes beruhen und weder eine rechtsungleiche, noch willkürliche Behandlung des Beschwerdeführers vorliegt.

Der Grundsatz ist an sich richtig und einfach. Die Schwierigkeiten beginnen erst bei der Anwendung auf den Einzelfall, wo oft. die widerstreitendsten Ansichten der Parteien und auch der zur Entscheidung berufenen Instanzen zu Tage treten. Zum Beweise dessen rufen wir einzelne Verhandlungen der Bundesversammlung in Erinnerung, die mitunter ganze Sitzungstage ihrer kostbaren Zeit derartigen Rekursfällen opfern muß

913 Im übrigen verweisen wir bezüglich der zahlreichen Entscheidungen dea Bundesrates auf dessen Bericht. Soweit dieselben auf dem Rekurswege an die Bundesversammlung gebracht worden, und dort erledigt oder noch pendent sind, erachten wir sie unserer Kritik entzogen. Die ändern Fälle geben zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung, was aber keineswegs eine verbindliche Gutheißung jedes einzelnen Entscheides in allen seinen Motiven bedeuten soll.

B. Polizeiwesen.

I. Verträge und Konventionen.

1. Im Berichtsjahre ist der neue Auslieferungsvertrag zwischen, der Schweiz und den Niederlanden unterzeichnet und genehmigt worden.

2. Die im Jahre 1887 abgebrochenen, 1896 mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika wieder aufgenommenen und mit Brasilien begonnenen Unterhandlungen über Abschluß von Auslieferungsverträgen sind im Berichtsjahre insoweit gefördert worden, als die Regierungen der genannten Staaten ihre Rückäußerungen über die ihnen 1896 unterbreiteten Vertragsentwürfe dem Bundesrate zugestellt haben. Es ist zu wünschen, daß die Unterhandlungen in Bälde zum Abschluß von Auslieferungsverträgen führen. Speciell die Ersetzung des jetzt geltenden, in manchen Bestimmungen veralteten oder mangelhaften Vertrages zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 25. November 1850, durch einen neuen, den veränderten Verhältnissen und modernen Anschauungen über den internationalen Rechtshülfeverkehr angepaßten Auslieferungsvertrag erscheint zeitgemäß.

II. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

Das Bundesgericht hatte 1896 erkannt, daß eine internationale Verpflichtung der Schweiz zur bedingungslosen Übernahme der Strafverfolgung von Schweizern, die in Deutschland delinquiert und sich dann in die Schweiz geflüchtet haben, weder aus dem Auslieferungsvertrag mit Deutschland herzuleiten sei, noch auch sonst bestehe, mangels allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grund-

914 satzes, daß der Verweigerung der Auslieferung eigener Landesangehöriger die Pflicht des ersuchten Staates zur Strafverfolgung des Angeschuldigten entspreche. Infolgedessen können die einzelnen Kantone die Anhebung des Strafverfahrens gegen Kantonsangehörige, die im Deutschen Reiche Auslieferungsdelikte begangen haben, an die Bedingung knüpfen, daß Deutschland die in Art. 2, Absatz 2, des Bundesgesetzes betrefifend die Auslieferung gegenüber dem Auslande, von 1892, vorgesehene Zusicherung des non bis in idem, d. h. dafür gebe, den betreffenden Schweizerbürger nach Verbüßung der in der Schweiz gegen ihn verhängten Strafe nicht nochmals in Deutschland wegen desselben Verbrechens zu verfolgen. Da nun aber die Deutsche Regierung erklärt, hat, eine solche Zusicherung nicht erteilen zu können, so ist es vorgekommen, daß schweizerische Kantone ihrerseits die Strafverfolgung abgelehnt haben, ohne daß der Bundesrat dagegen hätte einschreiten können. Die betreffenden Delinquenten gingen infolgedessen straflos aus, ein Rechtszustand, der in hohem Grade unbefriedigend genannt werden muß und nicht ohne bedenkliche Gegenwirkung blieb. Denn Deutschland verlangte nun in jedem Falle, in dem schweizerischerseits die Strafverfolgung von Reichsangehörigen wegen in der Schweiz verübter Delikte nachgesucht wurde, vom betreffenden Kanton die Zusicherung voller Gegenseitigkeit und die Verzichtleistung auf die deutsche Erklärung des non bis in idem. Die Kantone mußten nolens volens entsprechen, wenn anders sie die anbegehrte Strafverfolgung erreichen wollten.

So sind im Laufe der letzten beiden Jahre eine Reihe von derartigen.

Gegenrechtszusicherungen an Deutschland gemacht worden. Nur der Kanton Zürich weigerte sich, Gegenrecht zuzusichern, was dann zur Folge hatte, daß Deutschland die Strafverfolgung von Deutschen wegen im Kanton Zürich begangenen Delikten ablehnte und diese Personen in Deutschland unbestraft blieben!

Einzelne Kantone stellten dagegen die Erklärung allgemein für alle gemeinen Delikte aus, andere nur für diejenigen, wegen deren sie gerade beim Deutschen Reiche die Strafverfolgung beantragten.

So gelangte man auf äußerst umständlichem Wege zum Fallenlassen des im Rechtshülfeverkehr mit Deutschland nicht durchführbaren Grundsatzes des Art. 2, Abs. 2, des citierten Auslieferungsgesetzes.

Daß angesichts
solcher Thatsachen und der Verschiedenartigkeit und Unsicherheit der nunmehrigen Stellung Deutschlands zu den einzelnen Kantonen in der Auslieferungsfrage, der bei den regen Verkehrsbeziehungen der beiden Grenzländer Schweiz und Deutsches Reich in hohem Maße notwendige gegenseitige Rechtsschutz gegen Verbrecher, nicht immer mit der wünschbaren Raschheit und Sicherheit vollzogen werden kann, ist eine sehr bedauerliche Thatsache.

915Eine Änderung ist von der Vereinheitlichung des schweizerischen Strafrechtes zu erwarten.

HI. Rogatorien.

Keine Bemerkungen.

IV. Heimschaffnngeu.

Erwähnenswert ist die Erklärung der Regierung der Vereinigten Staaten von Nordamerika, daß die ihr gemäß Niederlassungsvertrag mit der Schweiz obliegende Pflicht, ihre eigenen Angehörigen im Heimatlande wieder aufzunehmen, nicht die weitere Pflicht enthalte, an die Heimschaffungskosten von mittellosen, amerikanischen Bürgern aus der Schweiz etwas beizutragen.

Y. Verschiedene Geschäfte polizeilicher Natur.

Keine Bemerkungen.

C. Bundesanwaltschaft.

I. Bundesstrafrecht.

Auffällig ist jeweilen die große Zahl der durch die kantonalen Gerichte erfolgenden Freisprechungen der wegen fahrlässiger Eisenbahn oder Tramwaygefährdung eingeleiteten Beklagten. Die Freisprechungen betragen durchschnittlich 50 °/o der den kantonalen Gerichten überwiesenen Fälle. Man wird kaum fehl gehen, wenn man die teilweise Erklärung dieser konstanten Erscheinung einerseits in der oft zu konstatierenden dienstlichen Überanstrengung der Bahnbeamten und Angestellten, anderseits aber auch in der im Minimum zu harten Strafandrohung des Art. 67, litt. Z>, Bundesstrafrecht (Gefängnis), erblickt.

Tl. Widerhandlungen gegen eidgenössische Fiskalgesetze.

Keine Bemerkungen.

916

III. Politische Polizei.

Zwei Ereignisse veranlaßten während des Berichtsjahres außerordentliche Maßnahmen auf dem Gebiete der politischen Polizei: a. Die Bewegung der Italiener in der Schweiz anläßlich der Unruhen in Mailand. Hierüber hat die Bundesversammlung sich schon in der Sommersitzung 1898 auf Grund eines besondern Berichtes des Bundesrates ausgesprochen, indem sie in Erwägung, daß sie zwar ein früheres Einschreiten gewünscht hätte und daß sie mit der Art und Weise der erfolgten Abschiebung der Italiener nicht einverstanden sei, daß aber anderseits in dieser Angelegenheit keine Veranlassung zu besondern Schlußnahmen vorliege, zur Tagesordnung überging.

b. Die Ermordung der Kaiserin von Österreich durch den italienischen Anarchisten Luigi Lucheni in Genf, am 10. September.

Wesentlich infolge dieser Vorkommnisse sah sich der Bundesrat veranlaßt, die Ausweisung von Fremden nicht nur, wie bisher, wegen anarchistischer Propaganda der That oder Aufreizung zu solcher zu verfügen, sondern auch dann, wenn sich die Fremden der anarchistischen Propaganda in Wort oder Schrift schuldig machen, oder wenn sie mit Rücksicht auf ihr Benehmen als gefährliche Anarchisten angesehen werden müssen.

Es erfolgten denn auch, wie bekannt, eine Reihe von Ausweisungen fremder Anarchisten. Daß die Durchführung der vom Bundesrat getroffenen verschärften Maßnahmen auch eine strengere und unausgesetzte Überwachung der verdächtigen fremden Elemente in der Schweiz durch die kantonalen Polizeiorgane, und ein regeres und energisches Zusammenwirken der letztern mit der Bundesanwaltschaft im Sinne der Kontrolle und Berichterstattung erforderte und weiterhin erfordert, ist einleuchtend.

Die Kommission steht mit aller Entschiedenheit auf seilen des Bundesrates und billigt insbesondere alle Anordnungen, die ein früheres Einschreiten gegen fremde Anarchisten in der Schweiz bezwecken und ermöglichen. Von größerm Werte sind Maßnahmen, die vorbeugen, als solche, die den Ausschreitungen erst nachfolgen.

D. Versicherungsamt.

Keine Bemerkungen.

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E. Amt für geistiges Eigentum.

Keine Bemerkungen.

0. Departement des Innern.

II. Vollziehung der Bundesverfassung und eidgenössischer Gesetze.

e. Gesundheitswesen.

Wir nehmen gerne Akt davon, daß vom Gesundheitsamt gegen die Ausbreitung von Epidemien vollste Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist namentlich die Errichtung von Absonderungshäusern und Desinfektionsanstalten an den großen Eisenbahneinmünduugen und Ceutren des Fremdenverkehrs sehr zu begrüßen.

VI. Polytechnische Schule.

Es ist bemerkenswert, daß die Fächer Ingenieurschule, Mechanisch-technische Schule und Chemisch-technische Schule weitaus die größte Zahl Studierender aufweisen. Der übermäßige Andrang für die Mechanisch-technische Schule macht es erklärlich, daß ein etwas strenger Maßstab bei den Prüfungen angewendet wurde.

XI. Oberbauinspektorat.

D. Allgemeines Wasserbauwesen.

1. Allgemeiner Bericht.

Es ist zu konstatieren, daß die Idee des Herrn A. Schindler, die Verbauungen von Wildbächen durch Pfahlbauten, sich, wie vorauszusehen, für größere Muhrgänge als durchaus unzulänglich bewiesen hat.

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Die z. B. am Lammbach bei Brienz nach seiner Idee mit einem Kostenaufwand von rund Fr. Ij^LQCLprobeweise acceptierten Bauten ·wurden rasch zerstört, während die Steinsperren mit Erfolg Widerstand leisteten.

Es können bei geringern Erosionen momentane Erfolge erzielt werden ; diese Erfolge können aber gerade zum Schaden gereichen, wenn die Pfähle durch Fäulnis wirkungslos werden und dann das zurückgehaltene Material in das Thal befördert wird, wie dies z. B.

bei der Haagrüfe bei Trimmis der Fall war.

Fortwährender Unterhalt erfordert aber viele Kosten und lichtet
Großes Aufsehen erregte der Felssturz am Sasso rosso bei Airolo, welcher elf Häuser begrub und drei Menschenleben vernichtete.

Die Verwitterung in den Bergen geht ihren Gang, je nach deren geologischer Beschaffenheit, rascher oder langsamer. Wo diese Abstürze sich in großen Massen vollziehen, ist der Mensch .mit allen seinen Mitteln nicht im stände, die Gewalt der Elemente Aufzuhalten ; es darf dies aber nicht hindern, am rechten Orte und mit richtigen Mitteln zu rechter Zeit das möglichste gegen das Verderben zu thun.

Der Absturz am Sasso rosso hätte wohl kaum mehr verhütet werden können ; dagegen ist es unbegreiflich, daß gegen die gefährliche Rutschung bei Campo trotz den bestimmten Mahnungen des eidgenössischen Oberbauinspektorates und geologischer Autoritäten nichts gethan wird, sogar die frühern Verbauungen vernachJässigt werden.

2, Oberaufsicht über die Wasserbaupolizei.

Es ist durchaus nötig, daß die Besichtigung der Bauten und die Berichtgabe darüber nicht unterbrochen wird. Die Verpflichtung, die Bauten in gutem Zustande zu unterhalten, muß mit allen Mitteln aufrecht erhalten werden.

XIII. Forstwesen.

Der Bericht des Depaitements enthält über Lawinenstatistik · nur eine kurze Bemerkung.

Dem vom Forstinspektorat zur Verfügung gestellten Berichte -entnehmen wir aber, daß für Lawinenverbauungen, die Aufforstungen

919 nicht berechnet, bereits ausgegeben sind Fr. 785,202, und daß die Anzahl der Lawinen, welche heute noch Ortschaften, einzelne Gebäude, Eisenbahnen, Straßen, Waldungen bedrohen, die Zahl von 1605 erreichen, wovon 610 mit ziemlicher Sicherheit verbaubar seien. (?)

D. Handels-, Industrie- und Landwirtsehaftsdepartement.

I. Abteilung.

Handel.

I. Handelsverträge und Zollverhältnisse zum Ausland.

Mit Befriedigung konstatierten wir im vorigen Jahr, daß die Einfuhr auf 993 Millionen Franken gestiegen war und die Ausfuhr 688 Millionen Franken betrug.

Folgendes sind die Zahlen des Berichtsjahres: Einfuhr 1017 Millionen Franken, Ausfuhr 717 ,, ,, Es macht sich also eine wohlthätige Einwirkung unserer Handelsverträge immer-mehr geltend.

Obschon unsere Räte in der Junisession 1898 den Niederlassung«- und Handelsvertrag mit Chile ratifizierten, so konnten doch die letzten notwendigen Formalitäten infolge des Todes unseres Gesandten Herrn Rode und des Konsuls Herrn Zürcher nicht erfüllt werden. Unser Handelsvertrag mit Japan wird in allen seinen Teilen am 17. Juli nächsthin in Kraft treten.

Der Bundesrat hat seine Unterhandlungen mit Portugal und Bulgarien fortgesetzt; diejenigen mit dem Oranje-Freistaat jedoch glaubte er verschieben zu müssen.

In unsern Beziehungen zu den Vereinigten Staaten konnte der Bundesrat die Auslegung, welche er der Klausel von der

920 ,,meistbegünstigten Nation" gegeben hatte, durchsetzen; die Unionsregierung hat sich aber gleichzeitig das Recht vorbehalten, den Vertrag zu kündigen, wenn man nicht zu einer Abänderung dieser Klausel gelange.

II. Anstände im internationalen Handelsverkehr.

Die zwischen Deutschland und der Schweiz entstandenen Schwierigkeiten wurden beseitigt, und zum Glück hat Frankreich, ebensowenig wie Japan, dem Plane keine Folge gegeben, die sogenannten Ausfuhrprämien für Seidengewebe und Rohseide einzuführen. Dagegen sind die Vereinigten Staaten noch in keiner Weise auf die gerechten Reklamationen eingetreten, welche der Bundesrat im Namen des Kaufmännischen Direktoriums in St. Gallen bei ihnen erhoben hatte.

lu. Internationale Ausstellungen.

a. Am 28. Januar 1898 wählte der Bundesrat die im Bundesbeschluß vom 15. Dezember 1897, betreffend Beteiligung der Schweiz an der Pariser Weltausstellung, vorgesehene Centralkommission, und am 12. März stellte dann diese Kommission die verschiedenen Ausführungsreglemente fest. Als Adjunkt wurde dem Generalkommissär, Herrn Ador, Herr Legationsrat Duplan in Paris beigegeben.

6. Der Bundesrat hat es nicht für notwendig erachtet, uns an den Ausstellungen von Turin und Omaha vertreten zu lassen.

Die Ausstellung in Como -- international .für dje Elektricität und national nur für die Seidenindustrie -- wurde erst in diesem Jahr eröffnet und dauert bis 15. Oktober.

IV. Kommerzielle Berufsbildung.

A. Handelsschulen.

Die Zahl dieser Schulen wuchs 1898 auf 14 an, 1899 steigt sie auf 16. Sie wurden von 1130 Schülern besucht; der Betrag der Bundessubventionen erreichte Fr. 130,085.

Wie man es jüngst voraussagte, hat die Entwicklung der Handelsschulen einen höchst erfreulichen Aufschwung genommen, und man kann die auf diesem Gebiete gemachten Fortschritte nur lebhaft begrüßen.

921 B. Kaufmännische Fortbildungsschulen.

Der Bundesrat zollt mit vollem Recht seine Anerkennung den Diensten, welche unsere kaufmännischen Vereine dem Unterrichtswesen leisten. Wir schließen uns diesem Lobe an, und die Kommission wünscht, daß die Beziehungen des schweizerischen kaufmännischen Vereins noch ausgedehntere werden. Man muß übrigens auch anerkennen, daß er ohne die Beihülfe des Bundes sein Programm nicht verwirklichen könnte.

T. Handelsamtsblatt.

Die tägliche Auflage betrug 5800 Exemplare, wovon 1100 Freiexemplare. Warum könnte man solche nicht auch an alle Mitglieder der Räte verabfolgen, ohne daß sie zuvor darum einkommen müßten? Im übrigen kann man die Maßregeln nur billigen, welche man zu ergreifen gedenkt, um dieses Publikationsorgan immer interessanter zu machen.

VI. Handelsreisende.

Der Reinertrag der daherigen Einnahmen* hat Fr. 281,505. 55 «rreicht, welche Summe unter die Kantone verteilt wurde.

II, Abteilung, Industrie.

I. Industrie und Gewerbe im allgemeinen.

Die Frage der Darstellung unseres gewerblich-industriellen und hauswirtschaftlichen Bildungswesens an der Pariser Ausstellung ist, nicht ohne gute Gründe, verneint worden.

Das interessante Postulat von Herrn Nationalrat Wild betreffend industrielle, gewerbliche, kommerzielle, land- und hauswirtschaftliche Schulen wurde einer Specialkommission zum Studium überwiesen, deren Bericht wir mit Spannung entgegensehen. Man darf ·wohl versichert sein, daß der Bundesrat der Entwicklung dieser Bundesblatt. 61. Jahrg. Bd. III.

60

922 Unterrichtsgebiete seine volle Aufmerksamkeit schenken wird: der schweizerische Handels- und Industrieverein wird auch von seiner Seite in dieser Sache nichts vernachlässigen.

II. Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken* Die Zahl der dem Gesetze unterstellten Btablissemente betrug Ende 1898 5726 mit 212,618 Arbeitern. Die Anwendung des Gesetzes begegnet noch öfters Schwierigkeiten ; die neue Ausgabe des K o m m e n t a r s wird freudig begrüßt werden.

IV. Bundesgesetze betreffend die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb und betreffend deren Ausdehnung.

Gestützt auf die Gesetzesbestimmungen vom 25. Juni 1881 und 26. April 1887, hat der Bundesrat 10 Btablissemente neu dem Fabrikgesetz und der rückgreifenden Wirkung der Haftpflichtgesetzgebung unterstellt.

Abgesehen von den im Bundesblatte veröffentlichten Beschlüssen erwähnt der Geschäftsbericht noch mehrere Entscheide von grundsätzlicher Bedeutung.

LIÖ.

VI. Bundesbeschluss betreffend gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

Zahlreich sind die gewerblichen und industriellen Schulen, welchen der Bund seine Unterstützung angedeihen läßt, und ihre Zahl wird wohl noch steigen. Von Fr. 42,609. 88 im Jahr 1884 stieg der Bundesbeitrag auf Fr. 712,285 im Berichtsjahre.

Eine Anzahl kleinerer Subventionen wurde verschiedenen Vereinen bewilligt, so z. B. dem Konditorenverband von Zürich und dem Spenglerverein von Bern. Die Kommission bezweifelt jedoch, ob diese Beiträge ihre Berechtigung haben, und ob sie dem ui'sprünglich ins Auge gefaßten Zwecke entsprechen.

Vu. Bundesbeschlus's betreffend die hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts.

Der Bundesbeitrag, im Betrage von Fr. 108,766, wurde unter124 Anstalten verteilt, deren Blüte sicherlich noch zunehmen wird. Wir anerkennen gerne, daß die Inspektion dieser Schulen,

923

so wie sie eingerichtet wurde, ausgezeichnete Resultate ergeben hat und wohl auch fernerhin ergeben wird.

Vin. Landesausstellungen.

Der technische Bericht über die Landesausstellung in Genf ist erschienen und nach Möglichkeit verbreitet worden.

Vom Centralkomitee des schweizerischen Gewerbevereins wurde der Bundesrat ersucht, Subventionen nicht nur an Landesund Weltausstellungen, sondern auch an Ausstellungen von etwas bescheidenerem Umfange zu gewähren; der Bundesrat konnte jedoch einem in so allgemeiner Fassung vorgebrachten Gesuche nicht entsprechen. Denn abgesehen von den durch das Budget gezogenen Schranken, konnte in jener Eingabe ein wirklich nachhaltiger Nutzen der betreffenden Ausstellungen für Handwerk und Gewerbe nicht nachgewiesen werden, während dieser Nutzen für die gewerbliche Bildung außer Zweifel steht. Immerhin ist es vielleicht etwas zu weit gegangen, wenn man den Bezirks- und ähnlichen kleinern Ausstellungen jeden Einfluß abspricht.

ÏÏI. Abteilung.

Landwirtschaft.

I. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Wir können die allgemeinen Bemerkungen nur wiederholen, welche letztes Jahr die Kommission des Rats an dieser Stelle anbrachte. Die Zahl der Schüler der landwirtschaftlichen Winterschulen stieg, von 300 im Jahre 1897, auf 364 an, während die Schülerzahl der Molkereischulen nur um 3 sich vermehrte. Wie kommt es wohl, daß die Frequenz dieser letztern Kurse nicht eine größere ist?

Die Thätigkeit unserer Versuchsstationen richtet sich immer mehr auf die gegen die Reblaus zu treffenden Maßnahmen und auf die Wiederherstellung des Rebgebietes. Die Schule in Wädensweil hielt fünf Kurse ab über Mostbehandlung, Krankheiten und

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Feinde der Obstbäume und Reben, Verwertung des Obstes und Weinbehandlung; wir sehen mit Vergnügen, daß diese Kurse von zusammen 320 Schülern besucht wurden.

II. Förderung der Viehzucht.

Bei aller Anerkennung dessen, was für die Verbesserung der Pferderasse gethan wurde, mußte sich die Kommission doch fragen, ob es nicht möglich wäre, die im Berichte erwähnten Ankaufskosten erheblich zu reduzieren.

III. Bodenverbesserungen.

Mit Einschluß einiger alter Projekte betrugen die Bundessubventionen pro 1898 Fr. 573,385 und überstiegen so diejenigen des Vorjahres um rund Fr. 50,000. Der Bund könnte übrigens sein Geld kaum für etwas .Nützlicheres verwenden.

IV. Viehseuchenpolizei.

Die Fälle von Maul- und Klauenseuche waren im verflossenen Jahre außergewöhnlich zahlreich. Der Bundesrat sucht die Ursache hiervon in zwei Umständen, nämlich in der Einschleppung durch aus Italien in die Grenzkantone eingeführtes Sömrnerungsvieh und in der Unzulänglichkeit der zur Bekämpfung der Seuche ergriffenen Maßregeln.

Wir wollen hoffen, daß die bezüglichen Gesetze und Verordnungen immer strenger gehandhabt werden.

V. Massnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Die Reblaus setzt ihr Zerstörungswerk in den Kantonen Thurgau, Tessin, Waadt, Neuenburg und Genf fort, während sie im Kanton Zürich in Abnahme begriffen ist. Wäre es vielleicht am Platze, die gewissen Weinbauversuchsstationen gewährten Beiträge herabzusetzen oder zu unterdrücken?

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E. Politisches Departement.

II. Bundeskanzler 4. Drucksachen.

Die Anzahl der Abonnenten für das Bundesblatt betrug im Berichtsjahre 2552 und hat seit dem Jahre 1897 um 117 zugenommen.

Laut Geschäftsbericht des Vorjahres hat die Zunahme der Abonnenten nicht eine Mehreinnahme des Bundes zur Folge, indem der Bund cirka 7 Fr. per Exemplar einbüße. Diese Berechnung stützt sich jedoch auf die Verhältnisse des Jahres 1892. Die Anzahl der Abonnenten betrug damals 2475, und das Bundesblatt umfaßte 364 Druckbogen, gegenüber von 273 im Jahre 1898. Bei dieser Reduktion des Umfanges des Bundesblattes und einer Vermehrung der Abonne.ntenzuhl ist anzunehmen, daß eine etwelche Verminderung der für das Jahr 1892 berechneten finanziellen Einbuße eintreten werde.

Auffallend ist, daß das Bundesblatt verhältnismäßig wenig für Veröffentlichung.von Ediktalrufen und amtlichen Verfügungen kantonaler Behörden Verwendung findet (j3. 140, Nr. 20, des Berichtes), obwohl es hierzu gut geeignet wäre. Es dürfte zweckmäßig sein, hierauf wiederholt aufmerksam zu machen.

Selbst wenn für den Bund sich aus der größern Verbreitung des Bundesblattes eine finanzielle Einbuße ergiebt, sollte doch auf dessen weiteren Verbreitung hingewirkt werden.

Noch viel weniger verbreitet ist das stenographische Bulletin.

Die Zahl der Abonnenten betrug nur 181. Es bildet das einen Beweis dafür, daß sich das Schweizervolk mit wenig Ausnahmen mit dem begnügt, was über die Verhandlungen in den eidgenössischen Baien durch die Tagesblätter mitgeteilt wird. Anläßlich der Beratung des Geschäftsi'eglementes des Ständerates im Schöße der Kommission ist beantragt worden, das Verhandlungsprotokoll in Druck zu veröffentlichen. Die Beratung des Geschäftsreglementes ist dann aber verschoben worden, bis eine Revision des Gesetzes betreffend Geschäftsverkehr beider Räie und derselben mit dem Bundesrate vorgenommen sein wird. Es ist wünschenswert, daß der Bundesrat bald eine bezügliche Vorlage den Räten unterbreite, damit nachher auch die Revision des Réglementes durchgeführt

926 werden bann. Bei diesem Anlasse wird sodann die Frage zur Erörterung kommen, ob an Stelle, oder neben dem stenographischen Bulletin auch die Herausgabe der Protokolle in Druck veranstaltet werden solle.

IV. Internationale Angelegenheiten.

4. Mangels schweizerischer Vertreter auf der Insel Cuba wurde das deutsche Konsulat in Havanna durch Vermittlung der deutschen Reichsregierung mit der Wahrung der schweizerischen Interessen für die Dauer des Krieges zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten Amerikas betraut. Es ist dieses in verdankenswerter Weise geschehen, und es sind die Interessen der dort ansässigen Schweizer in gleicher Weise vertreten worden wie diejenigen der deutschen Angehörigen. Seit 1887 bestand kein Konsulat mehr in Havanna, weil sich kein Bedürfnis hierfür zeigte, und die dort ansässigen Schweizerbürger kein Begehren auf Neubesetzung des Konsulates stellten. Eine Erweiterung eines ändern Konsularkreises in dem Sinne, daß Cuba demselben unterstellt worden wäre, war bei obwaltenden Verhältnissen nicht möglich, und es konnten daher die Interessen der Schweizer auf Cuba nur durch Vermittlung eines ändern Staates gewahrt werden. Es weist dieses Vorkommnis darauf hin, daß es zum Schütze der schweizerischen Interessen zweckmäßig ist, überall da Konsulate zu errichten, wo eine erhebliche Anzahl Schweizerbürger wohnen.

Mit Befriedigung nimmt die Kommission Vormerk davon, daß mit Italien eine Übereinkunft angestrebt wird, betreffend Zollabfertigung auf dem Luganer- und Langensee zu dem Zwecke behufs möglichster Wahrung der Interessen des reisenden Publikums, den Zolldienst während der Fahrt selbst vornehmen zu können.

Zwar wurde schon bisher in dieser Weise vorgegangen, doch war es mangels vertraglichen Übereinkommens leicht möglich, daß über die gegenseitigen Befugnisse zur Zollabfertigung auf dem Gebiete des ändern Staates Differenzen entstehen konnten. Dieses soll durch die beabsichtigte Übereinkunft vermieden werden.

V. Besondere Fälle.

Zu bedauern ist, daß trotz Abmahnens seitens der Bundesbehörden sich immer noch viele Schweizerbürger in die französische Fremdenlegion aufnehmen lassen. In den meisten Fällen ist die Verwendung der Bundesbehörden um Freilassung derselben aus dem Dienste vor Ablauf der Dienstzeit ohne Erfolg geblieben.

927 Es sollten auch inskünftig alle möglichen Mittel angewendet werden, um die Schweizer von diesem, für sie verhängnisvollen Schritt des Eintrittes in fremden Kriegsdienst abzuhalten.

VI. Vertretung der Schweiz im Auslande.

Durch Postulat vom 22. Dezember 1893 wurde der Bundesrat ·eingeladen, zu prüfen, ob nicht die Kanzleien der Gesandtschaften und Berufskonsulate zur Rechnungsstellung über die bei ihnen einlaufenden Gebühren zu verhalten seien. Gestützt hierauf wurden jeweilen die schweizerischen Konsulate eingeladen, über ihre Einnahmen und Ausgaben Rechnungen einzureichen. Wie im vorhergehenden Jahre, so haben auch im Berichtsjahre einige Konsulate dieser Einladung anfänglich keine Folge gegeben. Laut erhaltenen Mitteilungen sind aber diese Rechnungen nachträglich eingereicht worden. Laut der dem Berichte beigehefteten Tabellen haben von -den 93 Konsulaten und Vizekonsulaten 70 vollständige Jahresrechnung und die übrigen nur teilweise oder gar keine Rechnung ·eingereicht. Von diesen hatten 26 einen Überschuß an Ausgaben 3M verzeichnen, der allerdings bei einzelnen sehr gering ist, bei 10 jedoch den Betrag von je Fr. 500 übersteigt. Die Größe der Einnahmen hängt von Zufälligkeiten ab, nämlich davon, ob gut honorierte Geschäfte zu besorgen waren. Die Herabsetzung des Tarifes für Konsulargebühren hat jedenfalls bedeutend beigetragen, daß die Abrechnungen ein für die Konsulate ungünstigeres Resultat aufweisen als in früheren Jahren. Da die meisten Inhaber der Konsulate aus diesen Stellungen anderweitige Vorteile erzielen, ist zu hoffen, daß auch bei etwas ungünstigem Rechnungsergebnis die .Zahl der Konsulate sich nicht vermindern werde. Falls es sich er.zeigen sollte, daß die im Laufe des Jahres 1897 vorgenommene Revision des Konsulartarifes nachteilige Folgen für die Fortexistenz ·einzelner Konsulate mit sich führen würde, so wäre eine Erhöhung
IX. Bürgerrechtsbewilligungen.

In Abweichung von der früheren Praxis hat der ßundesrat «erkannt, daß wenn einem Familienvater die Bewilligung zur Erwerbung des Schweizerbürgerrechts erteilt wird, diese für dessen minderjährigen Kinder nur dann gilt, wenn der Vater selbst sich einbürgern läßt. Wenn Minderjährige unabhängig von ihren Eltern das Schweizerburgerrecht erwerben wollen, so ist eine besondere Bewilligung beim Bundesrat einzuholen.

928 Da die frühere Praxis wegen der am 23. Juli 1879 mit Frankreich abgeschlossenen Übereinkunft zu Schwierigkeiten führte, ist die Kommission mit den vom Bundesrate betreffend Einbürgerung von Minderjährigen aufgestellten Grundsätzen einverstanden.

X. Auswanderung.

Aus dem sehr einläßlichen Bericht betreffend Auswanderung ergiebt sich, daß die Bundesbehördeo alle möglichen Schritte thun, um die Interessen der Auswanderer zu wahren. Dieses ist um .so schwieriger, als einzelne Agenten bei Abschluß der Auswanderungsverträge Versprechungen machen, welche nicht erfüllt werden, und in geschickter Weise die Spuren der begangenen Gesetzesübertretungen zu verwischen suchen. Die Schwierigkeiten sind auch dadurch erheblich gewachsen, daß die Einwanderungsgesetze der Vereinigten Staaten von Nordamerika bedeutend verschärft worden sind und sehr streng -- oft sogar mit unverständlicher Strenge -- gehandhabt werden. Wir weisen z. B. darauf hin, daß eine Person, welcher die ersten Glieder von drei Fingern der linken Hand fehlten, nach Europa zurück befördert wurde, obwohl sie schon früher sich in Amerika aufgehalten hat. Ferner darf es als auffallend bezeichnet werden, daß ein Einwanderer, welcher nach Ohio Weiterreisen wollte, von der Kommission unter Androhung der Rückbeförderung veranlaßt wurde, nach Oregoa sich zu begeben, angeblich, weil er daselbst einen Bruder hatte.

Die Verschärfung der Einwanderungsgesetze von Nordamerika und die deprimierte Geschäftslage in denjenigen Staaten, die meistensder Zielpunkt der Auswanderer waren, haben wohl am meisten dazu beigetragen, eine ganz bedeutende Reduktion der Auswanderung aus der Schweiz zu bewirken. Es ist zu wünschen, daß auch inskünftig alles Mögliche gethan werde, um diejenigen Schweizerbürger, welche auszuwandern gedenken, aufmerksam zu machen auf die Einwanderungsgesetze und die volkswirtschaftlichen Zustände derjenigen Staaten, welche von ihnen als Ziel der Reise angegeben werden.

In dieser Beziehung darf die Wirksamkeit des Kommissariates, als eiue segensreiche bezeichnet werden.

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F. Militärdepartement.

VI. Organisation und Bestand des Buudesheeres.

In organisatorischer Beziehung hat uus das Berichtsjahr einige Neuerungen gebracht, die wir für unser Militärwesen als bedeutende Errungenschaften bezeichnen dürfen.

Es ist dies einmal die Neuordnung der Landwehrtruppen deiInfanterie und der Truppenkörper der Artillerie, ferner die Errichtung von 4 berittenen Maximgewehrcompagnieu deren Übungskurse in diesem Jahr beginnen und endlich ist es die in Vorbereitung befindliche Balloncompagnie.

Was die Neuordnung der Landwehrtruppen der Infanterie betrifft, so hätte ihre Kommission im Geschäftsberichte auch einigen Aufschluß über die Absichten zu erhalten gewünscht, mit welchen man sieh in den maßgebenden Kreisen, betreffend der Landwehr II. Aufgebotes trägt.

Wie wir diese Neuordnung der Landwehr nach ihrer organisatorischen Seite hin auffassen, so würde unsere Armee künftighin in 2 große Hauptbestandteile zerfallen, in die F e l d a r m e e , gebildet aus dem Auszug und der Landwehr I. Aufgebots und in die T e r r i t o r i a l a r m e e , bestehend aus der Landwehr II. Aufgebotes und dem Landsturm.

V/eiche Stellung nun der L a n d w e h r II. A u f g e b o t e s im Rahmen der Laudesverteidigung angewiesen und welche Kriegsaufgaben ihr zugewiesen werden wollen, wissen wir vorab noch nicht. Es wird dies wesentlich auch von der Frage abhängen, ob und in welchem Umfang jene an der Instruktion Teil nehmen soll.

Würde man für die Landwehr II. Aufgebots von einer einigermaßen ausreichenden oder einer Instruktion überhaupt Umgang nehmen, so 'wäre zu untersuchen, ob ihre organische Verschmelzung m',t dem bewaffneten Landsturm nicht einem, separaten Fortbestande derselben vorzuziehen wäre. Eine solche Vereinigung der Landwehr II. Aufgebots mit dem Landsturm hätte für beide Teile ihre Vorzüge. Die erstere würde damit aus ihrer Zwitterstellang zwischen der Feldarmee und Territorialarmee und der ganzen derzeitigen Unklarheit und Unbestimmtheit ihrer kriegsmäßigen Verwendung erlöst, und würde zugleich dem Landslurm mit ihrem bessern Cadre und ihrer diensttauglichem Mannschaft einen gewissen

930 Kern und Halt geben. Wir besäßen dann für den Territorial dienst einmal die Landwehr II. Aufgebotes und dazu den bewaffneten Landsturm, welche beide sich in die ihnen auffallenden Aufgaben (Besatzungs-, Etappen- und den sonstigen Dienst hinter und neben der Front der Feldarmee) zu teilen hätten, allerdings mit dem Unterschied, daß für den Landsturm nur eine lokale Verwendung in Frage käme, während bei der Landwehr II. Aufgebots eine lokale Beschränkung wegfallen würde.

Zugleich mit der Frage der Verwendung der Landwehr II. Aufgebots und ihrer allfälligcn Angliederung an den bewaffneten Landsturm wäre aber auch die L a n d S t u r m o r g a n i s a t i o n selbst einer beförderlichen Revision zu unterziehen.

Der Landsturm, dessen Organisation damals in kriegsdrohender Zeit vom Schweizervolke mit Begeisterung begrüßt worden ist, weil dieses in ihm die gesetzliche und formelle Verwirklichung eines altschweizerischen Volksideals, nämlich die Teilnahme aller waffenfähigen Bürger an der Landesverteidigung erblickte, ist in jüngster Zeit von einem hohen Militär als eine Institution bezeichnet worden, die an ihrer großen, über das Ziel hinausschießenden Anlage gescheitert sei. Mag nun diese Ansicht eine in gewisser Beziehung richtige sein und mag man in der Verwendung des Landsturmes Ansprüche an diesen gemacht haben, denen er nicht gewachsen ist, so kann doch niemand daran denken wollen, des unrichtigen Weges wegen, den man eingeschlagen, die ganze Institution als solche wiederum zu beseitigen.

Es dürfte vielmehr eine der nächsten Aufgaben des Bundesrates sein, im Sinne schon früher im Ständerat gefaßter Beschlüsse, an dem, Landsturm zwar in seiner Organisation festzuhalten, dagegen denselben in Friedenszeiteu von obligatorischen Dienstübuagen möglichst zu befreien. So sehr notwendig dem bewaffneten Landsturm auch etwelche Instruktion wäre, so muß doch konstatiert werden, daß bei den derzeitigen Übungen und nachdem man die Grundlage für diese, die Cadresübungen, hat fallen lassen, nichts Ersprießliches erreicht wird. Besser wäre es noch, mit der Inspektion das Schießen zu verbinden, so daß diese beiden Obliegenheiten des Landsturms auf einen Tag beschränkt werden könnten. Jedenfalls aber sollte die obligatorische Schießpflicht künftig für ihn leichter und angenehmer gestaltet werden, als es bisher
der Fall war.

Es düi-fte auch die Frage geprüft werden, ob nicht die militärische Thätigkeit des Landslurms mehr auf den Boden der Freiwilligkeit gestellt werden sollte.

Auch in der Rekrutierung des bewaffneten Landsturms dürften künftig engere Grenzen gezogen werden, indem solchen Landsturm-

931 Pflichtigen, die einmal nicht schießen können -- und es in diesem Alter ja auch nicht mehr lernen -- und welche überhaupt nicht nur ihrem Können, sondern auch ihrem ganzen Wesen nach, sich zum bewaffneten Dienst nicht eignen und nur gezwungen und widerwillig dabei sind, die weiteste Gelegenheit eröffnet wird, sich dienstlich zu befreien.

Wir würden in dem Reste derjenigen, die sich zum bewaffneten Landsturm nicht nur körperlich durchaus tauglich erweisen und gute Schützen sind, sondern die innerlich auch gerne dabei sind, immer noch eine für die Dienstobliegenheiten desselben genügende Zahl erhalten, namentlich, wenn dazu auch noch die Landwehr II. Aufgebotes käme. Dadurch würden wir allerdings einen numerisch schwächern, aber dafür einen qualitativ bessern und von vielen untüchtigen und indolenten Elementen befreiten Landsturm erhalten.

Wir wollen übrigens mit Bezug auf diese notwendige Revision des Landsturmgesetzes den Intentionen des Bundesrates und des Militärdepartements nicht vorgreifen und wir werden uns mit der Zusicherung begnügen, daß von dieser Seite in grundsätzlicher Aufrechterhaltung der Institution und der Organisation des Landsturms und Landsturmgesetzes von 1886, dessen Reorganisation an die Hand genommen und namentlich diejenigen Unzukömmlichkeiten und Mißstände beseitigt werden, die ihm heute anhaften und seiner Volkstümlichkeit Eintrag thun.

YH. Unterricht.

Vorunterricht, Schon die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission vom Jahr 1884 hat für den Voruuterricht III. Stufe das Obligatorium angeregt, allein damals blieb sie mit ihrem Postulat nicht nur in Minderheit, sondern es wurde der Rat zu einem Antrag an den Bundesrat veranlaßt des Inhaltes: Der Bundesrat sei eingeladen, von dem Erlaß einer Verordnung über die Einführung des zum Militärdienst vorbereitenden Turnunterrichtes für die schweizerischen Jünglinge vom 16--20 Altersjahr als verfrüht abzusehen.

Auch die ständerätliche Kommission vom Jahr 1885 sprach den Wunsch aus: Es wolle das Departement die nötigen Vorarbeiten an die Hand nehmen, um in Erfüllung der bezüglichen Bestimmung des Art. 81 der Militärorganisation den militärischen Vorunterricht III. Stufe auf dem Wege des Obligatoriums einzuführen.

932 Auch heute nach Verfluß von weitern 14 Jahren ist es überaus fraglich, ob wir den Sehritt zum Obligatorium wagen dürfen, obschon die Verhältnisse sich in dieser Beziehung erheblich gebessert haben.

Im Jahr 1884 besuchten diesen Vorunterricht 1465 Jünglinge, im Berichtsjahr waren es deren 6134 ,, also ein plus von 4679 Jünglingen Allein trotzdem werden wir mit der Freiwilligkeit dasjenige nicht erreichen, was wir wünschen. Sie führt uns auf der einen Seite eine im Verhältnis zur Zahl der Rekruten doch sehr kleine Zahl zu und anderseits sind dies gerade die bessern Elemente, die am Militärdienst sowieso Freude haben und ohnehin gute Soldaten würden, während der großen indolenten Masse, die den Vorunterricht am nötigsten hätte, ohne Obligatorium nicht beizukommeu ist.

Welche Bedeutung aber dem militärischen Vorunterricht III.

Stufe für die Erziehung unserer Rekruten beigemessen werden muß, zeigt uns das Geständnis des Geschäftsberichtes, das dahin lautet: Es können in der Rekrutenschule nur dann noch wesentliche Fortsehritte in der Ausbildung unserer Rekruten erzielt werden, wenn entweder der Vorunterricht III. Stufe allgemein durchgeführt odereine entsprechende Verlängerung der Rekrutenschulen eintreten werde.

Wir stehen also vor dem Dilemma; entweder auf eine weitere und intensivere Ausbildung unserer Rekruten zu feldtüchtigen Infanteristen zu verzichten und bei dem Halt zu machen, was wirbis jetzt erreicht haben, oder auf eine Verlängerung der Rekrulenschulen hinzuarbeiten, was allerdings zur Zeit bei unserem Volke schwer und nur auf dem Wege der Heeresreform durchzuführen wäre.

Es würde sich fragen, ob das Schweizervolk, wenn es vor die Alternative gestellt würde, entweder die Verlängerung der Rekruteuschulen oder den obligatorischen Vorunterricht zu acceptieren, nicht dem letztern den Vorzug geben würde.

Was seine Einführung namentlich schwierig macht, ist die starke Inanspruchnahme der Jünglinge vom 16. bis zum 20. Altersjahr durch den Besuch der in den meisten Kantonen eingeführten Bürger-, Fortbildungs-, Sonntags- und sonstigen Schulen, zu dem diese neben ihrer. Berufsarbeit noch verhalten sind.

Allerdings fällt dieser Schulunterricht zumeist in die Wintermonate; allein die Überbürdung im allgemeinen für diese meist al& Landwirte und Lehrlinge schon genugsam angespannten Jünglinge

933 benimmt vielen die Zeit und die Lust, in den paar freien Stunden sich auch noch dem militärischen Vorunterricht zu unterziehen. Es müßte schon, wie dies beim Kadettenunterricht der Fall ist, auch dem militärischen Vorunterricht ein Platz im Arbeitsprogramm dieser genannten Schulen eingeräumt und er als obligatorisches Nebenfach in den betreffenden Stundenplan aufgenommen werden können.

Es wäre dann anzunehmen, daß wenigstens die zuerst in den dumpfen Räumen ihrer Berufslokale und Schulstuben eingesperrten Jünglinge die Stunden, wo sie sich in freier Luft tummeln können, zum angenehmsten und jedenfalls zum gesündesten Teil ihrer Tagesarbeit rechnen würden.

Immerhin sind auch heute die Bedenken gegen die Einführung -des Obligatoriums noch fast unüberwindlich, namentlich sind es die Gebirgskantone, die dessen Einführung bei ihnen für unmöglich erklären. Auch unsere Kommission glaubt in ihrer Mehrheit sich teils mit Rücksicht auf die örtlichen Schwierigkeiten, teils wegen der sonstigen Überbürdung der Jünglinge im Alter von 16-^20 Jahren ·und aus anderen Gründen gegen eine Einführung des Obligatoriums zur Zeit aussprechen zu müssen. Es wurde auch die Anschauung vertreten, die Anwendung des Zwanges auf diesem Gebiete dürfte ·die erhofften Erfolge nicht bringen, diese seien eher von der Freiwilligkeit zu erwarten.

Auf der ändern Seite glaubt ein Teil Ihrer Kommission, trotzdem sie die Schwierigkeit der Einführung des Obligatoriums nicht verkennt, es dürfte und sollte die im Wurfe liegende Reorganisation unseres Wehrwesens den Anlaß bieten, endlich nach 25 Jahren der Verwirklichung einer der vortrefflichsten Ideen des Schöpfers unserer Militärorganisation einen Schritt näher zu treten und es sollte hierzu irgend ein Weg gesucht und gefunden werden, der die Billigung des Schweizervolkes zu erlangen vermöchte.

Unterrichtskurse.

B. Infanterie.

1. Bekrutenschulen.

Unteroffiziersschulen.

In den letzten Jahren rückten statt wie früher 10,000--11,000 so 1897 14,449 und 1898 14,091 Rekruten in die Schulen ein.

Dadurch wird es möglich, der längst gewünschten Verstärkung der Bataillone einigermaßen gerecht zu werden, indem nun dieselben auf dem W7ege des Ausgleiches auf 800 Gewehrtragende, respektive

934 892 Mann gebracht werden können. Allein für Bataillone von solcher Stärke sind die Cadres in ihrem bisherigen Bestände dann nicht mehr genügend. Wenn per Compagnie 30 Gewehre mehr, also 4 Gruppen mehr vorhanden sind, so bedürfen diese wiederum ihrer Führer und damit wird eine Vermehrung der Cadres absolut erforderlich. Bis jetzt hat man, wenigstens in den letzten Jahren, 16--17 Mann Cadres per Jahr und per Bataillon ausgebildet, für künftig werden per Bataillon und per Jahr doch mindestens 18 bis 19 Mann auszubilden sein.

Wir erachten es als angezeigt, daß dem Militärdepartement für diesen Mehrbedarf der stärker gewordenen Bataillone an Unteroffizieren der nötige Kredit gewährt wird. Es hätte diese Vermehrung auch noch den Vorteil, daß die von den Unteroffizieren instruierten Klassen angemessen (bis auf 10 Rekruten) vermindert werden könnten, wodurch eine bessere Einzelausbildung derselben ermöglicht würde.

3. Herbstübung des IV. Armeecorps.

Die Kommission konstatiert mit Genugthuung, daß das Corpsmanöver des letzten Herbstes uns die wirkliche und kriegsgemäße Verwendung des Armeecorps als strategische Einheit und zwar nicht bloß gegen einen markierten und von vorneherein zur Defensive und zum Rückzug prädestinierten Feind, sondern gegen einen Gegner gebracht hat, dessen numerische Stärke und Zusammensetzung eine kriegsgemäße Aktion nach jeder Richtung, auch nach derjenigen der Offensive gestattete.

Wir halten unmaßgeblich gerade die Gegenüberstellung einer kombinierten Manöverdivision und eines Armeecorps bei unsern großen Übungen, wenn diese niuht bloß große Gefechtsexercitien, sondern wirkliche und dem Kriegsfalle möglichst nahe kommende Feldmanöver sein sollen, für sehr zweckmäßig. Eine solche Differenz in den Stärkeverhältnisseu zwischen unsern Truppen und einem vormarschierenden Gegner wird wohl auch im Ernstfalle gerade bei uns öfters vorkommen und es erscheint uns angezeigt, daß unsere Truppen und deren Führer schon bei den Manövern daran gewöhnt werden, auch gegen einen an Zahl stärkeren Gegner offensiv vorzugehen, wenn die Verhältnisse dazu auffordern. Es sollen auch unsere Truppen aus diesen Manövern nicht den Eindruck mit nach Hause nehmen, als ob der numerisch schwächeren Truppe stets nur die Defensive übrig bleibe und stets nur die Mehrheit den Angriff wagen dürfe.

Indem wir dem günstigen Urteil des Geschäftsberichtes über die Manöverleitung des IV. Armeecorps und die bei den Manövern

935 zu Tage getretenen Fortschritte gerne beipflichten, sind wir vollständig damit einverstanden, daß auf dem nunmehr eingeschlagenen Wege bei diesen Übungen fortgefahren werde.

5. Offlziersbildungsschulen.

Der Bericht und wir mit ihm bedauern die Abnahme des bäuerlichen Elementes in den Infanterie-Offiziersbildungsschulen.

Unsere Landwirte ziehen es zumeist vor, zur Kavallerie oder Artillerie sich einteilen zu lassen und so kommt es, daß die Mehrzahl unserer Subalternoffiziere bei der Infanterie städtischen Berufsund Beamten kreisen angehört, die zumeist im bürgerlichen Leben in gar keinen Relationen zu denjenigen stehen, die sie im Felde zu führen berufen sind. Es führt dies unter ändern den großen Übelstand mit sich, daß die Mannschaften solch ihnen fremden Offizieren stets ein gewisses Mißtrauen entgegenbringen, welches selbst gegenüber Offizieren von unzweifelhafter Tüchtigkeit und Charakterfestigkeit nur langsam schwindet.

Für unser Milizsystem und die Volkstümlichkeit unseres Wehrwcsens, würde es einen großen Nachteil bedeuten, wenn sich diese bäuerlichen Elemente immer mehr und dauernd von den Offiziersstellen ausschließen würden. Es dürfte den Aushebimgsoffizieren gemessene Weisung erteilt werden, bei der Zuteilung zu den einzelnen Waffen die Interessen der Infanterie besser wahrzunehmen, oder dann dürfte, um diesem Übelstande abzuhelfen, die Frage zu prüfen seio, ob die Freiheit der Wahl der Waffe nicht zu gunsten der Infanterie unter Umständen zu beschränken wäre.

11. Freiwilliges Sehiesswesen.

Dasselbe hat im Berichtsjahre einen erfreulichen Fortschritt aufzuweisen. Es vermehrte sich die Zahl der Schießvereine (3446) um 61 und die Zahl der Mitglieder von 198,416 auf 210,491, welche eine Bundessubvention von Fr. 350,986. 40 erhielten.

Auch die Kadettencorps haben sich im Berichtsjahre durch das Corps der Stadt Bern vermehrt. Es wurden an 35 Kadettencorps aus 12 Kantonen mit zusammen 4829 Kadetten Fr. 6567. 50 Bundesbeiträge verabfolgt. Man bezeichnet da und dort das Kadettenwesen als Spielei-ei und es wurde auch durch die vielfach eingerissene Sucht, große Manöver mit den Kadetten auszuführen, oft genug zu einer solchen gemacht.

Allein seit die meisten Corps die Schießübungen mit vorangehender tüchtiger Soldatenschule zum Hauptgegenstand ihrer

936 Übungen gemacht haben und nachdem nuu der Bund auch den Kadetten mit dem neuen Gewehr Modell 1889 eine vorzügliche Waffe am Platz der ausgeschossenen Vetterli-Kadettengewehre zur Disposition gestellt hat, wird das Schießwesen bei den Kadetten einen neuen und kräftigen Impuls erhalten und wenigstens bis zu «inem gewissen Grade den militärischen Vorunterricht ersetzen können. Bis anhin hat der Bund diesen Kadettencorps für die erste Schießklasse eine Munitionsentschädigung von Fr. 1.50 und für die zweite Klasse eine solche von Pr. 2 verabfolgt. Wenn der Bund denjenigen Gemeinden, die mit der Anschaffung der neuen Gewehre erhebliche Auslagen gehabt haben, etwas erhöhte Munitionsbeiträge verabfolgen könnte, würde er nicht nur diesen Gemeinden entgegenkommen, sondern auch diejenigen die sich bis jetzt zur Anschaffung der neuen Gewehre nicht entschließen konnten, zu deren Anschaffung animieren.

IX. Pferdestellung und Ankauf von Artilleriebundespferden.

Auch diesmal beklagt sich der Bericht über die immer größer werdenden Schwierigkeiten, welche die Pferdestellung bietet. Namentlich werden für den Truppenzusammenzug, der jeweils viele Pferde in Anspruch nimmt, Mietpreise von Fr. 5. 50 bis Fr. 6 pro Tag und Pferd verlaugt.

Schon in ihrem Berichte von 1896 hat die ständerätliche Konimission dargelegt, daß der Hauptprofit der Mietgelder in den Händen der Zwischenlieferanten hängen bleibt und die direkte Einmietung der Pferde das Vorteilhaftere ist. Es hat sieh dieses System denn auch im Berichtsjahr speciell in der Centralschweiz bewährt, und die Kommission ist durchaus damit einverstanden, daß in der Zukunft die Miete der Pferde für die Manöver auch anderwärts möglichst direkt von den Pferdebesitzern geschehe.

Die Differenz zwischen Ankauf und nachherigem Wiederverkauf der für die Artilleriekurse benötigten Pferde, die sich im Jahre 1896 noch auf Fr. 145 per Pferd belaufen hat, ist im Berichtsjahr auf Fr. 125 per Pferd zurückgegangen. Dieses System scheint sich also zu bewähren.

X. Kommissariatswesen.

Die nationalrätliche Kommission für das Geschäftsjahr 1897 ruft einer höhern Entschädigung der Gemeinden für Quartier-

937 Verpflegung, indem sie darauf hinweist, daß die Auslagen der Gemeinden sich gewöhnlich auf das Doppelte der Entschädigung belaufen. Dazu bemerkt der Bundesrat, eine solche Anregung würde nur bei Revision des Verwaltuugsreglements zu verwirklichen sein. Die Kornmission ist jedoch der Ansicht, es ergeben sich in konkreten Fällen oft zwischen der den Gemeinden auffallenden Leistungen und der ihnen dafür vom Bund geleisteten Rückvergütung von sage einem Franken, Mißverhältnisse, die ihres Erachtens auch ohne Reglementsänderung und auf dem Wege der Verfügung durch das Departement gemindert oder beseitigt werden könnten. Wenn -- wie solches bei der letztjährigen Übung des IV. Armeecorps uud schon früher der Fall war -- die Herren Stabsoffiziere die besten Zimmer vorhandener Kurhotels wie recht und billig in Beschlag nahmen, so erscheint es anderseits nicht billig, daß die betreffenden Gemeinden für Quartiere dieser Qualität Fr. 3. 50 und 4 bis 5 Franken bezahlen mußten, dafür nur l Franken Rückvergütung vom Bund erhalten. So bezifferte sich für die Gemeinde Baden die Quartierleistung einer einzigen Nacht auf eine Mehrauslage von cirka 500 Franken über die Bundesvergütung hinaus. In solchen Fällen scheint es uns angemessen, daß der Bund eine höhere Entschädigung bezahlt, oder dann die Stabsoffiziere au solche Auslagen auch etwas beitragen läßt.

B, Kriegsbereitschaft.

1. Weizenvorräte.

Die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission von 1897 hat an den Bundesrat die Einladung gerichtet, die Weizenvorräte für den Armeebedarf so viel als möglich im Inlande zu beschaffen.

Der Bundesrat ist diesem Wunsche nachgekommen und hat auf dem Wege der öffentlichen Konkurrenz größere Quantitäten inländischer Produkte angekauft. Er hat jedoch mit der Lagerfähigkeit der inländischen Ware keine guten Erfahrungen gemacht, namentlich nicht mit dem Weizen, das Korn erzielte etwas bessere Resultate. Dagegen erzeigte sich das südrussische Getreide, das man zum Zweck der Kriegsbereitschaft auf Lager hielt, ohne Vornahme von kostspieligen Manipulationen, wie sie namentlich die Aufbewahrung des Inlandweizens erfordert, viel lagerhafter und namentlich hat dasselbe nur 12--14 °/o Feuchtigkeit, während das Inlandsgetreide einen weit höhern Feuchtigkeitsgrad, und zwar von 20 und mehr Prozent enthält.

Nach Mitgabe der angestellten Versuche, wie sie im Geschäftsberichte näher dargelegt sind, hält es ihre Kommission nicht für Bundesblatt. 51. Jahrg. Bd. HI.

61

938 angezeigt, wenigstens für die Lagerung von Weizen, den Bundesrat zu veranlassen, dem inländischen Weizen den Vorzug zu geben, sondern glaubt ihm, so weit die nunmehr gemachten Erfahrungen es rechtfertigen, in der Anschaffung der Getreidevorräte auf Lager freie Hand lassen zu sollen.

XIII. Kriegsmaterial.

c. Bewaffnung.

Als ein Übelstand muß es bezeichnet werden, daß die Jahrgänge, die in der Landwehr das Gewehr Modell 1889 gefaßt, solches bei ihrem Übertritt in den Landsturm mit dem Vetterli vertauschen müssen.

Wohl ist das Vetterligewehr für den Landsturm eine brauchbare Waffe; allein der Übelstaod besteht darin, daß solches Leuten in die Hand gegeben werden muß, die vorher das neue Gewehr zu handhaben gewohnt waren und mit dem ihnen unbekannten Vetterli gar nichts anzufangen wissen.

Zum mindesten dürften doch den Jahrgängen, die bis zu ihrem Übertritt in den Landsturm kein anderes, als das neue Gewehr in Händen hatten, dieses belassen werden. Da übrigens Jahr für Jahr durchschnittlich 15,000 neue Gewehre von der Waffenfabrik erstellt werden, sollte der nötige Reservebedarf an solchen bald einmal gedeckt sein.

0. Post- und Eiseiibahndeparteinent.

I. Eisenbahnabteüung.

Infolge der Annahme des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes bildet das Jahr 1898 den Ausgangspunkt einer neuen eisenbahnwirtschaftlichen Ära, deren enorme Bedeutung niemand entgehen wird. Der Anfang zur Durchführung des Gesetzes ist bereits gemacht worden, indem drei Hauptgesellschaften, der Nord-

939 ostbahn (einige Linien ausgenommen), der Centralbahn und den Vereinigten Schweizerbahnea, der Rückkauf auf das Jahr 1903 angekündigt worden ist.

Wie leicht begreiflich, wird die Operation des Rückkaufes der Eisenbahnen nicht ohne juristische Schwierigkeiten vor sich gehen, deren eiue gewisse Zahl sich einstellen wird. So haben sich z. B.

mehrere beteiligte Gesellschaften, die Nordostbahn, die Centralbahn, die Gotthardbahn, die Vereinigten Schweizerbahnen und die Südostbahn, über dio, Bestimmungen betreffend Berechnung des Reingewinnes und des ersten Anlagekapitals mit der Bundesbehörde nicht einigen können, so daß die Angelegenheit vor das Bundes.gericht gebracht werden mußte. In Bezug auf die Centralbahn ist unterm 21. Januar d. J. ein Entscheid des Gerichts gefällt worden, der sich eher zu gunsten des Standpunktes der Bundesbehörde .ausspricht, doch sind dies Thatsachen, welche die Geschäftsführung
Ein Kapitalwerk, die Durchbohrung des Simplon, hat endlich feste Gestalt gewonnen und kündigt sich unter sehr günstigen Auspicien an. Am 30. April erreichte der Richtungsstollen von der Nordseite (Brig) aus bereits eine Länge von 973 Meter, von der .Südseite (Iselle) 462 Meter; während des letzten Monats betrug ·der tägliche Fortschritt 5 Meter 86 auf der Nordseite, 3 Meter 26 .auf der Südseite.

Durch eine gewisse Presse, namentlich von Italien aus, sind über die Lage der am Nordausgang des Tunnels beschäftigten Arbeiter heftige Kritiken gebracht worden ; zu kleine Löhne, der Mangel einer Versicherung, schlechte sanitarische Einrichtungen, übertrieben hohe Preise der Lebensmittel, mangelhafte Unterkunftsverhältnisse etc. etc. waren die hauptsächlichsten gegen die Unternehmung erhobenen Klagepunkte. Aus der durch die J.-S.-Gesellschaft veranlaßten Untersuchung ging nun aber hervor, daß diese Klagen der Berechtigung entbehrten ; die Löhne sind nicht niedriger, als die seinerzeit am Gotthard- und neuerdings am Allnstunnel bezahlten; für Fälle von Krankheit und Unfall sind Hülfskassen ohne Lohnabzüge gegründet worden; von Anbeginn der Arbeiten an war an jeder Tuuuelmündung eine Ambulanze organisiert, jeder Werkplatz hat seinen eigenen Arzt, und bis zur Vollendung der von der Unternehmung zu errichtenden
Krankenhäuser ist Vorsorge getroffen, um die längerer Behandlung bedürftigen Kranken in den Spitälern der Umgebung unterbringen zu können ; was die Verpflegung betrifft, so ist nicht richtig, daß der Preis der wichtigsten Verbrauchsgegenstände seit Inangriffnahme der Arbeiten sich ver-

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teuert hat. Zur Regelung der UnterkunftsVerhältnisse endlich hat die Unternehmung vorläufig ein Arbeiterhaus gebaut, welches nicht» zu wünschen übrig läßt; wenn bei den Privatwohnungen, welche übrigens die nämlichen sind, mit welchen die einheimische Bevölkerung sich begnügt, sich Übelstände gezeigt haben, so kamen diese von Wohnungsvermietera italienischer Nationalität her, welche ihre Landsleute in zu kleinen Räumlichkeiten zusammenpferchten.

Die Walliser Behörden sind aber nicht gewillt, dieses Ausbeutungssystem länger zu dulden, und haben eine besondere Kommission mit dem Auftrag bestellt, die Wohnungen zu inspizieren, sowie die Lebensmittel und Getränke zu kontrollieren. Wir fügen bei, daß die Vorsorge der Walliser für die italienischen Arbeiter sogar so weit gegangen ist, daß sie für deren Kinder eine eigene Schul» gegründet haben.

II. Postverwaltung.

I. Allgemeine Beraerkuugeu.

Die wachsende Zunahme der Einnahmen der Postverwaltung: -- der für das Jahr 1898 vorgesehene Mehrertrag gegenüber dem Budget beträgt 860,000 Fr. -- sollte zu gewissen längst geforderten Verbesserungen führeu ; der Schweiz, als dem Sitze des internationalen Postbureaus, kann es nicht gestattet sein, sich durch die Routine beherrschen zu lassen und immer auf dem gleichen Flecke zu bleiben, während die ändern Länder beständig Anstrengungen machen, ihren Posldienst im öffentlichen Interesse, welches j«.

schließlich auch das ihrige ist, zu vervollkommnen.

Unter ändern wünschenswerten Verbesserungen wollen wir vorläufig auf nachstehende hinweisen : K a r t e n b r i e f e . Seit mehreren J;ihren in Frankreich eingeführt, findet der Kartenbrief zur Zeit auch in Deutschland und noch iü ändern Ländern Verwendung. Er hat die Form einer gefalteten Postkarte mit gummiertem und perforiertem Rand und bietet den Vorteil, einen geschlossenen Brief senden zu können, auch wenn man nicht in der Lage ist, einen gewöhnlichen Brief zu schreiben. Mit dem gleichen Betrage frankiert wie ein Brief, würde er für den Fiskus zweifelsohne einen Gewinn mit sich bringen, denn er würde offenbar häufig an Stelle von Postkarten treten.

Auch Kartenbriefe mit bezahlter Antwort lassen sich einführen.

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F r a n k o c o u v e r t s . Ihre Abschaffung ist von einer großen Kategorie des Publikums lebhaft bedauert worden. Frankreich hat sie in sehr praktischen Formaten und Farben beibehalten, ihr Preis beträgt !/2 Centime für Visitenkarten und l Centime für andere Formate. Die Wiedereinführung von Frankocou verts nach französischem Muster würde mit Befriedigung begrüßt werdeu.

Z e i t u n g s b a n d e n . Sie sind für die Expedition außer der Schweiz weder lang noch stark genug und zerreißen viel zu leicht.

M a r k e n . Dieselben sind aus schlechtem Papierstoff hergestellt : das Papier ist zu dick, nicht stark genug und reißt leicht neben der Perforation. Überdies gereicht der Typus der 2-, 3-, 5-, 10- und 12 Centimes-Marken nicht zur Ehre des Kunstsinns, zu ·dessen Entwicklung in der Schweiz wir so große Summen auswerfen; es ist schwer, etwas Häßlicheres und weniger Feines zu finden.

P r i v a t e B r i e f e i n w ü r f e . In Amerika ist es den großen Handelshäusern und den Verwaltungen gestattet, gegen Abonnementsgebühr eigene Briefeinwürfe zu haben, welche zu gleicher Zeit bedient und in gleicher Weise behandelt werden wie die öffentlichen Briefeinwürfe. Das System soll auch in Frankreich eingeführt werden; es wäre von Vorteil, dasselbe auch bei uns zu adoptieren, «in Teil des Publikums würde dabei seine Rechnung finden, und .auch hier würde der Fiskus nur gewinnen.

P o s t b o n s . In Frankreich geben die Postbureaux zum Preise von 5 Centimes für 1--10 Fr. und von 10 Centimes für 10--20 Fr.

Bons von l, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 20 Fr. für eine Dauer "von drei Monaten aus. Der Empfänger eines Postbons kann dessen Betrag überall in Empfang nehmen oder denselben einwechseln.

Dieses System ist außerordentlich bequem zur Begleichung kleiner Geldbeträge, namentlich dort, wo kein Postbureau in der Nähe ist.

Die Neuerung würde, im Interesse der Postverwaltung selbst, dazu führen, Zahlungen kleinster Beträge in Postwertzeichen aufhören zu machen, und bei uns jedenfalls sehr gute Aufnahme finden.

T. Personal und Besoldungen.

Das Bundesgesetz vom 2. Juli 1897 über die Besoldungen der eidgenössischen Beamten und Angestellten setzt 7 Besoldungsklassen fest, mit einem Maximum von Fr. 2500 in der 7. Klasse. Anderseits fixiert Art. 8, G. IV. das Gehaltsmaximum der Postablagehalter, der Paket- und Mandatträger, der Briefträger, Bureaudiener, Packer, Kastenleerer, Landbriefträger und Boten etc. auf Fr. 2500.

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Angesichts dieses Wortlautes ist es kaum verständlich, wenß die Vollziehungsverordnung zu diesem Gesetz Maxima von u n t e r Fr. 2500 aufstellt. Allerdings fügt das Gesetz bei: ,,Im übrigen werden im Rahmen obiger Ansätze die Besoldungen des Postpersonals vom Bundesrat auf Grundlage einer zu erlassenden Verordnung festgestellt.14 Aber wenn der Bundesrat befugt ist, unter das Maximum von Fr. 2500 herunterzugehen, so heißt dies ja mit der einen Hand wieder wegnehmen, was man mit der ändern gegeben hat. Und dies ist wirklich geschehen, denn zahlreich sind die Maxima, welche in der Verordnung auf einen Betrag von unter Fr. 2500 festgesetzt wurden.

Da die Räte bei der letzten Budgetberatung dieses Verfahren gebilligt haben, so wollen wir nicht auf den gefaßten Beschluß zurückkommen ; aber es mag erlaubt sein, zu sagen, daß solcheUnterschiede in der Einreihung der Beamten nicht gerechtfertigt scheinen. So gelangen die Paket-, Mandat- und Nachnahmenträger in den Bureaux T. und II. Klasse der Ortschaften mit 10,000 und mehr Einwohnern zum Maximum von Fr. 2500, während das Maximum der Briefträger Fr. 2300 beträgt, und doch hat der Briefträger gewiß nicht eine geringere Verantwortlichkeit als der Mandatoder Nachnahmenträger; außer der gewöhnlichen Korrespondenz liegt ihm auch die Übergabe der chargierten Briefe, mit oder ohne Wert ob, sowie die Übermittlung der Proteste, die Notifikation streitiger oder nicht streitiger Gerichtsakten etc., lauter Pflichten,, deren Vernachlässigung schwere Folgen nach sich ziehen kann.

Die Packer und Bureaudiener haben ebenso große Verantwortlichkeit, da alle auszuteilenden Gegenstände durch ihre Hände gehen, und sie erhalten überdies keine Trinkgelder von den Empfängern,, wie dies bei den Briefträgern etc. der Fall ist. Was den Kastenleerer betrifft, so hat er, wenn ihm auch keine Werte durch die Hände gehen, dafür einen sehr anstrengenden Dienst, da sein Tagewerk sehr früh beginnt und bis am späten Abend dauert, ohne daß.

er irgendwelche Nachtdiensteutschädigung bezöge.

Man wirft ein, daß die Postverwaltung stets bestrebt ist, tüchtige Angestellte von einer untern in eine höhere Klasse zu befördern; es wird aber, ungeachtet dieses guten Willens, notwendigerweise dennoch stets viele geben, die berufen sind, und nur wenige Auserwählte, da eben die höheren Stellen viel
weniger zahlreich sind als die unteren.

Wir finden daher, daß es am Platze ist, diese ganze Kategorie von Angestellten auf gleichen Fuß zu setzen, und zwar nicht sowoht für das Minimum, als vielmehr für das Maximum des Gehalts.

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III. Telegraphenverwaltung.

I. Allgemeine Bemerkungen.

Es scheint uns, der Zeitpunkt sei gekommen, wo mau dem Verlangen des schweizerischen Preßvereins nach Taxreduktion für die Zeitungsdepeschen entsprechen könnte, sowohl im internen wie im internationalen Verkehr.

Nach den seit mehreren Jahren gemachten Erhebungen verlangen Frankreich, Spanien, Portugal, Schweden und Norwegen für die an die Zeitungen geschickten Depeschen nur die Hälfte der gewöhnlichen Taxen ; die Verwaltung der Kapkolonie hat diese Taxe sogar auf ein Viertel herabgesetzt. Auch England gewährt eine Reduktion, jedoch in anderer Form.

Wir finden, die Schweiz, einst an der Spitze des Fortschritts im. Post- und Telegrapheuwesen, dürfe und solle nicht zurückbleiben.

Man soll hier nicht eine systematische Opposition mit dem Trugbilde eines nntirepublikanischen Privilegiums verdecken wollen; in Wirklichkeit handelt es sich um eine allen Zeitungen, sowie allen ihren Lesern, also der Mehrheit des Schweizervolkes, zu schaffende Erleichterung. Was die Verwaltung fürchtet, das ist nicht das angebliche, unsero demokratischen Einrichtungen zuwiderlaufende Vorrecht, wohl aber eine Verminderung der Einnahmen.

Eine Tarifermäßigung wird aber den telegraphischen Verkehr deiPresse heben und unfehlbar in vermehrter Depeschenzahl ihre Wirkung äußern, so daß die Staatskasse keine Einbuße erleiden wird ; nicht die Zeitungsverleger werden von der Ermäßigung profitieren, sondern das Publikum, welches einen vollständigeren Depeschendienst dafür erhalten wird.

Die Schweiz kann auch der Bewegung nicht gleichgültig gegenüberstehen, welche sich auf dem gleichen Gebiete für den internationalen Verkehr geltend macht. Hier hat sich aber unser Land, trota seiner internationalen Stellung, von Frankreich, Spanien und .Portugal überholen lassen; denn diese drei Länder sind durch eine Vereinbarung verbunden, welche die Taxe der Zeitungsdepeschen herabsetzt, und andere Staaten werden ihnen wohl bald folgen.

Allgemein war denn auch das Erstaunen am letzten Preßkongreß in Rom, als mau erfuhr, daß die Schweiz das vom internationalen Preßverein an die europäischen Regierungen gerichtete Gesuch um Ermäßigung der internationalen Taxen durch einfaches Nichteiutreten beantwortet hatte. Wir glauben, daß die von der eidgenössischen

944 Verwaltung eingenommene Haltung zu bedauern ist; es ist für uns wichtig, vorwärts zu gehen und uns nicht einem Fortschritt entgegenzustemmen, den wir früher oder später dann doch wohl oder übel werden mitmachen müssen.

Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Das Bundesgericht beantwortet io seinem Geschäftsberichte die von der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission pro 1897 angeregte Frage, ob nicht ohne Erhöhung der Mitgliederzahl des Bundesgerichtes eine Vermehrung der Abteilungen desselben eintreten sollte. Das Bundesgericht erörtert in einläßlicher Weise, daß eine solche Neuerung den gehofften Erfolg, Entlastung der Bundesrichter und zweckmäßigere Verteilung der Kanzleiarbeiten, nicht bringen, dagegen der Einheitlichkeit der Rechtssprechung schädlich sein würde. Wir stimmen den Ausführungen des Bundesgerichtes bei, wie denn schon die ständerätliche Geschäftsprüfungskommission des letzten Jahres der erwähnten Anregung nicht beigepflichtet hat.

Zu begrüßen ist die im Berichtsjahre vom Bundesgericht in der Veröffentlichung seiner Entscheidungen eingeführte Änderung, die letzteren mit einer die kurze Inhaltsangabe enthaltenden Überschrift zu versehen. Dadurch wird die Benützung der Sammlung sehr erleichtert.

Von Wert ist auch die separate Ausgabe der Entscheidungen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, die das eingegangene ,,Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs" von Dr. Brüstlein ersetzen wird.

Der specielle Teil des bundesgeriehtlichen Geschäftsberichtes giebt zu keinen besondern Bemerkungen Veranlassung.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1898. (Vom 23. Mai 1899.)

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1899

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24

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14.06.1899

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