04.430 Parlamentarische Initiative Regulierung der Bücherpreise Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 20. April 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Buchpreisbindung. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

20. April 2009

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Hildegard Fässler

2009-1079

4135

Übersicht Mehr als hundert Jahre lang bildete die Preisbindung die Grundlage für die Vermarktung deutschsprachiger Bücher. Im September 1999 erklärte die Wettbewerbskommission die bestehende deutschschweizerische Branchenabrede als unzulässig.

Der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverband legte gegen die Verfügung Rekurs ein. Während der Rekurs alle Instanzen durchlief, reichte Nationalrat Maitre am 7. Mai 2004 eine parlamentarische Initiative ein. Diese verlangte, so rasch wie möglich die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die für eine Regulierung der Bücherpreise in der Schweiz notwendig sind.

Nachdem beide Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK) der parlamentarischen Initiative zugestimmt hatten, erarbeitete die WAK des Nationalrates den vorliegenden Entwurf für ein Bundesgesetz über die Preisbindung für Bücher. Nach Kenntnisnahme und Diskussion der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens hat die Kommission am 20. April 2009 mit 13 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung diesem Entwurf zugestimmt.

Die wesentlichen Grundzüge der Vorlage sind folgende: ­

Eine obligatorische Buchpreisbindung, die auf einem Fixpreismodell beruht und Rabatte auf dem Fixpreis erlaubt;

­

eine Mindestdauer der Buchpreisbindung;

­

die Buchpreisfestsetzung wird dem Verlag oder dem Importeur/der Importeurin übertragen, und dem Preisüberwacher wird ein Interventionsrecht bei einer missbräuchlichen Überhöhung des Preises eingeräumt.

Der Handlungsbedarf ist in der Kommission nicht unbestritten. Die Mehrheit ist der Überzeugung, dass die Buchpreisbindung eine breite Vielfalt an Büchern und ein dichtes Buchhandlungsnetz ermöglicht und für die Förderung Schweizer Autoren und Autorinnen unerlässlich ist. Darüber hinaus zeigen bisherige Erfahrungen, dass ein System ohne Preisbindung höhere Preisen nach sich zieht. Die Minderheit dagegen bezweifelt, dass sich kulturelle Ziele und eine Büchervielfalt mit der Buchpreisbindung erreichen lassen.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Entstehungsgeschichte

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2 Grundzüge der Vorlage 2.1 Ausgangslage 2.1.1 Regulierter Buchpreis 2.1.2 Die Buchbranche in der Schweiz 2.1.3 Die Bindung der Buchpreise in den letzten Jahren: von gebundenen zu freien Preisen 2.1.4 Die Preisfestsetzung 2.1.5 Empirische Daten zu den Bücherpreisen in der Schweiz 2.1.6 Bestehende Finanzhilfen für das Buch 2.2 Handlungsbedarf 2.2.1 Argumente der Mehrheit 2.2.2 Argumente der Minderheit 2.3 Der Gesetzesentwurf 2.3.1 Übersicht 2.3.2 Preisfestsetzung 2.3.3 Preisbindung 2.3.4 Sanktionensystem 2.4 Vernehmlassungsergebnisse

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3 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen 3.1 Bundesgesetz über die Buchpreisbindung (Buchpreisbindungsgesetz; BuPG)

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4 Auswirkungen 4.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

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5 Verhältnis zum europäischen Recht

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6 Rechtliche Grundlagen 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen 6.3 Erlassform

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Bundesgesetz über die Buchpreisbindung (Entwurf)

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

Am 7. Mai 2004 reichte Nationalrat Maitre folgende parlamentarische Initiative ein: Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und Artikel 107 des Parlamentsgesetzes reiche ich folgende parlamentarische Initiative ein: So rasch wie möglich sollen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, die für eine Regulierung der Bücherpreise in der Schweiz notwendig sind.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) beschloss anlässlich der Sitzung vom 13. September 2004 mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) stimmte anlässlich der Sitzung vom 23. Mai 2005 mit 7 zu 5 Stimmen dem Beschluss der WAK-N zu (Parlamentsgesetz Art. 109 Abs. 3; ParlG). Somit wurde die WAK-N mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt (ParlG Art. 111 Abs. 1).

Die WAK-N beauftragte daraufhin am 21. Juni 2005 eine Subkommission, die Möglichkeiten zur Umsetzung der Initiative zu untersuchen. Als Mitglieder der Subkommission bestimmte die WAK-N Dominique de Buman (Präsident), Didier Berberat, Gerold Bührer, Charles Favre, Hildegard Fässler-Osterwalder, Hans Kaufmann und Hansjörg Walter. Die Subkommission trat zwischen August 2005 und April 2006 sechsmal zusammen. Sie führte eine Reihe von Anhörungen durch und prüfte auf der Grundlage mehrerer Berichte des Bundesamtes für Kultur, des Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), des Bundesamtes für Justiz sowie der Sekretariate der Wettbewerbskommission (Weko) und des Preisüberwachers die Frage der Zweckmässigkeit eines Gesetzerlasses über die Buchpreisregulierung. Am 13. April 2006 unterbreitete die Subkommission der WAK-N in einem Bericht zwei Anträge: Einer verlangte, dass die parlamentarische Initiative abgeschrieben wird; der zweite forderte deren Weiterführung und die Ausarbeitung eines Gesetzestextes.

Mit 14 zu 9 Stimmen beschloss die Kommission, mit der Ausarbeitung einer Vorlage zur Regulierung der Bücherpreise fortzufahren und die daher notwendige Verlängerung der Behandlungsfrist zu beantragen (Art. 113 ParlG). Die Kommission unterbreitete ihrem Rat zwei Anträge: einen Mehrheitsantrag für eine Verlängerung der Behandlungsfrist um zwei Jahre und einen Minderheitsantrag für Abschreibung der Initiative. Am 20. Dezember 2006 genehmigte
der Nationalrat die Verlängerung der Behandlungsfrist mit 124 zu 62 Stimmen1.

Die WAK-N legte am 20. Februar 2007 die Grundzüge einer Buchpreisregulierung fest und beauftragte die Verwaltung mit der Ausarbeitung des Gesetzestextes (ParlG Art. 112 Abs. 1).

Im Mai 2007 wurde die in der Deutschschweiz bestehende Buchpreisbindung endgültig aufgehoben, als der Bundesrat beschloss, der von der Weko als unzulässig erklärten Wettbewerbsabrede für das Buch keine Ausnahme aufgrund überwiegen1

Die WAK-N muss einen Gesetzesvorentwurf bis zur Sommersession 2009 vorlegen. Die vorhergehende Frist dauerte bis zur Sommersession 2007. Der Nationalrat verlängerte diese am 20. Dezember 2006 um 2 Jahre.

4138

der öffentlicher Interessen zu gewähren (siehe Ziff. 2.1.3). Mit Hinblick auf die neue Situation beschloss die WAK-N am 3. September 2007 mit 12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung, die Beratung des inzwischen von der Verwaltung erarbeiteten Gesetzestextes zu sistieren und die ersten Auswirkungen der Abschaffung der Buchpreisbindung abzuwarten. Das SECO wurde beauftragt, die Auswirkungen der Abschaffung in einem Bericht darzulegen (siehe Ziff. 2.1.5). An ihrer Sitzung vom 25./26. August 2008 nahm die Kommission vom Bericht Kenntnis. Dieser stellte unter anderem fest, dass so kurze Zeit nach Aufhebung der Preisbindung zwar bereits neue Preisstrategien entstanden sind, aber noch keine schlüssigen Aussagen über die Strukturwirkungen der Aufhebungen möglich sind. Er schaffte damit weder entscheidende Argumente für noch gegen eine Buchpreisbindung. Die Kommission nahm im Sommer 2008 die gesetzgeberischen Arbeiten wieder auf und beriet den Gesetzestext. Sie nahm am 13. Oktober 2008 einen Vorentwurf an und beschloss, bei den interessierten Kreisen ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Das Vernehmlassungsverfahren dauerte vom 7. November 2008 bis zum 3. Februar 2009. Das Prinzip einer Regulierung der Bücherpreise wurde von den Teilnehmenden der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst (siehe Ziff. 2.4). Nach ausführlicher Diskussion der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens sowie des mündlichen Mitberichts der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates beschloss die Kommission daher mit 13 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung, dem Rat den ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf nur mit redaktionellen Änderungen zu unterbreiten.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ausgangslage

2.1.1

Regulierter Buchpreis

In einem Preisbindungssystem (Fixpreis- oder Einheitspreissystem) legt der Verlag den von den Endverbrauchern und Endverbraucherinnen zu zahlenden Buchpreis fest. Im Gegensatz zum freien Preissystem können die Buchhandlungen die Buchpreise nicht nach Belieben festsetzen. Das Preisbindungssystem sieht allerdings generell vor, dass die Buchhandlungen in bestimmtem Umfang Rabatte gewähren können (z.B. 5­10 %). Für bestimmte Konsumenten (z.B. Bibliotheken oder Schulen) können höhere Rabatte gewährt werden. Die Bindung der Buchpreise kann zeitlich befristet oder unbefristet sein.

Die Buchpreisbindung kann auf einer gesetzlichen Verpflichtung oder auf einer Branchenabrede basieren. In Europa besteht in Österreich, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und in den Niederlanden ein gesetzlich geregeltes Fixpreissystem. In Dänemark, Ungarn und Norwegen ist die Buchpreisbindung in einer Branchenvereinbarung geregelt. Belgien, die tschechische Republik, Estland, Finnland, Irland, Polen, Schweden und Grossbritannien verfügen über ein freies Preisbildungssystem.

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2.1.2

Die Buchbranche in der Schweiz

Rund 80 % der in der Schweiz verkauften Bücher werden im Ausland hergestellt (Deutschland, Frankreich, Italien, in sehr geringem Ausmass weitere Länder). Die restlichen 20 % entsprechen der schweizerischen Verlagsproduktion. Die drei Märkte, die den drei Sprachregionen entsprechen, sind sehr unterschiedlich und daher einzeln zu betrachten. Nachstehend werden die drei wichtigsten Glieder der Bücherkette (Verlage, Zwischenbuchhandel und Buchhandlungen) nach Sprachregion dargestellt2.

Buchbranche in der Deutschschweiz ­

Verlage: Wenige grosse Deutschschweizer Verlage wirken im gesamten deutschsprachigen Raum. Daneben bestehen auch mittelgrosse und kleine Verlage. Eine grosse Zahl deutscher Verlage ist im deutschsprachigen Markt aktiv. Einige veröffentlichen Werke Schweizer Autoren und Autorinnen.

­

Zwischenbuchhandel: Der Zwischenbuchhandel ist in deutscher und schweizerischer Hand. Jede Buchhandlung kann entscheiden, bei welchem Zwischenbuchhandel sie bestellen möchte. Bei über 50 % der (ausländischen und schweizerischen) Bücher erfolgt die Verteilung über das Buchzentrum, das den Buchhandlungen gehört, der Rest wird über andere Zwischenbuchhändler verteilt. Seit der Preisfreigabe beziehen vermehrt Buchhandlungen ihre Titel direkt bei den Verlagen.

­

Buchhandlungen: Rund 40 % des Marktes werden von (kleinen bis mittelgrossen) unabhängigen Buchhandlungen abgedeckt. Die übrigen 60 % sind in der Hand von drei grossen Handelsketten (Orell Füssli, Thalia, Ex Libris).

Zum Anteil des grenzüberschreitenden elektronischen Handels gibt es keine statistischen Angaben.

Buchbranche in der Westschweiz

2

­

Verlage: Die Westschweizer Verlagslandschaft ist durch die geringe Grösse der Unternehmen gekennzeichnet. Die Weiterführung verlegerischer Aktivitäten ist auf einige Personen zurückzuführen, die an der Spitze dieser Unternehmen stehen.

­

Zwischenbuchhandel: Der Zwischenbuchhandel in der Westschweiz ist grösstenteils in französischer Hand.

­

Buchhandlungen: 35­40 % des Marktes werden von unabhängigen Buchhandlungen abgedeckt. Die übrigen 60­65 % teilen sich zwei französische Unternehmen (FNAC und Payot) und die Supermärkte. Über 40 Buchhandlungen mussten zwischen 2001 und 2004 schliessen. Zum Anteil des grenzüberschreitenden elektronischen Handels gibt es keine statistischen Angaben.

Für eine detaillierte Beschreibung des Buchmarktes in der Schweiz siehe PrognosBericht: F. Neiger, J. Trappel, «Buchmarkt und Buchpreisbindung in der Schweiz», Basel, 2001.

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Buchbranche in der italienschsprachigen Schweiz ­

Verlage: Die wenigen Verlage sind klein, und nur einige von ihnen verfügen über eine professionelle Struktur und sind auch in Italien vertreten.

­

Zwischenbuchhandel: Jeder Buchhändler begibt sich regelmässig nach Italien, um die Bücher einzukaufen.

­

Buchhandlungen: Es gibt einige Buchhandlungen (mit Filialen), die alle unabhängig sind. Zum Anteil des grenzüberschreitenden elektronischen Handels gibt es keine statistischen Angaben.

2.1.3

Die Bindung der Buchpreise in den letzten Jahren: von gebundenen zu freien Preisen

Buchpreisbindung in der Deutschschweiz Mehr als hundert Jahre lang bildete die Preisbindung die Grundlage für die Vermarktung deutschsprachiger Bücher. In der Deutschschweiz wurde die Preisbindung ab 1993 in der Form des so genannten Sammelrevers durchgesetzt. Jeder Verlag, der den Sammelrevers unterschrieb, schloss dadurch mit jeder (Zwischen-)Buchhandlung, die den Revers unterschrieb, einen individuellen Preisbindungsvertrag ab. Die Buchhandlungen verpflichteten sich, die von den Verlagen festgesetzten «Publikumspreise» beim Verkauf einzuhalten und auch nicht indirekt zu unterlaufen.

Mengenrabattierung (beispielsweise für Bibliotheken) und andere Sonderbedingungen waren im Sammelrevers ausdrücklich geregelt. Die beteiligten Verlage waren frei, ob, in welcher Höhe und wie lange sie den Preis eines Buches banden. Sie waren aber zur lückenlosen Preisbindung verpflichtet. Sie durften also Buchhandlungen, die den Sammelrevers nicht unterschrieben, gebundene Bücher nicht verkaufen. Darüber hinaus waren sie zur Gleichbehandlung der Abnehmer und Abnehmerinnen verpflichtet. Als Sanktionsmassnahme unterwarfen sich Verlage und Buchhandlungen im Sammelrevers wechselseitig Konventionalstrafen. Rund 90 % aller deutschsprachigen Bücher waren im Sammelrevers gebunden.

Mit Verfügung vom 6. September 1999 erklärte die Weko den Sammelrevers als unzulässig. Die angewandte Preisbindung beseitige den Wettbewerb und verstosse somit gegen das Kartellgesetz (KG). Der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) legte gegen diese Verfügung eine Beschwerde bei der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen und anschliessend beim Bundesgericht ein. Die Rekurskommission bestätigte die Verfügung der Weko. Das Bundesgericht gab dem SBVV jedoch teilweise Recht und forderte die Weko mit Entscheid vom 14. August 2002 auf, zu prüfen, ob die durch den Sammelrevers verursachte erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung aus Gründen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden könne (BGE 2A.299/2001).

Die Weko prüfte darauf, ob der Sammelrevers zu einer Erhöhung der Sortimentsbreite, einer grösseren Vielfalt der verlegerischen Produkte oder ­ dank des dichteren Verkaufsstellennetzes und der besseren Beratung ­ zu einer Verbesserung des Absatzes führte. Die Weko befand, dass die wirtschaftlichen Effizienzwirkungen des

4141

Sammelrevers nicht nachweisbar sind und erklärte mit Verfügung vom 21. März 2005 den Sammelrevers erneut als rechtswidrig3.

Gegen diese Verfügung legte der SBVV bei der Rekurskommission sowie anschliessend beim Bundesgericht erneut Beschwerde ein. Der SBVV unterlag in beiden Instanzen (BGE 2A.430/2006) und gelangte als letzte Möglichkeit mit einem Ausnahmeantrag an den Bundesrat. Gemäss Artikel 8 KG kann der Bundesrat Ausnahmen für unzulässig erklärte Wettbewerbsabreden auf Antrag zulassen, um überwiegende öffentliche Interessen (im vorliegenden Fall kulturpolitische Interessen) zu verwirklichen. Der Bundesrat lehnte das Gesuch am 2. Mai 2007 ab. Er verwies in seiner Begründung auf die Effizienzprüfung durch die Weko, in der die positiven Auswirkungen nicht nachgewiesen werden konnten. Somit könne auch nicht nachgewiesen werden, dass die Buchpreisbindung notwendig sei für die Erzielung der kulturpolitischen Leistung. Der Bundesrat fügte an, dass sich die angeführten kulturpolitischen Interessen mit anderen Mitteln verwirklichen liessen.

Buchpreis in der Westschweiz Der Buchpreis wurde in der Westschweiz Anfang der 90er-Jahre freigegeben. Vorher gab es eine Branchenabrede über die Buchpreisregulierung.

Buchpreis in der italienischsprachigen Schweiz Der Buchpreis in der italienischen Schweiz ist und war immer frei.

2.1.4

Die Preisfestsetzung

Eine Bindung der Bücherpreise beeinflusst die Art der Preisfestsetzung für Bücher (siehe Tabelle unten). Ohne Buchpreisbindung erfolgt die Festsetzung der Preise durch den Markt, also in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage. So können Verlage Preise empfehlen, aber auch Rabatte geben. Buchhandlungen suchen nach den besten Einkaufsmöglichkeiten und reagieren auf die Nachfrage mit Rabatten, Aufschlägen, Bindungsprogrammen, etc. Mit Buchpreisbindung sind es die Verlage oder Importeure, welche die Preise festsetzen. Der Wettbewerb ist in diesem Fall auf Stufe des Handels beseitigt, da die Buchhandlungen an die vorgegebenen Preise gebunden sind.

Hohe Preise können in beiden Systemen auftreten. Ohne Buchpreisbindung können hohe Bücherpreise beispielsweise durch eine unelastische Nachfrage entstehen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Wettbewerb nicht spielt, also Wettbewerbsabreden bestehen oder marktbeherrschende Unternehmen ihre Stellung missbrauchen. In diesem Fall kann die Weko intervenieren, die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung verfügen und gegebenenfalls Sanktionen verhängen. In einem System mit Buchpreisbindung hingegen besteht gewollt eine Wettbewerbsabrede. Es muss daher mit anderen Mitteln dafür gesorgt werden, dass Preise nicht missbräuchlich festgesetzt werden. In der Schweiz obliegt diese Aufgabe dem Preisüberwacher.

3

Für die Zusammenfassung der Verfügungen der Weko siehe den Bericht des WekoSekretariats mit Erläuterungen zur Verfügung der Wettbewerbskommission vom 21. März 2005 in Sachen Buchpreisbindung.

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Ohne Buchpreisbindung

Buchpreisbindung

Festlegung Preis für Endabnehmer und Endabnehmerinnen

Die in Wettbewerb stehende Buchhandlung legt den Preis fest.

Der Verlag oder der Importeur legt den Preis fest.

Kontrolle

Schutz des Wettbewerbes durch die Wettbewerbskommission (Weko).

Kontrolle missbräuchlicher Preise durch den Preisüberwacher.

Die Preisfestsetzung und die Weko in der französischen Schweiz Die Weko hat im März 2008 eine Untersuchung gegen Vertreiber von Büchern («diffuseurs») in der Westschweiz eröffnet. Sie untersucht, ob diese Vertreter der französischen Verlage in der Schweiz über eine marktbeherrschende Stellung verfügen. Falls dies zutrifft, untersucht die Weko, ob sie diese Stellung im Rahmen ihrer Preispolitik missbrauchen. Die Vertreiber importieren die Bücher und legen Schweizer Preise fest, die deutlich über den französischen Preisen liegen. Dabei könnte es sich um einen Preismissbrauch im Sinne des KG handeln. Das Resultat der Untersuchung steht zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts (April 2009) noch aus.

Die Preisfestsetzung und der Preisüberwacher in der Deutschschweiz Zwischen der Branche und dem Preisüberwacher bestand ab 1988 eine einvernehmliche Regelung zur Festsetzung der Preise für importierte Bücher. Ein Aufpreis gegenüber dem Preis im Ursprungsland wurde seitens Preisüberwacher wegen der höheren Kosten in der Schweiz gewährt. Die Erhöhung war degressiv ausgestaltet, d.h. sie war prozentual umso geringer, je höher der Preis war. Die Branche schlug diese degressive Erhöhung in Form einer Umrechnungstabelle den deutschen Verlagen vor, der Preisüberwacher kontrollierte und genehmigte diese. Änderte sich der Wechselkurs um mehr als 2,5 %, wurde eine Anpassung der Tabelle vorgenommen ­ bei einer Erhöhung auf Antrag der Branche, bei einer Senkung auf Antrag des Preisüberwachers.

Als 1999 das Verfahren der Weko eingeleitet wurde, war der Preisüberwacher nicht länger aktiv, da er den Ausgang des Verfahrens abwarten wollte. Als 2005 jedoch eine Klärung noch nicht in Sicht war und sich beim Preisüberwacher die Beschwerden über zu hohe Bücherpreise häuften, wurde der Preisüberwacher wieder aktiv. Er analysierte, welche Überhöhung gegenüber deutschen Preisen gerechtfertigt ist: Er ermittelte, dass die Kosten (Löhne, Mieten) in der Schweiz maximal 12 % höher liegen als in Deutschland. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze4 bedeutet dies, dass die gerechtfertige Überhöhung des Schweizer Preises maximal 8 % über dem deutschen Endverkaufspreis liegt. Der Preisüberwacher stellte jedoch fest, dass die tatsächliche Differenz 16 % betrug. Nach Verhandlungen mit dem Preisüberwacher
wurden die Buchpreise auf den 1. Juli 2006 und den 1. Januar 2007 um durchschnittlich je 2 % gesenkt. Diese Senkungen erfolgten.

Der Preisüberwacher hatte in den Verhandlungen auf eine stärkere Preissenkung gedrängt, verzichtete aber bis zur Klärung der rechtlichen Situation (damals hängige 4

Die Mehrwertsteuer auf Büchern in Deutschland beträgt 7 %, in der Schweiz jedoch nur 2,4 %. Diese Differenz sollte den Schweizer Konsumenten und Konsumentinnen zu Gute kommen.

4143

Verfahren bei der Wettbewerbskommission und im Parlament) auf eine Weiterführung seiner Untersuchung. Er kündigte an, dass die Preisfestsetzung wieder zur Disposition stehen werde, wenn die rechtliche Situation geklärt sei.

2.1.5

Empirische Daten zu den Bücherpreisen in der Schweiz

Wie in Kapitel 1 erwähnt, hatte die Kommission im September 2007 das SECO beauftragt, die Auswirkungen der Abschaffung der Buchpreisbindung zu untersuchen. In Rahmen einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) wurden zwischen März 2007 und März 2008 Bücherpreise in der deutschen wie auch in der französischen Schweiz erhoben. Insbesondere liegen Daten zur Bandbreite der Preise zwischen Buchhandlungen wie auch zum Unterschied zwischen Listenpreisen und Verkaufspreisen vor5.

Bücherpreise in der Deutschschweiz In der Zeit des Sammelrevers waren rund 90 % der Buchtitel von der Buchpreisbindung betroffen. Für diese galten also in jeder Buchhandlung die verbindlichen Listenpreise. Seit der Abschaffung der Buchpreisbindung in der Deutschschweiz sind die Listenpreise als unverbindliche Preisempfehlungen bestehen geblieben.

Gemäss der Studie der FHNW zeigte sich 10 Monate nach der Abschaffung eine beträchtliche Bandbreite der Preise zwischen verschiedenen Buchhandlungen und auf verschiedenen Verkaufskanälen. Als Beispiele für diese Entwicklung seien erwähnt: Ex libris bietet generell 15 % Rabatt auf den Listenpreis und 30 % Rabatt auf (seinen) Bestsellern. Orell Füssli und Weltbild bieten Rabatte von bis zu 30 % auf die Listenpreise der jeweiligen Bestseller.

Im Durchschnitt haben sich laut der Studie der FHNW die Preise in dieser Zeitspanne nicht signifikant verändert (kein signifikanter Unterschied zwischen durchschnittlichen Verkaufspreise und Listenpreisen). Nach so kurzer Zeit können gemäss SECO auch Strukturveränderungen nicht angemessen beurteilt werden, denn strukturelle Umwälzungen dauern im Normalfall Jahre.

Bücherpreise in der Westschweiz In der Westschweiz existiert für viele Titel eine breite Preisstreuung, das heisst, dass Konsumenten und Konsumentinnen je nach Einkaufsort mehr oder weniger für Bücher bezahlen. Verschiedene Rabatte werden im Rahmen von Treueprogrammen gewährt, insbesondere Rabatte auf Bestseller durch grosse Ketten. Gemäss der Studie der FHNW entsprechen aber die durchschnittlichen Verkaufspreise auch in der Westschweiz ungefähr den Listenpreisen (also den unverbindlichen Preisempfehlungen).

5

Siehe Bericht: B. Hulliger, D. Lussmann, P. Perrett, M. Binswanger, Auswirkungen der Abschaffung der Buchpreisbindung, Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, 11. Juli 2008.

( http://www.seco.admin.ch/themen/00374/00459/00460/index.html?lang=de )

4144

Bücherpreise in der italienischsprachigen Schweiz Da der Büchermarkt in der italienischsprachigen Schweiz nur 3 % des gesamtschweizerischen Umsatzes ausmacht, hat die Studie der FHNW die Bücherpreise dort nicht untersucht.

Bücherpreise im Vergleich zum benachbarten Ausland Die Bücherpreise für die Konsumenten und Konsumentinnen sind in der Schweiz generell höher als in den Nachbarländern. Die Bestimmung der Preisdifferenzen ist unter anderem sehr schwierig, da sie sehr stark vom Wechselkurs abhängig sind.

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Preise in der italienischsprachigen Schweiz nur wenig höher sind als in Italien, dass die Preisdifferenzen in der deutschen Schweiz etwas höher liegen und dass in der Westschweiz die grössten Preisdifferenzen zum benachbarten Ausland bestehen.

Gemäss der Studie der FHNW lag im März 2008 der durchschnittliche Verkaufspreis in der Deutschschweiz zwischen 6 und 13 % über dem Listenpreis in Deutschland (welcher wegen der Buchpreisbindung dem Verkaufspreis entspricht). Der Prozentsatz hängt davon ab, ob der höchste oder tiefste monatliche Wechselkurs der Beobachtungsperiode als Berechnungsgrundlage gewählt wird.

2.1.6

Bestehende Finanzhilfen für das Buch

Neben der Buchpreisbindung kann das Buch mit anderen Massnahmen, insbesondere mit Finanzhilfen unterstützt werden. Die Schweiz kennt im Rahmen ihrer jetzigen Buch- und Verlagsförderung folgende Massnahmen: ­

Die Kantone sowie einige Städte unterstützen die Buchbranche durch Beiträge an die Autoren und Autorinnen, für die Übersetzung, die Verlage sowie für die Verbreitung von Büchern. 2006 betrugen die Beiträge 4,5 Millionen Franken.

­

Förderung des Schweizer Buches; 2006 beliefen sich die Beiträge der drei wichtigsten Geldgeber des Bundes auf rund 6,7 Millionen Franken. Dies sind Pro Helvetia (u.a. Übersetzungsbeiträge, Autorenstipendien und Druckkostenzuschüsse), das Bundesamt für Kultur (Leseförderung und Unterstützung des Buchvertriebs im Ausland) und der Nationalfonds (Publikationsbeihilfen für die Herstellung von wissenschaftlichen Büchern).

­

Förderung des Zugangs zum Buch mittels Unterstützung der Bibliotheken.

Die Nationalbibliothek hat 2006 23,2 Millionen Franken aufgewendet, um Erzeugnisse, die einen Bezug zur Schweiz haben (Werke, die mit der Schweiz und ihren Bewohnern in Zusammenhang stehen, sowie Werke und Übersetzungen in allen Sprachen von Schweizer Autoren), zu sammeln, zu erschliessen, zu erhalten und zu vermitteln.

­

Indirekte Unterstützung der Nachfrage durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,4 Prozent auf Büchern, was einer Entlastung von 40­50 Millionen Franken jährlich entspricht.

Darüber hinaus ist das BAK im Begriff, eine neue Buchpolitik in der Schweiz zu definieren. Es überprüft die selektive Förderungspolitik mit dem Ziel, die Massnahmen zwischen dem Bund, den Kantonen und den Städten zu koordinieren. Das 4145

Bundesamt überprüft ebenfalls eine erfolgsabhängige Förderung des Buches. Zudem eröffnet das in Beratung stehende Kulturförderungsgesetz eine weitere Fördermöglichkeit für das Buch.

2.2

Handlungsbedarf

Der Bedarf, eine Buchpreisbindung gesetzlich festzuschreiben ist in der Kommission nicht unbestritten. Die Mehrheit ist der Überzeugung, dass die Buchpreisbindung die Vielfalt und die Qualität des Kulturgutes Buch fördert und der Bevölkerung den Zugang zu Büchern zu den bestmöglichen Bedingungen gewährleistet. Die Minderheit dagegen bezweifelt, dass sich kulturelle Ziele und eine Büchervielfalt mit der Buchpreisbindung erreichen lassen und beantragt daher, nicht auf den Entwurf einzutreten.

Der Eintretensentscheid fiel in der Kommission mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung.

2.2.1

Argumente der Mehrheit

Die Bedeutung des Buches als Kulturgut und als Identitätsträger eines Landes kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. In der heutigen Situation und insbesondere aufgrund der Tatsache, dass zahlreiche unabhängige Buchhandlungen von der Bildfläche verschwunden sind, ist dieses Kulturgut in seiner Vielfalt und seiner Qualität bedroht. Deshalb muss die öffentliche Hand dringend reagieren und die Buchpreisbindung gesetzlich festlegen.

Die Buchpreisbindung sichert den kleinen und mittleren Buchhandlungen die wirtschaftliche Existenz, da sie auf Umsätze durch Bestseller zählen können und ihre «Brottitel» erhalten bleiben. Im Gegensatz dazu besteht ohne Buchpreisbindung ein starker Preiswettbewerb für Bestseller, der von Supermärkten und Buchhandelsketten getrieben wird. Die Supermärkte und Warenhäuser nutzen Bestseller vor allem als Marketinginstrument und nicht zur Erzielung hoher Margen. Grosse Buchhandelsketten reduzieren Bestsellerpreise, um so Marktanteile zu gewinnen. Sie können sich die tiefen Preise leisten, da sie durch ihre Grösse beim Einkauf günstigere Kondition erzielen. Bei kleineren Buchhandlungen ist jedoch der betriebswirtschaftliche Spielraum nachweislich viel geringer. Sie verlieren daher die gesicherten Einnahmen aus Bestsellerverkäufen, was für einige über kurz oder lang das Ausscheiden aus dem Markt bedeutet. Die Erfahrungen in der Schweiz und im Ausland bestätigen, dass ein regulierter Preis die kleinen Buchhandlungen vor der aggressiven Preispolitik der grossen Fachhandelsketten und Supermärkten schützt. Der sehr starke Rückgang der Buchhandlungen und Verlage in der Westschweiz ­ er war viel drastischer als in der Deutschschweiz mit dem Sammelrevers ­ ist weitgehend auf die Abschaffung dieser Massnahme zurückzuführen.

Ein dichtes Buchhandlungsnetz ist nicht nur deshalb wichtig, weil dadurch der Zugang der Bevölkerung zu Büchern sichergestellt werden kann, sondern auch, weil dadurch eine grössere Vielfalt des Angebots gefördert wird. Bis zu 50 % der Käufe in Buchhandlungen sind so genannte Spontankäufe (d. h. Kauf eines ausgestellten Buches ohne vorherige Kaufabsicht). Weniger bekannte und schwierige Titel profitieren am meisten von den Spontankäufen. Wenn die Auslagefläche wegen des 4146

Verschwindens von Buchhandlungen schrumpft, nehmen die Spontankäufe und damit der Verkauf solcher Titel automatisch ab; dies führt unweigerlich dazu, dass die Verlage sie nicht mehr produzieren. Auf eine Regulierung der Bücherpreise zu verzichten würde deshalb mittelfristig bedeuten, auf ein vielfältiges Verlagsangebot zu verzichten. Erfahrungen im Ausland bestätigen diesen Zusammenhang: Die Abschaffung der Buchpreisbindung in Grossbritannien führte zwar kurzfristig wegen sehr guter Konjunktur zu einem gleich bleibenden Zuwachs an Büchertiteln.

Mittelfristig führte sie jedoch Hand in Hand mit wachsenden Marktanteilen der Supermärkte und Internetanbietern zu einem Einbruch an neuen Titeln.

In Bezug auf die Preise zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass ein System ohne Preisbindung höhere Preisen nach sich zieht. In Grossbritannien beispielsweise führte die Abschaffung der Buchpreisbindung dazu, dass die Preise für Bücher im darauf folgenden Jahrzehnt deutlich stärker stiegen als die Konsumentenpreise.

Während die Preise für Bestseller in grossen Fachhandelsketten und Supermärkten sanken, stiegen sie für weniger nachgefragte Bücher, die nicht mehr von der Quersubventionierung durch den gebundenen Buchpreis profitierten. Global bedeutete die Aufhebung der Preisbindung einen Anstieg der Buchpreise. Auch in der Schweiz lässt sich dieses Phänomen beobachten: Zu Zeiten des Sammelrevers' in der Deutschschweiz war die Preisdifferenz zwischen der Deutschschweiz und Deutschland mit ca. 12­18 % deutlich geringer als diejenige zwischen der Westschweiz (ohne Buchpreisbindung) und Frankreich mit rund 25­33 %.

Gegen die Buchpreisbindung wird oft argumentiert (siehe Minderheit unten), dass die Konsumentin und der Konsument die Preisbindung über den grenzüberschreitenden elektronischen Handel umgehen können. Die Mehrheit hält dem entgegen, dass der Marktanteil ausländischer Internetplattformen gering ist und bleiben wird.

Die Mehrheit der Leser und Leserinnen bevorzugt nach wie vor, Bücher in der Schweiz zu kaufen. Darüber hinaus hängt die Attraktivität ausländischer Internetplattformen entscheidend von den Preisunterschieden ab. Wenn, wie im Entwurf vorgesehen, der Preisüberwacher garantiert, dass die Preisunterschiede nur noch geringfügig sind, können ausländische Internetplattformen die Buchpreisbindung in der Schweiz nicht untergraben.

2.2.2

Argumente der Minderheit

Minderheit (Kaufmann, Estermann, Favre Charles, Flückiger, Gysin, Miesch, Müller Philipp, Rime, Theiler, Walter, Wandfluh) Die Minderheit bezweifelt, dass sich die kulturpolitischen Ziele der Initiative mit der Buchpreisregulierung erreichen lassen.

Nach Ansicht der Minderheit zeigen Erfahrungen in der Schweiz und im Ausland, dass gebundene Preise weder zu einem dichten Buchhandlungsnetz noch zu einer Vielfalt des Verlagsangebots führen. Die Konzentration des Verkaufsstellennetzes ist ein Trend, den regulierte Preise nur unwesentlich beeinflussen. Das zeigt sich insbesondere in der Deutschschweiz, wo trotz des Sammelrevers ebenfalls ein ausgeprägter Konzentrationsprozess im Gange war. Die Buchpreisbindung erlaubt den kleinen Buchhandlungen allenfalls kurzfristig zu überleben, nicht aber mittel- und langfristig. Die Erfahrungen in Ländern ohne Preisbindung belegen, dass viele unabhängige Buchhandlungen dank geschickter Strategien wie z.B. Organisation 4147

von Kulturanlässen oder Benutzung neuer Technologien weiter bestehen und sich in Nischenmärkten gut positionieren konnten.

Selbst wenn regulierte Preise wirklich ein dichtes Buchhandlungsnetz gewährleisten könnten, hält die Minderheit sie nicht für eine notwendige Voraussetzung für die Vielfalt des Verlagsangebots. Bei der Einführung der Buchpreisbindung in Frankreich zum Beispiel wurden keine merklichen Veränderungen des Verlagsangebots festgestellt. Andere Faktoren bestimmen die Vielfalt des Angebots, darunter in erster Linie rückläufige Produktionskosten.

Die Minderheit stellt ebenfalls fest, dass die Konsumenten und Konsumentinnen die Preisbindung im Internetzeitalter leicht umgehen können. Sie bezweifelt die Meinung der Mehrheit, dass die ausländischen Internetplattformen auch künftig nur eine marginale Bedeutung haben werden. Bislang spielt dieser Verkaufskanal zwar eine untergeordnete Rolle, aber die Tendenz ist steigend; die Buchpreisregulierung würde dann weitgehend früher oder später ausgehebelt.

Neben den Zweifeln an der Effizienz der Buchpreisregulierung als kulturpolitisches Instrument weist die Minderheit darauf hin, dass ein solches Gesetz einen schwerwiegenden Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit bedeutet und nicht dem Grundgedanken der liberalen schweizerischen Wirtschaftsordnung entspricht. Des Weiteren wirft eine solch systemfremde Regelung Probleme der Verfassungsmässigkeit auf (siehe Ziff. 6).

2.3

Der Gesetzesentwurf

2.3.1

Übersicht

Die wesentlichen Grundzüge der Vorlage sind folgende: ­

Eine obligatorische Buchpreisbindung, die auf einem Fixpreismodell beruht und Rabatte auf dem Fixpreis erlaubt;

­

eine Mindestdauer der Buchpreisbindung;

­

die Buchpreisfestsetzung wird dem Verlag oder dem Importeur/der Importeurin übertragen, und dem Preisüberwacher wird ein Interventionsrecht bei einer missbräuchlichen Überhöhung des Preises eingeräumt;

­

der Anwendungsbereich des Gesetzes beschränkt sich auf den Verlag, den Import und den Handel mit Büchern in den Schweizer Landessprachen;

­

die Aufsicht über die Einhaltung des Gesetzes wird der Branche übertragen;

­

die Vorlage übernimmt das zivilrechtliche Sanktionsinstrumentarium des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

2.3.2

Preisfestsetzung

Der Entwurf geht vom Grundsatz der Selbstverantwortung der Branche aus. In diesem Sinne überträgt er die Preisfestsetzung von Büchern den Verlagen sowie Importeuren und Importeurinnen. Die von ihnen festgesetzten Preise unterstehen allerdings der Kontrolle durch den Preisüberwacher. Indem der Entwurf dabei auf eine Umschrei4148

bung der Preisumrechnung und -überhöhung bei importierten Büchern verzichtet, überträgt er diese Aufgabe in erster Instanz den Verlagen sowie Importeuren und Importeurinnen. Bestehen Anzeichen für eine überhöhte Preisfestsetzung in der Schweiz ­ insbesondere durch den Vergleich mit dem Endverkaufspreis der entsprechenden Bücher in den Verlags- und Nachbarländern ­ ist die Zuständigkeit des Preisüberwachers gegeben und das Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 (PüG) anwendbar. Gestützt auf dieses wird der Preisüberwacher zuerst auf eine einvernehmliche Regelung hinwirken (Art. 9 PüG). Gelingt ihm dies nicht, so gibt ihm der vorliegende Entwurf die Kompetenz, branchenweit, aber in Berücksichtigung der sprachregionalen Unterschiede, mittels einer Allgemeinverfügung den Preis bzw. die erlaubte Überhöhung zu bestimmen. Mit dieser Lösung wird den sprachregionalen Unterschieden in Struktur und Vertrieb von Büchern Rechnung getragen. Die in der Deutschschweiz während des Sammelrevers' gehandhabte Praxis der Bestimmung der Überhöhung durch Branche und Preisüberwacher wird auf die ganze Schweiz ausgedehnt.

2.3.3

Preisbindung

Die Buchhandlungen sind verpflichtet, ihre Bücher zu den von Verlagen und Importeuren ­ oder vom Preisüberwacher ­ festgesetzten Preisen anzubieten. Dabei sieht das Gesetz einen minimalen Spielraum von Preiswettbewerb vor, indem es den Buchhandlungen erlaubt, den gesetzten Endverkaufspreis um maximal 5 Prozent zu unterschreiten. Des Weiteren sieht der Entwurf eine Reihe von Möglichkeiten vor, bei denen Preisnachlässe gewährt werden können.

Die Dauer der Preisbindung wird vom Verlag, vom Importeur oder von der Importeurin bestimmt. Sie oder er kann die Preisbindung für beendet erklären, wenn das betreffende Buch mindestens 18 Monate lang verkauft worden ist.

2.3.4

Sanktionensystem

Das Sanktionensystem entspricht dem Grundsatz des Entwurfs, der Branche möglichst viel Eigenverantwortung zu übertragen. Es ist privatrechtlich konzipiert.

Damit obliegt es den involvierten Marktkräften, also den Verlagen, Importeuren, dem Zwischenbuchhandel, den Buchhandlungen, Konsumenten, Konsumentinnen und deren Verbänden, die Einhaltung des Gesetzes zu überwachen und sich gegen Widerhandlungen zu wehren. Der Bund hat ­ mit Ausnahme der Überprüfung der festgesetzten Preise ­ keine Interventionskompetenz. Das den Klageberechtigten zustehende zivilrechtliche Instrumentarium entspricht demjenigen UWG.

Der Entwurf sieht weiter vor, dass die Branche einen Branchenvertreter oder eine Branchenvertreterin bestellt. Diese muss die Interessen der Branchenangehörigen unabhängig von einer Mitgliedschaft in Branchenorganisationen wahrnehmen.

Ferner steht ihr das Klagerecht bei Widerhandlungen gegen das Buchpreisbindungsgesetz ebenfalls zu.

Der Entwurf stellt auch bestimmte Regeln auf für den Fall, dass auf privatautonomer Basis ein Schiedsgericht geschaffen wird, das die Rechtsansprüche aus dem Gesetz beurteilen soll.

4149

2.4

Vernehmlassungsergebnisse

Das Vernehmlassungsverfahren wurde am 7. November 2008 eröffnet und dauerte bis zum 3. Februar 2009. Zur Vernehmlassung eingeladen wurden alle Kantonsregierungen, 15 politische Parteien, die drei gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, acht gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft sowie 16 weitere Organisationen. 46 der offiziell eingeladenen und 22 weitere Organisationen haben eine Stellungnahme eingereicht.

25 Kantone (alle ausser AR), sieben politische Parteien (CVP, EVP, FDP, Grüne, GLP, SP, SVP), vier gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft (economiesuisse, SGV, SGB und KV) und 32 weitere interessierte Kreise haben sich zum Vorentwurf eines Buchpreisbindungsgesetzes geäussert. Von diesen eingegangenen Stellungnahmen befürworten 36 prinzipiell eine Buchpreisbindung, 27 lehnen eine Buchpreisbindung ab und fünf haben keine klare Position bezogen.

Von den Kantonen sprechen sich 16 für eine Buchpreisbindung (AI, GE, GR, JU, LU, NE, NW, OW, SG, SO, TG, UR, VD, VS, ZG, ZH) und neun dagegen aus (AG, BE, BL, BS, FR, GL, SH, SZ, TI). Vier politische Parteien begrüssen eine Buchpreisbindung (CVP, EVP, Grüne und SP), drei lehnen sie ab (FDP, GLP und SVP). Von den Dachverbänden der Wirtschaft sind zwei (KV Schweiz und SGB) für und zwei (economiesuisse und SGV) gegen eine Buchpreisbindung. Von den weiteren interessierten Kreisen unterstützen 14 Organisationen die Buchpreisbindung, 13 lehnen sie ab. Die Konsumentenorganisationen haben keine einheitliche Position bezogen, genauso wenig die Bibliotheken. Viele der Stellungnahmen aus Verlegerund Buchhandelskreisen begrüssen eine Buchpreisbindung, jedoch nicht in der unterbreiteten Form. Der Preisüberwacher, die Weko und der Detailhandel stellen sich gegen die Einführung einer Buchpreisbindung.

Im Vorentwurf besonders umstritten waren der Geltungsbereich und das System zur Verhinderung missbräuchlicher Preise. Bezüglich des Geltungsbereiches war vor allem die Ausnahme des elektronischen grenzüberschreitenden Handels umstritten.

Für einige Teilnehmenden der Vernehmlassung ist die Ausnahme aus hoheitsrechtlichen sowie umsetzungstechnischen Gründen gerechtfertigt. In den Augen anderer Teilnehmer, darunter die Branche, könnte dahingegen die Ausnahme zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten des nationalen Handels
führen und daher der Wirksamkeit des Gesetzes schaden.

In Bezug auf die Verhinderung missbräuchlicher Preise waren es vor allem die Vertreter der Branche, welche die von der Kommission vorgeschlagene Lösung in Frage stellten. Ihrer Meinung nach ist die Überprüfung durch den Preisüberwacher eine aufwändige und bürokratische Lösung. Sie ziehen ein Bandbreitenmodell vor, nach welchem die Bücherpreise zwischen 100 und 120 % der Verkaufspreise im Verlagsland zu einem Euro-Referenzkurs festzusetzen sind.

In Bezug auf weitere Punkte, die im Vernehmlassungsverfahren diskutiert wurden (namentlich die Dauer der Preisbindung sowie die für verschiedene Endabnehmer vorgesehenen Rabatte) wird auf den Bericht über die Resultate des Vernehmlassungsverfahrens verwiesen6.

6

Der Bericht steht auf der folgende Internetseite zur Verfügung: http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/documents/1713/Ergebnis.pdf

4150

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Bundesgesetz über die Buchpreisbindung (Buchpreisbindungsgesetz; BuPG)

Titel und Ingress Der vorgeschlagene Titel «Bundesgesetz über die Buchpreisbindung» (Kurztitel Buchpreisbindungsgesetz, Abkürzung BuPG) bringt klar zum Ausdruck, was Gegenstand des Gesetzes ist.

Art. 1

Zweck

Der Entwurf bezweckt die Förderung und den Schutz des Kulturgutes Buch. Das Gesetz soll Rahmenbedingungen schaffen, welche die Herstellung und den Konsum von möglichst vielen und möglichst unterschiedlichen Büchern erlauben. Zum einen sollen die Vielfalt und die Qualität des Angebots an Büchern gefördert werden. Zum andern soll der Zugang zu diesem Angebot möglichst vielen Lesern und Leserinnen zu den bestmöglichen Bedingungen offen stehen.

Der Entwurf verfolgt die Anliegen an einem breiten und tiefen Sortiment an Büchern, am Zugang möglichst vieler Leser und Leserinnen zum Buchangebot sowie an einem Angebot zu angemessenen Preisen. Dabei gilt es, die Interessen der Autoren und Autorinnen, der Verlage, der Importeure, dem Zwischenbuchhandel, den Buchhandlungen auf der einen Seite und die Interessen der Konsumenten und Konsumentinnen auf der anderen Seite in die gewünschte Balance zu bringen.

Letztere sind daran interessiert, ein ausreichendes Verkaufsstellennetz vorzufinden, das Bücher in einem breiten und tiefen Sortiment und zu angemessenen Preisen anbietet.

Art. 2

Geltungsbereich

Absatz 1 umschreibt den Geltungsbereich des Gesetzes. Dieser beschränkt sich auf Bücher ­ wie sie in Artikel 3 des Entwurfs definiert sind ­ in den Schweizer Landessprachen. Damit kommen diejenigen Bücher in den Schutzbereich des Gesetzes, die in Deutsch, Französisch, Italienisch oder Rätoromanisch verfasst und verlegt werden. Für anderssprachige Bücher besteht keine Preisbindung. Diese gilt ebenfalls nicht für gebrauchte oder mangelhafte Bücher. Der Ausschluss solcher Bücher vom Anwendungsbereich vereinfacht die nachfolgende Regulierung, indem die Abweichungen von der Preisbindung möglichst knapp gehalten werden können. Das Gesetz erfasst das Verlegen und Importieren von und den Handel mit Büchern. Aus hoheitsrechtlichen und vollzugsspezifischen Gründen ist in Absatz 2 der grenzüberschreitende elektronische Handel nicht vom Geltungsbereich dieses Gesetzes umfasst. Diese Regelung entspricht derjenigen der Nachbarländer, welche den Geltungsbereich der Buchpreisbindung ebenfalls nur für den nationalen Rahmen festlegen. Der im EG-Vertrag statuierte Grundsatz des freien Warenverkehrs verbietet diesen Ländern eine grenzüberschreitende Geltung der Buchpreisbindung.

4151

Minderheit (Rechsteiner Paul, Fässler, Kiener Nellen, Leutenegger Oberholzer, Rennwald) Eine Kommissionsminderheit will den zweiten Absatz streichen und den grenzüberschreitenden elektronischen Handel in den Geltungsbereich einbeziehen. Ohne diesen Einbezug verliere die Buchpreisbindung an Wirkung. Die Mehrheit befürwortet grundsätzlich den daraus entstehenden Druck auf die Schweizer Preise und verweist auf die schwierige Umsetzung eines solchen Einbezugs sowie auf die Probleme der Kompatibilität mit dem Europarecht (siehe Ziff. 5).

Minderheit (Kaufmann, Estermann, Flückiger, Miesch, Riklin Kathy, Rime, Theiler, Wandfluh, Zemp) Eine Kommissionsminderheit will in einem zusätzlichen Absatz 3 Bücher, die speziell als Lehrmittel für den Unterricht in der Schule konzipiert worden sind, vom Geltungsbereich des Gesetzes ausnehmen. Die Preisbindung würde damit für diese Lehrmittel nicht gelten. Die Mehrheit ist der Meinung, dass Schulen durch die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b festgelegten Preisnachlässe berücksichtigt werden.

Diese gelten generell für Bücher, also nicht nur für Lehrmittel, sondern auch für allgemeine Literatur, welche ja auch von Schulen bestellt wird.

Art. 3

Begriffe

Dieser Artikel legt die wichtigsten, im Gesetz verwendeten Begriffe fest. Indirekt wird auch damit der Anwendungsbereich des Gesetzes begrenzt.

An erster Stelle steht der Begriff des Buches. Der Entwurf definiert das Buch als Verlagserzeugnis in gedruckter Form. Auch kombinierte Produkte, bei welchen der gedruckte Teil die Hauptsache bildet (z. B. ist einem gedruckten Verlagserzeugnis eine CD oder DVD beigelegt), gelten als Bücher. Reine Hörbücher gelten demgegenüber nicht als Bücher im Sinne des Gesetzes. Um Auslegungsprobleme zu vermeiden wird exemplarisch gesagt, was gemäss Entwurf nicht als Buch gilt: Zeitungen, Zeitschriften, Musiknoten und kartographische Produkte.

Der Endverkaufspreis versteht sich als der Preis, zu welchem das Buch den Endabnehmerinnen und Endabnehmern in der Schweiz inklusive Mehrwertsteuer angeboten wird. Die Preisangabe inklusive Mehrwertsteuer entspricht dem geltenden Recht, namentlich den Bestimmungen der Preisbekanntgabeverordnung vom 11. Dezember 1978 (PBV).

Endabnehmerinnen und Endabnehmer sind Personen, welche Bücher zu anderen Zwecken als dem Wiederverkauf erwerben. Endabnehmer und Endabnehmerinnen können auch juristische Personen, Gewerbebetriebe, Organisationen oder Bibliotheken sein. Der Begriff ist damit nicht deckungsgleich mit demjenigen des Konsumenten oder der Konsumentin, wie er in der Bundesverfassung und in verschiedenen Bundesgesetzen verwendet wird. Bücher, die nicht zum Zwecke des Wiederverkaufs erstanden wurden, gelten nach deren Gebrauch als gebrauchte Bücher. Sie fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Ihr Weiterverkauf fällt somit nicht unter die Preisbindungspflicht.

Als Buchhändler oder Buchhändlerinnen werden Personen definiert, welche gewerbsmässig Bücher Endabnehmerinnen und Endabnehmern zum Kauf anbieten.

Damit sind nicht nur Buchhändler und Buchhändlerinnen im traditionellen Sinne erfasst, sondern alle Anbieter von Büchern wie Grossverteiler, Kioske usw. Verleger 4152

oder Importeure, welche direkt an Endabnehmer (z. B. an Bibliotheken) liefern, sind gleichzeitig auch Buchhändler.

Art. 4

Preisfestsetzung

Absatz 1 verpflichtet die Verleger, Verlegerinnen, Importeure oder Importeurinnen von Büchern, den Endverkaufspreis für die von ihnen verlegte oder importierte Bücher festzulegen. Die Verpflichtung richtet sich vorerst an die Verleger und Verlegerinnen. Subsidiär, soweit der Verleger oder Verlegerin den Endverkaufspreis für die Schweiz nicht fixiert, was vor allem auf im Ausland verlegte Bücher zutreffen kann, legt der Importeur oder die Importeurin den Preis fest. Der Begriff der Preisfestsetzung schliesst auch Preisänderungen mit ein. Solche kommen in der Praxis immer wieder vor, und zwar gegen oben wie gegen unten. Wie im Einzelfall mit Preiserhöhungen oder Preissenkungen umgegangen wird, hat die Branche zu entscheiden. Diese ist in der Lage, solche Fragen privatrechtlich zu regeln, was dem Systemansatz des Gesetzes entspricht.

Absatz 2 bestimmt, dass der Endverkaufspreis vor der ersten Ausgabe des Buches zu publizieren ist. Ebenfalls muss das Erscheinungsdatum genannt werden. Als Ausgabe gilt einerseits jede Neuauflage eines Buches; andererseits auch die Ausgabe des Buches in einer veränderten Form (z. B. nach der gebundenen Ausgabe folgt eine Taschenbuchausgabe). Die Publikationspflicht gilt auch bei allfälligen Preisänderungen. Die Art und Weise der Preis- und Datumspublikation ist der Branche überlassen.

Die festgelegten Endverkaufspreise können vom Preisüberwacher auf Preismissbrauch überprüft werden (Abs. 3). Falls Anzeichen für eine missbräuchliche Preisfestsetzung vorliegen, strebt der Preisüberwacher mit den Betroffenen eine einvernehmliche Regelung an (Art. 9 PüG). Diese Regelung soll branchenweit und nicht pro Buch oder pro Verlag gelten, wobei den unterschiedlichen Sprachregionen Rechnung zu tragen ist. Bei der Prüfung der Überhöhung geht der Preisüberwacher von dem im Verlagsland praktizierten Ladenpreis exklusive Mehrwertsteuer aus.

Falls keine einvernehmliche Regelung zustande kommt, legt der Preisüberwacher die Preise bzw. die erlaubte Überhöhung mittels Allgemeinverfügung branchenweit unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Sprachregionen fest. Der Rechtsschutz gegen die Allgemeinverfügung richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege (Abs.4).

Minderheit (de Buman, Fässler, Leutenegger Oberholzer, Meier Schatz, Rechsteiner Paul, Zysiadis)
Eine Minderheit beantragt, auf die Kontrolle durch den Preisüberwacher oder die Preisüberwacherin zu verzichten und stattdessen ein Bandbreitenmodell vorzusehen7. Dieses erlaubt es Verlagen oder Importeuren, den Endverkaufspreis von Büchern, die im Verlagsland einer Preisbindung unterliegen, zwischen 100 und 120 % der Verkaufspreise im Verlagsland inklusive Mehrwertsteuer festzusetzen.

Die Umrechnung soll zum Euro-Referenzkurs erfolgen. Absatz 4 ist ebenfalls zu streichen, weil beim Bandbreitenmodell die Missbrauchsaufsicht durch den Preisüberwacher oder die Preisüberwacherin entfällt und somit der Rechtsschutz gegen 7

In ihrem mündlichen Mitbericht an die WAK hatte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates dasselbe Modell vorgeschlagen.

4153

seine oder ihre Entscheide nicht notwendig ist. In den Augen der Minderheit bringt ein solches Modell weniger administrativen Aufwand mit sich. Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass ein solches Modell zu missbräuchlichen Preisen führen könnte und das Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten nicht berücksichtigt. Eine Preisüberhöhung von bis zu 20 % entspricht ungefähr dem Doppelten dessen, was der Preisüberwacher unter dem Sammelrevers als gerechtfertigt ansah. Darüber hinaus legt dieses Modell die erlaubte Preisüberhöhung starr im Gesetz fest. Das gewählte System mit dem Preisüberwacher oder der Preisüberwacherin erlaubt eine zeitlich flexible und den tatsächlichen Kostenunterschieden angepasste Festlegung von markgerechten Preisen.

Minderheit (Kaufmann, Flückiger, Miesch, Müller Philipp, Rime, Schneider, Walter, Wandfluh, Zemp) Eine Minderheit verlangt in einem zusätzlichen Absatz 3bis, dass sich die Berechnung des schweizerischen Verkaufspreises für Bücher am Ladenpreis im Verlagsland exklusive Mehrwertsteuer orientiert und somit Preisüberhöhungen vermieden werden. Die Mehrheit ist der Meinung, dass dies durch den Artikel 4 Absatz 3 und den Begleitkommentar zu diesem Artikel bereits gewährleistet ist.

Art. 5

Preisbindung

Artikel 5 legt die Preisbindung für den Buchhandel fest. Die Buchhändler und Buchhändlerinnen sind verpflichtet, die Bücher zu dem vom Verleger, der Verlegerin, dem Importeur oder der Importeurin festgesetzten Endverkaufspreis anzubieten.

Vorbehalten bleiben Artikel 6­8 des Entwurfs, welche Rabatte und die zeitliche Dauer der Preisbindung regeln.

Minderheit (Kaufmann, Estermann, Flückiger, Miesch, Rime, Walter, Wandfluh) Eine Minderheit will in einem zusätzlichen Absatz 2 den Endabnehmerinnen und Endabnehmern das Recht einräumen, den Verkaufspreis in Franken oder in den in der Preisauszeichnung aufgeführten Fremdwährungen zu bezahlen. Die Bestimmung soll dazu führen, dass keine missbräuchlichen Preise festgelegt werden.

Art. 6

Allgemein zulässiger Rabatt

Artikel 6 räumt den Buchhändlern und Buchhändlerinnen eine Rabattzone von 5 Prozent auf den festgesetzten Endverkaufspreisen ein. Sie können damit den Endverkaufspreis um 5 Prozent unterschreiten. Wie die einzelne Buchhandlung diese Rabattgestaltung einsetzen will, ist ihr überlassen.

Minderheit (Schelbert, Fässler, Fehr Hans-Jürg, Leutenegger Oberholzer, Rennwald, Rechsteiner Paul, Thorens, Zisyadis) Eine Minderheit will in Artikel 6 dem Buchhandel ermöglichen, Preisanpassungen nicht nur nach unten, sondern auch nach oben vorzunehmen. Der Buchhandel könnte in diesem Fall die festgesetzten Endverkaufspreise um maximal 5 Prozent unteroder überschreiten. Der Aufschlag soll es vor allem kleinen Buchhandlungen ermöglichen, beispielsweise Buchwochen zu finanzieren und somit Leseförderung zu betreiben.

4154

Art. 7

In besonderen Fällen zulässige Rabatte

Absatz 1 legt die wirtschaftlichen Situationen fest, in denen von der Preisbindung abgewichen und ein Rabatt gewährt werden darf. Sie sind bereits heute branchenüblich und auch die ausländischen Rechtsordnungen mit einer Preisbindung für Bücher gewähren die vorgesehenen Ausnahmen.

Buchstabe a regelt die Rabatte beim Verkauf von Büchern an öffentliche Bibliotheken. Als Grundsatz gilt, dass Preisnachlässe bis 10 Prozent gewährt werden können.

Übersteigt der Gesamtbeschaffungsetat einer Bibliothek jährlich den Betrag von 500 000 Franken, kann ein Preisnachlass bis 15 Prozent zugestanden werden. Liegt der Etat über einer Million Franken, kann der Preis frei ausgehandelt werden. Die Bestimmung ist im Kontext der Bildungsförderung zu sehen. Durch tiefere Preise soll eine reichhaltige Ausstattung an Büchern in Bibliotheken und damit einhergehend der Zugang der Öffentlichkeit zu Büchern gefördert werden. Damit soll auch die Lesefreudigkeit angeregt werden.

Buchstabe b räumt die Möglichkeit von Mengenrabatten ein. Solche sind auch in anderen Branchen üblich und können zum Mehrkonsum anregen. Generell gilt: Beim Kauf des gleichen Buches in mehr als zehn Exemplaren kann ein Preisnachlass bis 10 Prozent gewährt werden. Beim Kauf von mehr als 50 Exemplaren können bis 15 Prozent, bei mehr als 100 Exemplaren bis 20 Prozent eingeräumt werden.

Von dieser Möglichkeit sollen nicht zuletzt Schulen profitieren.

Buchstabe c lässt die Abweichung von der Buchpreisbindung in zwei Spezialfällen zu: Beim geschlossenen Verkauf einer Reihe zusammenhängender Werke und bei der Subskription. Ob es sich dabei tatsächlich um Preisnachlässe handelt, bleibe dahin gestellt. Der Kauf einer ganzen Werkreihe nimmt dem Käufer die Möglichkeit, nur den ihn am meisten interessierenden Band zu kaufen. Die Pflicht zum Erwerb der ganzen Reihe wird durch eine Preisreduktion entschädigt. Bei der Subskription lässt sich der Käufer oder die Käuferin auf ein Werk ein, das er oder sie vor seinem Erscheinen nicht prüfen kann, weshalb günstigere Preiskonditionen gewährt werden als nach dem Erscheinen des Buches.

Buchstabe d schliesslich sieht eine Abweichung für Bücherclubs vor, die Bücher in einer eigenen Ausstattung und in einem späteren Zeitpunkt als die Originalausgabe auf den Markt bringen. Die Ausnahme betrifft handelsübliche Gegebenheiten,
welche mit diesem Gesetz beibehalten werden sollen.

Nach Absatz 2 sind die in Artikel 7 erwähnten Sonderkonditionen und Preisnachlässe nicht kumulierbar. Dies gilt nicht für die in Artikel 6 des Entwurfs vorgesehene Unterschreitung des Endverkaufspreises um 5 Prozent, die in der Kompetenz der Buchhändler liegt und ein wettbewerbsstimulierendes Element darstellt.

Art. 8

Dauer der Preisbindung

Die Dauer der Preisbindung wird vom Verleger, von der Verlegerin, vom Importeur oder von der Importeurin bestimmt, beträgt aber mindestens 18 Monate: Ist das betreffende Buch während mindestens 18 Monaten preisgebunden im In- oder Ausland verkauft worden, kann er oder sie die Preisbindung für beendet erklären. Er oder sie muss die Erklärung vorher veröffentlichen. Die Preisbindung läuft nicht automatisch nach Ablauf der Frist von 18 Monaten aus, sondern bedarf einer besonderen Erklärung von Seiten des Verlegers, der Verlegerin, des Importeurs oder der Importeurin. Nach Meinung der Mehrheit soll dieser Spielraum gewährt werden, 4155

damit die Buchpreisbindung für erfolgreiche Titel aufrechterhalten werden kann.

Eine solch grosszügige Lösung ist notwendig, um die vom Entwurf angestrebten kulturellen Ziele zu erreichen.

Minderheit (Kaufmann, Baader Caspar, Favre Charles, Flückiger, Hassler, Ineichen, Miesch, Müller Philipp, Rime, Schneider, Walter, Wandfluh) Nach Auffassung einer Minderheit soll die Preisbindung automatisch sechs Monate nach der ersten Ausgabe des Buches im In- oder Ausland dahinfallen. Dem Verleger, der Verlegerin, dem Importeur oder der Importeurin soll nicht freie Hand gewährt werden, um eine zeitlich gänzlich unbefristete Buchpreisbindung festzulegen. Für die Minderheit ist der Novitätseffekt eines Buches nach sechs Monaten verflogen. Daher soll den Buchhändlern die Möglichkeit gegeben werden, allfällige Überbestände liquidieren zu können.

Art. 9

Verkauf an branchenfremde Händler und Händlerinnen

Buchhändlern und Buchhändlerinnen, deren Sortiment nicht zur Hauptsache aus Büchern besteht, sollen nicht zu niedrigeren Preisen oder günstigeren Konditionen beliefert werden als andere Buchhändler und Buchhändlerinnen. Grossverteiler, Supermärkte und Kiosk-Ketten sollen keine Konkurrenzvorteile gegenüber den spezialisierten Buchhandlungen erlangen. Mit dieser Bestimmung werden die Vielfalt und die Qualität des Angebots an Büchern durch ein ausreichendes Netz an Verkaufsstellen gefördert.

Minderheit (Kaufmann, Flückiger, Miesch, Müller Philipp, Rime, Schneider, Walter, Wandfluh, Zemp) Für die Minderheit besteht heute eine grenzüberschreitende Diskriminierung zulasten des Schweizer Buchhandels: Verlage und Importeure verkaufen dem Schweizer Buchhandel Bücher zu schlechteren Bedingungen als dem ausländischen Buchhandel. Um diesen Missstand zu beheben möchte die Minderheit einen Absatz 2 einfügen, nach welchem Verleger, Importeure und Zwischenbuchhändler Abnehmern in der Schweiz Bücher nicht teurer verkaufen dürfen als Abnehmern im Ausland. Das Verbot betrifft importierte Bücher, aber auch Bücher von Schweizer Verlegern, die für in den Nachbarländern abzusetzende Bücher tiefere Preise festsetzen als für die Schweiz. In den Augen der Mehrheit können gewisse Preiserhöhungen gerechtfertigt sein, weshalb sie ein solches Diskriminierungsverbot ablehnt. Sie vertraut in Bezug auf ungerechtfertigte Preiserhöhungen der Missbrauchsaufsicht durch den Preisüberwacher (Art. 4).

Art. 10

Klagen

Absatz 1 regelt die Klageberechtigung und die Klageansprüche des durch eine Widerhandlung gegen die Artikel 4 bis 9 des Buchpreisbindungsgesetzes individuell Betroffenen. Betroffen ist, wer in seinen wirtschaftlichen Interessen durch die genannten Widerhandlungen bedroht oder verletzt wird. Durch eine Widerhandlung betroffen sein können die Verleger, die Importeure, die Zwischenbuchhändler, die Buchhändler sowie die Endabnehmer.

Sowohl Klageberechtigung wie auch die dem Betroffenen zustehenden zivilen Rechtsansprüche sind dem UWG nachgebildet, weshalb auf die entsprechende Literatur zum UWG verwiesen werden kann. Ein blosser Verweis auf das UWG ist 4156

hingegen nicht praktikabel, weil wegen der Abweichungen in der Klageberechtigung Unklarheiten geschaffen würden.

Der privatrechtlichen Konzeption des Entwurfs entsprechend handelt es sich bei den Rechtsansprüchen um zivile Abwehr- und Reparationsansprüche. Als Abwehransprüche stehen die Klagen auf Unterlassung, Beseitigung und Feststellung der Widerrechtlichkeit zur Verfügung (Abs. 1 Bst. a­c). Sie werden ergänzt durch die Klage auf Berichtigung bzw. Urteilspublikation (Abs. 2). Allen Abwehransprüchen gemeinsam ist, dass zu ihrer Geltendmachung Widerrechtlichkeit genügt. Ein Verschulden des Störers ist nicht nötig.

Absatz 3 räumt dem Betroffenen die Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinnes entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag ein. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung dieser Wiedergutmachungsansprüche richten sich nach dem Obligationenrecht (Art. 41 ff).

Art. 11

Klagen von Organisationen

Während Artikel 10 die individuell Betroffenen zur Klage ermächtigt, legitimiert diese Bestimmung auch Verbände zur Erhebung von Abwehrklagen. Dies lässt sich damit rechtfertigen, dass der Entwurf bloss zivilrechtliche Sanktionen zulässt und keine staatliche Interventionsbefugnis vorsieht. Mit der Verbandsklage kann gewährleistet werden, dass Widerhandlungen gegen dieses Gesetz trotz Prozess- und Kostenrisiko vor Gericht gebracht werden können. Bliebe die Durchsetzung des Gesetzes dem einzelnen Verleger, Buchhändler, Zwischenbuchhändler oder Endabnehmer überlassen, bestünde ein erhebliches Risiko, dass Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz nicht sanktioniert würden.

Nach Buchstabe a stehen die Abwehrklagen auf Unterlassung, Beseitigung, Feststellung der Widerrechtlichkeit, Berichtigung und Urteilspublikation jenen Berufsund Wirtschaftsverbänden von gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung offen, deren Statuten sie zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen von Verlegern, Importeuren, Zwischenbuchhändlern oder Buchhändlern ermächtigen. Hingegen würde eine Ausdehnung der Klageberechtigung auf sämtliche Berufs- und Wirtschaftsverbände wenig Sinn machen, da es ihnen kaum gelänge, ein Rechtsschutzinteresse nachzuweisen.

Analog zum UWG räumt Buchstabe b den Organisationen von gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung, die sich statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen, die Abwehransprüche nach Artikel 10 Absätze 1 und 2 ein. Anlass für eine Klagemöglichkeit der Konsumentenorganisationen könnten überhöhte Endverkaufspreise in einer Sprachregion sein. Dabei dürfte allerdings eine Publikumsmeldung beim Preisüberwacher der kostengünstigere Weg sein.

Art. 12

Vorsorgliche Massnahmen

Die Möglichkeit, die Anordnung vorsorglicher Massnahmen zu verlangen, kann im vorliegenden Zusammenhang bedeutsam sein. Dies insbesondere dann, wenn ein schnelles Eingreifen erforderlich ist, sei es gegen eine Missachtung der Preisbindung (Art. 5), sei es wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots (Art. 9). Die Artikel 28c­28f des Zivilgesetzbuches (Persönlichkeitsschutz) enthalten detaillierte Bestimmungen zu vorsorglichen Massnahmen im Rahmen des Zivilrechts, weshalb 4157

sinngemäss diese auch im Rahmen des vorliegenden Gesetzes Anwendung finden sollen. Verschiedene Gesetze verweisen diesbezüglich auf das ZGB, so auch das UWG und das KG.

Art. 13

Branchenvertreterin oder Branchenvertreter

Das Institut der Branchenvertretung strebt eine Lösung abseits von Zwangsmitgliedschaften an. Die von der Branche einzurichtende Stelle muss deshalb auch Nichtmitgliedern von Berufs- und Wirtschaftsverbänden, die nach den Statuten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen von Verlegern, Importeuren, Zwischenbuchhändlern oder Buchhändlern befugt sind, offenstehen (Abs. 1). Die Branchenvertreterin oder der Branchenvertreter ist zur Anhebung von Abwehransprüchen gemäss Artikel 10 Absätze 1 und 2 dieses Entwurfs ermächtigt (Abs. 2). Dies stärkt die Durchsetzungskraft des Gesetzes und damit auch dessen Präventivwirkung.

Ferner steht damit auch Nichtverbandsmitgliedern eine Fachstelle zur Verfügung, an die sie sich wenden können und die notfalls deren Interessen gerichtlich durchsetzen kann.

Art. 14

Schiedsgerichte

Nach den Artikeln 353­399 der eidgenössischen Zivilprozessordnung (ZPO)8 können die Parteien zukünftige oder bereits bestehende Rechtsstreitigkeiten in einer Schiedsvereinbarung der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte entziehen und ein privates Schiedsgericht für zuständig erklären. Dafür ist es nicht notwendig, dass das Schiedsgericht als Organisation bereits besteht, es kann ohne weiteres ad hoc gebildet werden. Den Privaten ist es auch freigestellt, ständige Organisationen aufzubauen, die Schiedsrichter und die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Dies ergibt sich aus der Privatautonomie und der Vereinigungsfreiheit (Art. 23 BV) ganz allgemein. Andererseits steht es einer Partei auch bei der Existenz eines ständigen Schiedsgerichts frei, dieses anzuerkennen oder nicht.

Artikel 14 des Entwurfs stellt die Regeln auf für den Fall, dass auf privatautonomer Basis ein Schiedsgericht geschaffen wird, das auf das Buchpreisbindungsgesetz spezialisiert ist. Als erste Regel gilt, dass solche Schiedsgerichte alle Partien unabhängig von einer Mitgliedschaft in einer Branchenorganisation akzeptieren muss (Bst. a). Das Schiedsgericht muss also auch Nichtmitgliedern eines Branchenverbandes zugänglich sein. Entscheidend ist, dass die Parteien es gestützt auf eine gültige Schiedsvereinbarung anrufen. Die zweite Regel besagt, dass das Schiedsgericht den Parteien unabhängig von einer Mitgliedschaft in einer Branchenorganisation dieselben Konditionen anbietet (Bst. b). Schliesslich muss das Schiedsgericht von den Branchenorganisationen unabhängig sein (Bst. c). Die Parteien haben bereits auf Grund der ZPO ein Recht auf unabhängige und unparteiische Schiedsrichter9.

8

9

Referendumsvorlage Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (BBl 2009 21). Die ZPO übernimmt grundsätzlich die Regelung des Konkordats vom 27. März 1969 über die Schiedsgerichtsbarkeit.

Art. 367 Abs. 1 ZPO

4158

Minderheit (Favre Charles, Baader Caspar, Flückiger, Hassler, Ineichen, Miesch, Müller Philipp, Kaufmann, Rime, Walter, Wandfluh) Art. 14a (neu) Periodische Überprüfung Eine Minderheit möchte in einem zusätzlichen Artikel 14a vorsehen, dass die im Gesetz vorgesehenen Massnahmen periodisch auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Bei einem so komplexen und umstrittenen Gegenstand sollte der Gesetzgeber mit Bedacht vorgehen und die Auswirkungen des Gesetzes prüfen. Absatz 1 sieht vor, dass die Überprüfung alle drei Jahre stattfindet. Der erste Evaluationsbericht ist damit drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes fällig. Der Bundesrat soll den eidgenössischen Räten alle drei Jahre einen Wirksamkeitsbericht vorlegen und gestützt auf das Ergebnis der Evaluation Änderungen oder allenfalls auch die Aufhebung des Gesetzes beantragen (Abs. 2). Die Mehrheit erachtet es als unverhältnismässig, alle drei Jahre eine Evaluation zu veranlassen. Mit dem Gesetz wird ja nicht ein gänzlich neues System eingerichtet. Es bestehen ausreichend Erfahrungen mit dem System der Buchpreisbindung in der Schweiz.

Art. 15

Koordination mit der Zivilprozessordnung

Mit dem Inkrafttreten der eidgenössischen ZPO werden die Artikel 28c­28f ZGB (vorsorgliche Massnahmen) aufgehoben werden. Die vorsorglichen Massnahmen werden dann von der ZPO abschliessend geregelt (insb. Art. 261­269). Der Verweis in Artikel 12 des Entwurfs auf das ZGB wird dannzumal hinfällig. Artikel 15 des Entwurfs koordiniert diesen Sachverhalt.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Der Entwurf hat aufgrund seiner privatrechtlichen Konzeption keine direkten finanziellen Auswirkungen auf den Bund. Hingegen wird sich die schweizweite Überprüfung der von den Verlagen und Importeuren festgesetzten Preise durch den Preisüberwacher personell auswirken.

4.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Soweit Schiedsgerichte zum Tragen kommen und Streitigkeiten nicht vor staatliche Gerichte gezogen werden, sind keine Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden ersichtlich.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das vorgeschlagene Gesetz steht nicht im Widerspruch zu Vorschriften der Europäischen Union. Die Gesetze zur Buchpreisbindung in den Nachbarländern Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien sind mit dem EG-Recht vereinbar, da sie nur nationale Geltung haben. Eine grenzüberschreitende Wirkung der Buchpreisbin4159

dungsgesetze würde hingegen das für den EU-Binnenmarkt geltende Prinzip des freien Warenverkehrs verletzen. Soweit der vorliegende Entwurf nur nationale Geltung hat, wirft er keine europarechtlichen Fragen auf.

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Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Zur Beurteilung der Verfassungsmässigkeit dieses Entwurfs muss vorerst geprüft werden, ob die Verfassung dem Bund die Kompetenz verleiht, ein solches Gesetz zu erlassen. Da eine Preisregulierung eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit darstellt, gilt es zudem abzuklären, ob die entsprechenden Bedingungen der Bundesverfassung (BV) erfüllt sind.

Bundeskompetenz Gemäss Artikel 3 und Artikel 42 Absatz 2 BV bedarf der Bund einer Verfassungsgrundlage, um Rechtsnormen zu erlassen. Besteht auf einem Sachgebiet keine Verfassungsnorm, die dem Bund eine Kompetenz verleiht, so sind die Kantone zuständig. Es geht somit um die Frage, ob die Verfassung dem Bund jene Kompetenzen überträgt, die er benötigt, um ein Buchpreisbindungsgesetz zu erlassen.

Nach Auffassung der Kommission lässt sich die Rechtsetzungskompetenz im Bereich der Buchpreisbindung aus Artikel 69 Absatz 2 und aus Artikel 103 BV ableiten.

Laut Artikel 69 Absatz 2 BV kann der Bund kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik fördern. Der Entwurf soll ein vielfältiges Angebot an Büchern ermöglichen, wobei die literarischen Werke sicher den Hauptteil ausmachen. Die Kommission ist deshalb der Meinung, dass der Bund mit einem Buchpreisbindungsgesetz im Rahmen von Artikel 69 Absatz 2 handelt.

Für einige Kommissionsmitglieder lässt sich mit dieser Argumentation die Rechtsetzungskompetenz des Bundes schwerlich begründen. In ihren Augen meint die Formulierung «kulturelle Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik fördern» vor allem die finanzielle Unterstützung und bietet dem Bund keine Handhabe für den Erlass eines einschränkenden Gesetzes.

Die Kommissionsmehrheit schliesst sich dieser engen Auslegung von Artikel 69 Absatz 2 nicht an. Für eine breite Auslegung dieser Bestimmung spricht in ihren Augen unter anderem die Tatsache, dass der Entwurf zum Kulturförderungsgesetz, das andere Massnahmen als Finanzhilfen vorsieht, ebenfalls Artikel 69 Absatz 2 als Grundlage hat.

Die zweite Bestimmung, welche dem Bund Rechtsetzungskompetenz verleiht, ist Artikel 103 BV. Dieser besagt, dass der Bund im Rahmen der Strukturpolitik bedrohte Wirtschaftszweige und Berufe fördern kann. Der Entwurf soll nicht nur die Existenz unabhängiger Buchhandlungen sichern, sondern auch
das Fortbestehen des gesamten Schweizer Verlagswesens garantieren, das ohne Regulierung längerfristig zu verschwinden droht. Die Kommission ist deshalb der Meinung, dass Artikel 103 den Bund ebenfalls zur Gesetzgebung in diesem Bereich befugt. Einige Kommissionsmitglieder lehnen diese Sichtweise ab. Ihrer Auffassung nach kann nicht be-

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hauptet werden, dass dieser Sektor als Ganzes vom Untergang bedroht sei; dies treffe höchstens auf gewisse Unternehmen oder Unternehmenstypen zu.

Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit Die von der Kommission vorgeschlagene Regelung stellt zweifellos eine Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit dar, da die Buchhandlungen und anderen Verkaufsstellen ihre Preise nicht mehr frei oder zumindest nur noch innerhalb des im Entwurf abgesteckten engen Rahmens gestalten können.

Die Wirtschaftsfreiheit ist ein in Artikel 27 BV verankertes Grundrecht. Gemäss Artikel 36 BV bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage ­ oder gar eines Gesetzes, wenn es sich um eine schwerwiegende Einschränkung handelt ­ und sie müssen durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und zudem verhältnismässig sein. Darüber hinaus stellt die Verfassung in Artikel 94 Absatz 4 die zusätzliche Bedingung, dass eine Abweichung vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit nur zulässig ist, wenn die Bundesverfassung sie vorsieht.

Die erste Bedingung ­ eine gesetzliche Grundlage oder ein Gesetz ­ stellt offensichtlich kein Problem dar, da hierzu ja ein Gesetz erlassen werden soll. Was das öffentliche Interesse anbelangt, weist die Kommission darauf hin, dass diese Bedingung mit den vom Entwurf angestrebten kulturpolitischen Zielen erfüllt ist. Die Bedingung in Artikel 94 Absatz 4 schliesslich wird dadurch erfüllt, dass sich der Entwurf, wie oben erwähnt, auf Artikel 103 BV abstützen lässt. Diese Bestimmung hält ausdrücklich fest, dass der Bund nötigenfalls vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen kann.

Nicht einig ist sich die Kommission in der Frage der Verhältnismässigkeit. Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt insbesondere, dass eine Massnahme, welche ein Grundrecht einschränkt, angemessen ist, das heisst, dass sie geeignet ist, das angestrebte öffentliche Interesse zu verwirklichen (Eignung) und dass es kein milderes, aber ebenso wirksames Mittel gibt, das angestrebte Ziel zu erreichen (Erforderlichkeit)10. Da die Kommission geteilter Meinung darüber ist, inwiefern sich mit der Buchpreisbindung die angestrebten kulturpolitischen Ziele verwirklichen lassen, besteht diese grundsätzliche Meinungsverschiedenheit (vgl. Ziff. 2.2) auch in der Frage der Verhältnismässigkeit.

In den Augen der Kommissionsmehrheit
lassen sich mit der Buchpreisbindung die angestrebten kulturpolitischen Ziele erreichen (Eignungskriterium). Weniger einschränkende Mittel (wie zum Beispiel die finanzielle Unterstützung von Autorinnen und Autoren) wären zwar möglich, aber weniger wirksam als die Preisbindung (Erforderlichkeitskriterium). Die Minderheit ist gegenteiliger Meinung: Es sei nicht nur fragwürdig, ob die Buchpreisbindung dem Eignungskriterium standhalte, sondern es gebe, wolle man eine Politik zur Förderung des Buches betreiben, durchaus andere mindestens gleich wirksame Mittel, die in Bezug auf die Wirtschaftsfreiheit weniger eingreifend seien.

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Bei der Abklärung der Verhältnismässigkeit ist auch danach zu fragen, ob der Freiheitseingriff gewichtiger ist als der angestrebte Zweck (Verhältnismässigkeit im engeren Sinn). Bei dieser Güterabwägung verfügt der Gesetzgeber allerdings über einen grossen Ermessenspielraum. Deshalb bedarf diese Frage keiner vertieften Abklärung.

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6.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Vorlage enthält keine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

6.3

Erlassform

Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Dazu gehören insbesondere die grundlegenden Bestimmungen über die Einschränkungen verfassungsmässiger Rechte (Bst. b). Die Regulierung der Buchpreise, welche die Wirtschaftsfreiheit einschränkt, erfolgt damit im dafür vorgesehenen Verfahren für Bundesgesetze.

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