09.053 Botschaft betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Eindämmung der Kostenentwicklung) vom 29. Mai 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft die Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

29. Mai 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0979

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Übersicht Weil die Ausgaben der Versicherer für die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung deren Prämieneinnahmen in den Jahren 2008 und 2009 überstiegen beziehungsweise übersteigen werden, musste auf die Reserven zurückgegriffen werden. Dies führte zu einem Absinken der Reservequote unter das gesetzliche Minimum. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch die schwierige Lage auf dem Finanzmarkt. Damit, bei Annahme einer Kostensteigerung von 4 Prozent, Ende 2010 die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreservequote erreicht werden kann, sind Anfang 2010 Prämienerhöhungen von gegen 15 Prozent erforderlich. Vor diesem Hintergrund hält der Bundesrat rasch wirksame Massnahmen zur Kosteneindämmung für unabdingbar.

Die parlamentarische Beratung der Vorschläge des Bundesrates zur KVG-Revision im Bereich der Kostenbeteiligung, zu jener im Bereich der Vertragsfreiheit und zu jener im Bereich von Managed Care ist noch im Gange. Es ist absehbar, dass die Diskussion nicht innert kurzer Frist abgeschlossen wird. Massnahmen, die im Jahr 2010 wirksam werden, sind unter keinen Umständen möglich. Weil sich für das nächste Jahr massive Prämienerhöhungen abzeichnen, kann das Inkrafttreten der im eidgenössischen Parlament hängigen Vorlagen nicht abgewartet werden.

Weil die Eidgenössischen Räte im Dezember 2007 die Neuregelung der Spitalfinanzierung beschlossen haben, wird die Kosteneindämmung im stationären Spitalbereich vorangetrieben. Die entsprechenden Prozesse sind eingeleitet und ein weiteres Tätigwerden zur Zeit nicht angebracht. Ein Eingreifen ist indessen in Bezug auf die Kosteneindämmung im ambulanten und spitalambulanten Bereich erforderlich. Die vom Bundesrat nun vorgeschlagenen dringlichen Massnahmen sollen namentlich im diesen Bereichen Wirkung entfalten. Diesbezüglich ist noch keine der im Jahr 2004 vorgeschlagenen Massnahmen zur Kosteneindämmung umgesetzt worden. Die im vorliegenden Vorschlag enthaltenen Massnahmen visieren sowohl das das Angebot an, indem die Kantone zusätzlich zur bereits bestehenden Pflicht zur Planung des stationären Spitalbereichs auch zur Steuerung der Versorgung im spitalambulanten Bereich verpflichtet werden. Auch die Nachfrage wird beeinflusst durch die Erhebung eines vom Versicherten in bar zu entrichtenden Behandlungsbeitrags und durch die Schaffung der allen
Versicherten kostenlos zugänglichen Möglichkeit, sich vor einem allfälligen Arztbesuch telefonisch beraten zu lassen. Schliesslich soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, die Preise (Tarife) zu senken, wenn in einem bestimmten Bereich ein überdurchschnittlicher Preisanstieg zu verzeichnen ist. Die Verankerung dieser Massnahmen im Gesetz soll sicherstellen, dass der Grundsatz der Kosteneindämmung auch in Bezug auf den spitalambulanten und ambulanten Bereich wirksam wird.

Um im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld die sich abzeichnende Prämienerhöhung für Personen in finanziell bescheidenen Verhältnissen zu mildern, sieht der Bundesrat darüber hinaus vor zusätzliche Mittel von 200 Millionen Franken im Jahr 2010, zur Verfügung zu stellen.

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Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Die Meldungen der Versicherer über die Entwicklung ihres Finanzhaushalts machen für das Jahr 2010 eine massive Erhöhung der Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) absehbar. Die Ursache liegt darin, dass im Jahr 2008 die Kostenentwicklung höher war als von den Versicherern bei der Prämieneingabe geschätzt, und dass auch im Jahr 2009 die Ausgaben der Versicherer die Prämieneinnahmen übersteigen dürften. Diese Faktoren führen zu Verlusten und bewirkten ein Absinken der Reservequote im Jahr 2008 um rund 4 Prozent, welches sich im Jahr 2009 fortsetzen wird. Dazu kamen unerwartete Verluste an den Finanzmärkten. Die Reservequote dürfte Ende 2009 etwa 9 Prozent betragen und 2,5 Prozent unter der Mindestreservequote liegen. Wegen der im Vergleich zur Kostenentwicklung zu tiefen Prämien in den Jahren 2008 und 2009 besteht ein Nachholbedarf. Dieser Nachholbedarf alleine erfordert eine Prämiensteigerung von rund 7 Prozent.

Aufgrund der Entwicklung der letzten Jahre ist auch künftig mit einer jährlichen Kostensteigerung von 4­4,5 Prozent zu rechnen. Ausgehend von einer erwarteten Kostenentwicklung in dieser Grössenordnung und aufgrund der Tatsache, dass mit steigenden Prämien auch die Reserven zu erhöhen sind, um denselben Reservesatz zu erreichen, müssen die Einnahmen der Versicherer im Jahr 2010 um annähernd 12 Prozent steigen. Prämienmehreinnahmen von 12 Prozent bedürfen einer Prämienerhöhung von rund 13 Prozent, da Versicherte bei einer Prämiensteigerung oftmals günstigere Versicherungsmodelle wählen. Um Ende 2010 die gesetzliche Mindestreservequote von 11,5 Prozent zu erreichen, ist eine Prämienerhöhung von gegen 15 Prozent erforderlich. Die Situation pro Versicherer und Kanton ist jedoch unterschiedlich.

Im Lichte der gegenwärtigen Wirtschaftslage betrachtet der Bundesrat den damit verbundenen Entzug von Kaufkraft für die Bevölkerung als nicht tragbar. Unter der Voraussetzung einer allmählichen Beruhigung der internationalen Finanzkrise und einer langsam einsetzenden Erholung der Weltwirtschaft gehen die Expertinnen und Experten des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements zwar davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft 2010 wieder ein schwach positives Wachstum erreichen kann. Auf dem Arbeitsmarkt
muss aber auch noch für 2010 mit einer weiteren Verschlechterung gerechnet werden. Der Bundesrat hält deshalb das verstärkte Einwirken auf das künftige Kostenwachstum im Bereich der OKP, welches der Prämienkalkulation der Versicherer zugrunde liegt, für vordringlich. Deshalb werden Massnahmen in der Form eines auf drei Jahre befristeten dringlichen Bundesgesetzes vorgeschlagen.

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1.2

Laufende Revisionsbestrebungen

Im Jahre 2004 hat der Bundesrat unter anderem die Revision des KVG in den Bereichen Vertragsfreiheit, Kostenbeteiligung sowie Managed Care vorgeschlagen (BBl 2004 4323 4361 und 5599). Die Vorlagen sind bereits Gegenstand der parlamentarischen Diskussion. Der Bundesrat beabsichtigt nicht, mit seinem Vorschlag zum Ergreifen dringlicher Massnahmen der diesbezüglichen Diskussion der Eidgenössischen Räte vorzugreifen. Vielmehr sollen punktuell Massnahmen ergriffen werden, welche eine Kosteneindämmung in bestimmten Bereichen innert kurzer Frist erwarten lassen.

1.3

Politische Zielsetzungen

Die Kostenentwicklung kann eingedämmt werden, indem auf das Angebot sowie die Nachfrage und auf den Preis eingewirkt wird. Weil die Eidgenössischen Räte mit der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung Massnahmen beschlossen haben, die sowohl die Eindämmung des Angebots (Spitalplanung) als auch den Preis (leistungsbezogene Pauschalen) anvisieren, werden an dieser Stelle keine Massnahmen vorgeschlagen, welche den stationären Spitalbereich zusätzlich regulieren. Vielmehr sollen die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen punktuell und innert kurzer Frist auf das Angebot, die Nachfrage und die Preise im ambulanten und spitalambulanten Bereich einwirken.

1.4

Vernehmlassungsverfahren zum Vorschlag des Bundesrates über dringliche Massnahmen zur Kosteneindämmung

Das Vernehmlassungsverfahren zum Vorschlag des Bundesrates zur KVG-Revision über dringliche Massnahmen zur Kosteneindämmung wurde am 6. Mai 2009 eröffnet. Am 11. Mai 2009 fand unter Leitung des Vorstehers der Eidgenössischen Departements des Innern ein Hearing statt. Rund 80 Vertreterinnen und Vertreter der interessierten Kreise nahmen daran teil. Zudem bestand die Gelegenheit, bis am 15. Mai 2009 eine schriftliche Eingabe zu unterbreiten.

Keine der vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesänderungen stiess auf ungeteilte Zustimmung. Am ehesten befürwortet wurde die Einführung eines für alle Versicherten kostenlosen telefonischen Beratungsdienstes. Der Bundesrat wurde aufgefordert, der Sicherstellung der Qualität und dem Datenschutz besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Auf eine gewisse Zustimmung stiessen die Verlängerung des Versicherungsverhältnisses bei Wahlfranchisen sowie die Erhöhung des Rhythmus des Kostenmonitorings. Den Vorschlägen betreffend Steuerung der Versorgung im spitalambulanten Bereich, betreffend Einführung eines Behandlungsbeitrags von 30 Franken sowie der vorgeschlagenen bundesrätlichen Kompetenz zur Senkung der Tarife im ambulanten Bereich wurde praktisch durchwegs mit Skepsis und Ablehnung begegnet, oder es wurden Vorbehalte geäussert. Die in Aussicht gestellte Erhöhung des Bundesbeitrags wurde von vielen begrüsst, von einigen grundsätzlich abgelehnt und von anderen als unzureichend bezeichnet.

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2

Die beantragte Neuregelung

2.1

Daten der Krankenversicherer

Damit die kontinuierliche Kontrolle der Kostenentwicklung in der Krankenversicherung möglich ist und auf unvorhergesehene Kostensteigerungen in bestimmten Leistungsbereichen rasch reagiert werden kann, ist die vierteljährliche Datenübermittlung durch die Krankenversicherer notwendig. Eine solche Änderung des Rhythmus des Kostenmonitorings macht einerseits die Änderung von Artikel 21 Absatz 4 des Gesetzes und andererseits eine Anpassung der in der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) enthaltenen Ausführungsbestimmungen erforderlich; dies gilt insbesondere für Artikel 28 Absatz 3, der festhält, welche Daten die Versicherer dem BAG zum Zweck des Monitorings der Kostenentwicklung in der Krankenversicherung übermitteln müssen (Aufnahme eines neuen Art. 28 Abs. 3bis KVV).

2.2

Tarife

In seiner Botschaft vom 26. Mai 2004 zur KVG-Revision im Bereich der Vertragsfreiheit hat der Bundesrat die Einführung dieses wettbewerblichen Instrumentes im ambulanten Bereich vorgeschlagen. Weil der Ständerat in der Wintersession 2008 Nichteintreten beschlossen hat und weil die derzeit geltende bedarfsabhängige Zulassung der Leistungserbringer im ambulanten Bereich (Art. 55a KVG) Ende 2009 ausläuft, fehlen im ambulanten Bereich die Instrumente zur Steuerung des Angebots. Das einzige Instrument, das eine gewisse Kostensteuerung im ambulanten Bereich erlaubt, ist der zwischen santésuisse und den kantonalen Ärztegesellschaften abgeschlossene und vom Bundesrat am 22. Februar 2006 genehmigte Vertrag zur Kontrolle und Steuerung von Leistungen und Kosten im Bereich TARMED (nationale LeiKoV). Der Vertrag kommt grundsätzlich für die ambulant tätige Ärzteschaft in freier Praxis zur Anwendung und sieht eine Kostensteuerung über den Taxpunktwert vor. Weil der Beitritt zur Vereinbarung freiwillig ist und nicht in allen Kantonen zur Anwendung kommt, ist die Wirkung dieses Instruments auf die Gesamtkosten des ambulanten Bereiches ungewiss. Die Verankerung dieses Instruments im Gesetz hält der Bundesrat aus mehreren Gründen nicht für opportun. Vertragliche Lösungen zur Kostensteuerung sollen weiterhin möglich sein. Auch eignet sich die vertragliche Lösung nicht zur Verankerung im Gesetz, weil im Rahmen von LeiKoV lediglich vereinbart wurde, dass bei Überschreiten eines gewissen Kostenvolumens Verhandlungen zur Senkung des Taxpunktwertes aufgenommen werden. Die Senkung des Taxpunktwertes für den jeweiligen Bereich erfolgt nicht automatisch.

Schliesslich müssen nach Auffassung des Bundesrates unter bestimmten Voraussetzungen Tarifsenkungen als einschneidende Massnahme möglich sein. Deshalb ist ein sofort wirksames Instrument zur Kosteneindämmung notwendig, das auf die Tarife bzw. Taxpunktwerte («Preise») wirkt. Vorgeschlagen wird eine Kompetenzzuweisung an den Bundesrat, damit er durch eine Verordnung in Kantonen mit einer überdurchschnittlichen Kostenentwicklung im ambulanten Bereich die vereinbarten oder festgesetzten Taxpunktwerte oder Zeit- und Pauschaltarife gezielt senken kann.

Es handelt sich um eine subsidiäre Kompetenz des Bundesrates, die nicht ohne Not und unter Berücksichtigung der kantonalen
Zuständigkeiten ergriffen werden soll.

Überdurchschnittliche Kostenentwicklungen waren in den letzten Jahren in Teilen des ambulanten sowie spitalambulanten Bereichs eines beträchtlichen Teils der 5797

Kantone zu verzeichnen (vgl. dazu den Anhang). Die Differenzierung der Taxpunktwerte für Grundversorger und Spezialärztinnen und -ärzte oder die innerkantonale Angleichung der Taxpunktwerte ist demgegenüber Sache der Tarifpartner.

2.3

Steuerung des Angebots im spitalambulanten Bereich

Die Kosten der im ambulanten Spitalbereich zulasten der OKP erbrachten Leistungen steigen seit Jahren weit überdurchschnittlich (vgl. dazu den Anhang), sodass sich neben den tariflichen auch angebotsseitige Massnahmen aufdrängen. Eine kantonale Steuerung des ambulanten Spitalbereichs schafft die Möglichkeit, hoheitlich auf das ambulante Angebot der Spitäler einzuwirken. Nicht bedarfsgerechten Entwicklungen und Ausdehnungen des Angebotes kann somit entgegengewirkt werden. Zudem lässt sich auch die Koordination mit dem stationären Bereich sicherstellen.

2.4

Medizinischer Telefondienst

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene neue telefon- und internetbasierte Dienstleistungen entwickelt, die der Triage der Nachfrage und der Zuweisung der Nachfragenden zum geeigneten Angebot dienen. Die Akzeptanz der telefonischen Beratungsdienste nimmt in der Schweiz laufend zu. Trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz lässt sich aufgrund von Erfahrungsberichten darauf schliessen, dass solche Telefondienste zur Kosteneindämmung beitragen können. Nicht zuletzt im Sinne eines Ausgleichs zur Einführung des Behandlungsbeitrages schlägt der Bundesrat vor, dass alle Versicherer diese Dienstleistung anbieten müssen. Die Telefondienste gehören somit fortan zum Standardangebot aller Versicherer. Die Versicherer dürfen den telefonischen Beratungsdienst nicht selber betreiben, sondern müssen den Betrieb einer unabhängigen Stelle überantworten. Damit soll sichergestellt werden, dass der Versicherer keine medizinischen Daten des Versicherten erhält.

Die Kombination mit einem kantonal oder regional organisierten Notfalldienst ist denkbar. Der Betreiber des Beratungsdienstes muss die Qualität des Dienstes sicherstellen und haftet für allfällige Fehler. Von vorrangiger Bedeutung ist der Datenschutz, auch gegenüber dem auftraggebenden Versicherer. Obwohl die telefonische Triage durch medizinisch ausgebildetes Fachpersonal erfolgen muss, gilt sie nicht als KVG-Leistung, und die Kosten der Telefondienste sind als Verwaltungskosten der Versicherer zu qualifizieren. Eine mit einem Prämienrabatt verbundene besondere Versicherungsform, in der sich der Versicherte verpflichtet, immer zuerst den Telefondienst zu kontaktieren, soll weiterhin möglich sein.

2.5

Behandlungsbeitrag

Um die Eigenverantwortung der Versicherten weiter zu stärken und um die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen einzudämmen, schlägt der Bundesrat die Einführung eines neuen Elements der Kostenbeteiligung vor, das zusätzlich zur Franchise und zum Selbstbehalt von 10 Prozent erhoben werden soll: den Behandlungsbeitrag.

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Dieser Anteil an den Behandlungskosten wird vom jeweiligen Versicherten selbst bezahlt, und die Versichertengemeinschaft wird entsprechend entlastet.

Der Behandlungsbeitrag soll von den Versicherten bei jeder Konsultation eines Grundversorgers, Spezialisten und Spitalambulatoriums entrichtet werden. Dieses Instrument wurde in Deutschland (Praxisgebühr) und in Frankreich (taxe de consultation) bereits vor einiger Zeit eingeführt. Ein solcher Beitrag soll das Verhalten der Versicherten beeinflussen, indem sie sich in leichten Fällen (Bagatellfällen) die Frage stellen, ob der Arztbesuch wirklich notwendig ist. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, wenn möglich eine kostengünstigere Alternative zu wählen (z.B.

Selbstmedikation). Die Pflicht, dem Leistungserbringer einen Geldbeitrag in bar zu entrichten, hat wegen seiner unmittelbaren finanziellen Auswirkung auch einen psychologischen Effekt.

Der Bundesrat schlägt vor, dass der Behandlungsbeitrag im Gesetz auf 30 Franken festgesetzt wird, ein Beitrag, der genügend hoch ist, um die Versicherten von einem nicht unbedingt gerechtfertigten Arztbesuch abzuhalten und der trotzdem nicht bewirkt, dass die Versicherten auf Arztbesuche verzichten, die sie für notwendig halten. Der Bundesrat hält den Betrag von 30 Franken für gerechtfertigt und ist der Ansicht, dass ein höherer Beitrag, den verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende gefordert haben, nicht angemessen wäre, da mit einem höheren Behandlungsbeitrag die finanzielle Belastung für die Versicherten grösser wird, der Lenkungseffekt sich jedoch kaum erhöht. Damit Versicherte, die wegen chronischer Krankheiten regelmässig den Arzt konsultieren müssen, nicht übermässig belastet werden, ist zudem vorgesehen, dass der Behandlungsbeitrag nur bei den ersten sechs ambulanten Behandlungen pro Kalenderjahr zulasten des Versicherten geht. Damit kann die Mehrbelastung eines Versicherten durch den Behandlungsbeitrag 180 Franken im Jahr nicht überschreiten. Die ersten sechs Beiträge gehen zulasten der Versicherten und werden zusätzlich zur aktuellen Kostenbeteiligung (Franchise und Selbstbehalt) erhoben. Der Behandlungsbeitrag muss vom Leistungserbringer bei jeder ambulanten Konsultation erhoben werden, bei Unterlassung wird dem Leistungserbringer der Beitrag nicht vergütet. Der Versicherer ist hingegen verpflichtet,
die von einem Versicherten bezahlten Behandlungsbeiträge ab der siebten Behandlung an dessen Kostenbeteiligung (Franchise und Selbstbehalt) anzurechnen. Damit jene Versicherten, welche regelmässiger Behandlung bedürfen, nicht eine zu starke Mehrbelastung erfahren, soll im Gegenzug der in Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b KVG verankerte Höchstbetrag des Selbstbehalts von 700 Franken für Erwachsene auf 600 Franken gesenkt werden. Artikel 103 Absatz 2 KVV wird entsprechend geändert.

Im Gegensatz zu verschiedenen Vernehmlassungsteilnehmenden ist der Bundesrat der Ansicht, dass die durch die Erhebung des Behandlungsbeitrags verursachten Verwaltungskosten nicht unverhältnismässig sein werden im Vergleich zu den finanziellen Einsparungen, die mit dem Behandlungsbeitrag erreicht werden können.

Zur Herstellung der Kohärenz mit dem geltenden System der Kostenbeteiligung wird der Behandlungsbeitrag für Leistungen bei Mutterschaft und für Präventionsleistungen, die im Rahmen eines nationalen oder kantonalen Programms erbracht werden­ Leistungen, die heute von der Kostenbeteiligung ausgenommen sind ­ nicht erhoben. Aus dem gleichen Grund schlägt der Bundesrat vor, dass Kinder bis zum vollendeten 18. Lebensjahrs von der Entrichtung des Behandlungsbeitrages vollständig ausgenommen sind. Die Einführung dieses neuen Instruments soll zu gewissen Einsparungen bezüglich der heute von der obligatorischen Krankenver-

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sicherung vergüteten Leistungen führen. Der Behandlungsbeitrag sollte in jedem Fall bewirken, dass die Nachfrage nach nicht notwendigen Leistungen zurückgeht.

2.6

Dauer des Versicherungsverhältnisses

Die versicherte Person, die eine Versicherungsform mit höherer Franchise wählt, übernimmt eine grössere Eigenverantwortung. Aus diesem Grunde kann der Versicherer der versicherten Person reduzierte Prämien anbieten. Der Bundesrat hat bereits in seiner Botschaft vom 15. September 2004 betreffend die Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung im Bereich Managed Care (BBl 2004 5599) vorgeschlagen, dass der Versicherer die Möglichkeit haben soll, die Versicherten mit deren Einverständnis längerfristig an die Wahl einer besonderen Versicherungsform zu binden. Dies, um zu verhindern, dass diese versicherte Person im Krankheitsfall diese grössere Eigenverantwortung wieder abgibt, indem sie wieder in die ordentliche Versicherung wechselt. Um diesem Aspekt ein grösseres Gewicht zu verleihen, soll diese Möglichkeit nicht nur als Option, sondern als gesetzliche vorgesehene ordentliche Vertragsdauer von zwei Jahren statuiert werden.

2.7

Ausserordentliche Erhöhung des Bundesbeitrags

Weil die sich abzeichnende Prämienerhöhung viele Versicherte in der gegenwärtigen Wirtschaftslage besonders hart trifft, sieht der Bundesrat eine Erhöhung des Bundesbeitrags für ein Jahr vor. Im Jahr 2010 sollen zusätzliche 200 Millionen Franken an Versicherte in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen ausbezahlt werden. Selbstverständlich müssen die Kantone ihren Beitrag zur Prämienverbilligung trotz der im Rahmen dieser Massnahme zusätzlich ausbezahlten Bundesgelder leisten. In den Genuss des vollen zusätzlichen Beitrages sollen nur diejenigen Kantone kommen, welche ihren Beitrag mindestens auf dem Niveau (prozentualer Anteil) des Jahres 2009 halten. Kantone, die ihren prozentualen Anteil reduzieren, erhalten einen entsprechend kleineren Anteil an den zusätzlichen Bundesmitteln. Es sei daran erinnert, dass der Bund in den Jahren 2008 und 2009 jährlich einen Betrag von 1,8 Milliarden Franken und die Kantone zusammen 1,6 Milliarden Franken für die Prämienverbilligungen ausgerichtet haben. Für das Jahr 2010 und die darauffolgenden Jahre ist zu erwarten, dass nebst dem Beitrag des Bundes auch die Beiträge der Kantone ansteigen werden.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

Art. 14b (neu) Mit Absatz 1 des Artikels werden die Versicherer verpflichtet, telefonische Beratungsdienste anzubieten. Für die Versicherten soll der telefonische Beratungsdienst eine erste Anlaufstelle darstellen und kostenlos sein. Der Bundesrat sieht in diesen Diensten eine Begleitmassnahme zur Einführung des Behandlungsbeitrages, indem die Versicherten die Möglichkeit haben, Informationen einzuholen und gegebenenfalls Alternativen zu prüfen, bevor sie sich zugunsten einer Behandlung entscheiden.

Indem die Beratungsdienste eine erste Triage vornehmen, können zudem gewisse 5800

Konsultationen bei «ungeeignet» erscheinenden Leistungserbringern vermieden werden. Zur Sicherstellung des Datenschutzes hält Absatz 2 explizit fest, dass der telefonische Beratungsdienst dem Versicherer keine Daten aus der Beratung bekannt geben darf.

Beratungsdienste bzw. Telefon-Konsultationen haben in skandinavischen Ländern und im britischen National Health System (NHS) eine grosse Verbreitung und auch Akzeptanz gefunden. Nach Aussage der Autoren einer Untersuchung des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums belegen Studien aus Grossbritannien und der Schweiz, dass Telefonberatungsdienste sinnvoll sind und einem Bedürfnis eines heute noch kleinen, aber wachsenden Teils der Versicherten beziehungsweise der Patientinnen und Patienten entsprechen (Peter Berchtold und Kurt Hess: Managed Care, Europäische Literaturanalyse unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz, Wirkung der Versorgungssteuerung auf Qualität und Kosteneffektivität, Neuchâtel 2007). Zwar fehlt aufgrund der Studien die wissenschaftliche Evidenz, dass Telefonberatungsdienste Art, Umfang und Kostenfolgen der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen günstig beeinflussen. Indessen wird darauf hingewiesen, dass die Autoren zweier grosser englischer Studien während der Studienperiode signifikant weniger «out-of-hours»-Arztbesuche, Hospitalisationen und Notfall-Zuweisungen als in den Kontrollperioden beobachteten (Lattimer 1998). In der anschliessenden Kostenanalyse haben die Autoren berechnet, dass die Kostenreduktion durch die tiefere Inanspruchnahme der Leistungen grösser war als die zusätzlichen Kosten, die für den Betrieb des Telefonkonsultationsdienstes anfielen (Lattimer 2000).

Art. 21 Abs. 4 Heute wird das Monitoring der Kostenentwicklung in der Krankenversicherung auf der Grundlage der im Datenpool von santésuisse aggregierten Rechnungsdaten für die erbrachten Leistungen erstellt. Der Inhalt des Pools wird auf freiwilliger Basis monatlich von den teilnehmenden Versicherern aktualisiert. Jedes Quartal erhält das BAG die erfassten aggregierten Daten und verarbeitet diese zum Monitoring. Die Berechnungen haben die zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung in Rechnung gestellten Bruttokosten pro Versicherten zur Grundlage, das heisst die in Rechnung gestellten Beträge, vor Abzug der Kostenbeteiligung der Versicherten.
Die Zuweisung der Kosten zu einem Quartal wird bestimmt durch das Datum, an dem der Versicherer die Zahlung der Leistungen ausgelöst hat. Bisher fehlt eine gesetzliche Grundlage zur unterjährigen Datenerhebung durch das BAG bei den Versicherern. Mit der Gesetzesänderung soll das BAG die Möglichkeit erhalten, die für die Beobachtung der Kostenentwicklung notwendigen Daten vierteljährlich zu erheben. Da die verwendeten Patientendaten anonymisiert werden, wird der Datenschutz sichergestellt.

Art. 39 Abs. 1bis (neu) Mit diesem Artikel werden die Kantone explizit verpflichtet, in den Leistungsaufträgen neben dem stationären auch den ambulanten Bereich der Spitäler zu regeln. Im Gegensatz zum stationären Bereich können sich die Kantone darauf beschränken, die ambulante Tätigkeit zu erlauben, indem sie deren Inhalt und Umfang festlegen.

Mit der Regelung des spitalambulanten Bereichs soll die Tätigkeit der Spitäler näher umschrieben werden; bezweckt wird damit einerseits eine bessere Koordination innerhalb des Spitals; andererseits soll sie dazu dienen, Leistungen, welche vom 5801

jeweiligen Spital nicht erbracht werden, festzulegen. Eine eigentliche Planung wird im Rahmen dieser Vorlage nicht vorgeschlagen. Die im Rahmen dieser Vorlage getroffenen Regelungen müssen zudem Raum offen lassen für eine allfällige Verlängerung der bedarfsabhängigen Zulassung der Leistungserbringer im ambulanten Bereich, in deren Zusammenhang die Ausdehnung auf den spitalambulanten Bereich nicht ausgeschlossen werden kann. Die Umsetzung durch die Kantone dürfte allerdings Zeit in Anspruch nehmen und kaum vor dem Jahr 2011 Wirkung entfalten.

Dennoch ist die Signalwirkung dieser Massnahme nicht zu unterschätzen.

Art. 55b (neu) Nach Artikel 55 KVG haben die jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen bereits heute die Möglichkeit, die Tarife einzufrieren.

Die Umsetzung dieses Gesetzesartikels ist insbesondere wegen der Aufteilung der Kompetenzen schwerfällig und langwierig. Zudem dürfte das Einfrieren der Tarife im aktuellen Umfeld nicht genügend Wirkung zeigen. Als neue und rasch wirksame Möglichkeit zum Eingreifen bietet sich die Zuweisung der Kompetenz zur Tarifbeziehungsweise Taxpunktwertsenkung an den Bundesrat an. Dies erfolgt in Form einer Verordnung. Die befristete Kompetenzverschiebung soll sicherstellen, dass der Bundesrat rasch tätig werden kann und dass der Artikel einheitlich umgesetzt wird.

Betroffen von einer Tarif- beziehungsweise Taxpunktwertsenkung wären die von einem bestimmten Tarifvertrag oder Tarifentscheid bzw. von mehreren Tarifverträgen oder Tarifentscheiden tangierten Leistungserbringer. Dies können namentlich die Ärzteschaft oder der ambulante Bereich der Spitäler eines Kantons sein.

Die Beurteilung, ob der Kostenanstieg in einem Kanton als überdurchschnittlich gilt, erfolgt aufgrund des Vergleichs mit der gesamtschweizerischen durchschnittlichen Kostenentwicklung. Wenn der Kostenanstieg in einem Bereich den gesamtschweizerischen Kostenanstieg um mehr als zwei Prozentpunkte übersteigt, kann der Bundesrat den jeweiligen Tarif für ein Jahr um höchstens 10 Prozent senken. Bei der Beurteilung sind die besonderen Umstände der einzelnen Bereiche (z.B. Änderung der Behandlungspraxis und Verschiebung von Behandlungen vom stationären in den ambulanten Bereich) und bedeutende Schwankungen der Preis- und Lohnentwicklung zu berücksichtigen. Das
kantonale Kostenniveau ist primär zur Beurteilung der wirtschaftlichen Tragbarkeit der Prämienerhöhungen in einem Kanton heranzuziehen: In «billigen» Kantonen mit relativ tiefem Kostenniveau dürften Prämienerhöhungen weniger problematisch sein als in «teureren» Kantonen. Mit diesem Vorgehen wird die Abhängigkeit zwischen Tarif und Volumenentwicklung hergestellt. Eine Tarif- bzw. Taxpunktwertsenkung erfolgt somit nicht unter Anwendung einer vorgegebenen Formel. Zeigt sich in einem Bereich ein überdurchschnittlicher Kostenanstieg, wird der Entscheid, ob und in welchem Umfang eine Senkung des Tarifs bzw. des Taxpunktwertes vorgenommen wird, unter Berücksichtigung des Umfeldes getroffen. Dabei ist ein gewisser Ermessensspielraum vorhanden, der durch die Begrenzung von Tarifsenkungen auf 10 % beschränkt wird. Indessen erübrigt sich mit diesem Verfahren eine hinsichtlich der Machbarkeit und des Zeitaufwandes problematische Beurteilung der kantonalen Unterschiede bezüglich Morbidität und Altersstruktur, das heisst unter Beizug von Faktoren, die das Kostenniveau in jedem einzelnen Kanton beeinflussen und von den Kantonen nicht gesteuert werden können. Der Bundesrat wird von dieser Kompetenz zur Senkung der Tarife nur subsidiär Gebrauch machen, das heisst nur dann, wenn die Tarifpartner nicht von sich aus die erforderlichen Massnahmen treffen. Ein derartiger Ent5802

scheid wird im üblichen Verfahren getroffen, was namentlich auch die Konsultation der Preisüberwachung einschliesst. Die Kantone sind dabei vor dem Entscheid anzuhören. Artikel 55 des Gesetzes ist in diesem Fall nicht anwendbar.

Art. 62 Abs. 2ter (neu) Wählen Versicherte eine Versicherungsform mit höherer Franchise, so sollen sie nicht nur während eines Jahres (Art. 94 Abs. 2 KVV), sondern über einen Zeitraum von zwei Kalenderjahren eine grössere Eigenverantwortung übernehmen. Mit dieser Massnahme sollen die Versicherten veranlasst werden, die Wahl des Versicherungsmodells in Anbetracht der Vor- und Nachteile des Modells zu treffen und nicht einzig gestützt auf die persönlichen Opportunitätskosten im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags. Der Bundesrat hält die Pflicht zur Beibehaltung der Versicherungsform mit Wahlfranchise während zwei Jahren für angemessen. Eine noch längere Dauer vorzusehen, wie verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende gefordert haben, würde möglicherweise auf Interessentinnen und Interessenten abschreckend wirken. In Abweichung von Artikel 7 Absatz 2 KVG stellt zudem eine Prämienerhöhung keinen Grund für eine vorzeitige Kündigung des Vertrages dar.

Art. 64bis (neu) Der vom Bundesrat vorgeschlagene Behandlungsbeitrag von 30 Franken soll bei jedem Besuch eines Grundversorgers, einer Spezialistin, eines Spezialisten oder Spitalambulatoriums entrichtet werden, und zwar ungeachtet, ob einer oder mehrere Leistungserbringer konsultiert werden. Der Patient muss dem Leistungserbringer den Behandlungsbeitrag bei jedem Besuch in bar entrichten. Die Zahlung mittels einer Debitkarte (vom Typus EC-Karte, Cash oder Postcard) ist erlaubt, die Bezahlung mit Kreditkarte hingegen nicht, weil damit der beabsichtigte psychologische Effekt zunichte gemacht würde. Selbst tragen muss die versicherte Person die Kosten des Behandlungsbeitrags jedoch höchstens sechs Mal pro Kalenderjahr. Für die Anrechnung an die Franchise und für die Berechnung des Selbstbehalts wird von den Rechnungsbeträgen, die bei den ersten sechs Konsultationen anfallen, der Behandlungsbeitrag jedes Mal in Abzug gebracht.

Zwar muss die versicherte Person auch beim siebten Arztbesuch und bei weiteren Konsultationen den Behandlungsbeitrag entrichten. Dieser wird aber an die Franchise angerechnet oder ­ wenn die
Franchise bereits erreicht ist ­ durch den Versicherer nach Verrechnung mit einem allfälligen Selbstbehalt an den Versicherten zurückerstattet. Weil die versicherte Person mit dem Behandlungsbeitrag bereits eine «Anzahlung» an die Kosten der Behandlung geleistet hat, ist im System des Tiers payant der Betrag des Behandlungsbeitrags von der Forderung des Leistungserbringers in Abzug zu bringen. Im System des Tiers garant wird der Rechnungsbetrag, welcher die versicherte Person dem Leistungserbringer noch zu bezahlen hat, entsprechend vermindert.

Damit der vorgesehene Behandlungsbeitrag mit dem heutigen System der Kostenbeteiligung kohärent ist, sind verschiedene Ausnahmen bezüglich dessen Erhebung vorgesehen. In den Fällen, in denen keine Franchise erhoben, ist es kaum gerechtfertigt, einen Behandlungsbeitrag zu erheben. So werden die besonderen Leistungen bei Mutterschaft (Art. 64 Abs. 7 KVG) und Leistungen, die im Rahmen von national oder kantonal organisierten Präventionsprogrammen durchgeführt werden (Art. 64 Abs. 6 Bst. d KVG) auch vom Behandlungsbeitrag ausgenommen.

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Konsultationen für Präventionsleistungen im Rahmen von national oder kantonal organisierten Präventionsprogrammen sind insbesondere jene zur Impfung gegen den Papillomavirus, für das Mammographiescreening und für die Impfung im Zusammenhang mit einer drohenden oder bestehenden Influenza-Pandemie.

Bezüglich der Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen zur AHV/IV sieht Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe g des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG; SR 831.30) vor, dass die Kantone den Bezügerinnen und Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung die für die Kostenbeteiligung nach Artikel 64 KVG entstandenen Aufwendungen zurückerstatten. Der Behandlungsbeitrag stellt für diese Personen somit keine zusätzliche Belastung dar.

Im Rahmen der besonderen Versicherungsformen, insbesondere im Zusammenhang mit der Versicherungen mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer können die Versicherer auf die Erhebung des Selbstbehalts oder der Franchise ganz oder teilweise verzichten (Art. 99 Abs. 2 KVV). Die Versicherer können somit im Rahmen dieser besonderen Versicherungsform auch auf die Erhebung des Behandlungsbeitrags bei den Versicherten, die den Hausarzt oder die HMO konsultieren, verzichten.

Es ist indessen ausgeschlossen, dass eine besondere Versicherungsform, deren einziges Ziel die Vermeidung der Erhebung des Behandlungsbeitrags ist, bewilligt wird.

Art. 106b Aufgrund von Artikel 66 KVG gewährt der Bund den Kantonen jährlich einen Beitrag zur Verbilligung der Prämien. Dieser entspricht 7,5 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung («ordentlicher» Bundesbeitrag).

Weil von einem erheblichen Anstieg der Bruttokosten auszugehen ist, muss im Jahr 2010 mit einem Mehrbedarf des Bundes von ungefähr 250 Millionen Franken für die Prämienverbilligung gerechnet werden, damit der Bundesbeitrag den 7,5 Prozent der Bruttokosten entspricht. Seitens des Bundes ist zusätzlich eine ausserordentliche Erhöhung des Bundesbeitrags um maximal 200 Millionen Franken vorgesehen.

Dieser wird zur Entlastung von Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen verwendet.

Die zusätzlichen Bundesgelder sollen prozentual gleich auf die Kantone verteilt werden wie die Prämienverbilligungen im Jahr
2009. Die gesamtschweizerische Prämienverbilligung im Jahre 2009 betrug rund 1.8 Milliarden Franken. Die zusätzlichen Bundesgelder von 200 Millionen Franken für das Jahr 2010 entsprechen 11 Prozent dieses Betrages. Es ist deshalb vorgesehen, dass die Kantone für das Jahr 2010 maximal 11 Prozent der Prämienverbilligung des Jahres 2009 zusätzlich erhalten. Um diesen Betrag zu erhalten, müssen die Kantone dem EDI jedoch nachweisen, dass sie ihren prozentualen Anteil an der Prämienverbilligung im Vergleich zum Jahr 2009 nicht reduziert haben. Der Bundesrat will auf diesem Weg erreichen, dass der vorgesehene zusätzliche Bundesbeitrag, der für Versicherte in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen vorgesehen ist, diesen auch wirklich zukommt.

Diese Massnahme ist als ausserordentliche Massnahme zur Stützung des Prämienverbilligungssystems zu verstehen und darf nicht mit letzterem verwechselt werden.

Aus diesem Grund unterliegt die Ausrichtung der Mittel besonderen Bedingungen, welche im Einzelnen vom Bundesrat und in Abstimmung mit den Kantonen festgelegt werden.

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Dazu gehören insbesondere der Kreis der begünstigten Personen und der Umfang, in dem diese von den zusätzlichen Geldern profitieren sollen, wie auch die Information der Versicherten über die zusätzlichen Gelder. So sollen die Begünstigten eine getrennte Abrechnung für die Prämienverbilligung wie auch für die zusätzlichen Bundesmittel gemäss diesem Artikel erhalten. Dadurch wird erreicht, dass die zusätzlichen Gelder ausgewiesen werden und als eigenständige finanzielle Leistung erkennbar sind.

Damit bei der Ausgabe dieser Mittel sichergestellt werden kann, dass die Kantone das Geld für den vorgesehenen Zweck verwenden, gelten auch hier die Bestimmungen betreffend Abrechnung und Kontrolle, wie sie bei der ordentlichen Prämienverbilligung zur Anwendung kommen.

Übergangsbestimmung Einführung des medizinischen Telefondienstes Der in Artikel 14b genannte telefonische Beratungsdienst muss von den Versicherern spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung angeboten werden. Jene Versicherer, die unter dem Titel einer besonderen Versicherungsform bereits heute einen telefonischen Beratungsdienst anbieten, können dieses Angebot in der gleichen Form bis Ende 2010, das heisst während des Übergangsjahrs, beibehalten. Dabei wird namentlich bezweckt, dass verschiedenen administrativen Umtrieben (zum Beispiel Namensänderungen, Vertragsänderungen, welche auf die Versicherer zukommen), Rechnung getragen wird und dass jene Versicherer, die schon heute einen solchen Dienst anbieten oder ihn im Jahr 2010 anbieten wollen, ihren Businessplan für das Jahr 2010 umsetzen können.

4

Zusammenhang des Vorschlags mit anderen in Diskussion stehenden Gesetzesänderungen

Die an dieser Stelle vorgebrachten Vorschläge präjudizieren die parlamentarischen Beratungen zur KVG Revision in den Bereichen Kostenbeteiligung, Managed Care und Vertragsfreiheit nicht. Im Rahmen der Gesetzesänderung im Bereich der Kostenbeteiligung kann der Behandlungsbeitrag in der vorgeschlagenen oder in geänderter Form dauerhaft im Gesetz verankert werden. Dasselbe gilt für die Bestimmung der Vertragsdauer für die hohen Franchisen und die Verpflichtung der Versicherer, einen Telefondienst anzubieten. Im Rahmen der Weiterentwicklung von Managed Care wäre die dauerhafte Verankerung der Möglichkeit von Taxpunktwertsenkungen durch den Bundesrat allenfalls für bestimmte Bereiche eine Option.

5

Auswirkungen

5.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Massnahmen betreffen den ambulanten sowie den spitalambulanten Bereich und die Versicherten. Mit dem Behandlungsbeitrag für die Versicherten wird ein kosteneindämmender Anreiz gesetzt, wobei die Versicherten bzw. die

5805

Patientinnen und Patienten eine leicht höhere finanzielle Belastung tragen. Mit der Tarifsenkung sowie der Angebotssteuerung im ambulanten und spitalambulanten Bereich lassen sich Einsparungen für die OKP erzielen, die jedoch durch eine gewisse Mengenausweitung der betroffenen Leistungserbringer teilweise kompensiert werden könnten.

5.1.1

Finanzielle Auswirkungen für den Bund

Die beabsichtigte ausserordentliche Erhöhung des Bundesbeitrags erfordert vom Bund ein einmaliges finanzielles Engagement von 200 Millionen Franken für das Jahr 2010. Dabei handelt es sich um einen Maximalbetrag. Allerdings können die Kantone die Gewährung zusätzlicher Beiträge beantragen und aufzeigen, dass entweder die Anzahl der zu unterstützenden Versicherten in bescheidenen Verhältnissen oder deren Unterstützungsbeitrag gestiegen ist. Damit diese Massnahmen einen konjunkturellen Effekt haben, ist wichtig, dass die Kantone ihren Anteil am Unterstützungsbeitrag nicht senken, sondern im Gegenteil, ihn mindestens aufrechterhalten. Auf diese Weise kehren die gesamten zusätzlichen Mittel des Bundes in den wirtschaftlichen Kreislauf zurück. Gleichzeitig stellt diese Massnahme ein sozialpolitisches Instrument dar, da die Begünstigten die Versicherten in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen nach Artikel 66a KVG bleiben.

Im Übrigen werden sich die Kosteneinsparungen positiv auf die Bundesfinanzen auswirken. Wie unter Ziffer 5.2 dargelegt, dürften mit den vorgeschlagenen Massnahmen Kosten von jährlich insgesamt 500 Mio Franken eingespart werden. Da der Bundesbeitrag gemäss Artikel 66 Absatz 2 KVG 7,5 Prozent der Bruttokosten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entspricht, dürfte die Einsparung auf diesem Beitrag rund 37,5 Mio. Franken betragen.

5.1.2

Personelle Auswirkungen für den Bund

Bisher hat das BAG statistische Daten bei den Versicherern bloss jährlich im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion über die finanzielle Situation erhoben. Die neue, vierteljährliche Erhebung von Daten bei den Versicherern zur laufenden Beobachtung der Kostenentwicklung nach Leistungserbringern (Monitoring) hat einen zusätzlichen Personalaufwand zur Folge. Der Bedarf an Personalressourcen, die ausschliesslich die im Zusammenhang mit dem vierteljährlichen Kostenmonitoring zusätzlich anfallenden Aufgaben zu erfüllen haben, ist auf zwei bis vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu veranschlagen. Neben der Erhebung, Validierung, Analyse, Auswertung und Veröffentlichung der Daten im Quartalsrhythmus ist es notwendig, die Entwicklung in den einzelnen Kantonen, bei einzelnen Versicherern sowie bei Leistungserbringern fortlaufend zu beobachten, um die Entwicklung der Rechnungsdaten adäquat interpretieren zu können.

5806

5.1.3

Finanzielle Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Nach Artikel 65 KVG gewähren die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Für untere und mittlere Einkommen verbilligen die Kantone zudem die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent. Für die Ausgestaltung der Prämienverbilligung sind die Kantone zuständig. Insbesondere im Lichte der oben unter Ziffer 1.1 erwähnten wirtschaftlichen Perspektiven haben auch die Kantone ein Interesse an Massnahmen zur Kosteneindämmung und an möglichst tiefen Prämien.

Dieselbe Überlegung gilt für jene Gemeinden, welche aufgrund von kantonalen Regelungen für die Prämien der Sozialhilfebezüger aufkommen.

Soweit die Kantone den Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen zur AHV und IV die im Zusammenhang mit der Kostenbeteiligung nach Artikel 64 KVG entstandenen Auslagen zurückerstatten und so für diese Personen auch für die Behandlungsbeiträge aufkommen müssen, entsteht ihnen eine gewisse Mehrbelastung.

In der Regel bezahlen die Kantone bis anhin maximal 1000 Franken, was der vollen Kostenbeteiligung bei einer Mindestfranchise von 300 Franken und dem entsprechenden maximalen Selbstbehalt von 700 Franken entspricht. Um zu verhindern, dass Versicherte mit regelmässiger Behandlung eine zu grosse Mehrbelastung erfahren, wird im Gegenzug zur Einführung des Behandlungsbeitrages der Höchstbetrag des Selbstbehalts von 700 Franken auf 600 Franken gesenkt ­ hier erfahren die Kantone eine Entlastung bei der Auszahlung der Ergänzungsleistungen. Der Behandlungsbeitrag hingegen stellt für die Kantone eine finanzielle Mehrbelastung dar. Unter Berücksichtigung beider oben-genannten Komponenten wird die zusätzliche finanzielle Belastung für die Kantone auf rund 15­20 Mio. Franken geschätzt.

5.2

Finanzielle Auswirkungen für die Krankenversicherung

Im Jahr 2007 wurden über die OKP ambulante Leistungen von Ärztinnen und Ärzten und Spitälern im Umfang von 7661 Mio. Franken abgerechnet, was 36 % der gesamten Ausgaben entspricht. Jene für den spitalambulanten Bereich betrugen 2825 Millionen Franken oder 13 Prozent der gesamten Ausgaben. Die vorgeschlagenen Massnahmen wirken in erster Linie auf diesen Sektor der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Mit den vorgeschlagenen Massnahmen dürften jährlich insgesamt 500 Millionen Franken eingespart werden.

5.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Ungeachtet der finanziellen Grössenordnung, welche die vorgeschlagenen Massnahmen ausmachen, wirken die Massnahmen zur Verhinderung einer Prämienexplosion der Verminderung der Kaufkraft der Bevölkerung entgegen. Wie eingangs erwähnt, ist dies in der gegenwärtigen Wirtschaftslage von besonderer Bedeutung.

5807

6

Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 753) noch im Bundesbeschluss vom 18. September 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 9543) angekündigt.

7

Verhältnis zum europäischen Recht

7.1

Vorschriften der europäischen Gemeinschaft

Das EG-Sozialversicherungsrecht bezweckt im Hinblick auf die Garantie der Personenfreizügigkeit keine Harmonisierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit. Die Mitgliedstaaten können im Rahmen der Koordinationsgrundsätze (z.B. Diskriminierungsverbot, Anrechnung der Versicherungszeiten, grenzüberschreitende Leistungserbringung, usw.) die in der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.1) zum Ausdruck kommen, und die durch die entsprechende Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 (SR 0.831.109.268.11) geregelt werden, über die konkrete Ausgestaltung ihres Systems der sozialen Sicherheit weitgehend frei bestimmen. Seit dem Inkrafttreten des Abkommens über die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (SR 0.142.112.681) am 1. Juni 2002 sind diese Koordinationsgrundsätze auch für die Schweiz massgebend geworden.

7.2

Die Instrumente des Europarates

Die Schweiz hat die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit vom 16. April 1964 (AS 1978 1491) am 16. September 1977 ratifiziert. Die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit wird durch ein Protokoll, das höhere Normen festlegt, ergänzt. Die Schweiz hat das Protokoll zur Ordnung der Sozialen Sicherheit nicht ratifiziert. Die Europäische Ordnung der Sozialen Sicherheit (revidiert) vom 6. November 1990 ist ebenfalls ein von der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit zu unterscheidendes Abkommen, sie ersetzt jene nicht. Gemäss Artikel 10 Paragraph 2 der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit kann der Leistungsempfänger oder der für ihn Unterhaltspflichtige zur Beteiligung an den Kosten der bei Krankheit gewährten ärztlichen Betreuung verpflichtet werden; die Beteiligung darf jedoch keine zu hohe Belastung verursachen. Die revidierte Ordnung sieht eine analoge Bestimmung vor (Art. 10 Par. 2). Was genau unter einer zu hohen Belastung zu verstehen ist, wird weder in der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit noch in der revidierten Ordnung näher festgelegt. Die Kontrollorgane verfügen demnach über einen Ermessensspielraum. Das Protokoll zur Ordnung sieht vor, dass die Beteiligung an den Kosten der bei Krankheit gewährten ärztlichen Betreuung 25 Prozent nicht übersteigen darf. Ist die Kostenbeteiligung für jeden Fall der Betreuung oder jede Verordnung von Arzneien mit einem einheitlichen Betrag festgesetzt, so darf gemäss Protokoll der Gesamtbetrag, der von allen geschützten Personen aufgebracht wird, 25 Prozent der Gesamtkosten für diese Leistung innerhalb einer bestimmten Zeit nicht übersteigen.

5808

7.3

Vereinbarkeit der Vorlage mit dem europäischen Recht

Der Revisionsentwurf sieht vor, dass für jede ambulante Behandlung ein Behandlungsbeitrag von 30 Franken erhoben wird. Da dieser nur die ersten sechs Mal pro Kalenderjahr zulasten der Versicherten geht, stellt er keine zu hohe Belastung im Sinne der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit und des Protokolls zur Ordnung dar. Damit steht die Vorlage im Einklang mit den von der Schweiz übernommenen europäischen Recht (Recht der Europäischen Gemeinschaften und Recht des Europarats).

Was die anderen in der vorliegenden Revision behandelten Bereiche anbelangt (Tarife, Steuerung des Angebots im spitalambulanten Bereich) setzt dafür das europäische Recht keine Normen fest. Die Staaten können diese Aspekte nach eigenem Ermessen bestimmen.

8

Rechtliche Aspekte

8.1

Verfassungsmässigkeit

Die Vorlage stützt sich auf Artikel 117 der Bundesverfassung.

8.2

Erlassform

Die vorgeschlagenen Bestimmungen sollen in Form eines zeitlich befristeten dringlichen Bundesgesetzes erlassen werden. Solche Bundesgesetze können nach Artikel 165 Absatz 1 der Bundesverfassung dringlich erklärt werden, wenn sie sachlich und zeitlich dringlich sind. Die zeitliche Dringlichkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass für das Jahr 2010 eine massive Erhöhung der Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung absehbar ist und keine anderen auf die Kostenentwicklung wirkenden Massnahmen zeitgerecht vorliegen werden.

Die Dringlichkeit der Massnahmen ist gegeben, denn ohne die vorgeschlagenen Massnahmen muss für das Jahr 2010 von einer durchschnittlichen Prämienerhöhung von gegen 15 Prozent ausgegangen werden. Daher duldet das Inkrafttreten der Gesetzesänderung keinen Aufschub und den in Artikel 165 Absatz 1 der Bundesverfassung festgehaltenen Voraussetzungen wird deshalb Genüge getan. Der Verzicht auf die Dringlichkeit würde zu einer erheblichen Einschränkung der Kaufkraft weiter Bevölkerungskreise führen. Am stärksten getroffen würden jede Personen und Haushalte, deren Einkommen knapp über der Grenze liegt, die den Anspruch auf Prämienverbilligungen begründet, also der Mittelstand.

8.3

Ausgabenbremse

Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung sieht vor, dass Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, in jedem der beiden 5809

Räte der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder bedürfen. Da der in Artikel 106b vorgesehene Beitrag diese Limite überschreitet, untersteht die Bestimmung der Ausgabenbremse.

8.4

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die zur Durchführung der sozialen Krankenversicherung notwendigen Regelungskompetenzen (Erlass der Vollzugsbestimmungen) werden dem Bundesrat in Artikel 96 KVG delegiert. Die Vorlage enthält keine weitere Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen.

5810

5811

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG

Kanton

783 628 529 499 618 497 490 542 608 635 656 804 795 611 526 460 582 534 591

575 595 479 443 485 461 439 503 453 585 614 823 621 639 436 391 489 531 585

Medikamente (Arzt, Apotheke)

425 479 430 423 381 459 391 417 364 406 472 649 504 431 386 337 354 385 447

ambulant

Spitäler

in Fr. pro versicherte Person (2008)

Ärzte (ohne Medikam.)

Bruttoleistungen1

635 884 574 583 548 532 512 582 583 644 739 1044 767 636 561 574 576 631 693

stationär

242 300 245 251 219 183 159 252 209 235 162 272 151 229 219 129 199 227 156

Pflegeheime

Leistungserbringer

72 65 60 41 65 67 68 83 65 55 70 104 94 86 51 42 64 63 69

Physiotherapeuten

53 80 40 49 37 44 50 38 30 44 74 97 59 45 37 45 39 57 37

SPITEX

63 60 52 47 55 51 53 44 61 65 61 69 73 43 36 35 42 50 47

Laboratorien

97 103 96 69 92 92 100 88 91 99 92 110 100 95 77 81 89 112 90

Übrige

2945 3195 2505 2405 2499 2385 2262 2548 2465 2769 2941 3972 3165 2815 2329 2095 2435 2591 2715

Total

Anhang

531 694 746 591 605 1043 529 679

Ärzte (ohne Medikam.)

5812

inkl. Kostenbeteiligung Quelle: KV-Kostenmonitoring.

1

TG TI VD VS NE GE JU Schweiz

Kanton

447 697 715 625 735 807 667 603

Medikamente (Arzt, Apotheke)

Spitäler

434 443 652 404 437 583 494 465

ambulant

713 858 626 621 631 770 705 696

stationär

198 293 205 184 343 221 258 229

Pflegeheime

Leistungserbringer

78 77 70 61 56 101 58 71

Physiotherapeuten

41 59 106 47 93 87 101 62

SPITEX

40 96 92 62 93 157 52 68

Laboratorien

94 109 106 101 118 114 77 99

Übrige

2574 3324 3319 2695 3111 3881 2940 2973

Total

5813

ZH BE LU UR SZ OW NW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI

Kanton

3.2 4.3 2.0 0.2 2.3 6.2 3.6 2.6 3.4 4.1 5.9 6.2 6.1 4.3 6.3 4.5 3.2 2.6 5.2 3.8 1.0

4.8 4.3 3.7 -0.1 4.4 7.4 3.8 5.9 6.0 3.8 6.7 5.2 5.8 5.9 7.1 7.2 3.4 3.0 5.0 6.2 -3.1

Ärzte Medikamente (ohne Medikam.) (Arzt, Apotheke)

13.4 9.3 14.0 10.0 14.0 10.5 7.3 11.1 8.9 11.9 14.2 10.4 11.4 6.1 4.9 10.5 4.9 5.1 14.6 10.7 3.7

ambulant

Spitäler

3.2 -0.6 -1.5 -3.5 -2.4 -2.4 -2.0 9.5 -2.4 0.8 3.7 6.6 3.3 1.2 2.1 25.8 0.3 1.5 2.0 2.5 -3.2

stationär

0.6 5.6 2.1 8.6 3.9 -2.9 -0.6 7.8 3.0 0.8 4.9 -2.9 10.8 -1.1 7.4 16.2 5.3 7.3 5.7 5.4 5.6

Pflegeheime

Leistungserbringer

3.1 2.8 0.3 -0.1 3.0 -6.8 -2.4 7.5 2.4 4.7 3.5 5.4 6.5 3.0 6.2 10.0 3.4 4.6 3.4 7.0 -12.3

Physiotherapeuten

Bruttoleistungen1 pro versicherte Person (2008, prozentuale Veränderung gegenüber Vorjahr)

5.9 6.4 1.9 -2.1 8.6 -1.5 23.2 1.6 3.5 5.2 8.8 8.8 10.0 3.0 1.2 12.3 4.7 5.4 5.6 7.8 -3.7

SPITEX

10.1 9.5 16.6 9.9 10.7 15.2 7.6 7.9 6.8 10.1 9.1 7.3 10.3 4.0 2.8 7.7 6.5 10.1 6.6 8.0 -5.3

Laboratorien

4.9 3.7 3.6 1.4 3.5 4.3 2.6 5.9 3.1 2.9 5.2 6.0 6.3 3.5 5.0 12.6 3.0 3.0 5.5 5.3 -1.1

Total

5814

6.0 7.1 7.4 5.1 6.7 4.3

2.6 6.4 5.2 3.6 1.6 4.1

Ärzte Medikamente (ohne Medikam.) (Arzt, Apotheke)

inkl. Kostenbeteiligung Quelle: KV-Kostenmonitoring.

1

VD VS NE GE JU Schweiz

Kanton Spitäler

8.7 11.6 22.8 7.0 5.8 10.4

ambulant

2.7 -0.9 -3.7 7.7 1.8 1.5

stationär

-3.6 4.2 -1.0 7.5 1.7 3.0

Pflegeheime

Leistungserbringer

3.5 5.1 2.7 3.0 4.1 2.6

Physiotherapeuten

5.4 4.6 4.1 6.6 1.8 5.5

SPITEX

8.5 19.8 4.0 10.3 2.4 8.5

Laboratorien

2.4 4.1 4.1 4.8 2.7 3.9

Total

5815

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Jahr

400 446 481 515 536 562 577 575 585

204 229 264 269 290 297 359 354 375

ambulant

497 509 520 515 558 619 646 654 682

stationär

Spitalleistungen

0.1 2.3 3.8 1.8 1.2 4.8 2.7

6.4 11.7 7.9 7.1 4.0 4.9 2.8

13.6 12.3 15.0 1.8 8.2 2.2 21.0

0.8 2.4 2.2 -1.0 8.3 11.0 4.4

Veränderung gegenüber dem Vorjahr (in Prozent)

518 529 549 559 566 593 609 619 642

In Franken pro Jahr

Arztbehandlung Medikamente (ambulant) (Arzt, Apoth.)

Bruttoleistungen1 pro versicherte Person (1999-2007) Leistungen

6.8 3.9 3.0 10.0 5.7 6.3 0.2

161 167 172 190 200 213 213 218 226

Pflegeheim

4.7 7.7 6.3 6.7 9.9 13.9 5.6

32 35 37 39 43 49 52 56 61

SPITEX

4.3 2.3 6.9 4.8 -3.3 2.7 4.5

60 61 66 69 67 68 72 72 73

3.8 7.1 4.0 4.3 -1.4 22.9 11.7

57 61 63 66 65 80 89 84 84

Physio- Laboranalysen therapie (inkl. Arzt)

19.4 44.0 -4.3 16.6 5.3 21.0 13.8

17 25 24 28 29 35 40 45 50

Mittel und Gegenstände

6.0 3.6 -0.1 14.5 -1.0 -1.5 4.0

65 68 68 77 77 75 78 79 86

Übrige

3.9 5.9 5.3 3.7 4.5 6.6 5.6

2011 2131 2244 2328 2431 2592 2736 2755 2863

Total

-0.4 1.7

-1.5 6.0

5816

1.3 4.2

stationär

Spitalleistungen ambulant

1.9 4.1

Pflegeheim

Leistungen

2.7

4.9

7.9

4.0

4.4

8.1

6.7 8.6

SPITEX

Durchschnittliche jährliche Veränderung 1999­2007 (in Prozent)

1.7 3.6

Arztbehandlung Medikamente (ambulant) (Arzt, Apoth.)

inkl. Kostenbeteiligung Quelle: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2007.

1

99­07

2006 2007

Jahr

2.5

0.9 1.9

5.0

-6.5 0.4

Physio- Laboranalysen therapie (inkl. Arzt)

14.2

12.2 10.2

Mittel und Gegenstände

3.6

0.3 9.8

Übrige

4.5

0.7 3.9

Total