09.434 Parlamentarische Initiative Stempelabgaben Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates vom 23. November 2009

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf der Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

23. November 2009

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Simonetta Sommaruga

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Übersicht Im Mai 2009 wurde der Schweizer Handel mit Blue Chips von London zurück nach Zürich verlegt. Transaktionen von nicht schweizerischen Teilnehmern an der SWX Europe (vormals virt-x) in London wurden nicht mit der Umsatzabgabe belastet, da es sich bei der SWX Europe um keine schweizerische Börse handelt. Nach der Rückführung sind die gleichen Transaktionen hingegen steuerbar, weil ausländische Teilnehmer einer Schweizer Börse (sog. Remote Members) nun als Effektenhändler im Sinne des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG) qualifizieren und damit abgabepflichtig sind. Um diesen Nachteil ausländischer Banken und Börsenagenten als Mitglieder der SIX gegenüber ausländischen Nichtmitgliedern zu beheben, sollen die Bestimmungen im Bundesgesetz, auf Grund welcher die ausländischen Mitglieder einer schweizerischen Börse als Effektenhändler qualifiziert werden, gestrichen werden.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative 09.434

1.1.1

Die Forderungen der Initiative

Mit der am 7. Mai 2009 eingereichten parlamentarischen Initiative wird verlangt, dass im Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) im Bereich der Umsatzabgabe die Bestimmungen für ausländische Mitglieder einer schweizerischen Börse angepasst werden. Grund für die geforderte Gesetzesänderung ist die im Monat Mai 2009 vorgenommene Repatriierung des Aktienhandels von London an die SIX (vormals SWX) nach Zürich. Im Jahre 2001 wurde der Handel von schweizerischen Blue Chips von Zürich an die virt-x (neu SWX Europe) nach London verlegt.

1.1.2

Die Vorprüfung der parlamentarischen Initiative

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates entschied am 7. Mai 2009 mit 8 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung, eine Kommissionsinitiative auszuarbeiten. Die WAK des Nationalrates stimmte diesem Beschluss am 23. Juni 2009 mit 18 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu. Somit wurde die WAK-S mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt (ParlG Art. 111 Abs. 1).

Das Eidgenössische Finanzdepartement hat sich im Rahmen der Vorprüfung gemäss Brief von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz vom 22. April 2009 an die WAK-S dahingehend positiv geäussert, dass gegen die Wiederherstellung der ursprünglichen Rechtslage im Stempelgesetz wie vor der Verlagerung an die Londoner Börse keine Einwendungen bestehen.

1.1.3

Entwurf zuhanden des Ständerates

Die WAK-S hat am 5. November 2009 dem Sekretariat den Auftrag erteilt, in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung den Erlassentwurf samt erläuterndem Bericht zu erarbeiten. Auf Grund der lediglich technischen Anpassung im Gesetz zu Gunsten des Börsenplatzes Schweiz, soll auf eine Anhörung verzichtet werden. An ihrer Sitzung vom 23. November 2009 ist die Kommission oppositionslos auf die Vorlage eingetreten und hat sie mit 7 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung zuhanden des Ständerates verabschiedet.

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1.2

Rechtliche und wirtschaftliche Ausgangslage

1.2.1

Der Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 19. März 1999

Eine mit dem dringlichen Bundesbeschluss ergriffene Massnahme betraf die neu an der SWX in Zürich zugelassenen ausländischen Effektenhändler. Demnach wurden diese «Remote Members» für die an der Schweizer Börse gehandelten inländischen Wertschriften umsatzabgabepflichtig (StG; Art. 13 Abs. 3 Bst. e). Mit dieser Änderung wurden inländische Mitglieder der Schweizer Börse (SWX) ausländischen Mitgliedern der SWX gleich gestellt.

Da «Remote Members» als ausländische Mitglieder keine im Inland ansässige Personen sind, bei denen die Umsatzabgabe eingefordert und kontrolliert werden kann, übernahm die schweizerische Börse für diese Mitglieder sämtliche Deklarations- und Abgabepflichten (StG; Art. 17 Abs. 4). Gleichzeitig wurde den ausländischen Remote Members zugestanden, einen abgabefreien Handelsbestand zu halten (StG; Art. 19 Abs. 2).

1.2.2

Die rechtlichen Bestimmungen in der Praxis an schweizerischen Börsen

Nach der Rückführung des Handels nach Zürich sind Transaktionen von nicht schweizerischen Teilnehmern abgabepflichtig, da diese gemäss Art. 13 Abs. 3 Bst. e des Stempelgesetzes als Effektenhändler qualifizieren. Diese Transaktionen mit schweizerischen Blue Chips konnten vormals in London abgabefrei gehandelt werden.

Für die Börse sowie den Schweizer Finanzplatz ist das Projekt «Repatriierung nach Zürich» von hoher Bedeutung. Eine Stärkung des Finanzplatzes kann nur erreicht werden, wenn die Liquidität im Handel mit schweizerischen Blue Chips nach der Rückführung erhalten bleibt. Deshalb müssen die Rahmenbedingungen für die ausländischen Teilnehmer (Remote Member), die heute über 50 % der Liquidität beisteuern, attraktiv bleiben.

Im Rahmen des Projektes Repatriierung des Aktienhandels hat die Börse zusammen mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung nach Möglichkeiten gesucht, den Standortnachteil zu begrenzen. Obwohl heute ausländische Teilnehmer der SIX der Belastung ausweichen können, vermag diese Situation auf längere Sicht nicht zu befriedigen. Sie fürchten latente Steuerrisiken in der Schweiz, welche durch den Handel schweizerischer Blue Chips auf anderen Börsenplätzen im Ausland vermieden werden können.

2

Grundzüge der Vorlage

Die im Jahr 1999 eingeführte Bestimmung zu Gunsten der ausländischen Remote Members der schweizerischen Börsen entfaltete seine Wirkung kaum zwei Jahre lang. Mit der Verlagerung des Handels der schweizerischen Blue Chips nach London, konnte dieser abgabefrei getätigt werden. Die damals gewollte Gleichbehandlung von schweizerischen und ausländischen Teilnehmern an schweizerischen 8748

Börsen missglückte folglich ab dem Jahr 2001. Die Globalisierung der Märkte, die Konkurrenz unter den Börsenplätzen und Anbieter im Internet verlangen, dass zu Gunsten des Börsenplatzes Schweiz ausländische Remote Members ihren Handel mit schweizerischen Titeln, wie in London zwischen 2001 und 2009, neu auch wieder in der Schweiz abgabefrei betreiben können. Demanch sollen die Bestimmungen aus dem Jahr 1999 betreffend die ausländischen Remote Members aufgehoben werden.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen im Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben (StG; SR 641.10)

Art. 13 Abs. 3 Bst. e Die im Jahr 1999 eingeführte Bestimmung, wonach «ausländische Mitglieder einer schweizerischen Börse für die an dieser Börse gehandelten inländischen Titel Effektenhändler sind», soll aufgehoben werden. Da der schweizerische Fiskus die ausländischen Effektenhändler nicht ins Recht fassen kann, steht diese Bestimmung mit nachfolgender auch aufzuhebender Bestimmung in Arikel 17.

Art. 17 Abs. 4 Die gleichzeitig mit oben genannter Bestimmung eingeführte Anordnung, wonach «die von Effektenhändlern nach Artikel 13 Absatz 3 Buchstabe e geschuldete Abgabe von der betreffenden schweizerischen Börse zu entrichten ist», kann auch aufgehoben werden.

Art. 19 Abs. 2 Die angestrebte Aufhebung der Gleichstellung bei der Umsatzabgabe ausländischer Mitglieder als Remote Members mit inländischen Effektenhändlern zieht auch die Aufhebung des den ausländischen Effektenhändlern zugestandenen abgabefreien Handelsbestand nach sich.

Ziff. II Abs. 2 Da die neue Regelung so schnell wie möglich in Kraft treten soll und beim Bundesgesetz über die Stempelabgaben ein quartalsweises Inkrafttreten möglich ist, wird dafür der 1. Juli 2010 vorgeschlagen. Wird die Vorlage in der Frühlingssession 2010 vom Nationalrat beraten, kann die Schlussabstimmung am 19. März 2010 durchgeführt werden. Die Referendumsfrist beginnt allerdings nicht mit dieser Schlussabstimmung, sondern erst mit der amtlichen Veröffentlichung des Erlasses zu laufen und dauert deshalb bis Anfang Juli. Daher muss die Gesetzesänderung rückwirkend in Kraft treten. Falls das Referendum ergriffen wird, bestimmt der Bundesrat das Inkrafttreten.

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4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Der Bundesrat bezifferte die mit dem dringlichen Bundesbeschluss vom 19. März 1999 verbundenen Mindereinnahmen in seiner Botschaft vom 14. Dezember 1998 mit rund 20 Millionen. Die nun vorgeschlagene Rückgängigmachung dieser damals beschlossenen Bestimmungen führen demnach zu keinen Mindereinnahmen.

Obwohl nun die ausländischen Remote members der SIX nicht mehr als abgabepflichtige Effektenhändler nach Stempelgesetz qualifizieren sollen, darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass diese seit der Verlagerung des Handels der schweizerischen Blue Chips nach London im Jahr 2001, an dieser ausländischen Börse abgabefrei mit schweizerischen Aktien gehandelt haben. Die Rückführung des Handels mit schweizerischen Blue Chips nach Zürich sollte mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung auch die Rückführung der professionellen ausländischen Effektenhändler an schweizerische Börsen unterstützen und damit auf allen Stufen zu generell mehr Abgaben führen.

4.2

Vollzugstauglichkeit

Der Vollzug der hier vorgeschlagenen Aufhebung der Bestimmungen ergibt keine Probleme.

4.3

Personelle Auswirkungen

In personeller Hinsicht erfordert die vorgeschlagene Gesetzesänderung keine Änderung. Die Massnahmen lassen sich in die bestehenden Abrechnungssysteme eingliedern.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die vorgeschlagenen Regelungen stehen nicht im Widerspruch zu Vorschriften der Europäischen Union.

6

Rechtliche Grundlagen

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Kompetenz des Bundes, auf Wertpapieren eine Stempelabgabe zu erheben, ergibt sich aus Artikel 132 Absatz 1 der Bundesverfassung.

6.2

Erlassform

Nach Artikel 22 Absatz 1 ParlG erlässt die Bundesversammlung alle wichtigen rechtsetzenden Normen in der Form des Bundesgesetzes.

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