09.071 Botschaft und Entwurf der Bundesbeschlüsse zur Genehmigung des Abkommens über die Teilnahme der Schweiz am EU-Programm «Jugend in Aktion» und am EU-Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens (2007­2013) sowie zur Finanzierung der Teilnahme (2011­2013) vom 2. September 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit der vorliegenden Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung: ­

den Bundesbeschluss zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft über die Teilnahme der Schweiz am EU-Programm «Jugend in Aktion» und am Aktionsprogramm der EU im Bereich des lebenslangen Lernens (2007­2013)

­

den Bundesbeschluss zur Finanzierung der Teilnahme (2011­2013).

Ferner beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 2004

P

04.3502

Teilnahme der Schweiz an den Bildungsprogrammen der EU (N 17.12.04, Markwalder Bär)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. September 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2006-2056

6245

Übersicht Die Europäische Union führt zwischen 2007 und 2013 umfassende Programme in den Bereichen Bildung, Berufsbildung und Jugend durch. Mit dieser Botschaft beantragt der Bundesrat dem Parlament, das Abkommen über die Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen «Lebenslanges Lernen» und «Jugend in Aktion» zu genehmigen und den für die Teilnahme nötigen Verpflichtungskredit zu bewilligen.

Das Abkommen, das mit dieser Botschaft zur Genehmigung vorgelegt wird, setzt die 2003 im Rahmen der Bilateralen II abgegebene gegenseitige Absichtserklärung zur Assoziation der Schweiz an die Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme der EU um. Ein Abkommen konnte zu dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, da seitens der EU der Einstieg in laufende Programme nicht möglich war. Die Schweiz ging daher weiterhin nur projektweise Partnerschaften ein. Eine offizielle schweizerische Beteiligung wurde von der EU auf Beginn einer neuen Serie von Programmen in Aussicht gestellt. Diese nun laufende Programmgeneration begann 2007 und dauert bis 2013. Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU wurden im Frühling 2008 aufgenommen und mit der Paraphierung des Vertrages im August 2009 abgeschlossen. Die offizielle Teilnahme kann nach erfolgter Einrichtung einer nationalen Agentur zur Umsetzung des Programms 2011 beginnen.

Mit der offiziellen Teilnahme am Aktionsprogramm für lebenslanges Lernen und «Jugend in Aktion» der EU können Schweizer Schülerinnen und Schüler, Jugendliche in einer Berufsausbildung, Studierende und Dozierende, Personen in Weiterbildung sowie Jugendliche und Fachpersonen, die im Rahmen der ausserschulischen Jugendarbeit tätig sind, gleichberechtigt und aktiv an allen Programmaktionen teilnehmen, Projekte einbringen und sich um Stipendien und weitere Beiträge bewerben.

Schweizer Einzelpersonen, Institutionen, Organisationen und Unternehmen werden durch die Programmteilnahme insbesondere in folgenden Bereichen unterstützt: ­

Studierenden- und Dozierendenaustausch zur Erweiterung des Fachwissens und der sprachlichen Kenntnisse,

­

Auslandpraktika junger Personen für eine erste Berufserfahrung,

­

Mobilität von Personen in Aus- und Weiterbildung aller Stufen zur Erweiterung von Fachwissen, sprachlichem und kulturellem Verständnis,

­

Zusammenarbeit von Schulen aller Stufen, Bildungs- und Berufsbildungsinstitutionen und -organisationen sowie von Unternehmen zur qualitativen Verbesserung von Aus- und Weiterbildung,

­

Mobilität von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Rahmen von Jugendaustauschmassnahmen und internationalen Freiwilligendiensten,

­

Zusammenarbeit von Jugendorganisationen, privaten und öffentlichen Trägern zur Entwicklung einer Jugendarbeit von hoher Qualität.

6246

Die offizielle Teilnahme wird dazu beitragen, die aktive Rolle der Schweiz im europäischen Bildungsraum auszubauen und den angemessenen bildungspolitischen und volkswirtschaftlichen Nutzen aus dem Wissenstransfer sowie aus der Mitarbeit in den besten europäischen Kooperationsnetzen zu ziehen.

Gegenüber der aktuellen indirekten Teilnahme, die lediglich den Anschluss an einzelne, von der EU und assoziierten Staaten bereits vordefinierte Projekte erlaubt, bringt eine offizielle Teilnahme verschiedene Vorteile mit sich: Dazu gehören die Mitsprache bei strategischen Entscheiden der Programmumsetzung, die Lancierung und Leitung von Projekten sowie der Zugang zu einschlägigen Informationen. Die Schweiz kann somit ihre Erfahrungen und Interessen in den einzelnen Programmausschüssen und Projektgremien direkt einbringen, womit eine kontinuierliche Zusammenarbeit gewährleistet ist. Durch den Abschluss eines Vertrages wird der schweizerischen Teilnahme an den Programmen zudem Rechtssicherheit verliehen.

Mit der Schaffung einer nationalen Agentur werden den Schweizer Partnern Beratung und Unterstützung im Hinblick auf ihre Projektbeteiligungen geboten. Damit steht für Schweizer Projektteilnehmer neu eine zentrale Ansprechstelle zur Verfügung. Die schweizerische «ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit» ­ eine von den Kantonen getragene Institution ­ hat bereits 2007 im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag zur Erfüllung dieser Aufgabe erhalten.

Das Abkommen zur Teilnahme am Aktionsprogramm für lebenslanges Lernen und am Programm «Jugend in Aktion» wurde mit der Europäischen Kommission ausgehandelt. Es orientiert sich an den Abkommen der EU mit anderen an die Programme assoziierten Staaten. Die Kompetenz für den Abschluss des Abkommens durch den Bundesrat ist durch das Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung (SR 414.51) im Rahmen der bewilligten Kredite gegeben. Da das Abkommen Verpflichtungen bis 2013 vorsieht und somit über den Rahmen der bis 2011 bewilligten Kredite hinausgeht, wird das Abkommen mit der vorliegenden Botschaft dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt.

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten zudem die Genehmigung des Verpflichtungskredits
von 110,7 Millionen Franken für die Teilnahme an den Programmen in den Jahren 2011­2013; davon sollen 33,2 Millionen Franken für die Finanzierung des Aufbaus und Betriebs der nationalen Agentur, welche bereits 2010 aufgebaut werden muss, sowie für Begleitmassnahmen zur Unterstützung der Teilnahmen verwendet werden.

6247

Inhaltsverzeichnis Übersicht

6246

1 Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1.1 Die Schweiz im europäischen Bildungsraum 1.2 Bildungszusammenarbeit der EU 1.2.1 Vom Informationsaustausch zu den Förderprogrammen 1.2.2 Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme 2007­2013 1.3 Bisherige Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungsund Jugendprogrammen der EU 1.3.1 Wechselnder Status: von der offiziellen zur indirekten Teilnahme 1.3.2 Die indirekte Teilnahme im Jahr 2008: Aufwand und Ergebnisse 1.4 Bedeutung einer zukünftigen Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU

6250 6250 6251 6251 6252

2 Abkommen zur offiziellen Teilnahme 2.1 Ausganglage 2.2 Verlauf der Verhandlungen 2.3 Inhalt des Abkommens 2.4 Nationale Agentur zur Betreuung der Programmteilnahme 2.5 Erfolgssicherung durch nationale Begleitmassnahmen

6261 6261 6263 6264 6264 6266

3 Finanzierungsbeschluss

6268

4 Auswirkungen 4.1 Personelle Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf die Wirtschaft 4.3 Regionalpolitische Auswirkungen 4.4 Auswirkungen auf künftige Generationen

6269 6269 6269 6270 6270

5 Legislaturplanung

6270

6 Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 6.2 Provisorische Anwendung des Abkommens 6.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 6.5 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

6270 6270 6271 6272 6272 6272

Bundesbeschluss über die Finanzierung der Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU in den Jahren 2011­2013 (Entwurf)

6275

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens über die Teilnahme der Schweiz am EU-Programm «Jugend in Aktion» und am EU-Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens (2007­2013) (Entwurf)

6277

6248

6255 6255 6255 6259

Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft zur Festlegung der Voraussetzungen und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen Eidgenossenschaft am Programm «Jugend in Aktion» und am Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens (2007­2013)

6279

6249

Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Die Schweiz im europäischen Bildungsraum

Die Realisierung eines weltoffenen Bildungsraumes ist eine Leitlinie der schweizerischen Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik1. Der Bundesrat verfolgt dabei einerseits das Ziel, den Austausch von Personen und Ideen zu fördern. Dadurch sollen Bildung und Wissen in die Schweiz geholt und gleichzeitig schweizerisches Know-How in die internationale Zusammenarbeit eingebracht werden. Andererseits sollen im Bereich der Jugendpolitik und der ausserschulischen Jugendarbeit die vielfältigen nichtformalen Lernmöglichkeiten besser ausgeschöpft und anerkannt werden, fördern Letztere doch die Persönlichkeitsentwicklung und das Erlernen von vielfältigen sozialen und beruflichen Kompetenzen.

Die Umsetzung dieser Ziele wird auf europäischer Ebene durch die EU-Förderprogramme in den Bereichen Bildung, Berufsbildung und Jugend massgeblich unterstützt. Die Programme ergänzen diejenigen in den Bereiche Forschung und Innovation und bilden ­ zusammen mit Letzteren ­ das wichtigste Instrument zur Förderung des europaweiten Austauschs von Wissen.

Im Vordergrund der EU-Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme stehen die Mobilität von Studierenden, Personen in Berufsausbildung und Lehrpersonen, von ehrenamtlichen Jugendleiterinnen und ­leitern und Fachpersonen der ausserschulischen Jugendarbeit, die Freiwilligentätigkeiten von Jugendlichen sowie die institutionelle Zusammenarbeit. Weitere zentrale Themen sind das lebenslange Lernen sowie die laufende Erweiterung beruflicher Kenntnisse und sozialer, sprachlicher und interkultureller Kompetenzen im Rahmen von formalen und nichtformalen Bildungsprozessen. An den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU nimmt die Schweiz bisher nur indirekt teil, indem sie sich einzelnen, bereits definierten Projekten und Programmaktionen anschliesst. Diese «stille Partnerschaft» wird dem Potenzial des Standortes Schweiz im europäischen Bildungsraum nicht gerecht und beeinträchtigt die Wahrnehmung der Schweiz als verlässliche Partnerin im Bereich der Bildungskooperation. Mit dem vorliegenden Abkommen soll die seit langem beabsichtigte, offizielle Teilnahme an den genannten Programmen realisiert werden. Die Assoziation an die Programme stellt, in Ergänzung zur Teilnahme amBologna- und den Kopenhagen-Prozess, ein weiteres zentrales Element zur Eingliederung der
Schweiz in den europäischen Bildungsraum dar2.

Ein Merkmal der Bildungsinstitutionen der Schweiz ist die bereits heute stark international geprägte Zusammensetzung des Lehrkörpers und der Studierendenschaft.

Rund ein Drittel aller Dozierenden, rund die Hälfte aller Post-Doktoranden und 1 2

Botschaft vom 24. Januar 2007 über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008­2011 (BBl 2007 1223) Die Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme der EU, der Bologna-Prozess und der Kopenhagen-Prozess beziehen sich auf das Arbeitsprogramm «Allgemeine und berufliche Bildung 2010», welches die strategischen Ziele im europäischen Bildungs- und Ausbildungsraum bis 2010 vorgibt. Dieser gemeinsame Bezugspunkt sichert die Kompatibilität unter den verschiedenen Programmen und Prozessen, wodurch ein Mehrwert erreicht wird.

6250

etwas mehr als ein Fünftel aller Studierenden stammen aus dem Ausland3. Auch der Anteil der Studierenden an den universitären Hochschulen der Schweiz, die ein Gastsemester im Ausland absolvieren, hat sich deutlich erhöht und beträgt heute bereits 17 %4. An der letzten Bologna-Ministerkonferenz5 wurden die Mitgliedsländer, darunter die Schweiz, aufgefordert, die Mobilität zu erhöhen; bis 2020 sollen mindestens 20 Prozent der Graduierten im Europäischen Hochschulraum einen Studien- oder Praktikumsaufenthalt im Ausland absolviert haben.

Der Kopenhagen-Prozess verfolgt ähnliche Ziele: So sollen in der beruflichen Bildung die internationale Zusammenarbeit sowie die Mobilität, Durchlässigkeit, Vergleichbarkeit und Transparenz in der allgemeinen und beruflichen Bildung gefördert werden. Weiter sollen europaweit die Leistung, Qualität und Attraktivität der beruflichen Bildung gestärkt und der Wissentransfer über die Landesgrenzen hinaus begünstigt werden6. Die Schweiz unterstützt diese Zielsetzungen. Sie beobachtet die Entwicklungen im Kopenhagen-Prozess und beteiligt sich an Expertengesprächen.

Die Positionierung der Schweiz im «Bildungs- und Forschungsraum Europa» ist ein erklärtes Teilziel der Wissenschaftspolitik des Bundesrates7. Mit der offiziellen Teilnahme an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen wird die internationale Konkurrenzfähigkeit des Bildungsraumes Schweiz weiter ausgebaut und verstärkt.

1.2

Bildungszusammenarbeit der EU

1.2.1

Vom Informationsaustausch zu den Förderprogrammen

Bereits in den 1970er-Jahren einigten sich die Mitgliedsländer der damaligen EWG auf die Gründung eines Zentrums für Berufsbildungsstudien sowie die Einrichtung eines Informationsnetzes für die allgemeine Bildung. In den 1980er-Jahren folgten die ersten Programme zur Finanzierung von Kooperationsprojekten. Im Vordergrund stand dabei die Verwirklichung einer europäischen Dimension in der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Berufsbildung und des Hochschulbereichs.

Am 7. Februar 1992 wurde im Vertrag über die Europäische Union (Vertrag von Maastricht) die Bildungskompetenz der EU festgelegt. Die Verantwortung für Inhalt und Gestaltung des Bildungssystems bleibt bei den Mitgliedsstaaten. Unter strikter Beachtung dieser Zuständigkeitsregelung soll die Europäische Gemeinschaft zu einer Bildung von hoher Qualität beitragen, indem sie die Zusammenarbeit fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unterstützt und ergänzt.

3 4 5 6

7

Bundesamt für Statistik, Studentische Mobilität, Neuenburg, 2006 Bundesamt für Statistik, Internationalität der Schweizer Hochschulen, Neuenburg, 2005 Communiqué der Bologna-Ministerkonferenz, Leuven/Louvain-la Neuve, 28./29.

April 2009 Dafür wurden und werden von der EU verschiedene Instrumente entwickelt wie beispielsweise der Europäische Qualifikationsrahmen, das Europäische Kreditpunktesystem oder der Europass.

Die Ziele des Bundesrates 2009, Band II, S. 11

6251

Auf dieser Grundlage wurden 1995 drei Programme (allgemeine Bildung: «Sokrates», berufliche Bildung: «Leonardo da Vinci», ausserschulische Jugendaktivitäten: «Jugend») lanciert und 2000­2006 in eine zweite Phase überführt. In erster Linie wurden dabei Studien- und Lehraufenthalte, Berufspraktika, Freiwilligendienste und Jugendbegegnungen im Ausland angeboten. Daneben fanden aber auch Zusammenarbeitsprojekte für die Verbesserung von Aus- und Weiterbildung sowie Jugendarbeit und für den Austausch von akademischem und beruflichem Fachwissen ihren Platz in den Programmen.

1.2.2

Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme 2007­2013

Die aktuelle Phase der Programme umfasst den Zeitraum 2007­2013 und ist mit 7,9 Milliarden Euro ausgestattet. Dabei wurden einerseits die verschiedenen Bildungs- und Berufsbildungsprogramme im «Aktionsprogramm für lebenslanges Lernen (LLP)» zusammengefasst, wobei mit COMENIUS (Schulbildung), ERASMUS (Hochschulbildung und Höhere Berufsbildung ­ Tertiär A und B), LEONARDO DA VINCI (Berufsbildung auf allen Stufen) und GRUNDTVIG (Erwachsenenbildung) vier Teilprogramme bestehen blieben. Diese sektoralen Programme werden durch ein Querschnittsprogramm (politische Zusammenarbeit, Sprachen, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie wirksame Verbreitung und Nutzung von Projektergebnissen) sowie das Programm Jean Monnet (Studien zur europäischen Integration) ergänzt8. Andererseits entwickelte die EU mit «Jugend in Aktion» das sehr erfolgreiche Vorgängerprogramm JUGEND weiter. Die fünf Programmaktionen umfassen die Förderung der aktiven Bürgerschaft durch Jugendbegegnungen (Aktion 1: Jugend für Europa), die Partizipation durch gemeinnützige, unbezahlte, freiwillige Aktivitäten im Ausland (Aktion 2: Europäischer Freiwilligendienst), die Förderung von Partnerschaften und Begegnungen weltweit (Aktion 3: Jugend in der Welt), die Unterstützung von Jugendbetreuern und Jugendorganisationen sowie zur qualitativen Verbesserung ihrer Aktivitäten (Aktion 4: Unterstützungssysteme für junge Menschen) und die jugendpolitische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene (Aktion 5: Unterstützung der europäischen Zusammenarbeit im Jugendbereich)9.

Ziele Ein nach wie vor prioritäres Ziel der Programme stellt die Förderung von Studienund Lehrerfahrungen sowie Berufspraktika im Ausland dar: Bis 2012 sollen europaweit insgesamt 3 Millionen Studierende einen Aufenthalt an einer ausländischen Hochschule absolviert haben, und ab 2013 sollen mindestens 80 000 internationale Berufspraktika pro Jahr realisiert werden10.

8

9

10

Art. 3 des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über ein Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens; ABl. L 327 vom 24.11.2006, S. 45 Art. 4 des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über das Programm Jugend in Aktion im Zeitraum 2007­2013; ABl. L 327 vom 24.11.2006, S. 30 Art. 21 Abs. 2 Bst. a und Art. 25 Abs. 2 Bst. a des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8)

6252

Im Jugendbereich liegen die Förderschwerpunkte im Bereich des Jugendaustauschs und der gemeinnützigen Freiwilligendienste11.

Generell soll mittels internationaler Zusammenarbeitsprojekte an der Qualitätsverbesserung von Aus- und Weiterbildung, ausserschulischer Jugendarbeit und an einem breiteren Weiterbildungsangebot für Personen jeder Altersstufe und jeder Vorbildung gearbeitet werden.

Mit den Programmen werden auch grundlegende gesellschaftliche Ziele angestrebt: Gefördert werden sollen die aktive Teilnahme der Bürgerinnen und Bürger am politischen Geschehen, die Toleranz und der Respekt gegenüber anderen Menschen und Kulturen sowie der soziale Zusammenhalt. Insbesondere die Aktionen des Jugendprogramms sollen zudem allen jungen Menschen offenstehen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrem sozialen Status.

Diese Zielsetzungen entsprechen den schweizerischen bildungspolitischen Grundsätzen, wie sie aus diversen Botschaften des Bundesrates hervorgehen12.

Aktionsprogramm für lebenslanges Lernen und Programm «Jugend in Aktion» Mit dem Programm für die allgemeine und die berufliche Bildung («Lebenslanges Lernen») werden folgende Massnahmen unterstützt: ­

Austausch von Studierenden, Dozierenden und Hochschulpersonal sowie die dazugehörige institutionelle Zusammenarbeit zur gezielten Erweiterung des Studienangebots und der Anerkennung der Qualifikationen;

­

Berufspraktika im Ausland sowie die Zusammenarbeit zwischen Ausbildenden und Unternehmen zur Verbesserung der beruflichen Bildung und der Anerkennung der Qualifikationen;

­

Schulpartnerschaften und damit internationale Kontakte zwischen Schülerinnen und Schülern und zwischen Lehrpersonen;

­

europäische Zusammenarbeit in der Erwachsenenbildung, unter anderem zur Erarbeitung von Weiterbildungsangeboten für Personen mit wenig Grundausbildung;

­

übergreifende Aktivitäten zur Erzielung der denkbar besten Ergebnisse der einzelnen Teilprogramme;

­

Lehr- und Forschungstätigkeiten zum Thema des europäischen Integrationsprozesses an Hochschuleinrichtungen weltweit.

Mit dem Jugendprogramm («Jugend in Aktion») werden die folgenden Massnahmen unterstützt:

11 12

­

transnationale und multikulturelle Jugendbegegnungen, Jugendinitiativen und Projekte zur Beteiligung junger Menschen am demokratischen Leben;

­

für die Allgemeinheit wichtige Freiwilligeneinsätze von Einzelnen und Gruppen in den teilnehmenden Staaten sowie Drittländern; Art. 4 des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008­2011 vom 24. Januar 2007 (BBl 2007 1223), Botschaft zur Finanzierung der Beteiligung der Schweiz an den Programmen der EU in den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration in den Jahren 2007­2013 (BBl 2006 8107), Totalrevision des Jugendförderungsgesetzes (Botschaft geplant)

6253

­

internationale Vernetzung von Fachpersonen zum Austausch von Erfahrungen, Fachkenntnissen und vorbildlichen Verfahren in der Jugendarbeit;

­

Förderung der jugendpolitischen Zusammenarbeit und des Dialogs zwischen jungen Menschen und den Verantwortlichen für Jugendpolitik in Europa.

Finanzielle Mittel Die Aktivitäten in den Programmen 2007­2013 wurden intensiviert und qualitativ verbessert. Gegenüber der vorherigen Programmgeneration wurden die Mittel verdoppelt: 7,9 Milliarden Euro stehen insgesamt zur Verfügung13. Fast 90 % der Gelder gehen an das Programm für lebenslanges Lernen, während rund 10 % der Mittel für «Jugend in Aktion» vorgesehen sind.

Die Mindesthöhe der Lernen» beträgt für: Comenius: Erasmus: Leonardo da Vinci: Grundtvig

Mittelzuteilungen gemäss Programmbeschluss «Lebenslanges 13 % 40 % 25 % 4 %14.

Im Programm «Jugend in Aktion» gilt folgende Mindestausstattung15: Aktion 1: Jugend für Europa 30 %, Aktion 2: Europäischer Freiwilligendienst 23 %, Aktion 3: Jugend in der Welt 6 %, Aktion 4: Unterstützungssysteme für junge Menschen 15 %, Aktion 5: Unterstützung der europäischen Zusammenarbeit im Jugendbereich 4 %.

Gemäss den Jahresarbeitsprogrammen der EU-Kommission für Finanzhilfen und öffentliche Aufträge der Jahre 2008 und 2009 für die jeweiligen Programme fliessen über 80 % der jährlichen Budgets an die nationalen Agenturen der beteiligten Länder16 und werden von diesen den Projekten im eigenen Lande zugeteilt. Die Projektauswahl erfolgt durch nationale Programmkomitees, denen Behördenmitglieder und interessierte Kreise angehören. Die Mittelvergabe erfolgt somit grösstenteilsnicht kompetitiv (wie etwa im Falle der Forschungsrahmenprogramme), sondern gemäss dem Grundsatz der gemeinsamen Förderung internationaler Zusammenarbeit im Hinblick auf die oben geschilderten Ziele.

Die restlichen Mittel gehen an die zentral verwalteten Projekte, die von der EU-Kommission ausgewählt werden, sowie in Form von Betriebskostenbeiträgen an die nationalen Agenturen.

13 14 15 16

Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) und Art. 13 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) Anhang B 11 des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) Anhang Verwaltung des Programms des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) Lebenslanges Lernen: 2008 85 %, 2009 87 %; Jugend in Aktion: 2008 82 %, 2009 83 %, Die Jahresarbeitsprogramme sind abrufbar unter folgender Internetadresse der EU-Kommission: http://ec.europa.eu/dgs/education_culture/calls/annual_programme_en.html

6254

1.3

Bisherige Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU

1.3.1

Wechselnder Status: von der offiziellen zur indirekten Teilnahme

In den Jahren 1991/92 hatte die Schweiz mit der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bilaterale Abkommen für die Teilnahme an zwei Bildungsprogrammen in den Bereichen Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Firmen für Weiterbildungsprojekte (Comett) und Studierendenaustausch (Erasmus) abgeschlossen. Nach dem EWR-Nein der Schweiz vom 6. Dezember 1992 und mit der Lancierung von neuen EU-Programmen im Jahr 1995 wurden diese Abkommen nicht mehr erneuert. Im Rahmen der Verhandlungen zu den Bilateralen I wurde der Abschluss eines Bildungsabkommens ins Auge gefasst, doch musste dieses Vorhaben aufgrund der grossen Anzahl an Verhandlungsdossiers zurückgestellt werden. Bei den Verhandlungen zu den Bilateralen II wurde das Ziel einer offiziellen Assoziation an die Programme erneut nicht erreicht, da die EU aus juristischen Gründen eine Teilnahme an der bereits laufenden Programmgeneration ausschloss.

Somit stand bzw. steht für die Schweiz seit 1995 lediglich die indirekte Teilnahme ohne rechtliche Absicherung in Form eines bilateralen Abkommens offen. Schweizerinnen und Schweizer können sich zurzeit nur dann an Programmaktivitäten beteiligen, wenn die EU-Projektkoordination oder die EU-Partnerinstitution ihre Zustimmung gibt. Sie können keine Projekte initiieren, leiten oder bei der EU beantragen. Die indirekte Teilnahme der Schweiz beschränkt sich somit lediglich auf einen Teil aller Aktivitäten, welche im Rahmen der Programme angeboten werden.

Die Finanzierung erfolgt mit den vom eidgenössischen Parlament bewilligten Mitteln. Aus diesen werden auch die Teilnehmenden aus der EU, die für den Studierendenaustausch, für die Berufspraktika oder für die Zusammenarbeitsprojekte in die Schweiz reisen, finanziert.

1.3.2

Die indirekte Teilnahme im Jahr 2008: Aufwand und Ergebnisse

Die im Sinne einer Übergangslösung konzipierte indirekte Teilnahme wurde im Hinblick auf eine offizielle Assoziation seit 1995 kontinuierlich aufgebaut, sodass 2008 bereits 5900 junge Menschen von einem Auslandaufenthalt und damit von neuen sprachlichen, fachlichen, beruflichen und kulturellen Erfahrungen profitieren konnten (47 % davon aus der Schweiz in die EU, 53 % aus der EU in die Schweiz).17 Der Bund hat im selben Jahr hierfür insgesamt 15,93 Millionen Franken aufgewendet.

17

In der SBF-Publikation «Indirekte Teilnahme der Schweiz an den EU-Bildungsprogrammen: Die Entwicklung 1995­2007 und Beispiele schweizerischer Beteiligung» (ISSN: 1662­2634) befinden sich nebst einer quantitativen Auswertung auch Beispiele für Projekte mit schweizerischer Beteiligung. Die Daten für das Jahr 2008 stammen ebenfalls vom SBF.

6255

Grafik 1 Bundesbeiträge 2008 (15,93 Millionen Franken)

ERASMUS Dozierendenaustausch 3%

ERASMUS Mobilitätsvorbereitung 10%

LEONARDO Praktika 8%

LEONARDO Mobilitätsvorbereitung 3% Projektteilnahmen (COMENIUS, ERASMUS, GRUNDTVIG, LEONARDO, JUGEND,...)

25%

ERASMUS Studierendenaustausch 43% Flankierende Massnahmen 8%

Mehr als die Hälfte der Mittel wurden für Studien- und Arbeitsmobilität junger Schweizerinnen und Schweizer in die EU und junger Personen aus der EU in unser Land investiert. Es handelt sich dabei um Stipendien an Austauschstudierende («Erasmus»-Studierendenaustausch, 43 %) sowie Berufspraktikantinnen und -praktikanten («Leonardo»-Praktika, 8 %) in der Höhe von rund 250 bzw. 450 Franken pro Monat. Für die Vorbereitung dieser Auslandaufenthalte (Austauschabkommen mit EU-Partnern, Entwicklung von Anerkennungssystemen für Studienleistungen etc.) wurden 13 % der Bundesbeiträge aufgewendet («Erasmus» und «Leonardo»Mobilitätsvorbereitung).

Für die Mitarbeit in Projekten zur Verbesserung von Aus- und Weiterbildung sowie Jugendarbeit wurden 25 % der Gesamtsumme beansprucht. Damit konnten 136 Projektteilnahmen finanziert werden.

Die restlichen Aufwendungen entfielen auf die flankierenden Massnahmen18 (8 %) und den «Erasmus»-Dozierendenaustausch (3 %).

18

Die flankierenden Massnahmen werden für Informations- und Vernetzungsleistungen eingesetzt, welche mehrheitlich ins Aufgabengebiet einer nationalen Agentur fallen würden. Ausserdem wird die nationale und internationale Koordination in Anerkennungsfragen ENIC/NARIC unterstützt.

6256

Mobilität von Studierenden zwischen der Schweiz und der EU (Austauschprogramm «Erasmus») Grafik 2 Mobilität von Studierenden zwischen der Schweiz und der EU (seit 1992)19

Das Hauptinteresse der Schweizer Austauschstudierenden galt der Erweiterung der Fremdsprachenkenntnisse: Beliebteste Destinationen waren Frankreich, Deutschland, Spanien und England. Weitere wichtige Gründe für einen Austauschaufenthalt waren die Verbesserung der Fachkenntnisse sowie die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln, neue Kontakte zu knüpfen und den eigenen kulturellen Erfahrungshorizont zu erweitern.

Die Gaststudierenden aus der EU kamen in erster Linie aus dem deutschsprachigen Raum (Deutschland und Österreich) in die Schweiz.

Mobilität von Dozierenden zwischen der Schweiz und der EU (Austauschprogramm «Erasmus»20) Rund 250 Dozierende und Angestellte von Hochschulen sind 2007­2008 aus der Schweiz in die EU und 180 aus der EU in die Schweiz gereist, um eine Lehr- oder Lernerfahrung zu machen.

19

20

Die angegebene Mobilität enthält neben den EU-Staaten auch die EFTA/EWR-Staaten sowie die EU-Beitrittskandidaten, welche an den Programmen teilnehmen. Die Zahlen zu den ERASMUS-Studierenden aus der EU in die Schweiz sind erst seit dem Studienjahr 1996/97 verfügbar, da die Schweiz seither aufgrund der indirekten Teilnahme auch für sie aufkommen muss.

Unterprogramm «Sokrates»

6257

Berufspraktika-Mobilität zwischen der Schweiz und der EU (Programm «Leonardo da Vinci») Grafik 3 Berufspraktika-Mobilität zwischen der Schweiz und der EU (seit 1997)21

Für ein Berufspraktikum in der EU haben sich Schweizer Studierende aller Studienrichtungen im Tertiärbereich interessiert. Sie haben vielfach in Dienstleistungsunternehmen sowie in internationalen Organisationen gearbeitet. Bevorzugte Destinationen waren Deutschland, Spanien, Frankreich, Grossbritannien und Italien.

Knapp 90 % der Praktikanten verfolgen eine tertiäre Ausbildung, die restlichen gut 10 % entfallen auf die Sekundar-II-Stufe. Von Letzteren waren vier Fünftel Absolventinnen und Absolventen einer kaufmännischen Berufslehre oder einer Diplommittelschule. Doch auch Bäcker, Uhrmacher oder eine Goldschmiedin konnten erfolgreich in ausländische Unternehmen vermittelt werden.

Sprachassistenz und Lehrerweiterbildung (Programm «Comenius»22) Berufspraktika wurden auch in Form von Sprachassistenzstellen für angehende Lehrkräfte angeboten: Im Schuljahr 2008­2009 nehmen 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Schweiz im EU-Raum und 48 Personen aus der EU in der Schweiz teil.

18 Schweizer Lehrpersonen haben 2008 an internationalen Weiterbildungsveranstaltungen teilgenommen.

21 22

Die angegebene Mobilität enthält neben den EU-Staaten auch die EFTA/EWR-Staaten sowie die EU-Beitrittskandidaten, welche an den Programmen teilnehmen.

Unterprogramm «Sokrates»

6258

Schweizer Jugendliche im internationalen Kontakt (Programm «Jugend») Grafik 4 Teilnahmen an Jugend-Programmen seit 199723

Die Jugendlichen nahmen an Jugendaustauschtreffen und Jugendbegegnungen in der EU oder in der Schweiz teil, besuchten Weiterbildungskurse oder gingen im Rahmen des Freiwilligendienstes einer gemeinnützigen Tätigkeit nach.

Schweizer Projektteilnahme Eine Vielzahl an Schweizer Schulen aller Stufen (Primarschulen, Berufsschulen, Gymnasien, universitäre Hochschulen, Fachhochschulen), weitere Bildungs- und Jugendorganisationen (Jugendverbände, Organisationen für Weiter- und Erwachsenenbildung, etc.) sowie Schweizer KMU haben sich an Zusammenarbeitsprojekten der Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme beteiligt. 2008 wurden rund 136 Schweizer Teilnahmen unterstützt. An einigen dieser Projekte waren nur wenige Länder beteiligt, an anderen praktisch alle EU-Staaten.

1.4

Bedeutung einer zukünftigen Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU

Die Schweiz ist Teil des europäischen Bildungsraums: Sie nimmt an den laufenden Reformprozessen teil und pflegt bereits jetzt einen intensiven internationalen Austausch (siehe Ziff. 1.1). Die von Beginn weg als Übergangslösung lancierte, völker23

Die angegebene Mobilität enthält neben den EU-Staaten auch die EFTA/EWR-Staaten sowie die EU-Beitrittskandidaten, welche an den Programmen teilnehmen. Nach zahlreichen EU-Treffen wurden 2005 als Gegeneinladungen mehr Teilnahmen von Jugendlichen aus der EU an Veranstaltungen in der Schweiz unterstützt.

6259

rechtlich nicht abgesicherte indirekte Teilnahme an den Bildungs-, Berufsbildungsund Jugendprogrammen der EU genügt dem Anspruch, innerhalb Europas als ernst zu nehmender und verlässlicher Partner im Bildungsbereich agieren zu können, nicht. Nur mit einer gleichberechtigten Teilnahme ist es der Schweiz zudem möglich, ihre Interessen und ihr Know-how in gebührender Art auf europäischer Ebene einzubringen.

Die Schweiz im Bildungsraum Europa: Mitgestalten und Mitarbeiten Mit der offiziellen Teilnahme der Schweiz an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen wird die Mitsprache in den strategischen Programmausschüssen, die Initiierung und Leitung von Projekten sowie der umfassende Zugang zu einschlägigen Informationen ermöglicht. Erfahrungen und Interessen können direkt eingebracht werden. Dies ist wichtiger denn je, zumal mittlerweile bereits 31 europäische Staaten (EU-, EWR-, Kandidatenländer) offiziell an den Programmen partizipieren, was das Abseitsstehen der Schweiz entsprechend gravierender macht.

Die Schweiz erwartet von ihrer offiziellen Teilnahme eine deutliche Steigerung beim Studierenden- und Dozierendenaustausch sowie der Anzahl der im Ausland absolvierten Berufspraktika. Damit kann wesentlich zur Vernetzung und Einbindung in den europäischen Bildungsraum und dadurch zur Attraktivität des Wissensstandortes Schweiz beigetragen werden.

Die EU-Programme stellen wichtige Ergänzungen zu den insbesondere im Rahmen der Bologna- und Kopenhagen-Prozesse bestehenden Bestrebungen dar, die internationale Mobilität zu verstärken, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu fördern sowie eine Erhöhung der Qualität der Ausbildungen zu realisieren.

Eine offene zwischenstaatliche Zusammenarbeit in der Bildung, wie sie in Organisationen wie der OECD und dem Europarat gepflegt wird, trägt ebenfalls dazu bei, den Rahmen der europäischen Bildungspolitik festzulegen. Diese Organisationen bieten selber aber keine Förderprogramme an, weshalb die direkte Teilnahme an den EU-Programmen als sinnvolle Ergänzung zu betrachten ist.

Hohes Ausbildungsniveau in der Schweiz: Internationale Zusammenarbeit Studierendenaustausch und Berufspraktika im Ausland sind wichtige Elemente der EU-Programme. Voraussetzung dafür ist die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen bzw. zwischen Ausbildungsinstitutionen und Unternehmen. Diese
Zusammenarbeit wiederum trägt zum Erfahrungsaustausch über die Lehre, zur Qualitätssteigerung der Ausbildungsgänge sowie zur verbesserten Vergleichbarkeit der Abschlüsse bei.

Um das hohe Ausbildungsniveau in der Schweiz zu halten, braucht es mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit: Der Erfahrungsaustausch über Aus- und Weiterbildungskonzepte und der Vergleich der Bildungssysteme werden damit ermöglicht und erleichtert. Neue Lern- und Lehrmethoden werden entwickelt und tragen mit ihrer Anwendung zur Attraktivität des Bildungsstandorts Schweiz bei.

In den Projekten der EU-Programme werden Antworten auf aktuelle Problemstellungen gesucht, so zum Beispiel zur Frage, wie informell erworbenes Wissen für den Arbeitsmarkt nutzbar gemacht werden oder spezifische Zielgruppen (Jugendliche, ältere Arbeitnehmende) zu Aus- und Weiterbildungen motiviert werden können. Durch die gleichberechtigte Teilnahme an diesen Projekten bzw. den 6260

umfassenden Zugang zu den entsprechenden Resultaten wird auch die Schweiz profitieren.

Arbeitsmarkt Schweiz und Europa: Mobilität in der Ausbildung Die EU ist bezüglich Exporten und Importen der bei Weitem wichtigste Wirtschaftsraum für die Schweiz ­ über 60 % der Exporte gehen in die EU, gut 80 % der Importe stammen aus der EU. Es ist somit im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz, wenn insbesondere Jugendliche in Ausbildung den europäischen Raum vermehrt durch Studienaufenthalte oder Praktika kennenlernen. Dadurch wird es ihnen ermöglicht, die für die internationalen Wirtschaftstätigkeiten nötigen persönlichen Beziehungen sowie sprachlichen, fachlichen und kulturellen Kenntnisse in ihr Berufsleben mitzubringen. Die jungen Personen aus der EU, die im Rahmen von berufsbildungsorientierten Projekten zu Studienzwecken in die Schweiz reisen, tragen durch ihre Beziehung zur Schweiz dazu bei, das Interesse an der Schweiz als einem in vielerlei Hinsicht attraktiven Standort aufrecht zu erhalten.

Mit den aktuellen Programmen der EU werden die Akzente stärker auf die Berufsbildung gesetzt. Da in der Schweiz gut zwei Drittel aller Jugendlichen auf Sekundarstufe II den berufsbildenden Weg wählen und rund 60 % der Abschlüsse auf Tertiärstufe aus der Berufsbildung resultieren, ist die verstärkte Mobilität in den entsprechenden Berufsfeldern von besonderer Bedeutung.

Formelle Bildungsabschlüsse sind wichtig für die Positionierung am Arbeitsmarkt.

Sie sind jedoch nicht die einzige Voraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn. Soziale und interkulturelle Kompetenzen sind in einer globalisierten Wirtschaft ein wichtiges Bildungsgut, vermehrte internationale Kontakte und Zusammenarbeit sind deshalb unerlässlich und stellen einen kulturellen Mehrwert für den beruflichen Werdegang dar.

Verstärkte internationale Vernetzung der Jugendpolitik und bessere Anerkennung nichtformaler Bildungsaktivitäten Die Teilnahme von Jugendlichen, Jugendorganisationen und Fachpersonen der Jugendarbeit an den Aktionen des EU-Jugendprogramms (Jugendaustausch, Freiwilligendienste, Seminare, Projekte) sowie die Möglichkeit für lokale Behörden, mit anderen Ländern in einen Austausch zu treten, sind für die ausserschulische Kinderund Jugendarbeit in der Schweiz eine grosse Bereicherung.

Die jugendpolitische Zusammenarbeit
in Europa und die qualitative Weiterentwicklung von Jugendarbeit als wichtiger nichtformaler Bildungsinstanz ist von grosser Bedeutung, insbesondere was das Erlernen von sogenannten Soft-Skills im Sinne von Schlüsselkompetenzen für die soziale und berufliche Integration von jungen Menschen betrifft.

2

Abkommen zur offiziellen Teilnahme

2.1

Ausganglage

Die offizielle Teilnahme an den europäischen Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen war und blieb seit der Nichterneuerung der direkten Assoziation Mitte der 1990er-Jahre das Ziel der Schweiz: Bereits im Vorfeld zu den Bilateralen I verabschiedete der Bundesrat ein Doppelmandat für Verhandlungen mit der EU in 6261

den Bereichen Forschung und Bildung. Aufgrund der Vielzahl an Verhandlungsdossiers musste das Bildungsabkommen jedoch zurückgestellt werden, wurde in der Schlussakte der Bilateralen I aber als zukünftig zu verhandelnder Bereich (sogenannte «left-overs») definiert.

Auch im Rahmen der Bilateralen II konnte diesbezüglich das Verhandlungsziel nicht erreicht werden, da von Seiten der EU-Kommission eine Integration in die damals laufende Programmgeneration 2000­2006 aus juristischen Gründen ausgeschlossen wurde. Mit einer gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission der EU und einem Schriftenwechsel zwischen der für Bildung zuständigen Generaldirektion der EU-Kommission sowie dem Schweizer Staatssekretär für Bildung und Forschung wurde indes der beidseitige Wille bekräftigt, die offizielle Teilnahme an der nächsten Programmgeneration 2007­2013 vorzubereiten. In den Beschlüssen zur entsprechenden Programmgeneration hielt die Europäische Gemeinschaft denn auch fest, dass die Programme der Schweiz nach Abschluss eines entsprechenden Abkommens offen stehen24.

Der Bundesrat führte nach Abschluss der Verhandlungen eine Vernehmlassung für alle Dossiers der Bilateralen II durch. Von den Ausführungen zu den Bildungsaktivitäten wurde dabei mehrheitlich stillschweigend Kenntnis genommen. Explizite Stellungnahmen gingen von der Konferenz der Kantonsregierungen, den Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Waadt, economiesuisse, Travail.Suisse, der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände sowie der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz ein, die eine Teilnahme an den Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen der EU ausdrücklich befürworten. Hervorgehoben wurde die Bedeutung internationaler Erfahrungen für junge Menschen, die dadurch ihre Kenntnisse und Fertigkeiten und ihr soziales und politisches Bewusstsein weiterentwickeln können. Unterstrichen wurde zudem der gesamtgesellschaftliche Wert der genannten Aktivitäten insbesondere in wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht.

Seitens der Vernehmlassungsadressaten wurde schliesslich gefordert, die nötigen Schritte für die Realisierung der offiziellen Teilnahme an den Programmen ab 2007 einzuleiten und die entsprechenden Verhandlungen mit der EU so rasch als möglich zu führen.

Vor diesem Hintergrund genehmigte das Parlament denn auch im
Rahmen des Finanzbeschlusses zur BFI-Botschaft 2008­2011 nebst den Mitteln für die Weiterführung der indirekten Programmteilnahme (70 Millionen Franken) eine Kreditreserve von 60 Millionen Franken im Hinblick auf die angestrebte Assoziation25.

24 25

Art. 7 Abs. 1 Bst. d des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) und Art. 5 Abs. 1 Bst e des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) Botschaft vom 24. Januar 2007 über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation in den Jahren 2008­2011 (BBl 2007 1223 1328 f.).

6262

2.2

Verlauf der Verhandlungen

Am 28. Februar 2007 verabschiedete der Bundesrat das Mandat für die geplanten Verhandlungen. Es umfasste folgende Leitlinien: ­

Beteiligung der Schweiz an den Programmen «Lebenslanges Lernen» und «Jugend in Aktion»

­

Gleichberechtigter Zugang für schweizerische Teilnehmende an allen Massnahmen der Programme

­

Vertretung in den Programmgremien, die identisch ist mit derjenigen der EFTA/EWR-Staaten

­

Finanzieller Beitrag entsprechend dem Schweizer Teilnahmepotenzial.

Richtgrössen sind der in den technischen Gesprächen vom 29. November 2006 von der EU-Kommission genannte Rahmen für den Jahresbeitrag an die Programme sowie die in der BFI-Botschaft 2008­2011 vorgesehenen Mittel.

Die Verhandlungen wurden am 9. April 2008 aufgenommen, nachdem auch die EU ihr Mandat im Februar 2008 verabschiedet hatte. Die Paraphierung des Abkommens erfolgte nach mehreren Gesprächen auf technischer Ebene und zwei offiziellen Verhandlungsrunden am 6. August 2009.

Anlass zu längeren Diskussionen gaben gewisse institutionelle Punkte, so unter anderem die Frage, ob zur Verwaltung des Abkommens ein Gemischter Ausschuss eingesetzt werden sollte. Während sich die EU-Kommission aus Gründen der Gleichbehandlung mit den EFTA/EWR-Staaten gegen ein solches Vorhaben stellte, pochte die schweizerische Delegation unter Verweis auf die bereits existierenden Programmassoziationen und im Hinblick auf einen regelmässigen Informationsaustausch sowie allenfalls nötige Anpassungen der Anhänge darauf, einen entsprechenden Ausschuss einzusetzen. Schlussendlich einigte man sich darauf, für den Fall von Anpassungen der Anhänge oder von bilateralem Diskussionsbedarf den bestehenden Gemischten Ausschuss zum Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) als zuständiges Gremium vorzusehen, zumal zwischen der Mobilitätsförderung im Sinne der Programme und der Freizügigkeit ein inhaltlicher Bezug besteht.

Ein weiterer Diskussionspunkt betraf die Frage nach der juristischen Verbindung mit dem FZA. Die EU wünschte einen formellen Einbezug des vorliegenden Abkommens in die Disziplin der sogenannten Guillotineklausel. Demnach sollte das Bildungsabkommen automatisch ausser Kraft treten, wenn das FZA nicht weitergeführt oder gekündigt werden sollte. Die schweizerische Delegation widersetzte sich diesem Ansinnen und erreichte in den Verhandlungen, dass die Guillotine im Anwendungsfall erst nach Ablauf einer vollen Programmdauer wirksam würde. Die Verhandlungen wurden schliesslich auch durch den Wunsch der EU nach einer automatischen Übernahme künftigen Rechts geprägt. Auch diese Forderung konnte die schweizerische Delegation abwehren. Somit wird das vorliegende Abkommen gemäss der bewährten Praxis abgeschlossen, wonach Änderungen des Acquis communautaire durch einen Beschluss des Gemischten Ausschusses im Abkommen berücksichtigt werden.

6263

2.3

Inhalt des Abkommens

Das Abkommen legt den Grundsatz und die Dauer der Programmteilnahme sowie die Verfahren zur allfälligen provisorischen Anwendung, Kündigung oder Verlängerung desselben fest. Für mögliche Anpassungen seiner Anhänge wird ausserdem die Art der Zusammenarbeit im gemischten Ausschuss des Abkommens zur Personenfreizügigkeit definiert. Anhang I regelt die Bedingungen und Modalitäten der Schweizer Teilnahme, unter anderem die Einhaltung der Programmrichtlinien und die Einrichtung und Führung einer nationalen Agentur. In Anhang II figurieren die jährlichen Beiträge an das EU-Budget26 sowie weitere finanzielle Ausführungsbestimmungen. Ferner sind auch Massnahmen zur Finanzkontrolle und zur Betrugsbekämpfung im Hauptvertrag sowie im Anhang III zum Abkommen enthalten. Diese stützen sich auf Bedingungen, die die EU bei allen assoziierten Staaten anwendet. In der Schlussakte wird den schweizerischen Vertretern in den jeweiligen Programmkomitees der Beobachterstatus gewährt.

2.4

Nationale Agentur zur Betreuung der Programmteilnahme

Zur Verwaltung der Programmteilnahme ist gemäss Abkommen eine nationale Agentur ausserhalb der Regierungsministerien einzurichten27. In der Schweiz wurde im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung 2007 die «ch Stiftung für eidgenössische Zusammenarbeit» designiert, die künftige nationale Agentur zur Betreuung der Schweizer Teilnahme an den EU-Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogrammen zu beherbergen. Der Entscheid für die Einrichtung einer einzigen Nationalagentur für die Programme basiert auf der Erwägung, dass Synergien bei der Verwaltung genutzt und programmübergreifende Projekte besser gefördert werden können. Ausserdem steigt auch die Transparenz für die Kundschaft. Mit der Schaffung einer nationalen Agentur steht für Schweizer Projektteilnehmer neu eine zentrale Ansprechstelle zur Verfügung, womit der bisherige Koordinationsbedarf über mehrere Organisationen verringert wird. Die nationale Agentur wird, basierend auf dem Abkommen28 und einer Leistungsvereinbarung mit dem Bund, folgende Aufgaben zu erfüllen haben: ­

26

27

28

Information, Beratung, Kenntnisse, Kontakte: Die nationale Agentur ist kompetent für die umfassende Informationsvermittlung an potenzielle Programmteilnehmer. Sie kennt die Hintergründe der Programmmassnahmen und kann die Programmkomitees in ihren Entscheidungen entsprechend beraten. Sie betreut ein regionales Informationsnetz und pflegt die notwendigen Kontakte im In- und Ausland. Sie informiert die interessierten Kreise Die Beiträge der Schweiz fliessen in das allgemeine EU-Budget und sind nicht dazu bestimmt, die Fördermittel der Programme, an denen sich die Schweiz beteiligt, zu erhöhen.

Art. 2 Anhang I des Abkommens unter Verweis auf Art. 6 Abs. 2 Bst. b, I. des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) sowie Art. 8 Abs. 6 Bst. b, I. des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) Das Abkommen regelt die Verantwortlichekeiten der nationalen Agentur, insbesondere im Verhältnis zu denjenigen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission, mit dem Verweis in Art. 8 Abs. 2 von Anhang I auf die Entscheidungen C (2007) 1828/F vom 30.04.2007 und C (2007) 1807/F vom 26.04.2007 der Europäischen Kommission

6264

regelmässig und auf Anfrage über Programminhalte, Teilnahmemöglichkeiten, sich abzeichnende Veränderungen in den Programmen und in den Verfahren.

­

Betreuung der Projektteilnahmen: Die nationale Agentur wickelt die dezentralen Massnahmen der Programme ab. Dies schliesst die Organisation und Bekanntmachung der Verfahren zur Projekteingabe ein, des Weiteren die Vorbereitung der Projektselektion zuhanden der nationalen Programmkomitees (bestehend aus Vertretern der Schweizer Behörden und interessierten Kreisen), die Kommunikation der Projektentscheide, die Organisation und Bekanntmachung der Verfahren bezüglich Mittelvergabe und Berichterstattung, die Auszahlungen an die Projektnehmer, die entsprechenden Kontrollen der Mittelverwendung, die Qualitätssicherung durch regelmässige Überprüfung und Audits sowie die Sicherstellung der Dissemination der Projektresultate. Ferner betreut die nationale Agentur auch einzelne zentrale Massnahmen, welche im Unterschied zu den dezentralen Aktivitäten statt den nationalen Programmkomitees der EU-Kommission zum Entscheid vorgelegt werden.

­

Mittelverwaltung: Die nationale Agentur muss gewährleisten, dass die Mittel ordnungsgemäss verwaltet werden. Sie muss über angemessene und funktionsfähige Verfahren, Kontrollmechanismen, Rechnungsführungssysteme, Modalitäten der Projektselektion und die Gewährung von Fördermitteln verfügen. Gewährleisten muss die Agentur insbesondere auch die Vermeidung von Interessenkonflikten, die Einhaltung von Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung, die Vermeidung jeglicher Doppelfinanzierung, die Überprüfung der Projekte und die Einforderung der zurückzuzahlenden Mittel. Ausserdem muss sich die nationale Agentur selbst einer angemessenen Kontrolle unterziehen und unterliegt einer entsprechenden Finanzaufsicht seitens des Bundes und der EU-Kommission.

­

Planung und Berichterstattung: Die Planung der Aktivitäten und die Berichterstattung zuhanden der nationalen Behörden bzw. der EU-Kommission sind termingerecht umzusetzen.

­

Interne Abläufe: Eine ausreichende Überprüfung der internen Verfahren, unter anderem in Form von Audits, ein klar strukturiertes Personalmanagement und die Beschaffung und Führung eines Management-Informationssystems muss gewährleistet werden.

Die Schweiz muss der EU-Kommission vorgängig zum Beginn der offiziellen Teilnahme bestätigen, dass die nationale Agentur über angemessene und funktionsfähige Verfahren, Kontrollmechanismen, Rechnungsführungssysteme und Modalitäten für die Auftragsvergabe und Gewährung von Fördermitteln verfügt29. Aus diesem Grund muss die Agentur bereits drei Monate vor dem Einstieg in die Programme operationell sein. Entsprechend ist vorgesehen, dass die «ch Stiftung» ihre Vorbereitungsarbeiten bereits im April 2010 aufnimmt. Für den Aufbau bis September 2010 sowie den Betrieb ab Oktober 2010 schliesst der Bund als Auftraggeber mit der «ch Stiftung» eine Leistungsvereinbarung ab. Die Finanzierung der natio29

Art. 8 Anhang I des Abkommens unter Verweis auf Art. 6 Abs. 2 Bst. d, I. des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) sowie Art. 8 Abs. 6 Bst. d, I. des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9)

6265

nalen Agentur durch den Bund leitet sich aus dessen Hauptverantwortung für internationale Bildungsfragen ab. Ob und inwiefern private und andere öffentliche Träger für die Finanzierung der anfallenden Kosten der nationalen Agentur beizuziehen sind, wurde aus diesem Grund nicht in Betracht gezogen.

2.5

Erfolgssicherung durch nationale Begleitmassnahmen

Um den vollen Nutzen aus der Beteiligung an den Bildungs- und Jugendprogrammen der EU zu ziehen, sind Begleitmassnahmen auf nationaler Ebene unverzichtbar.

In früheren Prüfungen der Programmteilnahme wurde angenommen, dass der Beitrag an das Budget der EU für die voll ausgebaute offizielle Teilnahme ­ analog zu den EWR-Staaten ­ aufgrund des Verhältnisses zwischen dem Bruttoinlandprodukt der Schweiz und demjenigen der EU inklusive Schweiz berechnet würde. Im Vergleich zu den damals veranschlagten 2,7 % der Verpflichtungen des EU-Budgets für die Programme sind die nun ausgehandelten Beiträge, die die Schweiz der EU zu leisten hat, lediglich halb so hoch30, reflektieren aber das noch nicht ausgereifte Nutzungspotenzial der Programme in der Schweiz. Eine ergänzende Finanzierung auf nationaler Ebene in der Einstiegs- und Aufbauphase ist unentbehrlich, um die Entwicklung der offiziellen Teilnahme nicht auf den derzeitigen Stand einzuschränken, sondern um die europäische Vernetzung im schweizerischen Bildungswesen zu entwickeln und mittelfristig auf einen vergleichbaren, den europäischen Staaten entsprechenden Stand zu bringen. Dieses Teilnahmeniveau kann die Schweiz heute erst im Bereich der Hochschulmobilität (Erasmus) vorweisen.

Die schweizerischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen zudem Unterstützung für vorbereitende Aktivitäten erhalten sowie in die relevanten Informationsnetze eingebettet werden. Dies kann nur durch nationale Begleitmassnahmen ermöglicht werden.

Ebenso wie die von der nationalen Agentur verwalteten Programmbeiträge, welche mehrstufigen Kontrollen und Evaluationen unterliegen (siehe Ziff. 2.4), werden auch die Begleitmassnahmen regelmässig auf ihre Wirkung überprüft31. Die Resultate dieser Analysen können gleichzeitig als Grundlage für die Weiterentwicklung der getroffenen Massnahmen dienen.

Beispiele nationaler Begleitmassnahmen a. Beiträge für den Ausbau ausgewählter Programmaktivitäten Die Aufteilung der Budgets auf die einzelnen Subprogramme und Aktivitäten erfolgt gemäss Vorgaben in den EU-Programmbeschlüssen (siehe Ziff. 1.2.2) sowie in den Richtlinien zuhanden der nationalen Agenturen. Dieser Minimalstandard soll eine homogene Entwicklung der diversen Aktivitäten in allen Teilnehmerländern gewährleisten. Die Beiträge für den Ausbau ausgewählter Programmaktionen 30

31

Die für 2011 veranschlagten 15,9 Millionen Euro entsprechen 1.36 % der budgetierten 1,165 Milliarden Euro der EU für die Programme Lebenslanges Lernen und Jugend in Aktion (Haushaltsvoranschlag der europäischen Kommission für das Jahr 2010, SEK(2009) 610, Anhang 1) In Anlehnung an Art. 170 BV, welcher die Bundesversammlung, mittelbar jedoch auch den Bundesrat und die Bundesverwaltung, betrifft.

6266

bezwecken, Qualität und Umfang der bisherigen projektweisen Teilnahme der Schweiz sicherzustellen. In der Aufbauphase der Vollteilnahme sind zudem Ressourcen für eine beschleunigte Entwicklung einzelner Projektaktivitäten über der mit der EU vereinbarten jährlichen Steigerungsrate von 5 % vorzusehen. Diese Aktivitäten müssen in ihrer Struktur jedoch stets den Programmkriterien entsprechen.

Das Abkommen für die Vollteilnahme deckt ausschliesslich die Zusammenarbeit mit EU-Mitgliedstaaten ab. Jegliche Programmaktivitäten, welche ausschliesslich mit EWR/EFTA-Staaten sowie mit EU-Beitrittskandidatenländern durchgeführt werden, sind nicht Teil der Vereinbarung32. Es sind deshalb zusätzliche Mittel notwendig, um den bereits bestehenden Austausch mit diesen Staaten ­ immerhin 3 % der Erasmus-Studierendenmobilität 2007/08 im Rahmen der indirekten schweizerischen Teilnahme ­ weiterhin gewährleisten zu können.

b. Information, Vernetzung Die Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendprogramme der EU sprechen ein äusserst heterogenes Zielpublikum an, welches sich aus verschiedenen Bildungsstufen rekrutiert. Um den vielfältigen Adressaten eine bedarfsgerechte Betreuung zu bieten, werden von den Teilnehmerländern ­ ergänzend zu den Leistungen der nationalen Agentur ­ Dienste und Kontaktstellen gefördert, die an der Schnittstelle zwischen schweizerischen und europäischen Bildungs-, Berufsbildungs- und Jugendaktivitäten wichtige Informations- und Koordinationsfunktionen wahrnehmen. Dazu gehören unter anderem die Netzwerke ENIC/NARIC, Eurydice, Euroguidance und SaltoYouth sowie die nationalen Unterstützungsdienste für eTwinning, Europass und Youthpass33.

c. Vorbereitende Aktivitäten Insbesondere zu Beginn der offiziellen Teilnahme sowie jeweils vor der Einreichung von Projektanträgen ist die Unterstützung von vorbereitenden Aktivitäten wichtig.

Zu Letzteren gehören etwa die Kontaktaufnahme zwischen schweizerischen und europäischen Projektpartnern oder die Planung der Projekt- und Mobilitätsaktivitäten Ohne die Bereitstellung von Mitteln für nationale Begleitmassnahmen besteht die Gefahr, dass die erfolgreichsten Aktivitäten der momentan indirekten Teilnahme deutlich eingeschränkt werden müssen. Ausserdem tragen geeignete Unterstützungsdienste zum optimalen Zugang zu den Programmaktivitäten bei. Falls diese Dienste
nur unzureichend angeboten werden, wird die nationale Agentur Mühe bekunden, die ihr zur Verfügung stehenden Budgets auszuschöpfen. Der vollständige Rückfluss der schweizerischen Programmbeiträge wäre somit fraglich.

32 33

EWR/EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie die Beitrittskandidaten Türkei, Mazedonien und Kroatien.

ENIC/NARIC: Anerkennungsfragen/Eurydice: Datenbank zu Bildungssystemen in Europa / Euroguidance: Berufsbildungszentren/Salto-Youth: Unterstützungs- und Weiterbildungszentren für Jugendbereich/eTwinning: Virtuelle Schulpartnerschaften / Europass: persönliches Dokumentenportfolio zur Darstellung von Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen/Youthpass: Anerkennung non-formalen Lernens

6267

3

Finanzierungsbeschluss

Der beantragte Gesamtkredit von 110,7 Millionen Franken soll die Finanzierung der offiziellen Schweizer Teilnahme am Aktionsprogramm «Lebenslanges Lernen» sowie am Programm «Jugend in Aktion» der EU in den Jahren 2011­2013 decken.

Der Aufwand für Aufbau und Betrieb der nationalen Agentur im Jahr 2010 (3,5 Mio.

CHF) kann aus der dafür vorgesehenen Kreditreserve der BFI-Botschaft (vgl.

Ziff. 2.1) finanziert werden, während parallel die indirekte Teilnahme weiterläuft (18 Mio. CHF). Für 2011 sieht die bisherige Finanzplanung maximale Verpflichtungen von 34,5 Millionen Franken vor (19 Mio. CHF für indirekte Teilnahme und 15,5 Millionen Franken Kreditreserve für offizielle Teilnahme). Diese Obergrenze wird auch im Rahmen der vorliegenden Botschaft nicht überschritten. Die geplante Gesamtverpflichtung für die indirekte Beteiligung an den Programmen im Rahmen der BFI-Botschaft 2008­2011 reduziert sich entsprechend von 70 Millionen Franken auf 51 Millionen Franken. Obwohl ein separater Beschluss für die Finanzierung der offiziellen Teilnahme vorgeschlagen wird, sind die Ausgaben ab 2012 Teil des ordentlichen BFI-Zuwachses.

Die Programmbeiträge belaufen sich auf insgesamt 50,1 Millionen Euro, aufgeteilt auf die Jahre 2011­2013. Sie wurden ­ im Unterschied zum Beitrag an die EUForschungsrahmenprogramme ­ nicht anhand eines vorgegebenen BIP-Schlüssels, sondern aufgrund des als Zielgrösse geltenden Teilnahmeniveaus vergleichbarer Staaten (Beispielsweise Österreich oder Norwegen) berechnet und fallen im Verhältnis zur Berechnung gemäss BIP-Anteil günstiger aus. Die Beiträge unterliegen einer jährlichen Steigerungsrate von 5 %34, damit nach einer Einstiegs- und Aufbauphase in einigen Jahren das angestrebte Teilnahmeniveau erreicht wird. Die Programmbeiträge machen 70 % des beantragten Gesamtkredits aus. Sobald das Parlament der Vorlage zugestimmt hat, kann eine Wechselkursabsicherung für die in Euro vereinbarten und mit einem angenommenen Kurs von 1,55 umgerechneten Beträge vorgenommen werden.

Der Aufwand für die nationale Agentur beläuft sich auf 17,9 Millionen Franken. Der Anteil am schweizerischen Gesamtbudget beträgt 16 % und sinkt im Verlauf der Jahre tendenziell. 3,5 Millionen Franken sind bereits für 2010 vorgesehen, welche zu ca. zwei Dritteln in den Aufbau (voraussichtlich ab April) sowie ca. einem
Drittel in den Betrieb der Agentur (ab Oktober) fliessen.

Mit dem Beginn der offiziellen schweizerischen Teilnahme ab Anfang 2011 wird der Beitrag an das EU-Budget voraussichtlich per 1. März des jeweiligen Jahres fällig. Über 80 % der Mittel fliessen an die nationalen Agenturen zurück. Dies wird voraussichtlich mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung geschehen. Um der Agentur zu erlauben, ihre Verpflichtungen für Aktivitäten einzulösen, welche bereits davor starten, sind zusätzlich zum Beitrag für den Betrieb der nationalen Agentur Projektmittel in der Höhe von 0,2 Millionen Franken vorzusehen. Falls die offizielle Teilnahme aus irgendwelchen Gründen abgebrochen werden sollte, muss dieses Zusatzbudget zur Vorfinanzierung von Projektaktivitäten rückerstattet werden.

34

Die Beiträge der Schweiz an das EU-Budget betragen laut Anhang 2 des Abkommens: Lebenslanges Lernen: 2011 14,2 Mio.

/ 2012 14,9 Mio.

/ 2013 15,6 Mio.

Jugend in Aktion: 2011 1,7 Mio.

/ 2012 1,8 Mio.

/ 2013 1,9 Mio.

6268

Der Verpflichtungskredit für die Finanzierung der nationalen Begleitmassnahmen beläuft sich auf 15,3 Millionen Franken. Davon sind ca. 70 % für den Ausbau ausgewählter Programmaktivitäten vorgesehen, ca. 25 % für Massnahmen zur verbesserten Information und Vernetzung der Programmteilnehmerinnen und -teilnehmer und ca. 5 % für vorbereitende Aktivitäten. Dieser Kredit wächst 2011­2013 linear an, da das Fernziel darin besteht, durch den Ausbau der nationalen Begleitmassnahmen eine hinreichende Nachfrage und angemessene unterstützende Dienste für die offizielle Teilnahme bereitzustellen Zusätzlich zum Beitrag an das EU-Budget sowie den Mitteln für die nationale Agentur und die Begleitmassnahmen werden in der folgenden Darstellung der Vollständigkeit halber auch die Zahlungen für bis Ende 2010 eingegangene Verpflichtungen aufgeführt.

Voraussichtliche jährliche Zahlungen 2010­2013: in Millionen Franken

2010*

2011*

2012

2013

Total

Beitrag Aktionsprogramm für lebenslanges Lernen Beitrag Jugend in Aktion Nationale Agentur** Begleitmassnahmen Total beantragter Kredit Aus projektweiser Beteiligung resultierende Zahlungen aus Verpflichtungen bis 2010

­ ­ 3,5 ­ 3,5

22,0 2,6 4,8 4,2 33,6

23,1 2,7 4,8 5,1 35,7

24,2 2,9 4,8 6,0 37,9

69,3 8,2 17,9 15,3 110,7

18,0

0,9

0,3

0,2

19,4

Total

21,5

34,5

36,0

38,1

130,1

* **

In der BFI-Botschaft 2008­2011 vorgesehene Mittel Das Budget 2011 für die nationale Agentur enthält ein Zusatzbudget von 0,2 Millionen Franken zur Vorfinanzierung von Projektaktivitäten.

4

Auswirkungen

4.1

Personelle Auswirkungen

Aufgrund der Schaffung einer externen nationalen Agentur, welche die Verwaltung der Programmteilnahme übernimmt, ist von keiner wesentlichen Erhöhung der Personalressourcen in der Bundesverwaltung auszugehen. Ein allfälliger personeller Zusatzbedarf auf Seiten des Bundes kann durch interne Umteilungen auf Ebene der zuständigen Ämter aufgefangen werden.

4.2

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Eine offizielle Teilnahme an den Programmen ist im langfristigen wirtschaftlichen Interesse der Schweizer Wirtschaft (siehe dazu Ziff. 1.4).

6269

4.3

Regionalpolitische Auswirkungen

Mit den Programmen wird eine Stärkung der Randregionen angestrebt, indem Teilnehmende aus allen Landesteilen zum Mitmachen motiviert bzw. ausländische Teilnehmende in alle Landesteile vermittelt werden.

4.4

Auswirkungen auf künftige Generationen

Die Programme sind nach den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung umzusetzen und decken die Bedürfnisse an Einbezug und Mitgestaltung der künftigen Generationen ab. Laut den allgemeinen Programmzielen sollen sich durch die Aktivitäten mehr und bessere Arbeitsplätze sowie größerer sozialer Zusammenhalt entwickeln.

Ausserdem zielen sie unter anderem auf die Förderung der aktiven Bürgerschaft, des interkulturellen Dialogs sowie den Schutz der Umwelt für künftige Generationen ab35.

5

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 23. Januar 200836 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV; SR 101) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung völkerrechtlicher Verträge ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

Keine parlamentarische Genehmigung ist erforderlich, wenn ein Bundesgesetz oder ein völkerrechtlicher Vertrag den Bundesrat zum Vertragsabschluss ermächtigt (Art. 7a Abs. 1 RVOG, SR 172.010 sowie Art. 24 Abs. 2 ParlG, SR 171.10).

Gemäss Artikel 2 des Bundesgesetzes über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung (SR 414.51) kann er völkerrechtliche Verträge im Rahmen der bewilligten Kredite in eigener Zuständigkeit abzuschliessen. Das Abkommen sieht jedoch Verpflichtungen bis 2013 vor und geht somit über den Rahmen der bis 2011 bewilligten Kredite hinaus. Das Abkommen muss der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1­3 BV werden Staatsverträge dem fakultativen Referendum unterstellt, wenn sie unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder Bestimmungen enthalten, deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Das Abkommen zur Teilnahme an den EU35 36

Art. 1 Abs. 2 Bst. f des Beschlusses Nr. 1720/2006/EG (siehe Fussnote 8) sowie Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1719/2006/EG (siehe Fussnote 9) BBl 2008 819

6270

Programmen «Lebenslanges Lernen» und «Jugend in Aktion» ist kündbar (siehe Art. 3 Abs. 3 des Abkommensentwurfs). Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Unter rechtsetzenden Bestimmungen sind gemäss Artikel 22 Absatz 4 ParlG Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtige rechtssetzende Bestimmungen gelten solche, die im Landesrecht nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des formellen Gesetzes erlassen sind. Die entscheidende zu beantwortende Frage ist demnach jeweils, ob Vertragsbestimmungen im Hinblick auf ihren normativen Gehalt als formelles Gesetz erlassen werden müssen, wenn es sich um rein landesrechtliche Regelungen handeln würde. Das Abkommen, das die Voraussetzungen für die Teilnahme der Schweiz an «Lebenslanges Lernen» und «Jugend in Aktion» schafft, regelt insbesondere die finanzielle Beteiligung des Bundes an diesen Programmen und die Finanzkontrollen gegenüber Schweizer Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch die nationale Agentur, die nationalen Behörden sowie der Europäischen Kommission.

Es sieht ausserdem die Schaffung einer nationalen Agentur vor, welche mit der Umsetzung der Programme beauftragt wird. Es enthält demnach wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 Buchstaben c und e BV.

Daraus folgt, dass der Genehmigungsbeschluss für dieses Abkommen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV untersteht.

Der vorliegende Finanzierungsbeschluss stützt sich auf das Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung (SR 414.51). Letzteres wiederum stützt sich auf die Artikel 54 und 66 BV. Es war für jeweils eine Beitragsperiode von vier Jahren befristet. Mit der offiziellen Teilnahme wird eine langfristige, kontinuierliche Zusammenarbeit auf der Basis eines bilateralen Abkommens aufgebaut. Entsprechend wurde das Gesetz per 1. Januar 2008 bereits angepasst, damit es neu zeitlich unbefristete Gültigkeit hat (Art. 5 Abs. 5). Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für diesen Finanzierungsbeschluss ergibt sich aus Artikel 167 BV (Budgetkompetenz der Bundesversammlung).

6.2

Provisorische Anwendung des Abkommens

Da das Genehmigungsverfahren durch die eidgenössischen Räte einerseits und durch den Rat und das Parlament der Europäischen Union andererseits mehrerer Monate bedarf, wurde im Abkommen eine provisorische Anwendung mit allen Rechten und Pflichten per 1. Januar 2011 vorgesehen.

Sollte sich das Genehmigungsverfahren auf Schweizer Seite verzögern, so kann der Bundesrat gestützt auf Artikel 7b RVOG die vorläufige Anwendung vereinbaren, wenn die Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und eine besondere Dringlichkeit es gebieten. Das wichtige Interesse besteht in der Beteiligung an den Programmen mit vollen Rechten. Bei Inkrafttreten des Abkommens nach dem 1. Januar 2011, ohne Möglichkeit einer provisorischen Anwendung, könnten die Schweizer Teilnehmenden mindestens ein weiteres Jahr nur mit eingeschränkten Rechten partizipieren. Letztlich würde die Vollteilnahme an der laufenden Programmgeneration in Frage gestellt und das erzielte, auch im Hinblick auf kommende Programm-

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generationen vorteilhafte Verhandlungsresultat gefährdet. Die Dringlichkeit ist somit gegeben.

Des Weiteren ist der Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung der betreffenden Verträge der Bundesversammlung binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung zu unterbreiten (Art. 7b Abs. 2 RVOG). Im vorliegenden Fall wird das Abkommen der Bundesversammlung umgehend unterbreitet. Der Bundesrat muss im Übrigen die zuständigen parlamentarischen Kommissionen konsultieren (Art. 7b RVOG sowie Art. 152 Abs. 3bis ParlG). Diese Konsultation wird zeitgleich mit der regulären Konsultation im Rahmen des parlamentarischen Genehmigungsverfahrens erfolgen.

Ist die Genehmigung auf schweizerischer Seite erfolgt, kommt für eine allfällige provisorische Anwendung Artikel 5 des Abkommens zum Zug.

6.3

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das Abkommen sowie die in der Schweiz vorgesehenen Massnahmen zur Beteiligung an den Programmen stehen im Einklang mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz.

6.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Der Kreditbeschluss untersteht der Ausgabenbremse. Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b BV bedarf der Finanzierungsbeschluss der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da der Beschluss eine einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken bzw. neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zieht.

6.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die Programmbeiträge an das EU-Budget gemäss Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Kreditbeschlusses fallen gemäss Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe b des Subventionsgesetzes (SuG; SR 616.1) nicht in dessen Geltungsbereich, da es nicht auf Leistungen an Institutionen im Ausland anwendbar ist.

Für die Subventionierung der nationalen Agentur und der Begleitmassnahmen gemäss Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben b und c des Kreditbeschlusses kommt das Subventionsgesetz zum Zuge. Nach Artikel 16 Absatz 2 SuG können Finanzhilfen und Abgeltungen durch öffentlich-rechtliche Verträge gewährt werden. Die Höhe des Beitrags an den oder die Beauftragten wird also, in Anlehnung an die Grundsätze des New Public Management, in einem Leistungsvertrag festgelegt. Abgeltungen sind nach Artikel 3 SuG Leistungen an Empfänger ausserhalb der Bundesverwaltung zur Milderung oder zum Ausgleich von finanziellen Lasten, die sich aus der Erfüllung von bundesrechtlich vorgeschriebenen Aufgaben oder öffentlich-rechtlichen Aufgaben ergeben, die dem Empfänger vom Bund übertragen worden sind.

Mit der Übertragung dieser Aufgaben an eine gemeinnützige Institution ausserhalb 6272

der Bundesverwaltung (ch Stiftung), die weder ein überwiegendes Eigeninteresse an der Erfüllung noch daraus resultierende übermässige Vorteile hat und der auch der finanzielle Aufwand nicht zugemutet werden kann, sind die Voraussetzungen für eine Abgeltung nach Subventionsgesetz gegeben. Der Bundesrat wird die Einzelheiten durch Verfügung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag festzulegen haben.

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