Generelle Bewilligung zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens Die Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung, hat an der Plenarsitzung vom 22 April 2009 und im Zirkularverfahren vom 4. Mai 2009, gestützt auf Artikel 321bis des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0); Artikel 1, 3, 9, 10, und 11 der Verordnung vom 14. Juni 1993 über die Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Bereich der medizinischen Forschung (VOBG; SR 235.154); in Sachen Zentralschweizer Krebsregister, betreffend Gesuch vom 9. Februar 2009, für eine generelle Bewilligung (Registerbewilligung) zur Offenbarung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 321bis StGB zu Forschungszwecken im Bereich der Medizin und des Gesundheitswesens, verfügt: 1. Bewilligungsnehmer a)

Dem Zentralschweizer Krebsregister wird unter nachfolgenden Bedingungen und Auflagen eine generelle Bewilligung gemäss Artikel 321bis StGB sowie Artikel 3 Absatz 3 und 11 VOBG erteilt.

Die Bewilligung ist an die Person des Registerleiters, Prof. Dr. J. Diebold, Leiter der Pathologie am Kantonsspital Luzern, geknüpft. Sie muss bei einem Wechsel der Registerleitung für die neue Leitung bestätigt werden.

Die Bewilligung umfasst das Recht, Daten über Personen im Einzugsgebiet des Zentralschweizer Krebsregisters zu sammeln, bei denen eine im ICD-0 System mit der Endung -2 oder -3 codierte Diagnose (Krebsdiagnose) gestellt wurde. Das Einzugsgebiet umfasst den Kanton Luzern. Es kann auf Antrag des Registerleiters auf weitere Kantone der Zentralschweiz ausgedehnt werden.

Das Zentralschweizer Krebsregister ist berechtigt, Daten über Personen, die nicht im Einzugsgebiet des Registers Wohnsitz haben aber dort behandelt wurden und deren Daten daher ans Register gelangt sind, an das zuständige Krebsregister weiterzuleiten, sofern dieses seinerseits über eine Bewilligung der Expertenkommission zur Entgegennahme nicht anonymisierter Persondaten, die dem medizinischen Berufsgeheimnis unterliegen, verfügt.

Wird das Zentralschweizer Krebsregister nicht mehr weiter geführt, muss dies der Expertenkommission unverzüglich unter Bekanntgabe der vorgesehenen Massnahmen der Datensicherung und Datenvernichtung gemeldet werden.

b)

Allen in der Schweiz praktizierenden Ärztinnen und Ärzten, Spitalärztinnen und Spitalärzten sowie deren Hilfspersonen und insbesondere den Instituten für Pathologie, den medizinischen Laboratorien, die histologische und zytologische Untersuchungen durchführen, wird die Bewilligung erteilt, Daten, die dem medizinischen Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB unterliegen in nicht anonymisierter Form zu den in Ziffer 2 festgehaltenen Zwecken und in dem in Ziffer 3 umschriebenen Umfang an das Zentralschweizer

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Krebsregister weiter zu leiten, sofern sich die betroffenen Patienten nach Aufklärung über ihre Rechte der Datenweitergabe nicht widersetzt haben.

c)

Mit der Bewilligungserteilung entsteht für niemanden die Pflicht zur Datenbekanntgabe.

2. Zweck der Bewilligung Die Bekanntgabe von Daten, die dem medizinischen Berufsgeheimnis gemäss Artikel 321 StGB unterliegen, an das Zentralschweizer Krebsregister darf nur folgenden Zwecken dienen: a)

Kontinuierliche und systematische Erfassung von Daten diagnostizierter Tumorfälle im Einzugsbereich des Zentralschweizer Krebsregisters zur Bestimmung der in der Bevölkerung auftretenden Krebserkrankungen durch Erfassung von Neuerkrankungen, von Stadien und Verläufen der Erkrankungen sowie von angewandten Therapien und von Informationen zur Lebensqualität der betroffenen Personen.

b)

Analyse und Interpretation der Registerdaten als Grundlagen für folgende Zielsetzungen: ­ Vorbeugung und Früherkennung von Krebs ­ Bestimmung von Risikogruppen ­ Erforschung von Krebsursachen ­ Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Krebstherapien ­ Durchführung von Qualitätskontrollen ­ Durchführung von Screening Programmen u.ä.

­ statistische Auswertungen

3. Art und Umfang der gesammelten Daten Das Zentralschweizer Krebsregister ist berechtigt, personenbezogene Daten von in seinem Einzugsgebiet behandelten Patienten mit Krebsdiagnosen (im ICD-0 System mit der Endung -2 oder -3 codiert) entgegenzunehmen, soweit die Daten für die in Ziffer 2 umschriebenen Zwecke notwendig sind. Darüber hinaus sind dem Register keine Daten bekannt zu geben. Es ist insbesondere nicht erlaubt, dem Register ohne Einschränkung Krankengeschichten, Untersuchungsberichte, Befunde etc. zu übermitteln. Unterlagen sind nur in dem Umfange offenzulegen bzw. weiterzuleiten, wie sie für die in Ziffer 2 festgehaltenen Zwecke notwendig sind.

4. Datensammlungen und Kreis der Zugriffsberechtigten a)

Das Zentralschweizer Krebsregister ist berechtigt, eine elektronische Datenbank auf einem vom übrigen Netzwerk des Luzerner Kantonsspitals getrennten Server zu führen.

b)

Pseudonymisierte und anonymisierte Daten sind getrennt von den personenbezogenen Daten aufzubewahren.

c)

Der Zugang zur Datenbank ist dem Registerpersonal vorbehalten und hat über eine Benutzeridentifikation und ein Passwort zu erfolgen. Die Zugriffe auf die Datenbank sind zu protokollieren und während mindestens 10 Jahren aufzubewahren. Die Protokolldaten dürfen keine Registerdaten enthalten.

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d)

Der Zugriff auf personenbezogene Daten ist auf Personen zu beschränken, die den Zugriff zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen und die eine Erklärung über die ihnen auferlegte Schweigepflicht unterschrieben haben. Hilfsund Servicepersonal darf kein Zugriff auf nicht anonymisierte Personendaten haben.

5. Dauer der Datenaufbewahrung Das Zentralschweizer Krebsregister ist berechtigt, die erfassten Registerdaten auf unbeschränkte Zeit aufzubewahren. Daten in Papierform sind zu vernichten, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Die Vernichtung hat gemäss den Vorschriften des kantonalen Datenschutzbeauftragten zu erfolgen.

6. Verantwortlichkeit für den Schutz der bekannt gegebenen Daten Die Verantwortung für den Schutz der bekannt gegebenen Daten trägt der Registerleiter, Prof. Dr. J. Diebold.

7. Erkennungsmerkmale Das Zentralschweizer Krebsregister muss sicherstellen, dass in den auf den gesammelten Daten basierenden Publikationen keine Identifizierung der betroffenen Personen möglich ist.

8. Auflagen a)

Die Registerdaten müssen durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugten Zugriff geschützt werden. Die getroffenen Massnahmen haben dem Stand der Technik zu entsprechen. Insbesondere bei der Pseudonymisierung und Anonymisierung von Personendaten sind die bestehenden technischen Möglichkeiten zu nutzen.

b)

Mitarbeiter des Registers, die Zugang zu nicht anonymisierten Daten haben, müssen eine Erklärung über die ihnen auferlegte Schweigepflicht unterzeichnen. Die Registerleitung stellt dem Sekretariat der Expertenkommission die unterschriebenen Erklärungen zu. Allfällige Mutationen des zugriffsberechtigten Personals sind dem Sekretariat der Expertenkommission zu melden.

c)

Die Registerleitung hat ein Zugriffsreglement zu erstellen, aus dem insbesondere hervorgeht, welche Personen zu welchem Zweck und unter welchen Bedingungen Zugang zu nicht anonymisierten Registerdaten haben. Personen, die nicht für das Register arbeiten, ist kein Zugriff zu gewähren. Das Reglement ist dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Präsidenten zur Genehmigung zuzustellen.

d)

Die Registerleitung hat alle Bewilligungsnehmer gemäss Ziffer 1 Buchstabe b) schriftlich über den Umfang der erteilten Bewilligung zu informieren und sie insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Patienten über ihr Recht aufzuklären sind, die Weitergabe ihrer Daten an das Register zu untersagen. Die Information hat den Hinweis zu enthalten, dass die Patienten ihr Sperrecht direkt beim behandelnden Arzt geltend machen können und dass dieser, sofern das Vetorecht ausgeübt wird, die mitbehandelnde Ärzteschaft, Pathologieinstitute, Laboratorien und andere Beteiligte, an die Patientendaten übermittelt werden, über die Datensperre informieren muss. Das

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Schreiben muss weiter einen Hinweis enthalten, dass keine Daten von Patienten, die die Verwendung ihrer Daten für Forschungszwecke untersagt haben, ans Register weiter geleitet werden dürfen. Im Informationsschreiben ist die Ärzteschaft darauf hinzuweisen, dass die Datenweitergabe an das Register Einschränkungen unterliegt und somit keine umfassende Datenübermittlung erlaubt ist (vgl. Ziff. 3 oben). Das Informationsschreiben ist vor dem Versand dem Sekretariat der Expertenkommission zu Handen des Präsidenten zur Kenntnisnahme zuzustellen.

9. Frist zur Auflagenerfüllung Dem Zentralschweizer Krebsregister wird zur Erfüllung der Auflagen gemäss Ziffer 8 eine Frist von sechs Monaten ab Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung erteilt.

10. Rechtsmittelbelehrung Gegen diese Verfügung kann gemäss Artikel 44 ff. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) innert 30 Tagen seit deren Eröffnung bzw. Publikation beim Bundesverwaltungsgericht, Postfach, 3000 Bern 14, Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde ist im Doppel einzureichen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Partei oder ihres Vertreters oder ihrer Vertreterin zu enthalten. Die angefochtene Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen.

11. Mitteilung und Publikation Diese Verfügung wird dem Leiter des Zentralschweizer Krebsregisters, Herrn Prof.

Dr. J. Diebold, Pathologisches Institut, Kantonsspital Luzern, und dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten schriftlich mitgeteilt. Das Verfügungsdispositiv wird im Bundesblatt veröffentlicht. Wer zur Beschwerde legitimiert ist, kann innert der Beschwerdefrist beim Sekretariat der Expertenkommission, Bundesamt für Gesundheit, Abteilung Recht, 3003 Bern, nach telefonischer Voranmeldung (031 322 94 94) Einsicht in die vollständige Verfügung nehmen.

30. Juni 2009

Expertenkommission für das Berufsgeheimnis in der medizinischen Forschung Der Vizepräsident: Rudolf Bruppacher

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