zu 08.501 Parlamentarische Initiative Erhöhung der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht Bericht vom 19. Februar 2009 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates Stellungnahme des Bundesrates vom 6. März 2009

Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, Sehr geehrte Damen und Herren, Zum Bericht vom 19. Februar 2009 der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates betreffend Erhöhung der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. März 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0394

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Das Bundesverwaltungsgericht umfasst gemäss Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG; SR 173.32) 50­70 Richterstellen.

Die genaue Anzahl der Richterstellen bestimmt die Bundesversammlung in einer Verordnung (Art. 1 Abs. 4 VGG). Mit der Richterstellenverordnung vom 17. Juni 2005 (SR 173.321) legte die Bundesversammlung die Zahl der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht auf höchstens 64 Vollzeitstellen fest. Sie folgte dabei dem Antrag des Bundesrates. Dieser rechnete in seiner Botschaft vom 25. August 2004 zum Aufbau des Bundesverwaltungsgerichts mit einer Geschäftslast von ungefähr 20 000 Fällen pro Jahr für das Gericht (BBl 2004 4787, Ziff. 2.1.2).

Bei der Vorbereitung der ersten Wahlen an das Bundesverwaltungsgericht entschied die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung, auf den 1. Januar 2007 zunächst 61,9 Richterstellen zu besetzen. Im März 2008 wurden auf Ersuchen des Gerichts zusätzliche Richter gewählt, so dass seither die in der Richterstellenverordnung vorgesehene Höchstzahl von 64 Vollzeitstellen erreicht ist. Die Zahl der Gerichtsschreiberstellen betrug am 1. Januar 2007 135 und wurde inzwischen auf 164 Stellen (Stand Ende Januar 2009) erhöht.

Im Jahr 2008 verzeichnete das Bundesverwaltungsgericht 8357 eingehende Geschäfte (Neueingänge) und 8907 Erledigungen. Am Jahresende waren 7949 Fälle pendent (Ende 2007: 8499).

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Vorlage der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates

Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (Kommission) beantragt, in Artikel 1 der Richterstellenverordnung die Anzahl der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht von höchstens 64 auf höchstens 65 Vollzeitstellen zu erhöhen.

Eine Kommissionsminderheit möchte höchstens 67 Vollzeitstellen vorsehen.

Als Begründung für ihren Antrag macht die Kommissionsmehrheit geltend, am Bundesverwaltungsgericht bestehe ein Engpass bei der Behandlung von Fällen in italienischer Sprache. Dieser habe sich infolge einer Zunahme der an der Empfangsstelle Chiasso eingereichten Asylbeschwerden akzentuiert. Die Schaffung einer zusätzlichen Richterstelle für die italienische Sprache sei daher gerechtfertigt. Im Übrigen könne aber davon ausgegangen werden, dass das Gericht seine maximale Effizienz heute noch nicht erreicht habe. Es befinde sich immer noch in der Aufbauphase. Von einem weiteren Ausbau der Richterstellen sei deshalb gegenwärtig abzusehen.

Die Minderheit der Kommission möchte mit einer Höchstzahl von 67 Richterstellen einen grösseren Spielraum schaffen, der aber von der Gerichtskommission nicht zwingend voll ausgeschöpft werden müsse. Sie verweist namentlich auf die starke Zunahme der Asylgesuche im Jahr 2008.

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Haltung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte die Bundesversammlung am 2. Juli 2008 darum, die Zahl der Richterstellen auf 70 zu erhöhen. Die Eingabe beruhte auf einem Beschluss des Gesamtgerichts, der über den Antrag der Verwaltungskommission hinausging.

Das Bundesgericht als Aufsichtsbehörde befürwortete in seiner Stellungnahme vom 12. September 2008 die Schaffung einer zusätzlichen Richterstelle für die italienische Sprache. Für eine unverzügliche umfangreichere Stellenaufstockung sah es keinen Grund.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat stimmt der Änderung der Richterstellenverordnung in der von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Form zu. Das Bedürfnis für eine zusätzliche Richterstelle italienischer Sprache erscheint begründet und wird auch vom Bundesgericht anerkannt.

Eine weitere Erhöhung der Zahl der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht drängt sich nach Auffassung des Bundesrates zurzeit nicht auf. Dass gegenwärtig eine relativ starke Zunahme der Asylgesuche zu beobachten ist, ändert daran nichts.

Die Ablösung der zahlreichen Rekurskommissionen und Beschwerdedienste des Bundes durch ein zentrales Bundesverwaltungsgericht hatte unter anderem zum Ziel, Schwankungen in der Geschäftsbelastung besser ausgleichen zu können. Das Verwaltungsgerichtsgesetz und das Geschäftsreglement für das Bundesverwaltungsgericht sehen ausdrücklich Massnahmen vor, die einen Ausgleich der Geschäftslast zwischen den Abteilungen erlauben. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommissionsmehrheit und des Bundesgerichts, dass der Betrieb des Bundesverwaltungsgerichts heute noch nicht vollständig konsolidiert ist und demzufolge noch Effizienzsteigerungen möglich sind.

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