Inspektion «Neufestsetzung der Labortarife (KVG)» ­ Schreiben der GPK-N vom 5. Juni 2009 Stellungnahme des Bundesrates vom 21. Oktober 2009

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Der Bundesrat hat den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) vom 5. Juni 2009, der gestützt auf die von der Subkommission EDI/UVEK durchgeführte Inspektion und die anschliessend erfolgten Abklärungen erarbeitet wurde, zur Kenntnis genommen. Er nimmt zu den 7 Empfehlungen der GPK-N wie folgt Stellung:

1

Rechtliche Grundlagen

Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) bezweckt den solidarisch finanzierten Zugang zu einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung für die ganze Bevölkerung. Damit die Vorgaben der Kontrolle der Kostenentwicklung einerseits und des Zugangs zu den Möglichkeiten der modernen Medizin andererseits miteinander vereinbar sind, sind im Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) die Voraussetzungen für Leistungen zulasten der OKP vorgegeben: Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Dabei handelt es sich um die sogenannten WZW-Kriterien (Art. 32 Abs. 1 KVG), deren Erfüllung für die Kostenübernahme durch die OKP vorausgesetzt ist und die mit Blick auf legislatorische Anpassungen letztlich zentrale Richtschnur bilden.

Gestützt auf Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 1 KVG erlässt das Departement des Innern (EDI) nach Anhörung der zuständigen Kommissionen eine Liste der Analysen mit Tarif. Diese Liste gilt für alle Laboranalysen, unabhängig davon, ob sie im Auftrags-, Spital- oder Arztpraxislaboratorium oder in der Offizin eines Apothekers oder einer Apothekerin durchgeführt werden. Die Analysenliste ist als Anhang 3 der Krankenpflege-Leistungsverordnung vom 29. September 1995 (KLV; SR 832.112.31) ausgestaltet und enthält die von den Krankenversicherern im Rahmen der OKP als Pflichtleistung zu vergütenden Analysen.

Nach Artikel 62 Absatz 1 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) bezeichnet das EDI in der Liste diejenigen Analysen, die im Rahmen der Grundversorgung von Laboratorien durchgeführt sowie von Chiropraktoren und Chiropraktorinnen oder Hebammen veranlasst werden können (Anhänge A­C der Analysenliste). Die Anhänge A­C zur Analysenliste stellen Auszüge aus dem systematischen, nach Laborfachbereichen geordneten Teil

2009-2494

7787

der Analysenliste dar und dienen der separaten Bezeichnung von Analysen für bestimmte Leistungserbringer.

Anhang A der Analysenliste (im Rahmen der Grundversorgung durchgeführte Analysen) enthält die Liste derjenigen Analysen, die im ärztlichen Praxislaboratorium ­ wie auch im Spitallaboratorium Typ A für den Eigenbedarf, im Spitallaboratorium Typ B im Fremdauftrag sowie von der Offizin eines Apothekers oder einer Apothekerin ­ durchgeführt werden dürfen. Die im Rahmen der Grundversorgung durchgeführten Analysen sind unterteilt in Analysen der Grundversorgung im engern Sinn und in die erweiterte Liste für Fachärzte und Fachärztinnen, die zusätzlich zu den Analysen der Grundversorgung im engern Sinn weitere Analysen durchführen dürfen. Die Analysen der Grundversorgung im engern Sinn sind tariflich in zwei Teillisten unterteilt, die nur die Arztpraxislaboratorien betreffen: Für die Teilliste 1 kann der Taxpunktwert nach Artikel 52 Absatz 3 KVG in Verbindung mit Artikel 62 Absatz 2 KVV in Tarifverträgen festgesetzt werden, wobei die Taxpunktzahl der Analysenliste gilt. Für die Teilliste 2 gilt der Analysenlistentarif (Taxpunktwert und Taxpunktzahl). Anhang B umfasst die Analysen, die von Chiropraktoren oder Chiropraktorinnen und Anhang C die Analysen, die von Hebammen verordnet werden dürfen.

Festzuhalten bleibt schliesslich, dass der Analysentarif nur bei der ambulanten Behandlung in Betracht kommt. Bei stationärer Behandlung sind die Analysen grundsätzlich in der Pauschale inbegriffen (Art. 49 KVG).

2

Würdigung der Schlussfolgerungen der Geschäftsprüfungskommission

2.1

Vorbemerkungen

Die GPK-N hat, wie dem Bericht vom 5. Juni 2009 zu Handen des Bundesrats zu entnehmen ist, offenbar aufgrund der bei weiten Teilen der Ärzteschaft ausgelösten Empörung sowie aufgrund der Ergebnisse der Inspektion «Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung»1 abgeschlossenen Untersuchung beschlossen, die vorliegend interessierenden Abklärungen vorzunehmen und Stellung zu nehmen.

Was die Empörung der Ärzteschaft anbelangt, die von den Medien in der ersten Jahreshälfte mit grossem Interesse verfolgt und vor allem aus der Optik der ärztlichen Grundversorger mit viel Empathie dargestellt wurde, ist ganz grundsätzlich festzuhalten, dass die von dieser Seite geäusserte Kritik und Ablehnung der Revision der Analysenliste hauptsächlich mit den fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven ärztlicher Praxislaboratorien begründet wird. Bei dieser Argumentation wird allerdings ausser Acht gelassen, dass die Strukturerhaltung nicht Aufgabe der Krankenversicherung ist; die Stärkung der ärztlichen Grundversorgung muss mit anderen Mitteln erfolgen. Der Bundesrat hat diesen Aspekt ­ trotz seiner Bemühungen, die 1

Vgl. Brief an den Bundesrat vom 26. Januar 2009 zur Inspektion «Bestimmung und Überprüfung ärztlicher Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung», abzurufen unter http://www.parlament.ch/d/dokumentation/berichte/berichte-aufsichtskommissionen/ geschaeftspruefungskommission-GPK/berichte-2009/Documents/ gpk-brief-br-2009-01-26-d.pdf.

7788

finanziellen Auswirkungen der Analysenlisten-Revision auf die ärztlichen Grundversorger in vertretbarem Rahmen zu halten ­ gegenüber dem Parlament wiederholt zum Ausdruck gebracht2. In diesem Zusammenhang ist auch die Empfehlung 9 des oben erwähnten früheren Inspektion der GPK-N im Bereich der OKP in Erinnerung zu rufen, in der eine stärkere Gewichtung des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit angemahnt wird. An dieser gesetzlichen Vorgabe hatte sich der Verordnungsgeber auch bei der Revision der Analysenliste zu orientieren.

Mit Bezug auf die Ergebnisse der vorgenannten früheren Inspektion der GPK-N im Bereich der OKP fällt weiter auf, dass einzelne Empfehlungen dort wie hier formeller Natur sind, d.h. namentlich das Verfahren im Räderwerk zwischen der zuständigen beratenden Kommissionen nach Artikel 37a KVV, dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem EDI beleuchten. In diesem Kontext ist festzuhalten, dass die behördlichen Strukturen auch nach der früheren Inspektion der GPK-N im Bereich der OKP schlank ausfallen ­ ein übrigens auch im internationalen Vergleich feststellbares Faktum3 ­ und die ideale Lösung angesichts suboptimaler Ressourcen bisweilen nicht vollumfänglich realisierbar ist. In seiner Stellungnahme zur vorgenannten Untersuchung der GPK-N hat der Bundesrat immerhin in Aussicht gestellt, die Ressourcen des BAG gezielt aufzustocken und die Zusammenarbeit mit der bei der Überprüfung ärztlicher Leistungen zu konsultierenden Eidgenössischen Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen (ELGK), wo dies zweckmässig erscheint, zu optimieren. Dies gilt im Grundsatz mutatis mutandis auch für die Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände (EAMGK) mit Blick auf Anpassungen der Analysenliste. Allerdings ist mit Blick auf das Ganze stets im Auge zu behalten, dass schlanke behördliche Strukturen tendenziell rasche und flexible Lösungen begünstigen, wie auch aus internationalen Untersuchungen hervorgeht. Deshalb muss sichergestellt sein, dass die Erhöhung der personellen Ressourcen nicht zulasten der Flexibilität bei künftigen legislatorischen Anpassungen in der OKP geht.

Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass das EDI anlässlich der vom Schweizerischen Verband der Leiter Medizinisch-Analytischer Laboratorien (FAMH) am 6. März 2009 eingereichten Aufsichtsbeschwerde
zum Schluss gekommen ist, dass im Zusammenhang mit der Revision der AL keinerlei Anhaltspunkte vorliegen, wonach es im Verfahren zwischen dem BAG und der EAMGK und auch darüber hinaus zu Abweichungen von den Vorgaben des Gesetzgebungsverfahrens gekommen ist.

2

3

Vgl. Antworten des Bundesrats zu den Anfragen Baettig (08.1085), Nidegger (08.1087), Cassis (08.5334), Gilli (08.5335), Carobbio (08.5336), Meyer Thérèse (08.5337), Teuscher (08.5389), Amstutz (08.5372 und 08.5433), Miesch (08.5398 und 08.5401), Haller (08.5405 und 08.5406), Humbel Näf (08.5448) und Darbellay (09.5144, 09.5145 und 09.5146); zu den Interpellationen Grin (08.3463) und Engelberger (08.3626) sowie zum Postulat Meyer-Kaelin (08.3870).

Vgl. Dominique Sprumont, Felix Gurtner und Guillaume Roduit in: Health Care coverage determinations (Hrsg.: Timothy Stoltzfuss), S. 194, New York 2005.

7789

2.2

Stellungnahme zu den einzelnen Empfehlungen

Empfehlung 1: Offenlegung aller Entscheidgrundlagen gegenüber der EAMGK Der Bundesrat sorgt dafür, dass der vor dem Entscheid bezüglich der Analysenliste anzuhörenden EAMGK alle für einen Entscheid wesentlichen Grundlagen zur Verfügung gestellt werden.

Zu dieser Empfehlung ist Bezug nehmend auf die Antworten des EDI bzw. des BAG auf die im Rahmen der Inspektion von der Subkommission EDI/UVEK gestellten Fragen in Erinnerung zu rufen, dass alle Ausgangsdaten, die dem BAG vorlagen, der EAMGK unterbreitet worden sind. Ebenfalls pro memoria ist in diesem Kontext festzuhalten, dass zur Gewinnung der Datengrundlagen für das Tarifmodell namentlich eine Laborerhebung und eine Expertenbefragung durchgeführt wurden. Mit den gewonnenen Daten hat die Prime Networks AG, ein auf das Gesundheitswesen spezialisiertes und international tätiges Tarif-Expertenbüro, ein Bewertungsmodell in Form einer IT-Lösung entwickelt. Das entwickelte Tarifmodell wurde somit als hoch komplexer und umfangreicher IT-basierter Prototyp der Prozesserfassung und Analysenbewertung umgesetzt. Die erforderlichen Anpassungen wurden in einem rollenden Prozess vorgenommen, und zwar so, dass die IT-Lösung unddie Datenbank kontinuierlich Veränderungen erfuhren. Eine Offenlegung der aktuellen Daten in Echtzeit war mit anderen Worten gar nicht möglich. Auch enthält der IT-Prototyp zum heutigen Zeitpunkt noch Verknüpfungen zu Dokumenten, an denen Geheimhaltungsinteressen Dritter bestehen. Dies betrifft insbesondere die zur Gewinnung der Grundlagen des Tarifmodells erhobenen Daten bei Labors und Experten. In Bezug auf die Datengrundlagen sind derzeit Gesuche von privaten Dritten nach dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ; SR 152.3) hängig. Durch die Offenlegung dieser Dokumente würden jedoch Geschäftsgeheimnisse offenbart (vgl. Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ). Überdies ist die Entwicklung von IT-Lösungen ein komplexer Vorgang, der spezifisches Knowhow voraussetzt. Der Aufbau der Bewertungssystematik bei der Analysenliste basiert auf den Erfahrungen und dem Wissen über Tarife sowie Tarif- und Bewertungssysteme der Prime Networks AG. Die konkrete Gestalt des bei der Analysenliste angewandten Systems der Prozesserfassung und Analysenbewertung sowie der Tarifierung ist somit eine originäre Entwicklung. In
diesem Zusammenhang ist ergänzend anzumerken, dass die Prime Networks AG zurzeit eine weitere Version der Datenbank entwickelt, die es erlauben wird, die Tarifberechnungen nachzuvollziehen, ohne die Grundlagen der IT-Lösung oder schützenswerte Daten Dritter (Labors, Expertinnen und Experten) offenzulegen. Diesbezüglich wird somit im Sinne der vorstehenden Empfehlung Remedur geschaffen.

Zu den Ausführungen der GPK-N zur vorstehenden Empfehlung bleibt schliesslich noch nachzutragen, dass es in erster Linie Aufgabe der EAMGK ist, sich zum ganzheitlichen Tarifmodell zu äussern im Sinne stimmiger Relationen und einer möglichst adäquaten Vergütung aller Leistungserbringer, und nicht zu konkreten Rechenwegen bei einzelnen Tarifpositionen. Dabei ist festzuhalten, dass eine Tarifierung im Sinne eines Automatismus zu falschen Ergebnissen sowie unerwünschten Wirkungen führen kann und das reine Rechenergebnis nach einer standardisierten 7790

Methode bei 1600 teils sehr unterschiedlichen Positionen in einer Reihe von Fällen nicht gleichbedeutend mit dem Tarif sein sollte. Vor diesem Hintergrund erscheint nach Auffassung des Bundesrates die Ernsthaftigkeit des Einbezugs der EAMGK bei der Revision der Analysenliste in keiner Weise in Frage gestellt, auch wenn einzuräumen ist, dass gewisse Verfahrensschritte im Verlauf des Revisionsprojektes ­ was die Offenlegung der Entscheidungsgrundlagen gegenüber der EAMGK betrifft ­ nicht immer im dafür angemessenen Zeitrahmen behandelt wurden. Das EDI wird diesem Aspekt bei künftigen Revisionsprojekten Rechnung tragen.

Der Bundesrat sieht in Bezug auf Empfehlung 1 keinen zusätzlichen Handlungsbedarf.

Empfehlung 2: Grundlagen für den Entscheid des Departements Das EDI trifft seinen Entscheid erst, wenn die entsprechenden Protokolle der anzuhörenden EAMGK vorliegen und darin Einsicht genommen werden konnte.

Es ist durchaus zutreffend, dass es im Sekretariat der EAMGK, das vom BAG geführt wird, in der Vergangenheit zu Verzögerungen gekommen ist, wie dies die GPK-N unlängst bereits in anderem Zusammenhang mit der OKP festgestellt hat4.

Diese Verzögerungen sind ­ dort wie hier ­ in erster Linie auf die angespannte Ressourcenausstattung zurückzuführen, die sich bei der zuständigen Sektion des BAG manifestierte und immer noch manifestiert (vgl. Stellungnahme zur nachstehenden Empfehlung 6). Allerdings ist ausdrücklich festzuhalten, dass das BAG dem EDI, auch wenn noch keine schriftlichen Protokolle vorlagen, die Informationen aus den Beratungen der Kommission unverzüglich und vollumfänglich zukommen liess.

Als Grundlage dieses Transfers dienten die anlässlich der EAMGK-Sitzungen verfassten Handnotizen der Sitzungsteilnehmenden des Amtes. Das EDI konnte mit anderen Worten in voller Kenntnis aller Entscheidgrundlagen, einschliesslich der im Rahmen der Kommissionssitzungen geäusserten Standpunkte, entscheiden.

Der Bundesrat sieht aufgrund der vorstehenden Ausführungen mit Bezug auf die Empfehlung 2 keinen Handlungsbedarf.

Empfehlung 3: Offenlegung der Zwischenergebnisse des Verfahrens5 Der Bundesrat prüft, inwiefern in besonderer Weise Betroffenen sowie der interessierten Öffentlichkeit die Zwischenresultate des Verfahrens, namentlich die materiellen Stellungnahmen des BAG und der externen Experten sowie die Empfehlungen der EAMGK zuhanden des EDI besser zugänglich gemacht werden können. Er identifiziert allfällige rechtliche Hindernisse gegen eine verstärkte Transparenz des Verfahrens und skizziert entsprechende Lösungen.

4 5

Vgl. Fussnote 2 (dort Fussnote 1).

Vgl. Fussnote 2 (dort Empfehlung 17).

7791

Wie bereits in der Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Juni 20096 zur Empfehlung 17 der GPK-N in deren früherem Bericht im Bereich der OKP festgehalten ist, richtet sich der Zugang zu amtlichen Dokumenten nach dem am 1. Juli 2006 in Kraft getretenen BGÖ. Diesbezüglich kann die entsprechende Antwort des Bundesrates herangezogen werden. Dabei ist bei dieser Gelegenheit zu unterstreichen, dass die Behörde entsprechende Gesuche nach diesen Bestimmungen geprüft und behandelt hat und dies auch weiterhin tun wird.

Was eine weitergehende, über den vom BGÖ festgelegten Rahmen hinausgehende Offenlegung anbelangt, ist, wie gesagt, eine fundierte Güterabwägung der Vor- und Nachteile einer erhöhten Transparenz erforderlich. Auch mit Bezug auf das Ansinnen der GPK-N, die materiellen Stellungnahmen des BAG und der externen Expertinnen und Experten sowie die Empfehlungen der EAMGK den Betroffenen und der interessierten Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen, ist auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Juni 2009 zur Empfehlung 17 der GPK-N in ihrem früheren Bericht zu verweisen.

Der Bundesrat ist bereit, im Rahmen einer Evaluation die Vor- und Nachteile einer Transparenz, die über den vom BGÖ gegebenen Rahmen hinausgeht, bis 2010 zu prüfen. Der Schutz der EAMGK-Mitglieder sowie gegebenenfalls der externen Expertinnen und Experten vor Druckversuchen ist dabei conditio sine qua non.

Empfehlung 4: Offenlegung der Entscheidgrundlagen auf Stufe EDI Spätestens im Zeitpunkt, in welchem das EDI seinen Verordnungsentscheid fällt, legt es alle Entscheidgrundlagen offen.

Mit Bezug auf die obenstehende Empfehlung verweist der Bundesrat vollumfänglich auf die Antworten des BAG vom 15. April 2009 zu den Zusatzfragen der Subkommission EDI/UVEK der GPK-N vom 3. April 2009. Daraus geht hervor, dass der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), gestützt auf ihr entsprechendes Gesuch, am 8. April 2009 die aufbereiteten Berechnungsgrundlagen in Papierform zugestellt wurden. Überdies ist festzuhalten, dass, unbesehen von Artikel 8 Absatz 2 BGÖ, wonach amtliche Dokumente erst zugänglich gemacht werden dürfen, wenn der politische oder administrative Entscheid, für den sie die Grundlage darstellen, getroffen ist, der (FMH) ­ wie bekanntlich auch der EAMGK ­, auf deren Ersuchen hin bereits vor dem Entscheid des EDI mehrfach Einsicht in die Datengrundlagen zur Analysenlisten-Revision gewährt wurde; dies, weil sich die FMH als Dachorganisation (auch) der ärztlichen Grundversorger seit Beginn der Analysenlisten-Revision als besonders betroffen und deshalb als besonders legitimiert dargestellt hat.

Im vorliegenden Kontext ist nochmals auf die immense Komplexität und Technizität der Analysenliste hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welcher Mehrwert aus einer, über den vom BGÖ abgesteckten Rahmen hinausgehenden Veröffentlichung von Entscheidgrundlagen ­ beispielsweise mittels Internet ­ resultiert, ganz abgesehen davon, dass bei einem solchen Vorgehen stets auch allfälligen 6

BBl 2009 5649

7792

Amts- und Geschäftsgeheimnissen Rechnung zu tragen ist (vgl. Stellungnahme zur vorstehenden Empfehlung 1).

Aus den dargelegten Gründen sieht der Bund hinsichtlich der Empfehlung 4 keinen Handlungsbedarf.

Empfehlung 5: Departementale Führung und Kontrolle7 Das EDI erarbeitet ein Konzept, welches es ihm ermöglicht, seine strategische Führungs- und Aufsichtsfunktion gegenüber den nachgeordneten Behörden bei der Überprüfung der Analysenliste und der Bestimmung neuer Analysenpositionen bzw. derer Tarife voll wahrzunehmen.

Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass ein Bedürfnis nach konzeptioneller Führung und Aufsicht gegenüber nachgeordneten Behörden bei der Überprüfung der Analysenpositionen und Labortarife formuliert wird. Er ist allerdings der Ansicht, dass, wie dies bereits aus der Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Juni 2009 zur analogen Empfehlung 16 der GPK-N hervorgeht, das EDI seine Führungs- und Aufsichtsfunktion gegenüber dem BAG angemessen wahrnimmt. Dabei konzentriert es sich auf die strategische Ebene.

Aus den dargelegten Gründen sieht der Bund hinsichtlich der Empfehlung 5 keinen Handlungsbedarf.

Empfehlung 6: Ressourcenausstattung der zuständigen Sektion des BAG8 In Abhängigkeit der zukünftigen Rolle der verantwortlichen Sektion des BAG im untersuchten Prozess stellen das Amt bzw. das Departement sicher, dass die Aufgaben und Ressourcen der Sektion in einem ausgewogenen Verhältnis stehen.

Zu dieser Empfehlung ist festzuhalten, dass im BAG aufgrund einer umfassenden Situationsanalyse im Zuge der ständigen Qualitätssicherungsprüfungen und -massnahmen in den letzten Jahren konzeptionelle und prozedurale Weiterentwicklungen stattgefunden haben, wie aus der Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Juni 2009 zum früheren Bericht der GPK-N im Bereich der OKP hervorgeht. Konkret läuft seit 2007 im Direktionsbereich «Kranken- und Unfallversicherung» (KUV) des BAG das Projekt «Integer» zur Optimierung der Organisation und der Prozessabläufe. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Mai 2009 von einem Aussprachepapier des EDI mit Bezug auf zusätzlichen Personalbedarf im Direktionsbereich KUV des BAG Kenntnis genommen. Er hat das EDI beauftragt, dem Bundesrat im Mai 2010 erneut ein Aussprachepapier vorzulegen und dem Bundesrat darin über zwischenzeitlich getroffene Massnahmen sowie über Ergebnisse der Evaluation und das geplante weitere Vorgehen zu informieren und ihm entsprechend Antrag zu stellen.

7 8

Vgl. Fussnote 2 (dort Empfehlung 16).

Vgl. Fussnote 2 (dort Empfehlung 7).

7793

Der Bundesrat wird dannzumal darüber befinden. Im Rahmen des diesjährigen Budgetprozesses wurden 5 Vollzeitstellen für den Direktionsbereich KUV bewilligt.

Im Übrigen ist grundsätzlich auf die Ausführungen des Bundesrats in seiner Stellungnahme vom 24. Juni 2009 betreffend der Empfehlung 7 der GPK-N zur deren Inspektion in anderer Angelegenheit zu verweisen.

Der Bundesrat hat einen erhöhten Ressourcenbedarf der zuständigen Sektion des BAG anerkannt. Er wird über die definitive Zuteilung zusätzlicher Mittel gestützt auf die Gesamtbeurteilung Ressourcen im Personalbereich 2010 entscheiden.

Empfehlung 7: Aufwertung und angemessene Ressourcenausstattung der EAMGK9 Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Stellung und die Unabhängigkeit der EAMGK im Beurteilungsprozess gestärkt werden und die Kommission mit den für die Erfüllung ihres Auftrags erforderlichen Ressourcen ausgestattet wird.

Mit Bezug auf die obenstehende Empfehlung kann die Stellungnahme des Bundesrates vom 24. Juni 2009 zu Empfehlung 6 herangezogen werden, die er zum früheren Bericht der GPK-N im Bereich der OKP abgegeben hat: Sowohl die EAMGK wie auch die ELGK ist aus Persönlichkeiten zusammengesetzt, die einerseits Funktionen von Expertinnen und Expertenen und andererseits von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Anspruchsgruppen innehaben. Auch die Prozesse bei der Festlegung der Analysenbereiche bzw. -tarife und die Bestimmung der ärztlichen Leistungen sind vergleichbar. Der massgebliche Unterschied besteht darin, dass es sich bei der Analysenliste um eine Positiv-Liste mit Tarif handelt, während der Leistungskatalog der ärztlichen Leistungen als Negativ-Liste zu betrachten ist. Doch dies ist in diesem Kontext nicht von Belang.

Der Bundesrat ist, wie in der Stellungnahme vom 24. Juni 2009 bereits festgehalten, bereit, die Vor- und Nachteile anderer Organisationsmodelle für die ELGK und die anderen beratenden Kommissionen zu prüfen. Im Vordergrund stehen ein externes Präsidium und die Schaffung eines eigenständigen Kommissionssekretariats. Der Vorteil einer solchen Lösung würde in der grösseren Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Kommission gegen aussen bestehen. Der hauptsächliche Nachteil besteht darin, dass mehr Ressourcen erforderlich sind, da die Synergien der Integration des Sekretariats in die prozessverantwortliche Sektion wegfallen und der externe Präsident oder die externe Präsidentin durch die prozessverantwortliche Sektion sehr gut vorbereitet werden muss.

9

Vgl. Fussnote 2 (dort Empfehlung 6).

7794

Der Bundesrat ist bereit, mögliche alternative Organisationsformen der Kommissionen zu prüfen. Eine entsprechende Analyse ist frühestens auf 2010 zu erwarten. Gestützt darauf wird das EDI geeignete Massnahmen einleiten und ­ sofern die rechtlichen Grundlagen angepasst werden müssen ­ dem Bundesrat die entsprechenden Änderungen vorschlagen.

3

Zusammenfassung

Der Bundesrat anerkennt die methodisch korrekte und seriöse Analyse der prozeduralen Fragen, die die GPK-N bei ihrer Untersuchung über die Vorbereitung, die Beurteilung und die Entscheidung im Hinblick auf die Neufestsetzung der im Rahmen der OKP geltenden Labortarife aufgeworfen hat. Der Bundesrat würdigt im Übrigen auch die von der GPK-N daraus abgeleiteten Empfehlungen.

­

Der Bundesrat verweist darauf, dass die Empfehlungen 1 und 6 im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Prozesse durch das BAG bereits umgesetzt oder in Umsetzung sind.

­

Der Bundesrat ist bereit, die Empfehlungen 3 und 7 näher zu analysieren und eine Umsetzung zu prüfen.

­

Der Bundesrat sieht jedoch in Bezug auf die Empfehlungen 2, 4 und 5 keinen Handlungsbedarf.

21. Oktober 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

7795

7796