Bundesbeschluss

Entwurf

über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG) (Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands) vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1 und 166 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 18. November 20092, beschliesst: Art. 1 Der Notenaustausch vom 30. Januar 20093 zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Übernahme der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger wird genehmigt.

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Der Bundesrat wird ermächtigt, die Europäische Gemeinschaft nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b des Abkommens vom 26. Oktober 20044 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands über die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen in Bezug auf den Notenaustausch nach Absatz 1 zu unterrichten.

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Art. 2 Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 20055 über die Ausländerinnen und Ausländer wird wie folgt geändert: Art. 7 Abs. 2 Der Bundesrat regelt die nach diesen Abkommen möglichen Personenkontrollen an der Grenze. Wird die Einreise verweigert, so erlässt die für die Grenzkontrolle zuständige Behörde eine Wegweisungsverfügung nach Artikel 64.

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SR 101 BBl 2009 8881 SR ...; BBl 2009 8923 SR 0.362.31 SR 142.20

2009-1572

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

Art. 64

Wegweisungsverfügung

Die zuständigen Behörden erlassen eine ordentliche Wegweisungsverfügung, wenn:

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a.

eine Ausländerin oder ein Ausländer eine erforderliche Bewilligung nicht besitzt;

b.

eine Ausländerin oder ein Ausländer die Einreisevoraussetzungen (Art. 5) nicht oder nicht mehr erfüllt;

c.

einer Ausländerin oder einem Ausländer eine beantragte Bewilligung verweigert oder nach bewilligtem Aufenthalt widerrufen oder nicht verlängert wird.

Verfügen die Ausländerinnen und Ausländer, die sich illegal in der Schweiz aufhalten, über einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Staates, der durch eines der Schengen-Assoziierungsabkommen6 gebunden ist (Schengen-Staat), so sind sie formlos aufzufordern, sich unverzüglich in diesen Staat zu begeben. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, so ist eine Verfügung nach Absatz 1 zu erlassen. Ist die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der inneren oder äusseren Sicherheit angezeigt, so ist ohne vorgängige Aufforderung eine Verfügung zu erlassen.

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Eine Beschwerde gegen Verfügungen nach Absatz 1 Buchstaben a und b ist innerhalb von fünf Arbeitstagen nach deren Eröffnung einzureichen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Die Beschwerdeinstanz entscheidet innerhalb von zehn Tagen über deren Wiederherstellung.

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Die zuständigen kantonalen Behörden bestimmen für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer unverzüglich eine Vertrauensperson, die deren Interessen während des Wegweisungsverfahrens wahrnimmt.

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Art. 64a

Wegweisung aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen

Ist aufgrund der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 343/20037 ein anderer Staat, der durch eines der Dublin-Assoziierungsabkommen (Abs. 4) gebunden ist, für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig, so erlässt das Bundesamt eine Wegweisungsverfügung gegen Personen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten.

1

Eine Beschwerde ist innerhalb von fünf Arbeitstagen nach der Eröffnung der Verfügung einzureichen. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Die Beschwerdeinstanz entscheidet innerhalb von zehn Tagen über deren Wiederherstellung.

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Diese Abk. sind in Anhang 1 Ziff. 1 aufgeführt.

Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Febr. 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, in der Fassung gemäss ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

Zuständig für den Vollzug der Wegweisung und, sofern notwendig, für die Ausrichtung und Finanzierung von Sozial- oder Nothilfe ist der Aufenthaltskanton der betroffenen Person.

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Die Dublin-Assoziierungsabkommen sind in Anhang 1 Ziffer 2 aufgeführt.

Art. 64b (neu) Wegweisungsverfügung mit Standardformular Ist eine Person illegal in die Schweiz eingereist, so wird ihr die Wegweisungsverfügung mit einem Standardformular eröffnet.

Art. 64c (neu) Formlose Wegweisung 1

Ausländerinnen und Ausländer werden formlos weggewiesen, wenn: a.

sie von Belgien, Deutschland, Estland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, der Slowakei, Slowenien, Spanien oder Ungarn aufgrund eines Rückübernahmeabkommens wieder aufgenommen werden;

b.

ihnen zuvor die Einreise nach Artikel 13 des Schengener Grenzkodex8 verweigert wurde.

Auf unverzügliches Verlangen der betroffenen Person wird eine Verfügung mit einem Standardformular erlassen (Art. 64b).

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Art. 64d (neu) Ausreisefrist und sofortige Vollstreckung Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.

1

Die Wegweisung kann sofort vollstreckt werden oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn:

2

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a.

die betroffene Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die innere oder die äussere Sicherheit darstellt;

b.

konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich die betroffene Person der Ausschaffung entziehen will;

c.

ein Gesuch um Erteilung einer Bewilligung als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden ist;

d.

die betroffene Person von einem Staat nach Artikel 64c Absatz 1 Buchstabe a aufgrund eines Rückübernahmeabkommens wieder aufgenommen wird;

Siehe Art. 7 Abs. 3.

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

e.

der betroffenen Person zuvor die Einreise nach Artikel 13 des Schengener Grenzkodex9 verweigert wurde (Art. 64c Abs. 1 Bst. b);

f.

die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen weggewiesen wird (Art. 64a).

Art. 64e (neu) Verpflichtungen nach Eröffnung einer Wegweisungsverfügung Die zuständige Behörde kann Ausländerinnen und Ausländer nach der Eröffnung einer Wegweisungsverfügung verpflichten: a.

sich regelmässig bei einer Behörde zu melden;

b.

angemessene finanzielle Sicherheiten zu leisten;

c.

Reisedokumente zu hinterlegen.

Art. 64f (neu) Übersetzung der Wegweisungsverfügung Die zuständige Behörde stellt sicher, dass die Wegweisungsverfügung auf Verlangen schriftlich oder mündlich in eine Sprache übersetzt wird, die von der betroffenen Person verstanden wird oder von der ausgegangen werden kann, dass sie sie versteht.

1

Wird die Wegweisungsverfügung mittels Standardformular nach Artikel 64b eröffnet, so erfolgt keine Übersetzung. Den betroffenen Personen ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.

2

Art. 66 Aufgehoben Art. 67

Einreiseverbot

Das Bundesamt verfügt unter Vorbehalt von Absatz 5 Einreiseverbote gegenüber weggewiesenen Ausländerinnen und Ausländern, wenn:

1

a.

die Wegweisung nach Artikel 64d Absatz 2 Buchstaben a­c sofort vollstreckt wird;

b.

diese nicht innerhalb der angesetzten Frist ausgereist sind.

Das Bundesamt kann Einreiseverbote gegenüber Ausländerinnen und Ausländern verfügen, die:

2

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a.

gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden;

b.

Sozialhilfekosten verursacht haben;

Siehe Art. 7 Abs. 3.

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

c.

in Vorbereitungs-, Ausschaffungs- oder Durchsetzungshaft (Art. 75­78) genommen worden sind.

Das Einreiseverbot wird für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verfügt. Es kann für eine längere Dauer verfügt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt.

3

Das Bundesamt für Polizei (fedpol) kann zur Wahrung der inneren oder der äusseren Sicherheit der Schweiz gegenüber Ausländerinnen und Ausländern ein Einreiseverbot verfügen; es hört den Dienst für Analyse und Prävention (DAP) vorgängig an. Das fedpol kann Einreiseverbote für eine Dauer von mehr als fünf Jahren und in schwerwiegenden Fällen unbefristet verfügen.

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Die verfügende Behörde kann aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot vollständig oder vorübergehend aufheben.

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Art. 69 Abs. 3 und 4 (neu) Die zuständige Behörde kann die Ausschaffung um einen angemessenen Zeitraum aufschieben, wenn besondere Umstände wie gesundheitliche Probleme der betroffenen Person oder fehlende Transportmöglichkeiten dies erfordern. Die zuständige Behörde bestätigt der betroffenen Person den Aufschub der Ausschaffung schriftlich.

3

Die zuständige Behörde stellt vor der Ausschaffung von unbegleiteten minderjährigen Ausländerinnen und Ausländern sicher, dass diese im Rückkehrstaat einem Familienmitglied, einem Vormund oder einer Aufnahmeeinrichtung übergeben werden.

4

Art. 71a (neu) Überwachung von Ausschaffungen Der Bundesrat regelt das Verfahren und die Zuständigkeiten zur Überwachung von Ausschaffungen.

1

Er kann Dritte mit Aufgaben im Rahmen der Überwachung von Ausschaffungen betrauen.

2

Art. 74 Abs. 1 Bst. a, b und c (neu) Die zuständige kantonale Behörde kann einer Person die Auflage machen, ein ihr zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen oder ein bestimmtes Gebiet nicht zu betreten, wenn:

1

a.

Betrifft nur den französischen Text.

b.

ein rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt und konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass die betroffene Person nicht innerhalb der Ausreisefrist ausreisen wird, oder sie die ihr angesetzte Ausreisefrist nicht eingehalten hat;

c.

die Ausschaffung aufgeschoben wurde (Art. 69 Abs. 3).

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

Art. 76 Abs. 2 und 3 Die Haft nach Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 5 darf höchstens 20 Tage dauern. Die Hafttage sind an die Höchstdauer nach Artikel 79 anzurechnen.

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3

Aufgehoben

Art. 78 Abs. 2 Die Haft kann für einen Monat angeordnet werden. Sie kann mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde jeweils um zwei Monate verlängert werden, sofern die betroffene Person weiterhin nicht bereit ist, ihr Verhalten zu ändern und auszureisen. Vorbehalten bleibt Artikel 79.

2

Art. 79

Maximale Haftdauer

Die Vorbereitungs- und die Ausschaffungshaft nach den Artikeln 75­77 sowie die Durchsetzungshaft nach Artikel 78 dürfen zusammen die maximale Haftdauer von 6 Monaten nicht überschreiten.

1

Die maximale Haftdauer kann mit Zustimmung der kantonalen richterlichen Behörde um eine bestimmte Dauer, jedoch höchstens um zwölf Monate, für Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren um höchstens sechs Monate verlängert werden, wenn:

2

a.

die betroffene Person nicht mit der zuständigen Behörde kooperiert;

b.

sich die Übermittlung der für die Ausreise erforderlichen Unterlagen durch einen Staat, der kein Schengen-Staat ist, verzögert.

Art. 81

Haftbedingungen

Die Kantone sorgen dafür, dass eine von der inhaftierten Ausländerin oder dem inhaftierten Ausländer bezeichnete Person in der Schweiz benachrichtigt wird. Die inhaftierte Person kann mit ihrer Rechtsvertreterin oder ihrem Rechtsvertreter sowie mit Familienangehörigen und Konsularbehörden mündlich und schriftlich verkehren.

1

Die Haft ist in geeigneten Räumlichkeiten zu vollziehen. Die inhaftierten Ausländerinnen und Ausländer sind von Personen in Untersuchungshaft oder im Strafvollzug gesondert unterzubringen. Es ist ihnen soweit möglich geeignete Beschäftigung anzubieten.

2

Den Bedürfnissen von Schutzbedürftigen, unbegleiteten Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen ist bei der Ausgestaltung der Haft Rechnung zu tragen.

Die Ausgestaltung der Haft richtet sich des Weiteren nach den Artikeln 16 Absatz 3 und 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 200810 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger.

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Fassung gemäss ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98.

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

Art. 3 Das Asylgesetz vom 26. Juni 199811 wird wie folgt geändert: Art. 45 Sachüberschrift, Abs. 2, 3 sowie 4 (neu) Wegweisungsverfügung Mit der Wegweisungsverfügung ist eine angemessene Ausreisefrist zwischen sieben und dreissig Tagen anzusetzen. Eine längere Ausreisefrist ist anzusetzen oder die Ausreisefrist wird verlängert, wenn besondere Umstände wie die familiäre Situation, gesundheitliche Probleme oder eine lange Aufenthaltsdauer dies erfordern.

2

Die Wegweisung kann sofort vollstreckt werden oder es kann eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen angesetzt werden, wenn die betroffene Person aufgrund der Dublin-Assoziierungsabkommen12 weggewiesen wird.

3

Der asylsuchenden Person ist ein Informationsblatt mit Erläuterungen zur Wegweisungsverfügung abzugeben.

4

Art. 4 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für Verträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert, nach den Artikeln 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 und 141a Absatz 2 der Bundesverfassung.

1

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten der in den Artikeln 2 und 3 aufgeführten Bundesgesetze.

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SR 142.31 Diese Abk. sind in Anhang 1 Ziff. 2 aufgeführt.

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Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EG betreffend die Übernahme der EG-Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG). BB

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