Zusatzbericht des Bundesrates zum Corporate-Governance-Bericht ­ Umsetzung der Beratungsergebnisse des Nationalrats vom 25. März 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Zusatzbericht zum Corporate-Governance-Bericht zur Kenntnisnahme.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 07.3772

P

Postulat der Geschäftsprüfungskommission NR vom 23. November 2007: Zusatzbericht zur Interessenvertretung des Bundes in privatrechtlichen Aktiengesellschaften

07.3773

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Postulat der Geschäftsprüfungskommission NR vom 23. November 2007: Angemessene Vertretung der Geschlechter und Sprachregionen im Anforderungsprofil von Verwaltungs- und Institutsräten;

07.3774

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Postulat der Geschäftsprüfungskommission vom 23. November 2007: Ergänzende Leitsätze zu Personalpolitik und Pensionskassen

07.3775

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Postulat der Finanzkommission vom 23. November 2007 zu den Leitsätzen des Bundesrates im Corporate-Governance-Bericht

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. März 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0199

2659

Übersicht Am 13. September 2006 hat der Bundesrat den Corporate-Governance-Bericht verabschiedet. In der Frühlingssession 2008 hat der Nationalrat vom Bericht Kenntnis genommen. Gleichzeitig hat er mit vier Postulaten einen Zusatzbericht zur Entsendung instruierbarer Bundesvertreter in Organisationen und Unternehmungen des Bundes sowie verschiedene Ergänzungen der Leitsätze des Corporate-Governance-Berichts verlangt. Mit dem vorliegenden Zusatzbericht legt der Bundesrat dem Parlament dar, wie er die Postulate umzusetzen gedenkt.

Gleichzeitig beantragt er sie abzuschreiben.

Das Postulat 07.3772 beauftragt den Bundesrat, mögliche Konflikte auszuleuchten, die sich bei der Entsendung instruierbarer Bundesvertreter in Verwaltungsräten (VR) von Aktiengesellschaften (AG) ergeben können: Entsendet der Bund eine Vertreterin oder einen Vertreter des Bundes in eine AG, so erwartet er, dass diese Person ihm zur Wahrung seiner Eignerinteressen Informationen über die AG vermittelt. Dabei sind die informationsrechtlichen Schranken des Aktien- und des Kapitalmarktrechts zu beachten. Nach Artikel 717 Absatz 2 des Obligatgionenrechts (OR) hat der VR die Aktionärinnen und Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln. Bei einer börsenkotierten Gesellschaft wird dieses Prinzip vom strengeren kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsprinzip nach Artikel 1 des Börsengesetzes (BEHG) überlagert, das nach einem Teil der Lehre einen privilegierten Informationsstatus für Grossaktionäre verbietet. Zudem ist in einer börsenkotierten Gesellschaft die Ad-hoc-Bekanntgabepflicht bezüglich kursrelevanter Informationen zu beachten, wonach kursrelevante Wissensvorsprünge nicht ausgenützt werden dürfen. Werden diese Grundsätze berücksichtigt, kann der Gesetzgeber zur Sicherstellung des vom Bund gewünschten Informationsprivilegs für ein betreffendes kotiertes Unternehmen eine spezifische spezialgesetzliche Grundlage schaffen. Bei nichtkotierten Unternehmen ist ein solcher Schritt nach hier vertretener Auffassung nicht erforderlich, sofern die privilegierten Informationen ausschliesslich zur Überprüfung der dem Unternehmen gesetzten Ziele verwendet werden, die dem öffentlichen Interesse des Bundes am Unternehmen entsprechen.

Eine entsandte Vertreterin oder ein entsandter Vertreter des Bundes ist wie die von der
Generalversammlung gewählten Mitglieder des VR verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Gleichzeitig hat sie oder er im VR die Eignerinteressen des Bundes zu vertreten. Für den Fall eines daraus entstehenden Interessenkonflikts wird hier der Grundsatz des Vorrangs des Gesellschaftsinteresses vertreten. Dabei ist zu bedenken, dass hinter dem Ernennungsrecht des Bundes ein öffentliches Interesse an der Gesellschaft steht. Dieses öffentliche Interesse muss vom statutarischen Gesellschaftszweck reflektiert werden. Dann befinden sich das Gesellschaftsinteresse und das öffentliche Interesse im Einklang, und Konfliktsituationen entfallen.

Mit dem Postulat 07.3774 wird der Bundesrat beauftragt, zusätzliche Leitsätze zu Personal und Personalpolitik sowie zu den Pensionskassen auszuarbeiten. Dabei soll die Wahl des Personalstatuts die Grundlage für die Regelung des Personal-

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rechts der verselbständigten Einheiten bilden. Ein öffentlich-rechtliches Personalstatut soll für Einheiten mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht gewählt werden, da diese mit ihrer Aufsichtstätigkeit eine klassische Bundesaufgabe ausüben, im Rahmen des öffentlichen Rechts tätig sind und hoheitlich handeln.

Ebenso sollen Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, ihr Personal öffentlich-rechtlich anstellen. Sie erbringen in der Regel keine oder kaum marktgängige Leistungen, sind im Rahmen des öffentlichen Rechts tätig und handeln teilweise hoheitlich. Hingegen sollen verselbständigte Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, ihr Personal im Rahmen eines privatrechtlichen Personalstatus nach OR anstellen. Den spezifischen Gegebenheiten der Einheit wird mit einem Personalreglement Rechnung getragen. Bei öffentlich-rechtlichem Personalstatut sind die Ausführungsbestimmungen vom Bundesrat zu genehmigen. Es ist nicht vorgesehen, die Personalstatute der bereits verselbständigten Einheiten einer Neubeurteilung im Sinne der dargelegten Zuordnung zu unterziehen.

Neben der Wahl des entsprechenden Personalstatuts besteht die Möglichkeit, die verselbständigten Einheiten über personalpolitische Zielvorgaben zu steuern. Dabei soll ihnen der Bundesrat unternehmensspezifische, nachvollziehbare sowie den politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen Rechnung tragende personalpolitische Vorgaben machen können. Arbeitsrechtliche Mindeststandards und eine Verhandlungspflicht zum Abschluss eines GAV sind im Rahmen der Marktregulierung zu verankern.

Personalstatut und Pensionskassenstatut sollen inskünftig dem gleichen Rechtskreis ­ öffentliches Recht oder Privatrecht ­ zugeordnet werden. Deshalb und aufgrund des bestehenden Konnexes zwischen dem Personal- und dem Vorsorgerecht soll das Pensionskassenstatut an das Personalstatut geknüpft werden. Entsprechend ist für verselbständigte Einheiten, die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht erfüllen oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, ein öffentlichrechtliches Pensionskassenstatut mit Anschluss an die Pensionskasse des Bundes PUBLICA vorzusehen. Die Anschlussverträge sollen dabei nur insoweit von denjenigen für das Personal der Bundesverwaltung abweichen, als dies aufgrund der Aufgaben
oder der Personalstruktur des betreffenden Arbeitgebers erforderlich ist; sie sind vom Bundesrat zu genehmigen. Für verselbständigte Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, ist ein privatrechtliches Pensionskassenstatut anzuwenden; vorsorgepolitische Vorgaben erlässt der Bundesrat im Rahmen der strategischen Ziele. Wenn neue Einheiten geschaffen werden oder verselbständigte Einheiten mit Dienstleistungen am Markt aus der PUBLICA austreten, muss der Arbeitgeber seine Rentenbeziehenden in das neue Vorsorgewerk mitnehmen oder für sie zumindest die finanzielle Verantwortung weiterhin tragen.

Personal- wie auch Pensionskassenstatut sind im Organisationserlass festzulegen.

Das Postulat über eine angemessene Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen in den Verwaltungsräten von Unternehmen des Bundes (Po 07.3773) ist aus Sicht des Bundesrats mit dem Erfordernis eines schlanken und professionellen Aufsichtsorgans einer Gesellschaft vereinbar. Die beiden zusätzlichen Kriterien sollen neu im Anforderungsprofil für die Wahl des Verwaltungsrats aufgenommen und im entsprechenden Leitsatz 5 festgehalten werden.

2661

In Erfüllung des Postulats 07.3775 schlägt der Bericht vor, die Leitsätze des Corporate-Governance-Berichts betreffend das bundesrätliche Controlling zu ergänzen.

Mit einem neuen Leitsatz wird festgehalten, dass im Organisationserlass von spezialgesetzlichen Gesellschaften und öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Rechtsgrundlage für das bundesrätliche Controlling der strategischen Ziele verankert wird. Ebenso sollen die möglichen Massnahmen des Bundesrates bei allfälligen Fehlentwicklungen in einem neuen Leitsatz dargestellt werden. Schliesslich sollen die Rolle des Bundes als Gewährleister der Aufgabenerfüllung sowie zusätzliche Kriterien zur Messung der strategischen Ziele des Bundesrats neu im Katalog der Leitsätze aufgenommen werden.

Abschliessend gibt der Bericht eine ergänzende Erläuterung zum Aufgabentyp der «Dienstleistungen mit Monopolcharakter», der im Rahmen der parlamentarischen Vorberatung zu Diskussionen geführt hat. Der Aufgabentyp umfasst ein heterogenes Spektrum von Leistungen. Gemeinsam ist diesen Leistungen aber einerseits, dass sie auf eine Kundschaft ausgerichtet sind. Andererseits wird der von ihnen erzeugte Nutzen über den Markt nur teilweise abgegolten. Dass die daraus hervorgehenden Versorgungsmängel letztlich oft nur mit einem monopolähnlichen öffentlichen Angebot korrigiert werden können, begründet die gewählte Bezeichnung des Aufgabentyps.

2662

Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Ausgangslage

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2 Berichtsinhalte

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3 Postulat der Geschäftsprüfungskommission (07.3772) betreffend instruierbare Bundesvertreter in Verwaltungsräten 3.1 Prüfungsauftrag 3.2 Entsendung eines Bundesvertreters 3.2.1 Ausgangslage 3.2.2 Privilegierter Informationszugang für den Bund via Bundesvertreter ­ Möglichkeiten und Grenzen nach Aktien- und Kapitalmarktrecht 3.2.2.1 Aktien- und kapitalmarktrechtliche Informationsmöglichkeiten im Allgemeinen 3.2.2.2 Zulässigkeit von Vorabinformationen an Grossaktionäre 3.2.3 Lösungen in Bezug auf die Inanspruchnahme eines privilegierten Informationsstatus durch den Bund 3.2.3.1 Kotierte Gesellschaften 3.2.3.2 Nichtkotierte Unternehmen 3.2.4 Vereinbarkeit der bestehenden informationsmässigen Schranken mit dem Entsendungsrecht öffentlichrechtlicher Körperschaften nach Art. 762 OR 3.3 Konflikte zwischen Bundes- und Gesellschaftsinteressen 3.3.1 Vorrang des Gesellschaftsinteresses 3.3.2 Verhalten von Bund und Bundesvertreter 4 Postulat der Geschäftsprüfungskommission (07.3774) betreffend ergänzende Leitsätze zu Personal und Pensionskasse 4.1 Einleitung 4.2 Personalstatut im geltenden Recht 4.3 Kaderlohnvorschriften 4.4 Neuere Regelungen des Personalstatuts im Rahmen von Auslagerungen 4.5 Handlungsbedarf 4.6 Personalpolitische Steuerung verselbständigter Einheiten des Bundes 4.7 Steuerungselement Personalstatut 4.8 Steuerungselement personalpolitische Zielvorgaben 4.9 Pensionskassenstatut 4.9.1 Pensionskassenstatut im CG-Bericht 4.9.2 Pensionskassenstatut im geltenden Recht 4.9.3 Arbeitgeberkategorien nach geltendem Recht 4.9.4 Handlungsbedarf 4.9.5 Steuerungselement Pensionskassenstatut 4.9.6 Arbeitgeberkategorien nach den CG-Grundsätzen 4.9.7 Steuerungselement vorsorgepolitische Zielvorgaben

2667 2667 2668 2668 2670 2670 2671 2675 2675 2678 2678 2679 2679 2680 2680 2680 2681 2682 2683 2686 2689 2689 2692 2695 2695 2696 2696 2700 2701 2702 2704

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5 Postulat der Geschäftsprüfungskommission (07.3773) betreffend eine angemessene Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen

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6 07.3775 Postulat der Finanzkommission betreffend bundesrätliches Controlling 6.1 Leitsatz zum bundesrätlichen Controlling 6.2 Leitsatz zu den Inhalten der strategischen Zielen 6.3 Leitsatz zu den bundesrätlichen Massnahmen

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7 Ergänzende Ausführungen zum Aufgabentypus «Dienstleistungen mit Monopolcharakter»

2710

Anhang Corporate Governance des Bundes: Übersicht über die Leitsätze unter Berücksichtigung der Postulate des Nationalrats

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2713

Bericht 1

Ausgangslage

Am 13. September 2006 hat der Bundesrat den Bericht zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht, kurz CG-Bericht) verabschiedet1.

In der Frühlingssession 2008 hat der Nationalrat vom Bericht Kenntnis genommen.

Gleichzeitig hat er die folgenden vier Postulate überwiesen: ­

07.3772 Postulat der Geschäftsprüfungskommission: Der Bundesrat wird beauftragt, in einem Zusatzbericht vertieft darzulegen, mit welchen rechtlichen Problemen die Entsendung instruierbarer Bundesvertreter in Verwaltungsräten von (insbesondere privatrechtlichen) Aktiengesellschaften verbunden sein kann. Dabei sind schwergewichtig mögliche Konflikte auszuleuchten, (a) die zwischen den öffentlichen Interessen des Bundes und den Interessen der Unternehmung auftreten können; (b) die sich aus der Informationspflicht des Bundesvertreters gegenüber dem Bund ergeben können.

­

07.3773 Postulat der Geschäftsprüfungskommission: Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob der 5. Leitsatz mit den Kriterien der angemessenen Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen zu ergänzen ist.

­

07.3774 Postulat der Geschäftsprüfungskommission: Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob ergänzend zu den im CG-Bericht vorgelegten 28 Leitsätzen zur kohärenten Steuerung verselbständigter Einheiten des Bundes Leitsätze zu Personal und Personalpolitik sowie zu den Pensionskassen auszuarbeiten sind. Der Bundesrat legt dem Parlament einen Zusatzbericht dazu vor.

­

07.3775 Postulat der Finanzkommission: Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob die folgenden drei Leitsätze zum Bericht des Bundesrates zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht) vom 13. September 2006 einzuführen und als Richtlinien für die Steuerung verselbständigter Einheiten anzuwenden sind.

29. Leitsatz: Controllingkompetenz des Bundesrates Bei privatrechtlichen Aktiengesellschaften nutzt das Controlling des Bundesrates die obligationenrechtlichen Steuerungsmittel des Bundes

1

Bericht des Bundesrates vom 13. September 2006 zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben, BBl 2006 8233.

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als Aktionär. Bei spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften und öffentlich-rechtlichen Anstalten sieht der Organisationserlass eine Rechtsgrundlage des Controllings zu den strategischen Zielen des Bundesrates vor.

30. Leitsatz: Steuerung über strategische Ziele Bei der Festlegung der strategischen Ziele (gemäss dem 16. Leitsatz) beachtet der Bundesrat sowohl seine Rolle als Gewährleister der öffentlichen Aufgabe wie jene als Eigner der verselbständigten Einheit. Er misst die Erreichung der Ziele aufgrund vorgängig definierter Kriterien während und am Schluss der Leistungsperiode.

Dieses Controlling des Bundesrates untersteht der Kontrolle durch die Bundesversammlung.

31. Leitsatz: Massnahmen Der Bundesrat kann bei Fehlentwicklungen folgende Massnahmen treffen: ­ Ergänzung/Änderung der Zielvorgaben ­ Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts ­ Verweigerung der Entlastung ­ Abberufungen/Ersatz von Personen ­ Verantwortlichkeitsansprüche ­ Anträge zu Massnahmen der Gesetzgebung.

2

Berichtsinhalte

Mit dem vorliegenden Bericht an das Parlament erfüllt der Bundesrat die vom Nationalrat überwiesenen Postulate zum CG-Bericht und beantragt ihre Abschreibung.

Der Bericht umfasst den postulierten Vertiefungsbericht über instruierbare Bundesvertreter in Verwaltungsräten von Aktiengesellschaften (Ziff. 3) und die Ergänzung des CG-Berichts mit insgesamt neun Leitsätzen zur Personalpolitik und zur Pensionskasse (Ziff. 4). Die 5. Ziffer zeigt, dass der Forderung nach einer angemessenen Vertretung der Geschlechter und Sprachregionen in Verwaltungsräten mit einer Ergänzung des aktuellen 5. Leitsatzes des CG-Berichts Rechnung getragen wird.

Ziffer 6 äussert sich zur Implementierung der drei von den nationalrätlichen Aufsichtskommissionen ausformulierten Leitsätzen: Der Leitsatz zum bundesrätlichen Controlling und der Leitsatz zu den bundesrätlichen Massnahmen werden als Leitsätze 22a und 22b integral in die Liste der aktuellen Leitsätze aufgenommen. Nach seinem Wortlaut äussert sich der postulierte Leitsatz zu den strategischen Zielen auch zum bundesrätlichen Controlling und zur parlamentarischen Oberaufsicht. Sein Inhalt wird deshalb mit Ergänzung des aktuellen 16. Leitsatzes zu den strategischen Zielen bzw. des neuen Leitsatzes 22a zum bundesrätlichen Controlling implementiert.

Anlässlich der parlamentarischen Vorberatung des CG-Berichts führte die Bezeichnung des einen Aufgabentypus mit dem Begriff der «Dienstleistungen mit Monopolcharakter» wiederholt zu Missverständnissen und dementsprechend zu Kritik. Der Bundesrat nimmt den vorliegenden Bericht zum Anlass, den Begriff eingehender zu umschreiben (Ziff. 7).

2666

3

Postulat 07.3772 der Geschäftsprüfungskommission betreffend instruierbare Bundesvertreter in Verwaltungsräten

3.1

Prüfungsauftrag

Die Geschäftsprüfungskommission NR beauftragt den Bundesrat mit Postulat 07.3772, in einem Zusatzbericht vertieft darzulegen, mit welchen rechtlichen Problemen die Entsendung instruierbarer Bundesvertreter in Verwaltungsräten von (insbesondere privatrechtlichen) Aktiengesellschaften (AG) verbunden sein kann.

Dabei sind schwergewichtig mögliche Konflikte auszuleuchten: a) die zwischen den öffentlichen Interessen des Bundes und den Interessen der Unternehmung auftreten können; b) die sich aus der Informationspflicht des Bundesvertreters gegenüber dem Bund ergeben können.

Ein Bundesvertreter, der im Verwaltungsrat (VR) die Eignerinteressen des Bundes zu vertreten hat und gleichzeitig als VR-Mitglied dem Unternehmensinteresse verpflichtet ist, riskiert, in Interessenkonflikte zu geraten. Wie soll er beispielsweise stimmen, wenn die Geschäftsleitung eine Auslandbeteiligung erwerben will, die unternehmerisch interessant ist, aber nach Auffassung des Bundes aufgrund bestimmter politischer Implikationen im betreffenden Land für das mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Unternehmen nicht zu verantworten ist? Diese Fragestellung umfasst Buchstabe a) des Postulats. Mit der Entsendung eines Vertreters oder einer Vertreterin in eine AG verbindet der Bund die Erwartung, dass diese Person ihm zum Zweck der Wahrung seiner Eignerinteressen aus erster Hand Informationen über die AG vermittelt. Fraglich ist dabei, unter welchen Voraussetzungen eine solche Sonderbehandlung des Aktionärs Bund gegenüber den anderen Aktionärinnen und Aktionären der Gesellschaft rechtlich zulässig ist. Auf dieses Problem weist Buchstabe b) des Postulats hin.

Der Bund kann einen Bundesvertreter nach Artikel 762 OR in eine bestimmte Gesellschaft entsenden, wenn deren Statuten oder eine spezialgesetzliche Bestimmung ein Ernennungsrecht zu seinen Gunsten vorsehen. Neben der Entsendung kann ein Bundesvertreter, wie die anderen Verwaltungsräte einer AG auch, durch die Generalversammlung (GV) gewählt werden2. Eine solche Wahl ist allerdings grundsätzlich nur dann sichergestellt, wenn der Bund ausreichend an der Unternehmung beteiligt ist3. Da die in den Buchstaben a) und b) des Postulats angesprochenen Probleme einerseits und die nachfolgend vorgeschlagenen Lösungsansätze anderseits sowohl für entsandte als auch für gewählte Bundesvertreter vergleichbar sind, wird im Folgenden vorwiegend auf die Entsendung eingegangen4.

2

3 4

Beide Arten von Bundesvertretern können einerseits Bundesangestellte sein. Diesfalls wird das Instruktionsverhältnis durch das konkrete Vertretungsmandat einerseits und das Anstellungsverhältnis beim Bund andererseits definiert; das Anstellungsverhältnis beinhaltet Weisungsgebundenheit sowie Treuepflichten. Die Bundesvertreter können andererseits externe Fachkräfte sein. Für sie ergibt sich das Instruktionsverhältnis aus dem konkreten Vertretungsmandat sowie aus dem Auftragsrecht. Was den Umgang mit Interessenkonflikten betrifft, gelten sowohl für Bundesangestellte als auch für externe Fachkräfte die gleichen Grundsätze (vgl. nachfolgend Ziff. 3.3).

Denkbar ist daneben, dass die Wahl von Bundesvertretern mittels eines Aktionärbindungsvertrages sichergestellt wird.

Die Variante der Wahl eines Bundesvertreters durch die GV wird lediglich in Fn. 8 diskutiert.

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Die nachfolgende rechtliche Beleuchtung eines privilegierten Informationszugangs für den Bund via Bundesvertreter zeigt, dass es bei kotierten Gesellschaften aufgrund der anwendbaren kapitalmarktrechtlichen Regeln am heikelsten ist, wenn der Bund via Bundesvertreter privilegierte Informationen erhält. Als mögliche Lösung wird postuliert, inskünftig für den gewünschten Informationszugang eine spezifische spezialgesetzliche Grundlage zu schaffen (Ziff. 3.2.3.1). Bereits hier soll darauf hingewiesen werden, dass mit dieser Lösung dem gegenwärtigen Stand der Diskussion in der Lehre Rechnung getragen wird, obwohl die Diskussion bislang nur mit Blick auf private Aktionäre geführt und die ausserordentliche Situation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit ihrem Entsendungsrecht ­ wenn überhaupt ­ dabei zuwenig berücksichtigt worden ist (dazu Ziff. 3.2.4).

Die einzige kotierte Gesellschaft, in die gegenwärtig ein Bundesvertreter entsandt ist, ist die Swisscom. Aufgrund der besonderen Informationslage zum Zeitpunkt ihrer Gründung kann der Status quo ohne ­ nachträgliche ­ spezialgesetzliche Abstützung beibehalten werden (dazu Ziff. 3.2.3.1 Bst. b). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesrat in Umsetzung von Leitsatz 9 des CG-Berichtes5 vom Abordnungsrecht gemäss Artikel 762 OR auch in Zukunft nur restriktiv Gebrauch machen wird.

Bei nichtkotierten Gesellschaften ist die Schaffung einer spezifischen spezialgesetzlichen Grundlage zum Bezug privilegierter Informationen unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen nicht erforderlich (vgl. Ziff. 3.2.3.2). Ziffer 3.3 zeigt schliesslich, dass die im Postulat angesprochenen Interessenkonflikte zwischen Bund und Unternehmung aufgelöst bzw. vermieden werden können.

3.2

Entsendung eines Bundesvertreters

3.2.1

Ausgangslage

Entsendet der Bund einen Bundesvertreter in den VR einer AG, so bezweckt er damit, dass die Wahrung seiner Eignerinteressen mittels personeller Verbindung zur AG sichergestellt wird. Er betraut den Bundesvertreter mit der Aufgabe, ihn über die jeweilige Lage des Unternehmens zu informieren und auf entsprechende Instruktion die Haltung des Bundes zu wichtigen Fragen direkt in den VR einzubringen. Ein entsprechendes, dem Bundesvertreter erteiltes Mandat kann etwa folgendermassen lauten6: «Mit dem Mandat soll sichergestellt werden, dass eine effiziente Kontrolle der Wahrung der Eignerinteressen des Bundes stattfindet und dass der Bund seine Vorstellungen zu wichtigen Fragen der [AG] direkt in den Verwaltungsrat einbringen kann.

Der Staatsvertreter ist primärer Ansprechpartner des Bundes für die Belange des Verwaltungsrates der [AG]. Vor jeder Sitzung des Verwaltungsrates findet ein Gespräch zwischen dem Staatsvertreter und [den zuständigen Amtspersonen innerhalb der Bundesverwaltung] statt. [Die zuständigen Amtspersonen innerhalb der 5

6

Detailliert zu Leitsatz 9 auch Ziff. 5.3. und Ziff. 7.4.1. des CG-Berichts; vgl. ebenfalls das Schreiben des Bundesrates vom 3. Mai 2000 an die Finanzdelegation der Eidg. Räte zur Frage der Bundesvertreter in Leitungsorganen.

Der Wortlaut lehnt sich an ein aktuelles Mandat an.

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Bundesverwaltung] informieren den Staatsvertreter aus erster Hand über politische Interventionen oder Verwaltungsgeschäfte mit Implikationen auf die [AG].

In wichtigen Fragen erfolgt auf Initiative des Staatsvertreters eine formelle schriftliche Instruktion durch die [zuständigen Amtspersonen innerhalb der Bundesverwaltung].» Der Bund kann gemäss Artikel 762 OR einen Bundesvertreter in diejenigen Gesellschaften entsenden, die ihm statutarisch ein Ernennungsrecht einräumen.7 Das Ernennungsrecht schliesst jegliche Mitwirkung der GV an der Ernennung aus.

Voraussetzung dafür ist nach Artikel 762 Absatz 1 OR ein öffentliches Interesse des Bundes an der Aktiengesellschaft; dabei muss der Bund nicht Aktionär der betreffenden Gesellschaft sein. Gegenstück des Ernennungsrechts ist das uneingeschränkte Abberufungsrecht des Bundes für die entsandten Vertreter (Art. 762 Abs. 2 OR)8.

Über Artikel 762 OR9 hinausgehende Rechte räumt das Privatrecht dem Bund in einer privatrechtlichen AG nicht ein10. Ausserdem hat der Bundesvertreter dieselben Rechte und Pflichten11 wie die gewöhnlichen VR-Mitglieder (Art. 762 Abs. 3 OR).

Er untersteht wie diese insbesondere der Sorgfalts- und Treuepflicht sowie grundsätzlich der Pflicht, Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln (Art. 717 Abs. 2 OR).

Vor diesem Hintergrund ist die den Bund interessierende Frage, welchen Informationszugang er sich durch einen entsandten Bundesvertreter verschaffen kann, unter Berücksichtigung der aktien- und kapitalmarktrechtlichen Grundsätze zu beantworten, welche für die (Gross-)Aktionäre allgemein gelten12.

7

8

9

10 11 12

Ist der Bund Mehrheitsaktionär, kann er die Aufnahme einer entsprechenden Statutenbestimmung in der GV ohne Zustimmung der anderen Aktionäre beschliessen; besitzt er eine Sperrminorität, ist die Bestimmung abgesichert, sofern die Statuten ein Quorum von zwei Dritteln der vertretenen Aktienstimmen für die Abschaffung der Bestimmung vorsehen. Ist die Tätigkeit der AG an eine Konzession oder eine öffentlich-rechtliche Genehmigung gebunden, kann der Bund deren Erteilung von der Einräumung eines Ernennungsrechts abhängig machen (was so aber wohl gesetzlich vorgesehen sein muss).

Wird ein Bundesvertreter durch Beschluss der GV in den VR gewählt, hat er bereits dadurch eine schwächere Stellung als ein entsandter Vertreter, dass der Bund nicht allein über die Bestellung entscheiden kann, sondern dies in die Kompetenz der GV fällt.

Desgleichen steht auch das Abberufungsrecht der GV und nicht dem Bund zu.

Artikel 762 OR hat Sonderrechtscharakter, da es sich um eine Bestimmung des öffentlichen Rechts handelt, die in das Zivilrecht integriert ist; vgl. etwa BSK OR II-Wernli, Artikel 762 N 4, 18.

Zur Möglichkeit einer spezialgesetzlichen Regelung vgl. nachfolgend Ziff. 3.2.3.1.

Zur speziellen Haftungsregelung in Artikel 762 Absatz 4 OR siehe Fn.54.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Lehre in Bezug auf die Informationsrechte bislang nur mit privaten Aktionären befasst und die spezielle Situation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit ihrem Entsendungsrecht ­ wenn überhaupt ­ dabei zuwenig berücksichtigt hat (eingehender dazu Ziff. 3.2.4).

2669

3.2.2

Privilegierter Informationszugang für den Bund via Bundesvertreter ­ Möglichkeiten und Grenzen nach Aktien- und Kapitalmarktrecht

Aktien- und Kapitalmarktrecht enthalten ein ausgebautes System an Informationsmöglichkeiten und -schranken für die Aktionäre und den Markt13. Gesondert beleuchtet wird in der Lehre die Frage, ob Vorabinformationen an Grossaktionäre zulässig sind.

3.2.2.1

Aktien- und kapitalmarktrechtliche Informationsmöglichkeiten im Allgemeinen

a. Aktienrecht Das Aktienrecht enthält klare Regeln zur Versorgung der Aktionäre mit unternehmensrelevanten Informationen. So verpflichtet Artikel 696 OR die AG, den Aktionären im Hinblick auf die GV in Form des Geschäftsberichts die wichtigsten Daten zum Unternehmen in der vergangenen Periode zur Verfügung zu stellen. Nach Artikel 697 OR ist jeder Aktionär berechtigt, an der GV vom VR und der Revisionsstelle weitere Informationen über die Gesellschaft zu verlangen, wenn sie für die Ausübung seiner Rechte relevant sind. Artikel 697a ff. OR schliesslich verankern das Recht des Aktionärs, unter bestimmten Voraussetzungen der GV die Einleitung einer Sonderprüfung zu beantragen, um bestimmte Sachverhalte abzuklären14.

b. Kapitalmarktrecht Neben diesen aktienrechtlichen Informationsmöglichkeiten verbessern die kapitalmarktrechtlichen Informationsmöglichkeiten die Informationslage des Aktionärs einer Publikumsgesellschaft. Im Gegensatz zum Aktienrecht setzt das Kapitalmarktrecht im Wesentlichen auf sofortige und allgemeine Veröffentlichung von Information via Presse oder Internet: Artikel 64 des Kotierungsreglements (KR) bestimmt, dass der Emittent jährlich seinen Geschäftsbericht mit dem Bericht der Revisionsorgane veröffentlichen muss. Zudem schreibt Artikel 65 KR vor, dass der Emittent einen (nicht revidierten) Halbjahresabschluss veröffentlicht. Mit dieser Zwischenberichterstattung wird die Informationsfrequenz des Aktienrechts verdoppelt. Artikel 72 KR enthält ausserdem eine Ad-hoc-Bekanntgabepflicht. Die Bestimmung verlangt, dass der Emittent ab dem Tag des Börsengangs den Markt über sämtliche erheblich kursrelevanten Tatsachen informiert, welche in seinem Tätigkeitsbereich

13

14

Einen schönen Überblick verschaffen Böckli Peter/Bühler Christoph, Vorabinformationen an Grossaktionäre: Möglichkeiten und Grenzen nach Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, SZW 77 (2005) S. 101 ff.

Der Entwurf des Bundesrates vom 21. Dezember 2007 zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts im Obligationenrecht sieht demgegenüber vor, dass jeder Aktionär einer Gesellschaft, deren Aktien nicht an der Börse kotiert sind, vom VR jederzeit schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen kann, soweit dies zur Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist und keine Geschäftsgeheimnisse oder andere vorrangige Interessen der Gesellschaft entgegenstehen (Art. 697 Abs. 2 und 3 E-OR). Der Entwurf räumt den Aktionären nichtkotierter Gesellschaften zusätzlich ein spezifisches Auskunftsrecht betreffend Höhe der Entschädigungen an den VR ein (Art. 697quinquies E-OR).

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eingetreten und nicht öffentlich bekannt sind15. Ziel von Artikel 72 KR ist es, Insidergeschäfte im Sinne von Artikel 161 StGB einzudämmen, die Gleichbehandlung der Anleger zu sichern sowie die Effizienz des Kapitalmarktes zu verbessern.

Das KR enthält weiter eine Pflicht zur Offenlegung von Management-Transaktionen in Beteiligungsrechten des Emittenten (Art. 74a KR). Schlüsselinformationen zur Corporate Governance erhält der Publikumsaktionär vom Emittenten auch gestützt auf die SIX-Richtlinie betreffend Informationen zur Corporate Governance (RLCG) vom 17. April 2002 / 29. März 2006.

Am 1. Januar 2007 sind die Vorschriften betreffend die Offenlegung der Vergütungen an Mitglieder des VR und der Geschäftsleitung kotierter Gesellschaften in Kraft getreten (Art. 663bbis OR)16. Schliesslich verlangt Artikel 20 BEHG von bedeutenden Aktionären oder Aktionärsgruppen die Offenlegung der Über- oder Unterschreitung der Meldeschwellen17.

c. Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft Dem Informationsinteresse der Aktionäre steht das Geheimhaltungsinteresse der Gesellschaft gegenüber. Nach Artikel 697 Absatz 2 OR kann die Gesellschaft Auskünfte an Aktionäre verweigern, wenn durch die Auskunft Geschäftsgeheimnisse oder andere schutzwürdige Interessen der Gesellschaft gefährdet werden. Der geheime Bereich einer Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren allerdings zusehends verkleinert. Insbesondere für kotierte Gesellschaften ist die Berufung auf Geschäftsgeheimnisse nur noch dort möglich, wo es im Fall der Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen um Wettbewerbsnachteile geht, wie z.B. in Bezug auf Kundinnen und Kunden, Produktemargen oder Produktionsabläufe.

3.2.2.2

Zulässigkeit von Vorabinformationen an Grossaktionäre

In der Lehre ist verschiedentlich untersucht worden, inwiefern Gross- und Mehrheitsaktionären18 ein privilegierter Informationsstatus zuerkannt werden kann.

Massgebend für die Beantwortung dieser Frage sind die dem aktien- und kapitalmarktrechtlichen Informationssystem innewohnenden Schranken. Diese werden nachfolgend aufgezeigt.

15

16

17 18

Unter eingeschränkten Voraussetzungen kann der Emittent die Bekanntgabe der kursrelevanten Information hinausschieben, ist dann aber verpflichtet, umfassende Vertraulichkeit zu gewährleisten.

Der Entwurf des Bundesrates vom 21. Dezember 2007 zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts im Obligationenrecht soll gemäss der Zusatzbotschaft des Bundesrates vom 5. Dezember 2008 zur Volksinitiative «gegen die Abzockerei» und zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht) zugunsten der Aktionäre ergänzt werden durch zusätzliche Vorschriften betreffend Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften (Art. 731c ff. E-OR).

Seit 1. Dezember 2007 gelten die Meldeschwellen von 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33 1/3, 50 und 66 2/3 Prozent.

Den Kategorien der Gross- und Mehrheitsaktionäre ist gemeinsam, dass sie einen bedeutenden und meist auch auf längere Sicht ausgerichteten Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Als Richtwert für einen solchen bedeutenden Einfluss gilt gemäss der gesetzlichen Definition in Artikel 663c Absatz 2 OR eine Beteiligung von 5 Prozent aller Stimmrechte (vgl. Böckli/Bühler [Fn. 13], S. 106).

2671

a. Prinzip der Gleichbehandlung der Aktionäre im Aktien- und im Kapitalmarktrecht Artikel 717 Absatz 2 OR legt fest, dass der VR die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln hat. Damit ist grundsätzlich eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Aktionärskategorien nach sachlicher Differenzierung erlaubt. Böckli/Bühler19 vertreten denn auch die Position, dass der VR sich von sachgerechten Kriterien der Unterscheidung leiten lassen muss, wenn er bestimmten Aktionären in der Zeitspanne zwischen den Generalversammlungen zusätzliche aktuelle Auskünfte erteilt. Eine derartige Differenzierung sei unter aktienrechtlichen Gesichtspunkten ­ die bei einer nichtkotierten Gesellschaft allein bestimmend sind ­ grundsätzlich zulässig, wenn a) das Interesse der Gesellschaft es verlange, b) die Anforderungen des sachlichen Grundes, der Erforderlichkeit und des Übermassverbots eingehalten würden und c) keine ungerechtfertige Begünstigung oder Benachteiligung einer Gruppe vorliege. Damit sehen die Autoren den entscheidenden rechtlichen Richtpunkt für eine privilegierte Behandlung von Grossaktionären im Interesse der Gesellschaft und nicht im partikulären Interesse des bedeutenden Aktionärs20.

Bei einer Publikumsgesellschaft wird das aktienrechtliche Gleichbehandlungsprinzip nach Artikel 717 Absatz 2 OR vom kapitalmarktrechtlichen Gleichbehandlungsprinzip des Artikels 1 BEHG überlagert, welches nach einhelliger Lehre strenger ist als das aktienrechtliche21. Es geht im Kapitalmarkt um die Gewährleistung eines ebenen Spielfeldes22 für alle Kapitalmarktteilnehmer. Nach Böckli/Bühler23 ist hier ein privilegierter Informationsstatus für Haupt- oder Mehrheitsaktionäre nicht zulässig. Auch nach Nobel24 sind sämtliche Informationen zu gleichen Bedingungen zugänglich zu machen. Eine seltene Ausnahme kann nach Auffassung von Böckli/ Bühler vorliegen, wenn es um die Schlussphase der Vorbereitung einer grossen Transaktion geht, die ohne Einbezug des Hauptaktionärs praktisch nicht über die Bühne gehen kann. Gibt der VR substanzielle Informationen vertraulich nur an einen oder einzelne Aktionäre weiter, muss er jedenfalls insbesondere die Insiderstrafnorm25 beachten. Zentral ist dort die Unterscheidung von kursrelevanten

19

20

21 22 23 24 25

Böckli/Bühler (Fn. 13), S. 109, 111. Anderer Auffassung in Bezug auf die Möglichkeit eines privilegierten Informationsstatus tendenziell Hofstetter Karl, Die Gleichbehandlung der Aktionäre in börsenkotierten Gesellschaften, SZW 68 (1996), S. 229 ff.

In der Literatur wird die Informationspolitik gegenüber Aktionären im Weiteren kontrovers diskutiert. Der eine Teil der Lehre spricht sich für eine relative, der andere für eine absolute Gleichbehandlung aus. Befürworter eines Informationsprivilegs sind etwa Forstmoser Peter, Informations- und Meinungsäusserungsrechte des Aktionärs, in: Jean Nicolas Druey (Hrsg.), Rechtsfragen um die Generalversammlung, Zürich 1997, S. 106 f.; BSK OR II-Weber, Artikel 697 N 6, Hofstetter [Fn.19], S. 230, und Watter Rolf, Minderheitenschutz im neuen Aktienrecht, AJP 2 (1993) S. 121. Für eine absolute Gleichbehandlung sprechen sich aus: Kunz Peter V., Das Informationsrecht des Aktionärs in der Generalversammlung, AJP 10 (2001) S. 897 f., und Huguenin Jacobs Claire, Das Gleichbehandlungsprinzip im Aktienrecht, Habil. Zürich 1994, S. 244.

Vgl. Böckli/Bühler (Fn.13), S. 109; so wohl auch Kunz Peter V., Der Minderheitenschutz im schweizerischen Aktienrecht, Bern 2001, § 8 N 78.

Sog. «level playing field».

Böckli/Bühler (Fn. 13), S. 111.

Peter, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 2. A. 2004, § 11 N 56.

Dazu nachfolgend Bst. b.

2672

und nicht kursrelevanten Informationen. Bezüglich Letzterer gilt die Regel «Was du einem sagst, musst du allen sagen»26.

b. Strafrecht Insiderstrafnorm Artikel 161 StGB stellt das Ausnützen von kursrelevanten Wissensvorsprüngen unter Strafe: Wer sich oder einem andern einen Vermögensvorteil verschafft, indem er die Kenntnis einer vertraulichen Tatsache ausnützt, deren Bekanntwerden den Kurs von in der Schweiz börslich oder vorbörslich gehandelten Aktien, andern Wertschriften oder entsprechenden Bucheffekten der Gesellschaft oder von Optionen auf solche in voraussehbarer Weise erheblich beeinflussen wird, oder wer diese Tatsache einem Dritten zur Kenntnis bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht (Art. 161 Ziff. 1 StGB).

Der mögliche Täterkreis von Artikel 161 Ziffer 1 StGB umfasst nur Primärinsider, d.h. nach dem Wortlaut Organe und Beauftragte einer Gesellschaft, Behördenmitglieder oder Beamte, die aufgrund ihrer amtlichen Tätigkeit Einblick in Interna der erwähnten Art erhalten, sowie die unmittelbaren Mitarbeiter der genannten Personen27.

In diesem Zusammenhang ist die Praxis der SIX Swiss Exchange (SIX) zu Artikel 72 KR zu beachten. Als Beispiele für potenziell kursrelevante Tatsachen, über welche der Emittent nach Massgabe der Norm den Markt informieren muss, gelten namentlich Finanzzahlen, Fusionen, Übernahmen, Abspaltungen, Restrukturierungen, Kapitalveränderungen, Kaufangebote, wesentliche Gewinnveränderungen, Gewinneinbrüche, Gewinnwarnungen und Sanierungen. Nach der SIX fallen jedoch generell alle Tatsachen, welche geeignet sind, den Kurs erheblich zu beeinflussen, unter die Vorschriften der Ad-hoc-Publizität. Dazu gehören auch neue und bedeutende Produkte, Rückzüge oder Rückrufe bedeutender Produkte, neue Vertriebspartner und auch wichtige personelle Veränderungen wie Änderungen im VR, in der Geschäftsleitung und in anderen Schlüsselpositionen28.

26

27

28

Vgl. Watter Rolf, Informationsversorgung des Aktionärs, insbesondere die SWXRichtlinie betr. Information zur Corporate Governance, in: Bühler Christoph B. (Hrsg.), Informationspflichten des Unternehmens im Gesellschafts- und Börsenrecht, Bern 2003, S. 44; auch BSK OR II-Watter, Artikel 717 N 30. Hinsichtlich kursrelevanter Tatsachen ist die Richtlinie betr. Ad-hoc-Publizität (RLAhP) der SIX Swiss Exchange zu beachten: Nach N 7 ff. müssen die Emittenten auf ihrer Website einen kostenlosen Mail-Dienst einrichten, damit interessierte Personen potenziell kursrelevante Tatsachen zeitnah zugesandt erhalten. Jede nach der RLAhP publizierte Ad-hoc-Mitteilung ist zeitgleich mit ihrer Verbreitung auf der Website der Unternehmen aufzuschalten, wo sie während zweier Jahre abrufbar sein muss.

Vgl. etwa Donatsch Andreas (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kommentar, 17. A., Zürich 2006, S. 224. Sowohl dem Bundesvertreter als auch den mit seinen Informationen arbeitenden Bundesangestellten kommt nach dem Gesetzeswortlaut Insiderstatus zu. Nach Art. 161 Ziff. 2 StGB kann ­ mit niedrigerem Strafrahmen ­ auch bestraft werden, wer eine vertrauliche Tatsache von einer der in Ziffer 1 genannten Personen mitgeteilt erhält und sich oder einem andern durch Ausnützen dieser Mitteilung einen Vermögensvorteil verschafft.

Vgl. Botschaft vom 8. Dezember 2006 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Streichung von Art. 161 Ziff. 3 StGB), BBl 2007 445. Art. 161 Ziff. 3 StGB, welcher den Begriff der (vertraulichen) kursrelevanten Tatsache auf eine bevorstehende Emission neuer Beteiligungsrechte, eine Unternehmensverbindung oder einen «ähnlichen Sachverhalt von vergleichbarer Tragweite» einschränkte, wurde per 1. Oktober 2008 aufgehoben.

2673

Verletzung des Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisses Neben der Insiderstrafnorm ist auch Artikel 162 StGB zu beachten. Die Norm stellt den Verrat sowie das Ausnützen von Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnissen, die infolge einer gesetzlichen oder vertraglichen Pflicht zu wahren sind, auf Antrag unter Strafe.

c. Ergebnis Wird der Bundesvertreter als normaler VR betrachtet, so auferlegt ihm das geltende Aktien- und Kapitalmarktrecht nach vorstehenden Ausführungen in Bezug auf die Informationsübermittlung an den Bund folgende Schranken:

29

30

­

In einer Publikumsgesellschaft sind nach dem Grundsatz eines ebenen Spielfeldes sämtliche Informationen allen Aktionären zu gleichen Bedingungen zugänglich zu machen. Der Bundesvertreter darf dem Bund daher keine privilegierten Informationen zukommen lassen. Als Ausnahme sieht die Lehre gewichtige Geschäfte, die ohne Einbezug des Hauptaktionärs praktisch nicht angegangen werden können.

­

Weiter sind in einer Publikumsgesellschaft die Ad-hoc-Bekanntgabepflicht bezüglich kursrelevanter Informationen nach Artikel 72 KR sowie Artikel 161 StGB zu beachten, gemäss welchem kursrelevante Wissensvorsprünge nicht ausgenützt werden dürfen. Gibt der Bundesvertreter eine kursrelevante Information allein dem Bund weiter, riskieren er sowie die involvierten Bundesangestellten, welche mit den Informationen arbeiten, im Falle des Ausnützens dieser Informationen strafrechtliche Sanktionen29.

­

Bei einer nichtkotierten Gesellschaft darf der VR nach einer Lehrmeinung dem Grossaktionär privilegierte Informationen erteilen, sofern dies im Wesentlichen im Gesellschaftsinteresse liegt und ein sachlicher Grund vorhanden ist.

­

Gibt der Bundesvertreter in einer Publikums- oder einer nichtkotierten Gesellschaft dem Bund eine nicht bekannte Information weiter, so kann dadurch überdies das Fabrikations- und Geschäftsgeheimnis nach Artikel 162 StGB verletzt werden, sofern die Weitergabe der Information für die Wahrung der Interessen des Bundes nicht notwendig ist.

­

Solange der Bundesvertreter in einer Publikums- oder einer nichtkotierten Gesellschaft keine neuen Informationen herausgibt, sondern bereits bekannte Informationen unterhalb der Schwelle der Kursrelevanz erläutert, vertieft oder verdichtet, verletzt er damit weder das Aktien- noch das Kapitalmarktrecht30.

Zu beachten ist, dass die per 1. Oktober 2008 erfolgte Streichung von Art. 161 Ziff. 3 StGB (dazu vorstehend Fn. 28) den Begriff der kursrelevanten Informationen wesentlich ausdehnt, was eine Kollision von Bundesvertreter und Bundesangestellten mit der Insiderstrafnorm ungleich wahrscheinlicher macht.

Vgl. Böckli, Schweizer Aktienrecht, 2. A., Zürich 2004, § 13 N 701.

2674

Gelegentlich wird mit Blick auf die Rechtswirklichkeit festgehalten, in der Schweiz existiere ein Brauch, wonach der VR dem Haupt- oder Mehrheitsaktionär auch einer kotierten Gesellschaft mehr Informationen und in höherer Qualität zum Voraus zukommen lassen könne31. Einer rechtlichen Prüfung anhand der vorstehend dargelegten Kriterien hält dieser Brauch aber nur in engen Grenzen stand32.

3.2.3

Lösungen in Bezug auf die Inanspruchnahme eines privilegierten Informationsstatus durch den Bund

Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, ist die Möglichkeit der informationsmässigen Ungleichbehandlung verschiedener Aktionärskategorien nach Aktienrecht und noch ausgeprägter nach Kapitalmarktrecht sehr beschränkt33. Berücksichtigt der Bund diese bestehenden Schranken und will er aber zur Wahrung seiner Eignerinteressen einem bestimmten Unternehmen gegenüber weiterhin mit zusätzlichen Informationen beliefert werden, so kann er dies unter folgenden Voraussetzungen tun:

3.2.3.1

Kotierte Gesellschaften

a. Grundsatz Vorab ist festzuhalten, dass der Bundesrat in Umsetzung von Leitsatz 9 des CG-Berichts34 vom Abordnungsrecht gemäss Artikel 762 OR nur restriktiv Gebrauch machen wird. Hält er eine Entsendung in eine kotierte Unternehmung für erforderlich, so besteht die überzeugendste Möglichkeit darin, dass der Gesetzgeber für das Unternehmen eine spezifische spezialgesetzliche Grundlage schafft35. Ihm steht es bekanntlich offen, von den herkömmlichen Gesellschaftstypen des OR abzuweichen. Allerdings muss die Spezialbestimmung der staatlichen Aufgabe dienen, die es zu erfüllen gilt. Gleichzeitig darf die bestehende privatrechtliche Ordnung nicht unnötig beeinträchtigt werden36. Da der Bund die zusätzlichen Informationen des Bundesvertreters benötigt, um die Erreichung seiner dem Unternehmen gesetzten Ziele zu überprüfen, ist die Spezialregelung entsprechend auf die Überprüfung von deren Erfüllung zu beschränken. Die Spezialregelung kann z.B.

folgendermassen lauten: «Der Bundesrat37 legt jeweils für vier Jahre fest, welche Ziele der Bund mit seiner Beteiligung an der Unternehmung erreichen will. Der Verwaltungsrat sorgt für die Umsetzung dieser Ziele des Bundesrats im Unternehmen. Er erstattet dem Bundesrat Bericht über deren Erreichung und stellt ihm die zur Überprüfung der Zielerreichung notwendigen Informationen zur Verfügung.» 31 32 33 34 35 36 37

Vgl. Watter (Fn. 20), 121.

So auch Böckli (Fn. 30), § 13 N 703.

So das Ergebnis in Ziff. 3.2.2.2 Bst. c.

Vgl. Fn. 5.

So ebenfalls BSK OR II-Wernli, Artikel 762 N 18.

Vgl. Vogel Stefan, Die spezialgesetzliche Aktiengesellschaft, ZBl 8/2003, S. 419 f.

Gemäss Leitsatz 17 des Corporate-Governance-Berichtes (Fn. 5) verabschiedet je nach Aufgabe, welche die verselbständigte Einheit des Bundes erfüllt, entweder der Bundesrat oder der Verwaltungs- bzw. Institutsrat die strategischen Ziele für die verselbständigte Einheit.

2675

Mit dieser Spezialregelung wird der gewünschte privilegierte Informationszugang durch den Verwaltungsrat sichergestellt. Sie erwähnt die Figur des Bundesvertreters nicht, da die Bestellung eines solchen für die Übermittlung der Informationen an den Bund nicht zwingend ist38.

Eine solche Spezialregelung soll nicht notwendigerweise dazu führen, dass eine spezialgesetzliche AG geschaffen wird39, für welche darüber hinaus ein ganzes Organisationsrecht erlassen werden müsste. Im Gegenteil ist anzustreben, nur die Spezialregelung selber vorzusehen und ansonsten im Privatrecht zu verbleiben40; im Spezialgesetz sollen im Übrigen die Regeln des Privatrechts für anwendbar erklärt werden. Eine weitere spezialgesetzliche Möglichkeit bestünde darin, das Informationsrecht beispielsweise in einer Konzession festzuschreiben41. Dieser Weg würde die privatrechtliche Ordnung ohnehin nicht aufheben42. Allerdings bestehen bei beiden Varianten gewisse Unwägbarkeiten in Hinsicht auf den im Streitfall einzuschlagenden Rechtsweg ­ Präjudizien, ob ein Zivil- oder ein Verwaltungsgericht eine solche Regelung beurteilen müsste, existieren nämlich keine.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass sich mittels spezialgesetzlicher Regelung nur die privatrechtlichen, nicht aber die strafrechtlichen Rahmenbedingungen ändern lassen ­ insbesondere an das Verbot des Insiderhandels nach Artikel 161 StGB sind Bund und Bundesvertreter auch dann gebunden, wenn eine Sonderregelung besteht.

Verwendet der Bund die vom Bundesvertreter erhaltenen Informationen lediglich zur Überprüfung der dem Unternehmen gesetzten Ziele ­ was dem eigentlichen

38

39

40

41 42

Eine spezialgesetzliche Regelung zur Sicherung eines privilegierten Informationszugangs wäre auch zu schaffen, wenn der Bund seinen Vertreter nicht entsendet, sondern durch die GV wählen lässt.

Die spezialgesetzliche AG definiert sich dadurch, dass sie im Gegensatz zu Gesellschaften nach Artikel 620 ff. OR nicht durch vertraglichen Akt, sondern unmittelbar durch Gesetzesakt entsteht. Neben das jeweilige Spezialgesetz treten ergänzend die aktienrechtlichen Vorschriften des OR. Davon zu unterscheiden ist der Fall, in dem eine gesetzliche Regelung, welche sich direkt auf die Organisation einer Gesellschaft auswirkt, neben den zivilrechtlichen Gründungsakt tritt und damit nur punktuell in die Ordnung des OR eingreift (Vogel [Fn. 36], S. 419). Einen solchen punktuellen Eingriff stellt die vorgeschlagene Spezialregelung dar.

Wo die Informationsvermittlung aus besonderen Gründen (vgl. Leitsatz 9 des CorporateGovernance-Berichts [Fn. 34]) über einen Bundesvertreter erfolgen soll, kann das Spezialgesetz zusätzlich eine Vertretung des Bundes vorsehen; ausserdem ist in die Statuten der Gesellschaft ein entsprechendes Entsendungsrecht zugunsten des Bundes aufzunehmen.

Zu beachten ist, dass eine Konzession im Rahmen des anwendbaren Marktrechts generell und nicht unternehmensspezifisch geregelt wird.

Die Spielregeln des Privatrechts verlangen, dass eine AG gewinnstrebig tätig ist, ausser sie definiere sich in den Statuten ausdrücklich als nichtwirtschaftlich (Art. 620 Abs. 3 OR). Das heisst, dass sie innerhalb der rechtlichen Schranken ihre Eigeninteressen und damit diejenigen ihrer Aktionäre verfolgen soll. Dies gilt auch dann, wenn der Staat an ihr beteiligt ist. Ausserdem hat der Aktionär neben seiner Liberierungspflicht keinerlei weiteren Pflichten (Art. 620 Abs. 2 OR). Daraus folgt, dass ihm z.B. nicht via gesetzliches Kaufrecht an den Kapitalanteilen zugunsten des Staates eine Verkaufsverpflichtung auferlegt werden darf für den Fall, dass der Staat an der Gesellschaft interessiert ist. Die Berücksichtigung öffentlicher Interessen muss im Gegenteil durch öffentliches Recht geschehen; ein sachfremder Einsatz der Aktionärsrechte seitens der öffentlichen Hand muss unterbleiben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die AG bei privaten Investoren Eigenkapital beschafft hat (dazu Forstmoser Peter, Wer «A» sagt,
muss auch «B» sagen, SJZ 98 [2002], S. 219 ff.). Beide im Haupttext beschriebenen Regelungsvarianten sind öffentlich-rechtlich und tangieren diese privatrechtlichen Spielregeln nicht.

2676

Zweck der Informationsübermittlung entspricht ­, dürfte ein Konflikt mit dem Strafrecht aber ausgeschlossen sein43.

b. Swisscom Swisscom ist die einzige kotierte Unternehmung, in welche der Bund einen Vertreter entsandt hat. Sie ist gleichzeitig ein historischer Sonderfall, welcher nicht nach einer nachträglichen Legiferierung verlangt, um den Zugang des Bundes zu privilegierten Informationen über die Unternehmung zu legitimieren.

Artikel 1 BEHG, welcher das kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsprinzip statuiert44, ist am 1. Februar 1997 in Kraft getreten. Eine Sensibilisierung auf das Problem der absoluten Gleichbehandlung der Aktionäre nach Kapitalmarktrecht erreichte die Lehre durch entsprechende Diskussionen im Wesentlichen erst einige Jahre später45. Das Bewusstsein für das Problem fehlte demzufolge im Zeitpunkt der Abfassung der Botschaft von 1996 zur Gründung der spezialgesetzlichen AG Swisscom. Indessen sah bereits die Botschaft vor, dass der Bund seine Führungsaufgabe dem Unternehmen gegenüber mittels Einsitznahme eines Bundesvertreters in den VR ­ und damit verbundener Inanspruchnahme privilegierter Informationen aus dem VR ­ sicherstellen will46. Ausserdem wurde das Publikum im Vorfeld des Börsengangs der Swisscom im Jahr 1998 explizit auf die Vertretung des Bundes im VR und den damit angestrebten privilegierten Informationsstatus des Bundes aufmerksam gemacht. Die Minderheitsaktionäre wussten demzufolge von Anfang an darüber Bescheid.

Diese Erwähnung des vorgesehenen Bundesvertreters in der Botschaft ist einer spezifischen spezialgesetzlichen Regelung, wie sie in Ziffer 3.2.3.1 vorgeschlagen wird, nicht gleichwertig. Aufgrund der Tatsache aber, dass die Minderheitsaktionäre zum Zeitpunkt des Börsengangs um die Bundesvertretung wussten, aufgrund der damals noch anderen Diskussionslage und auch der bereits langjährigen Vertretung des Bundes im VR der Swisscom sowie der offengelegten Informationspraxis kann der Status quo demzufolge ohne nachträgliche Legitimierung beibehalten werden.

Damit soll allerdings die vorstehend vorgestellte Lösung für inskünftige Bundesvertreter in kotierten Gesellschaften nicht relativiert werden.

43

44 45 46

In der OECD wird zurzeit ein Accountability and Transparency Guide for State Ownership ausgearbeitet. Er enthält den Grundsatz, dass der Staat nicht auf Kosten der anderen Aktionäre Informationen missbrauchen soll, die er als Hauptaktionär oder durch seine anderen Rollen gegenüber einer staatlich beherrschten Einheit erhält (Entwurf Rz. 179).

Besteht eine spezialgesetzliche Grundlage im vorgeschlagenen Sinn und benützt der Bund die Informationen im festgelegten Rahmen, kann ein Missbrauch im Sinne des Accountability and Transparency Guide verneint werden.

Vgl. dazu Ziff. 3.2.4 Bst. a.

Vgl. Fn. 19, 20.

BBl 1996 III 1320: «Durch Einsitznahme von Vertretern in die Verwaltungsräte ist die Führung durch den Bund auch über die personelle Verbindung sichergestellt.»

2677

3.2.3.2

Nichtkotierte Unternehmen

Bei nichtkotierten Unternehmen kann ein Informationsprivileg des Bundes folgendermassen begründet werden: Ist der Bund an einem Unternehmen beteiligt, so verfolgt er mit der Beteiligung eine staatliche Aufgabe. Lässt er sich als Grossaktionär vom Unternehmen zusätzliche Informationen geben, um die dem Unternehmen zur Erreichung der staatlichen Aufgabe gesetzten Ziele zu überprüfen47, so geschieht dies auch im Interesse der Gesellschaft, welche vom Zweck her auf die staatliche Aufgabe ausgerichtet sein muss. Gleichzeitig liegt ein sachlicher Grund für das Informationsprivileg vor, und es kann gesagt werden, dass die Privilegierung unter der Bedingung des zweckgerichteten Gebrauchs der Informationen zur Überprüfung der strategischen Ziele nicht übermässig ist. Daraus folgt, dass der Bund als Grossaktionär gegenüber den Minderheitsaktionären auch nicht ungerechtfertigt bevorteilt wird. Damit sind die kumulativen Voraussetzungen erfüllt, die nach der in Ziffer 3.2.2.2 Buchstabe a vorgestellten Lehrmeinung gegeben sein müssen, damit sich bei einem nichtkotierten Unternehmen ein Informationsprivileg des Bundes rechtfertigen lässt. Die Schaffung einer spezifischen spezialgesetzlichen Grundlage erübrigt sich demzufolge bei nichtkotierten Unternehmen48.

Diese Argumentation ist vorliegend insbesondere deshalb haltbar, weil die Minderheitsproblematik bei nichtkotierten Bundesunternehmen an einem verschwindend kleinen Ort zu suchen ist. Die nichtkotierten Bundesunternehmen befinden sich nämlich gegenwärtig entweder zu 100 Prozent oder zu einer weit überwiegenden Mehrheit im Eigentum des Bundes. Bei letzteren Unternehmen darf ausserdem davon ausgegangen werden, dass sich die Minderheitsaktionäre der Sonderstellung des Mehrheitsaktionärs Bund bewusst sind.

3.2.4

Vereinbarkeit der bestehenden informationsmässigen Schranken mit dem Entsendungsrecht öffentlich-rechtlicher Körperschaften nach Art. 762 OR

Artikel 762 OR wurde 1936 in das OR aufgenommen49. Die Bestimmung ermöglicht Körperschaften des öffentlichen Rechts, die von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen durch Einsitznahme in Gesellschaften von öffentlichem Interesse zu vertreten. Das Kapitalmarktrecht mit seiner sehr weit gehenden Gleichstellung der Aktionäre ist viel später erlassen worden, und auch die Diskussion um die Zulässigkeit von Vorabinformationen an Grossaktionäre wurde lange nach dem Erlass von Artikel 762 OR lanciert.

47

48

49

Zur Einschränkung, dass der Bund die zusätzlichen Informationen nur verwenden soll, um die Erreichung seiner dem Unternehmen gesetzten Ziele zu überprüfen, vorstehend Ziff. 3.2.3.1.

Das Risiko, in Konflikt mit dem Grundsatz des Accountability and Transparency Guide for State Ownership der OECD zu geraten, dass der Staat als Hauptaktionär nicht auf Kosten der anderen Aktionäre Informationen missbrauchen soll (vgl. dazu Fn. 43), kann nach diesen Ausführungen auch hier ausgeschlossen werden.

Vgl. etwa BSK OR II-Wernli, Artikel 762 N 3.

2678

Mit den vorstehend dargestellten Lösungen wird dem gegenwärtigen Stand der Diskussion in der Lehre Rechnung getragen. Es soll an dieser Stelle aber darauf hingewiesen werden, dass die Diskussion bislang im Wesentlichen mit Blick auf private Aktionäre geführt und die ausserordentliche Situation der öffentlichrechtlichen Körperschaften mit ihrem Entsendungsrecht ­ wenn überhaupt ­ dabei zuwenig berücksichtigt worden ist50. Wünschenswert wäre, dass dies nachgeholt wird. Dann könnte ausgeleuchtet werden, unter welchen Voraussetzungen das Entsendungsrecht angesichts der kapitalmarktrechtlichen Gegebenheiten beibehalten werden kann und bis zu welchem Grad die öffentlich-rechtlichen Körperschaften privilegierte Informationen beanspruchen dürfen, um die Umsetzung der öffentlichen Interessen durch die Gesellschaften prüfen zu können. Mit ein Thema der Diskussion könnte sein, in welchem Rahmen die privilegierten Informationen aus einer Gesellschaft von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft verwendet werden dürfen.

3.3

Konflikte zwischen Bundes- und Gesellschaftsinteressen

3.3.1

Vorrang des Gesellschaftsinteresses

Grundsätzlich haben entsandte Bundesvertreter die gleichen Rechte und Pflichten wie die von der GV gewählten Mitglieder des VR (Art. 762 Abs. 3 OR; vgl. dazu vorstehend Ziff. 3.2.1). Insbesondere sind sie auch verpflichtet, die Interessen der Gesellschaft zu wahren (Art. 717 Abs. 1 OR).

Aus der Tatsache, dass ein Bundesvertreter im VR die Eignerinteressen des Bundes zu vertreten hat und gleichzeitig als VR-Mitglied dem Unternehmensinteresse verpflichtet ist, können Interessenkonflikte entstehen. Daraus ergibt sich die Frage, welchem Interesse er den Vorrang zu geben hat.

Artikel 762 Absatz 4 OR statuiert die unbeschränkte Haftung des Gemeinwesens für den entsandten Vertreter. Daraus schliesst ein Teil der Lehre auf ein Weisungsrecht und damit den Vorrang der öffentlichen Interessen, während ein anderer Teil aus Artikel 762 Absatz 3 OR auf den Vorrang des Gesellschaftsinteresses und das Fehlen eines über das allgemein Zulässige hinausgehenden Weisungsrechts schliesst.

Als herrschend ist die Theorie des «doppelten Pflichtnexus» zu betrachten. Danach gehen zwar die Pflichten eines VR-Mitgliedes gegenüber der Gesellschaft vor. Doch soll das VR-Mitglied die Interessen des entsendenden Gemeinwesens und dessen Weisungen insoweit befolgen dürfen, als dies im Rahmen des oft weiten Ermessens eines VR-Mitglieds möglich ist51.

50

51

Auffassung, die aktienrechtliche Geheimhaltungspflicht sei bei Vertreterinnen und Vertretern des Gemeinwesens infolge des bestehenden Weisungsrechts zu lockern, vgl.

immerhin Buob Franziska, Interessenkonflikte und Haftungsrisiken des Staates als Aktionär, AJP 2/2009, S. 148, mit weiteren Hinweisen.

Vgl. Forstmoser Peter/Jaag Tobias, Der Staat als Aktionär, Zürich 2000, Rz. 71.

2679

3.3.2

Verhalten von Bund und Bundesvertreter

Der Grundsatz des Vorrangs des Gesellschaftsinteresses ist auch auf einen entsandten Bundesvertreter anwendbar52. Dabei ist zu bedenken, dass hinter dem Ernennungsrecht des Bundes ein öffentliches Interesse an der Gesellschaft steht. Dieses öffentliche Interesse muss vom statutarischen Gesellschaftszweck reflektiert werden.

Dann befinden sich das Gesellschaftsinteresse und das öffentliche Interesse im Einklang. Erteilt der Bund seine Weisungen53 an den Bundesvertreter im Rahmen des vom Gesellschaftszweck reflektierten öffentlichen Interesses und gestaltet er auch das VR-Mandat entsprechend aus, so entfallen Konfliktsituationen54. Dies gilt ebenso, wenn keine konkreten Weisungen des Bundes vorliegen und der Bundesvertreter sich bei Erfüllung seiner Pflichten am vom öffentlichen Interesse geprägten Gesellschaftsinteresse orientiert und sein Ermessen innerhalb dieses Rahmens ausübt55.

4

Postulat 07.3774 der Geschäftsprüfungskommission betreffend ergänzende Leitsätze zu Personal und Pensionskasse

4.1

Einleitung

Angesichts der anstehenden Reformen wurden im CG-Bericht vom 13. September 2006 die Personalfragen noch ausgeklammert56.

Hingegen wurden die Rechtsetzungskompetenzen der ausgelagerten Einheiten im Personalbereich definiert. So müssen Einheiten, deren Leistungen über Gebühren oder über Abgeltungen des Bundes finanziert werden, die personalrechtlichen Ausführungsbestimmungen dem Bundesrat zur Genehmigung unterbreiten, da die Personalkosten insbesondere im Dienstleistungssektor den bedeutendsten ausgaben52

53

54

55 56

Der Accountability and Transparency Guide der OECD (Fn. 43) verlangt eine klare rechtliche Regelung, nach der die VR-Mitglieder eine Loyalitätspflicht der verselbständigten Einheit und allen Aktionären, aber nicht dem Staat gegenüber haben, der sie gewählt hat (Rz. 173, Stichwort «Clarify the duty of loyalty of SOE board members»).

Die in der Schweiz auf Artikel 762 Absatz 3 OR abgestützte herrschende Lehre, dass das Gesellschaftsinteresse Vorrang vor dem öffentlichen Interesse geniesst, erfüllt dieses Erfordernis.

Nimmt der Bund mittels Weisung via seinen Vertreter wie ein echtes Organ Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft und lässt er den Vertreter somit sein Mandat nicht frei ausüben , so stellt sich das Problem, dass er als faktisches Organ qualifiziert werden kann. Dies kann zu einer aktienrechtlichen Organhaftung nach Artikel 754 ff. OR führen (vgl. etwa Forstmoser/Jaag [Fn. 51], Rz. 106 ff.).

Für den nach Artikel 762 OR entsandten Bundesvertreter haftet der Bund gemäss Artikel 762 Absatz 4 OR der Unternehmung, den Aktionären und den Gläubigern gegenüber unmittelbar und primär; die Voraussetzungen der Haftung richten sich dabei auch für den Bund nach den allgemeinen aktienrechtlichen Bestimmungen (Art. 754 ff. OR). Der Rückgriff des Bundes auf seinen Vertreter richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32). Handelt der Bundesvertreter auf ausdrückliche Weisung des Bundes, kann ihm im Innenverhältnis keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden, womit auch kein Regress möglich ist (siehe etwa BSK OR II-Wernli, Art. 762 N 20; Forstmoser/Jaag [Fn. 51], Rz. 135).

Ebenso BSK OR II-Wernli, Artikel 762 N 24.

CG-Bericht Ziff. 1.2, 4.1 und 7.5.

2680

seitigen Posten darstellen57. Bei Einheiten mit Dienstleistungen am Markt ist vorgesehen, dass die privatrechtlichen Aktiengesellschaften ihr Personalreglement in eigener Kompetenz erlassen sollen. Eine Steuerung erfolgt hier über entsprechende Vorgaben in den strategischen Zielen, welche bei verselbständigten Einheiten in der Rechtsform der privatrechtlichen Aktiengesellschaft zwar nicht rechtlich, aber faktisch bindende Wirkung entfalten58 Bei spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften sind grundlegende, verbindliche Vorgaben zur Ausgestaltung des Personalrechts im Rahmen der strategischen Ziele vorbehalten59.

4.2

Personalstatut im geltenden Recht

Das Arbeitsverhältnis mit dem Personal im Bereich der zentralen Verwaltung (inkl.

FLAG-Ämter) richtet sich nach dem Bundespersonalgesetz (BPG; SR 172.220.1).

Das BPG ist nicht zuletzt mit Blick auf die FLAG-Ämter als flexibles Rahmengesetz mit Regelungs- und Entscheidspielraum ausgestaltet worden60.

Die Arbeitsverhältnisse im Bereich der dezentralen Verwaltung61 richten sich nach dem BPG, vorbehältlich spezialgesetzlicher Normen; von dieser Möglichkeit wird relativ oft Gebrauch gemacht62. Dem Geltungsbereich des BPG ebenfalls unterstellt sind die Schweizerische Post und die Schweizerischen Bundesbahnen. Soweit kein vom Bundesrat erlassenes Sonderstatut gilt, bildet somit für all diese Arbeitgeber grundsätzlich das BPG den Rahmen; die konkrete arbeitsrechtliche Ausgestaltung ist trotzdem mannigfaltig.

57

58 59 60

61 62

Vgl. CG-Bericht Ziff. 4.2.5 allgemein. Für Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen: CG-Bericht Ziff. 5.1. Für Einheiten mit Aufgaben der Wirtschaftsund der Sicherheitsaufsicht: CG-Bericht Ziff. 5.2.

CG-Bericht Ziff. 4.2.6 u. 5.3.

Vgl. CG-Bericht Ziff. 5.3.

Pressemitteilung, Entwurf für ein Bundespersonalgesetz (BPG) vom 6. Mai 1998: «Der Bund erhält damit die notwendige Flexibilität, um rasch und gezielt auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes reagieren zu können.» http://www.efd.admin.ch/dokumentation/ medieninformationen/archiv/00029/index.html?lang=de;Presserohstoff, Entwurf für ein Bundespersonalgesetz (BPG): Insb. «Das im BtG detailliert festgeschriebene und starre Lohnsystem wird im BPG verstärkt in Richtung Leistungsentlöhnung ausgebaut. Ferner wird es im Hinblick auf die Erhöhung der Flexibilität marktkonformer ausgestaltet: Der Bund muss seine Löhne vermehrt dem Spiel von Angebot und Nachfrage anpassen können. Das setzt einen grösseren gesetzlichen Rahmen für die Lohnfestsetzung voraus.» http://www.admin.ch/cp/d/355041C2.68D9@gs-efd.admin.ch.html Mit bzw. ohne eigene Rechtspersönlichkeit: z.B. EFK, EAV bzw. SIR, IGE und Swissmedic.

Vgl. Bsp. unten «Personalstatute im Überblick», S. 6 f.. Grundsatzregelung in Artikel 2 Absatz 1 Bst. e BPG.

2681

Bei der fallweisen, vertraglichen Übertragung staatlicher Aufgaben an Private gilt für das Arbeitsverhältnis das OR. Gestützt auf eine spezialgesetzliche Grundlage kann der Bund einzelne seiner Aufgaben dauerhaft zum Vollzug auf Dritte übertragen. Das Arbeitsverhältnis im «organisationsprivatisierten Bereich»63 richtet sich nach dem OR. Die Spezialgesetze enthalten aber teils Vorgaben für den Aufgabenvollzug und für die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse. Artikel 5 Absatz 3 BPG ermächtigt den Bundesrat, das Personalwesen der privatisierten Aufgabenträger zu koordinieren.

Bei den bisherigen Auslagerungen wurde von der gesetzgeberischen Wahlfreiheit bei der Festlegung des Personalstatuts umfassend Gebrauch gemacht. Die Entscheide bezüglich des zu wählenden Personalstatuts und dessen Ausgestaltung wurden in der Regel fallweise getroffen und orientierten sich weitgehend an politischen und nicht rechtlichen Gesichtspunkten64. Es fehlt eine entsprechende Systematik mit allgemeingültigen Auswahl- und Entscheidkriterien.

4.3

Kaderlohnvorschriften

Im Rahmen der Kaderlohnvorschriften65 kontrolliert der Bundesrat insbesondere die Löhne und andere finanziell relevante Arbeitsbedingungen bei den ausgelagerten Einheiten.

Die Kaderlohnverordnung erfasst alle dem Bundespersonalrecht unterstellten dezentralen Verwaltungseinheiten, Unternehmen und Anstalten sowie die spezialgesetzlich geregelten Unternehmen SUVA, Institut für geistiges Eigentum (IGE) und Swissmedic. Sie enthält: ­

Grundsätze zu den Leistungen des Arbeitgebers;

­

Grundsätze der Leistungsbemessung und der Ablieferung von Nebeneinnahmen;

­

Vorschriften zur Berichterstattung und Veröffentlichung.

Insbesondere werden die betroffenen Unternehmen und Anstalten verpflichtet, Bericht über die Gesamtsumme der an das oberste Leitungsorgan ausgerichteten Honorare und Nebenleistungen, die Gesamtsumme der Entlöhnung, die weiteren Vertragsbedingungen und die vom Bundesrat bewilligten Nebenbeschäftigungen zu erstatten. Zusätzlich wird ihnen die Pflicht auferlegt, die Angaben über die Kaderlöhne im Jahresbericht oder in einem gleichwertigen Informationsorgan öffentlich zugänglich zu machen.

63

64 65

«Bei der Organisationsprivatisierung ­ oder auch formellen Privatisierung ­ gründet der Staat eine juristische Person des Privatrechts, z.B. eine Aktiengesellschaft, und überträgt die Erfüllung der staatlichen Aufgabe dieser juristischen Person. Der Begriff Organisationsprivatisierung fragt somit nicht nach den primären Verantwortungsträger für die Erfüllung der Aufgabe, sondern betrachtet allein die Organisationsform bei der Aufgabenerfüllung.» Aus: Isabelle Häner, Privatisierung der öffentlichen Dienste: parlamentarische Einflussnahme und Oberaufsicht.

http://www.sgp-ssp.net/cont/fileadmin/pdf/bulletin_sgp-ssp/2001_11/haenerprivat.pdf Vgl. Bsp. unter Ziff. 4.3.

Artikel 6a BPG. Verordnung vom 19. Dezember 2003 über die Entlöhnung und weitere Vertragsbedingungen der obersten Kader und Leitungsorgane von Unternehmen und Anstalten des Bundes (Kaderlohnverordnung, SR 172.220.12).

2682

Im Weiteren existiert eine Vereinbarung aus dem Jahre 2002 zwischen der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte und dem Bundesrat66, welche die Aufsicht und die Berichterstattung bei Personalmassnahmen beim obersten Kader des Bundes bzw. der bundesnahen Unternehmungen regelt. Sie legt den Anwendungsbereich und die Modalitäten der mitschreitenden Finanzaufsicht und der nachträglichen Oberaufsicht sowie insbesondere die Informations- und Berichterstattungspflichten bei Personalmassnahmen im Bereich des obersten Kaders der zentralen und der dezentralen Bundesverwaltung fest.

Mit der Vereinbarung vom 13. September 2006 zwischen dem Bundesrat und den parlamentarischen Aufsichtskommissionen werden die inhaltlichen und formalen Anforderungen der Berichterstattung verbindlich festgelegt. Die Berichterstattung zum Personalwesen soll dem Parlament einen Überblick und ein Urteil über Stand und Zielerreichungsgrad der Personalpolitik ermöglichen67.

Es bestehen Überschneidungen zwischen den genannten Vereinbarungen, der Kaderlohngesetzgebung und der vorliegenden Ergänzung zum CG-Bericht bezüglich des Anwendungsbereiches und des Gegenstandes (Information und Berichterstattung über Personalmassnahmen). Nach der Beratung des vorliegenden Berichts durch das Parlament müssen demzufolge auch die Vereinbarungen angepasst werden.

4.4

Neuere Regelungen des Personalstatuts im Rahmen von Auslagerungen

In den letzten zwei Jahren wurde bei Auslagerungsprojekten die Frage des «richtigen» Personalstatuts verstärkt thematisiert. Mangels entsprechender Auswahlkriterien und personalpolitischer Vorgaben wurde auch in diesen neueren Projekten, wie bis anhin, fallweise aufgrund der bestehenden Ausgangslage und unter Berücksichtigung politischer Gegebenheiten entschieden68:

66 67

68

In Kraft seit dem 26. November 2002.

Die Berichterstattung beinhaltet detaillierte Informationen zu Themen wie Personalaufwand, Stellen- und Personalbestand, Lohnmassnahmen, Zusammensetzung des Personalkörpers, Arbeitszufriedenheit, Führung.

Vgl. Übersicht in Anhang 2.

2683

Die Personalstatute im Überblick69 Verselbständigte Einheit

Personalstatut

Anwendbares Gesetz

Ausführungsbestimmungen

Kompetenz GAV/Besonderheit zum Erlass von Ausführungsbestimmungen

Alkoholverwaltung

öffentlichrechtlich

BPG

Ausführungsbestimmungen zum BPG

BR

ETH-Bereich (EAWAG, WSL, EMPA, EPFL, ETHZ, PSI)

öffentlichrechtlich

BPG sofern keine Abweichungen im ETH-Gesetz

Rahmenverordnung zum BPG u. Verordnung ETH-Rat

ETH-Rat mit Genehmigung BR

Eidgenössisches öffentlichHochschulrechtlich institut für Berufsbildung (EHB)

BPG

Rahmenverordnung zum BPG u. EHBVerordnung

BR

Pro Helvetia

privatrechtlich

OR

Schweizerische privatUnfallversiche- rechtlich rung (SUVA)

OR

Personalreglement

VR

öffentlichEidgenössisches Institut rechtlich für Geistiges Eigentum (IGE)

IGEG (Sonderstatut ausserhalb BPG)

Verordnung zum IGEG

BR

Schweizerisches öffentlichHeilmittelrechtlich institut (Swissmedic)

HMG Verordnung (Sonderstatut zum HMG ausserhalb BPG)

BR

Eidgenössische privatRevisionsrechtlich aufsichtsbehörde (RAB)

OR

öffentlichEidgenössisches Nuklear- rechtlich Sicherheitsinspektorat (ENSI)

ENSIG Personal(Sonderstatut regelement ausserhalb (Sonderstatut) BPG)

69

EHB-Rat kann mit Genehmigung durch den BR weitere Ausführungsbestimmungen erlassen.

In Einzelfällen Anstellung nach OR möglich.

Personalpolitische Vorgaben im Rahmen des Leistungsauftrages.

Nur Erlass von VR Vorschriften zur Vermeidung von Interessenkonflikten.

ENSI-Rat mit Genehmigung BR

Die Liste ist nicht abschliessend und erhebt damit keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

2684

Verselbständigte Einheit

Personalstatut

Anwendbares Gesetz

Ausführungsbestimmungen

Eidgenössische öffentlichrechtlich Finanzmarktaufsicht (FINMA)

FINMAG Verordnung (Sonderstatut ausserhalb BPG)

Identitas70

privatrechtlich

OR

SAPOMP Wohnbau AG

privatrechtlich

OR

Skyguide AG

privatrechtlich

OR

Kompetenz GAV/Besonderheit zum Erlass von Ausführungsbestimmungen

VR mit Genehmigung BR

Personalpolitische Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele. Schliesst nach Möglichkeit GAV ab.

Schweizerische öffentlichBundesbahnen rechtlich (SBB)

BPG

Rahmenverordnung

BR

GAV-Pflicht.

Ermächtigung BR zum Abschluss GAV.

In Einzelfällen Anstellung nach OR möglich. Personalpolitische Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele.

Schweizerische privatExportrisikorechtlich versicherung (SERV)

OR

Personalreglement

VR mit Genehmigung BR.

Personalpolitische Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele.

Schweizerisches öffentlichInstitut für rechtlich Rechtsvergleichung (SIR)

BPG

Ausführungsbestimmungen zum BPG

BR

Die Schweizeri- öffentlichsche Post rechtlich

BPG

Rahmenverordnung

BR

70

GAV-Pflicht. In Einzelfällen Anstellung nach OR möglich.

Personalpolitische Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele.

Vormals Tierverkehrsdatenbank AG.

2685

Verselbständigte Einheit

Personalstatut

Anwendbares Gesetz

Swisscom

privatrechtlich

OR

GAV-Verhandlungspflicht.

Personalpolitische Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele.

RUAG

privatrechtlich

OR

Anschluss an Branchen-GAV.

4.5

Ausführungsbestimmungen

Kompetenz GAV/Besonderheit zum Erlass von Ausführungsbestimmungen

Handlungsbedarf

Mit der Auslagerung ist im Bereich des Arbeitsverhältnisses systematisch und vorab die Frage des anwendbaren Personalstatuts zu beantworten. Es sind grundsätzlich folgende Modelle denkbar:

71 72 73 74

­

Anwendung des BPG und seiner Ausführungsbestimmungen71;

­

Anwendung des BPG als Rahmen (Mindeststandard), aber mit unternehmensspezifischen, personalrechtlichen Ausführungsbestimmungen, mit oder ohne Genehmigung durch den Bundesrat72;

­

öffentlich-rechtliches personalrechtliches Spezialstatut ausserhalb des BPG und seiner Ausführungsbestimmungen, mit oder ohne Genehmigung durch den Bundesrat73;

­

Arbeitsverhältnisse unterstehen dem OR, mit oder ohne Genehmigung der personalrechtlichen Ausführungsbestimmungen durch den Bundesrat74.

SIR, EAV.

Anstalten im ETH-Bereich, SBB, Post, EHB.

IGE, Swissmedic, ENSI, FINMA.

Pro Helvetia, SUVA, Revisionsaufsichtsbehörde, SERV, Indentitas AG, SAPOMP Wohnbau AG, Skyguide AG, RUAG.

2686

Überblick über mögliche Personalstatute und deren Zuordnung

Öffentlich-rechtlich

BPG und Ausführungsbestimmungen

BPG als Mindeststandard

Unternehmens-spezifische Ausführungsbestimmungen

Privatrechtlich

Spezialstatut

GAV

OR

Reglement

GAV

Bei verschiedenen dieser Modelle und entsprechender Grösse des Unternehmens stellt sich jeweils die Frage nach einer allfälligen Pflicht zum Abschluss75 oder zur Verhandlung über den Abschluss eines GAV76 77.

Sowohl bei den weiter zurückliegenden als auch bei den neueren Auslagerungen zeigt sich ein uneinheitliches Bild: Einmal wird ein öffentlich-rechtliches Personalstatut ­ in oder ausserhalb des Anwendungsbereiches des BPG ­ gewählt; ein anderes Mal wird ein privatrechtliches Statut gewählt, allenfalls ergänzt durch vom Bundesrat zu genehmigende personalrechtliche Ausführungsbestimmungen78. Die Begründungen für die Wahl des Personalstatus sind in der Regel einzelfallbezogen, da einheitliche Beurteilungs- und Entscheidkriterien bislang fehlten. So wird nur in Einzelfällen eine Wertung im Hinblick auf die auszuübenden Tätigkeiten, die Nähe zum Bund als Eigner und die Kontrollfunktion des Bundes vorgenommen oder ein Konnex zur Gebührenfestlegung hergestellt79. Ein gemeinsamer Nenner besteht hingegen bei der angestrebten, «notwendigen Flexibilität», welche das BPG und seine Ausführungsbestimmungen nicht bieten können. Dies obwohl gerade mit der Einführung des BPG eine Flexibilität insbesondere auch für ausgelagerte Einheiten angestrebt wurde80.

75 76 77 78 79 80

SBB, Post: Vgl. Artikel 38 BPG.

Swisscom Zur diesbezüglichen Regelung: Vgl. Ziff. 4.7 am Schluss.

Welcher Rechtsnatur diese Ausführungsbestimmungen sind, ist unklar und es bleibt den Zivilgerichten überlassen, wie sie dies allenfalls in einer Streitbeurteilung werten wollen.

Vgl. Ziff. 4.3 ENSI und FINMA.

«Der Bundesrat will mit dem BPG in erster Linie die Anstellungsverhältnisse flexibler gestalten und sie damit besser an unternehmens- und personenspezifische Gegebenheiten anpassen. In diesem Sinne bildet das BPG einen schlanken Erlass, der für alle Arbeitgeber des Bundes (Verwaltung, Eidg. Gerichte, Post und SBB) den erforderlichen Handlungsspielraum schafft. Das BPG beugt als gemeinsames gesetzliches Dach für das gesamte Bundespersonal einer Aufsplitterung im öffentlichen Arbeitsrecht vor.» Pressemitteilung zum neuen Bundespersonalrecht vom 14.12.1998 unter: http://www.admin.ch/cp/d/3676677B.3FC4F3AA@gs-efd.admin.ch.html.

2687

Wie bei den Auslagerungen insgesamt, herrscht ein Nebeneinander der verschiedensten Formen und Zuständigkeiten81. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass bezüglich der Regelung des Personalstatuts bei Auslagerungen bislang keine personalpolitischen Richtlinien bestehen.

Handlungsbedarf besteht vor allem aus folgenden Gründen:

81 82 83 84 85 86 87 88

­

Es zeigt sich, dass klare Tendenzen bestehen, für jedes einzelne Auslagerungsprojekt personalrechtliche Sonderregelungen zu schaffen. Dies führt zu einer beträchtlichen Rechtszersplitterung, welche der Rechtssicherheit nicht förderlich ist, eine kohärente und koordinierte Personalpolitik82 verunmöglicht und eine einheitliche Steuerung sowie Kontrolle erheblich erschwert.

­

Wird die Personalpolitik der ausgelagerten Einheiten und insbesondere deren Lohnsystem nicht mit dem Bund koordiniert, so wird dieser auf dem Arbeitsmarkt unweigerlich durch seine eigenen, ausgelagerten Einheiten konkurrenziert. Im Hinblick auf die anzuwendenden Lohnstrukturen hat sich gezeigt, dass die Frage des anwendbaren Personalstatuts sowohl für den Bund als auch für die betroffenen Institutionen/Unternehmen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Kostenträger (insb. Gebührenpflichtige) von erheblicher Bedeutung ist. Auf eine politische Steuerung kann deshalb ­ wie die Kaderlohndiskussionen gezeigt haben ­ nicht verzichtet werden.

­

Es muss ein klarer Entscheid für ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Personalstatut getroffen werden. Lösungen im «Graubereich» führen zu Anwendungs- und Zuständigkeitsproblemen83.

­

Es müssen einheitliche und klare Kriterien definiert werden, aufgrund deren ein Entscheid über das im konkreten Fall anzuwendende Personalstatut gefällt werden kann. Der Konnex zwischen dem Personalstatut, der Art der zu erfüllenden Aufgabe84, damit auch der Handlungsform85 und Haftung86, sowie der Finanzierung dieser Einheit87 muss berücksichtigt werden88.

CG-Bericht, Ziff. 2.4.

Artikel 5 Absatz 3 BPG.

Vgl. Beispiel in BGE 118 II 213 und VPB 68.9.

Dienstleistung mit Monopolcharakter, Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht oder Dienstleistung am Markt.

öffentlich-rechtlich evtl. sogar hoheitlich oder privatrechtlich.

öffentlich-rechtlich od. privatrechtlich.

Abgeltungen des Bundes, Gebühren- oder Preisfinanzierung.

Aus heutiger Sicht und unter Berücksichtigung der nachfolgend eingeführten Leitsätze, dürfte für eine öffentlich-rechtliche Anstalt, die ausschliesslich Aufsichtaufgaben wahrnimmt und deren Mitarbeitende demzufolge überwiegend im Rahmen des öffentlichen Rechts (allenfalls sogar hoheitlich) handeln und haften, die Einheit zudem vor allem mit öffentlichen Mitteln oder über Gebühren finanziert wird, kein privatrechtliches Personalstatut mehr zugelassen werden. Die Schnittstellenprobleme zwischen Arbeits-, Verfahrens- und Haftungsrecht sind in einem solchen Fall kaum zufriedenstellend zu lösen.

2688

4.6

Personalpolitische Steuerung verselbständigter Einheiten des Bundes

Wie im CG-Bericht ausgeführt wird89, steuert der Bund die Erfüllung seiner Aufgaben primär durch materielle Gesetze und Verordnungen. Bei einzelnen Aufgaben verzichtet der Bund darauf, sie durch die zentrale Bundesverwaltung zu erbringen.

Er überträgt sie einer Organisation oder Unternehmung, deren Eigentümer bzw.

Haupt- oder Mehrheitsaktionär er ist. Seine Stellung als Eigentümer bzw. Hauptoder Mehrheitsaktionär ermöglicht es dem Bund, Einfluss sowohl auf die Entwicklung der verselbständigten Einheiten als auch auf die ihnen zur Erfüllung übertragenen Bundesaufgaben zu nehmen.

Das Eigentum bzw. die Beteiligung des Bundes an diesen Einheiten steht in untrennbarer Verbindung mit den übertragenen Bundesaufgaben. Die organisationsrechtliche Konzeption hat: a.

der verselbständigten Einheit die für eine optimale Aufgabenerfüllung nötigen Kompetenzen und Freiräume einzuräumen; und

b.

dem Bund als Eigner den Einfluss und die Kontrolle zu sichern, die der öffentlichen Zweckbestimmung seines Eigentums bzw. seiner Beteiligung entspricht.

In diesem Sinne soll der Bund als Eigner auch auf die Personalpolitik der verselbständigten Einheiten Einfluss nehmen. Er soll die Personalpolitik dieser Einheiten aktiv steuern und kontrollieren, wie dies Artikel 6a BPG bereits vorgibt. Die personalpolitischen Leitsätze sollen sich an den im CG-Bericht dargestellten Aufgabentypen orientieren, sich in die mit dem CG-Bericht geschaffene, optimierte und harmonisierte organisationsrechtliche Konzeption einfügen und diese ergänzen.

4.7

Steuerungselement Personalstatut

Die Wahl des Personalstatuts bildet die Grundlage für die Regelung des Personalrechts der verselbständigten Einheiten, insbesondere betreffend die Abgrenzung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Bundesrat und den Organen der Einheiten. Das Personalstatut dient der personalpolitischen Steuerung der verselbständigten Einheiten, soll der Besonderheit derer Aufgabe entsprechen und eine optimale Erfüllung derselben ermöglichen.

Ein Blick auf die Personalstatute der bisher verselbständigten Einheiten zeigt, dass vielfach ein öffentlich-rechtliches Personalstatut ausserhalb des BPG gewählt wurde90. Mit solchen Zwischenlösungen, welche auf die Bedürfnisse der betroffenen verselbständigten Einheiten zugeschnitten sind, wurde die Möglichkeit geschaffen, deren Ansprüche besser erfüllen zu können. Diese Art von Personalstatut brachte es aber mit sich, dass das öffentliche Arbeitsrecht zunehmend aufgesplittert wurde und dadurch die Koordinationsfunktion des heutigen BPG aufgrund der verschiedenen Spezialgesetzgebungen zunehmend in Frage gestellt wird. Einzig die Privatisierungen91, bei denen der Bund den Aufgabenvollzug privatrechtlichen Organisation 89 90 91

CG-Bericht Ziff. 4.2.6.

IGE, Swissmedic, FINMA, ENSI.

Vgl. Fn. 63.

2689

überträgt, haben nicht zur Aufsplitterung des öffentlichen Arbeitsrechts beigetragen, da diese ihr Personal grundsätzlich nach OR anstellen.

Um dieser Entwicklung inskünftig Einhalt zu bieten, ist eine klare Zuteilung der Art des Personalstatuts entsprechend der von den verselbständigten Einheiten zu erfüllenden Aufgaben unabdingbar. Im Einzelnen soll folgende Zuordnung der verselbständigten Verwaltungseinheiten gelten: A. Öffentlich-rechtliches Personalstatut Ein öffentlich-rechtliches Personalstatut wird für folgende verselbständigte Einheiten gewählt: ­

Einheiten der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht, da diese mit ihrer Aufsichtstätigkeit eine klassische Bundesaufgabe ausüben, im Rahmen des öffentlichen Rechts tätig sind und hoheitlich handeln;

­

Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen. Sie haben keine oder kaum marktgängige Leistungen. Auch diese Einheiten sind im Rahmen des öffentlichen Rechts tätig und handeln teilweise hoheitlich.

Für beide Kategorien der genannten verselbständigten Einheiten soll in Zukunft das BPG mit unternehmensspezifischen Ausführungsbestimmungen92 zur Anwendung kommen. Der Bund kann auf diese Weise sowohl das Personalrecht der verselbständigten Einheit ­ und damit auch seine Informations- und Einflussrechte als Eigner ­ auf die spezifischen Bedürfnisse ausrichten als auch die notwendige Koordination sicherstellen93.

B. Privatrechtliches Personalstatut Verselbständigte Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, haben ein privatrechtliches Personalstatut. Ihr Personal wird nach OR angestellt. Den spezifischen Gegebenheiten der Einheit wird mit einem Personalreglement Rechnung getragen.

Bei dieser Zuteilung kommt das private Arbeitsrecht ­ als privates Recht und nicht als ergänzendes öffentliches Recht ­ zur Anwendung. Der Bund ist dabei grundsätzlich an die Schranken der privatrechtlichen Regelungen gebunden. Die Möglichkeiten des Bundes als Eigner Einfluss zu nehmen, finden ihre Grenzen an den Schranken des Privatrechts.

Mit dieser klaren Zuordnung des jeweiligen Personalstatuts zu den entsprechenden verselbständigten Einheiten kann weitgehend sichergestellt werden, dass die drei Bereiche:

92

93

Zur Anwendung gelangen in diesen Fällen das BPG und die Rahmenverordnung BPG (SR 172.220.11). Die Rahmenverordnung BPG bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen die Arbeitgeber und Fachstellen Ausführungsbestimmungen erlassen (Art. 37 BPG) oder Gesamtarbeitsverträge abschliessen (Art. 38 BPG) können. Aufgrund der geltenden Regelung ist es bereits heute möglich, dass ­ soweit sachliche Gründe dies erfordern ­ die Ausführungsbestimmungen für das Personal einzelner Arbeitgeber oder für bestimmte Personalkategorien voneinander abweichende Regelungen vorsehen (Art. 37 Abs. 4 BPG). Nicht zur Anwendung gelangt hingegen insbesondere die Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3). Zur Genehmigung der Ausführungsbestimmungen vgl. Ziff. 4.7.

Artikel 5 Absatz 3 BPG.

2690

­

Regelung der Rechtsverhältnisse gegen aussen94,

­

Regelung der Rechtsverhältnisse gegen innen95 und

­

Normen betreffend die Haftung96

dem gleichen Rechtsbereich zugeordnet werden können. Dies ist insofern notwendig, als dass diese Bereiche verfahrensrechtlich eng miteinander verbunden sind.

Zudem kann durch die konsequente Zuordnung der Personalstatute einer weiteren Zersplitterung des Bundespersonalrechts entgegengewirkt werden. Die laufende Revision des BPG, welche den Arbeitgebern mehr Flexibilität bei der Aus- und Umgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse bringt, wird zudem dazu beitragen, dass den besonderen Gegebenheiten der dem BPG unterstellten verselbständigten Einheiten noch besser Rechnung getragen werden kann.

Es ist nicht vorgesehen, die Personalstatute der bereits verselbständigten Einheiten einer Neubeurteilung im Sinne der dargelegten Zuordnung zu unterziehen. Ein Wechsel eines öffentlich-rechtlichen in ein privatrechtliches Personalstatut oder umgekehrt wäre mit grossem Aufwand und erheblichen Problemen für die betroffenen Einheiten verbunden. Hingegen soll aber bei einer allfälligen Totalrevision des Organisationsgesetzes von Verwaltungseinheiten mit öffentlich-rechtlichem Personalstatut geprüft werden, ob deren Zuordnung innerhalb des öffentlich-rechtlichen Statuts noch angebracht ist. Verwaltungseinheiten mit einem öffentlich-rechtlichen Personalstatut ausserhalb des BPG könnten somit beispielsweise neu dem BPG unterstellt oder, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, ins OR überführt werden.

Überblick über die inskünftig möglichen Personalstatute und deren Zuordnung Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht Dienstleistungen am Markt Dienstleistungen mit Monopolcharakter

Öffentlich-rechtliches Statut

Privatrechtliches Statut

OR

BPG und Rahmenverordnung

Unternehmensspezifische Ausführungsbestimmungen

94 95 96

Reglement

Verhältnis zu Kundinnen und Kunden, Beaufsichtigten.

Mitarbeiterinnen u. Mitarbeiter ­ Arbeitsrecht.

Vgl. auch 10. Leitsatz.

2691

Leitsatz zum Steuerungselement des Personalstatuts 29. Leitsatz Verselbständigte Einheiten, die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht wahrnehmen oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, haben ein öffentlich-rechtliches Personalstatut im Rahmen des BPG.

Verselbständigte Einheiten, die überwiegend Dienstleistungen am Markt erbringen, haben ein privatrechtliches Personalstatut.

Die Art des Personalstatuts ist im Organisationserlass festzulegen.

4.8

Steuerungselement personalpolitische Zielvorgaben

Neben der Wahl des entsprechenden Personalstatuts besteht die Möglichkeit, die verselbständigten Einheiten über personalpolitische Zielvorgaben zu steuern. Dabei soll ihnen der Bundesrat unternehmensspezifische, nachvollziehbare sowie den politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen Rechnung tragende personalpolitische Vorgaben machen können. Es stehen ihm dabei drei Steuerungsinstrumente zur Verfügung: ­

Regelungen im Organisationsgesetz der jeweiligen Einheit, die dem Bundesrat personalpolitische Einflussmöglichkeiten einräumen;

­

Festlegung der unternehmensspezifischen strategischen Ziele; und

­

Genehmigung der vom Verwaltungs- bzw. Institutsrat zu erlassenden personalrechtlichen Ausführungsbestimmungen.

Diese Steuerungsinstrumente sind für den Bundesrat insofern von grosser Bedeutung, als er im Rahmen seiner personalpolitischen Gesamtverantwortung auch bei verselbständigten Einheiten eine erhebliche (politische) Mitverantwortung trägt und allfälligen Fehlentwicklungen begegnen können muss. So stellen die Personalkosten in der Regel einen bedeutenden ausgabenseitigen Posten dar. Sie sind massgebend für die Kosten von Leistungen, die die verselbständigten Einheiten erbringen, und können ohne Steuerung durch den Bundesrat ein nicht mehr zu verantwortendes Ausmass erreichen.

Nachfolgend eine Übersicht der einzelnen Steuerungsinstrumente im Detail.

2692

A. Regelungen im Organisationsgesetz Damit der Bundesrat die oben erwähnte Verantwortung wahrnehmen kann, sind im Organisationsgesetz der verselbständigten Einheiten insbesondere die folgenden Themen zu regeln97: ­

das auf das Personal und die Direktion (Geschäftsleitung)98 anwendbare Arbeitsrecht (BPG oder OR);

­

bei Einheiten mit einem privatrechtlichen Personalstatut: die Anwendung der Kaderlohngesetzgebung (Art. 6a BPG) auf den Verwaltungs- bzw. Institutsrat, die Direktion und gewisse Kategorien von Mitarbeitenden.

B. Festlegung der unternehmensspezifischen strategischen Ziele Der Bundesrat verfügt mit der Festlegung der strategischen Ziele über ein Instrument, das ihm mittelfristig eine gezielte, auf die Verwirklichung der übergeordneten Interessen ausgerichtete Einflussnahme ermöglicht. Damit kann er mit personalpolitischen Vorgaben die allgemein gehaltenen Kaderlohnvorschriften und andere personalpolitische Ziele unternehmensspezifisch konkretisieren und umsetzen.

Wie im CG-Bericht dargestellt wurde99, sind die strategischen Ziele für den Verwaltungs- oder Institutsrat von Anstalten und spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften verbindlich. Gegenüber dem Verwaltungsrat einer verselbständigten Einheit in der Rechtsform der privatrechtlichen Aktiengesellschaft entfalten die strategischen Ziele wohl nicht rechtlich, aber faktisch bindende Wirkung100.

C. Steuerung über die personalrechtlichen Ausführungsbestimmungen Mit der Revision des BPG (Stand Eröffnung Vernehmlassung) werden die (neu geschaffenen) verselbständigten Verwaltungseinheiten mit öffentlich-rechtlichem Personalstatut vom Bundesrat eigene Arbeitgeberbefugnisse erhalten. Der Bundesrat erhält zudem ein Genehmigungsrecht für die vom Instituts- oder Verwaltungsrat erlassenen Ausführungsbestimmungen. Dieses Instrument ermöglicht es ihm, personalpolitische Fehlentwicklungen, insbesondere auf dem Gebiet der Personalkosten, zu unterbinden. Die Ausführungsbestimmungen müssen deshalb mindestens die folgenden personalrechtlichen Eckwerte regeln:

97

Aufgrund des Verzichts auf Sonderstatute und damit der Anwendung des BPG bzw. des OR kann auf eine spezielle Regelung des Verfahrens- und Disziplinarrechts verzichtet werden.

98 Insbesondere, ob es dem OR oder dem öffentlich-rechtlichen Personalstatut im Rahmen des BPG zu unterstellen ist.

99 CG-Bericht Ziff. 4.2.6.

100 CG-Bericht Ziff. 4.2.6 u. 5.3. Bsp. von personalpolitischen, strategischen Zielen: Strategische Ziele des Bundesrates für die Post 2006­2009, Ziff. 3 (http://www.uvek.admin.ch/themen/00681/00988/00992/00993/index.html?lang= de&download=M3wBUQCu/8ulmKDu36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpzLhmfhnapmmc7 Zi6rZnqCkkIN0gH18bKbXrZ2lhtTN34al3p6YrY7P1oah162apo3X1cjYh2+hoJVn6w==.

pdf).

2693

­

die Entlöhnung101;

­

die vorgesehenen Nebenleistungen102.

Die personalpolitische Steuerung durch den Bundesrat über die Genehmigung der Ausführungsbestimmungen ist lediglich für verselbständigte Einheiten mit einem öffentlich-rechtlichen Personalstatut möglich. Einheiten mit privatrechtlichem Personalstatut erlassen ihr Personalreglement in eigener Kompetenz und ohne Genehmigung des Bundesrates. Bei solchen Unternehmen sind deshalb personalpolitische Vorgaben nur im Rahmen der Festlegung der unternehmensspezifischen strategischen Ziele denkbar103. Um ein zu hohes Lohngefälle zwischen dem Bund und den Einheiten mit privatrechtlichem Personalstatut zu vermeiden, ist es unabdingbar, dass der Bundesrat die Einhaltung der Kaderlohnvorschriften sorgfältig prüft und wenn nötig steuernd eingreift.

Für den Bundesrat liegt das Schwergewicht der Steuerung bei verselbständigten Einheiten mit privatrechtlichem Statut bei arbeitsrechtlichen Mindeststandards. Eine allfällige Verhandlungspflicht zum Abschluss eines GAV soll nicht im jeweiligen Organisationsgesetz, sondern im Rahmen der Marktregulierung104 verankert werden.

Dadurch können angemessene Arbeitsbedingungen in einer Branche garantiert werden105. Auf diese Weise kann insbesondere ein Sozial- oder Lohndumping unterbunden werden. Bei einer Marktöffnung müssen solche Verpflichtungen deshalb alle Anbieter gleichermassen treffen, um möglichst gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und die Gleichbehandlung zu gewährleisten. Auf eine Festschreibung einer eigentlichen GAV-Pflicht wird verzichtet, weil dies ein zu starker Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit wäre.

101

102 103 104

105

Dies schliesst folgende Aspekte ein: das vorgesehene Lohnsystem (den maximalen Basislohn, Funktionsstufen, Einstufungen bzw. Mitarbeitergruppen und die entsprechenden Zuweisungskriterien, die möglichen variablen Lohnanteile für die einzelnen Funktionsstufen; die für die Bemessung des variablen Lohnanteiles massgebende Leistung bzw. der Erfolg), Lohnfortzahlung.

Weitere wesentliche Vertragsbedingungen, wie die berufliche Vorsorge und Abgangsentschädigungen.

Vgl. bereits im CG-Bericht Ziff. 5.3.

Bspw. im Rahmen einer gesetzlichen Pflicht oder von Konzessionierungsvoraussetzungen. Das gleiche kann auch erreicht werden mit einer Allgemeinverbindlicherklärung von GAV, mit welcher der Geltungsbereich eines GAV auf Gesuch der vertragsschliessenden Verbände auf alle Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen der betreffenden Branche ausgedehnt wird.

Vgl. Artikel 5 Absatz 2 Bst. b PG; Artikel 6 Absatz 1 Bst. c FMG: Dokumentation BAKOM vom 13. März 2007 zu den branchenüblichen Arbeitsbedingungen für Fernmeldedienstanbieterinnen: Grundsätze und Entscheidhilfen zur Vollzugspraxis unter: http://www.bakom.admin.ch/dokumentation/zahlen/00545/00722/00926/index.html?lang =de&download=M3wBUQCu/8ulmKDu36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpzLhmfhnapmmc7 Zi6rZnqCkkIN2f317bKbXrZ2lhtTN34al3p6YrY7P1oah162apo3X1cjYh2+hoJVn6w== .pdf

2694

Vier Leitsätze zum Steuerungselement der personalpolitischen Zielvorgaben 30. Leitsatz Bei öffentlich-rechtlichem Personalstatut im Rahmen des BPG: Die Ausführungsbestimmungen umfassen mindestens Grundsätze und Eckwerte betreffend: ­

Entlöhnung;

­

Nebenleistungen.

Sie sind vom Bundesrat zu genehmigen.

31. Leitsatz Bei privatrechtlichem Personalstatut: Die Anwendung der Kaderlohngesetzgebung auf den Verwaltungs- oder Institutsrat, die Direktion und gewisse Kategorien von Mitarbeitenden ist im Organisationserlass zu regeln.

32. Leitsatz Der Bund macht den verselbständigten Einheiten im Rahmen der strategischen Ziele personalpolitische Vorgaben.

33. Leitsatz Arbeitsrechtliche Mindeststandards und eine Verhandlungspflicht zum Abschluss eines GAV sind im Rahmen der Marktregulierung zu verankern.

4.9

Pensionskassenstatut

4.9.1

Pensionskassenstatut im CG-Bericht

Wie das Personalstatut, so wurden auch die Pensionskassenfragen im CG-Bericht angesichts der anstehenden Reformen ausgeklammert106. Inzwischen sind die Reformen so weit gediehen, dass Leitsätze formuliert werden können.

106

Ziff. 1.2, 4.1 und 7.5 CG-Bericht.

2695

4.9.2

Pensionskassenstatut im geltenden Recht

Das PUBLICA-Gesetz (SR 172.222.1) unterscheidet zwischen den Verwaltungseinheiten des Bundes, die PUBLICA von Gesetzes wegen angeschlossen sind107 und deren berufliche Vorsorge im BPG näher geregelt wird108, und anderen Arbeitgebern, die sich PUBLICA freiwillig anschliessen möchten109. Wird eine Verwaltungseinheit aus der Bundesverwaltung ausgelagert110, so ist die Versicherung bei PUBLICA nicht mehr zwingend. Möglich bleibt ein freiwilliger Anschluss mit Zustimmung der PUBLICA.

Ein freiwilliger Anschluss an PUBLICA ist möglich für Arbeitgeber, die dem Bund nahestehen oder die öffentliche Aufgaben des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde erfüllen; über den Anschluss entscheidet PUBLICA. Der Vertragsabschluss erfolgt zwischen dem Arbeitgeber und PUBLICA, mit Zustimmung des paritätischen Organs111. Der Anschlussvertrag untersteht den Vorschriften des PUBLICA-Gesetzes.

4.9.3

Arbeitgeberkategorien nach geltendem Recht

Mit der letzten Änderung des BPG, das die berufliche Vorsorge für die Angestellten der Bundesverwaltung regelt112, wurde der organisatorisch und personalrechtlich unterschiedlichen Situation der verschiedenen Arbeitgeber im Rahmen der pensionskassenrechtlichen Ausgestaltung Rechnung getragen. Der personalrechtliche Arbeitgeberbegriff ist deshalb nicht identisch mit dem pensionskassenrechtlichen Arbeitgeberbegriff.

107 108 109 110

Artikel 32b BPG.

Artikel 4 Absatz 1 PUBLICA-Gesetz.

Bisher: sog. angeschlossene Organisationen. Artikel 4 Absatz 2 PUBLICA-Gesetz Organisatorische Auslagerung in eine ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Organisation des öffentlichen oder privaten Rechts.

111 Artikel 9 Absatz 2 PUBLICA-Gesetz.

112 Artikel 32a Absatz 1 BPG.

2696

Übersicht der Arbeitgeberkategorien nach geltendem Recht113 Arbeitgeber innerhalb der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung114

Arbeitgeber ausserhalb der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung

Arbeitgeber des Vorsorgewerks Bund

Arbeitgeber mit Anspruch auf eigenes Vorsorgewerk

Arbeitgeber, welche dem BPG und seinen Ausführungsbestimmungen integral und damit auch den Vorschriften über die berufliche Vorsorge des BPG unterstellt sind: Der Bundesrat für die115: ­ Departemente, Bundesämter, Gerichte des Bundes (Bundesgericht, Bundesverwaltungs- und Bundesstrafgericht), Parlamentsdienste; ­ dezentralen Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder Rechnung116.

Die dezentralen Verwaltungseinheiten mit Rechtspersönlichkeit und eigener Rechnung, aber ohne eigenes Personalstatut nach Spezialgesetz oder eigene Ausführungsbestimmungen zum BPG117.

Ø PUBLICA zwingend angeschlossen.

Ø Bilden zusammen das gemeinschaftliche Vorsorgewerk Bund118.

Arbeitgeber sind die selbständigen Verwaltungseinheiten, welche den Vorschriften über die berufliche Vorsorge des BPG unterstehen:

Arbeitgeber, die nur dem PUBLICA-Gesetz unterstehen, aber nicht den Vorschriften über die berufliche Vorsorge des BPG:

Die dezentralen Verwaltungseinheiten mit Rechtspersönlichkeit sowie eigener Rechnung und mit eigenem Personalstatut nach Spezialgesetz oder eigenen Ausführungsbestimmungen zum BPG119.

Ø PUBLICA angeschlossen.

Ø Bilden eigene Vorsorgewerke120.

Ø Anschlussverträge unterstehen der Genehmigung durch den Bundesrat121.

Ausgelagerte Verwaltungseinheiten und ausserhalb der Bundes-verwaltung stehende Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts, die durch die Bundesgesetzgebung mit Verwaltungsaufgaben betraut sind.122 Ø PUBLICA freiwillig angeschlossen.

Ø Bilden eigene Vorsorgewerke.123 Ø Anschlussverträge unterstehen nicht der Genehmigung durch den Bundesrat124.

113 114

115 116 117 118 119 120 121 122 123 124

Vgl. auch Botschaft zum PUBLICA-Gesetz, BBl 2005 5882.

Die hier dargestellten Arbeitgeber unterstehen alle den gleichen generellen Pflichten, wie z.B.: Beitragszahlungen (Art. 32g BPG), Verwaltungskosten (Art. 32d Abs. 3 BPG), Beteiligung an Sanierungen (BVG), Finanzierung des ausserordentlichen Teuerungsausgleichs auf den Renten (Art. 32m BPG).

Artikel 32b Absatz 1 BPG z.B. SIR Artikel 32b Absatz 2 i. V. m. Artikel 32a Absatz 1 BPG; z.B. EAV, PUBLICA Artikel 32d Absatz 2 BPG Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 37 Absatz 3 BPG bzw. (Art. 32b Abs. 2 i. V. m. Art. 32a Abs. 2 BPG); z.B. ETH, EHB, IGE, Swissmedic, RAB.

Artikel 32d Absatz 1 BPG Artikel 32c Absatz 3 BPG Artikel 4 Absatz 2 PUBLICA-Gesetz; z.B. SERV.

Artikel 7 Absatz 1 PUBLICA-Gesetz. Die Schaffung eines gemeinsamen Vorsorgewerks ist möglich (Art. 7 Abs. 2 PUBLICA-Gesetz).

Artikel 32c Absatz 3 BPG

2697

a. Arbeitgeber des Vorsorgewerks Bund Alle Arbeitgeber des Vorsorgewerks Bund sind Vertragsparteien des Anschlussvertrags125 und haben für ihre Arbeitgeberpflichten individuell einzustehen126.

Das paritätische Organ legt die Höhe der (ordentlichen) Teuerungsanpassung auf den Renten nach dem dafür zur Verfügung stehenden Vermögensertrag fest. Dieser Entscheid gilt für alle Arbeitgeber bzw. Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks Bund127. Erlauben die Vermögenserträge des Vorsorgewerks Bund keine oder nur eine ungenügende Anpassung der Renten an die Teuerung, so kann der Bundesrat eine ausserordentliche Teuerungsanpassung beschliessen. Sein Beschluss gilt für alle Arbeitgeber bzw. Rentenbeziehenden des ganzen Vorsorgewerks Bund; die Finanzierung erfolgt jedoch getrennt nach Arbeitgeber128.

Für die Auflösung von Anschlussverträgen, den Austritt von Verwaltungseinheiten aus dem Vorsorgewerk Bund sowie den Statuswechsel gilt der Grundsatz, dass die der Verwaltungseinheit oder dem Arbeitgeber zugeordneten Rentenbeziehenden zusammen mit den aktiven Versicherten in das neue Vorsorgewerk oder in die neue Vorsorgeeinrichtung übertreten129. Zudem gilt die Regel, dass der nach dem Austritt oder dem Statuswechsel für die aktiven Versicherten zuständige Arbeitgeber auch die finanzielle Verantwortung für die bisherigen Rentenbeziehenden trägt. Ein nach dem BVG vorgeschriebenes Reglement regelt, wann in einem solchen Fall der Tatbestand einer Teilliquidation des Vorsorgewerks Bund erfüllt ist.

Der Bundesrat hat die Wahl des paritätischen Organs des Vorsorgewerks Bund in einer Verordnung geregelt130.

b. Arbeitgeber innerhalb der dezentralen Bundesverwaltung mit Anspruch auf ein eigenes Vorsorgewerk Jeder Arbeitgeber schliesst mit PUBLICA einen eigenen Anschlussvertrag, welcher nebst der Zustimmung des paritätischen Organs auch der Genehmigung durch den Bundesrat bedarf131. Die Genehmigungskompetenz des Bundesrates bezüglich Abschluss und Änderung des Anschlussvertrags132 wurde in Analogie zum Personalrecht statuiert.

125 126 127 128 129 130 131 132

Inkl. seiner Bestandteile, zu denen insbesondere das Vorsorgereglement gehört.

Separate Rechnungsführung für Verwaltungskosten usw. Vgl. Artikel 32d Absatz 2 zweiter Satz und Absatz 3 BPG.

Artikel 32l BPG.

Artikel 32m Absätze 1 und 3 BPG.

Artikel 32f BPG.

Artikel 32e Absatz 3 BPG; Verordnung vom 2. Mai 2007 über das paritätische Organ des Vorsorgewerks Bund, VPOB (SR 172.220.141).

Artikel 32c Absatz 3 BPG.

Inkl. seiner Bestandteile, zu denen insbesondere das Vorsorgereglement gehört.

2698

Das paritätische Organ legt die Höhe der (ordentlichen) Teuerungsanpassung auf den Renten nach dem dafür zur Verfügung stehenden Vermögensertrag fest. Bei einem gemeinschaftlichen Vorsorgewerk gilt dieser Entscheid für alle Arbeitgeber und Rentenbeziehenden133. Über eine allfällige ausserordentliche Teuerungsanpassung entscheidet jeder Arbeitgeber für sich bzw. nur mit Wirkung für seine eigenen Rentenbeziehenden. Es gibt bei der ordentlichen und ausserordentlichen Teuerungsanpassung auch keine Gleichbehandlung mit ehemaligen Bundesangestellten134.

Der Bundesrat kann dem Arbeitgeber die Befugnis übertragen, die Zusammensetzung, das Wahlverfahren und die Organisation des paritätischen Organs seines Vorsorgewerks selbst zu regeln135. Der Bundesrat hat von dieser Kompetenz bis auf wenige Vorgaben Gebrauch gemacht136. Schliessen sich mehrere Arbeitgeber zu einem gemeinschaftlichen Vorsorgewerk zusammen, so müssen sie ihre entsprechenden Regelungen gemeinsam festlegen.

Arbeitgeber mit Anspruch auf ein eigenes Vorsorgewerk können mit Zustimmung des Bundesrates aus PUBLICA austreten137, es sei denn, die spezialgesetzlichen Bestimmungen schliessen dies aus138. Bei einem Austritt muss der Arbeitgeber seine Rentenbeziehenden mitnehmen139. Nur ausnahmsweise kann er die Rentenbeziehenden bei PUBLICA zurücklassen, nämlich wenn die Interessen des Bundes an der Ausgliederung dies erfordern140. Der Arbeitgeber bleibt aber für die Finanzierung der Arbeitgeberpflichten auch in diesem Fall zuständig und muss einen allfälligen durch das Zurücklassen der Rentenbeziehenden entstehenden und nicht durch das vorhandene Vermögen gedeckten finanziellen Nachteil ausgleichen141. Die Ausnahmebestimmung, wonach der Bund die Finanzierung der Arbeitgeberpflichten übernehmen kann, wenn der Bundesrat zuvor Arbeitgeber war und ein Gesetz nicht etwas anderes vorsieht, soll nur sehr restriktiv angewendet werden142.

133 134 135 136

137 138 139 140 141 142

Artikel 32l BPG.

Artikel 32l Absatz 2 und Artikel 32m Absatz 2 BPG.

Artikel 32e Absatz 3 zweiter Satz BPG.

Artikel 2 Absatz 4­6 Rahmenverordnung BPG für den ETH-Bereich, Artikel 10a Personalstatut IGE (SR 172.010.321), Artikel 24a Personalstatut Swissmedic (SR 812.215.4), Artikel 11 Absatz 4 und Artikel 18a EHB-Verordnung (SR 412.106.1); die Mitglieder dieser paritätischen Organe, deren Entschädigung die Kassenkommission festlegt, müssen fachkundig und zur Wahrnehmung ihrer Führungsaufgabe geeignet sein, und die Geschlechter und Amtssprachen müssen nach Möglichkeit angemessen vertreten sein.

RAB: Artikel 36 Revisionsaufsichtsverordnung (SR 221.302.3). ENSI und FINMA: Artikel 88k Bundespersonalverordnung (SR 172.220.111.3).

Artikel 32a Absatz 2 zweiter Satz BPG.

Bsp. Artikel 17 Absatz 5 ETH-Gesetz; Botschaft zum PUBLICA-Gesetz, BBl 2005 5881.

Artikel 32f Absatz 1 BPG.

Botschaft zum PUBLICA-Gesetz, BBl 2005 5889 und Artikel 32f Absatz 2 BPG.

Sanierungsbeiträge, Verwaltungskosten, Finanzierung einer allfälligen ausserordentlichen Teuerungsanpassung etc. Artikel 32f Absatz 3 BPG.

Artikel 32f Absatz 4 BPG. Beim Austritt eines bereits bestehenden Arbeitgebers ist diese Bestimmung schon aufgrund des Wortlautes nicht anwendbar.

2699

c. Arbeitgeber ausserhalb der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung Die angeschlossenen Arbeitgeber nach PUBLICA-Gesetz143 unterstehen, im Gegensatz zu den dezentralen Verwaltungseinheiten des Bundes, nur dem PUBLICAGesetz und nicht zusätzlich auch den Vorschriften über die berufliche Vorsorge des BPG. Diese Abgrenzung zwischen den Arbeitgebern nach PUBLICA-Gesetz und denjenigen nach BPG ist insofern bedeutsam, als dem Bundesrat bei Ersteren keine Mitsprache bei der Ausgestaltung der Anschlussverträge zukommt, während die Anschlussverträge der dezentralen Verwaltungseinheiten, die nicht zum Vorsorgewerk Bund gehören, seiner Genehmigung bedürfen144. Die Arbeitgeber nach PUBLICA-Gesetz sind teilweise Subventionsempfänger des Bundes. Über die Subventionsgewährung ist heute dem Bund allenfalls ein indirekter und beschränkter Einfluss auf die Ausgestaltung der beruflichen Vorsorge möglich, sofern die Subventionen der Deckung von Personalkosten dienen.

4.9.4

Handlungsbedarf

Bei organisatorischen Auslagerungen muss im Bereich der beruflichen Vorsorge zuerst die Frage des anwendbaren Pensionskassenstatuts beantwortet werden. Aufgrund des geltenden Rechts sind grundsätzlich folgende Modelle möglich, welche sich vorab nach dem Kriterium der Zugehörigkeit zur zentralen oder der dezentralen Bundesverwaltung und dem Personalstatut definieren: ­

dezentrale Verwaltungseinheiten mit Anschluss an das Vorsorgewerk des Bundes, da integral dem BPG und dessen Ausführungsbestimmungen unterstellt;

­

dezentrale Verwaltungseinheiten mit Anschluss an die PUBLICA, aber Anspruch auf ein eigenes Vorsorgewerk, da sie über ein spezialgesetzliches Personalstatut oder eigene Ausführungsbestimmungen zum BPG verfügen;

­

Arbeitgeber ausserhalb der Bundesverwaltung mit freiwilligem Anschluss an PUBLICA sowie eigenem Vorsorgewerk.

Mit der Zugehörigkeit zur zentralen oder dezentralen Bundesverwaltung wird an ein Kriterium angeknüpft, dessen Definition seit Längerem zu Diskussionen Anlass gibt.

Das Auseinanderfallen des arbeits- und vorsorgerechtlichen Arbeitgeberbegriffs erschwert zudem eine klare Kategorienbildung. Wie diverse Diskussionen bei organisatorischen Auslagerungen zeigen, ist auch die Behandlung der Rentnerbestände oft noch ein Thema, obwohl diese Frage mit dem BPG gelöst wurde145. Mit entsprechenden Leitsätzen muss deshalb Klarheit geschaffen werden.

143 144

Artikel 4 Absatz 2 PUBLICA-Gesetz.

Ob es sich um eine Einheit der dezentralen Bundesverwaltung handelt oder um eine ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Organisation oder Person des öffentlichen oder privaten Rechts, die durch die Bundesgesetzgebung mit Verwaltungsaufgaben betraut ist (Art. 178 Abs. 3 BV; SR 101), muss daher künftig bereits in den spezialgesetzlichen Grundlagen (Gesetz, Botschaft, Organisationsverordnung des Departements und gegebenenfalls Anpassung des Anhangs zur RVOV) geklärt werden.

145 Artikel 32f BPG.

2700

4.9.5

Steuerungselement Pensionskassenstatut

Das Personalstatut und das Pensionskassenstatut sollen inskünftig dem gleichen Rechtskreis ­ öffentliches Recht oder Privatrecht ­ zugeordnet werden. Deshalb und aufgrund des bestehenden Konnexes zwischen dem Personal- und Vorsorgerecht soll das Pensionskassenstatut an das Personalstatut geknüpft werden; damit ist indirekt auch eine Anwendung der Aufgabentypologie des CG-Berichts146 und die Berücksichtigung der vorsorgerechtlich relevanten Vorgaben des Personalstatuts und der arbeitsvertraglichen Regelungen147 gesichert. Die entsprechenden Zuordnungen sind ­ wie neu auch beim Personalstatut ­ im jeweiligen Organisationserlass vorzunehmen148. Die nachfolgend vorgeschlagene, neue Kategorienbildung führt nicht zu einer grundsätzlich anderen Behandlung der betroffenen ausgelagerten Einheiten aus vorsorgerechtlicher Sicht.

146 147

CG-Bericht Ziff. 3.

Lohnstruktur und -bestandteile, Urlaubsregelung, Teilzeitbeschäftigung, Einkauf, Teuerungsausgleich, Leistungen bei unverschuldeter Entlassung, Überbrückungsrente, Berufsinvalidität etc.

148 Damit wird die Definition des Anwendungsbereiches im Rahmen des BPG aufgrund der Spezialregelung im Organisationserlass nicht mehr zur Anwendung gelangen.

2701

4.9.6

Arbeitgeberkategorien nach den CG-Grundsätzen

Übersicht der Arbeitgeberkategorien nach den CG-Grundsätzen Ministerialaufgaben

Aufgaben der Wirtschaftsund Sicherheitsaufsicht

Dienstleistungen mit Monopolcharakter

Dienstleistungen am Markt

Öffentlich-rechtliches Personalstatut

Öffentlich-rechtliches Personalstatut

Öffentlich-rechtliches Personalstatut

Privatrechtliches Personalstatut

Arbeitgeber, welche dem BPG integral und damit auch den Vorschriften über die berufliche Vorsorge des BPG unterstellt sind: Der Bundesrat für die149: ­ Departemente, Bundesämter, Gerichte des Bundes (Bundesgericht, Bundesverwaltungs- und Bundesstrafgericht), Parlamentsdienste; ­ Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit oder Rechnung150.

Arbeitgeber, deren Personalstatut im Rahmen des BPG geregelt wird.

Verselbständigte Einheiten, deren Organisationserlass ein öffentlichrechtliches Personal- und Pensionskassenstatut im Rahmen des BPG vorsieht und die unternehmensspezifische Ausführungsbestimmungen haben.

Ø PUBLICA zwingend angeschlossen.

Ø Bilden eigene Vorsorgewerke151.

Ø Anschlussverträge unterstehen der Genehmigung durch den Bundesrat152.

Ø PUBLICA zwingend angeschlossen.

Arbeitgeber, deren Arbeitsverhältnisse dem OR unterstehen und die nur dem PUBLICA-Gesetz unterstehen, sofern sie sich PUBLICA freiwillig anschliessen: Verselbständigte Einheiten des privaten Rechts, die dem Bund nahe stehen oder öffentliche Aufgaben des Bundes erfüllen153.

Ø PUBLICA freiwillig angeschlossen.

Ø Bilden eigene Vorsorgewerke154.

Ø Anschlussverträge unterstehen nicht der Genehmigung durch den Bundesrat.

a. Arbeitgeber mit Ministerialaufgaben Diese Arbeitgeberkategorie entspricht weitgehend der heutigen Kategorie der Arbeitgeber des Vorsorgewerks Bund; es kann deshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden155.

149 150 151 152 153 154

Artikel 32b Absatz 1 BPG.

z.B. heute noch: SIR.

Bislang in Artikel 32d Absatz 1 BPG geregelt.

Bislang in Artikel 32c Absatz 3 zweiter Satz BPG geregelt.

Artikel 4 Absatz 2 PUBLICA-Gesetz; z.B.. Pro Helvetia.

Artikel 7 Absatz 1 PUBLICA-Gesetz. Die Schaffung eines gemeinsamen Vorsorgewerks ist möglich (Art. 7 Abs. 2 PUBLICA-Gesetz).

155 Ziff. 4.8.3 Bst. b.

2702

b. Arbeitgeber mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht bzw. Dienstleistungen mit Monopolcharakter Arbeitgeber mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht bzw. Arbeitgeber die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, sind PUBLICA angeschlossen und verfügen über ein eigenes Vorsorgewerk. Sie sollen im Gegensatz zu heute156 nicht mehr aus PUBLICA austreten können. Dies ist insofern konsequent, als diese Arbeitgeber nicht nur im Bereich der Personalvorschriften, sondern auch im Bereich der Vorsorge der Steuerung durch den Bundesrat unterliegen sollen.

Damit kann unter anderem sichergestellt werden, dass die mit einem Wechsel verbundenen finanziellen Verpflichtungen vom Bund nicht direkt oder indirekt mitgetragen werden müssen. Zudem wird dem Bundesrat auf dem Weg der Genehmigung der Anschlussverträge eine direkte Steuerung sowohl der Personal- als auch der Vorsorgepolitik ermöglicht.

Bei der Schaffung von Einheiten mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht bzw. Dienstleistungen mit Monopolcharakter ist im Übergangsrecht den vorzunehmenden Anpassungen des Pensionskassenstatuts157 Rechnung zu tragen. Dabei sind folgende Grundsätze158 zu beachten: Der Arbeitgeber muss seine Rentenbeziehenden ins neue Vorsorgewerk mitnehmen. Nur ausnahmsweise sollen die Rentenbeziehenden im Vorsorgewerk Bund zurückgelassen werden können, nämlich wenn die Interessen des Bundes an der organisatorischen Auslagerung dies erfordern. Die neu geschaffene Einheit bleibt aber auch in diesem Fall für die Finanzierung der Arbeitgeberpflichten zuständig und muss einen allfälligen durch das Zurücklassen der Rentenbeziehenden entstehenden und nicht durch das vorhandene Vermögen gedeckten finanziellen Nachteil ausgleichen.

c. Arbeitgeber mit Dienstleistungen am Markt Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, sollen sich gemäss dem CG-Bericht künftig in der Rechtsform der privatrechtlichen Aktiengesellschaft bewegen und auch im Rahmen des Privatrechtes und nicht hoheitlich handeln. Sie verfügen deshalb konsequenterweise über ein privatrechtliches Personal- und Pensionskassenstatut159 und unterstehen keiner Genehmigungspflicht im Hinblick auf die vorsorgerechtlichen Regelungen. Bei privatrechtlichen Aktiengesellschaften sind allfällige personal- bzw. vorsorgepolitische Vorgaben nur
im Rahmen der strategischen Ziele denkbar.

Bei der Schaffung von Einheiten mit Dienstleistungen am Markt160 und den damit vorzunehmenden Anpassungen des Pensionskassenstatuts sind wie bei der Schaffung von Einheiten mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht oder mit Dienstleistungen mit Monopolcharakter folgende Grundsätze zu beachten: Der Arbeitgeber muss seine Rentenbeziehenden mitnehmen. Nur ausnahmsweise soll er die Rentenbeziehenden bei PUBLICA zurücklassen können, nämlich wenn die Interessen des Bundes an der organisatorischen Auslagerung dies erfordern. Der Arbeitgeber bleibt aber auch in diesem Fall für die Finanzierung der Arbeitgeber156 157 158

Heute in Artikel 32a Absatz 2 BPG zweiter Satz geregelt.

Eigenes Vorsorgewerk innerhalb der PUBLICA.

Artikel 32f BPG: Pflicht zur Mitnahme sollte auch im Organisationserlass festgehalten werden.

159 Pensionskassenstatut ausschliesslich im Rahmen des BVG ohne Anwendung des PUBLICA-Gesetzes.

160 Organisatorische Auslagerung in eine Organisation des Privatrechts.

2703

pflichten zuständig und muss einen allfälligen durch das Zurücklassen der Rentenbeziehenden entstehenden und nicht durch das vorhandene Vermögen gedeckten finanziellen Nachteil ausgleichen. Die entsprechenden übergangsrechtlichen Bestimmungen sind im Organisationserlass vorzusehen.

Zwei Leitsätze zum Steuerungselement des Pensionskassenstatuts 34. Leitsatz Für verselbständigte Einheiten, die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht erfüllen oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, ist ein öffentlich-rechtliches Pensionskassenstatut mit Anschluss an die PUBLICA vorzusehen.

Für verselbständigte Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, ist ein privatrechtliches Pensionskassenstatut vorzusehen.

Die Art des Pensionskassenstatuts ist im Organisationserlass festzulegen.

35. Leitsatz Bei der Schaffung neuer Einheiten sowie beim Austritt aus der PUBLICA von verselbständigten Einheiten mit Dienstleistungen am Markt muss der Arbeitgeber seine Rentenbeziehenden in das neue Vorsorgewerk mitnehmen oder für sie zumindest die finanzielle Verantwortung weiterhin tragen.

4.9.7

Steuerungselement vorsorgepolitische Zielvorgaben

Der Bundesrat macht allen verselbständigten Einheiten personalpolitische Vorgaben, die den unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Entsprechende vorsorgepolitische Zielvorgaben sollen grundsätzlich die gleichen Ziele erfüllen, wie die personalpolitischen Zielvorgaben161. Im Bereich der Vorsorgepolitik stehen dem Bundesrat zwei Steuerungsinstrumente zur Verfügung: die unternehmensspezifischen strategischen Ziele und die Genehmigung der Anschlussverträge.

a. Arbeitgeber mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht oder mit Dienstleistungen mit Monopolcharakter Die Genehmigungspflicht gilt für die Anschlussverträge aller Arbeitgeber mit Anschluss an PUBLICA. Dieser Genehmigungsvorbehalt ist Ausdruck der personalund finanzpolitischen Steuerung durch den Bundesrat, wie sie vorstehend bezüglich der Genehmigung der Personalstatute erläutert wurde. Die Argumente für eine solche Genehmigung sind dieselben. Zudem ist zu beachten, dass die Kosten für die berufliche Vorsorge Teil der Personalkosten sind. Arbeitgeber mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht oder mit Dienstleistungen mit Monopolcharakter finanzieren sich zu einem grossen Teil über Gebühren und Abgaben oder über Beiträge des Bundes. Ein Anstieg der Personalausgaben wird sich somit aufgrund 161

Vgl. oben Ziff. 4.7. Bsp. Vorgaben bezüglich der Abweichungen von der paritätischen Finanzierung der Risikoleistungen und der Altersleistungen.

2704

des Kostendeckungsprinzips direkt auf die Höhe der Gebühren und Abgaben negativ auswirken. Die Steuerung der Vorsorgeregelungen der ausgelagerten Einheiten durch den Bundesrat ist demzufolge auch im Interesse der Kundschaft. Wichtig ist zudem, dass die personalpolitischen Vorgaben auch die berufliche Vorsorge mit einschliessen. Die Steuerungsmittel im personal- und vorsorgerechtlichen Bereich müssen deshalb koordiniert werden. Der Bundesrat soll somit nicht nur die vom Verwaltungs- oder Institutsrat erlassenen, öffentlich-rechtlichen Personalvorschriften genehmigen, sondern auch ihre Anschlussverträge mit PUBLICA unter Einschluss der Vorsorgereglemente für das Personal.

Der Spielraum der Arbeitgeber bei der Ausgestaltung ihrer Anschlussverträge ist nicht unbeschränkt. Die bisher geltenden Genehmigungsgrundsätze sollen weiterhin angewendet werden: So sollen insbesondere bei Arbeitgebern mit öffentlichrechtlichem Personal- und Pensionskassenstatut mit Anschluss an PUBLICA die vorsorgerechtlichen Bestimmungen nur insoweit von jenen für das Personal der Bundesverwaltung abweichen, als dies aufgrund der Aufgaben oder der Personalstruktur des betreffenden Arbeitgebers erforderlich ist. Die Genehmigungskompetenz des Bundesrates soll sicherstellen, dass diese Arbeitgeber in vorsorgepolitischer Hinsicht eine ähnliche Stossrichtung verfolgen162.

So soll beispielsweise die Einhaltung der Beitragsbandbreite ein für die Genehmigung massgebliches Kriterium bleiben. Für die Genehmigung soll es auch in Zukunft nicht einfach genügen, dass die obere Limite des Arbeitgeberbeitrags nicht überschritten wird: Die Höhe der Arbeitgeberbeiträge soll sich innerhalb dieser Bandbreite nach der Risiko- und Altersstruktur der Versicherten des Vorsorgewerks, den längerfristigen Ertragsaussichten, der Veränderung des technischen Zinses und der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers richten.

Da die Anschlussverträge individuell-konkret ausgestaltet werden und erst mit erfolgter Genehmigung durch den Bundesrat eine Bindungswirkung entfalten, verlieren die nachgelagerten, vorsorgepolitischen Vorgaben im Rahmen der strategischen Ziele für die einzelnen Unternehmen mit Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter an Bedeutung.

b. Arbeitgeber mit Dienstleistungen am Markt Einheiten,
die Dienstleistungen am Markt erbringen und deshalb über ein privatrechtliches Personal- und Pensionskassenstatut163 verfügen, unterstehen keiner Genehmigungspflicht im Hinblick auf die vorsorgerechtlichen Regelungen. Bei privatrechtlichen Aktiengesellschaften sind allfällige personal- oder vorsorgepolitische Vorgaben nur im Rahmen der strategischen Ziele möglich. Der Bund kann zur Durchsetzung dieser Ziele von den ihm zukommenden aktienrechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen164.

162 163

Vgl. Botschaft zum PUBLICA-Gesetz, BBl 2005 5886.

Pensionskassenstatut ausschliesslich im Rahmen des BVG ohne Anwendung des PUBLICA-Gesetzes.

164 Vgl. CG-Bericht Ziff. 4.2.7 am Ende.

2705

Leitsätze zum Steuerungselement der vorsorgepolitischen Zielvorgaben 36. Leitsatz Der Bundesrat genehmigt die Anschlussverträge an PUBLICA von verselbständigten Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen oder Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht erfüllen.

Die Anschlussverträge sollen nur insoweit von denjenigen für das Personal der Bundesverwaltung abweichen, als dies aufgrund der Aufgaben oder der Personalstruktur des betreffenden Arbeitgebers erforderlich ist.

37. Leitsatz Der Bund macht den verselbständigten Einheiten mit Dienstleistungen am Markt im Rahmen der strategischen Ziele vorsorgepolitische Vorgaben.

5

Postulat 07.3773 der Geschäftsprüfungskommission betreffend eine angemessene Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen

Dieses Postulat will eine angemessene Vertretung der Geschlechter und Sprachregionen in den Verwaltungsräten der Organisationen und Unternehmungen des Bundes sicherstellen.

Bisher sind die Mitglieder eines Verwaltungsrates bei Anstalten nach der Kommissionenverordnung gewählt worden. Diese sah insbesondere eine nach Interessengruppen, Geschlecht, Sprachen, und Regionen ausgewogene Zusammensetzung vor.

Dieses Zusammensetzungsprofil führte zusammen mit dem Erfordernis ausreichender branchenspezifischer und betriebswirtschaftlicher Kenntnisse nicht selten zu personell überdotierten Verwaltungsräten mit entsprechend negativen Konsequenzen auf deren Funktionsfähigkeit.

Im 5. Leitsatz schreibt der CG-Bericht vor, dass für jede Organisation und jede Unternehmung des Bundes ein Anforderungsprofil zu erstellen ist, auf dessen Grundlage die Wahl des Verwaltungsrates zu erfolgen hat. Das Anforderungsprofil legt die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen fest, über die ein Verwaltungsratsmitglied zwingend verfügen muss, damit es ­

aufgrund einer eigenständigen sowie sach- und fachgerechten Willensbildung und

­

im kritischen Dialog mit der Geschäftsleitung

seiner Leitungs- und Kontrollfunktion an der Spitze der Organisation oder Unternehmung vollumfänglich entsprechen kann165.

Aus Sicht des Bundesrates sind diese Kriterien zentral und mit Rücksicht auf die volkswirtschaftliche Bedeutung einzelner Unternehmungen des Bundes mit zum Teil mehreren Tausend Arbeitnehmern absolut unumgänglich.

165

Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance, Kap.II Rz. 12 al. 2.

2706

Eine angemessene Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen steht für den Bundesrat in keinem Widerspruch zum Erfordernis schlanker und professioneller Strukturen. Die Organisationen und Unternehmungen des Bundes sind in der Regel in der ganzen Schweiz tätig. Eine regionale Abstützung des Verwaltungsrates liegt nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern durchaus auch im Interesse der Organisation oder Unternehmung. Die beiden zusätzlichen Kriterien tragen den besonderen Sensibilitäten der Sprachregionen und Geschlechter Rechnung und runden das Profil für die Zusammensetzung des Leitungsorgans sinnvoll ab. Der 5. Leitsatz soll deshalb im Sinne des Postulats ergänzt werden.

5. Leitsatz (ergänzt) Der Bund erstellt ein Anforderungsprofil, das die für eine eigenständige sowie sach- und fachgerechte Willensbildung nötigen Voraussetzungen des Verwaltungs- oder Institutsrats definiert. Der Bundesrat übt sein Wahlrecht auf der Grundlage dieses Anforderungsprofils aus und sorgt unter Berücksichtigung der besonderen Interessen des Bundes als Eigner für eine angemessene Vertretung ­

der Geschlechter; und

­

der Sprachregionen der Schweiz.

6

Postulat 07.3775 der Finanzkommission betreffend bundesrätliches Controlling

Das Postulat fordert den Bundesrat auf, die Leitsätze des CG-Berichts mit drei ausformulierten Leitsätzen zu ergänzen. Diese beziehen sich auf das bundesrätliche Controlling, auf die Inhalte der strategischen Ziele und auf die bundesrätlichen Massnahmen bei Fehlentwicklungen.

6.1

Leitsatz zum bundesrätlichen Controlling

Gemäss dem postulierten Leitsatz soll in den Organisationserlassen der Anstalten und der spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften eine Bestimmung das bundesrätliche Controlling zu den strategischen Zielen explizit festlegen.

Das Controlling unterstützt den Bundesrat bei seiner Aufsicht über die Organisationen und Unternehmungen des Bundes und stellt die bundesrätliche Steuerung und Kontrolle in einen Systemzusammenhang.

Die Organisationserlasse weisen zwar bereits heute Bestimmungen zur bundesrätlichen Steuerung (mit strategischen Zielen oder Leistungsaufträgen) auf und regeln die Rechenschaftsablage der Organisationen und Unternehmungen bzw. die bundesrätliche Kontrolle. Eine gesetzliche Bestimmung, die den Konnex zwischen Steuerung und Kontrolle im Sinne eines Systems festlegt, fehlt jedoch, obschon dieses System namentlich hinsichtlich der grossen Unternehmungen Schweizerische Post, Swisscom, SBB und Skyguide bereits besteht und sich im eignerpolitischen Alltag bewährt. Damit dieses System inskünftig auch hinsichtlich der andern Organisationen und Unternehmungen des Bundes implementiert und im Rahmen der Gesetz2707

gebung gegen aussen transparent gemacht werden kann, nimmt der Bundesrat den postulierten Leitsatz zum bundesrätlichen Controlling in die Liste der Leitsätze des CG-Berichts auf und wird ihn entsprechend umsetzen.

Gemäss Ausführungen der Finanzkommission zum Postulat soll das Parlament keinen eigenen Steuerungskreis über die verselbständigten Einheiten aufbauen, sondern nur kontrollieren, ob das Controllingsystem des Bundesrates gegenüber den verselbständigten Einheiten funktioniert. Das bundesrätliche Controlling ist somit Anknüpfungspunkt und Gegenstand der parlamentarischen Oberaufsicht. Diese Präzisierung, die der Nationalrat in einen Leitsatz zum Inhalt der strategischen Ziele aufgenommen hat, soll Eingang in einen neuen Leitsatz 22a finden.

22a. Leitsatz (neu) Bei privatrechtlichen Aktiengesellschaften nutzt das Controlling des Bundesrates die obligationenrechtlichen Steuerungsmittel des Bundes als Aktionär. Bei spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften und öffentlich-rechtlichen Anstalten sieht der Organisationserlass eine Rechtsgrundlage für das Controlling zu den strategischen Zielen des Bundesrates vor.

Dieses Controlling des Bundesrates untersteht der Oberaufsicht durch die Bundesversammlung.

6.2

Leitsatz zu den Inhalten der strategischen Zielen

Der postulierte Leitsatz legt explizit fest, dass die strategischen Ziele neben eignerpolitisch relevanten Inhalten auch solche ausweisen sollen, die aus der Gewährleistungsoptik wesentlich sind. Zudem verlangt der Leitsatz, dass die Methoden zur Messung der Zielerreichung vorgängig festgelegt werden und dass die Zielerreichung nicht nur am Schluss, sondern auch während der Leistungsperiode gemessen wird.

Der Bund gründet Organisationen und Unternehmungen oder beteiligt sich an solchen, damit sie ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen. Er überträgt ihnen die Pflicht zur Aufgabenerfüllung, wenn sich diese Pflicht im Rahmen einer rechtlich selbständigen Organisation oder Unternehmung effizienter und effektiver erfüllen lässt als innerhalb der zentralen Bundesverwaltung. Daraus folgt, dass der Bundesrat seine Eignerrolle immer auch aus einer Optik der Gewährleistung heraus wahrnehmen muss: Er muss sicherstellen, dass die Organisation oder Unternehmung betrieblich in der Lage bleibt, die Aufgabenerfüllung im erforderlichen Umfang sicherzustellen. Seinen Einfluss auf die Aufgabenerfüllung stellt der Bundesrat sicher, indem er sich im Rahmen der strategischen Ziele nicht nur zu betrieblichen, sondern auch zu aufgabenspezifischen Aspekten äussern kann wie dies der heutige 16. Leitsatz des CG-Berichts klar zum Ausdruck bringt. Der Bundesrat ist jedoch bereit, dem Anliegen des Postulats nach expliziter Erwähnung der Gewährleisterrolle Rechnung zu tragen.

Die Forderung nach vorgängiger Festlegung der Messkriterien entspricht weitgehend der Praxis, die der Bundesrat seit Jahren bei einzelnen Unternehmungen pflegt: Mit der Schweizerischen Post, der Swisscom, den SBB und Skyguide sind Kenn2708

zahlensysteme entwickelt worden, nach denen ihre Zielerreichung jeweils gemessen wird. Die Praxis und das Verfahren der Kennzahlensysteme werden mit dem neuen Leitsatz auf alle Organisationen und Unternehmungen des Bundes ausgeweitet.

Die periodische Messung der Zielerreichung ist bereits heute Inhalt der strategischen Ziele und hat insbesondere den Vorteil, dass sich die Periodizität der Zwischenberichterstattung auf die spezifische Situation der jeweiligen Organisation oder Unternehmung ausrichten lässt. Die Messung der Zielerreichung am Ende der Leistungsperiode ergibt sich aus dem 18. Leitsatz. Dieser sieht u.a. vor, dass der Verwaltungsrat dem Bundesrat jährlich einen Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele vorzulegen hat.

Zusammenfassend trägt der Bundesrat dem postulierten 30. Leitsatz Rechnung, indem er den heutigen 16. Leitsatz zu den strategischen Zielen ergänzt. Die ebenfalls im 30. Leitsatz geforderte Präzisierung der parlamentarischen Kontrolle wird wie bereits erwähnt Eingang finden in den (neuen) Leitsatz 22a zum bundesrätlichen Controlling 16. Leitsatz (ergänzt) Der Bund steuert die verselbständigten Einheiten als Gewährleister der Aufgabenerfüllung und als Eigner auf strategischer Ebene mit übergeordneten und mittelfristigen Zielvorgaben. Mit dem inhaltlich in den Grundzügen standardisierten Instrument der strategischen Ziele nimmt er aus einer Gesamtsicht Einfluss auf ihre Entwicklung als Organisation bzw. Unternehmen («unternehmensbezogene Vorgaben») und auf ihre Aufgaben («aufgabenseitige Vorgaben»).

Insbesondere die Intensität der aufgabenseitigen Steuerung ist abhängig davon, ob die Erfüllung der übertragenen Aufgabe: ­

nur in den Grundzügen durch die Gesetzgebung und kaum durch den Markt bestimmt wird;

­

in erheblichem Umfang mit allgemeinen Steuermitteln finanziert wird;

­

mit bedeutenden Risiken für den Bund verbunden sein kann.

Die Zielerreichung wird nach den Kriterien und der Periodizität gemessen, die im Rahmen der strategischen Ziele festgelegt worden sind.

6.3

Leitsatz zu den bundesrätlichen Massnahmen

Im CG-Bericht sind die Massnahmen festgehalten, die der Bundesrat bei allfälligen Fehlentwicklungen im Bereich der Organisationen und Unternehmungen treffen kann: Das Instrumentarium des Bundesrats umfasst dabei Massnahmen unterschiedlicher Eingriffsstärke und Wirkung: Eine Anpassung oder Ergänzung der strategischen Ziel hat eher zukunftsgerichteten Charakter; bei sich abzeichnenden Fehlentwicklungen kann der Bundesrat frühzeitig Gegensteuer geben. Demgegenüber wird mit der Verweigerung des Geschäftsberichts oder der Entlastung Fehlverhalten ex post sanktioniert. Gleiches gilt für Abberufungen. Hat das Fehlverhalten von Organen zu Schaden für den Bund geführt, kann der Bundesrat zudem Verantwortlichkeitsansprüche geltend machen. Als Ultima Ratio hat er schliesslich auch die Mög2709

lichkeit, dem Parlament die gesetzliche Verankerung konkreter Vorgaben für verselbständigte Einheiten zu beantragen.

Die nationalrätlichen Aufsichtskommissionen verlangen in ihrem Postulat, diese Massnahmen in einem Leitsatz auszuweisen. Damit werden die Massnahmen als Ansatzpunkt der parlamentarischen Oberaufsicht besonders hervorgehoben.

Der Bundesrat begrüsst diesen Leitsatz und fügt ihn der Liste der bisherigen Leitsätze an.

22b. Leitsatz (neu) Der Bundesrat kann bei Fehlentwicklungen folgende Massnahmen treffen: ­

Ergänzung oder Änderung der Zielvorgaben;

­

Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts;

­

Verweigerung der Entlastung;

­

Abberufungen oder Ersatz von Personen;

­

Verantwortlichkeitsansprüche;

­

Anträge zu Massnahmen der Gesetzgebung.

7

Ergänzende Ausführungen zum Aufgabentypus «Dienstleistungen mit Monopolcharakter»

Im CG-Bericht des Bundesrates werden drei Aufgabentypen mit Auslagerungseignung unterschieden: Während die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht sowie die Dienstleistungen am Markt relativ klar eingegrenzte Leistungen umfassen, haben die sogenannten Dienstleistungen mit Monopolcharakter im Rahmen der parlamentarischen Vorberatung zu Diskussionen Anlass gegeben. Zum einen umfasst dieser Aufgabentypus sehr heterogene Leistungen. Zum andern hat der Begriff «Monopolcharakter» zu Missverständnissen geführt, da einzelne dieser Leistungen durchaus von mehreren, zueinander im Wettbewerb stehenden Anbietern bereitgestellt werden. Das vorliegende Kapitel legt deshalb nochmals dar, was unter dem Begriff «Dienstleistungen mit Monopolcharakter» zu verstehen ist.

Dienstleistungen mit Monopolcharakter umfassen insbesondere Leistungen in den Aufgabengebieten Bildung und Kultur, aber beispielsweise auch Leistungen in den Bereichen der Wetterdienste, der Statistik oder der Exportrisikoversicherung.

Gemeinsam ist ihnen, dass: (a) die mit der Aufgabenerfüllung zusammenhängenden Leistungen auf die Kundinnen und Kunden ausgerichtet sind; und (b) sie aufgrund von Marktversagen nicht in einem aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wünschbaren Ausmass bereitgestellt werden.

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Zur Kundenausrichtung Dienstleistungen mit Monopolcharakter können einzelnen Kundinnen und Kunden direkt zugeordnet werden. Sie werden vielfach in Konkurrenz zu ähnlichen Leistungen anderer Anbieter erbracht und zumindest teilweise über Preise oder Gebühren finanziert.

Zum Marktversagen Den Dienstleistungen mit Monopolcharakter werden Aufgaben zugewiesen, die aufgrund ihrer positiven externen Effekte vom Markt in zu geringem Umfang oder nicht in der gewünschten Qualität bereitgestellt werden (sog. meritorische Güter). So ist beispielsweise bei Leistungen im Bildungsbereich der gesamtwirtschaftliche Nutzen grösser als der individuelle Profit des einzelnen Konsumenten, der einzelnen Konsumentin. Mit andern Worten profitieren nicht nur Letztere von einer Leistung, sondern auch weitere Kreise, ohne sich jedoch an den «Herstellungskosten» zu beteiligen. Zwar hat ein Student einen direkten Nutzen aus seinem Universitätsabschluss, weil dieser ihm gute Perspektiven im Erwerbsleben ermöglicht. Gleichzeitig profitiert aber auch der Wirtschaftsstandort von einer grossen Anzahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte, ohne dass die einzelnen Firmen sich direkt an den Kosten des Studiums beteiligen müssen.

Mit dem staatlichen Eingreifen soll gewährleistet werden, dass Dienstleistungen mit Monopolcharakter im gewünschten Ausmass und der gewünschten Qualität bereit gestellt werden. Dies kann geschehen, indem private Anbieter oder Leistungsbezüger subventioniert werden (z.B. Bildungsvouchers) oder ­ für den vorliegenden Bericht relevant ­ indem der Staat mit einer eigenen Organisation als Anbieter auftritt und diesen (zumindest teilweise) finanziell unterstützt (z.B. ETH, Schweizerisches Nationalmuseum).

Der Marktauftritt einer staatlichen Organisation trägt nicht nur dazu bei, dass die Leistungen im gesamtwirtschaftlich optimalen Ausmass bereitgestellt werden; er kann auch zu einer monopolähnlichen Situation führen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die staatliche Organisation aufgrund ihrer (teilweisen) Finanzierung mit öffentlichen Geldern oder aufgrund ihres Auftritts als «öffentliche» Institution über Wettbewerbsvorteile verfügt. In gewissen Fällen wird ihre Stellung gar durch ein gesetzliches Monopol abgesichert, indem die Gesetzgebung vorschreibt, dass gewisse Leistungen ausschliesslich durch die staatliche
Organisation erbracht werden dürfen (Beispiel: IGE). Diese Aspekte waren für die Namensgebung «Dienstleistungen mit Monopolcharakter» massgebend.

Abgrenzung zu den Dienstleistungen am Markt und zu den Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht Auch Dienstleistungen am Markt weisen eine Kundenausrichtung auf, und das staatliche Eingreifen rechtfertigt sich aufgrund eines Marktversagens. Die Art des Marktversagens ist jedoch eine andere: Dienstleistungen am Markt umfassen insbesondere Aufgaben mit Netzinfrastrukturen. Deren Bereitstellung ist mit Eintrittskosten verbunden, weshalb ein Wettbewerb oft nicht vollständig funktioniert. Durch die staatliche Regulierung kann eine marktähnliche Wettbewerbssituation geschaffen werden. Hinzu kommt, dass bei gewissen Dienstleistungen am Markt die technologische Entwicklung dazu führen kann, dass die Kosten sinken und die Aufgabe in 2711

den freien Markt entlassen werden kann. Diese Aspekte werden mit der Bezeichnung «Dienstleistungen am Markt» unterstrichen.

Nicht mit den Dienstleistungen mit Monopolcharakter zu verwechseln sind die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht, wie sie ein Postregulator oder eine Finanzmarktaufsicht erbringen. Zwar werden diese Leistungen typischerweise ausschliesslich durch einen einzigen Anbieter erbracht; sie stellen also eigentliche «Monopolleistungen» dar. Trotz der begrifflichen Verwandtschaft weisen die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht indes deutliche Unterschiede zu den oben beschriebenen Dienstleistungen mit Monopolcharakter auf: Es handelt sich um ausgeprägt hoheitliche Aufgaben von Einheiten, die regulierend in die wirtschaftlichen Aktivitäten Privater eingreifen. Um die Glaubwürdigkeit und damit die Effektivität der Aufgabenerfüllung zu erhöhen, räumt die Gesetzgebung diesen Einheiten bewusst einen hohen Grad an Unabhängigkeit ein. Insbesondere sollen Entscheide im Einzelfall unabhängig von der politischen Einflussnahme gefällt werden, damit Objektivität und Neutralität gewährleistet sind. Aufgrund der grossen Bedeutung ihrer unabhängigen Erfüllung sollen Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht ausgelagert und der über die Gesetzgebung hinausgehende politische Steuerungsspielraum bewusst gering gehalten werden.

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Anhang

Corporate-Governance des Bundes Übersicht über die Leitsätze unter Berücksichtigung der Postulate des Nationalrats 1. Leitsatz Für verselbständigte Einheiten, die Bundesaufgaben erfüllen, ist grundsätzlich die öffentlich-rechtliche Organisationsform der selbständigen Anstalt vorzusehen. Die Rechtsform der privatrechtlichen Aktiengesellschaft ist nur vorzusehen für Einheiten: a.

die mit der Mehrzahl ihrer Leistungen am (allenfalls regulierten) Markt auftreten;

b.

die die Voraussetzungen zur wirtschaftlichen Selbständigkeit erfüllen;

c.

die nicht hoheitlich handeln; und

d.

an denen sich Dritte beteiligen können sollen.

Andere privatrechtliche Rechtsformen bzw. öffentlich-rechtliche Organisationsformen in weitgehender Anlehnung an das Privatrecht sind nur in begründeten Ausnahmefällen zu wählen.

2. Leitsatz Verselbständigte Einheiten des Bundes verfügen über schlanke Strukturen und klare Kompetenzregelungen zwischen den Organen.

3. Leitsatz Die Organe verselbständigter Einheiten sind grundsätzlich voneinander personell unabhängig.

4. Leitsatz Bei Anstalten wählt der Bundesrat den Verwaltungs- oder Institutsrat sowie die externe Revisionsstelle. Die ein- oder mehrköpfige Geschäftsleitung von Anstalten wird durch den Verwaltungs- oder Institutsrat unter Vorbehalt der bundesrätlichen Genehmigung gewählt. Die Genehmigung des Bundesrates entfällt bei Einheiten mit Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht.

5. Leitsatz (ergänzt) Der Bund erstellt ein Anforderungsprofil, das die für eine eigenständige sowie sachund fachgerechte Willensbildung nötigen Voraussetzungen des Verwaltungs- oder Institutsrats definiert. Der Bundesrat übt sein Wahlrecht auf der Grundlage dieses Anforderungsprofils aus und sorgt unter Berücksichtigung der besonderen Interessen des Bundes als Eigner für eine angemessene Vertretung ­

der Geschlechter; und

­

der Sprachregionen der Schweiz.

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6. Leitsatz Die Mitglieder des Verwaltungs- oder Institutsrats sowie der Geschäftsleitung wahren die Interessen der verselbständigten Einheit. Bei Interessenkonflikten tritt ein Mitglied in den Ausstand. Dauerhafte Interessenkonflikte schliessen eine Mitgliedschaft im Verwaltungs- oder Institutsrat sowie in der Geschäftsleitung aus.

7. Leitsatz Mitglieder von Organen einer Anstalt können während der Amtsdauer aus wichtigen Gründen abberufen werden.

8. Leitsatz Stellung, Prüfzuständigkeit und Adressaten der Berichterstattung der externen Revisionsstelle von Anstalten bestimmen sich sinngemäss nach Aktienrecht.

9. Leitsatz Der Bund soll mit instruierbaren Vertreterinnen und Vertretern nur noch in Verwaltungs- oder Institutsräten verselbständigter Einheiten Einsitz nehmen, wenn sich seine Interessen ohne diese Vertretung nicht im erforderlichen Mass wahrnehmen lassen oder wenn das Anforderungsprofil des Verwaltungs- oder Institutsrats dies nahelegt.

10. Leitsatz Verselbständigte Einheiten, die ihre Tätigkeiten im Wesentlichen am Markt und im Rahmen des Privatrechtes ausüben, bzw. ihre Organe, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haften ausschliesslich nach privatem Recht.

11. Leitsatz Einheiten mit Aufgaben der Wirtschafts- oder der Sicherheitsaufsicht haften nur bei Verletzung wesentlicher Amtspflichten und wenn der Schaden nicht auf Pflichtverletzungen von Beaufsichtigten zurückzuführen ist.

12. Leitsatz Gegenüber verselbständigten Einheiten soll der Bund nur ausnahmsweise unternehmensspezifische Haftungen, Garantien, Bürgschaften und Eventualverpflichtungen eingehen. In diesen Fällen soll er enge risikopolitische Vorgaben machen und Haftungsrisiken systematisch erfassen, bewerten und ausweisen.

13. Leitsatz Verselbständigte Einheiten erhalten nur in Ausnahmefällen und aufgrund einer gesetzlichen Delegationsnorm die Befugnis zum Erlass generell-abstrakter Normen mit Aussenwirkung. Diese Rechtsetzungskompetenz ist beschränkt auf den Erlass von Bestimmungen fachtechnischen Inhalts von untergeordneter Bedeutung.

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14. Leitsatz Anstalten gehen nur ausnahmsweise, in Abstimmung mit ihrer Zweckbestimmung und mit den mittelfristigen strategischen Zielen des Bundesrates, Kooperationen und Beteiligungen ein. Verselbständigte Einheiten in der Rechtsform einer privaten Aktiengesellschaft können Kooperationen und Beteiligungen nach Aktienrecht und damit im Rahmen ihrer Zweckumschreibung eingehen. Beteiligungen müssen langfristig zur Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen und führungsmässig gut betreut werden können. Dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen.

15. Leitsatz Anstalten dürfen bei entsprechender gesetzlicher Grundlage kommerzielle Nebenleistungen erbringen, soweit diese in engem Bezug zur Hauptaufgabe stehen, deren Erfüllung nicht beeinträchtigen, nicht wettbewerbsverzerrend wirken und insgesamt mindestens die Kosten decken.

16. Leitsatz (ergänzt) Der Bund steuert die verselbständigten Einheiten als Gewährleister der Aufgabenerfüllung und als Eigner auf strategischer Ebene mit übergeordneten und mittelfristigen Zielvorgaben. Mit dem inhaltlich in den Grundzügen standardisierten Instrument der strategischen Ziele nimmt er aus einer Gesamtsicht Einfluss auf ihre Entwicklung als Organisation bzw. Unternehmen («unternehmensbezogene Vorgaben») und auf ihre Aufgaben («aufgabenseitige Vorgaben»). Insbesondere die Intensität der aufgabenseitigen Steuerung ist abhängig davon, ob die Erfüllung der übertragenen Aufgabe: ­

nur in den Grundzügen durch die Gesetzgebung und kaum durch den Markt bestimmt wird;

­

in erheblichem Umfang mit allgemeinen Steuermitteln finanziert wird;

­

mit bedeutenden Risiken für den Bund verbunden sein kann.

Die Zielerreichung wird nach den Kriterien und der Periodizität gemessen, die im Rahmen der strategischen Ziele festgelegt worden sind.

17. Leitsatz Die Verabschiedung der strategischen Ziele liegt grundsätzlich in der Zuständigkeit des Bundesrates. Einzig bei Einheiten, die schwergewichtig Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht wahrnehmen, werden die strategischen Ziele vom Verwaltungs- oder Institutsrat erlassen. Wo verselbständigte Einheiten in namhaftem Umfang von der finanziellen Unterstützung des Bundes abhängig sind, kann das Parlament in den entsprechenden Finanzierungsbeschlüssen die Verwendung dieser Mittel regeln. Dies ist vom Bundesrat beim Erlass der strategischen Ziele zu berücksichtigen.

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18. Leitsatz Bei Anstalten werden dem Bundesrat zur Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion nach Ablauf des Geschäftsjahres die folgenden Unterlagen unterbreitet: ­

die (Zwischen-)Berichterstattung des Verwaltungs- oder Institutsrats über die Erreichung der strategischen Ziele;

­

der Geschäftsbericht des Verwaltungs- oder Institutsrats;

­

der Prüfbericht der externen Revisionsstelle (sofern nicht bereits Teil des Geschäftsberichts);

­

der Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle über eine allenfalls durchgeführte finanzaufsichtsspezifische Prüfung der Anstalt.

Der Bundesrat kann vorsehen, dass diese Kontrollfunktion ganz oder teilweise durch die zuständigen Departemente wahrgenommen wird.

19. Leitsatz Bei Anstalten bestimmt sich der Mindestinhalt des Geschäftsberichts in Anlehnung an das Aktienrecht.

20. Leitsatz Bei Anstalten ist der Geschäftsbericht vor seiner Publikation dem Bundesrat (bzw.

den zuständigen Departementen) zur Genehmigung zu unterbreiten.

21. Leitsatz Bei Anstalten befindet der Bundesrat (bzw. die zuständigen Departement) jährlich über die Entlastung des Verwaltungs- oder Institutsrats.

22. Leitsatz Bei Anstalten bestimmt sich die Berichterstattung der externen Revisionsstelle in Anlehnung an das Aktienrecht.

22a. Leitsatz (neu) Bei privatrechtlichen Aktiengesellschaften nutzt das Controlling des Bundesrates die obligationenrechtlichen Steuerungsmittel des Bundes als Aktionär. Bei spezialgesetzlichen Aktiengesellschaften und öffentlich-rechtlichen Anstalten sieht der Organisationserlass eine Rechtsgrundlage für das Controlling zu den strategischen Zielen des Bundesrates vor.

Dieses Controlling des Bundesrates untersteht der Oberaufsicht die Bundesversammlung.

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22b. Leitsatz (neu) Der Bundesrat kann bei Fehlentwicklungen folgende Massnahmen treffen: ­

Ergänzung oder Änderung der Zielvorgaben;

­

Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts;

­

Verweigerung der Entlastung;

­

Abberufungen oder Ersatz von Personen;

­

Verantwortlichkeitsansprüche;

­

Anträge zu Massnahmen der Gesetzgebung.

23. Leitsatz Die verselbständigten Einheiten führen eine eigene Rechnung.

24. Leitsatz Die Kapitalausstattung verselbständigter Einheiten erfolgt unter Berücksichtigung der Bundesgarantien (z.B. Liquiditätsgarantie) und richtet sich nach dem tatsächlichen Bedarf (u.a. Haftungssubstrat) und der Branchenüblichkeit. Die Kapitalausstattung ist unverzinslich.

25. Leitsatz Für verselbständigte Einheiten, die rechnungsmässig mit der Staatsrechnung des Bundes zusammengeführt werden (Vollkonsolidierung), erlässt der Bundesrat Vorschriften zur Rechnungslegung.

26. Leitsatz Die Finanzierung von Anstalten über Preise, Gebühren und Abgeltungen wird im Organisationserlass aufgabenspezifisch festgelegt.

27. Leitsatz Bei Anstalten entscheidet der Bundesrat jährlich im Rahmen der Rechnungsgenehmigung über die Verwendung eines allfälligen Gewinns.

28. Leitsatz Die Steuerpflicht der Anstalten richtet sich nach der Tätigkeit und nicht nach der Organisationsform. Bei einer teilweisen Steuerpflicht sind sie zur Führung einer Spartenrechnung zu verpflichten.

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29. Leitsatz (neu) Verselbständigte Einheiten, die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht wahrnehmen oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, haben ein öffentlich-rechtliches Personalstatut im Rahmen des BPG.

Verselbständigte Einheiten, die überwiegend Dienstleistungen am Markt erbringen, haben ein privatrechtliches Personalstatut.

Die Art des Personalstatuts ist im Organisationserlass festzulegen.

30. Leitsatz (neu) Bei öffentlich-rechtlichem Personalstatut im Rahmen des BPG: Die Ausführungsbestimmungen umfassen mindestens Grundsätze und Eckwerte betreffend: ­

Entlöhnung;

­

Nebenleistungen.

Sie sind vom Bundesrat zu genehmigen.

31. Leitsatz (neu) Bei privatrechtlichem Personalstatut: Die Anwendung der Kaderlohngesetzgebung auf den Verwaltungs- oder Institutsrat, die Direktion und gewisse Kategorien von Mitarbeitenden ist im Organisationserlass zu regeln.

32. Leitsatz (neu) Der Bund macht den verselbständigten Einheiten im Rahmen der strategischen Ziele personalpolitische Vorgaben.

33. Leitsatz (neu) Arbeitsrechtliche Mindeststandards und eine Verhandlungspflicht zum Abschluss eines GAV sind im Rahmen der Marktregulierung zu verankern.

34. Leitsatz (neu) Für verselbständigte Einheiten, die Aufgaben der Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht erfüllen oder Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen, ist ein öffentlich-rechtliches Pensionskassenstatut mit Anschluss an die PUBLICA vorzusehen.

Für verselbständigte Einheiten, die Dienstleistungen am Markt erbringen, ist ein privatrechtliches Pensionskassenstatut vorzusehen.

Die Art des Pensionskassenstatuts ist im Organisationserlass festzulegen.

35. Leitsatz (neu) Bei der Schaffung neuer Einheiten sowie beim Austritt aus der PUBLICA von verselbständigten Einheiten mit Dienstleistungen am Markt muss der Arbeitgeber seine Rentenbeziehenden in das neue Vorsorgewerk mitnehmen oder für sie zumindest die finanzielle Verantwortung weiterhin tragen.

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36. Leitsatz (neu) Der Bundesrat genehmigt die Anschlussverträge an PUBLICA von verselbständigten Einheiten, die Dienstleistungen mit Monopolcharakter erbringen oder Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht erfüllen.

Die Anschlussverträge sollen nur insoweit von denjenigen für das Personal der Bundesverwaltung abweichen, als dies aufgrund der Aufgaben oder der Personalstruktur des betreffenden Arbeitgebers erforderlich ist.

37. Leitsatz (neu) Der Bund macht den verselbständigten Einheiten mit Dienstleistungen am Markt im Rahmen der strategischen Ziele vorsorgepolitische Vorgaben.

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